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Das Leben in der Balkov Abtei

Die Hölle auf Erden oder doch nicht?
von

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Eine Woche Freiheit

Kapitel 13: Eine Woche Freiheit
 

Kai war sich sicher, dass man ihm bei dem Gespräch immer mehr ansehen konnte, dass ihm die Situation überhaupt nicht gefiel. Wieso sollte es auch, er würde sein Ziel eh nicht erreichen, deshalb gab es auch keinen Grund sich weiter zusammen zureißen. Er wollte einfach nur noch hier raus und dass möglichst, bevor er seinem Großvater noch mehr Gründe für die neuste Entscheidung lieferte. Es reichte doch schon, dass dessen letzte Worte immer noch in seinem Kopf nachhallte. Warum musste er Boris überhaupt Respekt entgegenbringen, immerhin war er lediglich der Befehlsempfänger seines Großvaters.

„Dennoch, ich werde dieses eine Mal darüber hinweg sehen.“

Diese Worte ließen Kai nun doch wieder aufhorchen. Hatte er sich gerade verhört oder hatte sein Großvater wirklich gerade gesagt, dass er über diese Kleinigkeit hinwegsah. Dass war einfach zu unwirklich um wahr zu sein.

„Das heißt, ich komm trotzdem hier raus!“

„Du solltest langsam mal lernen bis zum Ende zuzuhören, Kai.“

Sein Großvater sagte zu dem Thema nichts mehr dazu, doch es war Antwort genug. Er war doch tatsächlich noch mal mit einem blauen Auge davon gekommen, auch wenn sein Großvater nicht gerade begeistert von seiner derzeitigen Aktion war. In diesen paar Minuten, in dem er in diesem Büro war hatte er sich schon mehr als einen Patzer geleistet, dass wusste er. Blieb also nur noch die Frage, ob dieser auch darüber hinweg sah.

„Wie gesagt, ich stehe zu meinem Wort, solange mein gegenüber dasselbe tut. Auch wenn ich weiterhin der Meinung bin, dass dein Verhalten noch erheblich zu wünschen übrig lässt, so ändert es doch nichts an der Tatsache, dass du dich jedenfalls an den abgesprochenen Part gehalten hast…“

Für einen Moment schwieg Voltaire, sein Blick jedoch ruhte weiterhin auf Kai. Eine Reaktion, die Kai soweit er es in Erinnerung hatte, überhaupt nicht leiden konnten. Allerdings hatte er nicht vor darauf Rücksicht zu nehmen. Es war besonders in diesem Moment ein gewagtes Risiko. Zugegeben, er hatte erwartet, dass Kai nach diesem halben Jahr zumindest etwas ruhiger sein würde. Ein Irrtum, aber dennoch hatte diese Zeit ihm, soweit Boris ihm wirklich alles erzählt hatte, einiges an nützlichen Informationen verschafft. Kai war durchaus darauf bedacht, seine Befehle zu befolgen und genau das war schließlich sein Hauptanliegen bei diesem Abkommen gewesen. Ihm war es wichtig herauszufinden, wie Kai zu ihm stand und ob man sich auf diesen verlassen konnte. Jedoch war Kai noch lange nicht in der Lage einzusehen, dass er sich auch ohne Vereinbarung an Regeln halten musste und bevor er dieses nicht lernte, würde dieser die Abtei nicht verlassen.

„…um jedoch dieses Mal von vornherein jedes Missverständnis aus der Welt zu schaffen, klären wir die Regeln für diese Zeit sofort… mach dir keine falschen Hoffnungen. Du wirst dich genauso an Regel halten müssen wie sonst auch. Ein einziger Verstoß und du wirst umgehend in die Abtei zurückkehren.

Kai nickte daraufhin nur. Im Moment konnte er sich nicht wirklich vorstellen, was diese gerade angesprochenen Regeln für Konsequenzen hatte.
 

Kai kannte das Außengeländer der Abtei, doch da war so gut wie nie etwas los. Ab und zu sah man einige Leute vorbeigehen, doch raus kamen sie nie. Außer diejenigen, die von den Straßen Moskaus aufgelesen wurden, konnten sich unter dem Begriff Stadtleben etwas vorstellen. Ihm war das jedoch völlig fremd, weshalb ihn die Regeln nicht sonderlich interessierten. Er verstand bekam sie mit und merkte sie sich diese auch so gut wie er konnte, doch wirklich interessieren tat es ihn trotzdem nicht.

„… Du wirst dich während deiner Zeit außerhalb der Abtei an meine Regeln halten. Komm nicht erst auf die Idee dich aus eigenem Antrieb in der Stadt umzusehen, denn ich habe keine Lust diese nach dir abzusuchen. Wenn du irgendwo hin willst, wirst du dass mit mir besprechen und mit niemanden sonst…Sollte ich dir sagen, dass du in deinem Zimmer bleiben sollst, dann tust du das auch, haben wir uns verstanden!“

„Ja, Großvater.“

„Sie wollen ihn also wirklich mitnehmen.“

Boris Worte waren weniger eine Frage als viel mehr eine Feststellung. Am Anfang hatte er wirklich damit gerechnet, dass Voltaire es sich noch einmal anders überlegt hatte. Auch Kai hatte diesen Gedanken, dass konnte man ihm zur Abwechslung sogar ansehen. Jedoch stellte er sich nach den Regel die Frage, ob es für den Jungen wirklich eine Änderung sein würde, denn die Regeln blieben für diese in gewisser Weise dieselben.

„So war der Plan und dass habe ich ihnen vor einem Jahr schon gesagt. Was meine Gründe betrifft, die sind allein für mich von Bedeutung. Sorgen sie lediglich dafür, dass niemand davon erfährt.“

„Sie können sich auf mich verlassen, Voltaire.“

„Dass hoffe ich für sie Boris. Denn wenn nicht, werden sie derjenige sein, der die Konsequenzen zu tragen hat.“

Mit diesen Worten schritt Voltaire auch schon in Richtung Tür, er hatte scheinbar kein Interesse mehr das Gespräch weiter zuführen. Jedoch blieb er kurz bevor er die Tür öffnete noch einmal stehen und wendete sich zu Kai, der seit dem Moment als er den Raum betreten hatte auf ein und demselben Fleck stand und nicht wagte sich zu bewegen.

„Was ist nun, Kai? Willst du jetzt mit oder hast du es dir doch anders überlegst?“

Schnell schüttelte der jüngere den Kopf und schloss mit seinem Großvater auf. Dabei sah er nicht eine Sekunde zurück zu Boris, welcher immer noch in dem Büro stand. Immerhin wusste er was dieser von der gesamten Aktion hielt. Trotzdem fragte er sich innerlich, ob an dem ganzen nicht doch noch irgendwo ein Harken war.
 

- In einem Trainingsraum -
 

Tala und die anderen hatten ihr Training derweil weitergeführt, auch wenn ihre Gedanken nun wesentlich öfter zu Kai schwenkten. Keiner von ihnen konnte sich vorstellen, was Boris jetzt schon wieder von diesem wollte. Obwohl, was hieß schon wieder? Das letzte Mal war vor einem Jahr, aber soweit sie dass mitbekommen hatten, war dies ziemlich häufig. Es war merkwürdig. Aus diesem Grund wendete sich Tala nach einiger Zeit, in der die einzelnen aus der Gruppe in regelmäßigen Abständen ihre Kampfgegner getauscht hatten, von seinem derzeitigen Kampf mit Bryan, welcher sein jetziger Gegner war, ab und sah fragend in die Runde.

„Glaubt ihr dem Kleinen geht es gut?“

„Tala, der Kleine hält wesentlich mehr aus als du. Und solange er es nicht vorzieht sich mit Boris anzulegen, dürfte es ihm auch gut gehen.“

„Ja aber wieso sollte Boris mit ihm sprechen wollen, da stimmt doch was nicht.“

Die Älteren zuckten nur unwissend mit den Schultern. Woher sollten sie das wissen. Sie wussten ja nicht mal was Kai anstellte, wenn dieser nicht in ihrer Nähe war. Also wie konnten sie da eine Prognose stellen.

„Jetzt warte es einfach ab, ich denke Kai wird dich schon aufklären, wenn er wieder kommt.“

„Und was wenn nicht?“

„Dann sperren wir ihn solange aus bis er es sagt!“

„Nein ich meine, wenn er nicht wieder kommt.“

Tala musste bei diesen Worten unwillkürlich an das Gespräch mit dem jüngeren vor zwei Tagen denken. Dieser klang damals so überzeugt, dass er die Abtei nicht vor ihnen verlassen würde und was war, wenn er sich geirrt hatte. Wenn es nun doch genau anders herum sein sollte. Kai gehörte zu ihrer Gemeinschaft, ob er sich das nun eingestehen wollte oder nicht, es änderte nichts an der Tatsache.

„Wenn Boris ihn hätte aus der Abtei rausschmeißen wollen, dann hätte er es mit Sicherheit schon längst gemacht. Immerhin ist Kai auch nicht gerade Fehlerfrei. Also mach dir darüber mal keine Sorgen. Immerhin würde Boris damit seinen Musterschüler verlieren, auch wenn dieser etwas rebellischer ist als alle anderen. Es ändert nichts daran, dass Kai zu den besten gehört, dass hat er erst vor zwei Tagen wieder bewiesen.“

In diesem Punkt hatte Bryan wirklich Recht. Kai gehörte zu den besten, doch dass wurde Edgar damals schließlich auch nachgesagt und dennoch wurde dieser aus der Abtei verbannt, sofern man es wirklich so nennen konnte. Was wussten sie schon über die anderen Blader in dieser Abtei. Nichts und erst recht nicht über die, welche schon seit mehr als 3 Jahren hier lebten.
 

Und genau das war auch der Grund wieso er sich nicht wirklich von seinen Befürchtungen ablenken konnte. Immerhin hatte man Kais ehemaligen Zimmerpartner auch von jetzt auf gleich rausgeworfen. Gut, in der Abtei sagte man sich, dass dieser nicht wirklich gut war und auch Kai hatte ihm das einmal bestätigt. Trotzdem konnte man es nicht ausschließen.

„Tala, könntest du dich mal auf dein Match konzentrieren? Ich bekomme nämlich gerade das ungute Gefühl, dass ich mit mir alleine Blade.“

„Schuldige Bryan.“

„Ok, was haltet ihr davon wenn wir das Eigentraining für heute gut sein lassen. Es bringt eh nichts wenn die Hälfte sich nicht auf den Kampf konzentrieren kann.“

„Dafür bin ich auch, Spencer. Es ist vielleicht wirklich… das Beste.“

Beim letzten Teil stoppte Bryan kurz, bevor er seinen Satz zu Ende brachte. Sie waren, wenn man der Uhr an der Wand glauben schenken konnte, mal wieder ziemlich lange hier drin gewesen. Es war manchmal schon richtig unheimlich. Aus diesem Grund machten sie sich auch schnell zu ihrem Zimmer auf. Dort angekommen sah sich die Gruppe kurz um, bevor sie sich zu ihren Betten begaben und sich auf diese setzten.

„Fakt eins. Kai ist noch immer hier, ansonsten wären seine Sachen auch schon weg. Beruhigt dich das wenigstens etwas?“

„Und was ist Fakt zwei.“

„Hab ich gerade nicht parat.“

„Das ist wirklich sehr aufbauend, danke Ian. Aber unter uns, dass hätte ich auch ohne dich herausgefunden.“

Mehr sagte dazu nicht. Er hatte auch keine Lust mehr darüber zu reden, da er genau wusste, dass die anderen ihn dann noch für verrückt hielten. Kai war nun wirklich nicht jemand um den man sich sorgen machen sollte. Dieses Wissen schien allerdings trotzdem nicht dagegen zu helfen, dass er es trotzdem tat. Er wusste selbst nicht wieso er nicht so optimistisch sein konnte wie die anderen drei in seinem Zimmer. Konnte es sein, dass der Grund darin bestand, dass er im Gegensatz zu denen sah, dass Kai deutlich mehr zu kämpfen hatte als es den Anschein hatte. Allerdings war das nicht das einzige. Immer öfter fragte er sich, wie es wohl sein würde, wenn man in der Abtei aufgewachsen wäre, wenn man nichts andere als diese Mauern kannte. War es dann anders. Weiter konnte Tala nicht darüber nachdenken, da sie in dem Moment das Klimpern eines Schlüsselbundes hörten und kurz darauf wie ihre Zimmertür abgeschlossen wurde. Erschrocken schreckte er daraufhin hoch, er hatte durch seine Gedanken doch echt nicht mitbekommen, wie die Zeit vergangen war. Allerdings ließ ihn die Tatsache, dass Kai trotz allem nicht hier war, noch geschockter zurück.

„So Tala, jetzt darfst du dir Sorgen machen.“

Auch wenn Bryan Stimme bei diesen Worten nicht besonders beunruhigt klang, wusste Tala doch, dass dieser genauso verwirrt war wie er selbst. Wo war Kai bitte, was hatte Boris mit ihm gemacht.
 

- Am nächsten Tag -
 

Von der Abtei aus ging es direkt in ein luxuriöses Hotel, welches sich genau am roten Platz Moskaus befand. Die Hotelsuite, war in mehre Zimmer unterteil, wobei in einem ein großer Schreibtisch stand, auf den mehrere Papiere lagen. Allerdings hatte Kai keine Zeit sich genau umzusehen, auch hatte er seit dem er die Abtei verlassen hatte kein einziges Wort mehr gesagt. Was nicht daran lag, dass er von den neuen Eindrücken erschlagen wurde, sondern daran, dass er sich einfach nicht traute. Sein Großvater selbst schien ihn aus irgendeinen Grund zu ignorieren, jedenfalls hatte er den Eindruck, da dieser sich sofort nach dem sie in die Suite gekommen waren, an den Tisch gesetzt hatte und angefangen hatte die darauf liegenden Papiere durchgeblättert. Aus diesem Grund blieb Kai auch nichts anders übrig als sich auf die in der Nähe stehenden Couch zu setzen und sich in dem großen Raum umzusehen. Das letzte was er wollte war seinen Großvater stören, besonders da dieser ihm schon angedroht hatte, dass er ihn sofort in die Abtei zurück bringen würde, wenn dieser sich ungebührlich verhielt. Jedoch wusste er nicht, was dieser als ungebührliches Verhalten ansehen würde, aus diesem Grund war es ratsam erst Mal abzuwarten. Allerdings war es ihm an dem Tag nun doch zu lange geworden. Er wusste noch nicht mal wie lange er stumm auf seinem Platz gesessen hatte. Es musste lange gewesen sein, da er ansonsten bestimmt nicht eingeschlafen wäre. Alles woran er sich erinnern konnte, waren die letzten paar vergangene Minuten in denen er an diesem Tag schon wach war.
 

Es hatte einige Zeit gedauert bis er sich daran erinnert hatte wo er war, dennoch hatte er sich entschlossen noch etwas liegen zu bleiben. Seine derzeitige Position war einfach zu bequem, um es genau zu nehmen hatte er nie zuvor so gut geschlafen. Auch wenn es nur eine Couch war, so war es hier wesentlich angenehmer drauf zu liegen als auf den Betten in der Abtei. Sogar die Temperatur in dem Raum war deutlich höher als in den dunklen Räumen der Abtei. Andererseits konnte das auch an der Decke liegen, in die er sich irgendwann eingekuschelt hatte. Bei diesen Gedanken richtete er sich schnell auf und sah sich in dem Raum in dem er sich befand um. An der Tür zum Ausgang stand der Buttler, der sie hierher gefahren waren, obwohl man den auch mit einer gemeißelten Statur hätte vergleichen können, immerhin schien sich der Mann genauso wenig zu bewegen wie eine Statur. Er stand einfach nur da stumm und starr und schien ihn nicht mal zu beachten. Sein Großvater währenddessen saß immer noch, oder zumindest schon wieder an dem Tisch. Auch dieses Mal war er dabei ein paar Dokumente durchzusehen. Dabei unterstrich er den einen oder anderen Abschnitt, strich etwas Geschriebenes durch und fügte an der einen oder anderen Stelle noch schnell etwas hinzu. Nach einiger Zeit legte er die Dokumente in eine auf dem Tisch liegende Mappe und stand anschließend mit dieser in der Hand von seinem Sitzplatz auf.

„Ich habe gleich einen wichtigen Termin! Behalten sie den Jungen solange ich weg bin im Auge.“

„Wie sie wünschen, Master Voltaire.“

Bei diesen Worten verbeugte sich der Buttler vor dem Sprecher, bevor er seine steinerne Haltung ein weiteres Mal annahm. Kai würdigte dem nur einem kurzen Blick, doch in dem Moment, als Voltaire den Raum verlassen hatte, bewegte er sich zu dem großen Fenster des Raumes. In Gedanken versunken schaute er hinaus. Irgendwie war das gar nicht so wie er es sich vorgestellt hatte. Ein anderer Blickwinkel und dennoch dieselbe alte Geschichte. Zwar war es nicht so wie in der Abtei, nicht so dunkel und auch der Druck der auf einem in den dunklen Gemäuern gelastet hatte war irgendwie verschwunden. Die Äußeren Eindrücke waren durchaus angenehmer aber das war es auch schon. Denn viel sah er nicht von der Stadt oder gar von dem richtigen Leben, er wurde nur in ein anderes Gebäude in ein anderes Zimmer gesperrt. Verstand denn wirklich keiner, was er wirklich wollte.

„Der rote Platz Moskaus lässt sich hier am besten sehen. Es ist eine der wenigen berühmten Sehenswürdigkeiten dieser Stadt…allerdings glaube ich kaum, dass sich jemand in ihrem Alter wirklich dafür interessiert.“

Erschrocken drehte sich Kai bei diesen Worten um.
 

Er hatte wenn er ehrlich war nicht damit gerechnet, dass der Mann, der sich mit ihm in diesem Raum befand etwas sagen würde. Nicht ohne von seinem Großvater angesprochen zu werden. Jedenfalls war das so bei den beiden Männern, die seinen Großvater auf Schritt und Tritt verfolgen. Bei diesen Gedanken viel sein Blick ein weiteres Mal aus dem Fenster.

„Andererseits ist es ein herrlicher Tag, den man in der Stadt selbst und nicht in diesem Hotelzimmer verbringen sollte.“

Unbewusst stimmte er dem Buttler mit einem Nicken zu. Er selbst war viel zu abgelenkt um es zu bemerken, doch dieser hatte es bemerkt.

„Wieso sitzen sie dann noch hier? Die Tür ist immerhin nicht abgeschlossen.“

Für einen Moment sah Kai zu der Tür, von der der Buttler eben gesprochen hatte, doch dann schüttelte er entschieden den Kopf. Nein, er würde nicht gegen die Regeln seines Großvaters verstoßen. Gegen Boris Regeln ja aber das war auch was anderes.

„Sie wollen raus und trotzdem wagen sie es nicht einen Schritt vor die Tür zu setzen. Dürfte ich den Grund erfahren, oder ist es ein Geheimnis.“

„Ich darf nicht.“

„Seit wann befolgen sie Regeln. Ich dachte sie sind derjenige der Boris einen Marathon für sein Geld laufen lässt!“

Für einen kurzen Moment schlich sich ein amüsiertes Lächeln auf Kais Gesicht, doch dieses verschwand so schnell wieder, dass selbst der Buttler, dessen Aufmerksamkeit nun voll und ganz auf dem Jungen lag, es für eine Wahrnehmungstäuschung hielt. Seiner Meinung nach war dieser Junge anderes. Er konnte sich vorstellen, dass andere in seinem Alter das ganze Hotel auf den Kopf stellen würden. Und selbst wenn nicht, sie würden sich nicht stumm auf die Couch setzen und ihrem Großvater beim Arbeiten zusehen.

„Doch ernsthaft, hat ihr Großvater wirklich verlangt, dass sie dieses Zimmer nicht verlassen dürfen.“

„Nicht ohne Absprache!“

Kurz wollte der Buttler fragen, wieso der Junge nicht gefragt hatte, doch die Antwort konnte er sich schenken. Darüber hinaus hatte er kurz das Gefühl als hätte der Junge gesagt, dass er nicht wollte, dass Voltaire ihn zurück schickt.
 

Mit diesen Gedanken verließ der Buttler seinen Platzt und trat zum Schreibtisch, an dem Voltaire wenige Minuten zuvor gearbeitet hatte. Die Suite war eigentlich nur für Geschäftszwecke gemietet wurde, deshalb gab es hier auch nur einen Arbeitsplatz, Schlafzimmer und Bad. Also definitiv kein Ort um ein Kind unterzubringen, doch das war die Abtei schließlich auch nicht, doch er würde sich nicht in Voltaires Privatangelegenheiten mischen, das stand immerhin nicht in seiner Arbeitsbeschreibung, obwohl Kinderbetreuung ja eigentlich auch nicht.

„Dann werden wir wohl auf die Rückkehr ihres Großvaters warten müssen und ich werd nachsehen ob es hier irgendetwas gibt mit dem sie sich die Zeit vertreiben können.“

Der letzte Teil war einfacher gesagt als getan, da es in dieser Suite nichts gab was einigermaßen für ein Kind von 6 Jahren geeignet war, dass musst auch der Buttler schnell feststellen.

„Sagen Sie, kennen sie Schach.“

Der Blick den der Jungen ihm zuwarf war durchaus einmalig. Scheinbar hatte er von diesem Spiel noch nie gehört. Dass konnte die Sache einfacher aber auch schwerer machen. Ein Versuch war es jedenfalls wert.

„Kommen sie, ich zeig ihnen was ich meine.“

Für einen Moment verharrte Kai in seiner Position. Doch dann gab er nach, er hatte ja eh nichts Besseres zu tun und vielleicht konnte er sich damit wirklich etwas Zeit vertreiben. Geduldig hörte er sich die Regeln an und stellte fest, dass die Regeln an sich gar nicht so schwierig waren. Die Durchführung allerdings war eine andere Geschichte, doch langsam formte sich eine geeignete Strategie für ihn heraus. Nach vier Spielen stand es 2 zu 2, was eher daran lag, dass der Buttler ihn beim zweiten Mal hatte gewinnen lassen und ihn beim vierten Mal unterschätzt hatte. Anderenfalls wäre es wahrscheinlich 4 zu 0 für den Buttler gewesen. Das fünfte Spiel war relativ ausgeglichen und der Buttler hatte seine nachteiligen Schummelaktionen und Nachlässigkeiten verworfen. Das hieß entweder seine Strategien ging auf oder nicht.

„Schach.“

Der Buttler hatten seinen Turm ein Feld nach links versetzt. Dadurch hatte dieser freie Bahn zum König. Doch anstatt dass sein Gegner diesen in Sicherheit brachte nutzte er nur das in Position stehende weiße Pferd und warf den Turm damit aus dem Spielfeld.

„Schach abgewendet und Schachmatt… Der Junge hat sie wirklich in seine schöne Zwickmühle gebracht.“

Erschrocken wendete sich Kai bei diesen Worten um. Er hatte gar nicht gemerkt, dass sein Großvater wieder da war und sie außerhalb seines Blickwinkels beobachtet hatte.
 

Das einzige was er jedoch nicht verstand war, wo genau das Schachmatt war, er war doch nur mit einer seiner Figuren in der Lage den gegnerischen König zu schlagen. Doch lange über die Unstimmigkeit nachdenken konnte er nicht, da ihn das Gespräch der beiden anderen Personen im Raum ablenkte.

„Sie scheinen sich mit dem Jungen wohl bestens zu amüsieren.“

„Wir tun unser bestes, Sir. Doch ist es für jemanden in seinem Alter nicht gerade förderlich den ganzen Tag in einem Hotelzimmer zu verbringen.“

„Wollen sie mir etwas sagen?“

„Gewiss Sir. Ich fände es für angebracht, dass der Junge etwas von der Stadt sieht, solange er hier ist.“

„Dann zeigen sie ihm die Stadt. Solange sie sich bei mir Abmelden hab ich nichts dagegen. Aber verlieren sie ihn nicht“

„Natürlich nicht, Sir.“

Mit diesen Worten zog der Buttler Kai vorsichtig mit sich. Es wurde Zeit dass der Junge dieses Zimmer verließ, jedenfalls für einen geringen Zeitraum. Allerdings hatte er sich das ganze einfacher vorgestellt als gedacht. Nicht nur war die Stadt zu dieser Zeit ziemlich voll mit Menschen, was es ziemlich schwer machte bestimmte Personen im Auge zu behalten. Besonders wenn diese ohne Vorwarnung einfach an Ort und Stelle stehen blieb. Dem zur Folge war Voltaires Warnung doch in gewisser Weise berechtigt. Und er wusste, wenn er Kai verlieren würde, konnte er sich schon mal warm anziehen. Doch zumindest hatte der Junge etwas spaß, sofern das möglich war, interessant schien er das Leben außerhalb jedenfalls zu finden auch wenn er das eine oder andere Mal ziemlich überfordert schien. Wie sollte man, auch so schnell entscheiden können, wo man hinsehen sollte, wenn man so eine Menschenansammlung nicht gewohnt war. Überall gab es etwas zu sehen, weshalb es Kai auch nicht zu verübeln war, dass dieser auf alles achtete nur nicht auf ihn. Oder es lag einfach daran, dass er selbst nur ein Angestellter seines Großvaters war und somit für den Jungen nicht als wirkliche Bezugsperson betrachtet wurde.
 

Nach einiger Zeit oder besser gesagt einigen Stunden wurde es ihm jedoch etwas zu anstrengend. Deshalb entschloss er sich den Jungen etwas von seiner derzeitigen Umgebung loszureißen und diesen mit deutlich ruhigeren Gegenden vertraut zu machen. Oder zumindest dafür zu sorgen, dass er nicht ständig auf der Hut sein musste, damit er den Jungen nicht unabsichtlich verlor. Die beste Möglichkeit war in diesem Fall den Jungen wieder zurück zum Hotel zu leiten. Dort angekommen fiel sein Blick als erstes auf die große Uhr im Eingangbereich. Erst jetzt fiel ihm auf, dass der Junge den ganzen Tag über noch nichts gegessen hatte. Voltaire hatte angewiesen den Jungen schlafen zu lassen. Generell schon ein Wunder, wenn man bedachte, dass dieser seinen Enkel die restliche Zeit in der Abtei leben ließ. Zwar wusste er nicht, was dort vorging, doch allein die Reaktion des Jungen ließ darauf deuten, dass es nicht gerade heiter zuging.

„Wir sollten wieder zu ihrem Großvater gehen, bevor er sich noch sorgen macht.“

Noch bevor er das sagte notierte er sich innerlich, dass er dem Jungen etwas zu Essen besorgte. Es wunderte ihn sowieso, dass dieser noch nichts gesagt hatte, doch wahrscheinlich war dieser einfach nur unsicher darüber, was er sich hier durfte und was nicht. Nicht gerade ungewöhnlich wenn man bedachte, dass Voltaire ein harter Geschäftsmann war, für die an erster Stelle seine Firma kam und dann eine ganze Weile nichts mehr. Auf welcher Position sein Enkel kam, war dem Buttler unbekannt. Zwar hatte er bemerkt, dass Voltaire seit der Junge hier war ein Auge auf diesen hatte, doch ob das ein Verhalten war, das darauf hinwies dass der Junge ihm wichtig war, konnte er nicht mit Bestimmtheit sagen. Mit diesen Gedanken führte er den Jungen wieder zum Hotelzimmer von dessen Großvater. Zwar folgte ihm dieser bereitwillig, doch irgendetwas ließ ihn grübelnd zurück. Schon von Beginn an war der Junge ziemlich verschlossen. Anders war das nicht zu benennen. Es schien nicht so als wenn dieser Angst hatte hier zu sein. Nicht vor seinem Großvater, ihm oder sonst irgendwem von Voltaires Angestellten. Das einzige was einen derartigen Verdacht hervorrufen konnte war, dass Kai bei jeder direkten Bewegung leicht zusammen zuckt, als erwartete er irgendeine Strafe oder sonst irgendetwas. Schnell schüttelte er diesen Gedanken aus seinen Kopf. Wenn er weiter über diese Tatsache nachdachte, konnte er sich gleich die Kündigung holen. Da er in diesem Fall früher oder später seine Meinung zu dem Ganzen kundgeben würde. Zwar gab es Tage, an dem Voltaire seine Ratschläge annahm, doch meistens fielen sie auf taube Ohren und ließen ihn mit einer scharfen Verwarnung zurück. Mit diesen Gedanken öffnete er die Tür zu der Suite. Nicht mal eingetreten wurden sie auch schon angesprochen.

„Und wie viele Klagen bekomme ich in näherer Zukunft zu hören.“

„Keine Sir.“

„Wirklich? Das ist überraschend.“

Für einen Moment herrschte Stille. Eine Stille, die Kai nicht im Geringsten leiden konnte, besonders da sein Großvater ihn währenddessen zu mustern schien.
 

Diese Art von Reaktion konnte er noch nie leiden. Nicht von Boris und auch nicht von seinem eigenen Großvater. Es wirkte für ihn immer so, als würde man gerade zu nach Fehlern suchen oder zumindest nach einer Reaktion, die er nicht zeigen durfte. Aus diesem Grund vermiet er es auch seinen Großvater anzuschauen und blickte stattdessen auf den Boden.

„Ich war gerade auf den Weg nach unten. Hatte der Junge schon was zu Essen?“

„Nein Sir, bisher noch nicht.“

„Verstehe.“

Mit diesen Worten kam Voltaire auf ihn und dem Buttler zu. Für einen kurzen Moment erwartete Kai, dass dieser dem Buttler einen letzten Befehl gab und dann den Raum verließ, so wie er es vorgehabt hatte. Doch dieser Ablauf sollte sich als falsch erklären, denn anstatt einfach an ihnen vorbei zu gehen, blieb sein Großvater genau vor ihm stehen.

„Dann werde ich mich darum kümmern.“

Ohne großartig auf eine Antwort oder Reaktion zu warten legte Voltaire seinem Enkel die Hand auf die Schulter und sorgte mit einem leichten Druck dafür, dass dieser ihm folgte. Mehr war auch nicht nötig, weil Kai nicht wirklich daran dachte sich gegen seinen Großvater zu wehren. Das hatte auch Voltaire schnell eingesehen, weshalb er seinen Griff nach einigen Metern wieder löste. Nach dem was er gehört hatte konnte man bei dem Jungen nie wissen, was in dessen Kopf vorging. Doch vielleicht lag das auch einfach nur an Boris selbst. Hatte sein Enkel möglicherweise schon erkannt, dass sein Schicksal in seiner Hand lag und nicht in der von Boris. Eine Erklärung wäre es auf jeden Fall, doch genauso wahrscheinlich wäre es, dass der Junge sich nur solange benahm, sofern er etwas davon hatte. Was auch immer der Grund für Kais Reaktion außerhalb der Abtei war, er würde es schon noch herausfinden. Möglicherweise würde er diesen doch eher aus der Abtei holen, als er ursprünglich geplant hatte. Für den Moment jedoch blieb ihm nur die Möglichkeit Kais Verhalten genau im Auge zu behalten, jedenfalls sofern er dies mit seiner Arbeit in Einklang bringen konnte.
 

Im Prinzip war es ja sowieso überraschend, dass Kai ihm gegenüber ziemlich zurückhalten war. So hatte er diesen noch nie erlebt. Die wenigen Male, die er diesen in der Abtei gesehen hatte, war er zwar auch relativ ruhig, doch das eine oder andere Mal kam auch eine unpassende oder beleidigende Bemerkung von diesem. Zwar waren diese immer auf Boris gerichtet, doch das machte angesichts des Vergleiches keinen Unterschied. Scheinbar hatte Kai wirklich keine Lust allzu schnell wieder in die Abtei zurück zu kommen. Entweder das oder er hatte einfach kein Interesse Boris wieder zu sehen. Die eigentliche Antwort war für ihn jedoch unwichtig, solange Kai nicht auf die Idee kommt irgendeinen Unsinn zu machen.

„Setz dich.“

Bei diesen Worte zeigte er nun auf einen Stuhl. Für einen Moment wurde er von seinem Enkel mit einem undefinierbaren Blick angesehen, bevor er seiner Aufforderung nachging. Kurz darauf setzt er sich neben diesem und wendete sich der Karte zu, die auf dem Tisch lag und studierte sie für einen Moment intensiv. Dann jedoch richtete er seine Aufmerksamkeit auf seinem Enkel, der den Blick durch den Raum schweifen ließ.

„Suchst du etwas Bestimmtes?“

Schnell schüttelte Kai daraufhin den Kopf. Es hätte Voltaire auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre. Ohne weiter über die Reaktion des Jungen nachzudenken, gab er seine Bestellung auf. Nach diesem Moment herrschte Stille. Es gab auch nicht wirklich etwas zwischen ihnen zu besprechen. Selbst nachdem Essen war kein Wort zwischen den beiden gefallen. Fast so als würde der jeweils andere nicht existieren. Kai gab sich damit zufrieden, da er es nicht anders gewohnt war. Entweder er hörte nichts von seinem Großvater oder er erntete Kritik und auf das letztere konnte er verzichten. Voltaire hingegen sah keinen Sinn ein Gespräch mit dem Jungen anzufangen. Worüber sollte er auch schon groß mit diesem reden, immerhin wusste er ganz genau über dessen Leben in der Abtei bescheid. Auch wenn Boris wahrscheinlich das eine oder andere Mal übertrieben hatte. Dessen war er sich durchaus bewusst.
 

Allerdings hatte die Woche erst angefangen und es würde sich noch zeigen, ob Kais Verhalten sich währenddessen drastisch ändern würde.

„Können sie den Jungen am Ende der Woche wirklich wieder mit gutem Gewissen zurück schicken.“

„Ich an ihrer Stelle würde aufpassen, dass sie sich nicht in Dinge einmischen, die sie nichts angehen.“

Bei diesen Worten war klar, dass ein weiteres Wort mit Konsequenzen verbunden war. Im Prinzip wollte der Buttler das Thema ja gar nicht ansprechen doch es brannte ihm regelrecht aus der Zunge. Deshalb konnte er diesen Satz einfach nicht zurückhalten, als er Voltaire alleine in dem Arbeitszimmer vorfand. Kai hatte sich die Freiheit genommen sich die Suite genauer anzusehen oder zumindest ein Zimmer mit einer besseren Aussicht zu finden, sofern das möglich war.

„Einmischen ist das falsche Wort, Sir. Es würde mich nur interessieren, ob der Junge ihnen etwas bedeutet oder ob er nur eine Klausel in ihrem Plan ist.“

„Wie schon gesagt, es geht sie nichts an.“

Damit war das Thema beendet und jeder, der es wagen sollte es noch einmal in näherer Zukunft anzuschneiden würde dafür bitter bezahlen. Doch das war zu erwarten. Es war allgemein bekannt, dass Voltaire niemandem Rechenschaft ablegte und erst Recht nicht seinen Angestellten. Und auch dessen Gestiken verriet nichts über seine Position zu dem Jungen oder gar über dessen Gefühle zu diesem, falls diese überhaupt existierten. Was Kai für eine Stellung für dessen Großvater hatte blieb demnach weiterhin ein Rätsel. Doch er würde nicht versuchen dieses weiter zu ergründen, dafür war ihm seine Stelle zu wichtig. Wer würde ihn mit seinem Alter noch einstellen. Niemand mehr, da war er sich sicher. Für den Jungen tat es ihm zwar Leid, doch Leid taten ihm auch die anderen, die es sich mit Voltaire verscherzt hatten und deswegen nicht nur ihren Job sondern auch ihre existenzielle Grundlage verloren haben. Doch er hatte nicht vor sich in diese Kategorie einzugliedern. Nicht solange er es verhindern konnte. Allerdings wusste er, dass ihm seine Vorsätze nicht ewig davon abhalten würden seine Meinung zu sagen. Sein einziges Glück war nur, dass er Voltaire schon Jahrelang treu und loyal diente und es schwer war für ihn einen guten Ersatz zu finden. Doch ewig würde es ihm nicht helfen.
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  kylara_hiku_Lamore
2013-09-06T17:56:38+00:00 06.09.2013 19:56
Sie gehen gemeinsam essen... woha das is ja schon mal ein Anfang!
ein Butler der ein Auge auf ihn hat und anscheinend sich ernsthafte Gedanke zu ihm macht. ich muss sagen deine Story gefällt mir immer mehr und ich bin gespannt wie das alles endet. vielleicht mag Volter Kai ja doch =)


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