Zum Inhalt der Seite

Fight of my heart

Volleyball kann zwar ein Stückchen Leben, aber das Leben alleine niemals nur Volleyball sein
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ohrfeige aus Liebe

Die nächsten Tage musste Yushima Mila immer davon abhalten, aus dem Bett zu kullern, da sie sich immer bis zur Kante rüberkämpfte und dort einschlief. Er wusste beim besten Willen nicht, was er nun schon wieder falsch gemacht hatte. Das Mädchen war einfach nur unerfahren und wusste nicht, was sie von seinen Worten halten sollte. Ob sie es ihm wirklich krumm nahm, dass er so etwas gesagt hatte? Sie war schon seltsam und speziell. Er machte ihr ein Kompliment und sie wurde sauer deswegen, oder unsicher. Es war wirklich jedes Mal so, immer wenn er dachte, etwas Nettes zu sagen, reagierte sie überhaupt nicht so, wie er dachte. Gut, er mochte es, wenn sie aus der Haut fuhr, aber gestern, das war was anderes gewesen. Sie hatte ihm diesmal keine Ohrfeige gegeben, sondern war so niedlich rot geworden, seither war ihm klar, dass sie überhaupt keine Ahnung von Männern hatte. Er wusste ja auch nicht, wann ihr so genannter bester Freund gestorben war. Es konnte schon lange her sein.

Man sagte von Männern, dass sie auf Knopfdruck einschliefen, doch dem war nicht so, er lag oft lange wach und grübelte über ihr Verhalten.

Dass sie von Tsutomu träumte, war ihm bewusst, denn im Schlaf murmelte sie oftmals seinen Namen und wenn er sich dann zu ihr robbte, um sie anzusehen, sah er jedes Mal Tränen in ihren Augen glitzern. Meistens drehte er sich mit einem Seufzen weg und versuchte dann auch zu schlafen, was nach einer Weile dann auch klappte.

An einem dieser Morgen öffnete sich ganz leise die Tür und ein Augenpaar linste hinein.

Es war Nakasawa, die nur mal die Lage checken wollte – so wie es aussah, waren sie sich nicht so nahe gekommen – jedenfalls hatte er was an, wie sie sehen konnte. Beruhigt schloss sie wieder die Tür und wurde draußen von Midori überrascht, woraufhin sie sich fürchterlich erschrak. „Man, hast du mich erschreckt, Midori!“

„Was tust du da, Nakasawa? Sag’ nicht, dass du reingesehen hast?“

„Ich wollte mal gucken, ob alles in Ordnung ist, aber das scheint es. Mila ist wahrscheinlich schon aufgestanden – das wundert mich jetzt gar nicht.“

„Sie müsste gar nicht so früh aufstehen, sie soll sich erholen – so weit ich weiß, sind sie gestern erst kurz nach 12 Uhr ins Bett gekrabbelt, er scheint noch zu schlafen, wie?“

„Ich denke, er kann sich einfach besser entspannen als sie, sie ist gewohnt um 6 Uhr in der Früh schon zu trainieren.“

Midori begann plötzlich zu lachen. „Er ist Japans bester Spieler – was glaubst du wohl, wann er seine Mannschaft zum morgendlichen Training verdonnert, mhm? Aber im anderen Punkt hast du Recht – er kann sich entspannen, Mila konnte das noch nie. Ich frage mich, wie das werden soll! Es ist für sie doch schon eine Qual ein paar Tage auszusetzen…“

Nakasawa nickte, woraufhin beide zu den anderen Mädchen gingen, diese hatten gerade ihre Trainingskleidung angezogen und waren auf dem Weg zu Herrn Hongo, der sie noch immer trainierte.
 

Mila hingegen lief den ewiglang wirkenden Feldweg entlang und betrachtete sich die Natur, viel zu selten schaute sie sich in ihrer Umgebung um, es sei denn, es handelte sich um ein Volleyballfeld. Wenn sie den Weg komplett hinter sich brachte, würde sie in der Stadt landen. Wobei man das Ganze wohl kaum Stadt nennen konnte, Tokyo war ein bisschen anders und dort war sie ja schließlich 12 Jahre lang aufgewachsen, bis sie nach Fujimi kamen.

Sie hatte es sich in den Kopf gesetzt, heute noch Kashiwagi zu besuchen, die in dieser Gegend immer mit Freundinnen spielte, zumindest hatte sie davon erzählt. Sie war als eine der wenigen früh von der Schule abgegangen – was sie wohl beruflich so trieb, wenn sie schon nicht zur Senior-Highschool gegangen war?

Gut eine halbe Stunde lief sie durch die Stadt bis sie das Haus der Kashiwagis erreicht hatte. Sie hatte sich ein bisschen verirrt und fragte ihre Eltern danach, wo sich ihre Freundin momentan aufhielt. Man sagte ihr, sie spielte in der Nähe des Strandes Beachvolleyball – Mila erinnerte sich an ihr allererstes Training mit den Rebellen, das hatte auch dort stattgefunden, also machte sie sich – rennend – auf den Weg dorthin.

Bis auf Kashiwagi kannte sie kaum einen in der Mannschaft, bis ihr Ikizaki auffiel, die zusammen mit Kashiwagi wohl am Netz stand. Es waren zwölf Mädchen, die einfach nur zum Spaß Volleyball spielten… Ja, Spaß – bei ihnen war alles blutiger Ernst.

„Kashiwagi!!!!“ rief sie ihrer Freundin zu, noch während sie rannte, der Ball war gerade in der Luft, so dass dieser als Gruß zu Mila geschmettert wurde, welche ihn mit einem Sprung zurück donnerte – er sauste an Kashiwagis Kopf vorbei wie der Blitz, nur den Wind spürte sie noch an sich vorbei ziehen.

„Was machst du denn hier bitteschön, Mila? Solltest du nicht in Hokkaido sein?“

Diese Frage kannte sie schon, wieso musste sie sie immer wieder beantworten, das Mädchen seufzte und kam dann am Netz zum Stehen. „Willst du mitspielen?“

„Ja… schon…!“ es beantwortete beide Fragen auf gewiss Weise und dann schaute sie traurig zu Boden. „Ich darf beides nicht – ich bin hier zum Erholen, ich dachte, dass ich euch hier mal besuche, du hast es also wirklich wahr gemacht, du spielst mit ein paar Mädchen aus der Stadt!“

Das gesamte Team starrte auf Mila, bestimmt kannten sie sie, aber mit einer solchen Reaktion rechnete Mila nicht. Eine von ihnen kam unter dem Netz hervor, rannte auf sie zu und wollte sich den Ball zurückholen, dachte man. „Boah, Mila Ayuhara, die Nummer 1 des Volleyballs! Das ist ja so aufregend, ich hätte nie gedacht, dass wir dich mal persönlich kennen lernen! Bitte zeig uns einen Angriff“, sie redeten mittlerweile durcheinander, die anderen hatten sie zwar erkannt, aber nur gehofft, dass sie es wirklich war, es für Einbildung gehalten.

„Zeig uns deinen Tornado-Schmetterball, den fand ich schon im ersten Spiel total spannend! Zeig uns wie du das machst! Aus nächster Nähe… Bitte!“

Kashiwagi hob eine Hand. „Halt! Nicht so vorwitzig, ihr Lieben! Sie sagte doch, sie ist zum Ausruhen hier! Also, Mila, was hast du angestellt? Du bist jawohl die einzige, die selbst mit einer Verletzung weitertrainieren will…“

„Verletzung ist nicht ganz richtig, ich bin nicht verletzt“, gab sie zu, doch dann sah sie diesen weißen Ball und konnte den Blick nicht abwenden. „Ich werde mir schon nichts brechen, es spricht nichts dagegen, gern führ ich ihn vor, aber dazu brauche ich eine sehr erfahrene Stellerin, die den Ball mir fast ins Gesicht pritscht!“

Etwas entsetzt sahen sie die beiden Stellerinnen an. „Ins Gesicht?“

Mila lächelte ihnen zu. „Um genau zu sein, muss der Ball so fliegen, dass er mich beim hochspringen eigentlich an der Luftröhre treffen müsste – natürlich werde ich nach hinten ausweichen! Also, wer traut sich’s zu?“

Es herrschte Stille, Mila schaute sich um, doch keine schien sich eine Antwort zuzutrauen.

„Mhm – lass es mich machen“, erwiderte Kashiwagi, immerhin kannte sie Mila schon sehr lange. „Die anderen kennen dich dafür viel zu wenig – also soll ich dir den Ball mehr entgegen werfen, ja?“

Ein Nicken kam und Mila nahm Position direkt vor dem Netz. Es klappte nicht gleich beim ersten Mal, aber nach einigen Versuchen schaffte es Kashiwagi ihr den gewünschten Ball zu geben. Die gesamte Mannschaft war sprachlos, keiner hätte es gewagt, einen Versuch zu starten, einen solchen Ball anzunehmen. Aus einem einzigen Angriff wurden 10 – daraus dann 20, bis Mila so ziemlich alles, was sie in ihrem Leben gelernt hatte, zeigte – sie konnte einfach nicht anders und vergaß ihr Verbot vollkommen. Sie spielte nicht nur Schmetterbälle, sie zeigte ihnen auch ein paar Annahmetricks. Obwohl sie in der Frühe losgegangen war, tauchte sie zum Mittagessen nicht auf…
 

Yushima hatte sich wirklich gewundert, als er um halb 10 aus dem Bett gefallen war, dass sie schon auf und ihre Seite in ihrem Bett leer war. Sonst war er es, der früher als sie aufstand, doch heute war es anders herum. Von Midori erfuhr er dann, dass sie bereits vor 7 Uhr losgegangen war, noch ehe die Mädchen zum Morgentraining gegangen waren. Allmählich fing er dann wirklich damit an sich Sorgen um sie zu machen.

Als sie sich zum Essen einfanden, hatte er nicht wirklich Appetit und entschuldigte sich bei ihren Freundinnen für sein Verhalten und verließ den Essraum. Die Mädchen konnten sich sein Verhalten nicht erklären – dass er sich Sorgen wegen ihres Verbleibs machen könnte, daran dachten sie nicht, sie konnte immerhin zum Essen auftauchen, wann sie wollte, oder auch nicht. Sicher hatte sie sich einen schönen Tag gemacht und die Zeit dabei vergessen.

Er hingegen begann sie verzweifelt zu suchen, er schnappte sich ein Fahrrad und fuhr den ganzen Weg ab, so weit konnte sie doch nicht etwa gelaufen sein. Sie hatten die Reise nicht umsonst zu zweit gemacht, irgendwie fühlte er sich dafür verantwortlich, was mit ihr geschah. Man konnte es großen Bruder-Komplex nennen, den er ganz sicher besaß, aber auch war er wie ihr Vorbild, wenn es ums Volleyball ging, dabei hatte sie selbst genug Können, um ihn vielleicht sogar besiegen zu können, es wäre immerhin möglich, zumal sie nicht bloß Japans beste Spielerin war, nein, sie war die beste Angriffsspielerin der Welt. Und sie hatte geschafft, wozu er nicht in der Lage gewesen war…

Er genoss es, ihrem wunderbaren Spiel zuzusehen, es machte ihm Spaß – für ihn war sie so etwas wie die Göttin des Volleyballs – ach wie albern, dass er an solche Dinge dachte. Aber der Moment, als sie die Trophäe in den Händen hielt und so glücklich war, hatte auch ihm viel bedeutet. Durch die Stadt radelnd, kreuzte seinen Weg auch irgendwann den Strand, wo er eine Volleyballmannschaft bei ihrem Training beobachten konnte – es hätte ihn wenig interessiert, fremde zu beobachten, wäre nicht der Ruf „nimm ihn Mila“ von einer gekommen, er hielt an und seine Augen wurden riesig, bevor sich Schweiß in seinem Gesicht breit machte, er sein Fahrrad einfach zu Boden segeln ließ und nach unten rannte.

„Hör sofort auf damit, Mila!“ hörte man ihn rufen, wobei es eher ein wütendes Schreien war. Ja, er war zornig und das nicht zu wenig, wie konnte sie das Verbot nur einfach so hinter seinem Rücken brechen? Wollte sie sich schon wieder selbst kaputtmachen? Sie dachte doch wohl nicht, dass er das zulassen würde, oder?

Obwohl es ihr total gut ging, bemerkte sie Yushima, wandte ihm den Blick zu und konnte dann dem Ball nicht parieren, so dass sie stattdessen den harten Ball mit einem Karacho in Brustgegend bekam, dass sie am Boden landete und dann mit einem zugekniffenen Auge an ihm hochschaute. Sein Blick hätte auch von Inokuma sein können, der ihr Training mal wieder zu schwach fand und deswegen enttäuscht von ihr war.

„Ich glaube nicht, was ich da sehe!“

Fassungslos traf sie sein Blick, sie erhob sich langsam und stand dann etwas pikiert vor ihm, sie schämte sich, sie hatte sich gehen lassen. Verständlicherweise war er wütend, so hatte sie auch Tsutomu einmal angesehen, als ihm etwas nicht schmeckte und dann holte er aus und seine Hand traf ihre Wange, weshalb sie gleich fast noch einmal hinfiel. In ihren Augen brannten Tränen.

Kashiwagi krempelte sich die Ärmel hoch und kam wutentbrannt auf den jungen Mann zu.

„Was bilden Sie sich ein, sie zu schlagen? Wer sind Sie überhaupt?!“

„Oh Mist! Kashiwagi, dass ist Yushima Hiro, der Mannschaftsführer der japanischen Herren-Nationalmannschaft!“

„Was? Und das gibt ihm das Recht, seine Mannschaftskollegin ins Gesicht zu schlagen??“ Ihre wütend funkelnden Augen trafen die von Yushima, doch dieser zuckte nicht einmal.

„Weißt du, warum ich sie schlage? Eine andere Sprache scheint sie nicht zu verstehen!“ Mit einer Hand ergriff er ihr Handgelenk und riss grob daran, so fest, dass sie taumelte und einen beißenden Schmerz im Handgelenk verspürte, was ihr als gute Angriffsspielerin aber nicht viel ausmachen dürfte, sie war mehr gewohnt, als mal hart angepackt zu werden. „Wir sind hier, weil sie schwer krank ist und keinen Ball anrühren soll! Sie hat es versprochen! Irgendjemand muss ja auf sie aufpassen…“ Seine Stimme war noch immer so laut, sie sagte nichts, wieso ließ sie sich von so einem Kerl das alles gefallen? Was hatte sie? In ihren Augen standen Tränen, das war das einzige an Gefühlsregungen, die sie von sich gab.

„Was schwer krank?“ erwiderte Kashiwagi entsetzt und hielt sich die Hand vor den Mund. „Aber sie hat doch so gut gespielt und sieht gar nicht krank aus…“

„Komm, Mila, wir gehen!“

Trotzdem führte sich dieser Mann auf, als sei er ihr Vormund. „Yushima Hiro, ja? Nimm dich nicht zu wichtig! Wir wussten nicht, dass sie krank ist, sonst hätten wir sie nicht zum Spielen eingespannt, verstanden? Und nun lass sie los, oder es passiert was!“ drohte sie dem Mann, mit ihr war nicht gut Kirschen essen, sie würde sich niemals einem Mann unter ordnen, so viel stand fest – sie hatte Mila auch immer für eine solche Person gehalten, wieso war sie nur so still? Wollte sie ihn nicht einmal die Meinung sagen?

„Lass mich… LOS!“ Mila entriss ihm ihr Handgelenk. „Fass mich nicht an!“ Das 17-jährige Mädchen ging einen Schritt von ihm weg, woraufhin er wieder auf sie zukam.

„Was würde euer Trainer bloß sagen, wenn er wüsste, dass sein Sturkopf zuwider aller Verbote handelt? Ein guter Sportler muss wissen, was er sich zumuten kann und du bist erst neulich nach einem Spiel zusammen gebrochen, weil du nicht hören konntest! Willst du wirklich so früh schon deinen Körper ruinieren? Dann hast du die längste Zeit Volleyball gespielt!“ Sein Atem ging schnell und heftig, erneut nahm er sie am Handgelenk, diesmal aber nur fest, nicht gar grob und zog sie zu sich. „Ich weiß genau, das könntest du niemals ertragen“, er war ein wenig leiser, fast sanfter in seiner Art zu sprechen geworden.

„Tut mir Leid, aber sie muss nun gehen – Volleybälle zu sehen, tut ihr gerade wenig gut.“ Ohne, dass sie viel tun konnte, wurde sie von den Mädchen getrennt. Sie wusste, dass er Recht hatte und fühlte sich einfach schrecklich – ja, verdammt, er hatte so oft Recht – sie war so fanatisch, dass sie ihr Leben ruinieren würde, eines Tages.

„Gomen nasai, Kashiwagi, aber er hat Recht – ich muss gehen! Wir wohnen in einer Berghütte im Tal… könnt mich besuchen… ohne irgendwelche Bälle.“ Sie hatte es den anderen noch zugeworfen und war dann verstummt, stumm wie sie war, ließ sie sich hinterher ziehen. Seine warme Hand hielt ihr Handgelenk fest umschlossen, sie traute sich kein Wort zu ihm zu sagen, er war so wütend, dass man besser still war, obwohl es nicht ihre Art war, er war es überhaupt nicht gewohnt von ihr angeschwiegen zu werden, nachdem er wieder gemein gewesen war.

Das Fahrrad vom Boden aufhebend war auch er zunehmend still. Er hatte sie genug angemeckert, sie musste erkannt haben, dass er es gut gemeint hatte, obwohl er selbst fand, dass er ziemlich über die Strenge geschlagen hatte. So behandelte man keine Frau, aber sie war auch manchmal nicht ganz normal, weshalb er sie auch selten normal behandelte, sie hatte manchmal eine Spezialbehandlung nötig. Sie körperlich zu drillen, damit hatte er keine Probleme, aber die Ohrfeige tat ihm nun doch sehr Leid. Kein Mann hatte das Recht zu so etwas, nicht als Einschüchterungsmethode, noch um sie zu verletzen. Er war nur fast wahnsinnig in der Gegend herum gefahren, nur um dann zu sehen, wie sie leichtfertig ihre Gesundheit mal wieder aufs Spiel setzte. Es lag ihm zufällig etwas daran, dass sie ihm erhalten blieb. Und wer wusste, ob es nicht lebensgefährlich war, wenn sie sich nicht dran hielt.

Über eine halbe Stunde lief sie ihm nach und als sie die Hütte erreichten, hörte man das Gelächter der Mädchen, sie schienen sich gut zu amüsieren.

Nakasawa kam gerade aus dem Zimmer und entdeckte beide.

„Himmels Willen, habt ihr mich erschreckt – was ist denn mit euch los?“ Mila lief ins Zimmer und warf die Tür zu, während Yushima stehen blieb.

„Was hast du mit ihr gemacht?“ Mit dieser Frage hatte der Mann eigentlich gerechnet, doch wie sollte er antworten? Natürlich dachten alle gleich wieder, er hatte sonst was mit ihr angestellt.

„Ich will nicht drüber reden! Frag sie lieber, was sie getan hat!“

Mit einer derart patzigen Antwort hatte das Mädchen mit dem Seitenzopf nicht gerechnet.

„Bitte, was soll das heißen? Du kannst mir nicht so kommen, nachdem sie ins Zimmer gerannt ist! Wenn du ihr wehtust, bring ich dich eigenhändig um!“

Dass sie gute Freundinnen hatte, bemerkte er an diesen Worten und er verstand es ja auch auf eine groteske Art und Weise. „Wieso bin ich ständig das Scheusal, wenn ich mal wieder besorgt um sie bin und deswegen ausflippe? Sie kann nicht hören!“

„Was? Du hast sie jawohl nicht alle! Es ist ihr gutes Recht, sich dir zu widersetzen!“

Als Ishimatsu das Gestreite draußen vernahm, kam sie ebenfalls aus dem Zimmer und fragte sich, was wieder passiert war. Nakasawa schien jedenfalls mit ihr einer Meinung zu sein.

„Was ist hier los? Macht der Schönling wieder Ärger?“

„Er hat irgendwas mit Mila gemacht! Hält sich wohl für unwiderstehlich und denkt, er könnte sich alles erlauben!“ Wie sie solche Typen hasste und ihn mochte sie dadurch wirklich nicht mehr.

„Bevor ihr mich hier gleich in den Boden stampft, möchte ich nur noch loswerden, dass eure Freundin gerade ihr Leben aufs Spiel gesetzt hat! Auch wenn mir das keiner von euch beiden glauben wird, macht es mir ziemlich viel aus, wenn sie das wieder tut! Vielleicht habe ich einen Fehler gemacht und bin zu weit gegangen, aber doch nur… Meinetwegen denkt was ihr wollt!“ Beim letzten Satz hatte er sich herumgedreht und hatte die Hütte verlassen, er wollte jetzt erst einmal seine Ruhe haben – weder mit ihnen streiten wollte er, noch zu Mila ins Zimmer gehen, wo er sich nur schrecklich fühlen würde – wahrscheinlich weinte sie nun…

Midori blieb natürlich nicht unbemerkt, dass die Mädchen sich mit Yushima stritten und kam zu ihnen. „Seid ihr wieder jähzornig? Und was ist diesmal der Grund?“

Nakasawa seufzte schwer, nach seinen Worten konnte sie ansatzweise verstehen, was in ihm vorgehen musste. Sie kannte Mila von allen Anwesenden am längsten und wusste, dass sie ein wahrer Volleyballfreak war, was hieß, dass auch keine Krankheit sie vom Spielen abhalten konnte.

„Ach Midori, ich glaube, wir haben einen Fehler gemacht! Wir haben ihn völlig falsch eingeschätzt! Er war nur besorgt um Mila und deswegen muss er wohl grob zu ihr geworden sein, weil sie nicht hören kann, du weißt schon. Wohl hat sie gespielt, obwohl sie es nicht sollte… Seinen Worten zufolge ist das lebensgefährlich.“

Midoris Augen wurden größer und sie schlug sich gegen die Stirn. „Dieses Mädchen würde jeden Mann um den Verstand bringen mit ihrem Volleyball!“ Noch ehe sie den Satz beendet hatte, öffnete sie die Tür zum Zimmer, in welches Mila wohl gegangen war und schloss sie hinter sich. Sofort drang ihr Schluchzen an Midoris Ohren und sie ging langsam auf sie zu, blieb am Fenster jedoch stehen.

„Ich weiß, dass das schrecklich sein muss und ich versuche es auch zu verstehen“, die Rotbraunhaarige dachte zu wissen, was der Grund für ihre Tränen war. „Aber wenn du dich nicht endlich entspannen lernst, wirst du eines Tages nie mehr Volleyball spielen können. Yushima hat vollkommen Recht, wenn er dir seine Meinung sagt! Lerne damit umzugehen!“

Midori hatte nicht den Eindruck, dass Mila ihr zuhörte, noch immer drangen ihre Tränen zu ihr durch und sie setzte sich zu ihr ans Bett, wo das Mädchen mit dem Pferdeschwanz lag und verkrampft die Hände ins Kissen krallte.

„Meinung… sagen?“ Mila rannten die Tränen übers Gesicht, als sie Midori einen Blick schenkte. „Seit wann sagt man Meinungen in Form von Ohrfeigen?“

„Er hat dich geohrfeigt?“ Eigentlich durfte sie das nicht wundern, nicht jeder konnte mit ihrer hitzköpfigen Art umgehen und selbst besonnene Menschen wie Tsutomu hatte sie schon so weit gebracht. „Ach komm, Mila! Willst du mir sagen, dass du deswegen weinst? Schon komisch – alle Männer wollen dich immer ohrfeigen, woher kommt das?“

Zuerst wusste Mila nicht, was Midori ihr sagen wollte, aber als sie ihre Frage weiterführte, wusste sie es.

„Wäre es Tsutomu gewesen, wäre es was anderes, nicht wahr?“

„Lass das! Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun!“ Sie wischte sich die Tränen weg. „Wenn Tsutomu das tat, dann nur, weil ich es verdient hatte und er hat sich auch entschuldigt und schlecht gefühlt…“

Ihre beste Freundin schüttelte leicht den Kopf. „Du denkst, dass er sich nicht schlecht fühlt, wenn er dir eine runterhaut? Wie blind bist du eigentlich?! Was denkst du, weshalb hat er es getan? Weil es ihm Freude bereitet, dich zu verletzen? Du bist so ein Dummkopf! Der Mann hat aufs Essen verzichtet, nur um dich zu suchen, er hat sich wohl zu recht Sorgen um dich gemacht! Wieso stellst du alles in Frage? Mag sein, dass er ein etwas anderer Mensch als unser Tsutomu ist, aber… ich meine… ähm…“ Midori brach den Satz ab und senkte den Blick tief, schon lange hatten sie nicht mehr über ihn geredet, es war geradezu wie ein verbotenes Thema. „Wie würdest du dich fühlen, wenn er sein Leben aufs Spiel setzen würde? Ich weiß genau, dass du ihn mehr magst, als du zugeben willst! Und wenn es ihm schlecht geht, dann…“

„Ach Midori… Was soll ich bloß tun? Ich hab mich hinreißen lassen! Er kann so grausam sein! Und dann merkt er nicht einmal, wenn es mich verletzt.“

„Ich glaube, das weiß er sehr gut.“

„Für ihn bin ich doch nur eine Volleyball schlagende Furie – ein Mädchen mit einem Herzen aus Stein, so wie man es von mir geschrieben hat…“

Midori konnte es nicht fassen, dass Mila nun selbst schon diesen Schwachsinn glaubte. Man musste ihr mal wieder die Augen öffnen. „Erinnerst du dich an damals, als sich heraus gestellt hat, dass er Trainerassistent für Aoba war? Stell dir vor, was wäre geschehen, wenn ihr damals so gute Freunde geworden wärt, wie ihr es nun seid? Hätte dich das nicht auch unheimlich verletzt?“

„Das hat es auch so, Midori, es tat weh! Ihn auf der gegnerischen Seite zu sehen. Vielleicht vertraute ich ihm deswegen nicht, ach ich weiß auch nicht! Ich habe Angst, Fehler zu machen!“

Sie war eben doch nur ein normales, verliebtes Mädchen, das Angst hatte, ihn zu enttäuschen, das war ihrer Freundin klar.

„Nun ja, ich denke, dass er dich aus diesem Grund nicht an sich rangelassen hat. Er wollte dir die Enttäuschung eigentlich ersparen, aber du hast noch empfindlicher reagiert. Was ich meine, ist, er weiß, dass du kein Herz aus Stein hast und nun wein nicht mehr wegen ihm. Stattdessen solltest du mit ihm reden. Wir beide wissen, dass du ihn eigentlich sehr gern hast und sehr gerne dich auf mehr eingelassen hättest, hätte er dich damals nicht abblitzen lassen.“

„Er sagte zu jener Zeit, dass ich ihn nur an seine Schwester erinnert habe, aber gar nicht wie seine Schwester wäre, und er wiederholt es immer wieder, wie unähnlich ich ihr bin. Es ist verletzend, als wenn er mich nicht mag, wie ich bin.“

Midori musste einfach auflachen. „Man, Mila – ich an deiner Stelle wäre froh, wenn er in dir nicht seine Schwester sieht, denk mal drüber nach!“ Es war zu lustig, zu schade, dass sie wahrscheinlich nicht dahinter kam, was ihre Freundin meinte…

„Was daran ist lustig?“ Die Angesprochene fand es jedenfalls überhaupt nicht lustig, dass Midori darüber lachte.

„Dass das nicht unbedingt bedeuten muss, dass er dich weniger mag. Wenn es dich so unruhig schlafen lässt, dann frage ihn, was er für dich empfindet!“ Midori stand auf und blickte auf ihre Freundin hinab. „Sonst wirst du wahrscheinlich weiterhin der Antwort hinterher laufen. Ich denke die Antwort zu kennen… Wenn du von selbst nicht dahinter steigst, frag ihn.“ Als sie die Tür hörte, seufzte Mila. Sie konnte ihm doch nicht solche unverschämten Fragen stellen, er würde sofort bemerken, dass sie… was tat sie eigentlich? Was war dieses Gefühl, welches sie erst neulich mit ihm verspürt hatte? Liebe?



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Schumeriagirl
2009-01-07T16:40:40+00:00 07.01.2009 17:40
oha....
Wie einfach sich Midori das alles vorstellt.... Frag ihn doch neinfach, also dazu hätte ich ganz ehrlich gesagt wirklich keinen mut... so einfach ist es nun wirklich nicht, aber sie hat ja schon irgenwie recht... obwohl der direkte weg nicht immer der beste ist, so würde er in diesem fall vielleicht erfolgreich sein....

Und die ohrfeige hätte er sich wirklich sparen können, gewalt ist keine lösung, das sollte auch der herr yushima mal lernen, auch wenn mila nicht immer hört un d manchmal fühlen muss, das hat sie trotzdem nicht verdient, auch wenn es wirklich ins bild passt...

Ich hoffe es geht bald weiter.. ist gerade so schön spannend...

glg
Schumeriagirl


Zurück