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Loving You Is Killing Me

Liebe auf den letzten Blick
von

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B_bittere

Ich sitze mal wieder am Brunnen. Es ist frühmorgens und ich bin noch gar nicht richtig wach. So langsam füllt sich der Schulhof, aber von Pete ist noch weit und breit nichts zu sehen. Ob er heute überhaupt kommt?

So ganz kann ich es mir ja nicht vorstellen. Nicht nach dem, was ich gestern gebracht habe. Ich schätze mal, jetzt habe ich es komplett versaut. Dabei wollte ich mich lediglich für mein Benehmen entschuldigen.

Ein dunkler Schatten legt sich auf mich und als ich aufsehe, erkenne ich Pete's Bodyguards, Selena und Loana. Sie sehen mich fordernd an. Was wollen sie von mir? Eine Erklärung? Pete's Wachhunde nerven mich jetzt schon, dabei haben sie nicht mal den Mund aufgemacht. Aufmerksam sehe ich die beiden Mädchen durch meine Sonnenbrille hindurch an.

„Was hast du mit Peter gemacht? Seit du letztens hier am Brunnen mit ihm geredet hast, ist er total komisch! Erst war er richtig gut gelaunt und im nächsten Moment total traurig!“, fährt mich Loana an. Ich war schon immer der Meinung blonde Mädchen sind dumm. Loana belehrt mich eines Besseren.

„Ich habe echt nichts dagegen, wenn ihr euch anfreundet. Ich finde es schön, wenn Peter auch mal mit einem Jungen zusammen abhängt und nicht immer nur mit Mädchen, aber wage es ja nicht ihn zu verarschen! Ich weiß ja nicht, was du da für ein Spiel mit ihm treibst, aber so wie er sich gestern am Telefon angehört hat, vergeudet er nur seine Zeit mit dir!“, keift sie mich an.

Mir sackt das Herz in den Keller. Hat Pete ihr etwa alles brühwarm erzählt? Nein! So etwas würde ich dem Kleinen nicht zutrauen. Obwohl, ich könnte es schon verstehen, wenn er die Beiden vor schickt, nachdem was ich gestern getan habe. Ich würde es ja selbst machen in seiner Lage.

„Loana hat Recht!“, schaltet sich nun auch die dunkelhaarige Selena ein. „Peter hat das gar nicht verdient. Er ist wirklich ein netter Junge!“, sie stemmt ihre linke Hand in die Hüfte und zeigt mit ihrem Finger auf mich. „Du ziehst ihn nur runter! Lass deinen Frust nicht an ihm aus!“

Loana sieht mich einen Moment nachdenklich an. „Hör zu, Ewan. Ich denke, es wäre besser, wenn du dich in Zukunft von Peter fern hältst.“

Wie recht diese beiden Mädchen doch haben. Ich weiß doch selbst, dass nichts Gutes dabei herauskommt, wenn Pete und ich zusammen sind. Im Grunde genommen will ich es ja auch nicht. Ich bin immerhin nicht schwul. Das gestern war lediglich ein Ausrutscher. Genau! Ein Ausrutscher! Alles nur wegen seinem dummen Parfum, das mich so verrückt gemacht hat!

Die beiden Mädchen sehen mich noch einmal mahnend an und verziehen sich dann in ihre übliche Ecke. Ich kann mir denken, worüber sie noch reden werden. Genervt sehe ich mich weiter auf dem Schulhof um und entdecke am Eingang tatsächlich Pete. Er sieht etwas neben der Spur aus. Unverhohlen betrachte ich ihn, doch er sieht mich überhaupt nicht an. Will er mich damit etwa strafen? Etwas Besseres fällt ihm wohl nicht ein.

Ich wüsste auch nicht, worüber ich mit ihm reden sollte. Wir haben ja kaum gemeinsame Interessen. Jedenfalls fällt mir auf Anhieb keine ein. Ich lese nicht gerne, also fallen Bücher schon mal weg. Er scheint eher ein Bücherwurm zu sein, also schaut er weniger Fernsehen als ich. Okay, wie es scheint, sind wir beide ziemlich langweilig. Wow! Dann haben wir ja doch eine Gemeinsamkeit!

Bringt mir allerdings auch nicht sehr viel. Damit bekomme ich auch kein Gespräch zustande.

Ich sehe tatenlos zu, wie Pete an mir vorbei geht, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. Hätte ich ihm ja nicht zugetraut. Er wirkt nicht wie jemand, der andere Menschen ignorieren kann.

Oh Gott! Er hält mich für einen Schwulen! Deswegen will er nichts mehr mit mir zu tun haben und ignoriert mich! Womit habe ich das denn verdient? Hey, ich habe ihn nur ein bisschen befummelt, da ist doch nichts weiter dabei. Davon kann er mich doch nicht gleich für einen Schwulen halten?! Das kann er nicht machen. So ein oberflächlicher Kerl ist er doch gar nicht, oder doch? Ich bin doch gar nicht schwul! Ich will es auch nicht sein!

Ich nehme mein Handy aus der Hosentasche und wähle Sarah's Nummer. Es tutet und dauert eine halbe Ewigkeit, bis sie abnimmt. Was hat sie nur wieder gemacht?

„Ewan, was gibt’s?“, begrüßt sie mich gut gelaunt.

„Ich bin nicht schwul...“, wimmere ich und sehe rüber zu Pete und den beiden Mädchen.

„Schön für dich und weiter?“, fragte sie mich ungerührt. Perplex sehe ich mein Handy einen Moment an. Dann halte ich es mir wieder an mein Ohr.

„Pete hält mich für schwul, deswegen will er nichts mehr mit mir zu tun haben. Alles nur, weil ich ihn gestern ein bisschen angefasst habe!“, meckere ich, wobei es eher einem Jammern gleicht.

„Du Esel! Nachdem was du mir gestern noch erzählt hast, war es mehr als nur ein bisschen anfassen!“, murrt sie mich an und hat ja auch recht. Auch wenn ich es mir nicht eingestehen will.

„Trotzdem bin ich nicht schwul!“, beharre ich auf meiner sexuellen Orientierung. „Das war nur ein dummer Traum! Das macht mich nicht sofort zu einem Schwulen!“

Sarah kichert. „Und trotzdem bist du ihm an die Wäsche gegangen. Wenn du betrunken gewesen wärst, könnte ich es ja verstehen. Warst du aber nicht. Also, was war da los mit dir?“

Ich schweige. Ja, was war los mit mir? Wenn ich das nur wüsste? Ich habe es einfach aus einem Impuls heraus gemacht. Nur wieso? Lag es wirklich an seinem Parfum? Wohl kaum, oder? Ich habe wirklich keinen blassen Schimmer woran es liegen könnte.

„Weißt du was ich denke? Man muss nicht unbedingt schwul oder lesbisch sein, um eine Person zu lieben. Das heißt noch lange nicht, dass du auch auf andere Jungs stehst, nur weil du Pete attraktiv findest. Vielleicht ist er einfach nur eine Ausnahme? Deine Ausnahme.“, meint Sarah aufmunternd. „So, ich muss zur Schule. Wir reden später. Bye!“ Klick. Und schon hat sie aufgelegt.

Ich lege ebenfalls auf und stecke mein Handy zurück in die Hosentasche. Ob sie Recht hat? Ich sehe noch einmal zu Pete. So ganz kann ich es nicht glauben. Sollte es wirklich der Fall sein und ich stehe auf diesen Jungen und keinen Anderen? So etwas gibt es doch nicht, oder? Was soll ich denn jetzt machen? Mal eben rüber gehen und sagen: Hey, Pete ich finde dich echt scharf, aber andere Kerle interessieren mich nicht die Bohne!? Ich seufze. Das bringt mich nicht weiter.

Und wenn ich es ausprobiere? Bisher war ich so sehr auf Pete fixiert, dass ich mich gar nicht erkundigt habe, ob er der einzige Junge ist. Wenn ich dann nicht schwul bin, kann es ja gar nicht so schlimm sein. Hoffe ich einfach mal. Also muss ich zuerst herausfinden, ob andere Kerle anziehend auf mich wirken.

Ich sehe mich auf dem Schulhof um und seufze genervt. Wie soll ich von all den Idioten um mich herum jemand Gutaussehenden finden? Okay, vielleicht unser Schulschwarm? Den finden doch die Mädchen zum Anbeißen. Ich sehe zu ihm herüber, aber irgendwie fühle ich nichts dabei. So toll finde ich ihn auch nicht und er ist ein mieses Arschloch. Immerhin hat er mich in den Brunnen geschubst!

Hm, vielleicht die kleine Brillenschlange? Sein Anhängsel. Ich betrachte den Jungen, der eine gewisse Ähnlichkeit zu Pete aufweist. Na ja, das einzige was sich bei ihnen ähnelt ist diese grauenvolle Brille. Aber ansonsten spricht er mich auch nicht an. Und was jetzt?

Sollte ich vielleicht nach jemand Anderem Ausschau halten? Etwas älter und nicht unbedingt jemanden den ich kenne. Wo finde ich so eine Person? Einfach jemanden auf der Straße anhalten und ihn ansprechen? Nee, kommt gar nicht in die Tüte! So etwas mache ich ganz sicher nicht! Ist doch total peinlich!

Ah! Pete hat doch einen Bruder! Aber mit dem kann ich nicht sprechen. Der weiß bestimmt auch schon längst von gestern. Es sei denn Pete hat ihm gar nicht erzählt, was vorgefallen ist. Was mache ich nur? Wenn ich zur Buchhandlung gehe, ist Pete bestimmt auch dort. Ich will ihm nicht so schnell wieder über den Weg laufen. Dann benehme ich mich bestimmt wieder wie der hinterletzte Trottel! Ich muss also einen geeigneten Zeitpunkt finden, um mich allein mit seinem Bruder zu treffen. Sofern er überhaupt gut auf mich zu sprechen ist.

Ich stehe auf und schnappe mir meinen Rucksack. Wenn nicht jetzt, wann dann? Ist doch der perfekte Zeitpunkt! Pete ist im Unterricht und ich kann in Ruhe Nachforschungen anstellen. Ich bin ja immer noch der Meinung, dass es lediglich ein dummer Traum gewesen ist, der keine tiefere Bedeutung hat.

Ich bleibe kurz stehen. Mir ist, als würde mich jemand beobachten. Nicht schon wieder dieses komische Gefühl. Ich drehe mich langsam um und sehe zu Pete. Genau in seine Augen. Ich weiß nicht, was er gerade jetzt empfindet oder denkt. Ich schiebe meine Sonnenbrille etwas hoch und gehe dann geradewegs auf das Schultor zu. Mir ist egal, was er jetzt über mich denkt. Immerhin ist das hier für einen guten Zweck!

Ich laufe die Straße herunter und laufe geradeaus. Ich beeile mich und gehe zügiger. Der Himmel ist ziemlich wolkenverhangen und ich habe keine Lust schon wieder bis auf die Knochen nass zu werden.

Ich schaffe es noch vor den ersten Regentropfen in die Buchhandlung zu laufen. Sofort empfängt mich die herrliche Wärme, die ich schon beim ersten Mal gespürt habe und ein leises Klingeln macht auch gleich auf mich aufmerksam. Allerdings kümmert das die paar Leute im Laden herzlich wenig. Einige sehen kurz auf, kümmern sich aber sofort wieder um ihre Auswahl an Büchern, die sie sich wohl kaufen wollen.

Ich sehe mich kurz um. Pete's Bruder steht weiter hinten im Laden und sortiert neue Bücher in die Regale ein. Wie bin ich nur darauf gekommen ihn zu testen? Ausgerechnet Pete's Bruder? Was erhoffe ich mir davon? Ich weiß ja nicht einmal wie der Kerl überhaupt heißt!

Langsam gehe ich auf ihn zu. Ich weiß überhaupt nicht, was ich sagen soll. Ich komme mir gerade so blöd vor. Ich habe mir überhaupt keinen Plan zurecht gelegt. So eine Schnapsidee! Wie soll mir das etwas bringen?

So langsam werde ich nervös, je näher ich ihm komme. Was ist, wenn er mich erkennt? Wenn er längst weiß, was ich Pete gestern angetan habe? Der Typ macht mich noch kalt und lässt es aussehen wie einen Unfall! Das würde ich ihm glatt zutrauen. Der Kerl muss doch sehr viel Fantasie haben, wenn er so viele Bücher in seinem Laden hat. Der weiß bestimmt, wie man es hinterher wie einen Unfall aussehen lässt. Oh je, Ewan, beruhige dich! Das wird schon.

Ich stehe hinter ihm und bleibe planlos wo ich bin. Und jetzt?

„Ähem!“, ich räuspere mich und er zuckt kurz erschrocken zusammen. Damit hat er wohl nicht gerechnet. Der Blondschopf dreht sich zu mir herum und sieht mich an. Erst ist sein Blick irritiert, doch dann scheint er mich zu erkennen.

„Bist du nicht Peters Freund?“, fragt er mich und ein leichtes Lächeln schleicht sich auf seine Lippen. Ich nicke. „Musst du nicht in der Schule sein?“

Ich zucke lediglich mit den Schultern. Nervös lecke ich mir über meine trockenen Lippen. Wie soll ich denn jetzt vorgehen?

Er sieht mich noch immer an. Scheinbar wartet er auf etwas. Das kommt mir so bekannt vor. Ich schlucke. Was soll ich denn jetzt machen?

„Suchst du ein Buch?“, fragt er mich noch immer freundlich anlächelnd. Ein Buch? Was soll ich damit? Ich schüttele heftig mit dem Kopf.

„Tut mir Leid, dass ich gestern ständig rein geplatzt bin. Ich wusste nicht einmal, dass Peter schwul ist und dann auch noch einen Freund hat.“, meint er mit einem besorgten Blick. Wow, er denkt Pete ist schwul? Der Typ kriegt scheinbar auch gar nichts mit.

„Ich bin nicht schwul und auch nicht Pete's Freund.“, meine ich und warte mit klopfendem Herzen auf den Faustschlag mitten in mein Gesicht. Aber er kommt nicht. Der Mann vor mir sieht mich nur mit großen Augen an.

„Oh, sorry. Heißt das etwas, dass Peter...?“, scheinbar weiß er nicht, wie er sich ausdrücken soll, denn er lässt den Satz offen im Raum stehen. Ich schüttele wieder mit dem Kopf.

„Nein. Pete hat nichts gemacht. Ich meine, es ist schon irgendwie passiert. Also, na ja, ich bin nur einfach nicht schwul.“, stammele ich. Pete's Bruder nickt verständnisvoll, auch wenn er wahrscheinlich keinen blassen Schimmer hat wovon ich hier gerade spreche.

Ich hole tief Luft und beuge mich dann einfach vor, drücke ihm meine Lippen auf den Mund und halte mich an ihm fest. Pete's Bruder verspannt sich. Ich küsse ihn eindringlich und merke, dass ich nichts empfinde. Wieso spüre ich bei ihm nichts, aber bei seinem Bruder? Ich verstehe es einfach nicht. Der Kuss währt nur wenige Sekunden und als ich mich von ihm löse und in seine Augen schaue, sieht er mich überrascht an.

„Tu-tut mir Leid, ich habe eine Freundin.“, stammelt er verwirrt. Ich muss grinsen. Er sieht mich irritiert an.

„Nichts für ungut. Das war nur ein Test.“, meine ich lächelnd und klopfe ihm munter auf die Schulter. Er scheint es nicht zu verstehen und ich weiß nicht, ob es etwas bringen würde, wenn ich es ihm erkläre. „Ich bin nicht schwul.“, wiederhole ich mich.

„Ja, das hast du bereits gesagt.“, meint er mit hochgezogener Augenbraue.

„Ich musste nur sicher gehen.“, erwidere ich und schaue zu den Büchern in seiner Hand. Ich nehme ihm einige ab und sehe zu ihm. „Soll ich dir helfen?“, frage ich ihn. Im Moment geht’s mir einfach nur gut. Ich habe es doch von Anfang an gewusst! Für Männer habe ich einfach nichts übrig.

„Ich verstehe dich nicht.“, sagt er noch immer völlig durch den Wind. Ich sehe zu ihm und verziehe meinen Mund.

„Ich hatte einen Traum von Pete. Jetzt soll ich scheinbar auf ihn stehen. Das tue ich aber nicht. Okay, irgendwie ist da wohl doch irgendetwas. Ich weiß auch nicht. Zumindest bin ich mir jetzt sicher, dass ich nicht auf jeden Typen stehe.“, versuche ich ihm zu erklären. Hört sich vielleicht nicht so prickelnd an, aber besser kann ich es ihm auch nicht sagen.

„Und deswegen hast du mich geküsst?“, fragt er skeptisch. Ich nicke daraufhin. Was soll ich auch sonst tun? So ist es nun mal und damit wird er sich zufrieden geben müssen. Den Kuss kann ich nun mal nicht ungeschehen machen.

„War es anders als bei Peter?“, fragt er mich scheinbar interessiert. Ich sehe zu ihm, während ich ein paar Bücher ins Regal stelle. Einen Moment muss ich überlegen. Ich lege den Kopf schief und grübele einen Moment. Ich habe die Küsse noch nicht miteinander verglichen. Wieso sollte ich das auch machen?

„Gute Frage. Irgendwie schon. Bei dir hab ich nichts empfunden, als ich dich geküsst habe.“, erzähle ich ihm. Es scheint als wäre er erleichtert. Wer kann es ihm auch verdenken. Immerhin kommt nicht jeden Tag ein Schüler in seinen Laden und küsst ihn.

„Aber für Peter empfindest du etwas?“, fragt er und sieht mich forschend an. Ich zucke mit den Schultern. „Gestern, als ich ihn geküsst habe, konnte ich nicht mehr aufhören. Ich hatte mich irgendwie nicht unter Kontrolle.“, erzähle ich ihm.

Pete's Bruder zieht die Augenbrauen zusammen. „Warte mal, heißt das, du hast ihn gegen seinen Willen geküsst?“

Ich zucke zusammen. Okay, das ist jetzt irgendwie nicht der Weg wohin das Gespräch führen soll. Ist das mein Todesurteil? Mit klopfendem Herzen nicke ich.

„Wie kannst du ihn dazu zwingen?! Ich dachte, dass gestern war von euch beiden gewollt!“, meint er aufbrausend und dreht mich unsanft an der Schulter zu sich, damit ich ihm in die Augen sehen muss. Ich schlucke.

„Es ist ja nichts passiert. Er hat mir eine Ohrfeige gegeben.“, gestehe ich ihm, als würde ich vor dem Kriegsgericht stehen.

„Puh, dann ist ja gut.“, meint er erleichtert. Moment! Was soll das denn jetzt heißen? Er findet es gut, dass sein Bruder mich verdroschen hat? Anklagend sehe ich zu ihm auf. Er grinst leicht. „Ich dachte , mein Bruder wäre vergewaltigt worden. Aber es ist ja zum Glück nichts passiert. Sonst würde ich ziemlich übel dastehen, weil ich es nicht bemerkt habe. Immerhin war er, als du gegangen warst, wirklich etwas merkwürdig drauf. Da habe ich mir halt Sorgen gemacht. Ich bin nur froh, dass es nichts Ernstes ist.“

Ich sehe ihn skeptisch an. Er ist wirklich ein komischer Vogel. Ich seufze. „Ich bin wohl kein guter Umgang für ihn.“, stelle ich fest und stelle ein Buch in das Regal über mir. „Wie heißt du eigentlich?“, frage ich ihn.

„Josef. Du bist dann wohl Ewan. Peter hat schon von dir erzählt. Er meinte, du würdest ihm beim Schreiben seiner Geschichte helfen.“, klärt er mich freundlich auf.

Ich sehe geknickt zu ihm. „Jetzt bestimmt nicht mehr. Er hat mich in der Schule ignoriert.“ Wieso nur macht es mich so fertig, dass Pete mich ignoriert? Das ist doch gut, oder nicht? Dann habe ich endlich meine Ruhe.

„Ihr hattet nur ein paar Startschwierigkeiten. Mein Auto springt auch nicht beim ersten Start an. Da braucht es eben mehrere Anläufe. Ich denke bei euch beiden ist es genauso.“, meint er schulterzuckend. Ich sehe ihn empört an. Wie kann er mich bitte mit einer Schrottkiste vergleichen?

Ich will gerade etwas erwidern, als ich etwas an meinem Bein spüre. Was ist das? Verschreckt mache ich einen Satz zur Seite und pralle gegen Josef. Der versucht mich zwar noch festzuhalten, aber da er leicht aus dem Gleichgewicht gerät, stürzt er gegen einen Bücherstapel und fällt zu Boden. Ich werde nebenbei gleich mitgerissen und lande weich auf ihm. Trotzdem richten sich meine Nackenhaare zu Berge. Der Schreck steht uns Beiden ins Gesicht geschrieben.

Ein Maunzen lenkt meine Aufmerksamkeit auf etwas Dunkles neben mir. Ich hebe den Kopf und sehe direkt in die Augen einer Katze. Kenne ich die nicht?

„Das ist Mahabba.“, meint Josef. Ah! Genau diese Katze, die mich von einer Katastrophe in die Nächste schubst. Das macht ihr wohl Spaß, was? Dieses kleine Biest auf vier Pfoten!

Ich stütze mich vom Fußboden ab und sehe auf Josef runter. So richtig ähnlich sehen die beiden Brüder sich eigentlich auch gar nicht. Na gut, sie sind beide blond, aber Josef hat Locken und Pete's Haare sind glatt. Interessiert hocke ich noch immer über Josef und kann es nicht lassen. Ich greife nach seinen Haaren und zwirbele sie zwischen meinen Fingern.

„Was machst du da?“, fragt Josef mich belustigt.

„Wieso hat Pete eigentlich keine Locken?“, frage ich im Gegenzug den Mann unter mir. Josef richtet sich nun etwas auf und legt den Kopf schief.

„Liegt wohl daran, dass er ganz nach meinem Vater kommt. Ich habe die Locken meiner Mutter bekommen.“, erzählt er amüsiert. Bedächtig nicke ich. Ich rappele mich auf und halte Josef meine Hand entgegen, um ihm aufzuhelfen. Er nimmt sie an und lässt sich von mir hochziehen. Undankbarer Kerl. Das macht er doch sicher mit Absicht!

Als Josef endlich auf seinen eigenen Beinen steht, ziehe ich meine Augenbrauen zusammen. Ich gehe näher an ihn heran und rieche an seinem Hals. Das kann doch nicht wahr sein! Der Typ benutzt das gleiche Parfum wie Pete!

„Was machst du da?“, fragt Josef mich etwas unbehaglich. Das frage ich mich auch gerade, denn schon wieder setzt mein Gehirn aus.

„Das Parfum...von Pete.“, murmele ich und kann einfach nicht aufhören an seinem Hals zu riechen. Josef grinst und muss lachen. Er wuschelt durch meine Haare.

„Wir benutzen den selben Duft. Er hat es mal ausprobiert und da er es mochte, habe ich ihm eine Flasche geschenkt.“, meint er und kann sich ein Schmunzeln einfach nicht verkneifen.

Ich reiße die Augen erschrocken auf. Ich habe doch wohl nicht etwa einen Parfum Fetisch?! Augenblicklich gehe ich auf Abstand und sehe Josef irritiert an. Das kann es doch wohl nicht sein, oder? Heißt das, ich bin nur über Pete hergefallen, weil ich so von seinem Duft angeturnt war? Das kann es doch nicht sein! Wieso regt mich das jetzt eigentlich so auf? Und wieso habe ich bei Josef nicht so ein Verlangen? Ihm bin ich gar nicht an die Wäsche gegangen. Nur, wieso nicht? Ich verstehe irgendwie so gar nichts mehr. Mein irritierter Blick weicht einem deprimiertem verwirrtem Blick und langsam sinke ich in die Hocke. Josef kommt langsam zu mir und setzt sich neben mich.

„Was ist los?“, fragt er und schaut mich von der Seite prüfend an.

Wenn ich das wüsste? „Da ist wirklich nichts.“, murmele ich und starre auf die umgefallenen Bücher vor meiner Nase. Sollte ich mich denn nicht freuen? Immerhin war es genau das, was ich die ganze Zeit wusste und wahrhaben wollte. Wieso fühle ich mich dann auf einmal so enttäuscht?

Ich sehe zu Josef und seufze. „Eigentlich ist alles in bester Ordnung. Nur fühlt es sich nicht so an.“, kläre ich ihn auf. Josef nickt verständnisvoll, auch wenn er wohl keine Ahnung hat, wie es gerade in mir aussieht.

Ich fahre mir mit meinen Händen durch die Haare und zucke leicht zusammen, als Josef mir meine Sonnenbrille abnimmt. „Wieso läufst du eigentlich ständig damit durch die Gegend? Überhaupt bei dem düsterem Wetter. Ist das so eine Art Markenzeichen von dir?“, fragt er mich und setzt sie sich auf die Nase. Ich lächele leicht.

„Nein. Das ist sie nicht.“ Ich kann ihm doch schlecht sagen, dass ich mich sicherer fühle, wenn ich durch die verdunkelten Gläser schaue. Wie hört sich das denn an? Der hält mich noch für einen Deppen. Ich lege meinen Kopf in den Nacken und schaue das Bücherregal hoch. „Ich muss mich noch bei Pete entschuldigen.“, murmele ich. Josef nickt nur und sieht mich durch meine Brille hindurch an. Ich muss grinsen. Die steht ihm so gar nicht.

„Ohne siehst du besser aus.“, meine ich lachend und nehme sie ihm ab. Er lächelt. Ich seufze. „Ich weiß nicht, wie ich das wieder gerade biegen soll. Ich habe es das letzte Mal echt vermasselt.“, merke ich an.

Josef grübelt einen Moment. Dann steht er auf und geht nach hinten in den kleinen Aufenthaltsraum des Buchladens. Nach einer Weile kommt er mit einem Stapel Zettel zurück. „Hier. Die hat er gestern vergessen.“, meint er. „Du hast Peter wohl ziemlich durcheinander gebracht. Seine Geschichte ist das Letzte was er einfach so liegen lassen würde.“

Ich nehme den Stapel an mich und sehe entsetzt zu Josef auf. „Das kann ich nicht machen. Er denkt bestimmt, ich hätte sie geklaut, oder so etwas!“ Ich halte ihm die Zettel entgegen, aber Josef nimmt sie mir nicht ab. Er grinst lediglich.

„Probiere es doch einfach mal aus. Vielleicht ist es auch ein Schritt nach vorne?“, meint er gut gelaunt. Ich sehe ihn skeptisch an und lege mir die Zettel auf den Schoß. Ob ich es wirklich machen soll? Ich knabbere nervös auf meiner Unterlippe.

„Hast du einen Stift?“, frage ich Josef ohne aufzusehen.

„Musst du nicht langsam mal zurück in die Schule?“, fragt er mich verwundert. Ich schüttele den Kopf. Das hier ist jetzt eindeutig wichtiger, wie ich finde. Erst mal muss ich mit Pete wieder ins Reine kommen und dann kann ich mich um die Schule kümmern. Die paar Stunden verpasse ich schon nichts.

Josef reicht mir einen Stift und beginnt dann die Bücher, welche noch auf dem Boden liegen aufzusammeln und sie in das Regal einzuordnen.

Ich stehe auf und gehe samt den Zetteln, Stift und Rucksack in den Aufenthaltsraum. Wenigstens etwas kann ich jetzt wohl wieder gut machen. Ist doch immer noch besser als gar nichts. Auch wenn ich sowieso noch mal mit ihm reden muss. Das kann ich wohl kaum vor mir herschieben.

Ich setze mich auf das Sofa und fange an mir die Seiten durchzulesen, hier und da wird etwas korrigiert oder ein paar Dinge umgeschrieben.

Nach einiger Zeit bin ich fertig und zufrieden mit meiner Arbeit. Na, wenn das mal nichts ist! Ich werfe den Stift auf den Tisch, lasse die Zettel liegen wo sie sind und stehe auf. Ich nehme meinen Rucksack und gehe in den Laden. Josef sieht auf, als ich zu ihm gehe.

„Fertig?“, fragt er mich lächelnd. Ich nicke und zeige ihm meinen hochgesteckten Daumen.

„Wir sehen uns.“, antworte ich und verlasse dann den Laden.

Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.

Tja, vielleicht habe ich auch ein paar Startschwierigkeiten? Grinsend laufe ich über die Straße und zurück zur Schule. Aber wenigstens bin ich um einiges schlauer geworden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Verath
2012-06-12T19:09:03+00:00 12.06.2012 21:09
So, jetzt komm ich auch endlich mal zum Kommentieren :D

„Wie kannst du ihn dazu zwingen?! Ich dachte, dass gestern war von euch beiden gewollt!“
- Herrlich. Ich liebe Josef. Seine ganze treudoofe, liebe und softige Art, wobei er aber trotzdem auch mal ein wenig 'austicken' kann, wenn es um Pete geht <3 Aber kleine Kritik: Ich dachte, das gestern → einfaches S
Oder aber auch der Vergleich mit Josefs Auto, tollig ♫ Ich liebe ihn wirklich♪

Ich kann Ewan mit seinem Sonnenbrillen-Faible gut verstehen. ich habe die dunkle sicht auch immer sehr gerne gehabt. Aber seit ich eine brille tragen muss, ists vorbei ._. kann schließlich keine 2 brillen übereinander tragen xD

Der Typ benutzt das gleich Parfum wie Pete!
- hier: gleiche

Unser lieber Ewan ist aber auch ziemlich ungezogen. Einfach mal ein paar Stunden die Schule schwänzen, also also. Ein gutes Vorbild ist er damit sicherlich nicht xD

Noch ein kleiner Hinweis:
du schreibst so:
[...]gegeben.“, gestehe ich ihm[...]
richtig würde es aber so aussehen:
[...]gegeben", gestehe ich ihm[...]
Also wenn nach der wörtlichen Rede noch ein Restsatz (zB. , sagte ich ihm oder , schrie er, etc.) kommt, schreibt man in die wörtliche Rede am Schluss keinen Punkt. ? und ! schon, aber die Punkte nur, wenn danach ein neuer, ganzer Satz anfängt^^

Ich habe es sehr genossen, dieses Kapitel zu lesen und fresse zusehens einen Narren an Josef ♪
bis zum nächsten Mal :3
Lg
Verath
Von: abgemeldet
2012-06-10T21:17:32+00:00 10.06.2012 23:17
schönes Kapitel :-D
Ich bin schon gespannt aufs Nächste X3
Lg


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