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Can´t cange it

von

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Erziehung

Ich schlang meine Arme um Wolframs Hals und kuschelte mich an ihn. „Ow Yuri, wenn ich gewusst hätte, dass du es so nötig hast, hätte ich schon gestern..“ „Ich hab´s nicht nötig." Wolfram kicherte leise vor sich hin. „Das brauchst du gar nicht zu leugnen, ich hab es doch gemerkt." Er hatte es gemerkt? Ich fragte mich Wie? Laut wollte ich nicht fragen, viel zu peinlich. Lieber genoss ich seine Wärme.
 

Unerwartet erhoben sich mahnende Zeigefinger in meinem Kopf, die mir vermutlich was vom Pferd erzählen wollten. Ich verbannte sie dahin, wo sie hin gehörten, nämlich wieder aus meinem Kopf. Nach draußen. Vermutlich wollten sie sagen, das ist nur eine Phase, das geht wieder vorbei, oder alle Jungs in deinem Alter sind neugierig, das ist normal und vielleicht noch, das war nur ein Ausrutscher, vergiss es einfach und geh nach Hause. Aber all das stimmte nicht, das war nicht ich, das war die Erziehung der Gesellschaft.
 

Ich machte mich los, legte mich auf den Rücken, und seufzte zufrieden „Hmmmmm." Wolfram sah mich lächelnd an und legte den Kopf auf meine Brust. „Heißt das, ich habe dir so gut getan?“ Ich musste lachen. „Eingebildet bist du überhaupt nicht, aber – ja." Ja, das hatte er, aber ich fühlte mich auch wegen etwas anderem so gut wie schon lange nicht mehr. Ich fühlte mich endlich mal wieder frei. Das letzte Mal, als ich mich so gefühlt hatte war, als ich die Erziehung meiner Eltern ein Stück weit loswurde.
 

Als ich klein war, schleppten mich meine Eltern ständig zu den Arbeitskollegen meines Vaters mit. Er wollte als Banker an Ansehen gewinnen, oder so. Sie bläuten mir ein, dass ich niemals etwas annehmen dürfte, wenn mir einer der freundlichen Kollegen meines Vaters Süßigkeiten, oder anderes Essen anbot, mit der Begründung, „es sieht hässlich aus, wenn man kaut." Ich sollte ruhig auf der Couch in einem der niedlichen Kleider sitzen, die meine Mutter mir immer anzog, nichts sagen, und nichts essen. Und genau das tat ich auch.
 

Das wurde mir dermaßen eingeredet, dass ich selbst Jahre danach nicht in der Lage war, vor fremden Menschen zu Essen. Erst als wir einen Ausflug mit der Schulklasse gegen Ende der Sommerferien machten, änderte sich das. Ich war gerade 12 Jahre geworden, im Juli, und wir fuhren in ein Kaff, besichtigten langweilige Fabriken und schauten uns Fechter an, die trainierten.
 

Sicher, am Tisch war es kein Problem, aber als wir im Zug auf der Heimfahrt saßen, kam diese Sache wieder durch. Ich hatte wahnsinnig Hunger, so sehr, dass ich dachte, ich würde umkippen. Natürlich wollte ich warten, bis ich zuhause bin und fragte, wie lange es noch dauert. Zwei Stunden. Wie bitte was, zwei Stunden, kein Wunder bei diesem Bummelzug. Ich würde es nie und nimmer zwei Stunden aushalten.
 

Vielleicht beobachtete mich ja niemand? Es kostete mich eine unbeschreibliche Überwindung, in meinen Rucksack zu fassen, und ein Brötchen mit enorm schlechtem Gewissen rauszuholen. Als ich wieder aufsah, bemerkte ich, das meine Mitschüler, die bei mir im Abteil saßen, alle am Essen waren. Das war doch nicht zu fassen. Wieso hatte ich das nicht gemerkt? Es war mir beim besten Willen überhaupt nicht aufgefallen.
 

Ich fasste mir ein Herz, und biss in mein Brötchen. Und – nichts passierte. Keiner empörte sich, keiner rief, wie eklig, nichts. Ich sah beim Essen zwar aus dem Fenster, aber ich merkte auch deutlich, wie die Fesseln meiner frühen Erziehung von mir abfielen. Um genau zu sein, ich hatte bis dato noch nicht einmal gemerkt, dass ich so – unsichtbar – gefangen, um nicht schon zu sagen behindert war, durch die seltsame Vorstellung meiner Eltern.
 

Von da an hatte ich nie wieder ein Problem damit, etwas anzunehmen und vor anderen zu essen. Es war schwer, das Schwierigste was es gab, über den eigenen Schatten zu springen, auch wenn es noch so belanglos klingen mag in diesem Fall, aber ich fühlte mich so befreit, als hätte ich einen Felsbrocken abwerfen können, den ich die ganze Zeit mit mir herumgetragen hatte.
 

Das gleiche Gefühl hatte ich jetzt auch. Von überall her wurde man beeinflusst und erzogen. Nicht nur von der Familie, auch von der Gesellschaft. Von Fernsehen und Zeitschriften, von Schule und Nachbarn. Vom Staat und sogar von seinen Freunden. Und wenn man das nicht einmal bemerkte, wie viel blieb am Ende eigentlich von einem selbst noch übrig?!
 

„Yuri“, rief Wolfram, fast schon panisch. Oh Gott bin ich erschrocken. „Was ist?“, rief ich fast genauso panisch zurück. „Was hast du, was ist los?“ „Äh, was ist, was meinst du?“ Hatte ich etwa Haare an den Händen bekommen – ah, nein, das war wegen was anderem. „Hast du Schmerzen?“, fragte Wolfram, kam mit seinem Gesicht noch näher an meines und studierte mich genau. „Nein, hab ich nicht, ich habe nur nachgedacht und Wolfram – ich bin so verdammt froh, das ich dich getroffen habe." „Das kannst du auch“, rief er selbstsicher, sein Blick war immer noch irgendwie misstrauisch. Ich nahm ihn wieder in die Arme um ihn zu beruhigen. „Das weiß ich doch, keine Sorge, ich würde es dir sagen, wenn was nicht stimmt, versprochen."
 

Wolfram entspannte sich unter meiner Umarmung, und ich glaubte sogar ein leises Aufatmen zu hören. Er drückte mich an sich, ich dachte, „der kann ja schon wieder“, und flüsterte mir ins Ohr, „Yuri, ich liebe dich." Musste ich jetzt nicht sagen, ich dich auch? Das konnte ich immer noch nicht. Stattdessen drückte ich ihn zur Antwort fester an mich, und drehte mich samt Wolfram auf den Rücken.
 

Irgendwann musste es ja sein. Ich schickte eine SMS nach Hause, ich sei bei meinem Freund und würde bald kommen, und ging mit Wolfram in sein geräumiges Bad unter die Dusche. Kuschelig hellblauer Teppich, oder so etwas auf dem Boden, dunkelblaue Kacheln mit Muster an der Wand, und vor allem, nicht so wie bei uns, keine Toilette im Bad. Die war in einem anderen Raum. Die eine Wand war mit Spiegelkacheln verkleidet. Wir alberten herum, wuschen uns, schrubbten uns gegenseitig den Rücken. Wolfram nutzte jede Gelegenheit, um mich spielerisch anzufassen und zu berühren, selbst wenn er nur nach dem Waschlappen griff, streifte sein Arm den meinen. Das war schon sehr – erregend.
 

Vielleicht war das auch seine Absicht, denn plötzlich packte er mich bei den Schultern, platzierte mich direkt und frontal gegen die Spiegelfront und sagte: „Willst du dabei zusehen?“ „Oh Gott, nicht jetzt, ein andermal, Wolfram." „Hab ich dich etwa zu sehr gefordert?“ „Nein, oder ja, nein, hast du nicht, trotzdem, nicht jetzt." Wenn das so weiterging, käme ich überhaupt nicht mehr nach Hause.

Während wir uns anzogen, redete er weiter auf mich ein. Ich zeig dir das Haus, lass uns noch einen Film zusammen ansehen, lass uns ausgehen, ruf an und sag du übernachtest hier und so fort. Fühlte er sich einsam, hier so ganz alleine, oder lag es an mir. Als ich das schwarze Tuch nahm, das Pinke hatte ich voller Genugtuung weggeworfen, riss es mir Wolfram wieder aus der Hand. Was sollte das nun wieder. „Wolfram, ich habe keine Lust auf Spielchen, gib es zurück, du weißt doch, dass sonst jeder den Knutschfleck sieht?!“ „Ich denke, jeder sollte ihn sehen. Und jeder sollte wissen, das er von mir ist." Reviermarkierung? Vielleicht hatte er recht. Ich war schon mal auf die Reaktionen gespannt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Haruma-kun
2012-07-16T09:12:17+00:00 16.07.2012 11:12
>W<
!!!! OH GOTT!!!!
DAS IS SOOOOO süß!
*o*
die beiden sind einfach die Niedlichkeit schlechthin! >u<
echt gut geschrieben =)


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