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Ziras unerzählte Geschichte

von

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Hyänenblut

Obwohl Zira zu schlafen versuchte, so bekam sie in dieser Nacht kaum ein Auge zu. Am nächsten Morgen war sie schon weit vor Sonnenaufgang wach. Alle Anderen schliefen noch seelenruhig, doch sie tapste nur unruhig vor dem Königsfelsen umher.

Immer wieder lief sie ihre Kreise und ließ sich ihren Plan immer wieder durch den Kopf gehen. Heute war der große Tag – Sie würde ganz allein jagen gehen. Sie konnte jedoch nur hoffen dass die Straußen noch immer an der Stelle waren, wo Zira sie zuletzt gesehen hatte. Sie hatte gestern Abend zur Sicherheit nochmal nachgesehen. Da waren sie noch da gewesen, aber was wenn sie über Nacht weitergelaufen waren?

Doch sie zwang sich zuversichtlich zu sein. Bestimmt waren alle Junglöwen vor ihrer ersten Jagd ein wenig nervös, da war sie doch nicht die Einzige, oder?

„Na aufgeregt?“, fragte Mufasa seinen Bruder mit einem neckischen Unterton in der Stimme.

„Nein, aber du solltest es sein!“, zischte Taka und rümpfte genervt die Nase.

Schließlich kamen Ahadi, Uru, Sarabis Mutter Masila und Sarafinas Mutter Ika aus der Höhle und sahen aufmunternd zu ihren Jungen.

Zira fühlte sich in diesem Moment völlig fehl am Platz. Mit einer gewissen Wehmut sah sie zu den anderen und ihren Familien. Warum konnte sie keine richtige Familie mehr haben? Sie saß hier nur ganz allein und hatte nicht wirklich jemanden der ihr Zuversicht zusprach.

Doch, als hätte Uru Ziras Gedanken gelesen, kam die dunkle Löwin auf sie zu und sah ihr aufmunternd in die Augen.

„Viel Glück Zira. Ich hoffe wirklich dass du erfolgreich sein wirst. Und sollte irgendwas passieren, dann komm einfach zurück – Denk dran, deine eigene Sicherheit steht vor. Und überschätze dich bei der Wahl deiner Beutetiere nicht, niemand verlang von dir dass du gleich einen ganzen Elefanten anschleppst.“, meinte Uru. Sie klang so nett und sanft wie immer, doch ein gewisser Nachdruck war in ihrer Stimme, der Zira sagte, dass sie sich die Worte der Königin einprägen sollte.

Doch Zira musste lächeln. Es war sehr tröstend von Uru so was zu hören. Generell von Irgendjemanden so was zu hören.

„Also dann… Ich wünsche euch allen eine erfolgreiche Jagd! Ihr werdet KEINE Gruppenarbeit machen! Ich möchte sehen was ihr allein schafft. Am Ende der Jagd werden wir ja sehen wer von euch am erfolgreichsten war“, meinte Ahadi und nickte der Gruppe aufmunternd zu „Viel Glück.“

„Ich brauche kein Glück…“, knurrte Taka leise, so dass es nur Zira, die direkt neben ihn stand, hörte.

Sie sah ein bisschen unsicher zu ihm. Was wenn er immer noch diese dumme Idee mit dem Büffel hatte? Aber auf der anderen Seite… Spätestens wenn Taka diese riesigen Biester sehen würde, würde er von der Idee loslassen!

Als die kleine Gruppe sich in alle Himmelsrichtungen aufteilte, schlich Zira im Schutz der Dunkelheit Richtung Grenzgebiet des Elefantenfriedhofes. Doch eines wusste sie nicht – Jemand folgte ihr.
 

„Hab ich euch…“, wisperte Zira, als sie die Silhouetten der Straußen in der Morgendämmerung erkannte. Es waren nur ein paar Tiere, doch irgendeines würde für Zira schon dabei sein. „Ich bring einen von euch um… fragt sich nur welchen.“, knurrte sie kaum hörbar und setzte zum Sprung an – Doch da kam ihr Jemand zuvor.

Zira sah plötzlich wie die Gestalt einer Löwin sich auf einen der Straußen schmiss und begann ihn mit roher Gewalt niederzuringen.

Im ersten Moment wusste Zira gar nicht was da vor sich ging, was sie tun sollte. Vielleicht war die Löwin ja eine Fremde und gefährlich und Zira sollte sich lieber schnell verziehen. Doch als sie näher kam um die Löwin genauer zu betrachten, glaubte sie ihren Augen nicht.

„SARAFINA!?“, schrie Zira fassungslos in die Dunkelheit.

Die Löwin wurde jedoch im nächsten Moment mit einem schnellen Bocksprung vom Strauß geworfen und landete unsanft auf dem Boden.

Doch Zira spürte plötzlich eine unglaubliche Wut in sich aufsteigen – Für wen zur Hölle hielt Sarafina sich, dass sie glaubte sich einfach die gut durchdachten Pläne von Anderen klauen zu können?!

„Das war MEIN Plan! Du hast ihn nur nachgemacht! Du weißt genau dass es MEIN Plan war, wie viel er mir bedeutet hat! ICH wollte den Strauß fangen! Warum bist du mir gefolgt“, brüllte sie Sarafina an, die noch immer nicht ganz auf den Pfoten war „Wie war das nochmal mit der nächstbesten Antilope, hm?“

Nicht nur dass Sarafinas Rücken nun stark schmerzte, nun war sie auch noch merklich eingeschüchtert von Ziras wütendem Auftreten. Noch nie hatte sie die Löwin so außer sich gesehen.

„Zira, beruhige dich doch! Ich wollte dir den Plan ja gar nicht vermasseln! Ich, ich… Die Straußen waren so schön hilflos… Ich könnte dir ja einen jagen und…“

„Ach, meinst du etwa ich schaff das nicht“, schrie Zira sie entsetzt an „Dir zeig ich‘s!“

In all ihrer angestauten Wut rannte Zira blindlings auf einen zurückgebliebenen Strauß zu, der aus irgendeinem Grund nicht allzu weit weg gerannt war. Obwohl das Tier auf Angriff anstatt auf Flucht war, ließ Zira sich nicht einschüchtern und setzte zum Sprung an. Der Strauß schnappte nach Zira und versuchte sie zu beißen, was ihm auch gelang, doch sie fuhr die Krallen aus und stürzte sich auf den Vogel. Dieser machte Bocksprünge, schrie, wollte sie verletzten, aber Zira hatte sich so fest in sein Fleisch verkrallt, dass sie sich nicht abschütteln ließ. Sie würde nicht loslassen, nicht jetzt, wo sie sie seinem Nacken so nah war, wo sie so kurz davor stand ihn zu töten und ihn als ihre eigene Beute präsentieren zu können!

Und dann biss sie einfach zu, schlug die Krallen so tief wie nur möglich in sein Fleisch. Sie spürte wie das warme Blut aus der Haut des Vogels hervorquoll, wie es ihre Pfoten wärmte. Wie es das Gefieder des Vogels verklebte und der wunderbare Geruch von frischem Blut die Luft um sie herum erfüllte.

Zira, noch immer völlig in Rage, biss mit aller Kraft in den dünnen Hals des Straußes. Ein verzweifelter, schmerzerfüllter. markerschütternder Hilfeschrei entkam seiner Kehle, dann brach er unter entsetzlichen Schmerzen zusammen.

Zira fiel mit ihm zu Boden und schlug äußerst unsanft mit dem Rücken auf der Erde auf, doch als das Warme Blut des Vogels in ihr Maul floss spürte Zira wie ihr das Adrenalin plötzlich und stoßweise durch die Adern floss. Sie spürte die Angst des Vogels, hörte sein flehendes Aufschreien. Er wollte noch nicht sterben. Aber wen interessierte das jetzt noch? Es war zu spät für ihn, Zira würde gewinnen, das war nun klar.

Zira biss ihm in ihrem Blutrausch jedoch immer wieder in die Kehle des bereits toten Vogels und das Blut kam Schwallweise aus dem aufgerissenen Hals geflossen – Nein – Gesprudelt.

Als Zira sich endlich etwas beruhigt hatte, sah sie mit einem mordlustigen Blick zu Sarafina und ließ schwer schnaufend von ihrer Beute ab.

„WIE konntest du es wagen?“, knurrte sie. Es musste ein angsteinflößender Anblick gewesen sein: Zira, blutüberströmt, stand wütend vor Sarafina und sah mit einem hasserfüllten und gleichzeitig enttäuschten Blick zu ihr.

„Ähm… Zira, bitte… Beruhig dich einfach wieder… Hier hast du ja deine Beute… Ich… ich such mir ja schon was eigenes…“

Sarafina hatte Zira bereits den Rücken zugewendet und wollte grade weg gehen, als plötzlich der nächste, ungebetene Gast erschien – Und noch nie hatte Zira sich so sehr gewünscht, dass Jemand NICHT da wäre.

„Hey Ed, schau mal, Futter!“, rief Banzai aus. Er rannte begeistert und vor allen völlig kopflos auf den Straußenkadaver zu, als plötzlich Sarafina auf die Beiden aufmerksam wurde.

„HYÄNEN!“, kreiste Sarafina panisch, doch im nächsten Moment fletschte sie die Zähne und fauchte mordlustig „Zira, schnell hilf mir, dann können wir sie töten!“, brüllte Sarafina und stürzte sich auf Banzai. Es ging so schnell, dass Zira nicht mal mehr etwas erwidern konnte, geschweige denn dazwischen gehen konnte.

Ed heulte in dem Moment erschrocken auf, doch half seinem Bruder augenblicklich, als er merkte dass Banzai von Sarafina angegriffen wurde. Er hatte zwar gelernt in Sachen Löwen immer nur schnell zu verschwinden, doch auch wusste er dass niemand zurückgelassen werden durfte. Und diese Löwin war ja noch nicht so schrecklich alt, nicht mal erwachsen, da hatten sie doch zu zweit Chancen, oder?

Doch Zira stand noch zu sehr unter Schock um zu reagieren. Was sollte sie tun? Das waren doch alle Beide ihre Freunde! Wenn sie Sarafina helfen würde Banzai anzugreifen, dann würde dieser mit Sicherheit sterben und sie war bei den Hyänen für alle Zeit unten durch, doch wenn sie Banzai half Sarafina los zu bekommen, dann würde diese sofort merken dass Zira auf der Seite der Hyänen war und Ahadi von Ziras Verrat erzählen… Und wer weiß was Ahadi dann mit ihr machen würde…

Egal für wen der Beiden Zira sich auch entschied, sie musste sich immer gleichzeitig gegen den Anderen stellen. Was sollte sie denn nur tun?

Verzweifelt sah sie zu ihren Freunden, die sich grade gegenseitig an die Kehle gingen und machte zögerlich ein paar Schritte auf sie zu. Sie würde sich einfach mitten ins Geschehen schmeißen, vielleicht würde sie es schaffen Sarafina von Banzai los zu bekommen und es so aussehen zu lassen, als ob sie Sarafina helfen wollte.

„ED, BANZAI!“

Für einen Moment wurde der Kampf der Dreien unterbrochen und jeder sah in die Richtung aus der die Stimme kam.

„Dad?! Geh weg hier, los!“, rief Banzai panisch aus, als er Atu erkannte, der entsetzt zu seinen Söhnen sah. Wo kam der eigentlich überhaupt so plötzlich her?!

„Nein! Jungs, bringt euch in Sicherheit! Los, ich beschütze euch!“, rief Atu entschlossen aus und sah auf eine provozierende, kampflustige Art zu Sarafina.

Sarafina, die inzwischen die Oberhand in dem Kampf gewonnen hatte, erwiderte seinen Blick mit einem verhassten Knurren.

„Dann mach ich dich eben zuerst fertig!“, knurrte sie und ließ von Banzai und Ed ab.

Zira starrte fassungslos zu Sarafina, die sich nur einen Augenblick später auf Atu stürzte.

Sie wollte etwas einwenden, doch kein Ton entwich ihrer Kehle. Sie wollte dazwischen gehen, doch ihre Beine schienen zu langsam zu sein.

Sarafina jedoch schmiss sich auf Atu und riss ihn zu Boden. Atu war krank und schwach, er hinkte auf einem Bein und er war nicht gerade der stärkste… Er hatte doch kaum Chancen – Dieser Kampf war nicht fair.

„Sarafina, hör doch endlich auf!“, rief Zira panisch aus… Doch diese hörte gar nicht auf sie.

„DAD!“, schrie Banzai und stürzte sich wieder auf Sarafina. Tatsächlich schaffte er es sie zu Boden zu reißen, doch es war bereits zu spät.

„Zira, pass du nur auf dass diese verdammten Viecher dich nicht angreifen! Renn weg! Ich hol meine Mutter!“, meinte Sarafina panisch, schüttelte Banzai von sich ab und rannte davon.

Zurück blieben Zira, Ed, Banzai… und ein toter Atu.

„Dad…“, winselte Banzai weinerlich und trottete auf seinen Vater zu „Dad… steh doch auf! Daddy!“

Zira konnte ihre Tränen kaum zurückhalten. Es war ein schrecklicher Anblick wie Atu, blutüberströmt, tot, dalag und mit diesem starren Blick geradeaus sah. An seinen Zähnen klebte Blut, womöglich Sarafinas. Neben ihm stand Banzai. Zusammengekauert wie ein kleines Junges, was nach seiner Mutter weinte… oder seinem Vater.

Ed hingegen sah vielmehr… verwirrt aus. So als ob er all das nicht ganz verstanden hätte, was in diesen paar Sekunden passiert war. Völlig verwirrt starrte er zu seinem Vater und Banzai. Ed wollte etwas sagen, denn er machte das Maul auf, doch zur Antwort kam eher so was wie ein verunsichertes Jaulen.

„Oh Eddy…“, schluchzte Zira. Ed verstand das immer noch nicht. Und Zira hatte sich noch nie so sehr gewünscht irgendwo anders zu sein wie jetzt.

„Jungs? Ich hab Geschrei gehört, was…“ Shenzi war plötzlich aufgetaucht, doch sie stockte als sie Atu sah. Banzai war noch immer über ihn gebeugt, und zum ersten Mal sah Shenzi ihn weinen – Und es machte ihr Angst. Sie hatte Banzai noch nie so traurig gesehen, so am Boden. Dabei war Shenzi nur ein paar Minuten weg gewesen, was zur Hölle hatte sie gerade eben verpasst?

„Kumpel? Hey, Banzai…“, wisperte sie vorsichtig und kam langsam näher. Als sie neben ihm stand zögerte sie jedoch. Was sollte sie jetzt machen? Etwas zögerlich legte sie schließlich tröstend die Pfote auf Banzais und stupste ihn vorsichtig an. „Banzai?“

Zira rührte sich immer noch nicht und verharrte in ihrer Position, sah jedoch mitfühlend zu ihm. Warum hatte sie das nur zugelassen? Sie hätte Sarafina aufhalten sollen! Was hatte sie getan?!

Plötzlich kam Ed zu seinem Bruder getrottet und sah winselnd zu ihm. Als wolle er sagen: „Wird schon wieder, er ist nur verletzt.“

Doch dann brach Banzai plötzlich in Tränen aus und rannte wie vom Teufel geritten weg – Einfach nur weg, wohin wo er allein war, wo er Niemanden um sich hatte, wo er sich einfach nicht vor ihnen blamieren konnte weil sie nicht da waren!

Es fühlte sich an als hätte Jemand einen Dolch mitten durchs Herz gejagt. Noch nie, NOCH NIE, hatte er sich so schrecklich gefühlt. Er wollte nur seinen Vater zurück… das war alles. Er wollte Atu wieder haben, weil… Wen hatte er denn noch? Er hatte Ed und… Das war’s. Sie waren jetzt allein. Sie waren jetzt ganz allein.

„Banzai!“, rief Zira aus, doch Shenzi schüttelte nur den Kopf.

„Vergiss es… Lass ihm Zeit… Ihm hat sein Vater viel bedeutet. Weißt du… Außer ihm und Ed… Er ist jetzt allein… Oh Ed… Er versteht gar nicht was hier passiert ist.“

Zira und Shenzi sahen zu Ed, der nur verwundert seinen Vater beschnupperte. Er winselte leise, stupste ihn hoffnungsvoll mit der Schnauze an und als er sich nicht rührte sah er verwirrt zu Shenzi und versuchte es immer und immer wieder. Doch nichts geschah.

„Komm Eddy… Geht lieber. Sarafina wird bald mit den Anderen kommen….“, seufzte Zira und ihre Augen glitzerten verräterisch. Es war ihre Schuld… Warum hatte sie nicht eingegriffen?

„Also dann… Wir sehen uns.“, meinte Shenzi leise und lief mit dem ziemlich verwirrten Ed zurück zum Elefantenfriedhof.

„Es tut mir leid.“, wisperte Zira leise, als sie den beiden nachsah.

Und am meisten tat’s ihr um Atu leid.



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