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Sondereinheit Mustang

von

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Vebrechen

Durch den Schock des Obersts wurde mein schlechtes Gewissen noch verstärkt. Ich musste schlimmer aussehen, als ich mich fühlte und hatte ihn im Stich gelassen. Für einen Moment wollte ich die Hand nach ihm ausstrecken, um ihn zu beruhigen, doch Havoc übernahm diese Aufgabe bereits, er schien nicht halb so schockiert wie der Oberst zu sein, mich zu sehen. Hilflos sah ich die beiden Männer an, ich wusste nicht, was ich jetzt tun sollte und blickte schließlich auf meine Hände.

Dieses Verhalten war so untypisch für mich, ich erkannte mich selbst kaum wieder, wie sollte es da erst dem Oberst gehen. Bitte, jemand sollte endlich dieses Schweigen brechen, es machte die ganze Situation nur noch schlimmer, lange hielt ich das nicht mehr aus.

„Hawkeye... Was... Wie geht es Ihnen...?“ Endlich war das Schweigen gebrochen, allein diese Tatsache erleichterte mich etwas, auch wenn der Oberst mich noch immer so geschockt ansah. Langsam kam er um mein Bett herum und stand nun direkt neben mir, weiterhin den Blick auf mich gerichtet.

„Den Umständen entsprechend.“ Ich wollte meine Schmerzen nicht erwähnen, das hätte ihn nur belastet, wie immer wenn jemand aus seinem Team verletzt war. „Es tut mir leid, Sir“, fügte ich leise hinzu.

„Es ist nicht Ihre Schuld.“ Er schien einen Moment wirklich mit sich zu ringen. „Können Sie... Haben Sie den Täter gesehen?“ Diese Frage schien ihm nur schwer über die Lippen zu kommen und ich verstand zu diesem Zeitpunkt nicht ganz warum.

„Nein, Sir.“ Es wäre meine Pflicht gewesen, an dieser Stelle etwas hinzuzufügen, aber ich wollte mein Versagen nicht eingestehen, nicht vor Roy Mustang.

Das erste Mal, seit er den Raum betreten hatte, senkte er nun den Blick und versuchte, mich nicht anzusehen. Die folgende Stille kam mir wie eine Ewigkeit vor, obwohl es höchstens dreißig Sekunden waren und wieder war ich erleichtert, als sie vom Oberst durchbrochen wurde, als er Havoc vor die Tür schickte. Nun waren wir allein im Raum, aber noch immer sah er mich nicht an. Mittlerweile war ich nur noch verwirrt.
 

Es widerstrebte mir über diese Sache mit Hawkeye zu reden, jetzt da sie eines der Opfer war, ihr selbst schien es nicht anders zu gehen, denn sie hatte noch kein Wort dazu verloren, aber ich musste sie nun fragen, es war meine Pflicht.

„Riza...“ Ich hielt an dieser Stelle etwas Vertrautheit für angebrachter. „Kannst du mir sagen, was gestern geschehen ist?“ Beschämt, wie ich fand, senkte sie den Blick und starrte ihre Hände an, die viel interessanter schienen als ich. Vorsichtig legte ich meine Hand auf ihren Arm, um ihr Mut zu machen und ihr zu zeigen, dass ich bei ihr war, doch ich schien eine verletzte Stelle erwischt zu haben und nahm meine Hand sofort wieder zurück. Durch mein ungeschicktes Verhalten hatte sie immerhin aufgesehen und sah mich wieder an.

„Sir, ich kann mich nicht an den Ursprung meiner Verletzungen erinnern. Ich weiß nur noch, wie ich nach Feierabend nach Hause gegangen bin.“ Ich hätte erwartet, dass sie mir mit festem Blick, wie sonst auch immer, antwortete. Doch sie schien verletzt und beschämt über ihren Gedächtnisverlust. Vielleicht sollte ich ihr gegenüber kein Wort über den Abend verlieren. Ja, das war eine gute Idee, vorerst behielt ich es für mich und erst, wenn es ihr besser ging, würde ich sie aufklären.

„Sie wissen, was passiert ist und wollen es mir nicht sagen, stimmt’s?“ Wie konnte ich nur glauben, dass sie nicht selbst darauf kam, wahrscheinlich hatte sie auch schon an unseren Fall gedacht. Ich hatte den Fehler begangen, sie zu unterschätzen. Ihr Blick sprach in diesem Moment mehr als tausend Bände. Sie ahnte, was passiert war, wollte es aber nicht wahr haben und hoffte, ich würde ihr bestätigen, dass es nicht wahr war. Doch das konnte ich nicht, ich würde sie einfach nicht anlügen, auch wenn es besser für sie wäre, die Wahrheit nicht zu erfahren. Niemals würde sie es mir verzeihen, wenn ich sie anlog, auch wenn es ihr noch so gut tat, sie würde die Wahrheit wissen wollen. Das zumindest schloss ich aus ihrem Blick.

„Ja. Ich weiß, was dir angetan wurde.“ Den Bericht des Arztes hatte ich nur zu gut ihm Kopf.

„Bitte... Sagen Sie es mir.“
 

Nun war es an mir, den Schock zu überstehen, als der Oberst mir berichtete, was die Untersuchungen, an die ich mich nicht erinnerte, ergeben hatte. Die meisten der beschriebenen Verletzungen konnte ich spüren. Mein Schädel dröhnte von der Gehirnerschütterung, das Atmen schmerzte durch die drei gebrochenen Rippen und mein Gesicht schien ein einziges Hämatom zu sein, hinzukamen mehrere Prellungen an Armen und Beinen. Es war eine Schande, dass ich mich so hatte zurichten lassen. Doch eine Sache erklärte es nicht, doch wollte ich nicht danach fragen.

„Ich verstehe nicht, warum Sie das vor mir verheimlichen wollten, Sir.“ Ich war deutlich erleichtert, nun da ich wusste, warum ich hier war, obwohl mich mein Versagen noch immer belastete. Doch warum mir der Oberst meine Verletzungen vorenthalten wollte, war mir nicht ganz klar, es war nicht seine Art aus offensichtlichen Dingen ein Geheimnis zu machen.

„Weil es nicht alles ist... Wir sind uns sicher, dass du das neuste Opfer unseres Serientäters bist, Riza...“ Ich brauchte mehrere Minuten, bis ich wirklich realisiert hatte, was das bedeutete. Unser Täter verübte nicht einfach nur Gewaltverbrechen, er benutzte seine Opfer, missbrauchte, vergewaltigte sie.

Ich wollte es nicht wahr haben. Es musste eine andere Erklärung geben, doch mir wollte und wollte nichts einfallen. Es passte einfach alles zu gut, zu meinem Zustand. Niemals würde ich darüber reden, doch ich spürte, dass er sich an mir vergangen hatte. Zitternd versuchte ich in den Kissen zu versinken. Erst als Roy sanft meine Hand nahm und beruhigend auf mich einsprach, bemerkte ich die Ursache des Zitterns. Tränen flossen über mein Gesicht, nicht viele, nur einige wenige, doch dann brach es aus mir heraus. Hemmungslos begann ich zu schluchzen. Tränen rannen wie aus Sturzbächen meine Wangen hinab. Ich hatte die Kontrolle über mich selbst verloren, kam mir vor, wie ein kleines Kind.

Warum es mich so erschütterte, wusste ich nicht, ich hatte es doch geahnt, insgeheim wahrscheinlich sogar gewusst. Nicht nur der Gedanke an die Tat, auch meine Hilflosigkeit gegenüber dem Oberst verstärkten mein Unglück weiter. Ich wäre am liebsten allein, wollte nicht, dass er mich so sah, wie ich vor ihm weinte. Ich versteckte das Gesicht in den Händen, konnte das Schluchzen aber nicht einstellen, zumindest bis ich in eine Umarmung gezogen wurde. Allein diese Tatsache erschreckte mich für einen Moment, sodass ich meinen normalen Atemrhythmus langsam wieder fand. Roy Mustang hielt mich in seinen Armen und drückte mich sanft an seine Brust.

„Shh.“ Irgendwie beruhigte mich das wirklich und immer mehr kontrollierte ich meinen Atem und auch die Tränen stoppten, wie er mich so in seinem Arm hielt und sanft mit der Hand über meinen Rücken strich.

„Du bist nicht allein, ich bin bei dir und ich werde mich um dich kümmern.“ Der Mut, mich von ihm zu befreien, fehlte mir, aber wenn ich ehrlich war, genoss ich es für einen Moment auch. Er strahlte Sicherheit aus und diese wollte ich in diesem Moment nicht missen. Ganz kurz schloss ich die Augen, nur um die Wärme und Sicherheit seines Körpers zu genießen, doch sofort öffnete ich sie wieder, als etwas vor meinem inneren Auge aufblitzte.

„Hawkeye, alles in Ordnung?“ Sofort hatte er mich losgelassen und es war wieder eine Distanz zwischen uns aufgebaut. Der kurze intime Moment war schon wieder vorbei, aber vergessen werden würde er nicht. Langsam ließ ich mich auf das Kissen sinken und legte für einen Moment die Hand über die Augen. War es wirklich eine Erinnerung oder nur Einbildung?

„Ich glaube, ich habe mich gerade an etwas erinnert... Ich...“

„Ruhen Sie sich erstmal aus. Ich werde jemanden hier lassen, damit Sie nicht allein sind.“ Er ging langsam um das Bett herum und lächelte mich noch kurz an, als er mich bat, etwas zu schlafen. Ehe er aus dem Raum ging, flüsterte ich ihm noch einen Dank zu und schloss dann die Augen, um seinen Rat zu folgen. Vor der Tür hörte ich noch ein kurzes Gespräch, gefolgt von einigen Befehlen, was genau gesagt wurde, blieb mir aber verborgen.

Ich versuchte einzuschlafen, mich ausruhen, damit ich mich wieder erinnern konnte, doch meine Gedanken wollten nicht still stehen. Ich grübelte über die Opfer, das Täterprofil, Roys Verhalten und am Ende über mein eigenes Schicksal. Die Schuld lag bei mir, das wusste ich, ich hätte es besser wissen müssen, hätte Hilfe annehmen sollen, doch nun war es zu spät. Vielleicht konnte ich dem Oberst ja helfen, wenn ich mich nur erinnern würde, doch mir wollte einfach nichts einfallen, die Erinnerungen waren wie ausgelöscht.

Je länger ich grübelte, desto schwieriger schien es zu werden, mich dem Schlaf hinzugeben, den ich so dringend brauchte. Mittlerweile hatte sich jemand in den Stuhl am Fußende meines Bettes gesetzt. Durch den verqualmten Geruch wusste ich, dass es Havoc war und dass er vor wenigen Minuten noch geraucht hatte. Ich hoffte, er würde mich nicht zu sehr mustern, auch wenn ich es mit geschlossenen Augen nicht bemerkt hätte. Immer verworrenere Bilder erschienen mir, bei dem Versuch einzuschlafen, bis sich etwas in meinem Körper ausbreitete.

Ich wurde immer schläfriger und konnte mich nicht mehr konzentrieren, worüber ich froh war. Kurz vor dem erzwungenen Einschlafen öffnete ich noch einmal die Augen und sah einen Pfleger mit kurzem schwarzem Haar mit einer Spritze in der Hand. Er hatte mir wohl ein Schlafmittel verabreicht, aber ich war froh darum, endlich konnte ich entspannen.

Mein Schlaf war nur zu Anfang ruhig und erholsam. Es dauerte nicht lange, da wurde ich von Alpträumen gequält, wie ich durch endlose Straßen lief. Ich hatte das Gefühl, gejagt zu werden und niemals schien ich zur Ruhe kommen zu können. Immer wieder tauchten in diesem Lauf Bilder von Gliedmaßen auf, die mich verletzten und immer schmerzvoller wurde die Jagd hierdurch. Das Gesicht meines Angreifers aber blieb mir verborgen, so oft er auch nach mir trat und schlug. Endlich schien ich eine Chance zu haben, mich zu befreien, als ich auf den Fremden schoss.

Erschrocken wachte ich auf und lag schnell atmend und noch immer verletzt in meinem Krankenbett. Nur mühselig gelang es mir, mich zu beruhigen und es kostete mich eine Kraft mich aufzusetzen. Mein Hals war trocken, doch meine Stirn war feucht vom Angstschweiß, um beides kümmerte ich mich sofort und sah mich vorsichtig im Raum um. Ich war allein, es war noch nicht hell und der Traum hatte mich verwirrt. Gerne hätte ich mit jemandem darüber gesprochen, doch es war niemand da. Ich versuchte mir die letzte Sequenz ganz genau einzuprägen und legte mich vorsichtig wieder in das Bett, hielt die Augen aber geöffnet, zu groß war die Furcht im Schlaf wieder zu vergessen.

Es konnte eine wichtige Information sein, ich musste sie behalten, durfte sie nicht vergessen, musste sie dem Oberst überbringen. Also wartete ich, bis es hell wurde und jemand kam, denn ich traute mich nicht mein Zimmer zu verlassen, um zu telefonieren. Der schmale Lichtstreifen am Ende des Zimmers wanderte immer näher und der Raum wurde immer heller, bald würde er kommen. Bald war der Oberst wieder bei mir. Bald.



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