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Cyan

von

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Die schwarzen High Heels glitten von ihren Füßen und landeten Sekunden später auf der Rückbank. Ihre Fersen waren nach der langen Nacht blutig gelaufen, ihre Fußballen schmerzten. Erleichtert streckte Cassandra die Zehen für einen Moment, bevor sie die Turnschuhe anzog, die auf dem Beifahrersitz lagen. Erst dann richtete sie sich auf und beugte sich aus dem offenen Fenster.

„Soll ich dich wirklich nicht nach Hause fahren, Süße?“, fragte sie ihre Freundin Roxanne, die kichernd in den Armen dieses Typen lag, mit dem sie scheinbar jetzt zusammen war.

„Chris, bringt mich schon nach Hause“, winkte diese grinsend ab, bevor sie ihren Kopf an seine Brust schmiegte und er zärtlich den Arm um sie legte. Die Bässe des nahe glegenen Clubs drangen noch zu ihnen hinüber.

„Kannst du denn überhaupt noch fahren?“, fragte Chris.

Ein Seufzer entfuhr Cassandra, bevor sie ihm antwortete. „Hör zu. Ich fahre nie, wenn ich Alkohol getrunken habe. Genauso wenig trinke ich Alkohol, wenn ich noch fahre.“

Einige Sekunden sahen die beiden sich nur an, bis Roxanne sie unterbrach: „Wir sehen uns morgen“, giggelte sie und Cassandra verstand: Sie wollte mit ihm allein sein.

„Pass auf sie auf, okay?“

„Pass auf dich auf“, erwiderte Chris nur grinsend.

Ein gequältes Lächeln zuckte über Cassandras Gesicht, als die getönte Scheibe automatisch hoch fuhr und sie ihrer Freundin eine letztes Handzeichen als Abschiedsgruß gab.

Cassandra atmete tief durch, als sie die Hände auf das lederne Lenkrad legte. Ihre Finger fuhren einige Male gedankenverloren darüber.

Der Motor heulte auf, als sie ihn anließ und ihre Scheinwerfer fluteten die dämmrige Straße. Anschnallen, Radio an, Rückwärtsgang und dann ging es auf die Straße. Die Gänge im Sekundentakt hoch schalten, bis sie die gewünschte Geschwindigkeit erreicht hatte.

Die Straßen waren leer, die Leute waren um diese Uhrzeit alle noch in den Clubs oder zu Fuß auf dem Heimweg. Sie legte an Geschwindigkeit zu. Wie hatte sie das diesen langweiligen Abend vermisst.

Roxanne hatte sie gebeten mit ihr feiern zu gehen. Wird lustig, hatte sie gesagt, sie müsse ihr diesen neuen Typen vorstellen und sie traue sich nicht allein mit ihm wegzugehen. Natürlich hatte Cassandra sich überreden lassen.

Die Lichter der Straßenlaternen rauschten über sie hinweg. Sie spürte beinahe den Asphalt unter ihren Rädern und genoss das Gefühl. Anstatt den direkten Weg nach Hause zu fahren, beschloss die Autobahn zu nehmen. Zwei Gänge runter schalten, die Auffahrt eng nehmen, dann wieder beschleunigen. Sie nahm immer mehr an Geschwindigkeit zu. Sie liebte diese Adrenalinstoß.

Es war das Beste bis jetzt an diesem ganzen beschissenen Abend. In dem Club war sie die ganze Zeit von irgendwelchen Vollidioten angegraben worden, während Roxanne an diesem Chris gehangen hatte. Wer war der Typ und was war Chris überhaupt für ein Name?

Wütend trat sie das Gaspedal tiefer hinunter und wurde noch schneller. Sie drehte das Radio weiter auf, damit sie es neben dem Motorgeräusch hören konnte. Der Beat war gut und ließ sie den Ärger vergessen. Sie ließ nur noch die Musik auf sich wirken, während sie die Autobahn entlang raste.

Erst als die Ausfahrt näher kam, drosselte sie die Geschwindigkeit etwas. Der Weg von der Autobahn zu ihrem Haus war kurz, sodass sie danach nicht mehr schnell fahren konnte. Mit Schwung fuhr sie in ihre übliche Parklücke. Der Wagen stand auf Anhieb.

Das laute Brummen des Motors erlosch, als sie den Schlüssel zog. Für einen Moment hielt sie inne, bevor sie ihre High Heels vom Rücksitz angelte und die Wagentür öffnete.

Wie ein Schatten huschte sie über den Bürgersteig zu der in die Jahre gekommenen, hölzernen Haustür, die sich nach zwei Schlüsselumdrehungen öffnete. Sie schlüpfte in das nur durch die kleinen Fenster von außen beleuchtete Treppenhaus. Das Licht war schon seit einigen Monaten kaputt und so machte sie sich nicht einmal die Mühe, den Lichtschalter in der Dunkelheit zu suchen.

Die Stufen knarrten unter ihren Füßen, als sie in den zweiten Stock hinaufstieg. Hinter der zweiten Tür betrat sie endlich ihre Wohnung.

Für einen kurzen Moment überlegte sie, ob sie das Licht anschalten sollte, doch ihre Augen hatten sich bereits so an die Dunkelheit gewöhnt, dass es sinnlos wäre, sich selbst damit zu blenden.

Ein frischer Wind wehte durch den großen Raum, der der einzige in der kleinen Wohnung war. Von draußen war die Straße laut und deutlich zu hören, als gerade ein Wagen vorbei fuhr.

An den Schatten ihrer Vorhänge konnte Cassandra erkennen, dass sie vergessen hatte die Balkontür zu schließen. Das wunderte sie nicht, hatte Roxanne sie doch so gedrängt, dass sie nicht zu spät kamen.

Cassandra schob die Vorhänge beiseite, schloss die Tür und schaute noch einige Sekunden auf die menschenleere Straße unter ihr, dann wandte sie sich um, und stolperte im nächsten Moment rückwärts.

Ein dunkler Schatten stand mitten in ihrer Wohnung. Sie glaubte ihr Herz wäre stehen geblieben, so sehr verkrampfte sie.

Nur langsam trat die Gestalt aus dem Schatten und das schwache Licht, dass durch die Balkontür fiel, erhellt seine Gesichtszüge.

Sein Gesicht war jung, aber seine Züge wirkten hart. Das kurze Haar fiel ihm leicht in die Stirn.

Cassandra richtete ihren Oberkörper auf. Mit ihrer linken Hand umklammerte sie die High Heels ihre rechte hielt sie breit, während sie versuchte sich nichts von ihrer Verunsicherung anmerken zu lassen. „Was machen Sie in meiner Wohnung?“

„Casey, richtig?“ Er ließ sich davon nicht beirren und kam weiter auf sie zu.

„Wer fragt das?“

„Ich.“ Er blieb in einiger Entfernung zu ihr stehen und reichte ihr kurzer Hand einen Zettel aus seiner Jackentasche.

Zögerlich nahm Cassandra den Zettel, von dem sie zunächst dachte, es sei eine Visitenkarte, doch auf dem Zettel stand nicht mehr als eine Nummer.

„Ich hab' dich fahren sehen.“

„Ich habe keine Scheinwerfer hinter mir gesehen.“

„Du hast übrigens deine Türen aufstehen lassen“, merkte der Mann an.

„Gehen Sie...“, zischte Cassandra.

„Es wird Zeit, dass du im Team spielst, Casey. Ruf mich an. Ich brauche jemanden, wie dich!“ Der Mann schenkte ihr ein verschmitztes Lächeln, bevor er sich um wandte und ging. Die Wohnungstür fiel krachend ins Schloss. Die High Heels glitten ihr aus der Hand und kamen dumpf auf dem Laminatboden auf.

Für einige Augenblicke stand sie wie angewurzelt da, dann wirbelte sie herum, stürzte auf ihren Balkon und sah gerade noch, wie ein schwarzer Ford Mustang mit röhrendem Motor davonfuhr.

Ihre Hände krallten sich um das Metallende Gitter, bevor sie anfing, lauthals zu fluchen.

Woran hatte er sie erkannt? Was bildete er sich ein ihr in ihre Wohnung zu folgen. Wer war der Typ überhaupt und... Natürlich. Sie stoppte in den wüsten Beschimpfungen, als ihr klar wurde, was ihn zu ihr geführt hatte.

Ihr Wagen. Er hatte sie an ihrem Golf GTI erkannt. Sie hätte ihn nicht in diesem auffälligen grün spritzen lassen sollen.

Diese Rennen waren doch zunächst nur eine Notlösung gewesen, als sie die Miete kurzzeitig nicht bezahlen konnte und jetzt standen schon fremde Männer bei ihr in der Wohnung.

Ihre Faust landete einmal in dem Boxsack, der in der Ecke hing, bevor sie vor der Küchenzeile stehen blieb und die Kaffeemaschine anschmiss.

Es war ein dummer Zufall, versuchte sie sich einzureden. Ein dummer Zufall, dass er sie gefunden hatte, dass er sie kannte und das er ihr eine Nummer dagelassen hatte. Hatte sich ihre Existenz etwa so schnell herum gesprochen?

Noch tief in Gedanken griff sie nach der Kanne Kaffee, doch nicht richtig, sodass ihr die Kanne aus der Hand glitt und die heiße braune Brühe über ihr und dem Boden verteilte. Das ließ sie nur noch lauter Fluchen.

Sie ließ den Kaffee einfach wo er war und öffnete den Verschluss ihres Satinkleides, um das fleckige Ding los zu werden. Es landete danach auf dem Sessel beim Fernseher, bevor sie in der Dunkelheit zu ihrem Bett hinüber ging und sich darauf fallen ließ.

Die Kissen waren herrlich weich und sie schloss genüsslich die Augen. Sie hatte beinahe das Gefühl, dass sie wieder in ihren Auto saß und mit rasender Geschwindigkeit die Autobahn entlang fuhr. Die Lichter wurden immer schwächer, nur noch leise hörte sie ab und an ein Auto vorbei fahren. Dann schlief sie ruhig ein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  xemina
2011-12-04T19:12:59+00:00 04.12.2011 20:12
Halli hallo^^

also bisher gefällt mir die Story, bin gespannt was du noch draus machst ;)



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