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Trust me

Eternal Chronicles
von

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Kunst ist subjektiv

„Du solltest dir wirklich überlegen, einem Club beizutreten.“

Ich zuckte zusammen, als ich von einer Stimme aus meinen Überlegungen gerissen wurde, während ich nach Schulschluss meine Tasche zusammenpackte.

Zu meiner Überraschung war ich ohne jeden weiteren Ärger davongekommen, Zetsu schien es mir nicht einmal nachzutragen. Es gab wohl auch keinen Grund dazu, immerhin umschwärmten ihn die besorgten Mädchen noch mehr als am Tag zuvor und den Verband hatte er bereits in der Mittagspause abgenommen, er war nicht einmal wirklich sichtlich verletzt.

So waren meine Gedanken nur um die Frage gekreist, mit welchen Aufgaben ich nach der Schule anfangen sollte – und dann war ich von Isoldes Stimme unterbrochen worden.

Seit dem Morgen war sie ruhig gewesen, weswegen ich gehofft hatte, sie wäre einfach wieder verschwunden, aber nun stand sie tatsächlich neben mir und niemand anderes schien sie sehen zu können, wie ich erleichtert feststellte, nachdem ich mich umgesehen hatte.

Ich öffnete bereits den Mund, um etwas zu erwidern, aber da fiel mir wieder ein, dass sie mir gesagt hatte, dass das nicht nötig war und versuchte mich deswegen gedanklich auf meine Antwort zu konzentrieren. Warum sollte ich?

Ihr Lächeln verriet mir, dass sie mich tatsächlich gehört hatte und dann kam bereits ihre Antwort: „Dann hättest du nach der Schule etwas zu tun und müsstest dich nicht langweilen.“

Vielleicht langweile ich mich aber gerne? Ist ja nicht so, als hätte ich nach der Schule nicht noch genug zu tun.

Immerhin musste ich die Hausaufgaben machen, die mir bereits an meinem zweiten Schultag absurd massig erschienen und die Sprache beherrschte ich auch noch nicht vollständig. Es gab also mehr als genug Dinge für mich zu tun, um mich von der Langeweile abzuhalten.

Aber Isolde ließ sich dennoch nicht von ihrem Plan abbringen. „Hat diese Thalia nicht was von einem Kunstclub erzählt, der gerade neue Mitglieder akzeptiert? Das klingt doch ganz interessant.“

Mir entfuhr ein leises Seufzen, das mir irritierte Blicke einiger Mitschüler einbrachte, die gerade an mir vorbeiliefen, von mir aber nicht weiter beachtet wurden.

Ich bin furchtbar im Zeichnen. Was sollte ich da in einem Kunstclub?

Und das war die Wahrheit, meine Bilder gehörten eher der abstrakten Kunst an, aber das auch nur, wenn man die Augen zusammenkniff und den Kopf dabei einige Grad zur Seite neigte.

Aber für Isolde war das offenbar kein Argument: „Vielleicht kannst du deine Fähigkeiten ja verbessern, Freunde gewinnen... irgendetwas.“

Ich war weder an dem einen, noch dem anderen interessiert, aber genausowenig wollte ich mich weiter mit ihr streiten, denn ich befürchtete, dass sie das noch den ganzen Tag aufrecht erhalten würde. Du wirst nicht aufgeben, oder?

Ich konnte Isoldes Lachen in meinen Gedanken hören und das war mir Antwort genug. Also beschloss ich, einfach nachzugeben und mir diesen Kunstclub mal anzusehen, in dem Thalia angeblich eine führende Rolle innehatte. Da sie mir am Morgen ausgiebig beschrieben hatte, in welchem Zimmer der Club sich traf, dauerte es nicht lange, bis ich es dann auch gefunden hatte. Vor der Tür blieb ich eine Weile stehen und lauschte den Stimmen, die aus dem Raum zu hören waren. Es klang nach vielen Mädchen, was meine Laune sinken ließ, aber endgültig in den Boden stürzte sie erst, als ich bemerkte, dass es sich bei den unartikulierten Lauten, die sie ausstießen um leises, aber nicht minder begeistertes Quietschen handelte.

Ich wollte mich umdrehen und weggehen, aber Isolde schickte mir ein kurzes, heftiges Stechen in meinem Kopf, das mich doch davon abhielt.

Das verzeihe ich dir nie...

Ich kannte sie erst seit diesem Morgen wirklich bewusst, aber ich war mir in diesem Moment schon sicher, dass ich sie nicht leiden konnte. Ein Eindruck, der sich später natürlich ändern sollte, aber an diesem Tag stand er nun einmal.

Also klopfte ich und betrat den Raum direkt danach – nur um schockiert in der Tür stehenzubleiben.

Mehrere Mädchen saßen, mit Zeichenblöcken und Kohlestiften bewaffnet, in einem Halbkreis und starrten mit begeisterten, fast schon gierigen Blicken auf die Modelle in der Mitte. Und diese waren es auch, die mich derart schockierten: Es handelte sich um Zetsu und den braunhaarigen Schüler mit dem um seine Stirn geschlungene rote Band, den ich am Vortag gemeinsam mit diesem weißhaarigen Mädchen, das von Sorluska Baila genannt worden war, gesehen hatte. Zetsu hatte die Arme um den Jungen gelegt, der zwischen seinen Beinen, mit dem Rücken zu seinem Oberkörper saß – und diese Haltung erklärte, warum die Mädchen so begeistert waren, auf mich wirkte es allerdings reichlich seltsam.

Der Junge blickte ein wenig verunsichert zu Thalia hinüber, die den beiden Anweisungen gab. „Akatsuki, du sollst Seraphca nicht so fest halten, das wirkt viel zu verkrampft. Seraphca, du sollst in die andere Richtung sehen, nicht zu mir, zu den Mädchen hinüber.“

„A-ah, natürlich!“, rief er sofort aus und wollte den Kopf wieder in die andere Richtung drehen, da fiel sein Blick auf mich.

Seine Augen weiteten sich geradezu entsetzt, ich nahm an, dass er nicht mit Besuch gerechnet hatte, offenbar war mein Klopfen im Kichern der Mädchen untergegangen. Hastig schloss ich die Tür hinter mir, ehe noch jemand sehen würde, was der Club hier veranstaltete und er noch mehr in Verlegenheit kommen würde.

„Was macht ihr denn hier?“, fragte ich und achtete dabei nicht im Mindesten darauf, ob meine Wortwahl auf Japanisch als unhöflich angesehen werden könnte.

Die Mädchen bedachten mich nur mit einem kurzen Blick, ehe sie lieber wieder die beiden Modelle anstarrten. Thalia dagegen wandte mir den Kopf zu und legte verlegen einen Finger an ihre Wange. „Oh, Vartanian...“ Sie sprach mich mit Nachnamen an, obwohl sie außerhalb der Schule immer meinen Vornamen nutzte. „Ich habe dich gar nicht klopfen gehört.“

Ich öffnete den Mund, um mich zu entschuldigen und dann eilig wieder zu verschwinden, um das alles schnellstmöglich zu vergessen und dann so zu tun als wäre das nie geschehen, da hörte ich bereits Zetsus Stimme: „Ah, Vartanian, willkommen~.“

Unwillig sah ich zu ihm hinüber, nur um mitzubekommen, wie er sich an Seraphca schmiegte, der ein ersticktes Keuchen von sich gab. „A-Akatsuki-kun...!“

Doch Zetsu kümmerte sich nicht um seinen Protest, stattdessen schmunzelte er mir entgegen. „Bist du gekommen, um dich uns anzuschließen?“

„Mit Sicherheit nicht!“, spie ich aus. „Hätte ich gewusst, dass du hier sein wirst, wäre ich gar nicht erst vorbeigekommen.“

Er verzog die Lippen zu einem amüsierten Grinsen, mir schien, er hatte bereits mit dieser Reaktion gerechnet und das ärgerte mich, wie ich zugeben musste. Wir kannten uns gerade mal einen Tag, wie kam es da, dass er mich so sehr durchschaute?

Und das Kichern von Isolde half mir da auch nicht sonderlich weiter, um mich wieder zu beruhigen. Seraphca half da schon eher, als er schüchtern zu reden begann: „Uhm, Akatsuki-san? Kennst du dieses Mädchen?“

„Aber natürlich~ Das ist die berühmt berüchtigte Leana Vartanian, von der du bestimmt schon gehört hast.“

Tatsächlich leuchteten Seraphcas Augen verstehend auf. „Oh, das Mädchen, das du verärgert hast.“

Wenigstens einer, der sich nicht wegen Zetsus Gehirnerschütterung an mich erinnerte, sondern weil der Kerl mich provoziert hatte.

Zetsu schnaubte theatralisch. „Ach komm schon! Ich habe sie nicht verärgert, andere Mädchen wären froh über eine derartige Ankündigung gewesen.“

Während Seraphca die Stirn runzelte und darüber nachdachte, ob das wirklich so wäre, gaben einige der Mädchen zustimmendes Seufzen und Murmeln von sich, ich dagegen rollte mit den Augen.

„Ich habe keine Ahnung, was mich glücklich stimmen soll, wenn ich daran denke, dass du mich weiterhin zu nerven versuchst. Wollt ihr mir jetzt endlich verraten, was hier vor sich geht?“

„Wir sind im Kunstclub“, erklärte Thalia. „Was denkst du denn? Wir erschaffen Kunst.“

Mit einer fahrigen Handbewegung deutete ich auf die Modelle. „Das ist doch keine Kunst, das ist...“

Mir fiel das passende Wort nicht ein, denn ich war mir nicht mal sicher, ob es überhaupt eines dafür gab. Jedenfalls eines, das nicht mal eben eine ganze Randgruppe beleidigte.

Zetsu schob ein wenig die Unterlippe vor. „Natürlich ist das Kunst.“

Seraphca, dem das offenbar immer noch reichlich unangenehm war, versuchte derweil, Zetsu dazu zu bringen, ihn ein wenig von sich zu schieben. „Zabat-senpei sagt, dass Kunst subjektiv ist und deswegen wäre dieses Motiv schon in Ordnung.“

Aber so ganz überzeugt schien er ebenfalls nicht. Er tat mir schon ein wenig Leid, aber ich würde ihm sicherlich auch nicht helfen. Ich konnte das immerhin nicht... nicht wirklich jedenfalls.

„Ich weiß gar nicht, was du hast, das scheint doch ein sehr hübsches Motiv abzugeben – noch schöner wäre es natürlich mit Nozomu.“

Ich wollte sie erst gar nicht fragen, wie sie gerade auf diesen gekommen war, allein der Gedanke an dieses Motiv ließ mich die Stirn runzeln.

Thalia neigte den Kopf ein wenig. „Ich nehme mal an, dass du dann nicht diesem Club beitreten willst. Jedenfalls siehst du nicht so aus.“

Ich musste nur einen kurzen Blick zu den anderen Mädchen werfen, um zu erkennen, dass sie mich auch gar nicht haben wollten. Vermutlich arbeitete Zetsu öfter mal als ihr Modell, was mich noch weiter von diesem Club abbrachte. „Ich denke, ich suche mir eher etwas, das etwas weniger mit Zeichnen zu tun hat.“

Ich war ja nur wegen Isolde überhaupt mal hergekommen und im Nachhinein betrachtet denke ich, dass sie genau gewusst hatte, was ich vorfinden würde und sie mich deswegen unbedingt in diesen Club hatte bringen wollen. Denn nun widersprach sie nicht, als ich den Eintritt ablehnte.

„Roig hat mir erzählt, dass der Kendo-Club ab morgen auch wieder Mitglieder aufnimmt. Vielleicht solltest du es da mal versuchen, das scheint mehr etwas für dich zu sein.“

Selbst Sorluska sprach sie vor den anderen derart respektvoll an, dabei war er nicht einmal anwesend. Sie mochte es wohl nicht, dass die anderen wussten, ob und wie sehr sie jemanden mochte – das kam ihr wohl wie ein Zeichen von Schwäche vor, jedenfalls schätzte ich sie derart ein.

Kendo hörte sich eigentlich gar nicht schlecht an, auch wenn ich mir nicht so sicher war, ob ich das wirklich könnte, immerhin hatte ich noch nie zuvor mit einem Schwert gekämpft – aber vorerst sollte das kein Problem sein, schon allein, weil Zetsu plötzlich leise lachte. „Nozomu und ich sind auch im Kendo-Club.“

Ich verzog das Gesicht, worauf Seraphca in einem Anfall von Mitgefühl etwas sagte: „Die anderen Sportclubs nehmen ab morgen auch wieder Mitglieder auf. Du findest bestimmt einen Club, der dir zusagt und in dem Akatsuki nicht ist.“

In diesem Moment schien mir der Gedanke, gar nicht einem Club beizutreten, wesentlich besser, aber diese Diskussion gehörte nicht hierher, schon allein weil die anderen Mädchen mich wieder wütend anblitzten, da es ihnen wohl nicht gefiel, dass ich im selben Club wie ihr Schwarm sein könnte.

Was für nervende Hühner.

Mein abfälliger Gedanke rief sofort Isolde auf den Plan: „Warum denn? Sie sind doch nur ein wenig eifersüchtig. Das ist menschlich.“

Für mich war das eher etwas, das ich noch nie hatte nachvollziehen können. Wenn sie unbedingt was von ihm wollen, sollen sie ihm eine Liebeserklärung machen und nicht jede andere, die ihm nur zufällig zu nahe kommt, derart angiften.

Isolde lachte wieder leise, sagte aber nichts weiter, so dass ich mich ungestört von den Anwesenden verabschieden konnte, ehe ich den Raum wieder verließ. Ich war mir ziemlich sicher, dass diese ganze Angelegenheit nur dafür gedient hatte, dass sie sich amüsieren konnte, denn wesentlich weiter schien mich das alles nicht gebracht zu haben.

„Aber es war doch lustig, oder?“

Ich antwortete nicht auf Isoldes Einwurf und strebte stattdessen endlich dem Ausgang entgegen, um das eben Gesehene wirklich vergessen zu können – in der Hoffnung, dass ich in der Nacht nicht irgendeinen seltsamen Traum von den beiden durchleben müsste.
 


 



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