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Das Wunder des Lebens

von

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Mutti lässt nicht grüßen

VIII. Mutti lässt nicht grüßen
 

„Wo ist sie?!“
 

„Hallo Debbie… du bist spät dran für einen uneingeladenen Gast…“
 

„Ha, mit Kindern an der Backe schläft man nicht aus. Und ich muss um zehn im Diner sein.“
 

„Tja… dann komm doch herein in unser bescheidenes Heim… Der Kaffee ist frisch genau wie der Tag…“
 

„Es ist sieben, nun stell dich nicht so an“, meinte Debbie und stolzierte über die Schwelle. „Und bescheiden ist hier gar nichts.“
 

Sie hängte ihre lilane Jacke an die Garderobe und schlüpfte aus ihren extravaganten silbernen Straßenschuhen. Ihr üppigen Ohrringe klingelten heiter den Tag ein.
 

„Schicker Schlafanzug“, meinte sie grinsend mit Blick auf Brian. Grüne Seide… man gönnte sich ja sonst nichts… und Justin fand’s scharf, wenn er nicht gerade irgendwelche Kinderkrankheiten hatte, die seine Libido auf null reduzierten.
 

„Danke… dafür dass du das nicht kommentiert hast…“
 

„Vergiss es! Wenn ich dich schon Mal in voller Grad-aus-dem-Bett-Pracht bewundern darf… Und, wo ist der Neuzugang?“
 

„Moment“, sagte Brian gedehnt und trabte ergeben los. Debbie war in vielerlei Hinsicht für ihn die Mutter gewesen, die er sich irgendwie immer gewünscht hatte, wenn man von ihrem Geschmack absah. Oder zumindest wie eine Mutter, die diese Bezeichnung auch verdient hatte. Aber auch sie hatte nicht kitten können, was Joan nicht zu leisten in der Lage gewesen war.
 

Lilly war bereits munter gewesen, hatte aber noch im Aufwachen und strampelte ein wenig ziellos vor sich hin.
 

Brian musterte sie. Ihr Gesicht war nicht mehr ganz so zerknautscht, wie direkt nach der Geburt. „Wir sehen gut aus!“ beschloss er.
 

Debbie wartete im Wohnzimmer, sie hatte sich auf der Couch breit gemacht und nippte an ihrer Kaffeetasse.
 

„Hat es hier eigentlich auch ein Echo?“ fragte sie, als er eintrat, um dann auf ihn und seine nicht einmal drei Kilo schwere Last zu zuschießen.
 

Sie lugte in Lillys Gesicht, dann griff sie nach dem Baby, das Brian ihr bereitwillig überließ. Debbie wusste schon, was sie tat.
 

„Ohhhh….“, kieckste sie, „bist du ein Wonneproppen. Und so süß, ganz wie deine Papas. Bloß ohne so einen doofen gehirnvernebelnden Schwanz…“
 

Brian räusperte sich. „Debbie… Ich stehe hier!“
 

„Ich weiß“, meinte sie unbeeindruckt.
 

„Hast du Hunger, mein Zuckermäuschen… ohhh… - los Brian, besorg ihr ein Fäschchen!“ kommandierte Debbie, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen.
 

„Ay! Sir!“
 

Oben rumpelte es, Justin kam in einer etwas schlabberig sitzenden Pyjama-Hose und mit bloßem Oberkörper schlafverhangen und orientierungslos die Treppe hinunter getappst, dem Geruch des frisch aufgebrühten Kaffes folgend. Brian mochte zwar am Herd untauglich sein, sein Kaffe hingegen war unschlagbar.
 

„Morgen, Sonnenschein!“ grüßte ihn Debbie.
 

Justin schaute kurz etwas planlos aus der Wäsche, dann lächelte er: „Oh, hallo Debbie! Wie schön!“ Er sah in Richtung Lillys auf Debbies Arm und konstatierte: „Ist sie nicht wunderhübsch!“
 

„Das ist sie“, lachte Debbie, „einfach zum Anbeißen – ganz im Gegensatz zu dir, armer kranker Sonnenschein... Geht es dir wieder besser? Gut! Aber raus mit der Sprache, wo habt ihr sie her?“
 

„Mexiko!“ rief Brian aus der Küche, bevor Justin den Mund öffnen konnte.
 

„Sieht aber nicht aus wie eine Mexikanerin“, gab Debbie zu bedenken.
 

Brian kam mit dem warm gemachten Fläschchen um die Ecke. „Nur weil sie keinen Sombrero trägt? Sei nicht so rassistisch!“
 

„Nein… weil sie eine Haut wie Sonnenschein hat zum Beispiel? Oder sind das deine Wimpern Brian… raus mit der Sprache!“
 

Sie erstarrten beide für einen kurzen Bruchteil einer Sekunde.
 

Justin atmete tief durch: „Debb… Wir wissen nicht, wer Lillys biologischer Vater ist, okay? Könnte sonst wer sein.“
 

„Ach so“, antwortete Debbie misstrauisch.
 

„Komm, Lilly, lecker Fertigmampf!“ lockte Brian, um Debbie abzulenken, und schnappte sich das Baby.
 

Debbie starrte ihn an.
 

Brian Kinney. Gab einem Baby das Fläschchen, ohne zu mosern. Ihr war bewusst, dass sie dafür wahrscheinlich hohen Eintritt kassieren könnte.
 

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Die Zahlenkolonnen auf dem Bildschirm verschwammen vor Daphnes Augen. Es war beschissen heiß, die Klimaanlage war ausgefallen.
 

Sie hatte die Geburt rein körperlich gut überstanden.
 

Brian war da gewesen.
 

Das hatte gereicht.
 

Ob er…?
 

Bitte!
 

Bitte!
 

Aber natürlich hatte er…
 

Oder?
 

Aber sie konnte nicht fragen.
 

So war der Deal.
 

Lilly…?
 

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Brian hatte Justin und Lilly in eine andere Klinik als die, in der gestern gewesen war, kutschiert, Justin war noch zu geschwächt gewesen, um selber zu fahren.
 

Jetzt saß er im Wartezimmer und blätterte in Magazinen, die ihn über die Wonnen von Prostatakrebs aufklärten. Alles, bloß nicht das! Er musste bald wieder zur Vorsorgeuntersuchung… Er schob den Gedanken beiseite.
 

Lilly war leider nicht ganz so brav wie bei seiner Untersuchung, genaugenommen brüllte sie wie am Spieß, dass es aus dem Behandlungszimmer heraus den ganzen Wartebereich unterhielt. Wahrscheinlich war da unten wieder Sintflut… juhu…
 

Auch hier dauerte es nicht lange. Er lud Justin und Lilly zuhause ab, Gus war im Kindergarten, und machte sich auf zu Kinnetic.
 

Als er in sein Büro kam, starrte er perplex einen riesigen, mit Zellophanfolie umwickelten Korb an, der sich mitten auf seinem Schreibtisch breit gemacht hatte. Ted stand hinter ihm und grinste versonnen.
 

„Was… was ist das denn bitteschön?“ wollte Brian wissen.
 

„Ein Gratulationsgeschenk – Papa“, meinte Ted nur trocken. „Das macht man so.“
 

„Oh super, genau daran habe ich während der Wehen gedacht…“
 

„Das haben wir natürlich berücksichtigt… Da ist auch Lotion für die Rückbildung des Bäuchleins und jede Menge Folsäure für eine gesunde Milch drin.“
 

„Wie… liebenswürdig. Whiskey und Zigarre?“
 

„Das auch – auch für Justin – und schau mal da…“
 

Brian fischte heraus, worauf Ted gezeigt hatte. Es war weich. Er faltete es auseinander. Es war ein Strampelanzug mit dem Logo von Kinnetic. Unwillkürlich musste Brian jetzt doch grinsen.
 

„Danke Ted… das steht mir bestimmt gut!“
 

„Für alles gibt es Liebhaber“, meinte Ted aus schmerzhafter Erfahrung.
 

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Es war erst halb elf, aber sie lagen bereits im Bett. Früher wären sie zu dieser Zeit nicht einmal aufgebrochen, viel zu früh. Früher…
 

Justin erholte sich zwar langsam, aber der Alltag mit dem Baby strengte ihn arg an, obwohl er sich nicht beklagte. Justin hatte, wenn auch etwas schwächliches, dieses Grinsen im Gesicht, wann immer er das Baby zu fassen bekam. Brian argwöhnte, dass es ihm nicht besser ging. Wahrscheinlich irgend so eine vom Verstand nicht regulierbare Hormonausschüttungs-Geschichte, gegen die keine Abwehrmaßnahmen halfen. Man hatte ihnen ja auch nicht wirklich die Gelegenheit gegeben, über die Sache gründlich nachzudenken, sie war plötzlich über sie gekommen. Nein, ausgesucht hätte er es sich so wohl nicht – wenn überhaupt. Aber Dinge geschahen, ohne dass man gefragt wurde… manchmal waren sie oberscheiße, aber manchmal… nun, nicht so scheiße. Und er war es schließlich gewesen, der ja gesagt hatte. Zu Gus, zu Justin… und jetzt zu Lilly.
 

Justin wühlte sich durch die Laken, bis er sie in der gewünschten Haltung zurecht sortiert hatte. Sein Atem ging tief und langsam. Auf dem Nachttisch blinkte das Babyfon. Aber Lilly hatte gerade eine Sendepause eingelegt. Ihre Portionen für die Nacht standen fertig auf dem Küchentresen, sobald der organische Wecker anging, reichte es, sie mit halb schlafendem Gehirn aufzuwärmen.
 

Brian zog den in den Schlaf sinkenden Justin an sich, auch seine Lider senkten sich genüsslich. Es war so still hier… Brians Schwanz fragte vorsichtig nach, ob es was zu holen gäbe, als Justins Kehrseite sich an ihn schmiegte. Das hatte keine Eile… Den erst halb genesenen Justin zu etwas zu nötigen – nein.
 

Brian drückte den warmen Körper an sich und lauschte Justins trunken wohligen Lauten. Er lehnte das Kinn auf Justins Scheitel. Manchmal war es gut… zu schützen. Auch wenn es nur symbolisch war, Justin konnte auf sich selbst aufpassen. Oder hatte mehr als einmal bewiesen, dass er da war und die Sache im Griff hatte, wenn Brian eingeknickt war.
 

Aber das war es nicht nur… Justin vertraute ihm… der ruhende Körper, der sich an ihn schmiegte… Brian hätte bereitwillig jedem Säbelzahntiger die Gurgel raus gerissen, der seinen Mann nur mit einem Anflug von übler Gesinnung ansah. Auch wenn sein Hintern noch so lecker aussah. Blöder atavistischer Impuls… direkt aus der Steinzeithöhle… komm meiner Familie krum, und ich verpass dir eins mit der Keule. Aber Justin ging es da wohl nicht anders, er konnte ganz schön übel werden.
 

War er jetzt festgekettet? Mit einem Baby, das man ihm einfach so aufgenötigt hatte, das wahrscheinlich nicht einmal mit ihm verwand war…? Nein, wenn sie seine Tochter war, dann waren sie verwandt, Biologie hin oder her.
 

Aber der springende Punkt war: Die ganze Angelegenheit weckte in ihm keinen Widerwillen, keine Panik. Okay, er fand es gar nicht lustig, derart überfahren und… gelinkt worden zu sein. Ein Teil von ihm wollte Daphne in der Arsch treten, dass sie bin in die nächste Galaxie segelte. Warum hatte sie nicht gesagt, was Sache war? Sie hätten doch geholfen… und die Fresse gehalten. Aber war es das nur gewesen? Eine Vertuschungsaktion? Wenn ja, von was…? Oder war da noch etwas…? Daphne war nicht die Frau, die ihr Kind einem Impuls folgend einfach so zurück ließ. Sie hatte das von langer Hand geplant…
 

Aber wenn schon. Lilly war jetzt hier. Sie war gesund. Das Leben machte Sinn. Er machte Sinn. Und das war gut.
 

Justin räkelte sich, griff nach hinten und ließ seine Finger durch Brians Haar gleiten, eine Geste, die so lange Zeit Beklemmung in ihm ausgelöst hatte. Da war es fast noch einfacher gewesen, sie zu geben als sie… zu empfangen. Jetzt war es leicht. Er ließ seine Hand nach unten gleiten und knetete leicht Justins gerundete Hinterbacken… Justin war noch zu wund, als dass das irgendwohin führen könnte, aber das Gefühl war einfach nur… Ein wohliges Schnurren war seine Belohnung. Weich… und fest… seidig… perfekte Form für seine Handflächen… und für… Aber Justin musste gesunden.
 

Seufzend schloss er die Augen und ließ sich forttreiben.
 

Er würde schon früh genug wieder aus den Federn gebrüllt werden.
 

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Als es soweit war, war Justin rascher hoch als Brian.
 

„Lass mich doch…“, murmelte der Ältere wenig überzeugend.
 

„Nein… Ist schon gut. Du warst bisher im Dauereinsatz. Mir geht es schon besser… Schlaf weiter“, wehrte Justin ab.
 

Brian hatte das Ende seiner Ausführungen wahrscheinlich gar nicht mehr mitbekommen, sondern war postwendend wieder zurück in die Kissen gesunken.
 

Justin sah ihn etwas mitleidig an. Solange Brian schlief, ging das. Im wachen Zustand war Brian jede Art von Anteilnahme, die im Verdacht stand, ihn herablassend zu behandeln, zutiefst zuwider. Da stieß er noch immer an seine Grenzen, also Vorsicht! Und, wenn es Not tat, Mitleid ohne Gnade… Aber bloß nicht, ohne zu handeln.
 

Er lief los und hob die heulende Lilly aus ihrem Bettchen.
 

Er war immer noch völlig fassungslos, wie winzig sie, alles an ihr, war. Er wusste, dass das wahrscheinlich völlig besoffen war, aber er war hingerissen. Da meldete sich wahrscheinlich Mutter Natur, die ihn dazu bringen wollte, dass er alles für das Wohlergehen des schutzlosen Frischlings tat. Da hatte sie wohl Erfolg. Er kam nicht dagegen an – und wollte das auch gar nicht.
 

War er Lillys Vater? Biologisch? Sozial? Aber rechtlich… da war er Niemand… Es versetzte ihm einen Stich.
 

Sie hatten sich zusammen gerauft, mit und für Gus – aber vor allem sie selbst, so dass Lilly doch irgendwie… Sie waren doch ihre Eltern…? Nicht nur Brian… Und Brian… der sah das doch auch so…
 

Was, wenn Lilly krank würde – würde man ihm den Zugang zu ihr verwehren…? Das… das… nein…
 

Mit gekonntem Griff wechselte er die Windel, zog ihr einen von Brians neuerworbenen Strampelanzügen aus den Nasehaaren der letzten Elfen an, dann lief er mit ihr hinunter, um ihr Fläschchen einsatzbereit zu machen.
 

Er betrachtete das hingebungsvoll nuckelnde Baby. Wie hatte Daphne sie nur zurück lassen können?! Gerade Daphne! Er kannte sie doch, sie würde niemals… doch sie hatte. Warum? Warum bloß? Weil sie Lilly nicht wollte…? Nein, wer könnte schon. Irgendetwas… In ihm krümmte sich etwas in Sorge um Daphne zusammen. Was war mit ihr? Ging es ihr gut? Warum nur hatte sie Lilly zurück gelassen? Sie hatte Sorge getragen, dass Lilly zu ihnen kam… Es war ihr nicht egal gewesen… Aber war das ihr eigener Entschluss? Oder…?
 

Beunruhigt lief er mit Lilly durch die dunkle Eingangshalle hinüber ins Wohnzimmer.
 

Und Brian… Er hatte nicht eine Sekunde gezögert. Er lächelte stolz. Ja, so war er, so war er immer gewesen. Ganz oder gar nicht. Das Schicksal zum eigenen Entschluss machend. Das hatte immer hinter seinen selbstzerstörerischen Anfällen gesteckt, obwohl es gedauert hatte, bis Justin das verstanden hatte. Das passiert mir nicht einfach, es mag da sein – aber ich handle! Aber er war auch im Guten so… Man drückte ihm ein zurückgelassenes Baby in die Hand – und er sagte, na gut, wenn das so ist: meins! Weil ich das will, nicht bloß weil irgendwer denkt, dass ich müsste.
 

So war das mit Brian… verrückter Kerl… Aber ohne einen gelegentlichen Tritt in den Arsch übertrieb er es dabei auch gerne Mal.
 

Aber da das wohl auch für ihn selbst galt, mochte er sich nicht beklagen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  brandzess
2011-11-02T15:55:04+00:00 02.11.2011 16:55
dasheißt wohl, dass wir bald erfahren wer eigentlich der Vater ist (ich ziehe immer noch die möglichkeit in betracht das Brian und Justin beide die Väter seien könnten :D)
nur rechtlich müssen die das unbedingt klären! sonst gehts ihnen wie Linds und Mel als Gus krank war und Mel nicht zu ihm durfte.....nicht gut!



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