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Das Genesis Projekt

von

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Prolog

Sie besah sich das, was sie in den letzten Stunden geschrieben hatte, noch einmal. Las die letzten Sätze noch einmal. Das, was sie da geschrieben hatte, war ein ganzes Leben. Eine Autobiographie wenn man so wollte. Und man sagte, beichten wäre etwas, das die Seele erleichtern würde. Aber sie fühlte keine Erleichterung. Nur eine tiefe Resignation. Sie konnte nichts mehr tun. Schon hatte sie einen Abschluss geschrieben..Hinter ihr öffnete sich die Tür. Luft und Licht fluteten in den absolut dunklen Raum herein. Sie hatte keine Lampe angemacht. Einzig der Laptop, der vor ihr stand beleuchteten ihr Gesicht. Ein Gesicht als habe es Michelangelo selbst in Felsen gehauen. Sie war perfekt und mehr als das, sie war schrecklich. Aber das Wesen hinter ihr, vor ihm zitterten die Menschen als begegneten sie ihren ureigenen boshaften Schatten und vielleicht war das die einzige Wahrheit. Er kam durch den Raum. Eine einzige, stumme Verärgerung, dass sie ihn Stunden hatte allein gelassen und nun wie eine Crystalsüchtige in tiefer Finsternis saß, um zu schreiben. Noch dazu etwas, das er niemals würde lesen dürfen, wenn es nach ihr ging. Sie fühlte seine hochgewachsene, perfekt proportionierte Figur mehr, denn sie sein Spiegelbild im Laptop sah. Ihre Brauen hoben sich ein Stück und beinahe hätte sie über ihre eigene Arroganz laut gelacht. Sie, die man einst Hure genannt hatte, führte sich auf wie eine Königin. Bist du fertig? Wir müssen gehen. Sie wusste um seine Worte, noch bevor er sie ausgesprochen hatte und stand auf. Beiläufig klappte sie den Laptop zu und folgte ihm aus dem gut möbeliertem Wohnzimmer und schließlich aus der Wohnung. Bevor sie das mehrstöckige Gebäude verließen, das außer ihrer Wohnung noch ein paar einsame Besetzer beherbergte entsicherte Er sein Gewehr, das er wie ein Schmuckstück an einem breiten Tragegurt am Hals hängen hatte. Sie tat dasselbe mit ihrer 9mm. Alles oder nichts konnte einen auf das Chaos vorbereiten, das sie erwartete, als Er die Haustür, dessen gläserne Fenster in Scherben davor lagen, während modriges Wasser ihnen auf Mantelkragen und Kopf tropfte, aufstieß. Menschen schrien. Aus Angst, schierer Panik. Von Schmerzen geplagt. So viel Schmerz. Aber auch so viel Hass. Man lieferte sich Straßenschlachten auf dem von Schutt, Bränden und Blut verunstalteten Straßen. In der Nähe weinte ein Kind. Seltsam, dass man es über das Trommelfeuer irgendeines Maschinengewärs hören konnte und über die Bomber, die wie Geier am Himmel kreisten. Er schoss auf etwas, das sich vor ihnen bewegte. Aber sie konnte nicht sehen, ob es ein Mensch war. Ohnehin war es fraglich, ob diese Gestalten, die mehr an den Waffen in ihren Händen hingen als an ihrem Leben, noch Menschen waren. Schließlich feuerte sie auch. Ein paar Seelen irgendeiner der verschiedensten Gruppierungen, die hier in der arabischen Welt ihr Unheil stifteten, weniger, die Leiden mussten. Das Nichts musste schöner sein als das hier. Sie bahnten sich ihren Weg über die Straße, die an mehreren Stellen nach oben gebogen war. Autos waren darunter gerutscht und so sah es aus als trügen sie die Straße. Sie schossen beide so als gehörte das einfach dazu. Im Gegensatz jedoch berührte sie keine einzige Kugel. Wenn sich ihnen eine näherte, dann schien sie sich regelrecht zu weigern, näher zu kommen und fiel weit von ihrem Ziel entfernt zu Boden. Der heiße Wind, der von der Wüste außerhalb der Stadt zu ihnen drang, peitschte ihrer beider schwarze Haare wie Rabenflügel auf. Sie wusste nicht genau, warum er hier entlang laufen wollte. Vielleicht erfreute er sich an den paar Seelen, die er zurückschickte, vielleicht genoss er auch einfach seine Macht. Nach so vielen Jahren genoss er es immer noch. So Menschlich. Es ging nicht darum, Macht zu haben. Nur darum, mächtiger zu sein als alle anderen. Und er liebte es mit seiner Schönheit, mit seiner Eleganz gleich einem unfehlbaren Hollywoodhelden hier durch zu laufen. Das Ende einer Arbeit, die nicht sehr lange gedauert hatte. Wie wenig hatte es gebraucht, um das hier anzurichten? Sie waren gut darin. Die arabische Welt brannte und dort, wo es besonders hell loderte, waren sie. Sie schürten all den Hass, all die Niedertracht in ihren Herzen, die sich kaum zu wehren vermochten. Gottes Werk dezimieren. Als würde es ihn kümmern. Aber darum ging es schon lange nicht mehr. Es ging um viel Mehr. Der Beweis, dass Menschen böse waren. Er glaubte daran. Dabei war er es gewesen, der sie vor so vielen Jahren hatte retten wollen. Sie erinnerte sich noch gut daran. Aber letzendlich hatte auch er denselben Weg beschritten wie sie alle. Dabei war er ihre Hoffnung gewesen. Plötzlich drehte er sich zu ihr um. Die tiefen, grünen Augen sahen sie mit unmenschlichem Alter gezeichnet beinahe misstrauisch an. Ihre Waffe zielte genau auf die Stelle zwischen seinen Brauen. Dann lachte sie und es klang wahnsinnig, wenn es der Wind nicht forttrug. Bald lachte auch er und wandte sich scheinbar beruhigt ab. In letzter Zeit hatte er öfter solche Anfälle von Paranoia, wenn sie sich zu sehr ihren Gedanken hingab. Sie musste aufpassen, dass ihr kleines Geheimnis auch ihr Geheimnis blieb. Aber es war ohnehin egal. Dort in dem Hochhaus in all dem menschlichen Müll wartete die Wahrheit. Vielleicht hatte sie sie extra dort gelassen, damit sie jemand finden würde, bevor man auch dieses Hochhaus in die Luft jagen würde. Sie liefen nur noch eine Weile, während die vermummten Menschen weiter auf sie schossen, weil ihr Verstand sich weigerte, anzuerkennen, dass die Frau mit den langen, schwarzen Haaren, grünen Augen und dem schlichten weißen Kleid nicht in die Szenerie passte. Ebenso wenig wie Er, der auf Actionheld machte samt und sonders mit Ledermantel und Stiefeln. Dann plötzlich hatte er genug. Ein Flügelschlag genügte und er war verschwunden. Sanft rieselten ein paar Federn, die er unachtsam wie immer, dabei verlor, zu Boden. Sie verbrannte sie mit einem Gedanken, ehe sie ihm, langsamer, bedächtiger folgte. Sie ließen eine weitere Stadt in Elend und Chaos zurück und so würde es weiter gehen bis keine Menschen mehr da wären, die sie töten könnten.

In dem Hochhaus dagegen machte sich Bewegung breit. Die Hausbesetzer, die allesamt vor den beiden Unbekannten, die viele ihrer Freunde getötet hatten, als sie die Wohnung bezogen hatten, Angst hatten, rührten sich. Sie holten sich zurück, was ihnen gehörte. Wie Ratten drängten sie sich in die seltsam luxuriöse Wohnung mit Klima und Wirlpool im Bad. Und das alles in dieser Absteige, die von irgendeinem Scheich mit diversen Geldern aus den USA, denen man Waffen vertickt hatte, gebaut wurde, um darin zehnköpfige Familien auf engstem Raum wie Versuchsratten in Käfigen zu halten. Man fand es seltsam, aber der kreative Geist der meisten hatte sich schon lange erschöpft. Also besetzte man jeden Fitzel der Wohnung, denn wer wusste schon, wie lange man noch hier würde bleiben können. Nach einer Weile, in der klar geworden war, dass die beiden nicht wieder kommen würden, erkundeten die Hausbesetzer die Wohnung. Alle außer dem alten Greis, den man eigentlich schon längst in irgendeinen Graben hätte stürzen sollen, weil er nur Ballast war. Aber man hatte ihn mitgezerrt, weil er ein bisschen was von Medizin und Brüchen wusste. Konnte hilfreich sein, wenn man die Lebensumstände bedachte. Ihn ließ man in dem Wohnzimmer mit den Ledercouchen und dem Kirchholzsekretär zurück. Er kauerte auf dem breiten Drehstuhl und starrte vor sich hin. Aber nach einer Weile wurde er auf das Blinken neben sich aufmerksam. Er war in seiner Jugend bei der Armee gewesen. Ein Kindsoldat wie so viele. Aber er hatte dabei ein bisschen Schreiben und Lesen gelernt und da er Glück gehabt hatte und eine zähe Natur, hatte er es soweit gebracht, zu überleben. Vorsichtig öffnete er den Laptop, der noch nicht ganz in den Schlafmodus gefahren war. Natürlich wusste er, was er da vor sich hatte. Er lebte schließlich im 21. Jahrhundert und er wusste auch, wie man das Ding benutzte. Oder zumindest glaubte er das, weil er es bei den Kids gesehen hatte, die auf den Labtops, die man nicht verkaufen, auseinandernehmen oder sonst wie gebrauchen konnte, PC Games gespielt hatten. Er fuhr mit seinen von der Gicht geplagten Fingern über den Touchscreen und hinterte so den Laptop daran, aus zu gehen. Grünes Licht ergoss sich über ihn, als sich der Desktop zeigte, denn auch er saß in völliger Dunkelheit. Als hätte hier irgendjemand Strom..Unten, in der Taskleiste erkannte er ein makiertes Symbol und wohl aus Neugier oder weil Menschen immer darauf aus sind, leuchtende Dinge zu erforschen, klickte er darauf. Ein Schreibprogramm öffnete sich. Er scrollte über die vielen Seiten hoch bis zur ersten und wollte schon aufgeben, als er eine fremde Schrift vor sich sah. Aber dann geschah etwas seltsames. In einem Moment sah er eine sicherlich westliche Schrift vor sich und dann plötzlich, veränderte sie sich. Er erkannte arabische Buchstaben und Ziffern und weil er als kleiner Junge anstatt Soldat zu werden doch lieber Lehrer geworden wäre, hatte er nie aufgegeben lesen zu wollen. Er hatte alles gelesen, was er finden konnte. Auf Gewehren geprägte Nummern und Bezeichnungen, Dosenaufkleber, Zeitungsschnipsel, die als Wärmeschutz dienten. Einfach alles. Und aus genau diesem Grund las er auch jenen Text, der sich ihm dort präsentierte.
 

Das Experiment ist gescheitert. Genisis ist gescheitert.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Futuhiro
2012-12-25T17:52:27+00:00 25.12.2012 18:52
Uaaaaouw. Genialer Prolog. Warum hat der Text noch keine Kommentare?
Ich find ihn super. Geht es irgendwann weiter? (ist ja nicht mehr der neueste)

Die zwei mit den Pistolen haben es mir angetan. Wenn sie Flügel haben, geh ich mal davon aus, daß sie Engel oder Dämonen sind. Über die wüsste ich gern mehr. Und darüber, was sie da nun in den Laptop geschrieben hat.

Ich mag den Schreibstil dieses Kapitels, der ist echt gut!


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