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Private Practice

First Encounter
von

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Tag 0

Ohne dass sie es weiß, dieses Kapitel widme ich -Zero-chan-.
 

Musik: L'eprica - Missa (Album)
 

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Er öffnete die Zimmertür und betrat leise das Wohnzimmer. Es war dunkel, das Licht bereits ausgeschaltet. Der Andere schlief wohl schon…

Auf leisen Sohlen durchquerte er das Wohnzimmer um in die Küche zu gelangen. Er war hungrig und wollte sich etwas zu essen holen. Mitten im Raum jedoch, bevor er die Küche erreichte, durchfuhr ihn ein Schmerz in seiner Brust. Mit einem Mal musste er wieder daran denken… Unbewusst blieb er kurz im Dunkeln stehen und verzog schmerzlich das Gesicht. Seine Hand hob sich an seinen Mund, denn er wusste, gleich würde ihm ein gequälter Laut über die Lippen kommen, aber er wollte doch nicht, dass man ihn hörte! Er wollte nicht, dass der Andere hörte, dass er litt. Dass er immer noch litt und sein Herz weiterhin schmerzte. Fest biss er sich auf die Unterlippe und spürte, wie die ersten Tränen in seine Augen traten.

Das passierte ihm so immer wieder. Alles war normal. Mit irgendwas war er beschäftigt. Und plötzlich, aus heiterem Himmel, schmerzte es heftiger. Auf einmal war ihm wieder nach Heulen zumute, ganz einfach so war es. Woran es lag, er wusste es nicht. Aber er hasste diese Momente. Denn zuvor hatte er immer geglaubt, nun mit der Situation klar zu kommen. Doch eigentlich tat er das nicht, und dieser Moment gerade, wo sein Herz sich wieder in Kummer und Einsamkeit zusammen zog, zeigte ihm das deutlich. Er war noch lange nicht drüber hinweg.

Plötzlich hörte er irgendwo hinter sich die Badezimmertür, weswegen er hoch schreckte. Der Andere schlief also noch gar nicht! Er versuchte, sich zusammen zu nehmen und trottete noch immer mit Tränen in den Augen in die Küche. Rasch wischte er sich mit den Fingern über die Wangen und über die Haut unter den feuchten Augen, um die Tränenspuren zu vernichten. Ihm war klar, dass der Andere ihn gesehen hatte und zu ihm kam, um Gute Nacht zu sagen.

Er schluckte und stand unschlüssig vor dem Regal mit den Getränken, während der Andere ihn erreichte und ihn im Halbdunkeln ansah. Das Licht aus dem Badezimmer erhellte den Weg etwas. „Hey, warum machst du dir hier denn kein Licht an? Du siehst doch gar nichts.“

„Ich wollte mir nur was zu trinken holen…“

„Hm…“ Der Andere drehte sich wieder um und ging in Richtung seines Zimmers. „Gute Nacht, Karyu.“

„Schlaf gut, Tsukasa…“, murmelte er und wandte sich von den Getränken ab, während sich unvermittelt das Licht in der Küche anschaltete. Der Andere hatte wohl auf den Schalter im Wohnzimmer gedrückt…

Seufzend öffnete Karyu die untere Schublade eines der Küchenschränke und fand sogleich die Tüte kleiner, süßer Baby-Croissants, wie er sie nannte. Nun, wo wieder alles still war und er sicher sein konnte, dass Tsukasa sein Zimmer nicht noch mal verließ, stiegen ihm wieder unkontrolliert die Tränen in die Augen. Er ignorierte das, spürte aber den ziehenden, wehmütigen Schmerz in seinem Herzen, während er sich eines der kleinen Croissants aus der Tüte nahm und es sich in den Mund stopfte. Und als er die Tüte wieder weglegte und die Schublade schloss, entkam ihm doch plötzlich ein leiser Schluchzer. Verlegen hielt er inne und schloss die feuchten Augen, dann biss er von dem Croissant ab und nahm es in die Hand, bevor er die Küche verließ, das Licht löschte und in sein eigenes Zimmer zurück kehrte. Lustlos ließ er sich auf das Bett fallen und sah in Richtung seines Laptops. Er brauchte Ablenkung, irgendeine. Es gab ein paar sehr wenige Menschen, die ihn verstanden. Aber es war alles nicht so einfach…sie waren räumlich recht weit voneinander getrennt.

Nach einem weiteren Happen der Süßigkeit stand er auf und ging kauend zu seinem Schreibtisch, ließ sich davor nieder und rief sein vertrautes Chatprogramm auf. Vielleicht war ja einer von ihnen da… Er brauchte doch nur ein paar verständnisvolle Worte…

Stumm bahnten sich die Tränen ihren Weg über sein Gesicht und er musste aufpassen, dass seine Tastatur nicht nass wurde. Er brauchte eine Brille, das wusste er. Wenn man sich so nah an den Bildschirm beugte, dann konnte was nicht stimmen…aber dazu hatte er momentan keinen Elan. Den hatte er schon seit zwei Monaten nicht mehr.

Und heute hatte er Glück. Jemand war für ihn da.

‚Ich versteh dich da vollkommen. Solche Tage hab ich auch immer noch…Man muss da irgendwie durch. Noch hab ich die Hoffnung, dass es bald besser wird. Oder zumindest irgendwann. So kann es doch mit uns nicht weiter gehen… Man muss doch darüber hinweg kommen können.’

„Ja, aber wie? Zeit heilt alle Wunden, sagt man…aber stimmt das wirklich? Ich will das alles nicht mehr…ich mag nicht mehr leiden. Es ist doch eh vergebens. Wir tun uns doch nur selbst weh, wenn wir weiter so..trauern.“

Es dauerte eine Weile, bis Karyu eine Antwort erhielt.

‚Weißt du…heute, da hab ich ihn wiedergesehen. Es ist schwer, ihm aus dem Weg zu gehen, wenn man im gleichen Gebäude arbeitet. Und es wühlt alles auf. Ich muss ständig daran denken, wie er aussah, als er herein kam, mit seinem Kaffeebecher in der Hand…’

Leicht legte er seine Stirn in Falten. Oh je…

„Das ist mir letztens auch passiert, so ähnlich…damit kann sich nicht wirklich was verbessern, oder…?“

Wieder dauerte es länger, bis eine Antwort kam.

‚Denkst du…dass wir komplett vergessen sollten…?’

Karyu hielt inne und seufzte. „Nein…wir können nicht vergessen. Und wir sollten auch nicht. Schließlich gab es durchaus gute Momente. Bei mir haben sie überwogen…warum sollte ich all das Gute vergessen?“

‚…mh, du hast wohl Recht.

...ach, ich weiß ja, dass es besser so ist, wie es jetzt ist, aber dennoch…immer hab ich diese Frage im Kopf: was wäre, wenn…’

Was wäre, wenn…? Ja, das hatte Karyu auch schon oft überlegt. Was, wenn es nicht zur Trennung gekommen wäre? Aber sie war nun mal nicht glücklich gewesen… Es war besser so gewesen…

„Geht mir genau so…“, erwiderte er nur auf die Worte des Anderen und lehnte sich zurück. Und so…

‚Und so wird es immer weitergehen, die ganzen nächsten Wochen, vielleicht auch Monate’, meldete sich sein Chatpartner nach einer Weile wieder zu Wort. ‚Wir werden uns weiterquälen, obwohl es alles nichts mehr bringt. Das ist doch so sinnlos…’

Betroffen starrte Karyu auf den Bildschirm. Er fühlte genauso. Wieder kamen Tränen hoch. Verdammt…er konnte das nicht zurück halten.

„Ich seh das auch so… Aber wie soll ich sagen…? Ich bin immerhin etwas erleichtert, dass ich nicht alleine bin mit meinen Gedanken und meinen Schmerzen. Manchmal komm ich mir total blöd vor und denke, ich übertreibe und rede mir ein, dass ich ein Weichei sei…aber dann bist du da und sagst, dass du mich verstehen kannst und dass es dir genauso geht… Das ist gut zu wissen…“

'Ja…du bist nicht alleine. Du hast mich. Und ich habe dich. Immerhin verstehen wir einander, wenn es schon kein Anderer will…'

Ein bitteres und trauriges Lächeln legte sich auf Karyus Lippen. Langsam ließ er seine Hände wieder zur Tastatur wandern.

„Aber weißt du…wenn ich den Laptop ausschalte, dann…fühl ich mich wieder allein. In dem Moment, in dem wir miteinander schreiben und ich dein Verständnis spüre, hilft es. Aber bald wieder…steh ich alleine da und weiß nicht, wo ich mich ausheulen soll. Ich trau mich das ja eigentlich fast schon sowieso nicht mehr… Fast ist es so, um ehrlich zu sein, als bräuchte ich jeden Tag die Bestätigung aufs Neue, dass es dir auch immer noch so geht…“, gab er verlegen zu.

Auf eine Antwort musste er glücklicherweise nicht warten.

'Mach dir nichts daraus. Ist bei mir das Gleiche. Also…wir können uns jeden Tag bekunden, wie schlecht es uns doch immer wieder geht…'

„Ist das eine so gute Idee…? Nicht, dass es uns nur weiter runterzieht…wir sollten weiterhin versuchen, uns etwas aufzumuntern…oder?“, war seine unsichere Antwort.

'Du hast wohl Recht… *knuddel*' Eine kurze Pause entstand. 'Manchmal finde ich es wirklich bescheuert, dass wir so weit voneinander getrennt leben…sonst könnten wir uns auch mal wirklich in den Arm nehmen, wenn es uns schlecht geht…das würde mehr helfen. Und das gute, tröstende Gefühl würde länger andauern…'

Betroffen senkte Karyu den Blick. Ja, da hatte der Andere Recht. „Seh ich auch so. Aber leider ist das nicht so einfach…“

Über 200 Kilometer waren nicht ganz ohne. Er hatte ihn über das Internet kennen gelernt. Ihre Interessen und dann ihre fast gleichzeitig stattgefundenen Trennungen von ihren Beziehungen hatten sie zueinander geführt. Gesehen hatten sie sich noch nie. Und manchmal aber wünschte er sich genau das. In solch trostlosen Momenten wie diesem. Dass er den Anderen einfach besuchen konnte. Ihn einfach sehen konnte. Einfach Wärme spüren. Denn das Verständnis, dass er so dringend brauchte, bekam er immer wieder von dem Anderen. Nur dessen persönliche, richtige Anwesenheit fehlte ihm.

'Du hast doch zur Zeit Urlaub, sagtest du…?'

„Ja richtig. Noch fast 5 Wochen…“

'Magst du dann nicht…zu mir hochfahren? Ich bezahl dir auch ein Teil der Fahrkarte. Muss auch nicht lange sein, nur ein paar Tage. Vielleicht übers Wochenende?

Ich bin so allein…'

Überrascht hielt Karyu inne. Er traute seinen Augen nicht. „Machst du mir dieses Angebot gerade wirklich?!“

'Ich mein das ernst. Wenn du nicht willst oder kannst, sag es gleich.'

Kurz überlegte Karyu, dachte über Vor- und Nachteile nach. Dann haute er in die Tasten. „Ich würde sicherlich gerne wollen! Ich fühl mich auch so oft allein… Wenn du wirklich möchtest, komm ich gern zu dir. Aber musst du nicht arbeiten?“ Er spürte, wie sein Herz zunehmend klopfte. Wenn das klappen würde…! Das wäre wunderbar.

‚Ja, das muss ich leider. Aber nur vormittags, danach hätte ich Zeit für dich. Oder du kommst übers Wochenende, da muss ich nicht arbeiten. Du kannst kommen und gehen wann du willst. Ist für mich alles kein Problem. Mach einfach, wie du kannst. Ich räum vorher dann auf, wenn du mir rechtzeitig einen Zeitpunkt sagst ;)’

Er fühlte sich gerade wie im Traum. Der Andere meinte das ernst!! Und da er selbst Urlaub hatte, konnte er alles machen wie er wollte.

„Okay, ich schau gleich mal nach, wann der nächstbeste Zug fährt und sicher mir ein günstiges Ticket! Ist es in Ordnung, wenn ich noch nicht gleich festmache, wann ich zurück fahre…? Vielleicht kommt dir ja was mit der Arbeit dazwischen…“

‚Mh…ich denke, dass zwar nichts Unvorgesehenes passieren wird, aber ist okay, wenn du das so machen willst. Wie gesagt, ich überlass es dir. Sag mir dann nur rechtzeitig, wann du ankommen wirst, sobald du es weißt. Den Rest kriegen wir schon hin :)'

Ohne es zu merken, begannen Karyus Augen zu strahlen. Auch wenn er nicht allzu viel über den Anderen wusste, das, was er wusste, war genug: sie verstanden sich und litten unter denselben Dingen. Von Angesicht zu Angesicht über die Probleme zu reden, sich dabei in die Augen sehen zu können und sich vielleicht auch mal gegenseitig in den Arm zu nehmen, würde sehr viel helfen. Für ein paar Momente nicht mehr allein sein. Das war doch erstrebenswert!
 

In dieser Nacht blieb Karyu noch lange wach und plante gleich schon drauf los für seine Reise.

Er nahm das Angebot dankend an. Nichts würde ihn davon abhalten, hoch zu fahren, auch kein nörgelnder Tsukasa!

Zero rief, und Karyu würde dem verlockenden Ruf folgen!
 

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tbc~
 

Sollte dies vielleicht im Moment noch etwas verwirrend sein, keine Sorgen, im nächsten Kapitel wird einiges geklärt. Das hier ist nur der Anfang.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  -Zero-chan-
2011-08-18T12:17:21+00:00 18.08.2011 14:17
*voller Spannung den Anfang gelesen hab*
Hmmm~ jetzt bin ich unendlich gespannt, wie es weiter geht.
Schön geschrieben auf jeden Fall ^-^
Aber das FF schreiben hilft wirklich etwas beim Schock verarbeiten muss ich sagen. Bis jetzt geht's bei mir gerade eigentlich.
Wobei, ich hab auch wenig Zeit zum nachdenken, ich schaffe mir derzeit so viel Ablenkung, wie nur möglich.
Von:  ZERITA
2011-08-18T06:25:56+00:00 18.08.2011 08:25
Also .... Ich ....
Ich kann sie verstehen T.T
Schließlich haben wir Manias ja auch gerade erst etwas verloren .
Was mich dann aber verwirrt hat, war der letzte Teil desGespräches. Ich hatte da ein déjà-vu. Oder war das wirklich an unser Gespräch angelegt? ^^ Nur das Zero nicht den Karyu, sondern Kyra die Michie gerufen hat? XD
Ich bin gespannt wie es weitergeht.
*knuddel*
Von:  Tsuka
2011-08-18T06:25:53+00:00 18.08.2011 08:25
Ich muss sagen... ich war am Ende des Kapitels doch irgendwie erleichtert, dass Karyu "nur" eine Trennung hinter sich hat. Der Anfang liest sich nämlich so, als hätte er einen Herzfehler o.ä. x"D
Aber klingt bisher ganz gut, wird sicher noch spannend. Das wird doch bestimmt wieder KaryuxZero, oder? ^^; (warum gibt es so wenig TsuxHizu? QQ)


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