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Wie barfuß über Glas

Mimato
von

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Flut

Endlich geht’s weiter, ich weiß. :)

Derzeit bin ich in Neuseeland und muss mich mit ganz schlimmem Heimweh herumplagen. Irgendwie hab ich auch gedacht, dass ich die Zeit mehr zum Schreiben nutzen kann, allerdings scheint es genauso schlecht voran zu gehen wie Zuhause …
 

*
 

Kapitel 2Flut
 

Von drinnen erklangen leise Klavierklänge. Er war sich bewusst, dass er gleich jemanden ziemlich unsanft bei den Proben stören würde, doch Matt war so gehetzt, dass er ohne einen Gedanken daran zu verschwenden lautstark durch die Flügeltüren stürmte – und im nächsten Augenblick vor Überraschung wie versteinert stehen blieb.
 

*
 

Auf diesen Anblick war Matt nicht vorbereitet gewesen – genauso wenig wie Mimi und Isamu Nagasaki, der definitiv nicht während sie am Klavier spielte, Körper an Körper hinter ihr sitzen und den Kopf auf ihre Schulter legen sollte. Nagasaki reagierte zu langsam, um vom Stuhl aufzuspringen, und Matts das Gefühl zu geben, dass ihm seine Fantasie für ein paar Sekunden lediglich einen bösen Streich gespielt hatte. Nein, dieser Anblick war wirklich real gewesen und hatte einen echten Schock in ihm ausgelöst. Die nicht weniger schockierten Blicke der beiden sprachen ebenfalls für sich. Matt sah in die Gesichter zweier Menschen die definitiv auf frischer Tat dabei ertappt worden waren, wie sie sich näher gewesen sind, als es eigentlich für eine Schüler-Lehrer-Beziehung angebracht wäre.
 

„Was ist hier los?“, fragte er mit angespannter Stimme, während er automatisch Nagasaki wütend fixierte.
 

Für ihn war klar, dass Mimi keine Schuld traf. Sie war hübsch und jung und ja, bei aller Liebe, sie war Mimi. Ein Mädchen mit einem gutmutigen Herzen, das jedoch leicht zu beeindrucken war. Matt war sich sicher, dass, wenn es jemand auf sie abgesehen hatte und es wirklich darauf anlegen würde, sie rumzukriegen, es dieser jemand auch schaffte. Nagasaki hatte die besten Voraussetzungen dafür. Er war einer der jüngsten Lehrer an der Schule und unterrichtete Literatur und Musik. Themen, die Mimi zusagten. Obwohl es die Berufsbezeichnung Lehrer eigentlich voraussetzte, dass man mit Kindern und Jugendlichen umgehen konnte, war es traurigerweise dennoch eine Seltenheit – Nagasaki verstand es jedoch gemocht und respektiert zu werden und Schüler zu motivieren. Ein weiterer Punkt, der für ihn sprach. Oder in diesem Falle gegen ihn.
 

„Matt, bitte, was du gerade gesehen hast, das ist ein großes Missverständnis gewesen. Bitte lass uns darüber in Ruhe reden.“ Nagasaki versuchte Matt mit ruhiger Stimme zu beschwichtigen und ging langsam auf ihn zu. Sein Blick huschte dabei immer wieder nervös von der Tür zu Matt. Wahrscheinlich war seine größte Panik, dass er Hals über Kopf aus dem Musiksaal stürmen würde und ein paar Minuten später die ganze Schule über ihn und Mimi Bescheid wusste.
 

Definitiv eine falsche Vermutung. Wenn Matt diesen Raum verließ, dann garantiert nicht ohne Mimi – und wenn er sie an den Haaren von Nagasaki wegzerren musste.
 

So gut Nagasakis pädagogischen Fähigkeiten jedoch auch waren, erreichte er in diesem Augenblick bei Matt genau das Gegenteil. Diese Bitte um Verständnis in seinem Gesicht und die Tatsache, dass er damit das vertraute Verhältnis zwischen ihnen ausnutzen wollte, das sie eigentlich bis zu diesem Moment miteinander gehabt hatte, ging Matt gewaltig gegen den Strich. Der Anblick seines Lehrers machte ihn wütend auf ihn und sogar sich selbst, weil er diesen Mistkerl bisher auch gemocht hatte. Genau das war sicherlich die Masche, mit der er Mimi rumkriegt hatte.
 

„Ein Missverständnis? Ich denke, dass was ich gesehen habe, war mehr als offensichtlich!“, rief Matt wütend und wurde dabei so laut, dass Nagasaki überrascht zusammen zuckte und stehen blieb. „Wissen Sie eigentlich wie alt sie ist? 17! Und wie alt sind Sie? Haben Sie die 40 bald erreicht?“
 

„Matt!“, ermahnte ihn nun Mimi streng. Sie war vom ihrem Klavier aufgesprungen und ließ sich im Gegensatz zu Nagasaki nicht beirren. Mit vor der Brust verschränkten Armen fixierte sie ihn mit einem harten Blick. „Du weißt, dass du übertreibst!“
 

Ja, Matt wusste, dass er übertrieb. Nagasaki sah noch nicht einmal wie 30 aus, aber ob er nun 30 oder 40 war, spielte im Grunde keine Rolle. Mimi war definitiv zu jung für ihn und seine Schülerin. Das waren die Fakten, der Rest war lediglich Haarspalterei.
 

„Matt bitte-“, versuchte es erneut Nagasaki mit einer Erklärung, doch Matt unterbrach ihn unwirsch. „Komm Sie mir nicht schon wieder mit Missverständnissen! Lügen Sie mich nicht auch noch an! Sie ist im Gegensatz zu Ihnen fast noch ein Kind!“
 

„Ich bin kein Kind mehr!“, rief Mimi empört.
 

„Doch, das bist du!“, schrie Matt nun ihr entgegen. „Im Gegensatz zu ihm bist du ein Kind! Er nutzt dich doch bloß nur aus! Es muss ihm einen richtigen Kick geben, es mit einer Schülerin zu treiben.“
 

Matt hatte damit gerechnet, dass er jeden Moment schallend ihre Hand in seinem Gesicht spüren würde, stattdessen starrte sie ihn jedoch weiterhin unergiebig an. Seine Worte waren dennoch nicht spurlos an ihr vorbeigegangen. In dem Mimi ihre Lippen zu einem dünnen Strich aufeinanderpresste und an ihren wässrigen Augen konnte man deutlich erkennen, dass sie mit den Tränen zu kämpfen begann. „Das ist nicht wahr …“, murmelte sie leise.
 

Bei ihrem Anblick tat Matt seine Härte fast wieder leid. Allerdings nur fast. Was sie hier tat war dumm und je früher sie das begriff, desto besser. Egal mit welchen Mitteln.
 

„Ich nutze Sie nicht aus“, erwiderte nun Nagasaki mit kühler Stimme. „Mimi ist mir wichtig.“
 

„Nein, mir ist Mimi wichtig. Sie wollen nur Ihren Spaß! Wenn sie Ihnen wirklich wichtig wäre, dann würden Sie ihr begreiflich machen, dass das hier nicht gut für sie ist. Eigentlich hätten Sie es erst gar nicht so weit kommen lassen dürfen!“
 

Schnellen Schrittes ging Matt auf das Fensterbrett neben dem Klavier zu und schnappte sich sein Handy, wegen dem er eigentlich gekommen war. Niemals hatte er ahnen können, dass ihm deswegen gleich das Kotzen kommen würde. „Mir reicht’s. Ich hör mir diesen Mist nicht länger an. Mimi, komm bitte mit.“
 

Unsicher tauschte Mimi einen Blick mit Nagasaki, woraufhin dieser nickte. Mitansehen zu müssen, wie sie um sein Einverständnis bat, gab ihm den Rest. Matt musste sich stark zusammenreißen, um seinem Lehrer nicht gleich einen heftigen Kinnhaken zu verpassen. Letztendlich konnte er sich nur davon abhalten, indem er laut fluchend aus dem Musiksaal stürzte, ohne sich noch einmal nach den beiden umzusehen.
 

„Matt!“ Mimi war ihm hinterhergerannt und hatte ihn bereits nach wenigen Metern eingeholt. „Bitte Matt, wirst du es jemandem sagen?“
 

„Ist das deine einzige Sorge? Du kommst mit, weil du Angst hast, ich würde es wie ein Lauffeuer verkünden?“ Dadurch, dass Matt einen guten Kopf größer war als sie, fiel es Mimi schwer mit ihm Schritt zu halten, jedoch dachte Matt nicht daran sich ihrer Geschwindigkeit anzupassen. Gerade konnte er nicht einmal ihren Anblick ertragen.
 

Entschlossen packte Mimi ihn am Handgelenk und zwang Matt nun doch dazu, stehen zu bleiben. „Wirst du es jemandem sagen?“, fragte sie in scharfem Tonfall.
 

„Ich weiß es noch nicht.“ Und es war die volle Wahrheit. Matt arbeitete immer noch daran zu begreifen, was er soeben entdeckt hatte, dass er sich bisher noch keine Gedanken hat darüber machen können, was er nun mit dieser Information anfing. Ganz zu schweigen davon, was er nun machten konnte, dass auch am besten für sie wäre.
 

„Sag es bitte niemandem.“ Mimis trauriger Anblick war nun wirklich zu viel für Matt. Er befreite sich aus ihrem Griff und setzte wieder seinen Weg fort.
 

„Damit das heimlich so weiterläuft?“, fragte er sie aufgebracht.
 

„Nein“, entgegnete Mimi ernst. „Damit Isamu seine Stelle nicht verliert.“
 

Isamu. Wenn er schon hörte wie sie ihn beim Vornamen nannte, drehte es ihm den Magen um. Er ekelte sich immer mehr vor ihrer Anwesenheit. „Was im Grunde genau die richtige Konsequenz wäre“, erwiderte er und versuchte sie loszuwerden, indem er unbeirrt weiterging.
 

„Matt!“, rief sie ihm ein weiteres Mal hinterher und hetzte ihm wieder nach. „Bitte, sag es niemandem!“
 

„Verzieh dich!“, schrie er ihr zu und reichte somit zu seiner Überraschung endlich was er wollte. Sie blieb im Flur zurück und Matt konnte noch spüren, wie sich ihr Blick in seinen Rücken brannte. Normalerweise war sie hartnäckiger, aber er war froh, dass sie endlich einmal einsah, wann es genug war.
 

*
 

Matts Hand tanzte über die Gitarrensaiten. Er hatte seine Augen geschlossen und suchte den fesselnden Funken in der Melodie. Egal was er aber versuchte, weder eine zusätzliche Note, noch eine Oktave höher oder tiefer machten die Melodie interessant. Zu allem Überfluss verspürte er heute Wut auf die Musik. Wut darauf, dass nichts klappte und Wut auf seinen perversen Musiklehrer, der sich an seiner Freundin verging und den er bis jetzt eigentlich als Mentor angesehen hatte. Matt sah wieder vor seinem inneren Auge, wie die beiden heute am Klavier gesessen sind, als er sie erwischt hatte. Mimi spielte ein japanisches Frühlingslied, schien glücklich, beschwingt, ja wirklich verliebt, während er hinter ihr saß und den Kopf auf ihre Schulter gelegt hatte. Was wohl seine Hände in diesem Moment gemacht hatten?
 

Matt erwischte eine falsche Saite, die das Stück noch schräger werden ließ, als der Rest ohnehin schon war. Das war der Punkt, an dem er frustriert aufgab. Er stellte seine Gitarre weg und vergrub genervt den Kopf in den Händen. Irgendwie musste er dieses furchtbare Bild vor Augen loswerden. Es nahm ihm die Musik.
 

„Warum hast du aufgehört?“ Sora blickte von ihren Mathehausaufgaben auf und warf ihm einen langen besorgten Blick zu. Sie lag auf seinem Bett, während sie leicht ihre überkreuzten Füße in der Luft wippte. „Das war schön.“
 

„Es war schlecht“, entgegnete Matt knapp.
 

„Was ist los mit dir?“ Sora sah ihn mit diesem Blick an, der Matt zu verstehen gab, dass sie keine Lüge duldete, weil sie genau wusste, dass etwas im Busch war. Er wiederrum spielte tatsächlich mit dem Gedanken über seine heutige Entdeckung zu reden. Im Grunde hatte er für sich immer noch nicht entschieden, ob er es geheim halten würde oder verriet. Für Matt bestand kein Zweifel, dass Mimi Sora nicht eingeweiht hatte. Sie hätte es genauso wenig gut geheißen wie er. Auch nur ein Mitwisser war eine tickende Zeitbombe für Mimi und somit eine tickende Zeitbombe zu viel.
 

„Ach, ich hab einfach nur schlecht geschlafen.“ Demonstrativ lehnte er sich in seinem Stuhl zurück um ihr zu zeigen wie erledigt er sich fühlte und log damit. Ja, er log tatsächlich. Für Mimi – und diesen perversen Nagasaki. Und das machte ihn wiederum noch wütender. Mit dieser Sache wollte er eigentlich nichts zu tun haben und erst recht nicht Sora dafür belügen müssen. Bevor er aber nicht für sich selbst eine gut durchdachte Entscheidung getroffen hatte, konnte er sie auch nicht unüberlegt einweihen.
 

Matt sah Sora nicht an, ob sie ihm seine Erklärung abnahm oder nicht. Sie musterte ihn mit einem prüfenden Blick, wandte sich jedoch dann wieder stumm ihren Hausaufgaben zu. Wenn sie ihm nicht glaubte, dann schien sie der Meinung zu sein, dass er erst einmal seine Ruhe brauchte. Er war ihr dankbar dafür. Genauso wie er dankbar war, dass Sora immer wusste, wann man ihm seinen Raum lassen oder wann er für sich sein musste. Und wieder konnte Matt nicht fassen, wie sich Mimi nur auf einen Lehrer hatte einlassen können. Glaubte sie etwa wirklich an eine Beziehung? Glaubte sie wirklich daran, dass Nagasaki ihr das geben würde, was er mit Sora hatte? Wenn sie wirklich davon überzeugt war, dann war sie noch naiver, als er sie ohnehin schon eingeschätzt hätte.
 

*
 

Mimi wusste am nächsten Morgen sofort, dass ihr Matts Entscheidung nicht gefallen würde, als er mit grimmigem Blick neben ihr stand, während sie ihren Spint schloss. Nein, eigentlich hatte sie es bereits gewusst, als sie nach seiner Entdeckung die Wut in seinem Gesicht gesehen hatte.
 

Ehe sie den ohnehin aussichtslosen Versuch unternehmen konnte sein Herz doch noch zu erweichen, stelle Matt sie bereits vor vollendete Tatsachen. „Das mit ihm und dir hat ein Ende. Sofort. Du steigst aus seinen Musikstunden aus und triffst ihn nicht mehr, dann werde ich ihn nicht verraten und er kann seinen Job behalten. Solltest du es aber nicht lassen, wird er in hohem Bogen von der Schule fliegen und nie wieder als Lehrer arbeiten können. Es liegt an dir.“
 

*
 

Fortsetzung folgt …



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  UrrSharrador
2012-10-19T22:55:57+00:00 20.10.2012 00:55
Hab ich also richtig vermutet! Naja, war ja nicht so schwer^^
Wieder ein mitreißendes Kapitel, deswegen war ich wohl auch recht schnell damit fertig^^ Die Dialoge waren nachvollziehbar, die Emotionen haben gepasst und waren schön stimmig und Matt hast du da ja wirklich vor eine schwere Entscheidung gestellt. Dass er im Kielwasser dieser Sache noch Sora anlügen muss, ist wirklich schade. Hat das vielleicht für ihn sogar noch ein Nachspiel?
Im Endeffekt ist seine Entscheidung vielleicht nicht das, was die meisten anderen tun würden, zumindest keine strengen Moralapostel, aber ich finde, es ist das beste, was er hätte tun können. Bleibt nur die Frage, wie Mimi darauf reagiert, was sie macht.
Was mich noch interessieren würde, ist der Ursprung der Kapiteltitel^^ Hab bisher noch nicht erkannt, woher die stammen ;)
So, endgültig, mein Bett ruft. Ich werd wohl jetzt am Wochenende nicht zum Lesen kommen, aber ich freu mich schon auf das nächste Kapitel :)
lg
UrrSharrador
Von:  Miimii_hope
2012-03-24T09:29:53+00:00 24.03.2012 10:29
Heyyy :)

Ich kann nur supi Kritik geben. Die FF ist wirklich suuper und ich bin soo gespannt was noch passieren wird...Dein Schreibstil ist angenehm und die Gefühle sind so echt,
Also schreiiiiib weiter büddeeee :)

LG Mimi



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