Zum Inhalt der Seite

Wächter des Lichts

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Licht - Finsternis

Jibril spürte es, die Grenzen waren nicht mehr sicher. Wer sich dorthin verirrte, würde den Tod finden. Doch sie konnte nicht anders, als dorthin. Sie musste wissen was Michael plante, obwohl sie es bereits ahnte. Den Hass den er gegen seinen Bruder hegte, würde er mit einem Mal frei lassen. Er würde vor nichts mehr Halt machen, sondern das gesamte Schlachtfeld in Schutt und Asche legen und alles was sich ihm in den Weg stellte, würde brennen. Jibril war es nicht Geheuer durch die Reihen der Soldaten zu gehen. Sie hatte sich noch nie in der Nähe der Armee wohl gefühlt.
 

Michael brauchte gar nicht erst von der Karte aufsehen um zu wissen, wer vor ihm stand. Er erkannte sie an ihren Schritten. Er sah auf um ihr in die Augen zu schauen.

„Was willst du hier?“, fragte er sie barsch. Jibril ignorierte es.

„Was hast du vor?“, fragte sie ihn stattdessen. Michaels Augen verengten sich. Was dachte sich diese Frau dabei? Wie hatte sie seine Position überhaupt gefunden? Wenn sie allerdings schon hier war, lohnte es sich nicht etwas zu verleugnen, sie würde es mit Sicherheit herausfinden.

„Du selbst sagtest ich sei wie er. Damit hast du vielleicht Recht. Aber ich werde ihn auf diesem Schlachtfeld endlich besiegen. Und niemand wird es verhindern können!“ Jibril erkannte den Wahnsinn in seinen Augen. Jibril atmete einmal tief ein und aus.

„Wieso hast du uns nicht um Hilfe gebeten. Und damit meine ich gar nicht, Jophiel, Chamuel oder Zadkiel. Ich meine Uriel, Raphael und mich! Wir sind Elementarengel und wir müssen zusammenhalten! Selbst wenn es öfters Unstimmigkeiten bei uns gibt, so heißt es nicht, dass wir nicht dem jeweils anderen helfen würden! Und falls du es vergessen hast, werde ich dir gern etwas ins Gedächtnis zurückrufen! Er hat nicht nur dich verraten, er hat auch uns verraten, Michael! Er war auch ein Teil von uns, ihr teilt euch das Element Feuer! Und weißt du wieso? Nicht weil es eine Laune Gottes war, sondern weil das Feuer, genau wie eine Medaille, zwei Seiten besitzt! Einmal nimmt es Leben und zum anderen rettet es Leben! Es ist Gut und Böse! Deswegen seid ihr Brüder! Deswegen seid ihr Zwillinge! Und weißt du warum du in seinem Schatten standest, weil du Angst hattest!“, kritisierte der Wasserengel.

„Halt den Mund!“, schrie ihr Gegenelement sie an. Doch Jibril dachte nicht daran, jetzt aufzuhören. Wo er schon eh wütend war, konnte sie getrost weitermachen. Er würde sie ja doch nicht ernsthaft verletzen.

„Nein! Ich werde jetzt nicht aufhören! Du hattest Angst, da es dir seit Anfang an bewusst war, hab ich Recht?! Es war dir bewusst, dass einer von euch das gute, das heilige Feuer, und einer das böse, das verfluchte Feuer, beherrscht. Du hattest Angst, dass er es sein würde und er dich verlassen müsste! Und das hat er getan! Und genau das macht dich so wütend! Du bist nicht wütend auf ihn! Du bist wütend auf das Schicksal und denjenigen der es bestimmt! Du bist wütend, dass das beschissene Schicksal euch auseinander gebracht hat! Aber Michael, werde endlich erwachsen! Das Leben ist nicht fair und so wie du gerade mit uns spielst, ist auch nicht fair. Er hat nicht nur dich, sondern auch uns verlassen. Und jetzt nimmst du dir einfach das Recht ihn allein herauszufordern! Doch ich sag dir mal was, Herr oberster General! Ich scheiß auf das was du denkst! Es ist nicht deine Aufgabe mit ihm fertigzuwerden. Verdammt, Michael, du bist nicht allein! Du hast Raphael, Uriel und mich! Wir sind eine Einheit und das bedeutet, was auch immer du vorhast, du kannst auf uns zählen!“, beendete sie ihre Ausführung. Ihr war bewusst, dass sie ausfallend geworden war, doch anders hätte es Michael nicht verstanden.

„Raus!“, befahl er. Jibril rührte sich nicht.

„Nein“, war ihre knappe Antwort.

„Raus, hab ich gesagt!“ schrie er sie an. Noch immer rührte sich Jibril nicht. Sie kannte seine Wutanfälle viel zu gut, jetzt durfte sie nicht nachgeben, denn sonst wäre ihre Tirade umsonst gewesen.

„Nein, ich werde hier bleiben.“ Äußerlich schien Michael sich wieder beruhigt zu haben, doch innerlich tobte ein Feuerinferno in ihm. Er hasste Jibrils besserwisserische Art, doch hier hatte sie seinen wunden Punkt getroffen. Und sie war die erste, die sein wahres Problem erkannte. Er hasste seinen Bruder nicht, weil er den Himmel verraten hat, weil er ihn damals gewinnen ließ. Er hasste das grausame Schicksal, welches ihnen auferlegt worden war. Er hatte versucht seine Wut gegen seinen Bruder zu richten, damit es ihm leichter fiel, ihn loszulassen. Doch er hatte es all die Jahrhunderte nicht geschafft.

Jibril trat näher an Michael ran und legte ihm eine Hand auf die Schulter.

„Wir können es nicht mehr rückgängig machen. Aber wir können diesen Kampf zusammen bestreiten. Das einzige was du tun musst, ist deine Position an Uriel und Raphael zu senden“, versuchte sie ihn zu überzeugen.

„Ich wollte euch nicht hier haben, weil es gefährlich werden kann.“

„Das ist egal. Raphael macht sich Sorgen um dich. Da ist ihm jede Gefahr gleich.“
 

Währenddessen saßen Uriel, Raphael, Jophiel und Chamuel zusammen im Turm. Auf dem Tisch vor ihnen lagen unzählige Blätter verteilt. Sie hatten endlich die Schriften entziffert. Und das was sie verrieten, hörte sich nicht gut an.

„Ich war so dumm“, wiederholte Chamuel immer wieder. Jophiel sah sie besorgt an. Keiner von den am Tisch Sitzenden, hatten mit dem Inhalt gerechnet.

„Chamuel, woher erfuhrst du vom Licht?“, fragte Uriel. Chamuel sah ihn mit verzweifeltem Blick an.

„Ich… Ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Ich schwör’s! Hätte ich das gewusst, hätte ich es unterlassen! Ich hätte niemals alle zusammen geholt. Doch das Misstrauen kam erst mit der Zeit! Und trotzdem wollte ich mir selbst einreden, dass alles Gut ist!“, ihre Stimme klang schon panisch.

Raphael lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er hatte es geahnt, doch würde er dem Mädchen kein schlechtes Gewissen mehr einreden. Sie hatte sich geirrt und Engel waren auch keine perfekten, fehlerlosen Wesen, dass hatten die vergangenen Ereignisse der Geschichte gezeigt.

„Wir werden es Michael, Jibril und Zadkiel mitteilen müssen“, äußerte er stattdessen nur und sah Chamuel an. Sie wusste, dass er nun wissen wollte, wo Michael genau ist. Sie hatte es Jibril erzählt, da diese sie inständig darum bat, mit der Begründung, dass es da etwas gab, was Michael unbedingt wissen musste. Chamuel gab nach und verriet es.

„Er ist in Shehaqim. Genau weiß ich es auch nicht. Aber sobald ihr dort seid, dürftet ihr ihn dank eurer elementaren Verbundenheit ausfindig machen können.“

„Kommst du nicht mit?“ Chamuel schüttelte den Kopf.

„Es ist besser, wenn jemand hier bleiben würde. Wir wissen schließlich nicht, was passieren könnte, sobald wir alle zusammen an einem Ort sind.“

„Ich bleib auch hier“, beschloss Jophiel. Sie wollte Chamuel in ihrem momentanen Zustand nicht allein lassen. Sowohl Uriel als auch Raphael erhoben keinen Einspruch.
 

Am Shuttle, welches Uriel und Raphael nach Shehaqim bringen sollte, übergab Chamuel ihnen sämtliche Akten über das Licht, sowie das Abzeichen.

„Michael sollte sie sich auch nochmal ansehen.“ Raphael nickte zustimmend und begab sich ins Shuttle, ebenso Uriel. Jophiel und Chamuel warteten noch, bis es außer Sichtweite war, dann gingen sie zurück.
 

„Glaubst du es war wirklich richtig, die beiden dort zu lassen?“, äußerte Raphael seine Bedenken. Uriel atmete schwer aus. Er war sich selbst nicht sicher, doch Chamuels Argument war nicht vollkommen falsch. Außerdem hielt er es auch für besser, wer wusste schon wie Michael reagieren würde.

„Zum Teil. Doch angesichts der Situation ist es womöglich tatsächlich das Beste. Wer weiß, wie Michael reagiert. Und das Jibril schon dort ist, heißt dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit schon tobt.“ Er erinnerte sich als Chamuel ihnen noch kleinlaut gestand, dass sie Jibril schon verraten hatte, wo sich Michael aufhielt und wie man ihn fand.

Raphael seufzte, es war keine gute Idee von Chamuel gewesen, Jibril Michaels Aufenthaltsort zu verraten. Die beiden brachten es immer fertig sich gegenseitig zu provozieren. Und so wie er Jibril kannte, würde sie Michael ihre Meinung ohne Umschweife mitteilen. Und das endete meist in einem Wutausbruch des Feuerengels.
 

In Shehaqim teilte Raphael dem Piloten mit, wohin er fliegen sollte. Gelandet wurden sie schon von Jibril und Michael erwartet. Beide waren angespannt, denn ihre Diskussion war noch nicht zu Ende gewesen, als sie die Anwesenheit des Erd- und Luftengels spürten. Zadkiel beobachtete die Situation von weiter weg. Wenn Elemente im Streit waren, sollte man sich nicht ihnen anlegen und er spürte, dass es einige Unstimmigkeiten unter ihnen gab. Er beschloss stattdessen zurück nach Mathey zu gehen. Er hatte ein beklemmendes Gefühl, dass etwas passiert sein musste und dass Chamuel seine Hilfe brauchte.
 

Was Michael gerade erzählt bekam, gefiel ihm überhaupt nicht. Er hatte das Licht Chamuel anvertraut. Wie sich wohl rausstellte ein Fehler. Es war egal, dass sie es nicht wusste, sie hätte weiter nach Schriften und vor allem ihren Quellen suchen sollen. Ändern konnte er es jetzt eh nicht.

„Was hast du jetzt vor?“, fragte Raphael. Michael lehnte sich weiter in seinem Stuhl zurück. Er würde gerne alles in Schutt und Asche legen, doch lernte er mit der Zeit und dies bedeutete, er musste seine Wut zurückschieben um klar zu denken. Er konnte den anderen ansehen, dass sie auf einen Wutausbruch warteten, doch der würde nicht kommen.

Jibril gefiel dieses Verhalten nicht wirklich. Sie kannte es, zugeben würde sie es dennoch nicht, aber es beunruhigte sie. Die Diskussion zwischen Michael und ihr war auch noch nicht zu Ende.

„Ich werde meine Wut an der Dämonenarmee auslassen. Das hab ich vor“, antwortete Michael schlussendlich auf die Frage. Er musste seine angestaute Wut irgendwo auslassen und nichts eignete sich dafür besser als das Schlachtfeld.
 

Chamuel lief unruhig auf und ab. Sie konnte sich weder wirklich beruhigen noch still sitzen. Raphael hatte ihr untersagt in ihrer Verfassung ins Krankenhaus zu gehen. Sie würde nur selbst als Patient enden. Mit jedem Schritt kamen auch neue Fragen auf, auf alle kannte sie keine Antwort.

Jophiel beobachtete Chamuel mit Sorge. Sie realisierte erst jetzt, dass sie abhängig von Chamuel war. Sie kam gut mit den Elementaren aus, auch mit Zadkiel, aber dennoch war es Chamuel, die sie anzog.

Beide fuhren augenblicklich zusammen, als die Tür ruckartig aufgestoßen wurde und Zadkiel reinkam. Ohne Umschweife fragte er nach einer Erklärung. Jophiel setzte schon an, doch wurde sie von Chamuel unterbrochen.

„Es ist nicht das, wofür wir es gehalten haben. Jetzt kann es fatale Folgen für alle haben.“ Zadkiel setzte sich um die Information zu verarbeiten.

„Wie konnten wir uns so irren?“

„Die Frage ist, wie konnten wir so leichtsinnig auf ungeprüfte Quellen vertrauen. Michael wird mir den Kopf abreißen, vermutlich hab ich es auch nicht anders verdient.“ Zadkiel musste trotz der ernsten Umstände schmunzeln.

„Ich glaube kaum dass er dir den Kopf abreißen wird. Er wird dich eher vor Wut in Flammen setzen.“ Diese Aussage brachte selbst Chamuel leicht zum Schmunzeln.

„Und sie es mal so. Wir sind hier. Wir können unseren Fehler versuchen zu berichtigen. Noch ist schließlich nichts verloren. Und wer weiß, vielleicht finden wir eine brillante Lösung.“ Zadkiel verfolgte eine absurde Taktik, dennoch schien sie zu wirken. Chamuels Gemüt schien sich langsam aufzuhellen.

„Na schön. Wir können es versuchen. Vielleicht gibt es eine Lösung.“
 

Während die drei Engel nach einer Lösung des Problems suchten, beaufsichtigte Michael die letzten Vorbereitungen. Die anderen drei Elementare versuchte er so gut es ging zu ignorieren.

Er würde sich von ihnen nicht aufhalten lassen.

„Deine Männer haben nicht wirklich Respekt“, bemerkte Jibril. Sie spielt auf die Tatsache an, dass keiner Anstalten machte sich vor ihnen zu verbeugen oder zu salutieren, so wie es sich gehört hätte, ihrer Meinung nach. Michael sah sie drohend aus den Augenwinkeln an.

„Sie sind beschäftigt falls du es noch nicht bemerkt hast. Vielleicht hast du ja vergessen, wie es so kurz vor einer Schlacht ist“, gab er darauf zurück. Ignorierte weitere Blicke von ihr. Es war ihm auch egal, was sie dachte.

„Ihr solltet euch auf den Weg zurück machen“, fügte er noch hinzu. Sie waren ihm im Weg. Plötzlich hielt Jibril und sog die Luft scharf ein.

„Ich dachte wir waren uns einig. Wir führen uns alle von ihm verraten. Es ist nicht nur deine Angelegenheit. Wo wir schon hier sind, können wir das auch alle zusammen zu Ende bringen.“ Ihr Blick duldete keine Widerrede. Ihr war jedoch bewusst, dass es Michael nicht kümmerte. Er hatte noch nie Angst vor ihr gehabt. Zu ihrem Erstaunen gab es keine lautstarken Proteste.

„Meinetwegen. Wagt es nicht mir im Weg zu stehen.“
 

Die letzten Vorbereitungen waren abgeschlossen, alle Schlachtschiffe starteten.

Auf Michaels Gesicht war ein finsteres Lächeln erkennbar, er hatte jetzt schon Spaß. Jibril beobachtete es in Sorge, jedoch sagte sie nichts.
 

Chamuel blickte sich um. Hier war nicht mehr viel zu retten. Sie konnte sich nur an eine Explosion erinnern, das Licht war der Auslöser. Dann blickte sie ihre Gegenüber an. Die Frau ihr entgegenstehend war also das Übel, das Böse welches es in Schach zu halten galt, das Licht die Versiegelung. Sie verengte ihre Augen. Die Frau Chamuel gegenüber lächelte daraufhin aber nur.

„Chamuel, ich möchte mich bei dir bedanken. Du hast es mir ermöglicht wieder freizukommen. Deswegen werde ich dich auch dafür belohnen.“ Alles was sie sagte, klang falsch in Chamuels Ohren.

„Ich will deine Belohnung nicht. Du sollst einfach nur verschwinden! Du bist doch auch nicht besser als Sevotharte! Vielleicht sogar schlimmer!“, schrie sie. Die Frau wurde wütend und richtete ihre Hand auf Chamuel, welche zurückgeschleudert wurde. Grinsend richtete sich das Mädchen wieder auf.

„Ich lasse euch nicht sterben. Ich werde das Miststück mit ins Grab nehmen“, murmelte Chamuel. Ein Versprechen an ihre Freunde.
 

Auf dem Schlachtfeld traf Michael endlich auf Luzifer. Er funkelte ihn finster an. Doch etwas störte ihn. Luzifer wirkte auf ihn gar nicht, als ob er kämpfen wollte.

„Ich schlage vor den Kampf zu verschieben“, begann Luzifer. Diese Aussage allein machte Michael schon rasend, weswegen er sofort angriff. Luzifer parierte den Schlag.

„Es geht hier nicht nur ums uns. Die Kleine ist momentan in großen Schwierigkeiten, du solltest dich lieber mehr darauf konzentrieren, was direkt vor deiner Nase ist“, führte Luzifer fort. Bei der Aussage stutzte Michael, doch verstärkte er den Druck auf das Schwert, sodass auch Luzifer den Druck verstärken musste um nicht zurück gedrängt zu werden.

„Was meinst du damit?“, zischte der Feuerengel. Luzifers Worte weckten sein Interesse.

„Das Mädchen. Ich weiß Bescheid. Schuldig und doch unschuldig. Ich glaube kaum, dass dir egal ist, was mit der Kleinen passiert. Nicht nachdem du ihr Geheimnis herausgefunden hast.“ Michael verstand immer noch nicht worauf sein Bruder hinauswollte. Er konnte aus den Augenwinkeln erkennen, wie Jibril, Raphael und Uriel auf sie zukamen.

„Sag endlich deutlich was du willst!“, forderte er. Luzifers Blick wurde ernst.

„Das Böse ist direkt im Himmel. Nicht wir, die Dämonen, sind die wahren Bösen. Der Ursprung allen Bösen liegt im Himmel. Sevotharte. Sandalphon. Nicht zuletzt auch ich. Es hat alles dort angefangen. Und so ist es auch jetzt. Nicht alles was als gut bezeichnet, ist auch gut. Betrachte das alles aus der entgegengesetzten Sicht. Für uns seid ihr Engel die Bösen“, erklärte Luzifer. Und er erzielte den erhofften Effekt. Michael entfernte sich von ihm. Er begriff worauf sein Bruder hinaus wollte, wieso Chamuel irregeleitet wurde, was es mit dem Licht auf sich hatte.

„Wenn du dich jetzt zurückziehst, ziehe ich auch meine Armee zurück.“ Genau diese Worte bekamen auch die anderen Elementare mit. Sie sahen verwirrt zwischen den Zwillingen hin und her. Doch mehr erstaunte es sie, dass Michael auf diese Aussage hin nickte.

„Der Kampf ist noch nicht vorbei“, bestimmte er jedoch und richtete dabei sein Schwert auf Luzifer. Dessen Antwort war ein vielversprechendes Grinsen, er würde sich daran halten.

Michael schritt auf seine Freunde zu.

„Wir gehen zurück“, meinte er zu ihnen. Er ging an ihnen vorbei, Richtung Merkabah. Unterwegs parierte er einige Angriffe von Dämonen und befahl gleichzeitig seiner Armee den Rückzug.
 

Chamuel hustete Blut. Lange würde sie es nicht schaffen. Sie versuchte sich aufzurichten, doch zuckte sie vor Schmerzen zusammen und blieb liegen. Ihre Gegnerin blickte auf sie runter.

„Du hast dich falsch entschieden“, meinte sie nur. Chamuel wissend was jetzt geschehen würde, schloss ihre Augen und entschuldigte sich bei allen noch einmal in Gedanken. Sie hatte versagt, wurde ihr schmerzlich bewusst. Dann spürte sie nur noch einen letzten Schmerz im gesamten Körper und driftete in die Finsternis…
 

Als die vier Elementare in Briah ankamen, lagen die gesamten Gebäude herum um den Turm in Schutt und Asche. Aus der Merkabah heraus erkannten sie wo ursprünglich der Turm gestanden haben müsste. Jibril erkannte Jophiel bewusstlos dort liegen. Ihre blonden Haare waren vollkommen durcheinander.

„Michael wir müssen landen! Dort unten ist Jophiel. Vermutlich auch Chamuel und Zadkiel“, forderte sie. In diesem Moment dachte niemand daran dem Engel des Wassers zu widersprechen. Denn sie hatte Recht. Es war nicht Chamuels Schuld. Sie alle wurden betrogen. Michael ordnete an, an einer geeigneten Stelle zu landen.

Auf halbwegs festen Grund unter dem Boden, suchten sie persönlich in den Trümmern nach Chamuel und Zadkiel. Raphael steuerte geradewegs Jophiel an um nach ihr zu sehen. Er hob sie hoch und brachte sie aus den Trümmern. Er heilte ihre Wunden und nur schwerfällig öffnete sie die Augen.

„Was…? Wo bin ich?“, fragte sie noch leicht benebelt.

„Du bist in Briah. Jophiel, was ist hier passiert?“ Das kleine Mädchen kniff kurz ihre Augen zusammen und richtete sich dann langsam auf. Sie sah sich kurz um, dann fiel ihr wieder alles ein und ihre Augen weiteten sich vor Schreck.

„D-d-das Licht. Es leuchtete und pulsierte… Und dann… Dann gab es eine Explosion!“, erzählte sie unter Schock. Raphael nickte verstehend.
 

Unter einem Fragment des Turms fanden Uriel und Jibril Zadkiel wieder. Seine Verletzungen waren ernst.

„Raphael!“; rief Jibril nach dem Engel der Heilung. Dieser reagierte sofort und lief in ihre Richtung. Jophiel folgte ihm. Als sie Zadkiels Verletzungen sah, keuchte sie erschrocken auf. Raphael machte sich sofort an die Arbeit ihn zu heilen.
 

In der Zwischenzeit hatte Michael Chamuel gefunden. Sie lag blutüberströmt auf dem Hof. Michael fragte sich, wieso ausgerechnet hier keine Trümmer lagen, der Platz war wie leer gefegt. Er hockte sich zu ihr runter rund prüfte ihren Puls. Nichts. Kurz senkte er seinen Kopf. Er hatte diese Frau nicht wirklich Leiden können, aber den Tod hatte sie auch nicht verdient. Er hob sie hoch und trug sie in Richtung der Anderen.

Als Jophiel ihn erblickte, sammelten sich in ihren Augen Tränen, ihre Sicht verschwamm. Auch Jibril sah Michael geschockt an. Uriel erging es nicht anders.

Raphael heilte Zadkiels Wunden weiterhin, doch auch er erhaschte Chamuels toten Körper in Michael Armen.

„Ist sie...?“, fragte Uriel mit brüchiger Stimme. Michael nickte und legte ihren Körper auf den Boden nieder. Jophiel kam sofort zu ihr und ließ sich neben ihr fallen. Ein herzzerreißender Schrei kam aus ihrer Kehle, darauf folgte ein lautes Schluchzen. Jophiel war psychisch am Ende.

Auch Jibril erging es nicht besser, Jophiel hatte ihr einmal erzählt, was Chamuel uns sie verband und es brach dem Wasserengel das Herz, das Mädchen jetzt so zu sehen.

Auf Chamuels Gesicht erkannte man, dass sie noch vor ihrem Tod geweint hatte. Tränenspuren waren trotz des Blutes auf ihrem Gesicht zu erkennen.

Als Raphael fertig mit Zadkiel war, schaute er erstmals auf Chamuels Körper. Ihre Verletzungen waren tödlich, sie hatte Unmengen Blut verloren. Das Rot wirkte auf ihrer nun blassen Haut deplatziert. Selbst wenn er sie noch lebend aufgefunden hätte, war er sich nicht sicher, ob er sie hätte retten könne. Zadkiel war noch immer bewusstlos, aber er war außer Lebensgefahr.
 

Nach und nach kamen Sanitäter und einige von Michaels Männern. Viele Engel hatte es schwer erwischt, doch waren sie nicht in Lebensgefahr. Viele wurden sofort ins Krankenhaus gebracht.

Doch das alles nahm die Gruppe nur am Rande wahr. Die Zeit schien still zu stehen, doch um sie herum bewegte sich alles. Der Erste, der sich aus der Starre wieder bewegte war Michael. Er schob Jophiel behutsam beiseite und hob Chamuel wieder an. Jophiel ließ ihn einfach gewähren, sie hatte keine Kraft mehr. Sie folgte ihm nur in einem tranceartigen Zustand zur Merkabah. Uriel hob Zadkiel hoch und die verbleibenden drei Elementare bewegten ebenfalls in Richtung Merkabah.
 

Es fühlte sich absurd an. Völlig falsch Michaels Meinung nach, die Leiche von Chamuel zu tragen. Im Endeffekt hatte sie ihr Leben geopfert um auch sein Leben zu retten und er konnte diese Schuld nicht begleichen. Er legte sie auf eines der Betten auf der Merkabah nieder. Jophiel setzte sich neben das Bett und fing wieder an still zu weinen. Auch Uriel kam mit Zadkiel und legte ihn auf das Bett neben Chamuel. Er hoffte, dass Zadkiel vorerst nicht aufwachen würde und Chamuel so sehen würde. Alle vier Elementare blieben im Raum, auch als die Merkabah startete und sie nach Briah transportierte.
 

Dort angekommen erlaubte Michael nicht, dass jemand Chamuel anfasste. Als einige Staker kamen um ihren Körper fortzubringen, sah er Jophiels verängstigen Blick und beschloss Chamuel selbst zu tragen. Es war zum Teil auch für ihn selbst, so konnte er seinen Dank und Respet zeigen, auch wenn er wusste, dass sie keine Kenntnis mehr von nahm.

Er trug sie geradewegs zum Palast, wo er den Rat mit allem konfrontieren würde.

Zadkiel wurde auf einer Trage hinter ihm her getragen. Neben ihm auf jeweils einer Seite marschierten Jibril und Uriel, den Schluss bildete Raphael mit der bewusstlosen Jophiel auf dem Arm.

Jeder Engel, welcher ihnen entgegenkam, rückte sofort zur Seite und verbeugte sich, wagte es nicht aufzublicken solange sie noch in Sichtweite waren. Die finstere Aura die alle vier umgab war erdrückend.
 

Im selben Moment dachten alle vier dieselben Worte: Der Himmel gehört uns.
 

Einmal etwas ins Rollen gebracht, kann man es nicht mehr anhalten.

Das Rad des Schicksals dreht sich stetig fort.

Und niemand weiß, wohin der Weg einen führt.

Doch eins ist Gewiss: Die Elemente beginnen sich zu bewegen.

Das Wasser stetig still nun reißend wird.

Der Wind stetig gleich nun stürmisch wird.

Die Erde stetig ruhig nun bebend wird.

Das Feuer stetig warm nun zur brennend wird.

Und alle vier zusammen zum Tode werden.
 


 

Das Ende ist endlich fertig. Ganz, ganz am Anfang wollte ich Chamuel nie umbringen, doch letztendlich entschied ich mich dafür. Einfach weil sie so ein Charakter war, der zum Sterben geboren wurde.

Obwohl es mich schon traurig stimmt sie zu töten. Ich hab mit Absicht ihren Kampf weggelassen und zu den anderen die Position gewechselt. Ich konnte es nicht in Worte fassen. Das Bild, die gesamte Szene, es war mir unmöglich es zu beschreiben, dass was in meinem Kopf war.

Auch werden mich manche vielleicht durch Michaels Sinneswandel zum Teufel jagen!

Liebe Leser, ich glaube nicht dass er sich wie ein Kind in solchen Situationen benehmen würde. Ich glaube nicht, dass er Chamuel keinen Tribut zollt nur weil sie eine Frau war!

Also verflucht mich, mir ist es egal… Ich kenne schließlich auch alle Hintergründe der Geschichte.

Ohne Grund ist er ja auch nicht der Führer der himmlischen Heerscharen.

Das Ende lässt mir zwar Freiraum für eine Fortsetzung, aber erwartet lieber keine in nächster Zeit. Dieses Ende hat mir zugesetzt in vielerlei Dingen…



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  mangacrack
2012-10-15T06:47:43+00:00 15.10.2012 08:47
Ich persönlich mag das Ende. Sehr sogar. Allein schon deswegen, weil du nicht davor zurückt geschreckt hast, deine Charaktere auch zu töten. Chamuel’s Ende war angemessen, weil sie nicht mit der Schuld Leben konnte. Schön wäre es gewesen, wenn sie deutlicher reflektiert hätte, warum das Licht so böse war und was es praktisch durch sie verursacht hat. Das hätte ihrem Opfer mehr Wirkung verleiht.
 
Freiraum zur Verbesserung bleibt trotz der Genialität der Geschichte natürlich, so ehrlich will ich sein. Wobei sich meine Kritik eher auf die Gestaltung der Szenen bezieht, als auf die Handlung. Die Handlung ist durchdacht, abgeschlossen und aufgeräumt. Gerade aber im letzten Kapitel hat man gemerkt, dass dir das Schreiben schwer gefallen ist. Es klang ein wenig passiv, zum Bespiel dass sich die Elemente nur am Schlachtfeld treffen, um von Luzifer eine Standpauke zu bekommen. Vielleicht hätte es die Geschichte zu sehr  in die Länge gezogen, aber Michael, Luzifer und ihre Unterhaltung hätten ausgebaut werden können. Auch, weil man von Luzifer wenig persönliches bemerkt hat, denn ihm war eigentlich der Himmel immer egal und große Loyalität zu seinen Untertanen empfindet er eigentlich auch nicht. Vielleicht hätte man ihn durch einen Satan ersetzen sollen, die nehmen den Kampf gegen den Himmel persönlicher.
 
Der konkrete Ende ... nun, ich bin ein Fan von Rebellion, aber es fehlt dem Grund an Substanz. Den Himmel mit Gewalt zu ändern, ich frage mich ob das was bringt. Gerade weil der Himmel auch unschuldigen Zivilisten durchsiebt ist. Oder ‚das Böse’ immer Engel waren, gleich ob im Himmel oder in der Hölle. Falls du eine Fortsetzung schreibst (*heimlich Autoren Abo setzt*) solltest du dich damit auseinandersetzten, was die Zukunft für die Engelrasse bringen soll, wenn die Elementare der Meinung sind, dass der derzeitige Zustand unerträglich ist. (Folgefrage wäre: Warum sind ausgerechnet sie anders?)
 
Alles im Allem ist „Wächter des Lichts“ eine wunderbare Geschichte. Verzeih mir meine lange Liste an möglichen Verbesserungen, aber dein Schreibstil ist es wert.
 
mangacrack
 
Ps. Vermeide es Sätze mit „Und...“ zu beginnen J


Zurück