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Schmetterlinge im Bauch

von

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Prolog

Kapitel 1 - Prolog
 

„Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil: Der Angeklagte Yuta Koyama wird freigesprochen, die Kosten des Verfahrens so wie seine notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. Für heute ist die Sitzung geschlossen.“

Zufrieden klopfte Temari ihrem Mandanten auf die Schulter. „Sehen Sie, hat doch alles geklappt!“ sagte sie zu dem 40jährigen Familienvater.

„Ja, vielen Dank, Sabakuno-san. Sie haben mich und meine Familie gerettet.“ murmelte der Mann dankbar.

Temari war sowas gewöhnt. Ihr Job als Verteidigerin lief reibungslos; bei ihr wurde noch nie eine unschuldige Person ins Gefängnis befördert. Die Sabakuno machte ihrem Ruf alle Ehre.

„Jetzt übertreiben Sie mal nicht!“ grinste Temari ihren Mandanten an. „Ich hab Sie lediglich vor einem unangenehmen Aufenthalt im Gefängnis bewahrt. Ist ja auch mein Job.“ Die Blonde lächelte.

„Wenn einer meiner Verwandten in Schwierigkeiten kommt, empfehle ich Sie als Verteidigerin!“ versprach der Mann, bevor er mit seiner Familie den Gerichtssaal verließ.

„Da hast du mal wieder ganze Arbeit geleistet, Temari!“ schmunzelte eine Männerstimme hinter Temari. Die Blonde drehte sich um und schaute in das grinsende Gesicht ihres Bruders Kankuro.

„Tja, kannst du mal sehen, Herr ‚Staatsanwalt‘!“ grinste die junge Frau. „Meine Mandanten kriegst du nicht ins Gefängnis!“

„Warts ab!“ erwiderte Kankuro und hatte ebenfalls ein Grinsen im Gesicht. „Naja, kommst du mit raus, oder bleibst du noch hier?“

„Ich komm mit raus.“

Zusammen gingen die Geschwister zum Autoparkplatz.

„Bye, Temari!“ Kankuro setzte sich in seinen metallic-grünen Citroën und brauste davon. Temari stieg ebenfalls in ihren silbernen Toyota und machte sich auf den Weg nach Hause.
 

Zu Hause angekommen, beförderte Temari ihre Tasche in eine Ecke, gefolgt von ihren Schuhen. Ihre Jacke warf sie achtlos auf die Kommode.

Die Sabakuno hatte noch nie etwas für Ordnung übrig gehabt. In ihrer Wohnung herrschte Tag für Tag blankes Chaos, was die Blondine aber nicht sonderlich störte. Sie räumte nur auf, wenn Besuch anstand.

Temari warf einen Blick auf ihr Telefon. Ein rotes Licht blinkte. „Ich hab wohl eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter.“ bemerkte sie, während sie den rot blinkenden Knopf drückte.

Hey Temari, ich bin´s, Gaara.

Ich wollte dir nur sagen, dass du mich in den nächsten Tagen nicht mehr bei mir zu Hause antreffen wirst, weil ich nach Tokio zu Matsuri fahren werde und ihr ein wenig bei ihrer Ausbildung als Lehrerin helfen werde. In einer Woche werde ich wieder da sein.

Bis bald.

Auf Temaris Gesicht hatte sich ein breites Grinsen gebildet. >Jaja, Gaara. Du hilfst ihr nur bei der Ausbildung, sonst ist da gar nichts…< schmunzelte die Blonde.

Gaara, Temaris zweiter Bruder, war Lehrer an der Universität in Suna-Gakure, ihrem Heimatdorf. Matsuri war Gaaras Bekannte aus Schultagen. Die beiden hatten sich in der Schulzeit gut verstanden und waren gute Freunde geworden, was sie auch heute noch waren.

Matsuri hatte ebenfalls die Karriere der Lehrkraft eingeschlagen. Bis jetzt war sie noch in der Ausbildung und war deshalb nach Tokio gezogen, um dort ihre Ausbildung zu machen.

Gaara wollte für eine Woche zu ihr kommen und ihr ein wenig helfen.

Temari war der Ansicht, dass ihr Bruder mehr als nur Freundschaft für die braunhaarige junge Frau empfand und das es andersherum auch der Fall war. Bei diesen Gedanken stahl sich ein Schmunzeln auf das Gesicht der Blondine.

>Die beiden sind ineinander verschossen, wollen es dem anderen aber nicht sagen. Wie in einem Liebesfilm!< grinste die Sabakuno.

Temari selbst war nicht vergeben oder verliebt. Seit ihrem letzten Freund genoss sie ihre Freiheit in vollen Zügen und dachte auch nicht mehr so schnell wieder an eine neue Beziehung. Davon hatte sie erstmals genug. Sie wollte sich erst Mal mehr auf ihre Karriere konzentrieren. Und dort, wo sie arbeitete, würde es niemanden geben, in den sie sich verlieben konnte. Davon war sie überzeugt, denn sie wusste noch nicht, was sie in den nächsten Wochen erwarten würde.

Der neue Staatsanwalt

Kapitel 2 - Der neue Staatsanwalt
 

Sie wollte sich erst Mal mehr auf ihre Karriere konzentrieren. Und dort, wo sie arbeitete, würde es niemanden geben, in den sie sich verlieben konnte. Davon war sie überzeugt, denn sie wusste noch nicht, was sie in den nächsten Wochen erwarten würde.
 

Am nächsten Morgen piepte Temaris Wecker pünktlich um 6:30. Die Blondine war noch ziemlich müde und ignorierte das Weckgerät, welches aber unaufhörlich weiterpiepte.

„Ach halt doch einfach die Klappe, verdammtes Ding!“ fluchte Temari genervt und brachte das Objekt des Lärms zum Schweigen. „Bin ich noch müde…“ murmelte sie schlaftrunken. Trotz ihrer Müdigkeit verließ sie ihr Bett und schlurfte ins Badezimmer, wo sie eine kalte Dusche zum wach werden nahm.

Nach der Dusche frühstückte sie kurz in der Küche.

„Hm… Vielleicht sollte ich mal wieder das Geschirr waschen…“ überlegte Temari bei einem Blick auf ihre Spüle. „Angebracht wär´s schon…“

Nach dem Frühstück suchte die Blondine ihre Schuhe, die sie am Vorabend irgendwo dem Chaos des Flures beigefügt hatte. „Wo stecken die denn jetzt?!“ grummelte die junge Frau genervt. Einige Minuten später entdeckte sie ihre Schuhe unter einem Berg von Jacken. Schnell fischte sie die Schuhe heraus und streifte sie sich über. Dann suchte sie ihre Tasche, die sie in einer Ecke liegend fand. „Was macht die denn hier? Naja auch egal.“

Nach ihrem Chaos-Problem konnte sich die Blonde nun endlich auf den Weg zur Arbeit machen. Heute stand die erste Verhandlung um 8:00 an.

„Kankuro kann sich auf eine weitere Pleite gefasst machen!“ grinste Temari während der Autofahrt. Sie und Kankuro arbeiteten schon seit 5 Jahren im selben Quartal und übten seit dem einen kleinen Machtkampf darüber, wer seine Arbeit besser machte, aus. Temari hatte meist gewonnen, da sie die Unschuld ihrer Mandanten immer anschaulich beweisen konnte. Doch Kankuro hatte auch schon so manche Verbrecher hinter schwedische Gardinen befördert.

„Mein Mandant ist auf jeden Fall unschuldig, das habe ich bei unserem Treffen vor einer Woche an seinem verzweifelten Gesichtsausdruck gemerkt. Bei Typen wie der es ist kann man ihre Unschuld am besten beweisen.“ überlegte die Blondine. Sie parkte ihren Wagen in einer Parklücke, in der Nähe des Gerichtshaueses. „Na dann, auf in die Schlacht!“ murmelte die Sabakuno und stieg aus dem Auto.

In dem großen Gerichtsgebäude gab es verschiedene Räume. Außer dem Gerichtssaal und der Eingangshalle standen dem Personal noch andere Räume zur Verfügung: Ein Versammlungsraum, ein Arbeitsraum für den Staatsanwalt, ein Arbeitsraum für die Verteidigerin, also Temari, und ein Arbeitsraum für den Richter. „Stille Örtchen“ waren auch genug vorhanden.

Temari und die anderen Vertreter im Gericht trafen sich vor den Verhandlungen immer im Versammlungsraum, in den der Richter eine kurze Rede hielt und einige Sachen erklärte, falls es etwas zu erklären gab.

Temari war gerade vor dem Versammlungsraum angekommen. >Komisch, eigentlich wartet Kankuro immer am Haupteingang auf mich< dachte sie sich etwas verwirrt. >Ob irgendwas passiert ist? Vielleicht ist er ja krank. Er hätte mir aber Bescheid gesagt< Temari runzelte die Stirn. >Ach, der ist entweder schon ohne mich rein gegangen, oder er ist einfach zu spät< Damit war die Sache für Temari abgehakt. Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden, riss sie die Tür zum Versammlungsraum auf und spähte in den Raum. Keine Spur von Kankuro. >Er steht dann wohl doch im Stau<

Temari setzte sich an ihren Platz und holte ihre Akten raus, während sie den Kollegen als Begrüßung zunickte. Alle waren schon da, bis auf Kankuro.

>Irgendwas stimmt hier nicht, das merke ich<

Der Richter räusperte sich kurz und erhob sich von seinem Platz. „Guten Morgen. Wie Sie sich sicher schon alle denken können, möchte ich kurz einige Sachen sagen. Zum ersten: Unser Staatsanwalt, Kankuro Sabakuno, ist heute nicht anwesend, wie Sie sicher gemerkt haben. Dies hat auch einen guten Grund: Er nimmt ab heute an einen Austausch mit einem anderen Gericht teil. Und jetzt kommen wir auch schon zur zweiten Sache: Im Gegenzug darf ich Ihnen gleich unseren neuen Staatsanwalt vorstellen.“

Temari starrte den Richter fassungslos an. „Warum weiß ich nichts davon?!“ fragte sie säuerlich.

„Fräulein Sabakuno, ein netterer Ton wäre bei Ihren Fragen sehr angebracht.“ meinte der Richter nur und schaute sie mit einem überlegenen Blick an. Temari verdrehte nur die Augen und stellte dann erneut ihre Frage: „Warum weiß ich nichts davon, Herr Richter?“ fragte sie extra freundlich und lächelte den alten Richter an. >Idiot< dachte sie sich dabei.

„So ist es schon viel besser, Frau Sabakuno. Nun, Sie wissen nichts davon, weil ihr Bruder nicht wollte, dass Sie es früher wissen. So einfach ist das.“

Temari hob skeptisch eine Augenbraue. „Und warum wollte er nicht, dass ich- “

Plötzlich wurde die Tür mit einem Ruck aufgerissen, was Temari dazu veranlasste, mitten im Satz zu stocken. Alle Blicke wandten sich an den jungen Mann, der die Tür geöffnet hatte und nun etwas unschlüssig in der Tür stand. „Ähm… Tag, allerseits. Shikamaru Nara, mein Name. Ich bin der ‚Austausch-Staatsanwalt‘.“ Stellte er sich etwas zögerlich vor.

„Ah, guten Tag, Herr Nara. Sie kommen genau richtig.“ meldete sich der Richter zu Wort. „Setzen Sie sich doch auf den freien Platz neben das Fräulein Sabakuno.“

Temari durchbohrte den Richter mit einem bösen Blick. >Was fällt dem ein, mich Fräulein zu nennen<

Shikamaru hatte es sich währenddessen auf dem freien Platz neben der Blonden gemütlich gemacht und holte gerade seelenruhig seine Akten aus der Tasche.

Temari betrachtete den braunhaarigen mit einem skeptischen Blick. >Als ob der Kankuro ersetzen könnte< grummelte sie in Gedanken.

Auch Shikamaru bedachte seine Nachbarin mit einem kurzen Blick. //Ich glaube, die mag mich nicht besonders// viel ihm bei dem kritischen Blick der jungen Frau auf. //Na toll, das wird ja wieder riesig// seufzte er innerlich.

„Nun, es wird Zeit, die Verhandlung zu beginnen. Begeben Sie sich bitte alle in den Gerichtssaal.“ ordnete der Richter an und beendete damit die Besprechung.
 

*
 

„Passen Sie auf, Herr Tsukiyama: Wenn Sie nichts getan haben, dann haben Sie nichts zu befürchten, okay? Ich werde Ihre Unschuld schon beweisen!“

Es waren nur noch einige Minuten bis zur Verhandlung und Temari nutzt den Rest der Zeit, ihrem Mandanten Mut zuzusprechen. Der 50jährige Mann sah ziemlich fertig aus und wirkte relativ schwach.

„Sie müssen einfach nur sagen, was an dem Tag wirklich passiert ist und damit ist Ihre Aufgabe beendet. Ich mache dann den Rest“, redete Temari weiter auf ihren Mandanten ein. Besonders heute wollte sie zeigen, wie gut sie ihren Job beherrschte. Sie warf dem neuen Staatsanwalt einen kurzen, verstohlenen Blick zu. >Der wird diese Verhandlung niemals gewinnen! Er kann Kankuro nicht ersetzen<

Sie wandte ihren Blick von dem braunhaarigen Mann wieder ab und erhob sich von ihrem Platz, da der Richter eingetreten war.

„Setzen Sie sich, bitte.“

Nachdem die Menge wieder Platz genommen hatte, eröffnete der Richter die Verhandlung. „Yuta Tsukiyama, geboren am 21.09.1958 in Tokio, Wohnhaft in Suna-Gakure, bis vor kurzem noch verheiratet, arbeitet als Automechaniker, ist seit dem 28 Oktober 2008 in Untersuchungshaft in Suna-Gakure.“

Mit dem Ende des Satzes erhob sich Shikamaru Nara und setzte zur Anklagesprache an. Er räusperte sich kurz und begann mit dem vorlesen: „Am 27 Oktober 2008 kam es, gegen 16:30 Uhr, in einem Einfamilienhaus, wo der Angeklagte zusammen mit seiner 32jährigen Frau Akane Tsukiyama wohnte, zwischen dieser und dem Angeklagten zu einem heftigen Streit. Der Angeklagte warf seiner Frau vor, ein Verhältnis mit ihrem Chef zu haben, worauf diese ihn mit der Tatsache konfrontierte, dass er nicht mehr „gut genug“ für sie sei. Dies erzürnte den Angeklagten so sehr, dass er aus lauter Wut nach einer Vase griff und diese nach seiner Frau warf. Die Vase traf Frau Tsukiyama am Kopf, was zur Bewusstlosigkeit führte. Der Angeklagte ergriff daraufhin schockiert die Flucht. Seine Frau verblutete Stunden darauf. Der Angeklagte wird somit des Mordes beschuldigt, Strafbar gemäß des §212, Absatz 1, Strafgesetzbuch.“

Temari hatte ihn während der Vorlesung von oben bis unten gemustert. >Der steht ja da rum, als ob er an einer Schlange im Kino anstehen würde! So lässig mit den Händen in den Hosentaschen. Und so was nennt sich Staatsanwalt< kritisierte sie den braunhaarigen. Sie konzentrierte sich darauf, möglichst viele Fehler an ihm zu finden, um seine Unfähigkeit beweisen zu können. >Mal sehen was der noch so als Staatsanwalt auf dem Kasten hat< Damit beendete sie ihre Analyse.

Der Richter hatte inzwischen wieder das Wort an sich genommen. „Sie haben die Anklage gehört, Herr Tsukiyama. Wollen Sie etwas dazu sagen?“

Der Angeklagte warf Temari einen verzweifelten Blick zu.

„Sie schaffen das!“ formte die Blonde mit den Lippen und streckte ihre Daumen hoch. Der 50jährige sah etwas beruhigter aus und begann mit zittriger Stimme zu sprechen. „I-ich habe meine Frau nicht umgebracht… Das war ein Missverständnis!“

Der Richter hob eine Augenbraue. „Was denn für ein Missverständnis?“ hakte er nach.

„Also… e-es gab d-diesen Streit an jenem Tag… Aber i-ich habe nicht mit einer Vase nach ihr geworfen!“ beteuerte Temaris Mandant und schaute den Richter flehend an. „Das müssen Sie mir glauben…“ fügte er flüsternd hinzu.

„Aber ein gutes Motiv haben Sie alle Male!“ wandte Shikamaru ein. „Ich denke nicht, dass es Sie nicht gekratzt hat, dass ihre Frau ein Verhältnis mit ihrem Chef hatte. Außerdem hat sie Ihnen ja auch eine nicht so schöne Sache unterstellt. War bestimmt nicht gerade eine prickelnde Situation für Sie.“

„A-aber ich habe wirklich nichts gemacht, ehrlich!“

„Gut, dann erzählen Sie erst mal was an dem besagten Tag geschehen ist, Herr Tsukiyama.“ Schlug der Richter vor, um in der Verhandlung weiter zu kommen.

„Also… Meine Frau war an dem Tag wie gewöhnlich von der Arbeit wiedergekommen. Naja… ich bin ihr dann im Flur entgegengekommen, um sie zu begrüßen. Ich wollte ihr einen Kuss geben, aber sie ist mir ausgewichen. War ja klar, dass ich verwirrt war, schließlich war sie meine Frau. Naja, ich habe sie dann gefragt, was mit ihr los sei. Sie antwortete nur, dass sie einen anstrengenden Tag hatte und ihre Ruhe brauche. Ich wusste, was wirklich mit „anstrengender Tag“ gemeint war. Und zwar das sie sich wieder mit ihrem Chef begnügt hatte! Das hab ich ihr auch gleich gesagt, worauf sie meinte, dass sie keinen Bock mehr auf mich habe und dass ich nicht „Gut genug“ für sie wäre. Dies hat mich wirklich sehr verletzt, das muss ich zugeben, aber ich habe keine Vase nach ihr geworfen! Als ich das gehört hatte, bin ich so schnell wie möglich aus der Wohnung rausgelaufen, um einen klaren Kopf zu bekommen. Sie hat mir mit den Worten so wehgetan! Ich wusste überhaupt nicht, was ich machen sollte! Naja, und dann habe ich eine Kneipe gefunden, in der ich mir so richtig den Kummer aus der Seele getrunken habe.“ Der Angeklagte atmete tief durch und schaute den Richter unschuldig an.

„Sie haben den Abend also in einer Kneipe verbracht? Wie hieß die Kneipe denn?“ fragte Shikamaru und versuchte so beiläufig zu klingen wie möglich.

„Die Kneipe hieß… Bei Olli. Ja, so hieß sie.“

„Aha. An dieser Stelle würde ich gerne einen Zeugen erwähnen, den ich gefunden habe. Sie heißt Hanna Shigurame und arbeitet in der Kneipe als Barkeeperin.“ Erzählte Shikamaru. „Wenn Sie die Wahrheit sagen, dann wird es ihnen wohl sehr Recht sein, wenn sie aussagt.“

Herr Tsukiyama schluckte. „Ähm… ja, natürlich.“

„Okay, sind Sie mit ihrer Aussage fertig?“ fragte der Richter den Mandanten. Dieser nickte nur und schaute schwach und verschreckt aus.

„Gut, dann nehmen Sie bei der Frau Verteidigerin Platz, wir treten in die Beweisaufnahme ein. Unser erster Zeuge ist die vorhin vom Herrn Staatsanwalt schon einmal erwähnte Hanna Shigurame.“

Nachdem jemand Frau Shigurame hereingebracht hatte und diese sich gesetzt hatte, begann die Beweisaufnahme.

„So, Frau Shigurame, Sie sind am 13.04.1982 in Suna-Gakure geboren und wohnen ebenfalls dort, sind ledig und arbeiten als Barkeeperin in der Kneipe Bei Olli. Ist das so weit richtig?“

„Ja.“ Antwortete Frau Shigurame und nickte noch dazu.

„Gut. Dann erzählen Sie mal bitte, was am 27 Oktober 2008 ab 16:30 in der Kneipe los war.“ bat der Richter.

Hanna nickte eifrig und fing auch sofort mit dem Erzählen an. „Also, um 16:30 war nicht so viel los. Es waren nur ein paar Opas da, die Karten gespielt und Bier getrunken haben. Der da war nicht dabei.“ Sie zeigte auf Temaris Mandanten.

„Okay. Wann ist denn Herr Tsukiyama in der Kneipe aufgetaucht?“ fragte der Richter.

„So gegen 17:30 Uhr. Der Typ war völlig fertig mit den Nerven. Der hat sich so richtig volllaufen lassen und hat die ganze Zeit was von „treulose Schnepfe“ und „unberechenbares Ding“ geschwafelt. Naja und irgendwann ist der dann eingenickt und musste von ein paar Typen nach Hause gebracht werden. Was danach passiert ist, weiß ich nicht.“

„Danke. Noch Fragen?“

„Ja, ich.“ erhob Shikamaru die Stimme. „Frau Shigurame hat erzählt, dass Sie, Herr Tsukiyama, erst um 17:30 in die Kneipe gekommen waren. Was haben Sie in der Zwischenzeit gemacht? Ich denke nicht, dass es eine Stunde gedauert hat, bis Sie in der Kneipe angekommen waren.“

„Ähm… Ich... Ich bin nicht sofort zur Kneipe gegangen. Ich habe noch einen Spaziergang durch den Park gemacht, bevor ich die Kneipe entdeckt habe.“ erzählte Temaris Mandant nervös.

„Ach so, das erklärt dann ja die Sache.“ Shikamaru schien mit der Antwort nicht zufrieden zu sein, hatte aber ein Grinsen im Gesicht.

>Das kann nichts Gutes heißen< überlegte sich Temari skeptisch. >Ich muss den Typen im Auge behalten<

„Gut, Sie bleiben unvereidigt, Frau Shigurame, setzen Sie sich bitte auf eine Bank.“

Hanna tat wie ihr geheißen und setzte sich auf eine der beiden Bänke. Der Richter bat den nächsten Zeugen in den Zeugenstand.

„Kuno Higurashi, Sie sind geboren am 05.08.1948 in Konoha-Gakure, wohnen in Suna-Gakure, sind verheiratet und arbeiten als Bäcker. Sie sind der Nachbar des Angeklagten, richtig?“

„Ja, alles korrekt.“

„Sie wissen ja, was am 27 Oktober 2008 gegen 16:30 vorgefallen ist. Erzählen Sie bitte ihre Version des Nachmittags.“

„Nun, also, das war so: Meine Frau war einkaufen und ich war alleine zu Hause. Ich habe Radio gehört und ein Nickerchen gemacht, als ich den Streit im Nachbarhaus gehört habe. Ich konnte so nicht schlafen und habe mich dann aufgesetzt und gelauscht. Sie wissen ja, wie interessant so was ist. Naja, also habe ich mir das dann angehört. Die haben ziemlich laut rumgeschrien und sich beschimpft. Einige Minuten später war´s dann ruhig, bis ich so ein komisches Geräusch gehört habe. Ich glaube eine Vase war zerbrochen oder so. Ich bin dann sofort zur Tür gegangen und habe in den Flur gespäht. Da hab ich den Herrn Tsukiyama richtig wütend davon stampfen sehen. Als er weg war, habe ich bei denen geklopft, aber niemand hat mir geöffnet. Also bin ich dann einfach wieder in meine Wohnung gegangen und hab weiter meine Radiosendung angehört.“

„Fragen?“ Der Richter schaute erst zu Temari, dann zu Shikamaru. Wieder meldete Shikamaru sich. „Sind Sie sich ganz sicher, dass Herr Tsukiyama nach dem Geräusch die Wohnung verlassen hatte?“ hakte er nach.

„Ja, da bin ich mir ziemlich sicher.“

„Dann liegt es doch wohl auf der Hand, Herr Tsukiyama! Wenn Sie, wie Her Higurashi sagt, erst nach dem die Vase zerbrochen war, die Wohnung verlassen haben, dann müssten Sie derjenige gewesen sein, der die Vase an Frau Tsukiyamas Kopf zerbrochen hat!“ schlussfolgerte der Nara. „Oder haben sie eine andere Erklärung dafür?“

„Ich habe eine Erklärung dafür!“ meldete sich Temari plötzlich zu Wort. „Mein Mandant hat vielleicht eine Vase zerbrochen, aber musste es ausgerechnet die sein, die Frau Tsukiyama traf? Vielleicht hatte er einfach irgendeine Vase zu Boden geschmissen und war dann weggegangen? Vielleicht ist später der wahre Täter aufgetaucht, als Herr Higurashi wieder eingeschlafen war, und hat Frau Tsukiyama bewusstlos geschlagen? Könnte es möglich sein, dass, während Sie schliefen, eine andere Vase hätte zerbrechen können, Herr Higurashi?“ fragte Temari an den Zeugen gewandt.

„Nun ja… möglich könnte es sein. Ich habe nach der Sache Schlaftabletten genommen und ich hab ziemlich tief geschlafen. Hätte sein können, dass da noch was passiert war.“ Stimmte Herr Higurashi zu.

Temari grinste Shikamaru triumphierend an.

„Na gut, das hätte wohl möglicherweise passieren können. Dann wollen wir mal sehen, ob uns Frau Ioyama das bestätigen kann. Sie ist auch eine Nachbarin der Tsukiyamas und die nächste Zeugin, die ich gerne hereinbitten würde.“ Sagte Shikamaru nun und hatte ein Siegesgrinsen im Gesicht.

>Der soll sich nicht zu früh freuen< dachte Temari aufgebracht. >Ich werd´s dem schon zeigen<

„Okay, Sie bleiben unvereidigt, Herr Higurashi, setzen Sie sich bitte auf eine Bank.“ meldete sich der Richter wieder zu Wort. Herr Higurashi setzte sich zu Frau Shigorame.

Nun wurde Frau Ioyama in den Zeugenstand gerufen.

„So, Sie heißen Hotaru Ioyama, sind am 15.01.1972 in Suna-Gakure geboren, wohnen in Suna-Gakure, sind liiert und arbeiten als Lehrerin. Sie sind ebenfalls ein Nachbar der Tsukiyamas, ist das so weit richtig?“

„Ja.“

„Gut, dann bitte ich sie, zu erzählen, was aus Ihrer Sicht am 28 Oktober vorgefallen ist.“

„Nun, ich habe mich an diesem Tag, wie sonst, für die Unterrichtsstunden vorbereitet. Es war eigentlich alles ganz ruhig, bis es plötzlich lauten Krach aus der Wohnung der Tsukiyamas gab. Die beiden haben sich die ganze Zeit gestritten und wollten gar nicht mehr aufhören damit. Es war richtig schrecklich, zumal so was eigentlich noch nie passiert war. Ich dachte eigentlich, die Tsukiyamas wären ganz ruhig und nett, aber dass, was ich gehört habe, was richtig schlimm. Am Ende ist sogar eine Vase zerbrochen. Ich habe mir nicht allzu große Sorgen gemacht, weil ich gedacht hatte, dass die Tsukiyamas friedlich wären und es nichts richtig Ernstes war. Aber als es dann so lange so still war, wurde ich doch neugierig und bin raus auf den Flur. Das war so gegen 17:30. Ich habe bei den Tsukiyamas geklopft, aber es hat mir niemand aufgemacht. Ich habe mir Sorgen um Frau Tsukiyama gemacht, also bin ich runter zum Hausmeister und habe ihn gebeten, mit dem Generalschlüssel die Wohnung zu öffnen. Der Hausmeister war sehr hilfsbereit und hat mir geholfen. Als wir dann in der Wohnung waren, haben wir die arme Frau Tsukiyama tot am Boden liegen sehen. Wir haben sofort die Polizei und einen Krankenwagen gerufen. Und ich bin mir zu 100% sicher, dass Herr Tsukiyama seine Frau mit der Vase umgebracht hat!“ Damit beendete Frau Ioyama ihren Bericht. Sie schaute Temaris Mandanten feindselig an.

„Haben Sie dafür eine Erklärung, Herr Tsukiyama?“ Shikamaru grinste überlegen, was Temari fuchsteufelswild machte. >Dieser Möchtegern-Anwalt<

„I-ich… Es war eine Reflexaktion! Ich hatte mich nicht unter Kontrolle! Es ging alles so schnell und ich wusste nicht, was ich machen sollte… Ich bereue es so sehr…“

Temari starrte ihren Mandanten ungläubig an. >Was sollte das den jetzt?! So ein Idiot<

„War das ein Geständnis?“ hakte der Richter nach, um sicher zu gehen.

„Ja.“ Antwortete Herr Tsukiyama kleinlaut.

„Gut, dann schließe ich die Beweisaufnahme, Herr Staatsanwalt, bitte.“ Sagte der Richter und wandte sich an Shikamaru.

„Hohes Gericht, Frau Verteidigerin“, über Shikamarus Gesicht huschte ein Grinsen. „Ihr Mandant hat die Tat begangen, daran ist nicht zu zweifeln. Nur frage ich mich: War es wirklich nur aus Reflex? Oder war es auch aus Wut und Hass gegenüber seiner untreuen Frau? Für mich ist beides unverzeihlich, auch wenn es nur aus Reflex war. Deshalb beantrage ich Lebenslange Freiheitsstrafe.“

„Danke, Herr Staatsanwalt. Frau Verteidigerin, bitte.“

Temari erhob sich. „Hohes Gericht, Herr Staatsanwalt“, grummelte sie. „Mein Mandant hat zwar die Tat begangen, aber war er dabei wirklich er selbst? Die Wut und der Hass haben ihn zerrissen, es war nicht mehr unzurechnungsfähig. Deshalb beantrage ich eine lebenslange Freiheitsstrafe auf Bewährung, vielen Dank.“ Temari nahm wieder Platz.

„Dankeschön, Frau Verteidigerin.“ Der Richter wandte sich dem Angeklagten zu. Sie können jetzt auch noch was sagen, Sie haben das letzte Wort.“

„I-ich will nur sagen, dass ich es zutiefst bereue…“

„Gut, ich ziehe mich zur Beratung zurück.“ Damit erhob sich der Richter und verschwand mit Shikamaru, Temari und einigen anderen den Saal.
 

„Ich bitte Sie, aufzustehen. Ich verkünde im Namen des Volkes folgendes Urteil: Der Angeklagte Yuta Tsukiyama erhält eine lebenslange Freiheitsstrafe auf Bewährung, die Kosten des Verfahrens so wie seine notwendigen Auslagen fallen dem Angeklagten zur Last. Für heute ist die Verhandlung geschlossen.“ Der Richter erhob sich und beendete damit die Verhandlung.

Wütend stapfte Temari aus dem Gerichtssaal. >Das kann doch wohl nicht wahr sein! Da kommt so ein blöder Möchtegern-Staatsanwalt aus irgendeinem Kaff angewatschelt und schlägt mich in meinem Element! Ich war bis jetzt doch immer erfolgreich gewesen, wieso jetzt bei dem nicht? Ich kapier das nicht<

Die Blondine ging gerade auf den Ausgang zu. >Verflucht sei dieser Shikamaru Nara<

Am Ende des Flures lehnte jemand an der Wand und schien Temari schon zu erwarten. Es war Shikamaru. >Na super, wenn man vom Teufel spricht< murrte sie genervt.

„Hey, die Verhandlung lief doch ganz gut, oder?“ fragte er und grinste.

Temari verzog sauer das Gesicht. Sie war sich nicht sicher, ob er sie ärgern wollte oder einfach nur etwas plaudern wollte. Temari setzte auf ersteres.

„Was willst du? Willst du mich jetzt damit aufziehen, dass ich die Verhandlung verloren habe oder was?“ fragte sie genervt zurück.

„Nein, keineswegs. Ich wollte nur ein wenig mit Ihnen reden, da wir ja wohl für einige Zeit zusammenarbeiten werden.“

„Pf. Mit Ihnen arbeite ich keine Minute mehr!“ fuhr Temari den Nara wütend an und verschwand.

Shikamaru schaute der Blondine verwundert nach. „Also echt. Ich habe der doch gar nichts getan, warum ist die so sauer? Wie nervig…“ Der braunhaarige zuckte mit den Schultern und verließ ebenfalls das Gebäude.

Abgewiesen

Kapitel 3 - Abgewiesen
 

Shikamaru schaute der Blondine verwundert nach. „Also echt. Ich habe der doch gar nichts getan, warum ist die so sauer? Wie nervig…“ Der braunhaarige zuckte mit den Schultern und verließ ebenfalls das Gebäude.
 

Am nächsten Morgen wachte Temari schlechtgelaunt auf. Sie hatte jetzt schon keine Lust auf die heutige Verhandlung, die sie wieder mit dem neuen Staatsanwalt beschreiten musste.

>Was fällt dem Typen eigentlich ein, sich hier einfach in meinem Quartal einzuschleichen und meinen Bruder weg zu kicken? Soll der wieder in sein Kaff zurück gehen und Kankuro wiederholen<

Mürrisch suchte sie sich aus dem Chaos in ihrem Kleiderschrank ein paar Kleidungstücke heraus und schlurfte damit ins Bad.

>Vielleicht sollte ich mich krankmelden, dann muss ich den wenigstens heute nicht sehen< überlegte Temari, ließ den Gedanken aber schnell wieder fallen. >Nein, ich lass mich doch nicht von so einem Typen verscheuchen, so weit kommt‘s noch<

Schnell zog sie sich um und ging dann in die Küche, um kurz zu frühstücken. Ihr Frühstück viel wie immer sehr begrenzt aus, da sich die Blonde einfach nicht dazu entschließen konnte, mal einkaufen zu gehen.

Während sie an ihrem halben Vollkornbrot knabberte, wandte sie sich in Gedanken an ihren Bruder Kankuro. >Warum hat er mir von der Tauschaktion nichts erzählt? Sonst erzählt er mir doch immer alles. Irgendwas wird mir verschwiegen, da bin ich mir sicher<

Temari konnte sich das Verhalten ihres Bruders einfach nicht erklären. Sie hatten normalerweise keine Geheimnisse voreinander und schon gar nicht, wenn es ums Gericht ging. Temari war sich ziemlich sicher, dass irgendetwas passiert war, wovon sie nichts wusste. Und sie war entschlossen, herauszufinden was es war.

Nachdem die Sabakuno ihr halbes Vollkornbrot vertilgt hatte, nahm sie die Akten der heutigen Verhandlung raus und schaute sie sich an.

>Ein 17-jähriger Junge, der einen Tankstellenladen beraubt hat… Ich glaub diese Verhandlung wird schnell vorbei sein. Der Junge ist ganz klar schuldig, das habe ich sofort gesehen, als ich mich letzte Woche mit ihm getroffen habe. Ein typischer Rowdy<

Temari seufzte kurz und klappte ihre Mappe dann wieder zu. >Die armen Eltern< dachte sie und schüttelte den Kopf. Sie hatte in ihrer Karriere schon öfters kriminelle Jugendliche verteidigen müssen. Die Eltern solcher Kinder waren immer total verzweifelt und am Boden zerstört, wenn ihre Kinder ins Jugendgefängnis geschleppt wurden. Temari hatte Mitleid mit diesen Eltern. Sie wollte nie dasselbe Schicksal erleiden wie sie und deshalb setzte sie sich für die Jugendlichen besonders ein, was meist aber trotzdem nicht für den Freispruch reichte. Die Jugendlichen gingen bei ihren Taten so unsauber vor, dass in der Verhandlung schnell kurzer Prozess gemacht wurde. Da konnte Temari noch so gute Kontra-Argumente geben. Nur in wenigen Verhandlungen solcher Art waren die Jugendlichen wirklich undschuldig. Wenn es so war, dann konnte Temari den Jugendlichen problemlos zum Freispruch verhelfen. Zu Temaris Leidwesen gab es nicht viele Verhandlungen, in denen die Jugendlichen auch wirklich unschuldig waren. Die Jugend von heute war, Temaris Meinung nach, viel zu aggressiv und gewalttätig.

>Na toll, jetzt verliere ich ja noch eine Verhandlung gegen diesen blöden Typen< Genervt packte die Blonde die Mappe wieder weg und ließ sich auf ihr Sofa plumpsen. >Ich wette, dass er sich darauf was einbilden wird<

Temari amtete noch einmal tief durch und warf dann einen Blick auf die Uhr. Inzwischen war es schon halb acht. Die Verhandlung begann um acht, also musste Temari langsam los. Lustlos erhob sie sich wieder und schlenderte in den Flur. Es dauert einige Minuten, bis sie ihre Schuhe und ihre Tasche aus dem Chaos retten konnte. Nachdem sie sich ihre Jacke übergezogen hatte, verließ sie schnell ihre Wohnung.

Bei der Fahrt zum Gerichtshaus grummelte die Sabakuno die ganze Zeit vor sich hin, was ihre schlechte Laune nicht gerade verbesserte, sogar eher verschlimmerte. Wäre sie nicht zehn Minuten später im Gerichtshaus angekommen, hätte sie wohl den ganzen Tag damit verbracht, sich über den neuen Staatsanwalt aufzuregen.

Im Versammlungsraum hatten sich bereits alle versammelt. Temari musste sich auf den letzten freien Platz setzen - neben Shikamaru.

Genervt seufzte die Blonde in sich hinein und setzte sich widerstrebend neben den Staatsanwalt.

„Guten Morgen...“ grummelte sie leise in die Runde. Die anderen am Tisch nickten ihr kurz zu. Nun erhob sich der Richter unf räusperte sich kurz. „Gut, da jetzt alle da sind, kann ich mit meiner Rede beginnen. Sie alle wissen, worum es in dieser Verhandlung geht. Ich bin mir zwar über den Verlauf der Verhandlung ziemlich sicher, aber wer weiß, ob unser Fräulein Sabakuno die Verhandlung mit ihrem Talent nicht doch für sich entscheidet. Naja, sonst habe ich nichts zu sagen. Sie alle haben jetzt noch 5 Minuten, um sich auf die Verhandlung vorzubereiten.“

>Natürlich entscheide ich diese verdammte Verhandlung für mich< dachte Temari nur sarkastisch und verdrehte die Augen. Die Blonde warf ihrem Nachbarn einen verstohlenen Blick zu. >Der lacht sich jetzt bestimmt ins Fäustchen<

Temari wandte ihren Blick wieder ab und holte ihre Mappe raus. Sie betrachtete die Notizen, die sie sich zu dem 17jährigen Jungen gemacht hatte.

>Schlägt seine Mitschüler, hat schlechte Noten, treibt sich nachts immer draußen rum, ist Mitglied in einer Clique, die aus lauter Schlägern besteht... Tolle Voraussichten für einen Freispruch< Die Blondine klappte ihre Mappe genervt wieder zu.

„Ähm... Sabakuno-san?“

Temari starrte weiter stur geradeaus, obwohl sie Shikamaru gehört hatte. Shikamaru ließ sich davon nicht stören und redete einfach weiter. „Ich wollte ihnen nur viel Glück für die Verhandlung wünschen.“

Temari wandte sich zu dem braunhaarigen und blickte ihn skeptisch an. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch genau in dem Moment erhob sich Shikamaru und schlenderte aus dem Versammlungsraum.

>Was sollte das denn jetzt? Komischer Typ< Die Sabakuno schüttelte verständnislos den Kopf und erhob sich dann ebenfalls, da die Verhandlung in wenigen Minuten begann.
 

*
 

„War doch klar, dass ich diese verdammte Verhandlung nicht gewinne!“

Wütend stapfte Temari aus dem Gerichtssaal, genauso wie am Vortag. Shikamaru hatte in der Verhandlung kurzen Prozess mit ihrem Mandanten gemacht. Die Verhandlung hatte kaum 10 Minuten gedauert.

>Ich will, dass sich dieser Staatsanwalt gefälligst wieder verkrümelt und Kankuro wiederholt! Ich halte das mit diesem Typen nicht länger aus<

Immer noch eingeschnappt steuerte Temari auf den Ausgang zu. Einige Meter weiter entdeckte sie Masahiro Nakito, den Richter. Sie ging auf ihn zu.

„Ähm.. Nakito-san, warten sie bitte kurz.“

Der ältere Mann hielt in seiner Bewegung inne und schaute Temari freundlich an. „Ah, das Fräulein Sabakuno!“ sagte er mit einem Grinsen im Gesicht.

Temari hasste es, von dem Vorsitzenden des Gerichts mit „Fräulein“ angesprochen zu werden, was er aber bei jeder Gelegenheit tat. Temari musste sich beherrschen, um nicht auszuflippen.

„Ich möchte mit ihnen über meinen Bruder reden. Ich glaube nicht, dass er nicht wollte, dass ich es früher weiß als alle anderen. Er hätte mir auf jeden Fall bescheid gesagt. Also sagen sie mir bitte die Wahrheit.“

Masahiro Nakito seufzte. „Sabakuno-san, ich habe ihnen alles gesagt, was ich weiß.“

Temari durchbohrte den älteren mit einem skeptischen Blick. >Hm... Obwohl ich mit der Antwort nicht zufrieden bin, glaube ich, dass er die Wahrheit gesagt hat. Er sieht ziemlich ernst aus und er hat mich nicht mit „Fräulein“ angesprochen, sondern mit „san“<

Temari seufzte. „Na gut, dann werde ich eben anders herausfinden, was mit Kankuro ist. Schönen Tag noch, Nakito-san.“ Die Blonde öffnete die Ausgangstür und trat nach draußen. Mit schnellen Schritten steuerte sie auf ihr Auto zu.

>Ich werde jetzt zu Kankuro nach Hause fahren und schauen, wie es da so aussieht. Vielleicht finde ich ja irgendwelche Hinweise darauf, was los ist<

Temari stieg in ihr Auto und steckte hastig den Zündschlüssel ein. Sie ließ den Motor anspringen und fuhr mit Vollgas los.

Eine Viertelstunde später parkte sie vor einem riesigen Wolkenkratzer. Die Sabakuno stieg aus und ließ die Autotür hinter sich zufallen. Dann ging sie mit schnellen Schritten auf das große Gebäude zu.

Kaum 5 Minuten später befand sie sich im 5. Stock vor Kankuros Wohnung. Da sie einen Schlüssel für die Wohnung hatte, konnte sie problemlos in die Wohnung eintreten, was sie auch sofort tat.

Im Flur sah alles normal aus. Temari legte ihre Tasche auf der Kommode ab und schaute sich um. Sie bemerkte, dass Kankuros Jacke und Schuhe fehlten.

>Nicht besonders ungewöhnlich<

Temari betrat das Wohnzimmer. Es sah ganz ordentlich aus. Auf dem Tisch lag ein Zettel. Temari lief zum Tisch hin, schnappte sich den Zettel und las ihn sich direkt durch:
 

Hey Temari!

Da ich weiß, dass du in meine Wohnung einbrechen wirst, hab ich dir einen Zettel dagelassen.

Ich bin gerade in Konoha-Gakure und mach bei so einem Austausch-Projekt mit. Wirst du sicher schon gemerkt haben...

Auf jeden Fall weiß ich, dass du dich grad bestimmt total aufregst und das finde ich toll. Naja, damit du Nakito-san nicht nervst, werd ich dir mal sagen, warum ich dir nichts erzählt hab:

Du hättest mich nicht gehen lassen. Deshalb hab ich's dir nicht gesagt. Sorry, aber ich wollte unbedingt mitmachen und deshalb fand ich es besser, dir nichts zu erzählen. Sonst hättest du mich womöglich noch eingesperrt, nur damit ich nicht gehe! Darauf wollte ich es lieber nich anlegen...

Naja, viel Spaß noch beim Fluchen.

Liebe Grüße,

Kankuro
 

Temari schnaufte wütend. >Dieser ... Idiot! Ich glaub's nicht! Er hat mir nichts erzählt, weil er dachte, dass ich ihn nicht hätte gehen lassen! So ein Quatsch... Pf<

Die Blondine ließ sich auf den Sessel fallen. >Naja... vielleicht hätte ich ihn ja wirklich nicht gehen lassen. Aber trotzdem<

Seufzend faltete Temari den Zettel wieder zusammen und warf ihn auf den Tisch zurück.

>Und ich hab mir solche Sorge gemacht... Wenn Kankuro wiederkommt, kann der was erleben<

Da Temari keine Lust hatte, aufzustehen, entschied sie, noch ein wenig in Kankuros Wohnung zu bleiben. Sie nahm die Fernbedienung zur Hand und schaltete den Fernseher ein. Gelangweilt zappte sie durch die Kanäle.

Gerade als sie beim letzten Kanal angelangt war, hörte sie plötzlich, wie ein Schlüssel im Schloss der Haustür umgedreht wurde.

Überrascht horchte Temari auf. >Ist Kankuro etwa schon wieder da? Oder ist es Gaara? Aber was sollte der hier wollen<

Langsam erhob sie sich, während sie hörte wie die Tür geöffnet wurde. Als sie die Tür wieder zufallen hörte, lugte sie in den Flur.

Die Worte, die sie sich zusammen gelegt hatte, blieben ihr im Hals stecken. Fassungslos starrte sie den Staatsanwalt an.

Auch der braunhaarige war ziemlich von der Rolle. „Hallo...” murmelte er zögernd. Temari starrte ihn weiter ungläubig an. Einige Minuten herrschte Stille.

„WAS WOLLEN SIE IN DER WOHNUNG MEINES BRUDERS?!” schrie Temari nun aus vollem Halse und unterbrach somit abrupt die bedrückende Stille. Shikamari trat erschrocken ein paar Schritte zurück. „I-Ich...” stammelte er verschreckt. „W-Wegen d-dem Austausch-Projekt werden auch die Wohnung g-getauscht...” erklärte er, immer noch irritiert von Temaris plötzlichem Wutausbruch.

„Was?!” skeptisch funkelte Temari den Nara an. „Soll das ein Witz sein?”

„Nein, tut mir Leid...Hab's auch erst heute erfahren...”

Temari seuftze. >Deshalb ist es hier so aufgeräumt< dachte sie sich. >Na super, jetzt bewohnt der Typ auch noch die Wohnung von meinem Bruder<

Etwas zu hart ließ Temari den Zweitschlüssel, den sie besaß, auf die Kommode knallen. „Das ist der Zweitschlüssel. Ich bin dann mal weg.” sagte sie mit abweisender Stimme. Sie nahm sich ihre Jacke und drehte sich zur Tür.

„Ähm... Wollen ... sie nicht noch auf einen Kaffee bleiben...?” fragte Shikamaru höflich und etwas schüchtern.

„Nein.” Temaris Stimme war kalt und und der abweisende Ton schwang wieder in ihrer Stimme mit.

„Ähm... okay. Dann bis ... morgen.” murmelte Shikamaru und steckte die Hände in die Hosentaschen.

Temari öffnete die Tür und verschwand ohne ein Wort.

//Komische Frau... Was ich ihr wohl getan habe? Immer wenn ich versuche nett zu sein, weist sie mich ab. Man, wie nervig//

Seufzend drehte sich Shikamaru zur Kommode, um den Zweitschlüssel an sich zu nehmen. Dabei viel ihm auf, dass Temari ihre Handtasche nicht mitgenommen hatte. //Na super. Sie hat ihre Tasche vergessen// Der Nara spekulierte darauf, dass es gleich klingeln würde, da Temari sicher ebenfalls bemerkte haben müsste, dass sie ihre Tasche nicht bei sich hatte. Shikamaru lehnte sich an die Kommode und wartete auf das Klingeln.
 

*
 

Temari trat nach draußen an die frische Luft. Sie packte mit der Hand nach rechts, um ihre Autoschlüssel aus der Tasche zu holen. Doch statt in die Tasche zu packen, griff sie in die Luft. Irritiert schaute sie rechts neben sich und bemerkte zu ihrem Leidwesen, dass sich ihre Tasche nicht an ihrem Arm befand.

>Na super. Ich bin natürlich so schlau und vergesse meine Tasche auch noch da oben< Temari verdrehte genervt die Augen. >Ich will da aber nicht wieder hin<

Die Blondine seufzte. Widerwillig drehte sie sich um und trat wieder in das Gebäude ein.

>Dieser Typ bringt mir nur Pech. Ich muss den so schnell wie möglich loswerden und Kankuro wieder hierherbekommen< dachte sie, während sie die Treppen zum 5ten Stock wieder hochging.

Kurz darauf stand sie wieder vor Kankuros Wohnungstür. Sie atmete noch einmal tief durch unf klingelte dann.

Die Tür ging überraschend schnell auf. So, als ob Shikamaru schon auf sie gewartet hätte.

„Ich hab's schon gemerkt. Hier, ihre Tasche.” Shikamaru lächelte freundlich und hielt Temari die Tasche hin. Temari riss ihm die Tasche unfreundlich aus der Hand und murrte ein leises „Danke”, das sich nicht sehr glaubhaft anhörte.

Shikamaru seufzte nur leise. Er verstand einfach nicht, was diese Frau gegen ihn hatte. „Ähm... Wir sehen uns dann wohl morgen wieder, nehme ich an.” Shikamaru versuchte weiter, nett zu sein.

„Leider!” antwortete Temari barsch. Sah so aus, als ob sie nicht auf Shikamarus Versuch, freundlich miteinander umzugehen, eingehen wollte.

Genervt kratzte sich der braunhaarige am Kopf. //Diese Frau kostet mich 'ne Menge nerven. Das will ich mir nicht länger antun//

„Ich denke, sie wollen wohl jetzt gehen. Bis morgen, Sabakuno-san.” verabschiedete sich Shikamaru und machte schnell die Tür hinter sich zu, um einen möglichen Kommentar aus Temaris Mund zu vermeiden.

Der Kommentar kam trotzdem, wenn auch nicht so laut. „Idiot”, fluchte Temari leise und verließ das Gebäude zum zweiten Mal am heutigen Tag.

Shikamaru beobachtete sie vom Fenster aus.

//Sie ist schon ziemlich komisch... Und so unfreundlich! Sie lässt mich überhaupt nicht an sie ran. Nicht, dass ich das wollen würde, aber irgendwie nervt mich ihre abweisende Art schon. Sie kann mich nicht leiden, obwohl ich ihr gar nichts getan habe. Stimmt doch, oder? Echt komisch//

Shikamaru drehte sich vom Fenster weg und setzte sich an den Küchentisch. Sein Blick schweifte über den Raum und blieb an einer Pinnwand hängen. Verschiedene Fotos waren an ihr angepinnt worden. Ein Foto zeigte Temari, umgeben von zwei jungen Männern. Der rechte Mann hatte rote Haare und ein Tattoo neben dem linken Auge. Der Linke war braunhaarigig und in einen schwarzen Anzug gehüllt.

//Der Linke ist ohne Zweifel Kankuro Sabakuno... Aber wer ist der Rechte? Vielleicht der Freund von dieser Sabakuno... Interessiert mich aber sowieso nicht//

Shikamaru schaute sich die anderen beiden Fotos an. Beide Bilder waren schwarz-weiß. Das eine Bild zeigte eine junge Frau mit kurzen, hellen Haaren, dass andere Bild zeigte einen Mann mit dunklen Haaren, dessen Schnitt dem des rothaarigen Mannes vom anderen Foto ähnelte. Shikamaru schaute sich die Bilder genauer an.

//Irgendwie sieht die schwarz-weiß abgebildete Frau der Sabakuno ähnlich... Und der schwarz-weiß abgebildete Mann dem mit den roten Haaren. Dann liegt es wohl Nahe, dass sie alle zu einer Familie gehören// reimte sich der Staatsanwalt zusammen. //Was mach ich hier eigentlich?! Mich interessiert das alles doch gar nicht// redete er sich ein und schüttelte den Kopf. Er beschloss, eine Dusche zu nehmen, um auf andere Gedanken zu kommen und Temari und ihre Familie aus dem Kopf zu kriegen.

Doch auch in der Dusche konnte Shikamaru seine Gedanken nicht von der Blondine befreien. Er konnte sich einfach nicht erklären, warum sie so abweisend zu ihm war. Zu anderen Menschen war sie nicht so abweisend wie zu ihm. Das machte den Nara stutzig. Hatte er ihr etwas getan, ohne es zu wissen?

Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen aus den Augen. //Sie mag mich nicht, weil ich die beiden Verhandlungen, wie wir schon zusammen bestritten haben, für mich entscheiden konnte! Sie ist 'ne schlechte Verliererin, dass muss es sein// Shikamaru nickte sich stumm zu und schien die Antwort auf seine Frage gefunden zu haben. Er stellte das Wasser ab und trat aus der Dusche.

Während er sich seinen Badenmantel überzog, überlegte er, warum Temari angeblich eine so schlechte Verliererin war.

//Vielleicht gönnt sie mir den Sieg nicht// überlegte sich der braunhaarige. //Aber warum sollte sie? ... Es ist echt schwer, diese Frau zu verstehen. Es ist sogar schon nervig// Shikamaru seufzte. Er war mit seiner Antwort nicht wirklich weiter gekommen. Er hatte sich nur noch eine Frage mehr dazu geschaffen, die er nicht beantworten konnte.

//Schluss jetzt, mit dieser Frau// befahl sich der Staatsanwalt und schlenderte ins Wohnzimmer. Um sich abzulenken, schaltete er den Fernseher ein und zappte gelangweilt durch die Kanäle.

Noch nicht mal der Fernseher konnte den jungen Mann ablenken. Das Mysterium Temari Sabakuno wollte ihn einfach nicht in Ruhe lassen. Immer wieder schwebte ihm der abweisende Blick der Blonden vor Augen. Fast schwang in ihrem Blick sogar Hass mit. Was brachte sie dazu, den Nara so zu meiden?

//Irgendwas hab ich falsch gemacht// erkannte Shikamaru. //Aber was?//

Versöhnung?

Kapitel 4 - Versöhnung?
 

Noch nicht mal der Fernseher konnte Shikamaru ablenken. Das Mysterium Temari Sabakuno wollte ihn einfach nicht in Ruhe lassen. Immer wieder schwebte ihm der abweisende Blick der Blonden vor Augen. Fast schwang in ihrem Blick sogar Hass mit. Was brachte sie dazu, den Nara so zu meiden?

//Irgendwas hab ich falsch gemacht// erkannte Shikamaru. //Aber was?//
 

Temari wachte mitten in der Nacht schweißgebadet aus einem Albtraum auf. Sie atmete schwer und versuchte, sich zu beruhigen.

>So was grässliches hab ich ja noch nie geträumt<

Temari schüttelte sich. In ihrem Traum war Kankuro in Konoha durch einen Autounfall gestorben. Er war in einem fremden Auto gefahren, welches bei dem Unfall und tausend Teile zersprungen war.

>So ein Quark. Kankuro passt beim Autofahren immer auf sich auf. Er hat noch nie einen Fehler, geschweige denn einen Unfall gemacht< beruhigte sich Temari. >Außerdem war es doch eh nur ein Traum<

Die Blondine schaute aus dem Fenster. Die Himmel war rabenschwarz und das kleine Dorf Suna-Gakure schien noch zu schlafen. Kein Wunder, um 2 Uhr morgens.

Temari jedenfalls war noch zu aufgewühlt, um sich wieder hinzulegen. Sie stieg aus dem Bett und tapste in die Küche. Nachdem sie das Licht angemacht hatte, brühte sie sich einen Tee auf und setzte sich an den Tisch. Während sie den heißen Tee trank, schweiften ihre Gedanken zu Kankuro.

>Wie es ihm wohl in Konoha-Gakure geht? Bestimmt schläft er gerade. Ich frage mich, wie es bei ihm mit den Verhandlungen geht. Ob er da drüben die Verhandlungen für sich entscheiden kann? Oder hat er dort genauso wenig Glück wie hier?< Temari seufzte. Sie würde gerne wissen, wie es ihrem Bruder in Konoha erging. Da Temari wusste, dass Kankuro den Akku seines Handys nie auflud, hatte sie nicht mal versucht, ihn per Handy zu erreichen. Es musste irgendeinen anderen Weg geben, mit Kankuro in Verbindung zu kommen.

Temaris Gedanken schweiften zu Gaara ab.

>Was er wohl so mit Matsuri in Tokio so macht? Meine Brüder sind echt gemein. Hauen einfach gleichzeitig ab und lassen mich alleine! Komm mal wieder runter, Temari. Du kommst auch ohne die Schwachköpfe zurecht< Temari musste plötzlich grinsen. Es hatte ihr noch nie viel ausgemacht, sich mit zwei Brüdern rumzuschlagen. Für das einzige Mädchen der drei Geschwister hatte sie sich früher stets ziemlich jungenhaft benommen und sich mit jedem angelegt, der ihr in den Weg kam. Temari war schon immer die temperamentvollste der Geschwister gewesen, was öfters zum Streit zwischen den dreien führte. Und obwohl Temari es nie öffentlich zugeben würde, liebte sie ihre Brüder über alles und machte sich Sorgen um sie, so wie es jede Schwester tat.

Temari stellte die leere Tasse neben der Spüle ab und schlurfte, nachdem sie das Licht ausgeschalten hatte, ins Schlafzimmer zurück. Sie legte sich ins Bett und schlief bis zum Morgen durch.
 

*
 

Schrill und laut drang das Klingeln des Weckers an Shikamarus Ohr. Genervt schaltete der Nara das Gerät aus und rappelte sich auf. Er gähnte müde und streckte sich dabei. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es kurz nach halb sieben war. Höchste Zeit, sich fertig zu machen.

Heute fand mal wieder eine Verhandlung statt. Shikamaru hatte, ehrlich gesagt, keine Lust auf die Verhandlung. Er wollte sich nicht mit Temari anlegen und sie noch wütender machen, als sie schon auf ihn war. Außerdem hatte er den Grund ihrer abweisenden Art immer noch nicht herausgefunden.

Langsam, fast im Zeitlupen-Tempo, zog sich Shikamaru an. Hose, Hemd und Jackett - die gewöhnliche Kleidung eines Staatsanwaltes.

Nachdem er sich umgezogen hatte, machte er sich in der Küche einen Kaffee. Mit seiner Infomappe über die heutige Verhandlung setzte er sich an den Tisch und schlürfte seinen Kaffee, während er seine Notizen noch einmal durchging.

Shikamaru frühstückte morgens nie, er trank nur eine Tasse Kaffee zum wach werden. So tat er es auch heute. Nachdem er seinen Kaffee getrunken hatte, zog er sich Jacke und Schuhe an und machte sich auf den Weg zum Gerichtsgebäude.

Als er dort ankam, waren alle anderen schon da. Der letzte freie Platz führte wohl oder übel wieder zu Temari Sabakuno. Seufzend schlurfte er auf den Platz zu und ließ sich dann auf den Stuhl fallen. „Morgen”, murmelte er und schielte vorsichtig in Temaris Richtung.

„Morgen”, grüßte Temari schroff zurück und würdigte den braunhaarigen keines Blickes. Shikamaru seufzte ein weiteres Mal auf. „Wie nervig”, grummelte er leise.

Masahiro Nakito begann mit seiner Rede. Shikamaru hörte nicht ihm nicht so recht zu; seine Gedanken kreisten eher um eine gewisse Blondine.

//Ich muss mit ihr reden! So kann das nicht weiter gehen// überlegte sich der Nara. //Wenn der mit seiner Rede fertig ist, dann werde ich mit ihr reden// nahm er sich vor.

Als Richter Nakito seine Rede beendete, gab er der Gruppe am Tisch wie immer noch 5 Minuten Zeit, um sich vorzubereiten. Dies kam Shikamaru sehr gelegen.

„Wir müssen reden!” Seine Stimme hörte sich ernster an, als er eigentlich war.

Temari schaute überrascht auf. „Wie bitte?”

„So geht das nicht weiter, Sabakuno-san.” Shikamaru drehte sich zu der Blondine um. „Ich will, dass sie mir erklären, warum sie so abweisend zu mir sind.” verlangte Shikamaru.

„Ich muss mich auf die Verhandlung vorbereiten”, wich Temari dem braunhaarigen aus. Sie kramte in ihrer Tasche herum und zog eine Mappe heraus.

„Sabakuno-san! Sie können sich davor nicht drücken, also hören sie auf, mir auszuweichen!”

Temari seufzte und schlug ihre Mappe wieder zu. „Was wollen sie?”

„Ich will wissen, warum sie so abweisend zu mir sind.” sagte Shikamaru und schaute Temari durchdringend an.

Temari wich seinem Blick aus. „Ich hab so meine Gründe.” meinte sie starrte stur aus dem Fenster.

„Ich will diese ‚Gründe‘ hören!” Shikamaru wurde langsam ungeduldig.

„Ich sag ihnen gar nichts.”

„Warum?”

„Das geht sie einfach nichts an!”

„Und ob mich das was angeht! Immer hin geht es ja hier um mich!”

„Sie können mich nicht zwingen, es ihnen zu sagen.”

Shikamaru zog verärgert die Augenbrauen zusammen. „Hören sie mal! Ich will den Konflikt mit ihnen lösen, aber wenn sie mir keine Chance lassen, dann kann ich das nicht!” beschuldigte er die Blonde.

„Wer sagt denn, dass ich das will?”, fragte Temari.

Shikamaru hielt die Luft an und versuchte, sich nicht aufzuregen. „Gut, wie sie wollen, dann eben nicht!” murrte er genervt und erhob sich von seinem Platz, um zur Verhandlung zu gehen.

Temari schaute dem Nara nach. >Ob ich übertrieben habe?< Sie schüttelte den Kopf. >Der hat das schon verdient< redete sie sich ein und erhob sich ebenfalls.
 

*
 

„Nehmen sie bitte bei der Frau Verteidigerin Platz, Zukino-san.”

Temaris Mandant nahm neben ihr Platz.

>Diese Verhandlung werde ich auf jeden Fall gewinnen! Es kann ja nicht sein, dass der alle meine Leute ins Gefängnis befördert< Temari strich sich einige Strähnen aus dem Gesicht. Sie warf einen skeptischen Blick auf Shikamaru, der gerade mit der ersten Zeugin diskutierte. Seine Argumente waren mal wieder sehr stark und brachten die Zeugin immer wieder zum stutzen und nachdenken. Sie hatte keine Chance, ihre eigene Meinung zu schildern; Shikamaru manipulierte sie derart, dass sie am Ende genau das glaubte, was er ihr eingeredet hatte.

>Wie schafft der Typ das nur? Der hat ihr einfach seinen Willen angezwungen<

Richter Nakito bat den nächsten Zeugen in den Gerichtssaal.

>Den wird der aber nicht manipulieren! Das werde ich zu verhindern wissen< dachte Temari und machte sich auf den Kampf bereit.

Der Zeuge trat ein. Nachdem der Richter seine Daten verlesen hatte, fing die Befragung an.

„Wissen sie, wo Zukino-san sich am Tag der Tat befand?” kam Shikamaru gleich zu den wichtigen Fragen.

Der Zeuge schüttelte den Kopf. „Ich weiß nur, dass er angeblich auf so einer Party gewesen sein soll”, antwortete er.

„War das Opfer auch auf dieser Party?”, fragte Shikamaru munter weiter.

„Ich weiß nicht... Ich glaube schon.”

„Sie sind sich aber nicht sicher. Das heißt, dass das Opfer möglicherweise auch nicht auf dieser Party war!” warf Temari ein.

„Ja... kann sein...”, stimmte der Zeuge zögerlich zu.

>Dieser Nara hat also noch nichts konkretes gegen meinen Mandanten< dachte sich Temari und grinste zufrieden.

„Wissen sie, wer der Veranstalter der Party war?” Shikamaru schien nicht locker zu lassen.

„Ja, er hieß Katsu Aoyama.” erzählte der Zeuge. Er schien ziemlich stolz zu sein, dass er doch etwas wusste.

„Gut. Den können wir ja gleich noch als Zeugen verhören.” entschied Shikamaru. Er überlegte einige Sekunden. „Wissen sie, was Anlass dieser Party war?”

„Ähm... Ich glaube, Katsu wollte seine Verlobung mit Yuki feiern. Die ist ja aber jetzt nicht mehr da...” murmelte der Zeuge.

„Er wollte sich mit dem Opfer verloben?” hackte Shikamaru nach. Der Zeuge nickte.

„Wissen sie, was für ein Verhältnis der Angeklagte zum Opfer und zu dem Partyveranstalter hatte?”

„Yuki und er waren Arbeitskollegen und ich glaube, er hat Yuki sehr gemocht. Zu Katsu hatte er ein nicht so gutes Verhältnis. Ich glaube, er war eifersüchtig auf ihn.” erzählte der Zeuge.

„Das stimmt doch gar - ” wollte der Angeklagte schon protestieren, doch Temari unterbrach ihn prompt: „Das ist doch Beweis genug, dass mein Mandant unschuldig ist, oder, mein lieber Herr Staatsanwalt? Mein Mandant hat kein Motiv, im Gegenteil er hatte ein gutes Verhältnis zum Opfer.”

„Muss nicht sein”, konterte Shikamaru. „Das Opfer war mit Katsu Aoyama verlobt und hat die Gefühle ihres Mandanten wohl nicht erwiedert. Unerwiderte Liebe ist auch ein Motiv.”

Temari funkelte den braunhaarigen wütend an. >Dem fällt wohl immer was ein!!! Na warte, wir werden sehen, wer am Ende gewinnt<

„Wäre es nicht schlauer gewesen, Katsu Aoyama umzubringen, um den Rivalen auszuschalten? Und wie sie sehen, ist Aoyama-san noch am Leben.”

„Mag sein, aber ich habe eine andere Theorie.” sagte Shikamaru. „Lassen sie mich meine Theorie vorstellen:

Der Angeklagte ist auf der Party aufgetaucht, um mit dem Opfer zu reden. Er wollte ihr seine Liebe gestehen und sie bitten, Katsu Aoyama nicht zu heiraten. Das Opfer wollte davon nichts hören und hat dem Angeklagten unmissverständlich erklärt, dass sie ihren Verlobten liebe und niemals ihn lieben werde. Es kam zum Streit zwischen den beiden. Der Streit artete aus, bis Yuki Fukushima drohte, ihren Verlobten zu holen. Darauf zog der Angeklagte seine Pistole, die er für Notfälle immer bei sich hatte, und richtete sie auf das Opfer. Yuki Fukushima stieß einen Schreckensschrei aus. Verschreckt drückte der Angeklagte ab und traf das Opfer in den Kopf.” Shikamaru fixierte Temaris Mandanten mit einem langen Blick.

Kreidebleich starrte Zukino-san den Staatsanwalt an. „W-woher...?” flüsterte er fassungslos. Temari schielte zu ihrem Mandanten. „Hat er ... recht?” flüsterte sie ihm zu. Zukino-san nickte nur abwesend.

Die Blondine seufzte. Sie warf einen Blick zu dem Nara. >Kann der Gedanken lesen oder was ist mit dem los?! Der Typ ist total ätzend!<

„Wie ich sehe, ist die Bewisaufnahme damit wohl geschlossen. Herr Staatsanwalt, bitte.” sagte Richter Nakito.

Shikamaru erhob sich von seinem Platz. „Hohes Gericht, Frau Verteidigerin. Wie sich herausstellt, ist ihr Mandant wohl doch nicht so unschuldig, wie sie dachten. Er hat das Opfer erschossen und das ist nicht zu verzeihen. Nur die lebenslange Freiheitsstrafe ist hierfür angemessen.” Der braunhaarige setzte sich wieder.

„Danke, Herr Staatsanwalt. Frau Verteidigerin, bitte.”

Temari erhob sich. „Hohes Gericht, Herr Staatsanwalt”, knurrte sie und veruschte, ihre Wut zu unterdrücken. „Mein Mandant ist schuldig. Er hat dem Opfer mit der Pistole gedroht. Aber hatte er wirklich die Absicht zu schießen? Der Schrei hat ihn verschreckt und die Hand ist ihm ausgerutscht, er hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. Ich würde dafür lebenslange Freiheitsstrafe auf Bewährung beantragen, vielen Dank.”

„Danke, Frau Verteidigerin. Zukino-san, sie haben das letzte Wort.” sprach Richter Nakito und schaute den Angeklagten an.

„Ich... es ... tut mir Leid.” murmelte der Angeklagte und starrte verwirrt und verzweifelt zu Boden.

Nakito-san nickte kurz. „Ich verkünde das Urteil nach einer kurzen Unterbrechung.”

Temari verschränkte die Arme vor der Brust und starrte Shikamaru sauer an. >Ich würde den gerade am liebsten eigenhändig erwürgen!!! Der Typ gehört nicht hierhin, Kankuro soll wieder her, sofort! Wenn ich den noch eine Minute länger sehen muss, dann raste ich aus< Die Blondine erhob sich von ihrem Stuhl und verließ den Saal, indem sie krachend die Tür hinter sich zuschlug.
 

Als alle wieder in den Saal gebeten wurden, blieb Temari stur auf der Bank sitzen. Sie wollte den Staatsanwalt unter keinen Umständen sehen.

„Sabakuno-san, kommen sie schon!” drängte eine Mitarbeiterin. Temari machte keine Anstalten sich vom Fleck zu bewegen.

„Das Urteil wird gleich verkündet! Wollen sie nicht dabei sein?”

„Nein!”

„Aber warum...?” Die Mitarbeiterin schaute ein wenig verwirrt drein. Sie fragte sich, was heute mit Temari los war.

„Gehen sie einfach ohne mich, klar?!” polterte Temari wütend.

„O-ok...” stotterte das junge Mädchen und machte sich schnell aus dem Staub.

Temari seufzte. Seitdem dieser Nara in ihr Leben getreten war, hatte sich alles geändert. Kankuro war weg, sogar Gaara hatte sich aus dem Staub gemacht, um sein Glück mit Matsuri zu finden.

Temari starrte traurig auf den staubigen Boden. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so leer und nutzlos gefühlt wie jetzt. Im Gericht wurde sie nicht mehr gebraucht, da der neue Staatsanwalt sowieso alles alleine meisterte. Ihre Brüder waren weg und amüsierten sich ohne sie. Und sie ging dem neuen Staatsanwalt mächtig auf die Nerven. Wahrscheinlich hätte sie niemand vermisst, wenn sie verschwinden und nicht wieder auftauchen würde. Freundinnen hatte sie hier in Suna nicht. All ihre Freunde wohnten in Konoha und konnten nicht mal eben so nach Suna kommen. Temari war völlig auf sich alleine gestellt.

Plötzlich ging die Tür zum Gerichtssaal auf und eine menge Menschen liefen auf den Flur hinaus. Anscheinend war die Verhandlung beendet.

Nach und nach verließen alle den Raum. Als der Flur leer war und Temari glaubte, alle seien gegangen, kam Shikamaru noch aus dem Gerichtssaal.

Der braunhaarige warf einen Blick auf Temari. „Alles ok?” fragte er besorgt, als er ihr trauriges Gesicht sah.

„Das geht sie nichts an.” murmelte Temari, während sie versuchte, die Tränen zurück zu halten, die sich einen Weg über ihr Gesicht bahnen wollten.

„Jetzt seien sie doch nicht so.” Shikamaru setzte sich neben die Blonde auf die Bank. „Was ist denn los?”

„Verschwinden sie...” schluchzte Temari. Schnell wischte sie sich mit der Hand über das Gesicht, damit der Nara ihre Tränen nicht sah.

Shikamaru sah Temari nachdenklich an. „Sagen sie es mir ... bitte.”

Die Sabakuno schüttelte den Kopf. „Gehen sie doch einfach...” flüsterte sie und schloss die Augen.

Shikamaru rückte ein wenig näher an Temari ran. Er wollte sie unbedingt trösten. Vorsichtig streckte er eine Hand aus und legte sie um die Schulter der Blonden. Er drückte sie an sich.

„W-was machen sie da...?” fragte Temari verwirrt und schaute zu dem Staatsanwalt auf.

„Ich will sie trösten.” antwortete Shikamaru und lächelte unsicher.

Temari lehnte ihren Kopf an Shikamarus Schulter. Sie war froh, dass jemand für sie da war, auch wenn es Shikamaru Nara war.

„Danke”, flüsterte sie leise und lächelte versöhnlich zurück.

„Keine Ursache.”
 

*
 

„Jaja, Gaara, alles klar bei mir. Bin grad mit 'nem echt coolen Schlitten unterwegs!”

Kankuro hielt das Handy mit einer Hand an's rechte Ohr, während er mit dem anderen das Lenkrad lenkte.

„Temari? Mit der hab ich in letzter Zeit noch nicht gesprochen. Ich glaub ich sollte ihr sagen, dass mein Handy doch aufgeladen ist!” Kankuro lachte. „Du weißt doch, dass ich es liebe, Temari auf die Palme zu bringen!”

Kankuro bog in eine Landstraße ein.

„Hier in Konoha ist es echt cool! Es gibt zwar keine Spielcasinos - Jaja, ist ja gut. Ich hör schon auf mit den Casinos. Auf jeden Fall ist es super hier! Könnte mich glatt an dieses Leben gewöhnen... Und wie ist es bei dir so?”

Kankuro hörte Gaara bei seiner Erzählung aufmerkam zu, während er gleichzeitig auf die Straße achtete.

„Wow, Matsuri hat schon ihre Ausbildung? Kein Wunder, wenn sie dich als Lehrer hat! Sag mal, läuft da was zwischen euch?” Kankuro grinste und je mehr Gaara abstritt, dass er Matsuri mochte, desto größer wurde sein Grinsen.

„Alles klar, Gaara, ihr seid nur Freunde!” Kankuro kicherte in sich hinein. „Naja, ich rufe dich später nochmal an. Viel Spaß mit Matsuri! Byebye.” Kankuro legte schnell auf, bevor Gaara ihn wegen seiner Bemerkung anmeckern konnte. Der braunhaarige liebte es einfach, seine Geschwister auf die Palme zu bringen.

Als er sein Handy in die Tasche packte, vernahm er einige Meter hinter seinem Wagen merkwürdige Geräusche. Er warf einen Blick in den Rückspiegel, der ihm einen Lastwagen zeigte, der völlig außer Kontrolle geraten war und genau auf sein Auto zuraste...

Freunde?!

Kapitel 5 - Freunde?!
 

Als Kankuro sein wieder Handy in die Tasche packte, vernahm er einige Meter hinter seinem Wagen merkwürdige Geräusche. Er warf einen Blick in den Rückspiegel, der ihm einen Lastwagen zeigte, der völlig außer Kontrolle geraten war und genau auf sein Auto zuraste...
 

„I-Ich glaube, ich gehe jetzt lieber nach Hause...” Temari entzog sich Shikamarus Umarmung und setzte sich auf.

„Soll ich Sie fahren?”, bot Shikamaru an. „In diesem Zustand können sie unmöglich selbst fahren.”

„Nein, ich schaffe das schon alleine...”, murmelte Temari und erhob sich. Sie schwankte; Shikamaru erhob sich schnell und hielt Temari fest, um ihr Halt zu geben.

„Ich finde, ich sollte Sie wirklich fahren!”, beharrte Shikamaru. „In diesem Zustand lasse ich Sie nicht fahren, das können Sie sofort vergessen!”

„Ach, machen Sie doch, was Sie wollen...”

Shikamaru nahm Temari an die Hand und führte sie aus dem Gebäude. Er öffnete die Beifahrertür und ließ Temari auf dem Beifahrersitz Platz nehmen. Er selber setzte sich auf den Fahrersitz.

„Schnallen Sie sich an”, ordnete Shikamaru an, während er den Zündschlüssel ins Schloss steckte. Temari tat, was Shikamaru von ihr verlangte.

Shikamaru startete den Motor und fuhr los. „Ähm.. wo wohnen Sie?”

„Fahren Sie einfach zur Wohnung meines Bruders, von da aus sind es nur 10 Minuten bis zu mir nach Hause, das schaffe ich auch alleine.”

„Okay, wie Sie wollen”, sagte Shikamaru und brauste los.

Die Fahrt verlief ruhig. Shikamaru und Temari schwiegen sich an. Keiner der beiden traute sich, ein Gespräch anzufangen. Stattdessen vertiefte Temari sich in ihre Gedanken. >Warum kümmert er sich so um mich? Ich war die letzten Tage nicht wirklich nett zu ihm, im Gegenteil, ich war richtig unfreundlich. Und trotzdem hat er mich getröstet und fährt mich sogar nach Hause< Die Blondine verstand das Handeln des Staatsanwaltes nicht. Er hätte sie doch einfach im Flur alleine lassen können. Es ging ihn doch eigentlich nichts an, wie es ihr ging. Und interessieren sollte es ihn auch nicht, da Temari nicht gerade freundlich mit ihm umgegangen war. Und trotzdem kümmerte der Nara sich um sie. Temari empfand Schuldgefühle gegenüber Shikamaru. Er war immer noch nett zu ihr, obwohl er keinen Grund dazu hatte. Er war wohl doch nicht so ein blöder Typ, wie Temari gedacht hatte.

„Danke”, murmelte die Sabakuno kleinlaut.

„Hm? Wofür?” fragte Shikamaru überrascht, wandte seinen Blick aber nicht von der Straße ab.

„Dafür, dass Sie sich um mich kümmern, obwohl Sie keinen Grund dazu haben, weil ich die ganze Zeit so unfreundlich und abweisend zu Ihnen war”, erklärte Temari, ihren Blick auf den Boden gerichtet.

„Ach, ist schon OK.”
 

Eine Viertelstunde später waren die beiden bei Kankuros Wohnung (die jetzt Shikamaru gehörte) angekommen.

„Ab hier kann ich alleine gehen”, sagte Temari beim Aussteigen.

„Sind Sie wirklich sicher? Ich kann Sie auch begleiten!”, bot Shikamaru an.

„Nein”, wank Temari ab. „Ich schaffe das schon alleine. Danke nochmal. Bis morgen.” Sie rang sich zu einem kleinen Lächeln durch und machte sich auf den Weg nach Hause.

„Warten sie... wollen sie nicht vielleicht auf einen Kaffee mit hochkommen?”, fragte Shikamaru ein wenig zögerlich. Temari drehte sich wieder zu dem braunhaarigen um. Sie wollte ‚nein‘ sagen, aber irgendwie konnte sie sich nicht dazu durchringen. Alles in ihr wollte die Einladung annehmen, aber Temaris Kopf wehrte sich dagegen. Sie hatte entschieden, dass sie den Nara nicht ausstehen konnte und nur weil ihr Herz etwas anderes sagte, wollte sie ihren Stolz nicht verletzen. Sie mochte den Mann da vorne nicht und basta.

„Ähm... ich.. ich... ja, gerne”, antwortete Temari und hätte sich gerne eine Ohrfeige dafür verpasst. Hatte sie nicht gerade entschieden, ‚nein‘ zu sagen?! Sie konnte ihre Antwort nicht mehr ändern, sie hatte ja gesagt und Shikamaru hatte das auch genau so aufgefasst. Er lächelte und holte seine Schlüssel aus der Hosentasche.

Mit zögerlichen Schritten ging Temari auf den Staatsanwalt zu und folgte ihm zur Haustür. Einige Minuten später waren die beiden in der Wohnung. Shikamaru führte Temari in die Küche, in der sich die Blondine an den Küchentisch setzte. Shikamaru schüttete währenddessen Kaffeepulver in die Kaffeemaschine und schaltete diese an. Während die Maschine begann, ihre Arbeit zu machen, setzte sich Shikamaru zu Temari an den Tisch.

„Ihr Bruder hat es echt gemütlich hier”, sagte der braunhaarige.

„Hm... Und wie lange wohnen sie jetzt hier?”, fragte Temari und versuchte dabei, die Frage so beiläufig wie möglich klingen lassen.

„Also... das wird schon noch eine Weile dauern. Vorrausgesetzt Ihr Bruder findet Konoha nicht so nervig, dass er gleich wieder abreisen will.” Shikamaru ließ ein kleines Grinsen über sein Gesicht huschen.

„Achso.”

Die Kaffeemaschine gab ein Zischen von sich und verstummte danach. Shikamaru erhob sich wieder und holte zwei Tassen aus einem Schrank. Er nahm die Kaffeemaschine und goss das dampfende Getränk in die Tassen. Er stellte die Tassen an den Tisch und stellte noch zusätzlich Süßstoff, Zucker und Milch dazu. Neben die Tassen legte er noch jeweils einen Löffel, dann setzte er sich wieder hin.

Temaris Blick war auf den Tisch gerichtet; er wanderte von ihrer Tasse über den Süßstoff und den Zucker bis zu Shikamarus Tasse rüber. Während ihr Blick über den Tisch glitt, fragte sie sich wieder, warum Shikamaru bloß so nett zu ihr war. Bei dem Verhalten, dass sie abgeliefert hatte, hätte sie bei ihm doch schon längst unten durch sein sollen. Warum also, war er immer noch so nett?

Shikamaru kippte sich zwei Löffel Zucker und ein wenig Milch in den Kaffee. Er rührte den Kaffee sorgfältig um und betrachtete dabei die blondhaarige Frau gegenüber von ihm. Wenn sie nicht so abweisend war, konnte sie richtig süß sein. Wie sie so dasaß. Still und unschuldig.

Shikamaru schüttelte den Kopf. Was dachte er da? Diese Frau, die da so still dasaß, war wohl gerade nur so still, weil sie seelisch aufgewühlt war. Im Flur hatte sie richtig verzweifelt ausgesehen. Sie hatte jetzt einfach keine Kraft, um abweisend und kalt zu sein.

//Schade eigentlich, dass sie nicht immer so ist// dachte sich der Staatsanwalt.

„Warum machen Sie das für mich?“, fragte Temari plötzlich und schaute Shikamaru direkt in die Augen.

Shikamaru konnte nicht direkt antworten, dazu hatte ihn die Frage zu sehr überrascht. „ … Ich bin nicht nachtragend. Nur weil Sie mich nicht ausstehen können, heißt das nicht, dass ich Sie automatisch auch nicht ausstehen muss. Sie sind zwar schon ganz anstrengend, aber ich kann Sie gut leiden. Das ist der Grund.“

„Oh…“ War das einzige, was Temari in dem Moment rausbekam. Sie fühlte sich unwohl in ihrer Haut. Sie wollte nicht, dass dieser Mann so nett zu ihr war, obwohl sie ihn nicht ausstehen konnte. Er sollte sie auch meiden wollen! Er sollte sie nicht mögen. Sie waren Rivalen, und Rivalen mochten einander nicht. Rivalen wollten den jeweils anderen übertrumpfen, immer und überall. Aber dieser Mann da schien sich nicht als ihren Rivalen zu sehen. Immerhin benahm er sich nicht so.

„Warum können Sie mich eigentlich nicht ausstehen?“, fragte Shikamaru nun.

„Ähm… Also…“ Temaru wusste nicht, was sie sagen sollte. Ja, warum konnte sie ihn eigentlich nicht ausstehen? Temari dachte einen Moment nach. Und ihr fiel nun wieder alles ein: Wegen ihm war sie so alleine. Er hatte ihr Kankuro weggenommen.

„Wegen Ihnen ist mein Bruder weg…“, murmelte Temari und senkte den Kopf.

„Äh…“ Jetzt war es Shikamaru, der nicht wusste, was er sagen sollte. „Naja… eigentlich kann ich ja nichts dafür, wenn Ihr Bruder einen Wechsel machen will, oder? Wenn ich mich nicht dazu bereitgestellt hätte, wäre jemand anderes gekommen. Also haben Sie doch eigentlich keinen Grund dazu, mich nicht ausstehen zu können… Zumindest nicht den, den sie gerade genannt haben.“

„Ja, sie haben wohl recht. Es tut mir Leid, dass ich so … abweisend war. Ich war einfach nur so wütend, dass Kankuro einfach abgehauen ist, ohne was zu sagen… Ich wollte irgendjemandem die Schuld geben und da kamen Sie und sagten, dass Sie den Platz meines Bruders eingenommen haben… Da habe ich meine ganze Wut auf Sie abgelagert…“ Temari fühlte sich während des Erzählens ziemlich mickrig.

Sie fühlte sich wie ein kleines Kind, dass etwas verbrochen hatte und nun beichten musste.

Sie fühlte sich ihres Stolzes und ihrer Würde beraubt.

Und das nur wegen diesem Staatsanwalt.

„Ach, ist schon OK. Wir vergessen das ganze einfach und fangen von vorne an, ja?“

Shikamarus Worte rissen Temari unsanft aus ihren Gedanken. „Ähm.. Ja, okay…“

„Gut.“ Shikamaru lächelte ihr aufmunternd zu. „Sollen wir ins Wohnzimmer gehen?“

Temari nickte nur und trank den letzten Schluck ihres Kaffees aus, bevor sie aufstand. Sie folgte Shikamaru ins Wohnzimmer.

Temari und Shikamaru ließen sich auf’s Sofa fallen.

„Wie lange arbeiten sie eigentlich schon als Verteidigerin?“, fragte Shikamaru, um in ein Gespräch zu kommen.

„Seit fünf Jahren. Nach dem Abitur habe ich sofort angefangen, eine Ausbildung zu machen. Und Sie?“

„Ich bin erst seit zwei Jahren dabei. Vor meiner Ausbildung als Staatsanwalt habe ich noch ein Jahr Naturwissenschaft studiert, das wurde mir dann aber zu langweilig. Staatsanwalt zu sein ist zwar total anstrengend und teilweise auch nervig, aber ich mach’s trotzdem gerne.“

„Hmh… Haben Sie eigentlich alle Angeklagten, die Sie hinter Gitter bringen sollten, auch wirklich dahin befördert?“ Diese Frage interessierte Temari sehr. Sie wollte unbedingt wissen, ob er wirklich so gut war, wie es in den letzten Verhandlungen den Anschein gemacht hatte.

„Naja… die, die wirklich Schuldig waren, sind auch weggeschlossen worden. Und von denen, die Unschuldig waren, gab es nur zwei oder drei bis jetzt“, erzählte Shikamaru.

>Der ist also wirklich so gut< Temari hatte zwar ihre Bestätigung, aber etwas dagegen tun konnte sie ja sowieso nicht. Schuldig war Schuldig und nur wegen ihrem Stolz konnte sie nicht ein Dutzend Mörder draußen frei herumlaufen lassen.

Temaris Blick wanderte durch das vertraute Zimmer. Bilder von ihr, Kankuro und Gaara hingen an den Wänden. Ihr fiel ein altes Bild ins Auge, auf denen ihre Eltern abgebildet waren.

Temaris Eltern lebten nicht mehr. Ihre Mutter war vor vielen Jahren an Krebs gestorben und ihr Vater hatte einen tödlichen Arbeitsunfall. Temari war erst 16 gewesen und hatte sich alleine um den 15jährigen Kankuro und den erst 13jährigen Gaara kümmern müssen, da die Verwandten sie wegen zu schlechten Lebensumständen nicht hatten aufnehmen konnten.

Temari seufzte. 9 Jahre waren seitdem vergangen und Temari hatte sich immer noch nicht ganz damit abgefunden, dass ihre Eltern tot waren. Ihre Angst vor dem Alleinsein hatte nicht nachgelassen und deshalb war es auch so schwer für sie, dass Gaara und Kankuro weg waren. Dazu kam noch, dass den beiden etwas zutoßen könnte. Temari hatte riesige Angst davor, wieder jemanden zu verlieren, den sie liebte. Sie wollte den Schmerz nicht noch einmal erleben.

„Vermissen Sie ihren Bruder sehr?“

Temari schreckte von ihren Gedanken auf. Sie hatte total vergessen, dass Shikamaru noch da war und diese Wohnung nun bewohnte.

„Ähm… entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen zu nah getreten bin…“, murmelte Shikamaru. Auf seinem Gesicht machte sich ein leichter Rotschimmer bemerkbar.

„Äh… Ne, ne, schon OK. Ja, ich vermisse ihn wirklich sehr. Mein zweiter Bruder, Gaara, ist auch weg und ich fühle mich von den beiden ein wenig alleine gelassen…“, erzählte Temari, nachdem sie sich wieder gefasst hatte. Sie wusste selbst nicht, warum sie ihm das erzählte, es ließ dem Nara immerhin einen Blick in ihr Privatleben werfen.

„Oh... achso. Ihr zweiter Bruder ist der mit den roten Haaren?“, fragte Shikamau mit einem Blick auf die Fotos.

Temari nickte. „Er ist der Jüngste von uns Dreien.“

„Ich habe keine Geschwister. Das muss früher manchmal ziemlich anstrengend gewesen sein, oder?“

„Ja, schon. Wenn Kankuro mal wieder was angestellt hat, musste ich natürlich dafür geradestehen. Aber ohne die beiden wäre es schon langweilig gewesen!“ Temari grinste. Ihr fiel auf, dass man sich eigentlich ganz gut mit Shikamaru unterhalten konnte.

Shikamaru erwiderte Temaris Grinsen mit einem Lächeln. „Würde… es Ihnen was ausmachen, wenn wir uns dutzen?“, fragte er vorsichtig.

„Wieso nicht? Ich bin Temari!“

Shikamaru lächelte. „Ich bin Shikamaru!“

„Äh… Den Brüderschaftskuss lassen wir mal weg, oder?“

„Ähm... Ja, denke schon…“

Shikamaru betrachtete zufrieden Temaris Grinsen im Gesicht. //Ich habs tatsächlich geschafft, die harte Schale zu knacken//

Temari warf einen Blick auf die Uhr. „Oh, wir haben schon 4 Uhr! Ich muss langsam nach Hause, morgen wartet eine neue Verhandlung auf uns!“, meinte sie und stand auf.

Shikamaru erhob erhob sich ebenfalls. Er begleitete sie zur Tür. „Okay, dann bis Morgen, Temari.“

„Ja, bis Morgen. Bye Bye!“ Temari lächelte und verschwand dann nach Draußen. Shikamaru schloß die Tür.

//Ich hätte echt nicht gedacht, dass ich sie jemals in meiner Gegenwart lächeln sehen würde// dachte sich der Nara, während er ins Wohnzimmer zurückging. //Sie ist schon ganz OK, wenn sie nicht so unfreundlich ist. Eigentlich ist sie ganz nett//
 

*
 

Temari ließ ihre Tasche auf den Flurboden plumsen und ließ sich im Wohnzimmer auf’s Sofa fallen. Ihre Gedanken kreisten nur noch um Shikamaru.

>Ich habe mich in ihm getäuscht… Er ist eigentlich ganz süß. Wie er sich die ganze Zeit bemüht hat, nett zu mir zu sein, damit ich auch nett zu ihm bin… Und dass er mich getröstet hat und zu sich nach Hause eingeladen hat… Das hätte nicht jeder gemacht. Ich habe wirklich Glück gehabt<

Temari starrte verträumt an die gegenüberliegende Wand.

>Ich hätte nicht so unfreundlich zu ihm sein sollen… Das hat er nicht verdient. Er hat sich so sehr bemüht, sich gut mit mir zu verstehen. Ich wäre wirklich ein kleines Monster wenn ich ihn jetzt noch abweisen würde… Nein, das mache ich nicht. Er hat eine Chance verdient und ich bin mir sicher, dass er sie nutzen wird<

>Moment mal, was denke ich da?! Verdammt. Was hat er mit mir gemacht? Ich bin ein Weichling geworden. Wo ist meine Würde geblieben? Ich habe mir geschworen, dass er es büßen wird, hergekommen zu sein und was mache ich hier? Ich schwärme hier herum! Nein, so geht das nicht. Ich darf kein Weichei werden. Ich halte mein Wort. Ich werde wieder unfreundlicher zu ihm sein. Soll er doch zur Hölle gehen! … Ich lasse mich nicht kleinkriegen. Ich und er, wir sind Rivalen. Rivalen sind nicht nett zueindander und schon gar nicht miteinander befreundet! Ich werde mir meinen Stolz nicht nehmen lassen, nicht von ihm<

Temari erhob sich vom Sofa und schlurfte in die Küche. Sie schüttete sich ein Glas Wasser ein und trank es in einem Zug aus, um auf klare Gedanken zu kommen. Sie würde wieder unfreundlich zu dem Staatsanwalt sein. Das hatte sie sich vorgenommen.
 

*
 

„Nein, lass mich in Ruhe…“, grummelte Shikamaru seinen Wecker genervt an. „Ich will noch schlafen…“

Der Wecker dachte gar nicht daran, Shikamaru weiterschlafen zu lassen und klingelte erbarmungslos weiter.

Drrring! Drrring!

„Ja, ist ja gut…“ Shikamaru rappelte sich auf und stellte das lärmende Gerät aus. Er gähnte müde und schlurfte ins Badezimmer.

Als er sich fertig gemacht hatte, trank er eine Tasse Kaffee und machte sich dann auf den Weg zum Gerichtsgebäude. Heute freute er sich darauf, Temari zu treffen. Der gestrige Tag hatte alles zwischen ihnen verändert. Die nette, offene Temari gefiel dem Nara viel mehr als die unfreundliche, zugeschlossene Temari.

Shikamaru beschleunigte sein Tempo ein wenig. Der Morgenverkehr war nicht so voll, also konnte Shikamaru schnell durchfahren. Er kam schnell im Gerichtssaal an.

Nachdem er seinen Wagen geparkt hatte, betrat er das Gebäude. Er ging den Flur entlang und kam vor dem Versammlungsraum zum Stehen. Er entdeckte Temari, die auch gerade vor dem Versammlungsraum stand.

„Hi!“, grüßte Shikamaru die Blondine.

„Guten Morgen.“ Temaris Stimme klang distanziert und abweisend. Was war los? Warum war sie wieder so abweisend? Hatter er etwas falsch gemacht?

„Ähm… ist was passiert? Warum bist du wieder so… komisch?“, fragte Shikamaru verwirrt.

„Ich glaube es wäre besser, wenn wir wieder zum Sie zurückkehren, Nara-san. Das ist professioneller und wir sind ja schließlich nur Kollegen, nicht wahr?“

Shikamaru verstand die Welt nicht mehr. Was hatte er falsch gemacht? Was zur Hölle war mit Temari los?

//Die Frau ist sowas von anstrengend! Nicht zu fassen//

„Habe ich irgendwas falsch gemacht, oder warum bist – sind Sie wieder so?“

„Ich habe einfach nur gemerkt, dass es besser ist, wenn wir nicht zu freundschaftlich miteinander umgehen. Wir sind Rivalen, wissen Sie. Und Rivalen sind keine Freunde.“

Warum Rivalen? Shikamaru wurde aus Temaris Worten nicht schlau. „Äh…“

Plötzlich ertönte das Klingeln eines Handys.

„Ist meins“, sagte Temari und kramte ihr Handy aus der Tasche. „Temari Sabakuno. Hallo?“

Temari lauschte den Worten, die aus dem Handy kamen und ihre Augen weiteten sich erschrocken. „Nein, das kann nicht sein!“, schrie sie ins Handy. Einzelne Tränen bahnten sich einen Weg über ihr Gesicht. „Das darf nicht sein…“, murmelte sie und sackte langsam in sich zusammen.

Nicht immer stark sein

Kapitel 6 - Nicht immer stark sein
 

Temari lauschte den Worten, die aus dem Handy kamen und ihre Augen weiteten sich erschrocken. „Nein, das kann nicht sein!“, schrie sie ins Handy. Einzelne Tränen bahnten sich einen Weg über ihr Gesicht. „Das darf nicht sein…“, murmelte sie und sackte langsam in sich zusammen.
 

„Temari, was ist los?“

Shikamaru kniete sich zu Temari und nahm ihr das Handy ab. „Hallo? Könnten Sie vielleicht später wieder anrufen? Sabakuno-san geht es nicht so gut. - Danke, auf Wiederhören.“ Shikamaru legte das Handy auf die Bank und wandte sich wieder Temari zu. Er nahm ihren Arm und hängte ihn sich um die Schulter. Mit der anderen Hand stützt er sie und half ihr so auf. Der braunhaarige führte Temari zur Bank und setzte sich mit ihr hin.

„Hey, erzähl‘ schon, was ist passiert?“, versuchte Shikamaru ein zweites Mal herauszufinden, was geschehen war.

„Kankuro… er… liegt im… im… Krankenhaus… Sie wissen nicht… ob er durchkommt…“, schluchtzte Temari.

Shikamaru schwieg bedrückt. Vorsichtig legte er einen Arm um die Blonde. Temari vergrub ihr Gesicht in seiner Brust und ließ ihren Tränen freien Lauf. „Ich will ihn nicht verlieren… Er und Gaara sind die einzigen Menschen, die ich noch habe… Wenn Kankuro jetzt stirbt, dann… dann… ich würde das nicht aushalten, verstehst du? Ich habe schon meine Eltern verloren, ich will nicht schon wieder einen Menschen verlieren, den ich liebe…“

„Ich verstehe dich, Temari. Ich weiß, wie schwer es ist einen Menschen zu verlieren. Ich habe es zwar noch nicht selbst erlebt, aber ein Freund von mir schon. Ich kann mir vostellen, wie schwer das für euch ist.“ Shikamaru strich Temari sanft durch die Haare. „Aber es gibt ja noch Hoffnung, dass dein Bruder überlebt. Glaub‘ daran, dass er es schaffen wird! Wenn du wirklich daran glaubst, dass es dein Bruder schaffen kann, dann wird er das. Glaub‘ einfach daran.“

Temari beruhigte sich langsam. Sie strich sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht und setzte sich wieder gerade hin. „Eigentlich bin ich nicht der Typ, der weint… Normalerweise lasse ich mich nicht so gehen…“, murmelte sie leise.

„Das ist schon okay. Es ist besser, alles raus zu lassen, als die Trauer in sich hinein zu fressen. Wenn man seine Emotionen rauslässt, dann geht es einem nachher viel besser. Du brauchst dich für deine Tränen nicht zu rechtfertigen“, erwiderte Shikamaru.

„Warum bist du so nett zu mir?“, fragte Temari plötzlich. „Du hast doch im Moment erst recht keinen Grund dazu, mich zu trösten und so was… warum tust du es trotzdem? Ich habe es doch gar nicht verdient… Ich bin eine arrogante Zicke, ich gebe es zu! Warum hast du mich getröstet?“

„Ich weiß, dass unser Anfang nicht gerade der Beste für eine Freundschaft war, aber ich sehe, dass es dir nicht gut geht. Und trotz deiner oft nicht so netten Kommentare finde ich dich eigentlich… ganz nett. Und wenn es dir dreckig geht, dann ist es doch klar, dass ich dich nicht einfach hängen lasse. Das würde nur ein Idiot machen“, erklärte Shikamaru. „Und obwohl es manchmal ziemlich anstrengend ist, will ich kein Idiot sein.“

Ein kleines Lächeln huschte über Temaris Gesicht. „Ich habe es doch gar nicht verdient, dass du dich um mich kümmerst… Egal was du sagst, du kannst nicht leugnen, dass ich mich dir gegenüber wie eine Idiotin verhalten habe. Also hast du keinen Grund, dich mir gegenüber nicht wie ein Idiot zu verhalten. Du verstehst, was ich meine?“

Shikamaru seufzte kurz auf. „Ich sag’s dir nochmal: Mir ist es egal, wie du dich mir gegenüber verhalten hast. Vielleicht war es ja falsch und idiotisch, aber es interessiert mich nicht. Jeder Mensch macht Fehler. Und außerdem bin ich mir sicher, dass du, wenn es mir schlecht ginge, für mich dagewesen wärst, auch wenn du mich nicht ausstehen kannst. Du bist gar kein so schlechter Mensch wie du denkst.“

„Woher willst du das denn eigentlich wissen? Du kennst mich doch gar nicht so lange…“

„Ich sehe es dir an. Und glaub‘ mir, ich kenne dich lange genug, um sagen zu können, dass du kein schlechter Mensch bist.“

Temari schwieg einen Moment. „Es tut mir Leid.“

„Was?“

„Das ich mich so blöd verhalten habe, obwohl wir uns gestern eigentlich angefreundet hatten…“

„Ach, schon ok. Lass uns den Zwischenfall einfach vergessen und an dem Punkt, wo wir uns angefreundet haben, wieder neu ansetzen.“

„Gute Idee.“ Temari ließ ein wahres Lächeln auf ihrem Gesicht erscheinen, welches Shikamaru mit einem Grinsen erwiderte.

„Mist!“, entfuhr es Shikamaru plötzlich bei einem Blick auf die Uhr. „Die Verhandlung hat schon begonnen!“

„Oh, verdammt!“ Temari sprang von der bank auf. „Los, komm!“

Shikamaru erhob sich ebenfalls und spurtete mit Temari zum Gerichtssaal.
 

„Entschuldigen Sie die Verspätung, Nakito-san. Der Verkehr heute war schrecklich“, schwindelte Shikamaru, als er und Temari den Saal betraten.

„Wie auch immer. Setzen Sie sich auf ihre Plätze und sorgen Sie dafür, dass sowas nicht mehr vorkommt. So, da alle nun anwesend sind, kann die Verhandlung beginnen.“

Nachdem Shikamaru die Anklagesprache vorgelesen hatte, begann die Verhandlung. Temaris Mandant war ein 30jähriger Familienvater zweier Kinder im Alter von 2 und 4. Die Klägerin war seine 24jährige Freundin.

„Souta Nakamura, Sie werden beschuldigt, ihre 4jährige Tochter Yumiko in einem Lokal ausgesetzt zu haben, da Sie nicht das benötigte Geld auftreiben konnten, um beide Kinder zu versorgen. Was haben Sie dazu zu sagen?“, wollte der Richter wissen.

„Ich- Ich habe meine Tochter nicht ausgesetzt! Als ich kurz auf der Toilette war und dann wieder gekommen bin, war sie verschwunden! Ich habe sie nicht absichtlich im Lokal gelassen!“, beteuerte der Angeklagte.

„Warum haben Sie Ihre Tochter dann nicht als vermisst gemeldet?“, fragte Shikamaru.

„ … Ich habe gedacht, dass sie irgendwann schon wieder auftauchen wird…“

„Achja? Wissen Sie eigentlich, wovon Sie gerade sprechen?! Es geht um ein 4jähriges Mädchen, dass noch keinerlei Orientierungssinn besitzt! Sie können doch nicht einfach denken, dass sie schon nach Hause findet!“ Shikamaru hatte sich von seinem Stuhl erhoben. Er war in seinem Element und nichts würde ihm verborgen bleiben.

Der Angeklagte konnte nichts erwidern. Er saß schweigend auf seinem Stuhl und starrte bedrückt zu Boden. Temari musste lächeln. Sie wusste, dass sie diese Verhandlung schon verloren hatte, aber sie verspürte trotzdem nicht das Bedürfnis, sauer zu werden. Sie hatte sich damit abgefunden, dass Shikamaru alles und jeden hinter Gitter bringen würde, vorausgesetzt die Person hatte wirklich Dreck am Stecken. Temari lehnte sich zurück und genoss die Show.

„I-Ich bin noch nicht bereit für den Job als Vater! Das ist mir zu viel, wissen Sie? Ich kann doch nicht wissen, dass diese Göre sich verläuft, wenn man nicht ständig um sie herum ist! Ich wollte eigentlich keine Kinder! …“

„Man sieht Ihnen an, dass Sie keine Kinder haben wollen. Sie sind verantwortungslos und anscheinend auch nicht der Hellste. Ich frage Sie jetzt noch mal: Haben Sie das Kind absichtlich ausgesetzt? Sagen Sie die Wahrheit!“

Shikamaru durchbohrte den Angeklagten mit seinem Blick.

„Ja, verdammt, ja!“, gab dieser schließlich zu.

„Das ging ja schnell“, bemerkte der Richter.

„Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten… Immer diese schreienden Balge, die erst was zu Essen haben wollen und dann doch auf die Toilette müssen! Ich hab’s einfach nicht mehr ertragen…“, murmelte der Angeklagte und senkte beschämt den Kopf.

„So, dann hätten wir das geklärt. Ich beendete die Beweisaufnahme.“
 

Shikamaru verließ zufrieden den Gerichtssaal. Er holte seine Autoschlüssel raus und machte sich auf den Weg nach draußen.

„Warte mal, Shikamaru!“

Shikamaru drehte sich um und entdeckte Temari. „Oh… Hey, was gibt’s?“, fragte er die Blondine, die auf ihn zukam.

//Irgendwie habe ich kein gutes Gefühl dabei//

„Das hast du echt gut gemacht. Kankuro hat mir einen ebenbürtigen Gegner beschert!“ Temari grinste.

Shikamaru blickte sie einige Sekunden verwirrt an. „Du… bist nicht sauer?“, hakte er sicherheitshalber nach.

„Nein, natürlich nicht!“, erwiderte Temari. „Also, wenn ich jetzt sauer wäre, dann wäre ich wirklich dumm! Und ich habe mir vorgenommen, nicht mehr so abweisend zu Menschen zu sein, deren Charakter ich noch nicht kenne. Sonst passiert mir nochmal so was wie mit dir. Und das soll ja nicht mehr passieren.“

„Ja, das ist eine gute Idee. Und, was hast du jetzt vor?“

„Ich werde nach Konoha gehen und Kankuro beistehen. Ich will bei ihm sein, auch wenn ich ihn nicht sehen darf.“

„Oh, achso. Sag mal… wie wär’s, wenn ich dich begleiten würde?“

Temari hob überrarscht eine Augenbraue. „Wieso möchstest du denn mitkommen?“, fragte sie.

„Naja, wir sind ja jetzt Freunde und du willst da bestimmt nicht alleine sein… Da habe ich mir gedacht, dass ich dich begleiten könnte“, erklärte Shikamaru.

„Ja, du hast recht, alleine ist es wirklich langweilig. Na schön, komm mit! Aber wir fahren in meinem Wagen!“ Temari ging vorraus und gab Shikamaru mit einem Wink das Zeichen, mitzukommen. Der braunhaarige folgte ihr nach draußen. Sie stiegen in Temaris Wagen. Die Blonde zündete den Motor und gab Vollgas.

„Du musst mir aber den Weg nach Konoha zeigen, ich weiß nicht wo das ist.“

„Ja, natürlich.“

Nachdem Temari in die Hauptstraße eingebogen war, begann Shikamaru, ihr den Weg zu erklären. Die Fahrt verlief angenehm und keiner der beiden fühlte sich unwohl.

„So, jetzt musst du nur noch in diese Straße einbiegen. Dann sind wir am Konoha-Hospital“, dirigierte Shikamaru gegen Ende der Fahrt, die 2 Stunden in Anspruch genommen hatte. Temari bog in die Straße ein und suchte einen freien Parkplatz, den sie auch schnell fand. Sie und Shikamaru stiegen aus und betraten das Krankenhaus.

Temari steuerte sofort auf die Rezeption zu. „Guten Tag, mein Name ist Temari Sabakuno. Mein Bruder Kankuro Sabakuno ist hier vor einigen Stunden eingeliefert worden und ich würde gerne zu ihm gehen.“

„Einen Moment, bitte…“ Die Frau an der Rezeption blätterte ihre Dokumente durch und fuhr mit den Fingern über die Eintragungen. „Sabakuno… ach, hier! Nun, es tut mir sehr Leid für Sie, aber ihr Bruder ist gerade im OP. Sie können ihn nicht besuchen.“

„Kann ich denn vor dem OP-Saal warten? Ich möchte gerne sofort erfahren, ob er durchkommt oder nicht.“

„Nun… ich kann Ihnen ja sagen, wo er sich befindet. Der OP-Saal trägt die Nummer 05.“

„Vielen Dank!“ Temari nahm Shikamaru an den Arm und zog ihn zu den Aufzügen. „Also, du kennst dich hier doch ein wenig aus, oder? Wo sind die OP-Räume?“, fragte sie den braunhaarigen.

„Ähm… ich glaube, im ersten Stock.“

„Gut.“ Temari stieg von Shikamaru gefolgt in den Aufzug und drückte auf die 1. Die Türen schlossen sich und der Aufzug kam in Bewegung.

Als sich die Türen wieder öffneten, stürmte Temari aus dem Aufzug und schaute sich hektisch um. „Wo sind sie denn nun?“, wollte sie wissen.

„Hier.“ Shikamaru deutete auf eine Tür mit der Aufschrift „OP“. Temari wirbelte herum und ging mit schhnellen Schritten auf die Tür zu. Sie öffnete die Tür und fand einen langen Flur vor.

„So, die Nummer 05 müssen wir jetzt noch finden“, sagte sie und war schon wieder in Bewegung. Shikamaru hatte Mühe ihr zu folgen, da er es vorzog, gemütlich auf sein Ziel zuzugehen und nicht hektisch loszurennen, wenn es in Sicht war.

„Hier, ich hab’s!“ Temari stoppte vor einer großen Tür, die mit der Nummer 05 beschriftet war. An der Tür klebte ein Aufkleber mit der Aufschrift „Nicht betreten – OP wird durchgeführt.“

Temari ließ sich auf eine nahe gelegte Bank fallen. Shikamaru setzte sich zu ihr.

„Hoffentlich kommt er durch…“, murmelte Temari leise.

„Natürlich wird er das! Kankuro ist stark, genau so wie du. Er wird das schon schaffen.“ Shikamaru lächelte der Blonden aufmunternd zu. „Kopf hoch, Temari.“

„Ja, du hast recht. Danke.“

Einige Ärzte und Krankenschwestern liefen den langen Korridor entlang. Sie verschwanden in anderen OP-Sälen oder Nebenräumen, aber nicht im OP-Saal 05. Von dort gingen weder Ärzte raus, noch rein.

„Was machen die denn da so lange? Wir haben zwei Stunden Fahrt hinter uns und die sind immer noch nicht fertig!“, nörgelte Temari ungeduldig.

„Die brauchen halt ihre Zeit. Ich weiß ja nicht, was die da machen, aber die machen das bestimmt nicht zum Spaß. Du hast selbst entschieden, dass du hier warten willst.“

„Ja, ich weiß… Aber diese Ungewissheit ist unerträglich für mich! Mein Bruder ist in Lebensgefahr und ich kann nur sitzen und beten, dass er durchkommt! Ich will jetzt Gewissheit haben!“

„Ich verstehe dich ja, Temari, aber wir können da nichts machen. Die Ärzte da drinnen tuen bestimmt ihr bestes, um deinen Bruder zu retten. Du musst auf sie vertrauen.“

Temari schwieg. Sie starrte auf den weißen Keramikboden und seufzte leise. >Bitte verlass‘ mich nicht, Kankuro<

Weitere Minuten der Ungewissheit vergingen. Krankenschwestern liefen von Saal zu Saal und brachten den Ärtzen ihre Materialien. Ärzte verließen benachbarte OP-Säle und erzählten den Familien erleichtert von der geglückten Operation. Nur die Türen des OP-Saals 05 blieben geschlossen.

Temari gähnte müde. Sie schloss langsam ihre Augen und lehnte ihren Kopf an Shikamarus Schulter. Einige Minuten später schlief sie friedlich vor sich hin.

Shikamaru betrachtete die schlafende Temari lächelnd. //Sie sieht richtig unschuldig aus, wenn sie schläft. Niemand käme auf den Gedanken, dass sie ein gesundes Temperament hat//

Eine halbe Stunde verging. Inzwischen war es schon Nachmittag.

Shikamaru verspürte langsam ebenfalls Müdigkeit. Er gähnte und lehnte seinen Kopf an Temaris. Er wollte gerade die Augen schließen, als er sah, wie sich die Türen des OP-Saals 05 öffneten. Sofort war er wieder hellwach. Er hob seinen Kopf und rüttelte leicht an Temaris Schultern. „Temari, wach auf, der Arzt ist da!“

Temari öffnete die Augen. Sie erblickte eine Person, die aus dem OP-Saal 05 zu ihnen rüberkam. Sie setzte sich wieder aufrecht hin und stand dann sofort auf, um dem Arzt entgegen zu kommen.

Der Arzt war genauer genommen eine Ärztin. Ihre kurzen, rosafarbenen Haare waren zu einem Zopf zusammengebunden und ihre smaragdgrünen Augen betrachteten Temari einige Sekunden.

„Guten Tag, mein Name ist Temari Sabakuno. Mein Bruder Kankuro wurde hier vor einigen Stunden eingeliefert“, sprach Temari die Ärztin an.

„Guten Tag, Sabakuno-san. Ich bin Sakura Haruno. Nun ja, ich habe Ihren Bruder operiert und - “, begann die Ärztin zu erzählen, wurde aber von Temari unterbrochen.

„Und? Was ist mit ihm?“, fragte diese ungeduldig.

„Er… liegt zurzeit leider im Koma und ist aus der Lebensgefahr noch nicht raus, aber wir werden alles mögliche tun, um ihn zu retten. Meine Assistenen versuchen gerade, ihn aus dem Koma zu holen. Wir wissen nicht, ob unsere Eingriffe Einfluss haben werden oder ob wir warten müssen, bis er von selbst wieder aufwacht. Natürlich kann es auch sein, dass er nicht mehr aufwachen wird, aber wir werden alles daran setzen, dass dies nicht passiert. Sie müssen sich leider noch gedulden, Sabakuno-san“, erklärte die Ärztin Sakura.

Temari starrte bedrückt zu Boden.

„Hey, Kopf hoch“, versuchte Sakura sie zu trösten. „Wir schaffen das schon, vertrauen Sie auf uns!“ Sie lächelte ihr zu.

„Danke.“ Temari lächelte dankbar zurück. „Ähm… wissen Sie denn, wie der Unfall passiert ist?“

„Ihr Bruder hatte einen Autounfall. Ein außer Kontrolle geratener Lastwagen hat seinen Wagen von hinten gerammt. Die Insassen des Lastwagens befinden sich ebenfalls im OP.

„Achso…“

Plötzlich wurde die Tür des OP-Saals 05 hektisch aufgerissen. „Doktor Haruno, sein Puls…!“, rief eine Frau mit langen, blonden Haaren, die zu einem Zopf zusammengebunden waren. Im Hintergrund konnte man das Pulsgerät in sehr kleinen Abständen laut piepen hören.

Sakura wirbelte herum und eilte in den OP-Saal. Temari konnte gerade noch hören, wie die Blondine zu ihr sagte: „Wir haben nicht mehr viel Zeit. Die anderen versuchen gerade, ihn am Leben zu halten…“

Temaris Augen füllten sich mit Tränen. Sie versuchten ihn am Leben zu halten. Das hieß, dass er womöglich doch sterben würde. Warum? Warum ausgerechnet Kankuro? Er und Gaara waren doch die einzigen Menschen, die ihr geblieben waren. Wieso musste Kankuro jetzt auch noch gehen? Das war nicht fair. Es war verdammt nochmal nicht fair.

„Hey. Alles okay?“ Shikamaru hatte sich zu Temari gestellt und eine Hand auf ihre Schulter gelegt.

„Er wird sterben…“, flüsterte Temari mit tränenerstickter Stimme. „Es ist nicht fair…“

„Das stimmt doch gar nicht! Es gibt noch Hoffnung für ihn. Du musst daran glauben, dass Kankuro es schaffen kann! Wenn du willst, dass er stark ist, dann musst du auch stark sein, klar?“

Temaris schaute Shikamaru eine Weile schweigend an. „Ich kann nicht immer stark sein… immer muss ich stark sein und alles können! Alle denken, ich bin gefühlskalt und kann immer stark sein, dabei bin ich auch nur ein ganz normaler Mensch…. Ich habe auch meine Schwächen… Ich will nicht immer stark sein! Ich will auch mal schwach sein dürfen….“

Shikamarus Gesichtszüge wurden sanft. „Natürlich. Du kannst nicht immer stark sein. Deshalb werde ich für dich stark sein.“ Er stellte sich Temari gegenüber und umarmte sie. Temari erwiderte die Umarmung und ließ ihren Tränen freien Lauf. „Danke“, schluchzte sie noch, bevor sie ihren Kopf in seiner Schulter vergrub.

Ich bin für dich da

Ich bin für dich da
 

„Natürlich. Du kannst nicht immer stark sein. Deshalb werde ich für dich stark sein.“ Er stellte sich Temari gegenüber und umarmte sie. Temari erwiderte die Umarmung und ließ ihren Tränen freien Lauf. „Danke“, schluchzte sie noch, bevor sie ihren Kopf in seiner Schulter vergrub.
 

Temari drückte Shikamaru näher an sich. Ihre Tränen tropften in großen Mengen auf das Jackett des jungen Staatsanwaltes und sogen sich dann in das Material ein. Ihr leises Schluchzen zerriss ihm fast das Herz. Langsam hob er seine Hand und strich der Blonden über die Haare.

Der womögliche Verlust ihres Bruder machte ihr unheimlich zu schaffen. Sie ließ ihren Gefühlen vor ihm freien Lauf, obwohl sie ihm doch immer so abweisend entgegengekommen war. Zudem hatte er sie als stolze Frau kennen gelernt, die sich nie die „Blöße“ geben würde, vor irgendwem zu weinen. Doch jetzt hatte sie die Erlaubnis, schwach zu sein. Shikamaru hatte ihr versprochen, für sie stark zu sein. Und dieses Versprechen würde er einhalten. Temari hatte es bitter nötig, mal ihre Gefühle rauszulassen und sie nicht in sich einfach in sich reinzufressen. Niemand würde das auf Dauer aushalten. Auch nicht Temari, obwohl ihr Stolz nahezu grenzenlos war. Aber auch sie hatte ihre weiche Seite. Jeder hatte eine weiche, schwache Seite. Und die musste auch mal raus.

Krankenschwestern liefen hektisch an Temari und Shikamaru vorbei. Keiner der beiden merkte etwas davon. In diesem Moment war die Außenwelt nicht wichtig. In diesem Moment war nur wichtig, dass Temari ihre Gefühle nicht leugnete, sondern sie einfach mal raus ließ. Das war jetzt wichtig und nichts anderes.

Shikamaru strich der Blonden immer noch beruhigend übers Haar. Einige Minuten verharrten die beiden so, bis Temari sich langsam beruhigte und sich wieder von Shikamaru löste. Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und blickte unsicher zu Shikamaru auf. Sie hatte vor ihm ihren ganzen Gefühlen freien Lauf gelassen. War das richtig gewesen? Vielleicht fühlte Shikamaru sich ihr nun überlegen, nachdem sie ihre schwache Seite gezeigt hatte. Nein, Shikamaru war nicht so. Er war anders, nicht wie alle anderen Männer. Er war irgendwie… besonders. Er würde niemals ihre Schwäche ausnutzen.

„Sollen wir uns hinsetzen?“, fragte Shikamaru und deutete auf die Bank.

Temari nickte.

Shikamaru nahm Temari an die Hand und ging mit ihr auf die Bank zu. Sie setzten sich hin.

„Wie geht’s dir?“, wollte Shikamaru wissen. Temari glaubte, in seiner Stimme Besorgnis erkennen zu können. Ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht.

„Schon besser… Aber ich will trotzdem wissen, was mit Kankuro ist…“

„Klar, das verstehe ich. Wir warten einfach auf den Doc, dann wissen wie bald mehr.“

Temari schwieg und starrte bedrückt zu Boden. Sie wollte nicht warten. Sie wollte jetzt wissen, was mit Kankuro war. Würde er Überleben? Würde er sterben? Die Ungewissheit plagte sie. Kankuro durfte nicht sterben! Sie wollte nicht wieder jemanden verlieren…

„Hey, alles okay?“

„Was? Äh… ja, alles klar…“

„Du willst nicht warten, oder? Du willst jetzt wissen, ob er überleben wird oder nicht, stimmt's?“

„ … Natürlich will ich das! Diese Ungewissheit ist unerträglich für mich! Du weißt gar nicht, wie schwer das für mich ist…“

„Nein, ich weiß wohl wirklich nicht wie schwer das ist, aber ich weiß, dass du dich noch gedulden musst. Es gibt keinen anderen Weg, da musst du durch.“

„Ja, du hast Recht…“ Temaris Blick war immer noch auf den Boden gerichtet. Ob sie wollte oder nicht, sie musste sich wohl oder übel noch ein wenig Gedulden. Egal, wie unerträglich das war.

Eine Viertelstunde später öffnete sich die Tür des OP-Saals 05. Temari blickte sofort auf und wartete mit klopfendem Herzen darauf, dass die Ärztin ihr nun endlich Gewissheit verschuf. Doch statt der Ärztin kam die blonde Assistentin auf sie zu.

„Was ist mit meinem Bruder?“, fragte Temari trotzdem und sah die Blondine erwartungsvoll an.

„Nun… es steht nicht gut…“, gab die junge Frau zu. „Haruno-san versucht alles, was in ihrer Macht steht. Wir können aber nicht versichern, dass er überlebt.“

Temari sackte in ihren Sitz. Ihr Gesicht wurde blass und sie sah sehr müde aus. „Bitte, rettet ihn…“, murmelte sie leise.

Shikamaru legte besorgt einen Arm um Temari. „Hey, ich bin mir sicher, dass sie es schaffen werden!“, flüsterte er ihr aufmunternd zu.

Die blonde Assistentin setzte sich zu Temari. „Sabakuno-san, unsere besten Ärzte sind am Start, und ich bin mir sicher, dass sie alles geben! Glauben Sie an uns, wir werden Ihren Bruder retten!“, sprach auch sie Temari Mut zu.

Temari nickte schwach. „Ich glaube an euch… Bitte, helft ihm!“

„Das werden wir“, versprach die Assistentin. „Übrigens, ich bin Ino. Ino Yamanaka!“

„Hm?“ Shikamaru schaute überrascht zu der Blonden auf. „Waren wir nicht mal in der selben Klasse?“, fragte er.

„Ähm… jetzt wo Sie es sagen, ich kenne Sie…“, fing auch die Blondine an, zu überlegen.

„Mein Name ist Shikamaru Nara. Sag Ihnen das vielleicht was?“

„Ja! Shikamaru… Du warst doch dieser faule 200 IQ Typ, oder?“

„Ähm… ja…“

Ino stand auf und setzte sich zu Shikamaru. „Und, was machst du jetzt so? Bist du der 2. Einstein?“, fragte sie ihn und lachte dabei.

„Nein, irgendwie nicht… Ich bin Staatsanwalt. Und du bist hier ‘ne Assistentin?“

„Also eigentlich mach‘ ich hier grad meine Ausbildung zur Ärztin. Und solange helfe ich auch als Assistentin aus“, erklärte Ino. „Und, wie läuft’s bei dir so? …“

Shikamaru wurde von Ino in ein Gespräch verwickelt. Temari saß daneben und konnte nur zuhören. Sie betrachtete Ino ein wenig näher. Sie hatte glatte, hellblonde Haare, die zu einem Zopf gebunden waren. Ihr Pony fiel halb ihr rechtes Auge und ging ihr bis zu den Wangen. Sie hatte ein hübsches Gesicht; ihre hellblauen Augen waren klar und strahlten Freude aus. Temaris Blick schweifte zu Shikamaru weiter. Er konzentrierte sich nur auf Ino und das Gespräch, das er mir ihr führte. Er warf keinen einzigen Blick auf Temari. Die Blondine senkte langsam den Kopf und starrte wieder bedrückt zu Boden. Jetzt wo diese blöde Ino da war, interessierte sich Shikamaru kein bisschen mehr für ihr Wohlbefinden. Vor einer Viertelstunde wollte er noch für sie stark sein. Und jetzt? Wo war er jetzt? Bei seiner früheren Klassenkameradin. Sein Versprechen hatte er wohl schon vollkommen vergessen. Er war wohl doch nichts besonderes. Auch nur ein Mann wie alle anderen, der erst ein Versprechen gibt, und dann alles fallen lässt wegen einer anderen. Temari schloss enttäuscht und traurig die Augen. Wäre sie bloß doch stark geblieben. Dann wäre sie jetzt nicht so enttäuscht gewesen. Aber was hatte sie anderes erwartet? Das Shikamaru nur Augen für sie hatte?

>Ich brauche den sowieso nicht< dachte sich Temari. >Ich bin auch alleine stark genug…<
 

„Okay, ich muss dann auch wieder los! Bye Shikamaru und ruf‘ mich mal an!“

Nach zwanzig Minuten stand Ino endlich auf und ließ Shikamaru und Temari wieder alleine. Shikamaru wandte sich Temari zu, nur um zu entdecken, dass sie nicht mehr an ihrem Platz saß. Irritiert schaute er sich in dem langen Flur um. Temari stand an einem großen Fenster, aus dem auf die große Wiese hinaus schaute, die sich vor vor dem Krankenhaus erstreckte. Einige Blumen wehten in der frischen Luft, die draußen durch die Straße blies.

Shikamaru ging auf das Fenster zu und gesellte sich zu Temari. Ihr Gesicht war immer noch sehr blass und sie stand sehr wackelig auf den Beinen. Shikamaru überlegte, ob sie vielleicht ein wenig Schlaf nötig hatte. „Hey, alles okay? Du siehst so müde aus. Vielleicht solltest du ein wenig schlafen.“

Temari ignorierte Shikamarus Aussage und sah weiter aus dem Fenster. Sie beobachtete die Blumen, die im Wind hin und her wehten. Einige Blüten wurden durch den Wind abgerissen und segelten langsam auf die grüne Wiese zu. Eine Windböe wirbelte auf und ließ Temari einen kleinen Schauer über den Rücken laufen. Erst jetzt fiel ihr auf, wie kalt ihr war. Ihre Hände begannen zu zittern. Temari rieb sich die Arme, in der Hoffnung, ein wenig Wärme abzubekommen.

Shikamaru bemerkte Temaris zittern. Schnell spurtete er zu den Sitzen zurück, um seine Jacke zu holen. Er legte sie Temari um die Schultern. „Hier, vielleicht ist dir dann nicht mehr so kalt“, sagte er dabei.

Temari starrte weiter zum Fenster hinaus. „Ich brauche keine Hilfe…“, murmelte sie, ohne sich umzudrehen.

„Temari? Was ist los?“, fragte Shikamaru verwirrt. Hatte sie ihren abweisenden Trip nicht beendet? Warum kam sie jetzt wieder mit so einem Satz an?

„Wolltest du nicht für mich stark sein?!“ Temari hatte sich zu Shikamaru umgedreht und sah in mit einem verurteilendem Blick an.

„Ja, klar! Und das will ich doch immer noch! Was ist denn los?“

„Die letzten 20 Minuten warst du’s aber nicht…“

„Äh…“ Shikamaru ging langsam ein Licht auf. //Die weiß auch nicht was sie will… Erst ist sie abweisend und will nichts mit mir zu tun haben, und dann ist sie eingeschnappt, weil ich nicht die ganze Zeit bei ihr bin// Shikamaru kratzte sich am Hinterkopf. „Sorry, aber Ino hat mich so vollgesabbelt, dass ich gar nicht mehr wusste, wo vorne und hinten ist! Und ich kann ja nicht einfach sagen, dass sie verschwinden soll, wäre ja nicht gerade nett…“

Temari schaute schweigend aus dem Fenster.

„Hey, komm schon, Temari! Sooo schlimm war’s doch nicht, oder? Ich meine, du hast die Zeit doch gut gemeistert, oder?“

Temari seufzte. „Ist ja schon gut. Ich bin wirklich etwas müde. Weck‘ mich, wenns was Neues gibt.“

„Ähm, ja, mache ich.“ Shikamaru atmete erleichtert auf. Das war nochmal gut gegangen. Er wollte es sich mit Temari nicht wieder verscherzen.

Temari legte sich ein wenig aufs Ohr, während Shikamarus Schulter ihr als Kissen diente. 10 Minuten später war auch Shikamaru eingeschlafen.
 

*
 

„Matsuri, wach auf, wir sind da!“ Gaara rüttelte sanft an Matsuris Schulter, um sie zu wecken. Die braunhaarige junge Frau im Alter von 21 Jahren öffnete verschlafen die Augen. „Wir sind schon da?“, fragte sie und gähnte erstmal ausgiebig.

Gaara nickte nur und nahm die Koffer aus dem Fach, das oben an der Wand angebracht war. Matsuri erhob sich von ihrem Sitz und nahm ihren Koffer an sich. „Okay, dann mal los!“

Sie und Gaara stiegen aus dem Zug. Ein großes Schild mit der Aufschrift „Konoha Hauptbahnhof“ stach ihnen ins Auge.

„Sag‘ mal, Gaara… Dein Bruder wird doch überleben, oder?“, fragte Matsuri ihren rothaarigen Freund aus Kindertagen.

„Ich weiß nicht.“

„Oh…“

„Komm, wir müssen unsere Koffer im Hotel abstellen und dann sofort zum Krankenhaus fahren.“

„Ja!“

Gaara und Matsuri setzten ihren Weg fort. Sie fanden das Hotel, in dem sie eingechekt hatten und stellten ihren Zimmern die Koffer ab. Als Gaara erfahren hatte, dass sein Bruder durch einen Unfall in Lebensgefahr schwebte, hatte er sofort eine Fahrt nach Konoha und ein Hotelzimmer gebucht. Matsuri wollte ihn sofort begleiten, als sie davon erfahren hatte. Sie hatte so lange gebettelt, bis er sie mitgenommen hatte. Die Fahrt von Tokio nach Konoha hatte viel Zeit in Anspruch genommen, weswegen es jetzt schon abends war.

„Wir nehmen ein Taxi“, entschied Gaara. Er holte sein Handy raus und bestellte ein Taxi. 10 Minuten später waren er und Matsuri auf dem Weg zum Konoha-Hospital.

Matsuris Blick wanderte vom Taxifahrer zu Gaara. Wie es ihm wohl gerade ging? Bestimmt machte er sich riesige Sorgen um seinen Bruder Kankuro. Gaara war nicht der Typ, der seine Gefühle offen zeigte, weswegen es schwierig war, herauszufinden, was er gerade dachte oder wie es ihm ging. Seine Gefühle versteckte er gekonnt hinter einer Fassade, die bis jetzt noch niemand durchbrochen hatte. Auch wenn Matsuri eine gute Freundin von ihm war, konnte sie nicht hinter seine Fassade schauen. Noch nicht mal seine Geschwister waren so richtig an ihn herangekommen. Gaara war eben ein sehr verschlossener Mensch, aber trotzdem war er sehr hilfsbereit und würde niemanden im Stich lassen. Deswegen mochte Matsuri ihn. Sie mochte ihn wirklich sehr, vielleicht war sie auch sogar ein bisschen verknallt in den rothaarigen jungen Mann. Aber nur vielleicht…

„Gaara?“

„Hm…“

„Ich wollte dir nur sagen… dass ich dir beistehen werde, egal was passiert!“ Matsuri lächelte.

Der Anflug eines klitzekleinen Lächelns huschte über Gaaras Gesicht. „Danke… Matsuri.“

Einige Minuten später hielt das Taxi vor dem Konoha-Hospital. Gaara und Matsuri stiegen aus dem Taxi, bezahlten die Fahrt und gingen dann auf das Krankenhaus zu. An der Rezeption fanden sie heraus, dass Kankuro sich im OP-Saal 05 befand. Die zwei machten sich auf den Weg.

Kurz darauf kamen sie bei besagtem OP-Saal an.

„Gaara, schau mal, ist das nicht Temari?“ Matsuri deutete auf eine blonde Frau, die schlafend an einem Mann lehnte, welcher ebenfalls schlief.

„Ja, das ist sie.“ Gaara ging auf seine Schwester zu. „Temari!“

Temari öffnete langsam die Augen. Als sie Gaaras türkisfarbenen Augen erkannte, sprang sie freudig auf und umarmte ihren Bruder. „Gaara! Ich freue mich so, dich zu sehen!“

Nachdem sich Temari wieder von Gaara gelöst hatte, beäugte dieser seine große Schwester. „Du bist sehr blass“, fiel ihm auf.

„Diese Ungewissheit macht mich einfach fertig…“, murmelte Temari, während sie ihren Blick zum Boden senkte.

Gaara nickte. „Wer ist eigentlich dieser Typ da?“, fragte er und deutete auf Shikamaru, der immer noch am schlafen war.

„Ähm… ein Kumpel aus dem Gericht“, erklärte Temari kurz. „Er hat mich sozusagen nach Konoha dirigiert. Er wohnt eigentlich hier, deshalb kennt er den Weg von Suna nach Konoha.“

Gaara nickte wieder.

Matsuri kam zögernd auf die beiden Geschwister zu. Erst jetzt bemerkte Temari sie. „Oh, hey Matsuri, du bist ja auch gekommen!“

„Hey, Temari… Ja, ich wollte euch beistehen. Es muss ja schrecklich sein, wenn so was passiert…“, sagte Matsuri und lächelte unsicher.

„Ja, es ist wirklich schrecklich… Ich kann mir gar nicht vorstellen, ohne Kankuro zu leben… Er darf nicht sterben…!“

„Das wird er auch nicht! Wenn wir an ihn glauben, dann wird er überleben!“

Temari lächelte. „Das stimmt, Matsuri. Wir müssen nur an ihn glauben…“ Sie setzte sich wieder auf die Bank. Gaara und Matsuri taten es ihr gleich.

„Jetzt können wir also nur warten, was?“, fragte Matsuri.

„Hm…“
 

10 Minuten später wachte Shikamaru auf. Verschlafen schaute er sich um und entdeckte nicht nur eine Person – sondern drei. „Oh… ähm, Tag allerseits…“, murmelte Shikamaru und gähnte kurz.

Gaara streckte ihm die Hand aus. „Gaara Sabakuno; ich bin Temaris Bruder“, stellte er sich kurz und knapp vor.

Shikamaru nahm Gaaras Hand an und schüttelte sie kurz. „Ich bin Shikamaru Nara…“

Plötzlich tauchte ein braun haariges Mädchen neben Gaara auf. „Hi, ich bin Matsuri! Gaara hilft mir bei meiner Ausbildung zur Lehrerin“, stellte auch sie sich vor.

„Öh, ja, hi Matsuri-san…“, begrüßte Shikamaru das Mädchen.

„Die beiden sind extra aus Tokio angereist“, erklärte Temari. „Sagt mal, wollt ihr hier übernachten oder fahrt ihr direkt wieder, wenn hier alles geklärt ist?“

„Wir haben ein Hotelzimmer gebucht.“

„Ach so.“

Einige Minuten herrschte Schweigen. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Shikamarus Gedanken kreisten um Temari. Endlich hatte er es geschafft, ihre harte Schale gänzlich zu knacken! Hatte ja auch lange genug gedauert. Diese abweisende Art hatte Shikamaru schon sehr genervt. Doch jetzt, wo sie ihm vertraute und ihm ihre Gefühle offenbarte, fand er sie schon ganz okay. Eigentlich mochte er Temari ganz gerne. Sie war nicht so wie die anderen Frauen, die nur auf Geld und Make-Up aus waren. Sie war stolz, stark und kein bisschen eingebildet. Shikamaru fand es aber überhaupt nicht schlimm, dass Temari auch ihre schwachen Seiten hatte. Niemand war perfekt und niemand musste das sein. Temari hatte ihren Kummer viel zu lange bei sich behalten. Jetzt wo er raus war, ging es Temari schon viel besser. Sie machte sich natürlich immer noch unheimliche Sorgen um ihren Bruder, doch sie musste ihren Kummer nicht mehr in sich hineinfressen. Das erleichterte ihr das Trauern.

Shikamaru betrachtete Temari. Sie war immer noch sehr blass, doch sie sah nicht mehr so fertig aus. Sie konnte sogar wieder Lächeln, fiel dem Staatsanwalt erleichtert auf. Temari lehnte sich gerade an ihren Bruder und unterhielt sich mit Matsuri, die auf der anderen Seite neben Gaara saß. Es war gut, dass ihr Bruder jetzt für sie da war. Er gehörte zu ihrer Familie und verstand am Besten, was in ihr vorging. Shikamarus Job war getan, jetzt übernahm Gaara. Shikamaru war sich sicher, dass dieser seinen Job gut machen würde.

Gerade, als sich Shikamaru gemütlich in den Sitz rutschen lassen wollte, wurde die Tür des OP-Saals aufgerissen. Statt in den Sitz zu rutschen, sprang er auf, genauso wie Temari, Gaara und Matsuri.

Temari ging auf die Ärztin zu, die gerade den Flur betrat. Es war Sakura Haruno, die Ärztin mit der sie schon mal gesprochen hatte.

„Haruno-san! Was ist mir Kankuro…?“, fragte Temari aufgeregt. Gaara, Matsuri und Shikamaru waren genauso angespannt, wie die Blondine. Alle vier schauten die Ärztin erwartungsvoll an.

Sakura holte tief Luft. „Nun… ihr Bruder Kankuro…. wird überleben!“, verkündete sie strahlend.

Temari schloss die Augen und fasste sich ans Herz. Gaara, Shikamaru und Matsuri atmeten erleichtert aus.

„Was für ein Glück!“, hörte Temari Matsuri noch sagen, bevor sie nach hinten taumelte und ihr mit einem Lächeln im Gesicht schwarz vor Augen wurde.

Startschuss zum Kampf

Startschuss zum Kampf
 

„Was für ein Glück!“, hörte Temari Matsuri noch sagen, bevor sie nach hinten taumelte und ihr mit einem Lächeln im Gesicht schwarz vor Augen wurde.
 

Als Temari die Augen wieder öffnete, lag sie in Shikamarus Armen. Seine braunen Augen betrachteten sie besorgt. „Hey, Temari, alles okay?“

Temari setzte sich langsam auf. „Ja… ich bin einfach nur so glücklich, dass Kankuro wieder lebt!“

Gaara half seiner Schwester auf und führte sie zu den Sitzplätzen.

„Du hast uns einen richtigen Schrecken eingejagt, Temari!“, rief Matsuri, die sich gerade neben Gaara auf die Bank setzte. Shikamaru setzte sich zu Temari und Sakura fragte sie nochmal nach ihrem Wohlbefinden. Als Temari beteuerte, dass alles okay sei, verabschiedete sich Sakura, da sie schon zur nächsten Operation musste.

„Was ist denn jetzt mit Kankuro? Wann dürfen wir ihn besuchen und wann wird er entlassen?“, fragte Temari neugierig in die Runde.

„Wir dürfen ihn schon ab morgen besuchen. Wann er entlassen wird, ist noch unklar“, erklärte Gaara kurz.

Temari nickte matt. „Ach so.“

Die Blondine war sehr müde, obwohl sie hier ein wenig Zeit zum Schlafen gehabt hatte. Der Stress hatte sie ziemlich mitgenommen und hatte auch einen großen Teil ihrer Kraft gekostet.

„Wir sollten jetzt alle nach Hause gehen, es ist schon spät. Morgen früh können wir Kankuro dann besuchen“, schlug Gaara mit einem Blick auf die müde Temari vor. Matsuri stimmte sofort zu und auch Shikamaru freundete sich mit der Idee an.

„Da meine Wohnung ja gerade leer steht, könnten wir doch dort übernachten, damit wir nicht die 2 Stunden zurück nach Suna müssen. Ich hab‘ ein Gästezimmer“, schlug Shikamaru Temari vor. Diese nickte nur.

„Okay, dann auf Wiedersehen allerseits!“, verabschiedete sich Matsuri. Nachdem sich auch Gaara mit einem knappen „Auf Wiedersehen“ verabschiedet hatte, waren die beiden verschwunden.

Shikamaru betrachtete Temari kurz. Sie sah wirklich fertig aus. In diesem Zustand konnte sie ihren Wagen unmöglich fahren. Er entschied, den Wagen für sie zu fahren. „Temari, kann ich deinen Wagen fahren? Ich denke nicht, dass du dazu in der Verfassung bist“, teilte er der Blonden mit. Temari reichte ihm wortlos ihre Autoschlüssel. Shikamaru nahm sie an und half Temari auf. Er legte ihren Arm um seine Schulter, damit sie fest auf dem Boden stand. So machten sie sich auf den Weg zu Temaris Wagen.

Die Fahrt zu Shikamarus Wohnung dauerte nicht lange. Schon nach 10 Minuten hielt Shikamaru vor einem großen Haus, das 10 Familien bewohnten. Shikamarus Wohnung befand sich im zweiten Stock.

Nachdem Shikamaru den Wagen eingeparkt hatte, half er Temari aus dem Auto und ging mit ihr auf das Haus zu. Sie stiegen in den Aufzug und kamen kurz darauf im zweiten Stock an. Shikamaru kramte einen Zweitschlüssel heraus, den er trotz des Wohnungstausches behalten hatte. Auch Kankuro hatte einen Zweitschlüssel für seinen ursprüngliche Wohnung, damit er sie bei einem Notfall betreten konnte, sofern er sich in Suna aufhielt. Shikamaru öffnete die Tür und trat mit Temari in die Wohnung ein. Mit dem Fuß schob er ein paar Schuhe beiseite, um ins Wohnzimmer zu gelangen, wo er Temari zu einem Sofa führte. Die Blonde ließ sich auf das Sofa fallen und schloss die Augen. „Weißt du eigentlich, wie erleichtert ich bin?“, fragte sie auf einmal. Shikamaru, der gerade dabei war, sich die Schuhe auszuziehen, hielt inne und sah zu Temari. „Natürlich. Ich war bestimmt mindestens genauso froh wie du, als wir die gute Nachricht bekommen haben!“

Temari lächelte. „Er lebt noch… Man, ich bin so erleichtert!“

Shikamaru zog sich seinen Schuh aus und setzte sich dann zu Temari. „Vielleicht brauchst du ein wenig Schlaf um das ganze zu verarbeiten. Das Gästezimmer steht für dich bereit. Komm, ich bringe dich hin“, schlug er ihr vor.

„Okay“, stimmte Temari zu. Sie erhob sich langsam und stand mit wackeligen Beinen auf. Shikamaru bot ihr seine Hilfe an, die sie dankend annahm. Er brachte sie zum Gästezimmer, das aus einem Bett, einer Kommode und einem Schreibtisch bestand. Die Wände waren hübsch dekoriert, was Temari in diesem Moment aber nicht sonderlich interessierte. Sie ließ sich erschöpft auf das Bett fallen.

„Naja, dann… gute Nacht“, wünschte Shikamaru.

„Ja, dir auch…“

Shikamaru schloss die Tür und machte sich auf den Weg in sein Schlafzimmer. Er zog sich um, legte sich hin und war schon kurz darauf ins Land der Träume abgedriftet. Auch Temari war, nachdem sie ihre Jacke und ihren Blazer abgelegt hatte, friedlich am schlafen.
 

Am nächsten Morgen wachte Shikamaru um 9 Uhr auf. Heute war Samstag, das hieß, keine Verhandlungen. War auch gut so, denn Temari wäre heute sowieso nicht in der Verfassung dazu gewesen.

Shikamaru zog sich an und schlurfte danach in die Küche. Er brühte sich einen Kaffee auf, mit dem er sich an den Tisch setzte. Gedankenverloren nippte er an dem heißen Getränk. Er dachte über die vergangene Woche nach. Seine erste Woche in Suna-Gakure. Sie war sehr ereignisreich und vor allem anstrengend gewesen. Das hatte der junge Staatsanwalt nicht erwartet. Er hatte sich eher auf eine ruhige Zeit in Suna eingestellt, aber dem war nicht so. Temari hatte in seinem ruhigen Leben so einiges in Bewegung gesetzt.

Temari Sabakuno.

Eine Woche hatte Shikamaru gebraucht, um sich mit dieser Frau einigermaßen zu verstehen. Für normale Verhältnisse war das schon ein bisschen viel, aber bei Temaris Fall war das schon relativ schnell. Wenn man bedachte, wie sehr sie Shikamaru vorher gemieden hatte. Doch jetzt hatte er ihre harte Schale endlich geknackt.

Shikamaru stellte seine leere Tasse in die Spüle und begann, den Frühstückstisch zu decken. Er frühstückte zwar morgens nie, aber Temari war sicher hungrig. Als er fertig mit decken war, setzte sich Shikamaru an den Tisch und nahm die Tageszeitung des gestrigen Tages an sich. Er stöberte ein wenig darin herum, bis er Schritte hörte. Er senkte die Zeitung ein wenig und entdeckte eine gähnende Temari, die aus dem Gästezimmer in die Küche schlurfte.

„Morgen, Temari!“, grüßte Shikamaru die Blondine.

„Morgen…“, murmelte diese noch ein wenig schlaftrunken. Sie setzte sich an den Küchentisch und betrachtete den gedeckten Tisch. „Hast du schon gegessen?“, fragte sie, da sie an Shikamarus Platz keinen Teller entdecken konnte.

„Nein, ich frühstücke morgens generell nicht“, antwortete Shikamaru, der sich wieder seiner Zeitung zugewandt hatte.

„Echt? Solltest du mal machen, mit leerem Magen zur Arbeit zu gehen, ist nicht gut“, erwiderte Temari, während sie sich ein Brötchen aus einem Korb nahm. Sie beschmierte das Brot mit Marmelade und biss hinein. Nachdem sie gefrühstückt hatte, verschwand sie im Bad.

Als sie kurz darauf wieder kam, verkündete sie: „Ich gehe jetzt Kankuro besuchen.“

Shikamaru sah von der Tageszeitung auf. „Soll ich mitkommen?“, fragte er.

„Nein, ich möchte lieber alleine gehen“, entschied sie. „Den Weg zum Krankenhaus kenne ich ja einigermaßen, ich werd’s schon finden. Bis dann!“

„Okay, bis später.“

Temari verließ die Wohnung und saß kurz darauf in ihrem Wagen. Sie zündete den Motor an und fuhr los. Eine Viertelstunde später hielt sie vor dem Konoha-Hospital. Sie stieg aus, schloss den Wagen ab und lief auf das große Gebäude zu. An der Rezeption fand sie heraus, dass Kankuro nicht mehr auf der Intensivstation war, aber noch nicht bei Bewusstsein war. Temari beschloss, ihm trotzdem einen Besuch abzustatten und machte sich auf den Weg zu Kankuros Zimmer, das Zimmer mit der Nummer 34.

Als sie dort ankam, öffnete sie die Tür einen Spalt weit und steckte den Kopf durch. Kankuro hatte ein Einzelzimmer; er lag in seinem Bett, das mit weißer Bettwäsche überzogen war, so wie das ganze Zimmer in weiß gehalten war. Temari trat in den Raum ein und setzte sich zu Kankuro ans Bett. Sein Gesicht war sehr blass, aber es sah friedlich aus.

Temari lächelte erleichtert. >Du hast mir einen echten Schrecken eingejagt, Kankuro. Mach das nie wieder!<

Temari saß einige Minuten still da und betrachtete ihren kleinen Bruder. Ein erleichtertes Lächeln umspielte ihren Mund. Sie konnte kaum fassen, was für ein Glück Kankuro gehabt hatte; um ein Haar wäre er ums Leben gekommen. Aber er hatte überlebt und lag jetzt friedlich im Bett des Krankenzimmers. Und schon bald würde er wieder aufwachen.

Temari hörte, wie die Tür geöffnet wurde. Sie drehte sich um und entdeckte eine Krankenschwester, die mit einem Messgerät in der Hand auf Kankuros Bett zuging. „Guten Tag!“, grüßte sie Temari freundlich.

„Guten Tag“, grüßte diese ebenso freundlich zurück.

„Ich müsste Ihren - “ Die Krankenschwester stoppte und sah Temari fragend an.

„Er ist mein Bruder. Ich bin Temari Sabakuno“, stellte sie sich vor.

„Ich bin Haruka Miyazawa. Nun, ich muss Ihren Bruder jetzt untersuchen, Sabakuno-san.“

„Okay, ich komme dann später wieder. Auf Wiedersehen!“

„Auf Wiedersehen!“

Temari trat in den Flur hinaus. Mit langsamen Schritten ging sie auf den Ausgang zu. >Kankuro geht es einigermaßen gut... Ich hoffe, er kommt bald wieder zu sich. Oh man, er hat mir wirklich einen riesigen Schrecken eingejagt. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass er wirklich durchgekommen ist<

Temari öffnete die Eingangstür des Krankenhauses und trat ins Freie hinaus. Eine kühle Windbrise wehte ihr ins Gesicht. Sie strich sich durch die Haare und sog dabei die kühle Morgenluft ein, um einen klaren Kopf zu bekommen.

Temari kam bei ihrem Auto an. Sie stieg ein und startete den Motor. Sie fuhr in die entgegengesetzte Richtung von Shikamarus Wohnung. Das Dorf ein wenig kennen zu lernen wäre bestimmt nicht verkehrt.

Konoha besaß im Gegensatz zu Suna viel Grün. Bäume und Büsche erstreckten sich neben den Gehwegen und an fast jeder Straßenecke befand sich ein kleiner Park. In Suna gab es stattdessen viel Asphalt und Erde und nur wenig Gras. Temari fühlte sich in diesem kleinen idyllischen Dorf sehr wohl. Sie hielt vor einem etwas größeren Park und machte sich auf einer Bank gemütlich. Sie beobachtete lächelnd die zwitschernden Vögel auf den Bäumen. Konoha war wirklich ein schöner Ort. Zu schön um wahr zu sein.
 

*
 

Shikamaru hatte es sich vor dem Fernseher gemütlich gemacht und zappte gelangweilt durch das Morgenprogramm.

Und nun die Nachrichten: Die Preise steigen weiter!

„Ist das Langweilig...“, murmelte Shikamaru, während er wieder die Fernbedienung betätigte. Als er die Kanäle zwei Mal erfolglos durchgegangen war, schaltete er den Fernseher aus.

//Ich frage mich, was Temari jetzt macht. Bestimmt ist sie immer noch bei Kankuro und wartet darauf, dass er aufwacht. Ich wäre gerne mitgekommen, aber sie wollte alleine gehen. Kann ich ja irgendwie verstehen... Immerhin musste sie sehr viel durchmachen, als noch unklar war, ob Kankuro überlebt. Sie wäre fast krank geworden vor Sorge. Sie macht sich bestimmt immer noch Sorgen. Es steht noch nicht fest, wann er aufwacht; ob er überhaupt aufwacht. Ich hoffe für Temari, dass er bald aufwacht, damit sie sich nicht mehr so viele Sorgen machen muss.//

Shikamarus Gedankengänge wurden von einem Klingeln unterbrochen. Mühsam erhob er sich von seinem Sofa und schlurfte in den Flur, wo es zum zweiten Mal an der Tür klingelte. Er öffnete die Tür.

„Hi!“, rief eine fröhliche Stimme in die Stille.

Shikamarus Müdigkeit war beim Klang der Stimme sofort wie weg geweht. Seine Augen blickten genau in Inos klare, hellblaue Augen. Sie lächelte ihn kokett an und verschaffte sich Zutritt zu seiner Wohnung.

„Ich wollte dich mal besuchen kommen. Du hast doch nichts dagegen, oder? Wow, du hast ja ein schönes Wohnzimmer! Und so aufgeräumt!“ Ino ließ sich auf den Sofa nieder. Sie schmiss ihre Tasche neben sich und schlug die Beine übereinander.

Shikamaru folgte ihr irritiert ins Wohnzimmer. „Nein, ich hab' nichts dagegen... Aber 'ne Ankündigung wäre nett gewesen...“, murmelte er, während er sich auf dem Sessel niederließ, der sich gegenüber vom Sofa befand.

„Ich habe mich spontan dazu entschieden zu kommen. Für einen Anruf war keine Zeit.“ Ino lächelte entschuldigend. „Aber wie ich sehe hast du ja gerade Zeit. Wie geht es dir denn so? Man, wir haben uns echt lange nicht mehr gesehen. Ich war echt froh, dich gestern wiedergesehen zu haben! Du musst wissen, ich fand dich schon in der Schulzeit ganz cool.“

„Ach, wirklich? Hab' ich gar nicht gemerkt...“ Shikamaru kratzte sich am Hinterkopf. Er fühlte sich in dieser Situation nicht sehr wohl, obwohl Ino eine alte Schulkameradin war. Er hatte sich früher nie für sie interessiert und bis heute hatte sich das auch nicht geändert. Ino war zwar ein nettes Mädchen, aber Shikamaru fühlte sich nicht zu ihr hingezogen. Nur, wie sollte er ihr das beibringen?

„Ich hab's dir nie gesagt, weil du früher sowieso nie auf irgendwelche Mädchen geachtet hast. Du fandest uns Mädchen immer so ‚anstrengend‘. Naja, jetzt bist du ja erwachsen und hast dich bestimmt verändert! Wie wär’s, wenn wir beide mal was essen gehen? Dann können wir uns ja über alte Zeiten austauschen und uns ein wenig besser kennen lernen“, schlug Ino vor.

„Ähm.... Ich weiß nicht recht... Ich habe viel Arbeit vor mir. Als Staatsanwalt hat man eine große Verantwortung und bald steht schon die nächste Verhandlung an...“, versuchte Shikamaru sich raus zu reden. Er hatte wirklich nichts gegen Ino, aber eine Verabredung mit ihr gefiel ihm nicht so. Mädchen wie Ino gehörten zur anstrengenden Sorte. Wenn man sie erstmal am Hals hatte, wurde man sie nicht mehr los. Das kannte er noch aus der Schulzeit. Wer mit Ino befreundet gewesen war, musste immer an ihrer Seite sein. Sie hatte niemanden so schnell wieder ziehen gelassen. Und Shikamaru wollte nicht zu ihrem erschreckend großem Freundeskreis gehören.

„Ach, komm' schon! Morgen ist Sonntag. Da hast du keine Verhandlung, stimmt's? Du kannst doch ein, zwei Stündchen für mich investieren, oder? Immerhin haben wir uns im Krankenhaus sehr gut unterhalten, findest du nicht?“ Ino sah Shikamaru bittend an.

„Naja... Wenn du unbedingt willst...“, gab Shikamaru sich schließlich doch geschlagen. //Hoffentlich bereue ich es nicht//

„Supi!“ Ino lächelte Shikamaru fröhlich an. „Dann morgen um 1:00?“

„Okay.“

„Schön! Ich freue mich!“

Shikamaru zwang sich zu einem kleinen Lächeln. „Ich mich auch“, schwindelte er.

„Ich gehe dann auch schon wieder, wir sehen uns ja morgen“, sagte Ino, während sie aufstand.

Shikamaru vernahm ein leises Klicken bei der Tür, dachte sich aber nichts dabei. Er war gerade einfach nur froh, dass Ino sich auf den Weg nach Hause machte.

Ino ging die paar Schritte zu Shikamaru rüber und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Bis morgen, Shikamaru!“ Sie lächelte noch einmal und ging auf die Haustür zu.
 

*
 

Temari bog gerade in die Straße ein, in der Shikamaru wohnte. Sie hatte ihren kleinen Ausflug durch Konoha beendet und wollte wieder zu Shikamarus Wohnung zurückfahren, in der sie für die Zeit, in der Kankuro im Krankenhaus war, wohnte. Sie parkte ihre Auto auf dem Parkplatz, stellte den Motor ab und stieg aus. Nachdem sie ihre Tasche vom Beifahrersitz genommen hatte, ging sie auf das Hochhaus zu. Sie kramte in ihrer Tasche nach dem Zweitschlüssel für die Wohnung, die sie von Shikamaru zugesteckt bekommen hatte, um die Eingangstür zu öffnen. Als sie ihn fand, öffnete sie die Tür schnell und stieg die Treppen zu Shikamarus Wohnung hoch.

>Ich bin echt froh, dass ich mich doch noch mit Shikamaru vertragen habe. Er ist ein echt netter Typ und überhaupt nicht nachtragend. Im Gegensatz zu mir... Ich habe ihm so lange die kalte Schulter gezeigt, nur weil ich sauer war, dass Kankuro weg ist. Dabei ist er ein super Kumpel. Manchmal bin ich einfach zu stur, das muss ich zugeben.<

Temari öffnete die Haustür. Aus dem Wohnzimmer hörte sie eine weibliche Stimme.

„ … wir sehen uns ja morgen“, hörte sie die Stimme sagen. Temari schloss die Tür mit einem leisen Klicken und lugte ins Wohnzimmer, dessen Tür ein wenig geöffnet war. Sie konnte Ino sehen, die Shikamaru gerade einen Kuss auf die Wange gab. Temari starrte fassungslos auf das blonde Mädchen, dass gerade dabei war Shikamaru anzulächeln. „Bis morgen, Shikamaru!“

Was wollte die denn von Shikamaru? Waren die beiden etwa ein Paar?

>Warum tut es mir nur so weh, das zu sehen? Ich interessiere mich doch gar nicht für Shikamaru! Er ist doch nur ein guter Freund...< Trotz ihrer Auffassung, dass Shikamaru nur ein guter Freund war, zog sich ihr Herz bei dem Anblick schmerzlich zusammen. >Es sollte mich nicht interessieren was Shikamaru mit anderen Frauen treibt! Ich bin nicht seine Freundin... Und ich will es auch nicht sein!< redete sich Temari ein, während sie beobachtete, wie Ino auf sie zu kam.

„Oh, hallo Sabakuno-san“, grüßte sie kühl. Der fröhliche Unterton, der vorhanden gewesen war, als sie mit Shikamaru gesprochen hatte, war wie weggefegt. Ihr Blick war prüfend und misstrauisch.

Was wollte sie Temari mit diesem Blick sagen?

„Guten Tag, Yamanaka-san.“ Temari gab den misstrauischen Blick zurück. Sie versuchte zu analysieren, was Ino ihr mit dem Blick sagen wollte. Und ohne es zu wissen, hatte sie Ino damit den Startschuss zu einem Kampf gegeben. Den Kampf um Shikamaru.

Abreise

Kapitel 9 - Abreise
 

„Guten Tag, Yamanaka-san.“ Temari gab den misstrauischen Blick zurück. Sie versuchte zu analysieren, was Ino ihr mit dem Blick sagen wollte. Und ohne es zu wissen, hatte sie Ino damit den Startschuss zu einem Kampf gegeben. Den Kampf um Shikamaru.
 

„Ich muss dann auch wieder los. Schönen Tag noch.“ Ino quetschte sich an Temari vorbei und verließ die Wohnung. Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, betrat Temari das Wohnzimmer. Shikamaru, der noch immer auf dem Sessel saß, wagte einen Blick in Richtung Temari. Er befürchtete, dass Temari sauer war, weil Ino hier gewesen war. Er wollte nicht, dass sie ihm nochmal vorwarf, nicht für sie da zu sein. Was eigentlich unberechtigt war, da Temari zu dem Zeitpunkt von Inos Ankunft gar nicht anwesend war. Trotzdem hatte Shikamaru ein ungutes Gefühl im Magen.

„Konoha ist echt hübsch. Wusste ich gar nicht“, meinte Temari, als sie sich auf das Sofa setzte.

Shikamaru konnte im ersten Moment nicht antworten, weil er mit dieser eher netten Äußerung nicht gerechnet hatte. „Ja... Konoha ist ein wirklich schönes Dorf. Ich bin froh, meine Kindheit hier verbracht zu haben“, antwortete er schließlich.

„Sag mal... magst du diese Ino?“

Temaris Frage lag einige Minuten unbeantwortet im Raum. Shikamaru war zum Teil zu verwirrt, um zu antworten, aber er wusste auch nicht recht, wie er die Frage beantworten sollte. Klar, er konnte sagen, dass er sich nicht für Ino interessierte, aber wie sollte er dann erklären, dass sie für den nächsten Tag ein Treffen ausgemacht hatten? Er wollte Temari keinen falschen Eindruck über sein Verhältnis gegenüber Ino vermitteln.

„ Naja... also, ich finde sie okay. Sie ist zwar ein bisschen anstrengend und geschwätzig, aber sonst ganz nett“, erklärte er schließlich. Es war im Großen und Ganzen die Wahrheit, auch wenn er sie nicht so nett fand, wie es sich anhörte.

Temari nickte. „Sah grad eben so aus, als ob ihr zusammen wärt. Aber das ginge dann ja ein bisschen zu schnell, da ihr euch ja erst gestern nach langer Zeit wiedergesehen habt, oder?“ Sie wusste nicht, warum sie sich vergewissern wollte, dass die zwei kein Paar waren, aber sie tat es trotzdem. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie vor Ino auf der Hut sein sollte. Aber wovor sollte sie sich hüten? Es sollte ihr doch völlig egal sein, wenn sie mit Shikamaru zusammen käme; schließlich war er nichts anderes als ein guter Freund. Er war für sie da gewesen, als es ihr schlecht ging. Dafür war Temari ihm sehr dankbar gewesen, aber sonst war nichts zwischen ihnen passiert. Wenn Ino und Shikamaru zusammen kämen, was würde sich für sie ändern? Tief in ihrem Inneren wusste Temari, wovor sie Angst hatte: Dass Shikamaru keine Zeit mehr für sie hätte und nicht mehr für sie da wäre. Doch das wollte Temari nicht zugeben; sie wollte es sich nicht eingestehen, dass sie Shikamarus Hilfe brauchte und sie nicht verlieren wollte.

„Wir sind definitiv nicht zusammen“, riss Shikamaru Temari aus ihren Gedanken. „Ich würde niemals, ich wiederhole, niemals mit so einer anstrengenden Frau zusammen kommen! Weißt du, wie viel Arbeit das machen würde?“

Shikamarus Aussage brachte Temari unwillkürlich zum Grinsen. „Und meinen Stolz zu brechen, war dir nicht zu schwer?“, fragte sie amüsiert.

„Naja...“ Shikamaru dachte eine Weile nach. „Das war schon eine andere Sache. Du warst ja so unnahbar, dass es mich schon wirklich interessiert hat, warum das so ist. Es war wirklich ein hartes Stück Arbeit, das stimmt, aber wenn ich's nicht gemacht hätte, dann wären wir auch keine Freunde geworden und du wärst immer noch so stinkig.“

„Ja, kann sein.“ Temari lächelte in sich hinein. >Ino wird Shikamaru niemals bekommen.<

„So, jetzt erzählst du mir aber mal wie der Besuch bei deinem Bruder war!“
 

*
 

„Matsuri, ich jetzt werde Kankuro im Krankenhaus besuchen“, sagte Gaara, während er sich die Schuhe anzog. Er nahm sich seine Jacke und streifte sie sich über.

„Kann ich mitkommen?“ Matsuri eilte von der Küche in den Flur. „Ich werde dich auch bestimmt nicht stören!“

Gaara überlegte eine Weile. „Okay, du kannst mitkommen“, entschied er. Er öffnete die Hotelzimmertür und blieb an der Schwelle stehen, um auf Matsuri zu warten.

„Danke!“ Matsuri lächelte Gaara an. Sie zog sich schnell ihre Schuhe und die Jacke an und folgte ihm in den Flur.

„Wir werden heute wieder nach Tokio zurückfahren“, verkündete Gaara auf dem Weg zu seinem Auto. „Deine Ausbildung ist noch nicht ganz abgeschlossen und länger können wir hier nicht bleiben, sonst könnte es Schwierigkeiten geben.“

Matsuri blickte während des Gehens auf ihre schwarzen Stiefel. „Ja. Tut mir Leid, dass du wegen mir deinen Bruder und deine Schwester schon wieder verlassen musst“, erwiderte sie schuldbewusst. „Auch noch jetzt, wo dein Bruder noch immer krank ist.“

„Mach dir keine Sorgen, Matsuri. Temari ist für Kankuro da und wenn deine Ausbildung beendet ist, kann ich die beiden wieder jederzeit sehen.“ Gaara holte die Autoschlüssel hervor und öffnete die Autotür. Er setzte sich hinters Steuer, während Matsuri auf dem Beifahrersitz Platz nahm.

„Bist du dir sicher, dass du schon abreisen willst? Ich kann ja auch alleine fahren, dann kannst du bei deinem Bruder bleiben...“

Gaara zündete den Motor an und fuhr los. „Nein, ich komme mit dir. Ich habe dir doch versprochen, dir zu helfen und du weißt, dass ich meine Versprechen nur ungern breche“, hielt er an seiner Entscheidung fest.

„Okay. Und danke, dass du das für mich tust.“

„Keine Ursache.“

Der Rest der Fahrt verlief ruhig. Gaara konzentrierte sich darauf, den richtigen Weg zum Krankenhaus zu finden und Matsuri dachte darüber nach, wie glücklich sie sich schätzen konnte, mit Gaara befreundet zu sein.

Als Gaara das Krankenhaus gefunden hatte, parkte er sein Auto an einem der Parkplätze. Er und Matsuri stiegen aus und gingen auf das Krankenhaus zu.

„Denkst du, dass Kankuro schon wieder wach ist?“, fragte Matsuri auf dem Weg dorthin.

„Nein, aber ich hoffe es. Nach einem Unfall, in dem man in Lebensgefahr war, wacht man wohl erst nach einigen Tagen wieder auf.“

„Ja, du hast wohl recht.“

Sie betraten das Krankenhaus und fragten nach Kankuros Aufenthaltsort. Dann machten sie sich auf den Weg zu seinem Zimmer. Dort angekommen, stellten sie sich an Kankuros Bett.

Seine Augen waren geschlossen; er war immer noch im Koma. Sein Gesicht hatte jedoch einen friedlichen Ausdruck.

„Schade, er ist nicht wach“, murmelte Matsuri.

Gaara blickte Kankuro einige Minuten stumm an. „Er wird wieder gesund.“

„Hoffentlich.“

„Lass uns gehen. Wir können nichts für ihn tun. Temari ist noch hier und ich bin mir sicher, dass sie bleiben wird, bis Kankuro wieder wach ist.“ Gaara widmete seinen Blick ein letztes Mal Kankuro, bevor er sich abwandte und auf die Tür zusteuerte.

„Okay, ich komme.“ Auch Matsuri bedachte Kankuro mit einem abschließenden Blick. „Werde bald wieder gesund“, flüsterte sie ihm zu, bevor auch sie zur Tür hinaus ging.

„Wir gehen jetzt wieder zurück ins Hotel und packen unsere Sachen. Wir fahren um 12 Uhr“, beschloss Gaara.

Matsuri nickte.

Die beiden fuhren mit Gaaras Auto wieder zurück ins Hotel und begannen dort, ihre Taschen wieder einzupacken. Als Gaara fertig war, nahm er sein Handy zur Hand, um Temari anzurufen.

„Hallo?“

„Hallo Temari, hier ist Gaara. Ich wollte dir Bescheid sagen, dass Matsuri und ich heute wieder nach Tokio fahren.“

„Jetzt schon?“

„Ja, Matsuris Ausbildung ist noch nicht beendet und ich könnte für Kankuro sowieso nichts tun. Er ist immer noch im Koma.“

„Ja, ich weiß. Okay, dann kommen wir zu euch, damit wir uns wenigstens richtig verabschieden können. In welchem Hotel seid ihr?“

Gaara warf einen Blick auf ein Prospekt des Hotels, auf dem dessen Name abgedruckt war. „Es heißt ‚The Dream‘.“

„Okay, wir kommen dann gleich. Bis dann!“

„Bis gleich.“

Gaara legte sein Handy weg und stellte die Koffer in den Flur. „Temari kommt gleich um sich von uns zu verabschieden“, teilte er Matsuri mit.

„Ach, schön, dann können wir sie ja auch noch mal sehen, bevor wir abreisen“, freute sich Matsuri.
 

Als er an der Tür klopfte, sprang Matsuri sofort auf und öffnete.

„Hallo Temari!“, begrüßte sie Temari freudig. „Oh, und Sie sind ja auch da!“, sagte sie an Shikamaru gerichtet, der ein wenig abseits stand. Matsuri reichte ihm die Hand. „Kommt doch rein!“

Shikamaru schüttelte kurz Matsuris Hand und betrat dann zögerlich das Hotelzimmer. Nachdem Matsuri Temari mit einer kurzen Umarmung begrüßt hatte, trat auch sie ein.

Gaara kam gerade mit einem Kaffee aus der Küche. Er stellte ihn ab, um Temari und Shikamaru zu begrüßen.

„Müsst ihr wirklich schon gehen? Jetzt, wo ihr schon so schön da seid, könnt ihr doch noch ein paar Tage bleiben!“, rief Temari, während sie sich aufs Sofa fallen ließ.

„Tut mir Leid, Temari, aber wir müssen schon heute weg. Matsuris Ausbildung ist noch nicht beendet und für Kankuro können wir leider nichts tun“, erklärte Gaara.

„Na gut. Und wann wollt ihr fahren?“

„Gegen zwölf Uhr.“

„Das ist ja schon in einer Stunde!“, fiel Temari auf. „Dann sollten wir euch wohl nicht länger stören, oder?“

„Ihr stört doch nicht!“, rief Matsuri empört. „Aber es stimmt schon, dass wir bald los müssen.“

Temari erhob sich vom Sofa. „Dann verabschieden wir uns schon jetzt, damit ihr genug Zeit habt, alles zu organisieren. Bis dann, Gaara und Matsuri.“ Sie umarmte erst Gaara, dann Matsuri.

Shikamaru erhob sich ebenfalls und schüttelte beiden die Hand. „Bis... irgendwann mal“, murmelte er.

„Es freut mich, dass Sie für Temari da sind“, sagte Gaara während dem Händeschütteln. „Passen Sie gut auf sie auf und hüten Sie sich davor, sie irgendwie zu verletzen.“

„Ähm... klar, machen Sie sich keine Sorgen...“, erwiderte Shikamaru.

„Gaara!“, zischte Temari.

„Ich wollte nur sichergehen.“

Temari schüttelte grinsend den Kopf. „Mach's gut, Bruderherz“, sagte sie und küsste Gaara auf die Wange. „Und du auch, Matsuri.“ Sie umarmte Matsuri ein letztes Mal, dann gingen sie und Shikamaru.

„So, jetzt muss ich unser Zimmer noch abmelden, dann können wir eigentlich auch fahren“, meinte Gaara, als Temari und Shikamaru weg waren. „Geh' schon mal runter und warte auf mich, ich komme dann nach.“

„Okay, mach ich.“ Matsuri zog sich Schuhe und Jacke an und verließ das Hotelzimmer.

Gaara nahm die Koffer, verließ ebenfalls das Hotelzimmer und schloss es mit dem Zimmerschlüssel ab. Er gab den Schlüssel an der Rezeption ab und meldete das Zimmer ab. Dann machte er sich auf den Weg zu seinem Auto, wo er die Koffer in den Kofferraum packte. Matsuri lehnte an der Tür des Beifahrersitzes, während sie Gaara zuschaute.

„So, es kann losgehen“, sagte Gaara, als alle Koffer verstaut waren. Er öffnete die Autotür und stieg ein. Nachdem auch Matsuri im Auto saß, zündete Gaara den Motor an und fuhr los.
 

*
 

Gegen Mittag versuchte sich Temari am Herd, während Shikamaru nichtsahnend im Wohnzimmer ein Nickerchen machte.

„Okay... jetzt brauche ich nur noch Salz, Pfeffer und Paprika...“ Temari öffnete Schränke und schloss sie wieder, bis sie die benötigten Utensilien hatte.

Sie stellte einen Topf auf den Herd und füllte ihn mit rohen Spaghetti. Sie machte den Herd an und wartete, bis die Spaghetti im heißen Wasser auftauten. Als die Spaghetti fertig gekocht waren, füllte Temari die Spaghetti in ein großes Sieb um, damit das Wasser abtropfte. Dann wanderten die Spaghetti auf zwei große Teller. Temari nahm die Soße zur Hand, die sie vorher schon gemacht hatte, und verteilte sie auf den Spaghetti.

„Jetzt noch der Parmesan...“ Temari schaute sich suchend um. Nach einer kurzen Suche fand sie den Parmesan und rieb es über den Tellern mit den Spaghetti, sodass der frisch geriebene Parmesan direkt auf die Soße fiel.

„Fertig!“, murmelte Temari zufrieden. Sie nahm die Schürze ab, die sie in irgendeinem Schrank gefunden hatte, und tapste leise ins Wohnzimmer. Sie ging zu Shikamaru rüber, der seelenruhig auf dem Sofa schlief. Temari rüttelte sanft an seiner Schulter. „Aufwachen, Schlafmütze!“

„Was..? Wie viel Uhr?“, fragte Shikamaru schlaftrunken, als er sich aufrichtete.

„Kurz nach drei“, teilte Temari ihm mit. „Ich hab mich mal an 'nem Mittagessen versucht“, erzählte sie.

Shikamaru sah sie einige Minuten verwundert an. „Wirklich?“

Temari nickte. „Komm mit, du bist die erste Testperson für meine Kochkünste!“, rief sie, während sie sich wieder auf den Weg zur Küche machte.

„Ja, ich komme...“ Shikamaru streckte sich kurz, bevor er auch in die Küche geschlurft kam. „Sieht schon mal lecker aus“, bemerkte er mit einem Blick auf die Spaghetti.

„Jetzt musst du nur noch herausfinden, ob es auch schmeckt!“, meinte Temari, die sich schon an den Tisch gesetzt hatte. „Hier!“ Sie schob ihm einen Teller rüber.

Shikamaru setzte sich auf den Stuhl und nahm die Gabel zur Hand. Er wickelte die Spaghetti um Gabel und nahm den ersten Bissen.

Temari sah ihn gespannt an. „Und? Wie ist es?“, fragte sie.

„Gut“, antwortete Shikamaru kauend.

„Da bin ich ja beruhigt. Okay, ich werde dann solange wir hier sind, immer kochen“, verkündete Temari.

„Soll mir recht sein. Dann müssen wir nicht jeden Tag in 'ne Pommesbude gehen“, erwiderte Shikamaru.

„Gut, dann ist es abgemacht!“
 

Am Abend saßen Shikamaru und Temari mit einer Tüte Chips und zwei Colas auf dem Sofa im Wohnzimmer und sahen sich einen Film an.

Temari gähnte und warf einen Blick auf die Uhr. „Gleich haben wir 10... Morgen früh werde ich beim Krankenhaus anrufen und fragen, ob Kankuro wieder wach ist. Wenn ja, dann fahre ich sofort hin. Wenn nicht, dann bleibe ich wohl hier, weil er ja sowieso nicht merkt, dass ich da bin. Du triffst dich morgen mit dieser Ino, oder?“

„Ja... Ich habe aber so gar keine Lust drauf... Naja, da muss ich wohl durch.“

Temari grinste. „Das hast du dir wohl selbst eingebrockt. Viel Spaß!“

Shikamaru entfuhr ein leiser Seufzer. „Ja ja, du brauchst mich ja nicht gleich so auf zu ziehen...“, murrte er.

Temari lachte. „Ich gehe dann mal in die Falle. Bis morgen, Shikamaru.“ Sie klopfte Shikamaru sanft auf die Schulter und verschwand im Gästezimmer.

Shikamaru sah ihr nach, bis er sie nicht mehr sehen konnte. //Es ist echt schön zu sehen, dass Temari nicht mehr so abweisend ist. Und so unbeschwert ist sie ja echt süß... Irgendwie. Oh man, vielleicht sollte ich auch langsam ins Bett// Er schaltete den Fernseher aus und ging in sein Zimmer. Kurz nachdem er sich ins Bett gelegt hatte, schlief er schon tief und fest.
 

*
 

Am nächsten Morgen wurde Shikamaru von einem lauten Scheppern aus der Küche geweckt.

„Scheiße!“, hörte er Temari leise fluchen.

Shikamaru drehte sich auf den Rücken und warf einen Blick auf die Uhr. Es war 9:30 Uhr. Shikamaru stöhnte leise. Er hätte ruhig noch eine Stunde weiter schlafen können, wenn Temari ihn nicht auf diese unsanfte Weise geweckt hätte. Doch da er sowieso schon wach war, stieg er aus dem Bett und sah nach, was in der Küche passiert war.

Temari kniete gerade über den Scherben einer Schüssel, die sie mit einem Handfeger aufsammelte.

„Was hast du denn hier gemacht?“, wollte Shikamaru verschlafen wissen. Er gähnte, während er sich auf einen der Stühle fallen ließ.

„Sieht man das nicht? Mir ist diese blöde Schüssel runter gefallen“, erklärte Temari. Sie kippte die Scherben in den Mülleimer.

„Oh man...“, murmelte Shikamaru.

„Jetzt sitz hier doch nicht so rum und hilf mir mal!“ Temari drückte Shikamaru den Handfeger in die Hand. Sie nahm eine neue Schüssel aus dem Schrank und stellte sie auf dem Tisch ab. Auf dem Tisch lagen 4 Eier, eine Packung Salz, Zucker, Backpulver, Milch, Mehl und eine Flasche Öl.

Shikamaru betrachtete die Ansammlung an Lebensmitteln kurz. „Was soll das werden?“, fragte er Temari.

„Ich mache Pfannkuchen! Mach mal die Scherben weg, sonst verletzt sich noch jemand.“ Temari nahm sich die Eier, schlug sie am Rand der Schüssel auf und ließ den Inhalt in die Schüssel fließen.

Shikamaru seufzte leise, bevor er anfing, die restlichen Scherben weg zu fegen. „Warum machst du das eigentlich alles?“, wollte er wissen.

„Du hast mir in schweren Zeiten geholfen und ich werde mich revanchieren, indem ich dir hier ein bisschen helfe. Du denkst doch nicht wirklich, ich lasse mir einfach so von dir helfen! So weit hast du meinen Stolz noch nicht runter gebracht“, entgegnete Temari, während sie den Salz, den Zucker, das Backpulver und die Milch in die Schüssel gab und kräftig umrührte.

Shikamaru ließ die eingesammelten Scherben in den Mülleimer wandern. „Du musst das nicht machen, nur um dich zu revanchieren. Mir reicht ein Kaffee zum Morgen sowieso“, meinte er.

„ Ein weiterer Grund, warum ich das hier machen sollte! Du kannst nicht mit leerem Magen in den Tag starten. Davon wird man schwach und kraftlos“, erwiderte Temari. Sie ließ durch ein Sieb das Mehl in die Schüssel fallen und mischte wieder, bis keine Klumpen mehr zu sehen waren. „Ich kenne mich aus damit. Seit unsere Eltern gestorben sind, musste ich mich immer um meine Brüder kümmern. Also, wirst du das essen, bevor du zu deinem Date aufbrichst.“

Shikamaru erinnerte sich an seine Verabredung mit Ino. „Ach ja... Mein Treffen ist um 1 Uhr, das hab' ich ja total vergessen“, murmelte Shikamaru. Er setzte sich wieder an den Tisch und stützte seinen Kopf mit den Händen ab.

„Genau und deshalb musst du dich noch fertig machen! Du hast zwei Stunden Zeit dafür. Und zu einer guten Vorbereitung gehört ein gutes Frühstück.“ Temari ging zu einem Schrank, öffnete ihn und holte eine Pfanne heraus. Sie stellte die Pfanne auf den Herd, den sie auch sofort anmachte. Sie schnappte sich die Öl-Flasche und verteilte das Öl auf der Pfanne.

„Wenn du meinst... Ich weiß nicht mal, ob ich dieses Treffen überhaupt will.“ Shikamaru schaute Temari dabei zu, wie sie einen Schöpflöffel zur Hand nahm und die erste Ladung Teig in die Pfanne gab.

„Das hast du dir selbst zuzuschreiben, wie ich gestern schon gesagt habe. Aber keine Sorge, ich werde dich ordentlich herrichten, und dann wird das schon!“ Temari grinste ihn an.

Shikamaru konnte darauf nur mit einem Seufzen antworten.

Nach dem Frühstück zog sich Shikamaru seine beste Hose und ein hübsches, weißes Hemd an. Temari hatte die Sachen für ihn ausgewählt, so wie auch das Parfum, mit dem sie ihn gerade einhüllte. Inzwischen war es kurz nach zwölf und Shikamaru musste bald los. Er würde Ino abholen und in ein Restaurant ausführen (was Temari ihm vorgeschlagen hatte).

Um halb eins war er fertig.

„So, jetzt geht’s los, was?“, fragte sie ihn grinsend.

„Ja, sieht so aus.“ Shikamaru fummelte am Kragen seines Hemdes herum.

„Jetzt geh schon los! Sie wartet bestimmt schon auf dich!“

„Ja, ja, ich gehe schon. Bis dann und äh... danke“, murmelte Shikamaru. Er öffnete die Tür.

„Keine Ursache. Bis später und viel Spaß!“

Shikamaru schloss die Tür mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend, hinter sich. Obwohl Temari so nett alles für ihn organisiert hatte, fühlte er sich unwohl. Wenn er die Wahl gehabt hätte, wäre er viel lieber mit Temari ausgegangen als mit Ino, aber er hatte keine Wahl. Er nahm seine Autoschlüssel in die Hand und machte sich auf den Weg.

Shikamarus innerer Zwist

Wenn er die Wahl gehabt hätte, wäre er viel lieber mit Temari ausgegangen als mit Ino, aber er hatte keine Wahl. Er nahm seine Autoschlüssel in die Hand und machte sich auf den Weg.
 

Um kurz vor eins stand Shikamaru vor Inos Haustür. Er strich sich noch mal über das Jackett und klingelte. Während er auf Ino wartete, starrte er auf seine blitzblank polierten, schwarzen Schuhe. Temari hatte ihm geholfen, sie so sauber wie möglich zu machen. Shikamaru wandte seinen Blick ab und schaute auf die weiße Tür, die ein wenig angekratzt war. Was Temari wohl jetzt machte? Bestimmt hatte sie es sich vor dem Fernseher gemütlich gemacht oder unternahm einen Spaziergang durch Konoha. Und er stand hier vor Ino Yamanakas Haustür, um mit ihr Essen zu gehen. Shikamaru seufzte innerlich. Er war noch nie der große Romantiker gewesen. Und für Mädchen hatte er sich früher auch nicht sonderlich interessiert. Für ihn war es nur wichtig gewesen, sich viel Wissen anzueignen, um später ein angesehener Staatsanwalt zu werden. Es hatte sich gelohnt: Er war zu einem Anwalt geworden, der sich nicht unterkriegen lässt. Doch andererseits hatte er eine hübsche, junge Frau bei sich zu Hause sitzen und führte gerade eine andere zum Essen aus. Das hatte Shikamaru früher nicht geplant, als er sich auf die Zukunft vorbereitete hatte.

Ino öffnete nach einer halben Ewigkeit, wie es Shikamaru vor kam, endlich die Tür. Sie strahlte Shikamaru fröhlich an. „Schön, dass du gekommen bist!“

Shikamaru erwiderte ihr Lächeln zögerlich. Er betrachtete Ino kurz. Sie trug ein hellblaues Kleid, dass ihre Knie knapp verdeckte, und eine weiße Jacke. Ihre weißen Schuhe hatten hohe Absätze, mit denen sie genau so groß war wie Shikamaru. Sie trug ihre Haare offen, und damit keine Haarsträhnen in ihr Gesicht fielen, hielt sie mit Spangen zurück. Für Shikamarus Geschmack hatte sie ein wenig zu viel Make-Up aufgetragen, aber sie sah trotzdem recht hübsch aus, wie er eingestehen musste.

„Sollen wir losgehen?“, fragte Ino mit einem Lächeln im Gesicht.

„Äh... ja“, antwortete Shikamaru. Er wandte seinen Blick ab und trat ein wenig zur Seite, um Ino vorbei zu lassen.

Ino machte die Tür hinter sich zu, nachdem sie in den Flur hinausgegangen war. Sie folgte Shikamaru, der schon vorgegangen war, die Treppen hinunter. Unten angekommen, verließen sie den Wolkenkratzer, in dem Ino eine Wohnung besaß, und stiegen in Shikamarus Auto. Shikamaru zündete den Motor an und fuhr los. Während der Fahrt wurde Shikamaru von Ino zu geredet, die unbekümmert von sich und ihrem Leben sprach. Shikamaru hörte ihr nur zum Teil zu und nickte manchmal oder schüttelte den Kopf, wenn Inos Stimmlage ärgerlich wurde, was wohl hieß, dass sie etwas erzählte, was ihr nicht gefallen hatte.

//Warum mache ich das hier? Ich hätte mir das ganze sparen können, wenn ich gesagt hätte, dass ich schon was vor habe. Aber nein, ich Idiot sage ihr auch noch zu. Wie blöd kann man nur sein// Shikamaru schüttelte den Kopf über sich selber.

„Warum schüttelst du den Kopf, Shikamaru? Denkst du, ich habe falsch gehandelt? Aber was hätte ich denn sonst machen sollen??! Sag' mir das bitte mal!“

„Was?“, fragte Shikamaru verwirrt und drehte sich zu Ino um. „Entschuldige, ich habe dir gerade nicht zugehört.“

„ … Und warum hast du dann den Kopf geschüttelt? Ist irgendwas nicht in Ordnung? Ist mein Outfit nicht passend? Habe ich irgendwo einen Fleck? Findest du, ich habe zu viel Make Up aufgetragen??“ Ino sah panisch an sich herunter, um den Fehler zu entdecken, den Shikamaru angeblich an ihr gefunden haben sollte.

„Nein, nein... Ich war nur in Gedanken versunken. Hatte gar nichts mit dir zutun“, beruhigte Shikamaru sie. //Jetzt wirst du auch noch zum Lügner, Nara... Warum sagst du ihr einfach nicht, dass du keinen Bock auf das alles hier hast?!//

„Dann ist ja gut.“ Ino schenkte Shikamaru ein süßes Lächeln. „Also, dann erzähle ich dir nochmal von der Sache, bei der du nicht zugehört hast... Das musst du doch erfahren! Also, hör' diesmal genau zu!“

Shikamaru seufzte innerlich, bemühte sich aber, diesmal aufzupassen, um Ino nicht zu verärgern.

Eine Viertelstunde später kam endlich das Restaurant in Sicht, dass er sich für das Treffen ausgesucht hatte. Shikamaru suchte einen freien Parkplatz, den er auch schnell fand, und parkte sein Auto.

„So, wir sind da“, verkündete er, während er sich abschnallte. Ino schnallte sich ebenfalls ab und stieg, genau wie Shikamaru, aus dem Wagen aus.

Mit den Händen in den Hosentaschen machte sich Shikamaru auf den Weg ins Restaurant, gefolgt von Ino, die ihre Handtasche fest umklammerte.

Nachdem Shikamaru einen Tisch bestellte hatte, konnten die beiden Platz nehmen. Ino schnappte sich die Speisekarte und blätterte darin herum. „Was nehme ich denn...“, murmelte sie während sie sich alle angebotenen Menüs genau anschaute.

Shikamaru gähnte. Um ein wenig Zeit tot zu schlagen, schaute er sich im Lokal um. Es war nicht sehr groß, aber hübsch eingerichtet. An den Tischen saßen viele Gäste, die Wein tranken, lachten und sich Geschichten erzählten. Die Kellner, die alle Bestellungen aufnahmen und das Essen servierten, waren sehr freundlich und fleißig. Eigentlich ein sehr sehenswertes Restaurant.

„Shikamaru, ich hab' meine Entscheidung getroffen! Jetzt bist du dran!“ Ino reichte Shikamaru lächelnd die Karte.

„Danke.“ Shikamaru nahm die Karte an sich und blätterte sie kurz durch. Als er damit fertig war, entschied er sich für das erstbeste Menü, dass auf der Karte stand. Er winkte einen Kellner heran und gab die Bestellung auf.

„Kommt sofort!“, versprach der Kellner und war schon verschwunden.

Ino schlug die Beine übereinander. Sie schenkte Shikamaru ihr süßestes Lächeln und sagte: „Ich freue mich wirklich sehr, mit dir hier zu sein!“ Ihre Wangen erröteten kurz.

„Ja... ich freue mich auch, hier mit dir zu sitzen...“, murmelte Shikamaru zögernd. Irgendwie war Ino ja schon süß, aber trotzdem war sie ihm nicht ganz geheuer. Frauen wie sie waren total anstrengend und das konnte Shikamaru überhaupt nicht ausstehen. Alles was anstrengend war, ging er aus dem Weg. Nur wenn er eine Sache unbedingt wollte, ließ er sich auch von anstrengenden Dingen nicht unterkriegen, wie zum Beispiel in seinem Job. Der ein oder andere Fall hatte Shikamaru die Nerven geraubt, doch er hatte nie aufgegeben. Aber Frauen wollte und konnte er nicht verstehen. Die einzige Ausnahme war Temari. Sie war die einzige Frau gewesen, wegen der Shikamaru eine stressige Phase durchgemacht hatte. Und er war sich sicher, sie würde die einzige bleiben. Und doch hatte er dem Essen mit Ino zugesagt, bei dem Stress ja schon vorprogrammiert war. Shikamaru seufzte innerlich. Er musste dieses Treffen so stressfrei wie möglich über die Bühne bringen.

„Erzähl doch mal was von dir! Ich bin hier die ganze Zeit am quatschen und du sagst fast gar nichts!“ Ino lächelte Shikamaru aufmunternd zu.

Shikamaru verzog leicht das Gesicht. Warum plapperte sie nicht einfach weiter? Das wäre nichts so anstrengend gewesen, als jetzt auch noch selbst zu reden. Außerdem wusste er auch überhaupt nicht, was er Ino erzählen sollte. Was gab es in seinem Leben schon groß zu erzählen?

„Magst du diese Sabakuno?“

Shikamaru schreckte von seinen Gedanken auf und starrte Ino perplex an. „W-Was? Wie kommst du da drauf?“ Ohne etwas dagegen machen zu können, stieg eine leichte Röte in seine Wangen.

Ino sah Shikamaru traurig in die Augen. „Du denkst doch die ganze Zeit an sie, stimmt’s? Du bist die ganze Zeit abwesend, hörst mir nicht zu, wenn ich rede und überhaupt hast du keinen Bock auf das alles.“

„Ehhh…“ Shikamaru wusste darauf nichts zu sagen. Irgendwie stimmte alles, was sie gesagt hatte. Zwar hatte er nur kurz an Temari gedacht, jedoch stimmte der ganze Rest vollkommen. Ein schlechtes Gewissen schlich sich in Shikamarus Unterbewusstsein ein. Er wollte Ino nicht verletzen. Wenn sie es aber schon von selbst merkte, musste er ihr sagen, was Sache war, bevor sie sich noch Hoffnungen machte. Shikamaru holte tief Luft und sah Ino entschlossen in die Augen. „Sorry, Ino. Weißt du, ich…“

„Du brauchst nichts zu sagen“, unterbrach Ino Shikamaru. „Ich weiß was du sagen willst und ich verstehe dich. Ich bin einfach eine unverbesserliche Plappertasche und ich will dich damit gar nicht weiter nerven.“ Ein trauriges Lächeln huschte über Inos Gesicht, als sie aufstand und den Stuhl an den Tisch schob.

Shikamaru blinzelte sie verwirrt an. „Wohin… gehst du?“

„Nach Hause. Ist besser für uns beide.“

„Äh… warte doch!“ Shikamaru stand ebenfalls auf und hielt Ino am Arm fest. Er wusste nicht, wieso er das tat, aber irgendwie kam es ihm falsch vor, Ino jetzt gehen zu lassen. Er hatte ihr angesehen, wie sehr sie sich auf ihr Treffen gefreut hatte. Und jetzt, wo sie gemerkt hatte, dass diese Freude nur einseitig war, sah sie so niedergeschlagen aus, dass sich bei Shikamaru ein schlechtes Gewissen breit gemacht hatte. Er wollte sie nicht abweisen. Das konnte er ihr nicht antun, auch wenn er sie nicht so sehr mochte, wie sie ihn.

„Was… ist denn?“ Ino schielte verlegen zu Shikamaru rüber. Obwohl es nur eine kleine Geste von Shikamaru war, freute sie sich darüber. Der Hoffnungsschimmer, dass Shikamaru sie doch mehr mochte, als er zugeben wollte, keimte in ihr auf.

„Du nervst mich gar nicht… Also… ich meine… wir sind doch gerade mal ‘ne Viertelstunde hier und…“ Shikamaru kam sich ziemlich blöd vor, so wie er hier stand und vor sich hin stammelte. Dabei wollte er nicht mal unbedingt, dass Ino blieb. Trotzdem versuchte er, sie da zu behalten.

Ino lächelte Shikamaru glücklich an. „Wenn du das möchtest, kann ich auch bleiben“, sagte sie mit leicht geröteten Wangen.

Shikamaru hielt inne und runzelte die Stirn. Sollte er ihr wirklich vorgaukeln, dass er das hier alles wollte? Immerhin wollte er es ja gar nicht. Aber wenn er sie jetzt abwies… Am liebsten hätte Shikamaru sich an die Stirn geklatscht, weil er sich immer wieder in blöde Situationen manövrierte, die total unnötig waren. Shikamaru setzte sich langsam wieder hin. „Also…“

Bevor Shikamaru sein Schicksal selbst in die Hand nehmen konnte, kam der Kellner mit dem Essen und sorgte dafür, dass Ino sich automatisch wieder hinsetzte. Sie würde also bleiben. Shikamaru atmete tief durch. Er würde das schon schaffen. Und wenn das überstanden war, würde er sich auf kein weiteres Date mit ihr einlassen.
 

*
 

Temari saß gelangweilt auf dem Sofa und blätterte durch ein Magazin, das sie eigentlich überhaupt nicht interessierte. Mit jeder Seite wurden die Thema öder, deshalb steckte Temari das Heft schon nach einigen Minuten wieder weg. Seit Shikamaru zu seinem Treffen aufgebrochen war, hatte Temari sich durchgehend gelangweilt. Sie hatte sich zwar in der Wohnung umgesehen, dabei aber nichts Interessantes entdecken können. Keine Bilder von Shikamarus Kindheit oder Bilder seiner Eltern hingen an den Wänden. Sie Wände abgesehen von den Verzierungen komplett kahl. Temari konnte nichts über Shikamaru herausfinden.

Um sich nicht weiter langweilen zu müssen, beschloss Temari, Kankuro im Krankenhaus zu besuchen. Vielleicht war er ja wieder wach. Temari dachte zwar nicht, dass es heute schon so weit war, aber einen Blick wollte sie trotzdem auf ihren kleinen Bruder werfen. Temari zog sich an und stieg in ihren Wagen. Inzwischen kannte sie den Weg von Shikamarus Wohnung zum Konoha-Hospital. Sie hatte sich ein wenig in Konoha umgeschaut und kannte mittlerweile einige Straßen des Dorfes.

Temari öffnete leise die Tür zu Kankuros Zimmer. Wie es sich Temari schon gedacht hatte, schlief er immer noch friedlich vor sich hin. Temari setzte sich zu Kankuro ans Bett. Er war immer noch ein wenig blass, aber er sah wieder einigermaßen gesund aus. Temari freute sich, dass Kankuro auf dem Weg der Besserung war. Sie hatte sich eine Zeit lang um ihn sorgen müssen, sogar um ihn bangen müssen, doch jetzt war fast alles wieder in Ordnung. Nur eine Sache machte Temari noch Sorgen. Würde Kankuro aufwachen? Was war, wenn er nicht mehr aus dem Koma erwachen konnte? Doch daran wollte Temari gar nicht erst denken. Kankuro hatte eine Menge durchgemacht, aber das würde er auch schaffen. Er musste es einfach schaffen.

„BUUUHHH!!!“

Temari schrie erschrocken auf und fiel fast von ihrem Stuhl. Kankuro setzte sich in seinem Bett auf und grinste seine große Schwester feixend an. „Hab‘ ich dich erschreckt?“

„KANKURO!! Du bist so ein Idiot!“ Temari hielt sich eine Hand ans Herz, während sie mit der anderen leicht an Kankuros Kopf stieß.

Kankuro lachte seine Schwester amüsiert aus. „Man, ich krieg dich auch immer wieder dran!“

Temari schüttelte den Kopf. Obwohl sie sauer auf Kankuro sein müsste, kam ihr ein Lächeln über die Lippen. Positive Gefühle wie Freude und Erleichterung überströmten sie. Freudentränen traten ihr in die Augen. „Endlich bist du wieder wach!“ Temari umarmte Kankuro. Ein leises Schluchzen entfuhr ihr, doch dann wischte sie sich schnell über das Gesicht und ließ wieder von Kankuro ab. „Wie geht’s dir?“

„Mir geht’s gut. Und dir? Sieht so aus, als hättest du dir Sorgen gemacht.“ Wieder huschte ein Grinsen über Kankuros Gesicht.

„Natürlich habe ich mir Sorgen gemacht! Mach das nicht nochmal!“ Temaris strafender Blick vertrieb Kankuro das Grinsen aus dem Gesicht. „Ich versprech’s dir, das nächste Mal werde ich noch vorsichtiger sein“, sagte er mit ernster Miene.

„Will ich auch hoffen. Ich hatte so eine Angst… Und das alles nur, weil du diesen blöden Austausch gemacht hast! Was fällt dir eigentlich ein, mir nichts davon zu sagen?!“

Kankuro lachte wieder. „Ach, das. Das hab ich dir doch schon im Brief erklärt, du Möchtegern-Mama.“

Temari verschränkte die Arme. „Möchtegern-Mama?! Was soll das denn jetzt heißen?“

„Gaara und ich, wir sind auch schon Erwachsen, falls du das nicht bemerkt hast. Du musst dich nicht mehr um uns kümmern, das heißt, mach‘ dir keine Sorgen mehr, sonst kriegst du graue Haare“, erwiderte Kankuro mit seinem immerwährenden Grinsen im Gesicht.

„Du raubst mir den letzten Nerv! Von deinem Humor hast du anscheinend auch nichts verloren… Man, geht das auf die Nerven!“ Temari seufzte. Obwohl ihr Bruder sie mal wieder bis aufs äußerste reizte, konnte sie ihm nie lange böse sein. Immerhin war er ihr kleiner Bruder, um den sie sich jahrelang gekümmert hatte. Diese Zeit war aber anscheinend vorbei. Kankuro wie auch Gaara machten die Dinge, die sie tun wollten. Und dazu brauchten sie Temaris Hilfe nicht mehr. Sie musste die zwei nicht mehr bemuttern und irgendwie vermisste sie es sogar ein wenig.

„Also, Temari, erzähl mal, wie’s so bei euch beim Gericht läuft“, wechselte Kankuro plötzlich das Thema.

„Seit du weg bist kommen uns plötzlich nur noch Kriminelle ins Haus“, murrte Temari. Dass sie ihre Verhandlungen der Reihe nach verlor, machte sie immer noch wütend, auch wenn sich die Wut nicht mehr an Shikamaru richtete. Die Schuld trugen da eher die Täter, die die ganzen Straftaten begangen. Shikamaru jedenfalls hatte damit nichts zu tun. Das hatte Temari verstanden.

„Du verlierst gegen den Nara? Ha, hätte ich zu gerne mal gesehen, wie du verlierst!“ Kankuro lachte sich ins Fäustchen. Er ließ wirklich keine Gelegenheit aus, seine große Schwester zu nerven. „Und, wie verstehst du dich so mit ihm? Ich wette, er hält dich für ein Mannsweib!“

Temari starrte ihren Bruder wütend an. „Mannsweib?! Ich zeig dir gleich, was ein Mannsweib ist!“ Sie ließ bedrohlich ihre Finger knacken. „Und außerdem, haben wir uns am Anfang zwar wirklich nicht gut verstanden, aber jetzt sind wir gute Freunde. Und das wegen deinem Unfall!“

„Ach ja? Jetzt bin ich aber neugierig, erzähl mal was so alles passiert ist, seit ich hier in Konoha bin!“

„Also, das hat alles so angefangen…“

Eine halbe Stunde später war Kankuro bestens über die Geschehnisse informiert. Auch dass Shikamaru gerade Ino an der Backe hatte, wusste er von Temaris Erzählungen. „Und diese Yamanaka ist eine Schulfreundin von ihm sagst du?“, vergewisserte er sich noch einmal.

„Naja, wenn man das so sagen kann… Ich habe das Gefühl, dass er sie nicht so mag wie sie ihn“, erwiderte Temari. Ihr fiel sofort Kankuros provozierendes Grinsen auf und sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. „Denk jetzt aber bloß nicht, dass ich auf den stehe oder so!“, fügte sie schnell mit verschränkten Armen hinzu. „Er ist nur ein guter Freund!“ Sie versuchte, Kankuro böse anzuschauen und ihre leicht glühenden Wangen zu ignorieren.

„Jaja, das sagen sie alle…“

„Aber es IST so!“

„Okay, wenn du meinst…“ Kankuro grinste seine Schwester wissend an.

„Grins nicht so blöd!“, schnauzte Temari ihn gereizt an. Sie hasste es, mit ihren Brüdern über ihr Privatleben zu sprechen.

„Ich rate dir, ihn dir zu angeln, bevor diese Ino es tut.“ Kankuros Stimmlage hatte sich ein wenig verändert. Sie war nicht mehr so spöttisch wie am Anfang, sie war irgendwie ernster geworden, was bei Kankuro sehr verwunderlich war.

„Ich hab dir doch gesagt, dass ich nicht auf ihn stehe! Und außerdem haben die zwei sowieso schon ein Date.“ Temari hielt stur an ihrer Sicht der Dinge fest. Sie wollte keine Ratschläge von Kankuro annehmen. Dazu kam noch, dass sie nicht mal in Shikamaru verliebt war. Kankuro spinnte sich da nur was zusammen, was nicht der Wahrheit entsprach.

„Ist doch scheiß egal, ob die ein Date haben! Von dem was du mir bisher erzählt hast, bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass Shikamaru gar nichts von dieser Ino will, sondern eher was von dir! Der war bestimmt schon von Anfang an in dich verknallt, sonst hätte er sich nicht so bemüht, dich von deinem hohen Ross zu bringen.“

Temari dachte eine Weile stumm nach. Seit wann was Kankuro unter die Philosophen gegangen? Vielleicht hatte der Unfall ihm das Hirn zermartert, obwohl er seinen Humor ja nicht verloren hatte. Doch warum war er jetzt so ernst?

„Warum faselst du so dummes Zeug?“

„Hö? Also erstens stimmt es, was ich gesagt habe und zweitens wollte ich dir mal auf die Sprünge helfen! Weißt du, auch kleinere Brüder können größeren Schwestern mal helfen!“

„Das… ist echt nett von dir, aber lass mein Privatleben mal lieber meine Sorge sein. Und Shikamaru Nara ist nicht in mich verknallt und andersrum genauso!“

Eifersucht?

„Das… ist echt nett von dir, aber lass mein Privatleben mal lieber meine Sorge sein. Und Shikamaru Nara ist nicht in mich verknallt und andersrum genauso!“
 

Dieses liebliche Lächeln ging ihm wirklich auf den Geist. Shikamaru rieb sich seufzend die Stirn. Welcher böse Teufel hatte ihn geritten, sich das anzutun? Diese Frau war noch nerviger, als er sie in Erinnerung hatte. Ist das die Belohnung dafür, dass ich immer so fleißig war?, fragte er sich leicht verzweifelt. Ino war kein schlechter Mensch. Eigentlich war sie eine wirklich nette Person, doch Shikamaru war sich hundertprozentig sicher, dass sie und er nicht zusammengehörten. Ihr Gerede ödete ihn an und das war Grund genug, um nicht mit ihr zusammen zu sein.

Ino lächelte ihn immer noch an. Sie wartete womöglich darauf, dass er zurücklächelte. Shikamaru gab sich einen Ruck und zwang sich zu einem Lächeln. Ihm gelang nur ein schiefes, nervöses Lächeln. Ino schien nicht gemerkt zu haben, dass es ein unechtes Lächeln war, denn sie strahlte ihn an und nahm seine Hand. „Ich bin so froh, dass du dir die Zeit genommen hast, dich mit mir zu treffen!“, rief sie überaus fröhlich. Shikamaru wollte sich das Ohr reiben, doch das kam ihm dann ein wenig unfreundlich vor. „Ja…“, stimmte er halbherzig zu.

„Ich habe gerade eine tolle Idee!“ Ino strahlte immer noch. „Wie wär’s mit einem weiteres Treffen?“

Wirklich tolle Idee.

„Naja… weißt du…“, stammelte Shikamaru etwas unbeholfen. Wie sollte er ihr bloß absagen?

„Wenn du Bedenken wegen Sabakuno-san hast, dann kannst du sie doch mitnehmen! Ich kenne jemanden, der eine Freundin sucht und vielleicht versteht sich Sabakuno-san ja mit ihm!“ Ino war von ihrer Idee total überzeugt. Sie strahlte Shikamaru so enthusiastisch an, als ob sie damit erreichen könnte, dass er etwas von ihrem Enthusiasmus abbekam. Das schien nicht zu wirken, denn Shikamaru schaute sie ein wenig zweifelnd an. „Ich weiß nicht…“, setzte er wieder an, doch Ino unterbrach ihn ein weiteres Mal. „Oder ist Sabakuno-san schon vergeben?“

„Nein!“, rief Shikamaru so plötzlich, als wolle er sich selbst davon überzeugen, dass es nicht stimmte.

„Okay“, meinte Ino und sah in etwas komisch an. Als Shikamaru das bemerkte, versuchte er, seine Haltung zu wahren. „Naja… also, wenn du meinst, dann können wir das ja machen…“, kam er wieder zum eigentlichen Thema zurück. Eigentlich wollte er den Vorschlag gar nicht annehmen, doch er wollte nicht, dass Ino dachte, er wäre in Temari verliebt oder so etwas. Er befürchtete, dass hatte sich gerade so angehört, weil er bei der Beantwortung von Inos Frage so übertrieben reagiert hatte. Warum hatte er das eigentlich gemacht? Er wusste keine Antwort darauf und er wollte auch überhaupt keine Antwort darauf haben. Das Beste war einfach, wenn er die ganze Sache vergaß, sich noch ein letztes Mal mit Ino traf und ihr dann klipp und klar sagte, dass sie nicht zusammenpassten. Schließlich wollte er nicht, dass die ganze Sache damit endete, dass er Ino an der Backe hatte.

„Ehrlich?“, fragte Ino hoch erfreut. „Super! Dann treffen wir uns morgen um 14:00 Uhr zum Mittagessen hier, okay?“

„Okay.“

„Ich freue mich!“ Ino beugte sich zu Shikamaru vor und bevor er es verhindern konnte, hatte sie ihn leicht und zärtlich auf den Mund geküsst. Sie verabschiedete sich verlegen und mit leicht geröteten Wangen von ihm. Shikamaru konnte nichts erwidern, weil er von dem Kuss ziemlich geschockt war. Ino bemerkte es nicht und verließ kurz darauf kichernd das Lokal.

Shikamaru schüttelte sich kurz. Hatte Ino ihn gerade wirklich geküsst? Was fiel ihr eigentlich ein? Shikamaru fuhr langsam über seine Lippen. Es hatte sich nicht schlecht angefühlt, aber irgendwie… falsch. Shikamaru beschloss, nicht weiter darüber nachzudenken und verließ ebenfalls das Lokal.

Als er die Tür zu seiner Wohnung öffnete, bemerkte er, dass Temaris Schuhe und ihre Jacke nicht da waren. Das musste also heißen, dass sie nicht da war. Shikamaru vermutete, dass sie ihren Bruder besuchte. Nach einer kurzen Dusche setzte sich Shikamaru auf das Sofa im Wohnzimmer und machte den Fernseher an. Er schaltete wahllos zwischen den Kanälen her und fand nichts, was interessant genug war, um es sich anzuschauen. Als er nach einer halben Stunde Suche doch etwas gefunden hatte, hörte er, wie ein Schlüssel ins Schloss gesteckt wurde. Temari kam war anscheinend wieder zurück. Shikamaru schaltete den Fernseher aus. Kurz darauf betrat Temari die Wohnung.

„Oh, hey, Shikamaru!“, begrüßte sie ihn lächelnd.

Shikamaru erwiderte ihr Lächeln kurz. „Warst du bei Kankuro?“, fragte er sie.

Temari nickte. Sie setzte sich zu Shikamaru auf das Sofa und schlug die Beine übereinander. „Er war schon wach als ich reingekommen bin, aber natürlich hat er so getan, als ob er noch im Koma läge. Er hat einen guten Moment abgewartet und mich erschreckt“, erzählte Temari von ihrer Begegnung mit ihrem Bruder.

„Schön, dass er wieder wach ist!“ Es freute Shikamaru, dass Kankuro wieder gesund werden würde. Temari müsste sich also keine Sorgen mehr machen.

„Ja“, stimmte Temari zu. „Na, erzähl mal, wie war’s mit Ino?“, wechselte sie das Thema mit einem Grinsen im Gesicht.

„Äh… naja…“, druckste Shikamaru herum. Der Themawechsel hatte ihn kalt erwischt. „Ganz nett…“, murmelte er schließlich.

Temari zog die Augenbrauen hoch und sah ihn fragend an. „Was ist los?“

„Wie.. was?“, fragte Shikamaru ein wenig verwirrt.

Temari lachte. „Du siehst bedrückt aus“, erklärte sie.

„Ach so…“ Shikamaru kratzte sich am Hinterkopf. „Naja…“, setzte er zögernd an.

„Jetzt sag schon“, forderte Temari ihn auf. Shikamaru nickte und erzählte ihr von Inos Vorschlag mit dem Doppeldate.

„Doppeldate?“, fragte Temari skeptisch. „Ich brauche keine Partnervermittlung, wenn ich einen Freund will“, meinte sie ein wenig eingeschnappt.

Shikamaru hatte nicht erwartet, dass Temari zusagte. Aber er wollte nicht schon wieder ein Date allein mit Ino überwältigen müssen. Wenn Temari dabei wäre, würde es vielleicht nicht so anstrengend sein. „Vielleicht ist der Typ ja nett“, versuchte Shikamaru, Temari umzustimmen. Doch die hatte sich schon ihre Meinung gebildet und schüttelte den Kopf. „Nee, da musst du alleine hingehen. Sorry.“

Shikamaru senkte ein wenig enttäuscht den Kopf. „Okay… ich werde ihr absagen“, teilte er Temari mit und erhob sich schon vom Sofa, um Ino anzurufen. Doch er hatte nicht mit Temaris plötzlichem Sinneswandel gewechselt. „Warte mal“, sagte sie und drückte ihn zurück in den Sitz. Sie machte ein nachdenkliches Gesicht und fügte dann hinzu: „Ich würde doch ganz gerne mitkommen.“

Shikamaru sah sie erstaunt an. „Und wieso plötzlich?“, wollte er wissen.

Temari grinste ihn an. „Das musst du nicht unbedingt wissen“, erwiderte sie geheimnisvoll. Shikamaru sah sie ein wenig misstrauisch an, doch sie ließ sich nicht von ihm irritieren. „Ich werde mal schauen, ob ich in der Küche irgendwas sauber machen kann“, teilte sie ihm mit und verschwand in der Küche.

„Das musst du nicht machen…“, murmelte Shikamaru, doch er war nicht laut genug. Nachdenklich lehnte er sich weiter ins Sofa und fragte sich, warum Temari plötzlich mit wollte. Er beschloss, dass es egal war und die Hauptsache war, dass sie überhaupt mitkam.
 

*
 

Temari und Shikamaru machten sich am Vormittag für das „Doppeldate“ fertig. Da Temari keine Klamotten mit nach Konoha genommen hatte, zog sie wieder das an, was sie getragen hatte, als sie in Konoha angekommen waren. Shikamaru musste sich wieder in einen hübschen Anzug zwängen, obwohl er es gar nicht für nötig befand, sich wegen Ino so einen Aufwand zu machen. Da Temari jedoch darauf bestanden hatte, musste er sich fügen und saß nun in einem schwarzen Anzug am Küchentisch, während Temari sich im Flur die Haare kämmte. Nachdem sie damit fertig war, fasste sie ihre Haare zu vier Zöpfen zusammen, jeweils 2 oben und 2 unten. Dann kam sie in die Küche und sagte Shikamaru Bescheid, dass sie los konnten. Shikamaru erhob sich träge und schlurfte aus der Küche. „Ich habe wirklich keinen Bock auf das ganze“, grummelte er schlecht gelaunt. Temari tat so als ob sie es nicht gehört hatte und schubste ihn leicht, damit er schneller vorankam. „Sei nicht so lahm, sonst sind wir morgen noch dabei, zum Restaurant zu kommen!“

„Du bist ja schon ganz scharf darauf, diesen Typen kennenzulernen“, meinte Shikamaru genervt, während er die Autoschlüssel aus seiner Tasche kramte. Temari lachte nur. „Benimm dich nicht so, als du mein eifersüchtiger Ehemann wärst!“, erwiderte sie grinsend. Sie und Shikamaru setzten sich in den Wagen und fuhren los. Shikamaru versuchte, sich in der Rolle von Temaris Ehemann vorzustellen, doch es gelang ihm nicht. Das einzige, was funktionierte, war, dass ihm bei dem Gedanken automatisch das Blut in die Wangen schoss. Er und Temaris Ehemann. Unvorstellbar… oder? Shikamaru schüttelte heftig den Kopf, um seine wirren Gedanken loszuwerden. Temari bemerkte die Verwirrung, die sie bei Shikamaru ausgelöst hatte und lächelte ihn entschuldigend an. „Sorry, manchmal übertreibe ich’s mit den Scherzen. Na los, jetzt fahr schon!“

Shikamaru drückte auf das Gaspedal, und fuhr an der Ampel vorbei, die schon etwas länger auf grün geschalten war. Shikamaru hörte erst jetzt das Hupen der anderen Autos und einige wütende Autofahrer, die rumbrüllten. Shikamaru bog bei der nächsten Ecke ab. Kurz darauf hielt er bei dem Restaurant, in dem er sich am Vortag mit Ino getroffen hatte. Er und Temari stiegen aus und betraten das Lokal. Ino kam sofort auf die beiden zugelaufen und hakte sich strahlend bei Shikamaru ein. Temari wich einen Schritt zurück und wäre fast in einen jungen Mann mit schwarzen Haaren und fast ebenso schwarzen Augen hineingelaufen. Der Mann lächelte sie freundlich an. „Hallo. Ich bin Sai, ein Freund von Ino.“

Temari lächelte Sai zögerlich an. „Hi… Ich bin Temari.“

„Freut mich. Sollen wir uns an den Tisch setzen? Ino und Shikamaru haben schon einen Platz ausgesucht.“ Sai strahlte eine freundliche Aura aus. Temari hatte das Gefühl, dass er ein ganz netter Kerl war und sie sich schon irgendwie mit ihm verstehen würde. Sie lächelte ihn nett an und ging mit ihm zu Shikamaru und Ino. Die beiden saßen nebeneinander an einem Tisch. Gegenüber von ihren Plätzen waren noch zwei weitere Stühle, die höchstwahrscheinlich für Sai und Temari waren. Sie setzten sich hin. Temari bemerkte, dass Ino Shikamaru mit irgendwelchem Belanglosen Zeugs zuredete und er offensichtlich nicht viel Interesse an dem Gespräch zu haben schien. Ino fiel das gar nicht auf; sie redete munter weiter.

Sai hingegen schien einer von der ruhigen Sorte zu sein. Er stellte nur wenige Fragen und war überhaupt nicht aufdringlich. Temari fand es irgendwie ganz nett, sich mit Sai zu unterhalten, obwohl sie eigentlich nur mitgekommen war, um herauszufinden, was zwischen Ino und Shikamaru lief. Zu dieser Sache hatte sie wohl schon eine Antwort gefunden: Nichts. Von Ino aus hätte vielleicht mehr passieren können, aber Shikamaru war ganz offensichtlich nicht so begeistert von Ino wie sie von ihm. Es war ganz klar. Nur leider nicht für Ino. Temari ließ die Sache auf sich beruhen und redete noch eine Weile mit Sai weiter.
 

„ … und dann ist mir plötzlich das Make-Up aus der Hand gerutscht und alles lag auf dem Boden!“, klagte Ino. Sie gestikulierte wild mit den Händen, um ihrer Erzählung mehr Dramatik zu verleihen. Shikamaru interessierte es eigentlich null, was sie sagte, doch er nickte gelegentlich oder schüttelte den Kopf, damit Ino nichts merkte, was sie aber sowieso nicht tat. Shikamarus Aufmerksamkeit war auf Temari und Sai gerichtet, die sich ziemlich gut zu verstehen schienen. Obwohl es ihm ja eigentlich nichts ausmachte, ging es ihm doch gegen den Strich. Er wusste nicht, was er davon halten sollte, aber in einer Sache war er sich sicher: Temari und Sai passten definitiv nicht zusammen. Stimmte doch, oder?

„Shikamaru, hörst du mir zu?“, holte ihn Inos helle Glockenstimme zurück in an den Tisch und weg von seinen Gedanken.

Shikamaru schaute sie ein wenig gereizt an. „Sorry, aber dein Gerede interessiert mich nicht sonderlich“, erwiderte er und wendete den Blick wieder ab.

In Inos Gesicht bildete sich ein überraschter Ausdruck. Sie folgte Shikamarus Blick und erkannte den Grund für seine plötzliche schlechte Laune. Sie schaute wieder zurück zu Shikamaru. „Ist es wegen Temari und Sai?“, fragte sie.

„Was?“ Shikamarus Blick war sofort wieder auf Ino gerichtet. „Natürlich nicht!“, bestritt er sofort. „Ich habe einfach nur schlechte Laune heute.“

„Ich sehe doch, dass du in Temari verliebt bist.“ Ino sah traurig zu Boden. Ihre Stimme hatte etwas schmollendes, aber nichts vorwurfsvolles.

„Nein!“, verneinte er ein weiteres Mal. „Du verstehst das völlig falsch! Sie ist nur eine Freundin!“, versuchte er sich und Ino zu beteuern.

Inos trauriger Ausdruck im Gesicht verschwand nicht, was bedeuten musste, dass sie ihm nicht glaubte. Shikamaru seufzte. Warum versuchte er eigentlich, sich vor Ino zu rechtfertigen? War es nicht egal, was sie dachte? Sollte sie doch denken, was sie wollte, immerhin wusste er ja, dass es nicht stimmte.

„Temari und Sai wären ein süßes Paar, nicht?“, fragte Ino plötzlich lächelnd. Ihr Lächeln sah unecht aus und hinter ihrer Fassade konnte man immer noch ihre Trauer sehen.

Shikamaru starrte zu Sai und Temari rüber, die gerade über etwas lachten. Sie hatten eine Menge Spaß zusammen. Shikamaru verzog das Gesicht und wandte den Blick von den beiden ab.

„Du bist eifersüchtig“, stellte Ino mit derselben schmollenden Stimme wie vorhin, fest.

„Nein, verdammt noch mal!“ Shikamarus Stimme war etwas lauter geworden als sonst. Ino wusste, wie man ihn auf die Palme brachte und im Moment war er ziemlich gereizt. Nicht etwa, weil es stimmte, was Ino sagte, sondern, weil es ihn schlicht und ergreifend nervte, wie Ino hier herum schmollte. Sie tat so, als wären sie schon zusammen und als hätte sie ihn dabei erwischt, wie er sich in eine andere verliebte. Völlig kitschig und total idiotisch. Shikamaru versuchte, seine Gereiztheit ein wenig zu untergraben, damit Ino nicht noch mehr Grund hatte, zu schmollen.

„Ich seh’s doch…“ Ino blickte ihn mit großen Knopfaugen an. Das war zu viel für Shikamaru. Er erhob sich so ruckartig, dass sein Stuhl fast auf den Boden gekracht wäre. Er konnte ihn aber noch rechtzeitig festhalten. „Weißt du was? Wenn du davon so überzeugt bist, dann kann ich ja jetzt gehen.“ Und damit ließ er Ino alleine am Tisch sitzen.

Einen Tisch weiter unterbrach Temari ihr Gespräch mit Sai, entschuldigte sich bei ihm und folgte Shikamaru nach draußen.
 

„Was ist los?“

Shikamaru wurde am Arm festgehalten. Die Stimme, die er gerade gehört hatte, war zu seinem Glück nicht Ino. Es war eine Stimme, die er eigentlich immer gerne hörte. Doch jetzt wollte er sie nicht hören. Er wollte alleine sein, doch nicht mal das wurde ihm gegönnt. Shikamaru drehte sich zu Temari um. „Nichts ist los“, antwortete er mit einer abwinkenden Handbewegung. „Du kannst ruhig zu deinem Sai zurückgehen.“

Temari schaute Shikamaru eine Weile prüfend an. Sie schien zu merken, dass er nicht gerade gute Laune hatte. Es nervte ihn. Warum merkte sie es bloß immer, wenn etwas nicht stimmte?

„Jetzt sag schon“, befahl ihm Temari mit ruhiger Stimme.

„Ich hab einfach nur keinen Bock“, erwiderte Shikamaru gereizt. „Du kannst aber gerne bei Sai bleiben“, fügte er hinzu.

Temari erwiderte nichts; sie schien in Gedanken zu sein. Shikamaru sah das als Anlass, sich zu verdrücken, doch Temari hielt ihn wieder am Arm fest. „Warte doch mal.“

„Hey, Temari“, sagte plötzlich eine männliche Stimme. Temari lockerte den Griff um Shikamarus Arm und drehte sich um. Sai kam lächelnd auf Temari zu. „Ich wollte dir meine Nummer geben – vielleicht treffen wir uns ja mal?“ Er steckte Temari einen Zettel zu und verabschiedete sich von ihr.

Bevor Shikamaru oder Temari etwas sagen konnten, wurden sie ein weiteres Mal unterbrochen. Diesmal war es Ino, die kam.

„Shikamaru, könnten wir kurz reden?“, fragte sie mit ihrer zuckersüßen Stimme. Sie sah Shikamaru ein wenig reuevoll an. Man konnte ihr ansehen, dass sie den Verlauf der letzten Minuten wieder rückgängig machen wollte oder sie wenigstens wieder gut machen wollte.

Temari ließ Shikamarus Arm los und schubste ihn leicht in Inos Richtung. Eine Aussprache hatten die beiden bestimmt

„Na gut…“, murmelte Shikamaru und ging mit Ino wieder ins Restaurant. Temari blieb draußen, um auf Shikamaru zu warten. Sie setzte sich auf eine nahe gelegene Bank und dachte darüber nach, was gerade passiert war. Irgendwie war alles komisch gewesen und es war viel zu schnell gegangen. Warum war Shikamaru plötzlich so sauer? Hatte es womöglich mit Sai zutun? Konnte es sein, dass er eifersüchtig war, weil sie sich so gut mit ihm verstand? Aber das konnte gar nicht stimmen. Sie und Shikamaru waren nur Freunde. Mehr nicht. Punkt, Aus, Ende.

Es hat noch ein wenig Zeit

Sie und Shikamaru waren nur Freunde. Mehr nicht. Punkt, Aus, Ende.
 

Im Restaurant herrschte lautes Regen, als Ino und Shikamaru wieder an ihrem Tisch Platz nahmen. Shikamaru fühlte sich ein wenig unwohl, aber er konnte sich vor diesem Gespräch nicht drücken. Er hatte sich Ino gegenüber unfair verhalten, obwohl sie eigentlich gar nichts für seine schlechte Laune konnte. Naja, ihr permanentes Gerede und die Spekulationen über seine angeblichen Gefühle für Temari hatten ihn schon auf die Palme gebracht. Trotzdem war es nicht nett gewesen, Ino so anzufahren und sie danach einfach sitzen zu lassen.

„Also…“, nahm Ino zuerst das Wort an sich, als sie sich auf ihren Platz gesetzt hatten. Sie sah ein wenig nervös aus, was in ihrem Fall eher ungewöhnlich war. Shikamaru hatte sie anscheinend eingeschüchtert. Irgendwie tat es ihm leid. Obwohl er nicht viel von Ino hielt, wollte er sie nicht so enttäuscht und traurig sehen. Ändern konnte er es aber leider auch nicht.

„Ich möchte nur wissen… ob du mich magst, oder nicht.“ Ino starrte auf ihre Daumen, die sie nervös gegeneinander drückte. Sie schaute Shikamaru unsicher an.

Shikamaru unterdrückte sein Mitleidsgefühl. Er wollte Ino keine Hoffnungen machen. Er musste aber ehrlich zu ihr sein. „Um ehrlich zu sein, Ino, ich denke nicht, dass ich dich so sehr mag, wie du mich magst“, erklärte er ihr wahrheitsgemäß. Er hoffte, dass sie es nicht so schwer nahm. Immerhin hatten sie sich jahrelang nicht mehr gesehen und sich erst vor einigen Tagen wiedergetroffen. So schlimm würde es dann für sie nicht sein, oder?

Ino senkte ihren Blick wieder zu ihren Fingern. „Ach so. Ich verstehe das. Echt…“, murmelte sie mit trauriger Miene.

Shikamaru atmete tief ein. Er beschloss, sie schmollen zu lassen, bis sie es kapiert hatte. Er würde sie nicht trösten und ihr irgendwelche Hoffnungen machen. Sonst hätte er sie wieder an der Backe.

Plötzlich lächelte Ino wieder. „Trotzdem danke, dass du mit mir ausgegangen bist“, sagte sie. Ihr Lächeln sah echt aus und es schien, als ob sie das, was sie gesagt hatte, auch wirklich so meinte. Shikamaru erleichterte das ungemein. Ino hatte nicht wirklich lange gebraucht, um sich damit abzufinden. Das machte sie bei Shikamaru um einiges Sympathischer. „Mach dir keine Sorgen, Ino. Du… bist ‘ne tolle Frau und auch wenn wir nicht zusammen gehören, wirst zu jemanden finden, der sich verdient hat.“ Die Worte kamen ihm so einfach über die Lippen wie ein Gebet. Er wusste, dass die Worte kein Hoffnungsschimmer für Ino waren und deshalb konnte er ihr das mit gutem Gewissen sagen.

Ino lächelte ihn dankbar an. „Danke Shikamaru. Wenn es dich nicht nerven würde, hätte ich dir jetzt viel Glück mit Temari gewünscht…“

„Es auszusprechen, reicht schon, um mich zu nerven“, murrte Shikamaru, als er Inos Grinsen im Gesicht sah. „Aber wie auch immer. War nett mal was mit dir gemacht zu haben.“ Er lächelte sie an. Es war das erste Mal, dass es sich nicht gezwungen anfühlte.
 

Draußen wartete Temari darauf, dass Shikamaru wiederkam. Sie zog ihre Jacke enger um sich, als eine Windböe aufkam und die kühle Luft aufwirbelte. Temari fragte sich, was Shikamaru und Ino besprachen. Vielleicht hatten sie sich ja schon durch eine geheime Tür verdrückt und genossen ihre Zweisamkeit… Temari schüttelte den Kopf. Sowas würde Shikamaru nie machen! Außerdem, was interessierte es sie, was Shikamaru mit anderen Frauen trieb? Immerhin konnte er machen, was er wollte. Er war ein freier Mann und Ino war eine hübsche Frau. Trotzdem würde er sich nicht auf sie einlassen. Nicht, dass Temari eine Bestätigung dessen gebraucht hätte, sie stellte einfach nur die Tatsachen fest.

Temari erhob sich von der Bank und ging langsam auf das Restaurant zu. Sollte sie vielleicht reingehen und schauen, was die beiden so lange machten? Aber dann käme sie sich wie eine Stalkerin vor. Andererseits, was wäre gegen einen kleinen Blick in das Restaurant einzuwenden? Temari öffnete die Tür zum Restaurant und betrat es vorsichtig. Sie stellte sich hinter eine sehr hohe Pflanze und lugte durch eine kleine Lücke zwischen ihren Blättern. Das bot ihr eine gute Sicht auf den Tisch von Ino und Shikamaru. Shikamaru sagte gerade etwas zu Ino. Sie war aber zu weit weg um zu verstehen, was er sagte. Als nächstes beobachtete Temari, wie Ino lächelte und leicht errötete. Sie sagte kurz etwas, woraufhin Shikamaru ebenfalls lächelte. Was gab es da zu lachen? Temari hätte das Gespräch gern mit verfolgt. Was war wohl so erheiternd, dass sie beiden Lächeln mussten. Waren sie vielleicht doch zusammen oder etwas ähnliches? Das hätte Shikamaru ihr erzählt. Oder? Temari biss sich auf die Lippen. Was war da zwischen denen? Sie schüttelte ganz plötzlich den Kopf. Was interessierte sie das alles? Was zur Hölle tat sie hier überhaupt? Temari schlich schnell wieder zur Tür und lief nach draußen. Sie hätte die beiden nicht beobachten sollen. Sie war ungefragt in ihre Privatsphäre eingedrungen. Auch wenn sie es nicht wussten, es war falsch gewesen. Und außerdem sollte es sie gar nicht interessieren, was Shikamaru während seiner Freizeit machte. Es ging sie einfach nichts an. Warum ging das nicht in ihren Kopf rein?

Shikamaru und Ino kamen aus dem Restaurant raus. Ino lächelte Shikamaru zuckersüß an. „Bis dann, Shikamaru.“ Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange und verschwand kichernd. Shikamaru errötete kurz und murmelte ein „Bye“. Temari tat so, als ob es sie gar nicht interessieren würde, doch sie konnte nicht verhindern, dass sie einen kleinen Stich in ihrem Herz spürte. Temari ignorierte es und schlurfte schweigend neben Shikamaru her, der ebenfalls nichts sagte. Das ging so lange, bis sie bei dem Wagen angekommen waren. Während der Fahrt herrschte dieselbe gedrückte Stimmung. Temari überlegte, ob sie irgendein Gesprächsthema beginnen sollte, ließ es aber sein und wartete darauf, dass Shikamaru etwas sagte. Der schien aber auch nicht wirklich vor zu haben, irgendwas zu sagen. Die Fahrt zog sich hin. Es kam Temari wie eine Ewigkeit vor, in der sie dazu verdammt war, mit dem schweigenden Shikamaru alleine in einem Auto zu verschmoren. Als sie endlich bei ihm zuhause angekommen waren, war die Erleichterung so groß, das sie schnellstmöglich aus dem Wagen ausstieg und auf das Gebäude zuging. Kurz darauf waren sie in der Wohnung. Temari beschloss, etwas zu Essen zu machen, da das Mittagessen im Restaurant ja nicht gerade gelungen war. Während sie in der Küche mit den verschiedenen Geräten hantierte, saß Shikamaru im Wohnzimmer und sah sich langweilige Sendungen im Fernseher an.

Gegen Abend hatten die beiden immer noch nicht miteinander geredet. Jeder war seinen eigenen Dingen nachgegangen und hatte seinen eigenen Gedanken nachgehangen. Temari war ziemlich unzufrieden mit der Situation, doch sie fand, dass es Shikamaru gewesen war, der sich danebenbenommen hatte, also sollte er auch den ersten Schritt machen. Temari wartete vergeblich. Als sie gegen 22:00 Uhr ins Wohnzimmer kam, saß Shikamaru immer noch vor der Glotze.

„Ach, übrigens“, erhob Temari das erste Wort seit Stunden, „wir können morgen wieder nach Suna. Kankuro ist weitestgehend wieder gesund, also gibt es keinen Grund, weiter hier zu bleiben und unsere Arbeit zu schwänzen.“

Shikamaru schielte zu ihr rüber. „Willst du dich vielleicht nicht noch mal mit Sai treffen?“, fragte er mit einem Unterton in der Stimme, der Temari überhaupt nicht gefiel. Sie starrte ihn wütend an und entgegnete: „Was soll das ganze Gerede mit Sai?! Bist du eifersüchtig oder wie soll ich das verstehen?!“

„Nein! Warum sollte ich?! Ich frage mich sowieso, was der Kerl so toll an dir findet“, erwiderte Shikamaru wütend, bereute seinen unüberlegten Ausbruch aber sofort wieder, als er Temaris verblüfften, enttäuschten Gesichtsausdruck sah. „Äh… ich meinte… das wollte ich gar nicht sagen…“, stammelte er unbeholfen.

„Nein, schon okay.“ Temari drehte sich auf dem Absatz um und ging langsam in die Küche.

Shikamaru biss zerknirscht die Zähne zusammen. „Ich bin so ein blöder Idiot…“, schalt er sich selbst. „Wie kann man zu einer Frau nur sowas sagen?!“, murmelte er und schüttelte den Kopf über sich selbst. Was hatte er sich dabei nur gedacht? Er war durch Temaris Worte so in rage gewesen, dass ihm die Worte einfach aus dem Mund gesprudelt waren. Und jetzt konnte er sie nicht mehr zurück nehmen. Er musste sich entschuldigen. Auch für sein Benehmen im Restaurant. Er stand auf und folgte Temari in die Küche. Sie schnitt gerade mit harten, schnellen Hieben geschälte Zwiebeln, die sie danach in eine Schüssel schmiss. Immer, wenn die Zwiebeln an den Rand der Schüssel klatschten, ertönte ein plumpes Geräusch. In Temaris Augenwinkeln konnte man etwas glitzern sehen; ein Nebeneffekt des Zwiebelschneidens.

„Temari… es tut mir leid, was ich gerade gesagt habe…“, murmelte Shikamaru. Er wusste nicht recht, wie er sich ausdrücken sollte. Temari war sicher tierisch sauer auf ihn und mit der schwachen Entschuldigung, die er gerade geliefert hatte, würde es sicherlich nicht getan sein. „Ich bin so ein Idiot, dass ich nicht mal merke, was ich an dir habe… Ich weiß, dass du sauer bist, weil ich mich wie ein Blödmann benommen habe, aber manchmal sage ich Dinge, die ich gar nicht so meine… Und … vielleicht stimmt’s ja, was du gesagt hast… Moment, warte das stimmt nicht… ach, ich weiß nicht…“ Shikamaru beendete seine unnötige Stotterei und setzte sich an den Küchentisch. Temari hatte die Zwiebeln auf die Seite gelegt und wischte sich gerade mit einem Handtuch über die Augen. Dann grinste sie Shikamaru an und setzte sich zu ihm. „Schon in Ordnung“, sagte sie großzügig. „Aber du musst zugeben, du warst ein bisschen eifersüchtig, oder?“

Shikamaru starrte zu Boden und errötete leicht. Was sollte er ihr sagen? Er redete sich ein, dass er nicht eifersüchtig gewesen war, aber stimmte das? Vielleicht war er ja wirklich in Temari verliebt…

Temari grinste Shikamaru weiter an. „Das brauchst du nicht. Auch wenn ich Sai ganz nett finde und man gut mit ihm reden kann, werde ich dich als Freund nicht vernachlässigen. Immerhin hast du mir auch in schwierigen Zeiten geholfen, nicht?“ Ihr Grinsen wandelte sich zu einem netten Lächeln.

Shikamaru lächelte sie erleichtert an. Quatsch. Er war nicht in Temari verliebt, sie waren einfach nur sehr gute Freunde. Sehr, sehr gute Freunde.
 

*
 

„ … Der Angeklagte, Shuichi Tako soll demnach versucht haben, seine Frau umzubringen, um an ihr Vermögen ranzukommen und sich ein schönes Leben mit seiner Geliebten zu sichern“, las Shikamaru aus der Anklageschrift vor. Er setzte sich an seinen Platz neben Tania Tako, die nach dem Anschlag Anklage gegen ihren Mann erhoben hatte. Er war seit heute früh wieder in Konoha und hatte sich erst mal eine Predigt von Nakito-san anhören müssen, weil er am Montag gefehlt hatte und erst heute wieder zur Arbeit erschienen war. Das gleiche galt für Temari. Sie waren aber ohne Strafe davongekommen, als sie von Kankuros Unfall erzählt hatten.

„Ich habe nichts damit zu tun!“, beteuerte Shuichi, der auf der Anklagebank sitzen musste. Er sah bittend zu Nakito-san, dem Richter.

„Das werden wir noch herausfinden“, erwiderte Nakito neutral.

„Er LÜGT! Dieser Betrüger, er hat nur seine Schlampe im Kopf! Du… du bist das Letzte!“, brüllte Tania, die Frau des Angeklagten, plötzlich. Sie starrte ihren Mann mit einem hasserfüllten Blick an. Die Feindseligkeit, die sie gegenüber ihrem Mann zeigte, ließ die Atmosphäre im Gerichtssaal düster wirken.

Shikamaru legte eine Hand auf die Schultern, um sie zu beruhigen. „Bleiben sie ruhig, Tako-san. Wenn er es war, werden wir es herausfinden.“

Tania dachte gar nicht daran, sich zu beruhigen. Sie ignorierte Shikamaru vollkommen, und beleidigte ihren Mann weiter. Erst, als der Richter sie mit einem strengen Blick besah und ihr mit scharfer Worten klar machte, dass sie endlich still sein soll, hielt sie die Klappe.

„Also gut“, sagte Nakito-san, als es wieder ruhiger im Gerichtssaal war. „Beginnen wir mit der Verhandlung.“

„Ich würde gerne als Erste eine Frage an den Angeklagten stellen“, meldete sich Temari zu Wort. Sie wandte sich Shuichi zu, der sich eingeschüchtert auf der Anklagebank zusammengekauert hatte und ängstlich in die Richtung seiner Frau blickte. „Tako-san, ist das Verhältnis mit Ihrer Geliebten etwas Ernstes?“, fragte Temari, woraufhin Shuichi sich langsam zu ihr drehte. Er schüttelte kurz den Kopf und fasste wieder neuen Mut, etwas zu sagen. „Ich habe nie eine Zukunft mit Rina gesehen, ich habe immer nur Tania geliebt und das werde ich auch immer!“, beteuerte er und schaute Temari eindringlich an, um seinen Worten mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen. Dann drehte er sich zu seiner Frau, sah sie bittend an und flehte: „Bitte, verzeih mir! Ich liebe nur dich, ehrlich!“

Tania hörte ihrem Mann gar nicht zu und begann wieder, ihn aufs Übelste zu beschimpfen. „Du Ausgeburt der Hölle! Nie wieder werde ich dir verfallen, du Satan!“, brüllte sie.

Shikamaru hielt sich genervt das Ohr zu, das unter dem Wutausbruch der Frau litt. Nachdem sie sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, fragte er Shuichi, was er am Tattag gemacht hatte.

„Ich war bei meiner Geliebten“, erklärte Shuichi nervös. „Ich hatte mich davor mit meiner Frau gestritten, da brauchte ich halt was… Abwechslung, wissen Sie…“

„Kann das jemand außer ihrer Geliebt bezeugen?“, fragte Shikamaru weiter.

Shuichi druckste ein wenig herum, bevor er zögerlich antwortete: „Naja… einige der Nachbarn haben sich beschwert, weil wir… zu laut waren…“, murmelte er.

Shikamaru verzog kurz das Gesicht, während er sich wieder das hysterische Gebrüll von Tania anhören musste. Nakito-san bat ausdrücklich um Ruhe und kurz darauf war es wieder einigermaßen still im Saal.

„Was macht Sie so sicher, dass es Ihr Mann war?“, fragte Temari Tania.

„Er MUSS es einfach gewesen sein!“, entgegnete sie hysterisch. „Er hat nur seine Schnepfe im Kopf, dieser Heuchler!“

„Sie sind eifersüchtig auf die Geliebte ihres Mannes, stimmt’s?“

Tania starrte Temari verständnislos an. Anscheinend schien sie nicht zu verstehen, wie Temari jetzt auf dieses Thema gekommen war.

„Ich denke nämlich“, fuhr Temari fort, „dass Sie sich alles hier nur ausgedacht haben, um es Ihrem Mann heimzuzahlen, weil er Ihr Herz gebrochen hat.“ Sie fixierte Tania mit einem durchdringenden Blick, um sie zur Wahrheit zu zwingen.

Tania starrte Temari fassungslos an. Ihr blieb der Mund offen stehen, ohne dass Wörter rauskamen. Temaris Theorie hatte sie kalt erwischt, das konnte man deutlich sehen.

Shikamaru rüttelte kurz an Tanias Schulter. „Stimmt das?“, fragte er und schaute sie genau so eindringlich an wie Temari.

Tania drehte ihren Kopf zu Shikamaru und starrte ihn, immer noch sprachlos, an. Sie schloss ihren Mund, was anscheinend heißen sollte, dass sie nicht vor hatte, etwas zu sagen.

„Stimmt das?“, fragte Shikamaru nochmal und betonte jede einzelne Silbe der Wörter.

Plötzlich traten aus Tanias Augenwinkeln Tränen. Sie flossen so plötzlich über ihr Gesicht, dass Shikamaru sich erschreckte und zurückwich.

„Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten… immer und immer wieder betrügt er mich, dieses Arsch!“, gestand die Frau und weinte weiter.

„Taina… ich werde das mit Rina beenden und nur dich lieben, das verspreche ich dir!“, sagte Shuichi, der wieder Mut gefasst hatte.

„Das habe ich gehört, Shuichi!“, rief plötzlich eine fremde, weibliche Stimme. Sie hörte sich fast so hysterisch an, wie die von Tania, doch in der fremden Stimme schwang Trauer und Enttäuschung mit. Alle im Saal drehten sich zur Tür.

„Rina!“ Shuichi starrte überrascht zur Tür. Es überwand die Überraschung aber schnell und sah seine Geliebte entschuldigend an. „Es tut mir leid… ich liebe Tania und möchte für den Rest meines Lebens mit ihr zusammen sein.“

Rina, die Geliebte von Shuichi, lief weinend aus dem Saal. Kaum einen Moment später lagen sich Tania und Shuichi in den Armen. Tania weinte in seinen Armen und entschuldigte sich für ihre törichte Rache und Shuichi vergab ihr großzügig, im Gegenzug dafür, dass sie ihm seinen Fehltritt verzieh.

Temari belächelte das wiedervereinte Paar lächelnd. Diese Beiden hatten sich zum Glück wieder zusammengefunden und keiner landete im Gefängnis. Auch wenn auf die Frau eine kleine Strafe warten würde, sobald sie nach Hause kamen, war das nichts im Gegensatz zu dem Glück, dass sie mit ihrem Mann wiedergefunden hatte. Bestimmt würde auch sie bald das Glück mit dem Mann finden, der für sie vorherbestimmt war. Sie wusste zwar nicht, wer es war, aber er würde kommen. Die klitzekleine, leise Vorahnung, dass sie den Auserwählten schon kannte, ignorierte sie gekonnt. Jetzt war es noch nicht an der Zeit, an solche Dinge zu denken. Es hatte noch ein wenig Zeit.

Temari bemerkte, dass ein Blick auf ihr lag. Sie sah zu Shikamaru, der mit zufriedener Miene zu ihr schaute. Temari schenkte ihm ein schönes Lächeln. Shikamaru erwiderte es mit einem ebenso schönen Lächeln.

Die zauberhafte Neue

Temari schenkte ihm ein schönes Lächeln. Shikamaru erwiderte es mit einem ebenso schönen Lächeln.
 

Der Monat verging wie im Flug. Temari und Shikamaru bestritten Verhandlungen, von denen einige Shikamaru und andere Temari gewann. Es war längst kein Machtkampf mehr, wie es am Anfang von Temari gewertet worden war. Sie waren einfach zwei Anwälte, die ihre Arbeit erledigten, damit Schuldige ins Gefängnis wanderten und Unschuldige frei blieben. Shikamaru und Temari verstanden sich ziemlich gut und unternahmen auch privat viel zusammen. Sai hatte sich nicht mehr so oft gemeldet, was Shikamaru ungemein erleichterte, obwohl er es natürlich nicht zugab. Von Ino hatte er nichts mehr gehört.

Als Temari am Donnerstagmorgen das Gerichtsgebäude betrat, traf sie auf Shikamaru, der einige Meter weiter auf einer Bank saß. Temari fiel auf, dass er bedrückt aussah. Irgendetwas schien mit ihm nicht zu stimmen. Sie ging auf die Bank zu und setzte sich zu Shikamaru. „Was ist los?“, fragte sie auch sofort.

Shikamaru schaute träge zu ihr auf. „Hm? Nichts, nichts“, wank er ab und schaute weiter zu Boden. Temari betrachtete ihn eine Weile schweigend. Es lag ihm eindeutig etwas auf dem Herzen. „Vermisst du Ino?“, riet Temari wild drauf los.

„Nee“, erwiderte Shikamaru und machte sich nicht mal die Mühe, aufzuschauen. Er sagte es mit einer Gelassenheit, bei der Temari sicher war, dass es stimmte, was er sagte. Ino war also nicht das Problem. Was war es dann? „Jetzt sag schon“, drängte Temari.

Shikamaru schüttelte nur gedankenverloren den Kopf. Temari sah ein, dass es heute nichts mehr werden würde und gab es auf. „Wollen wir zum Versammlungsraum gehen?“, fragte sie stattdessen.

Shikamaru nickte abwesend und stand auf. Temari erhob sich ebenfalls und ging zusammen mit Shikamaru in den besagten Versammlungsraum. Dort wartete eine Überraschung auf sie: Neben den üblichen Angestellten befand sich auch eine rothaarige, junge Frau im Zimmer. Sie stand neben Nakito-san und sah ein wenig nervös aus. Ihre langen, glatten Haare ruhten auf ihren Schultern. Einige Strähnen fielen in ihr hübsches, Freude ausstrahlendes Gesicht. Ihre Augen leuchteten in einem dunklen Braun.

„Guten Tag, Anwälte“, begrüßte Nakito-san Temari und Shikamaru. Beide grüßten höflich zurück und setzten sich auf ihre Plätze.

„Das hier“, er deutete auf das rothaarige Mädchen, „ist Tayuya. Ich habe sie sozusagen als Dienstmädchen eingestellt, weil sich so viele von euch beschwert haben, dass sie morgens nie Zeit für einen Kaffee haben. In Zukunft wird euch also Tayuya immer einen Kaffee zubereiten, bevor wir uns in die Verhandlung stürzen“, erklärte er den aufmerksamen Angestellten.

„Freut mich, euch alle kennenzulernen“, sagte Tayuya und lächelte scheu.

„‘ne heiße Schnitte, oder?“, raunte einer der Mitarbeiter Shikamaru ins Ohr. Er starrte Tayuya begeistert an. Shikamaru beschloss, nichts zu erwidern, weil sein Kollege sowieso zu sehr damit beschäftigt war, das Mädchen anzuschmachten.

„Ich habe gleich schon für jeden von euch einen Kaffee aufgebrüht!“ Tayuya nahm ein Tablett zur Hand, das zuvor noch auf einem kleinen Tisch gelagert gewesen war. Sie stellte an jedem Platz eine Kaffeetasse ab. Als das Tablett leer war, wollte sie zurück zu dem Tisch gehen, um es dort abzustellen, doch bevor das geschah, stolperte sie über ihre Schnürsenkel, die sie lose herum baumeln lassen hatte. Sie strauchelte, konnte sich aber noch halten, das Tablett fiel jedoch zu Boden. „Oh je!“, rief sie und bückte sich, um das Tablett aufzuheben. Sie stand direkt vor Shikamaru hatte ihm den Rücken zugekehrt, sodass ihm eine gute Aussicht auf ihren Hintern geboten wurde. Shikamaru errötete leicht und schaute schnell weg. Temari, die das beobachtet hatte, musterte Tayuya misstrauisch. Was hatte sie so plötzlich hier zu suchen? Sie fand es ziemlich unnötig, eine Person einzustellen, nur damit sie den Angestellten den Kaffee brachte und nett mit dem Hintern wackelte, um die Anwesenden aufzuheitern. Sie sagte aber nichts dazu, um nicht den Groll von Nakito-san zum Opfer zu fallen, der anscheinend eine Schwäche für das Mädchen zu haben schien. Solange diese Tayuya ihr nicht in die Quere kam, war es ihr auch egal, ob sie da war oder nicht.

Tayuya, die das Tablett schnell aufgehoben und auf den Tisch gelegt hatte, stand inzwischen wieder neben Nakito-san. Der Richter erklärte kurz allen, worum es in der nächsten Gerichtsverhandlung ging, wurde aber immer wieder von Tayuya abgelenkt, die unbewusst einen tiefen Einblick in ihr Dekolleté zuließ, als sie sich kurz bückte, um ihre Tasche aufzuheben.

„Nakito-sama, wenn Sie langsam zum Punkt kommen würden, statt die reizende Tayuya-san anzustarren, dann wären wir jetzt schon viel weiter“, sagte Temari mit einem scheinheiligen Lächeln im Gesicht.

Nakito-sans Wangen röteten sich leicht, als er Temari eine unfreundliche Antwort zu brummelte. Er beendete die kurze Besprechung und machte sich mit den anderen auf den Weg zum Gerichtssaal. Temari und Shikamaru schauten noch mal kurz ihre Akten durch und machten sich auch auf den Weg zum Gerichtssaal.

„Ähm… könntet ihr mal kurz warten?“, fragte plötzlich eine scheue Stimme, die eindeutig zu Tayuya gehörte.

Temari und Shikamaru drehten sich zu ihr um. „Was gibt’s?“, fragte Temari ungeduldig. Sie und Shikamaru waren in Eile, da die Verhandlung in wenigen Minuten begann.

„Ich wollt nur fragen… Was mögt ihr lieber, Muffins oder kleine Kuchen?“, wollte Tayuya mit einem schüchternen Lächeln wissen.

Temari starrte das rothaarige Geschöpft entnervt an, während Shikamaru ihr ein ausweichendes Lächeln schenkte. „Wozu willst du… äh… Sie…“

„Ihr könnt mich ruhig duzen“, unterbrach Tayuya Shikamaru mit einem freundlichen Lächeln.

„Ich werde Sie nicht duzen, und ich möchte dass Sie mich auch nicht duzen, klar?“, stellte Temari sofort klar. Danach ging sie alleine in den Gerichtssaal und ließ Shikamaru mit Tayuya alleine.

Shikamaru stand ein wenig orientierungslos herum. „Äh… ja… also dann, ich muss auch los…“, murmelte er zerstreut.

Tayuya schenkte ihm ein süßes Lächeln. „Okay. Viel Glück bei der Verhandlung!“, erwiderte sie und wollte gerade zurück in den Versammlungsraum gehen, doch daraus wurde nichts, weil sie ein zweites Mal über ihre Schnürsenkel stolperte und Shikamaru geradewegs in die Arme fiel. Shikamaru stützte sie reflexartig mit seinen Händen, damit sie nicht zu Boden fiel. „Oh, entschuldige...“, murmelte Tayuya und lächelte schief. Shikamaru vermied es, ihr in die Augen zu schauen, weil er eine leichte Hitze spürte, die in seinen Wangen aufkam. Ihm war noch nie ein Mädchen untergekommen, das sich so ungeschickt anstellte.

Als die Tür zum Gerichtssaal aufging, ließ er schnell von Tayuya ab und strich seinen Anzug glatt. „Wo bleibst du?“, fragte Temari, die von der spaltweit geöffneten Tür in den Flur lugte.

„Ich komme ja schon“, erwiderte Shikamaru, was er dann auch wirklich tat. Er betrat den Gerichtssaal und schloss die Tür hinter sich.
 

*
 

Als Temari, Shikamaru und die anderen aus der Gerichts-Truppe wieder in den Versammlungsraum kamen, war Tayuya fleißig dabei, auf dem Tisch Muffins und Kuchen zu verteilen. Als sie Temari und die anderen bemerkte, hielt sie kurz inne, um alle lächelnd zu begrüßen. „Hallo! Ich habe mir schon mal die Freiheit genommen, euch einen kleinen Snack zuzubereiten!“, erklärte sie den gedeckten Tisch.

„Das ist ja nett!“, freute sich Nakito-san. Er strahlte Tayuya dankend an.

„Sind Sie nicht ein wenig zu alt für das Mädchen, Nakito-san?“, flüsterte Temari dem Richter, mit einem leichten Grinsen im Gesicht, zu. Sie hatte zwar nichts gegen Nakito-sans Vernarrtheit, aber sie ließ es sich nicht entgehen, ihn zu necken, wozu sie nicht allzu oft die Chance bekam.

Nakito sah sie strafend an. „Fräulein Sabakuno, ich verbitte mir solche frechen Aussagen!“, sagte er mit ernster Miene. Kleinlaut fügte er hinzu: „Und außerdem bin ich erst 35…“

„Ja, und sie ist höchstens 19“, erwiderte Temari. Sie konnte sich ein breiteres Grinsen nicht verkneifen.

Nakito-san würdigte sie, nachdem er sie ein letztes Mal säuerlich angesehen hatte, keines Blickes mehr. Er setzte sich an den Tisch, bedankte sich übertrieben erfreut bei Tayuya und kostete von den Muffins, die sie selbst gebacken hatte. Während die anderen Mitarbeiter schon fleißig beim Essen waren, standen Temari und Shikamaru unschlüssig im Raum herum. Tayuya gesellte sich zu ihnen. „Wollt ihr nicht auch mal probieren?“, fragte sie und setzte ihr supersüßes Lächeln auf.

„Nein“, erwiderte Temari und schob Tayuyas Hand zur Seite, in der sie einen Teller mit Schokomuffins hielt und ihr reichen wollte.

Tayuya machte sich nichts aus der Absage und wandte sich sogleich an ihren nächsten potenziellen Vorkoster. „Willst du?“, fragte sie Shikamaru und hielt ihm den Teller verlockend vor die Nase.

„Äh… also… probieren kann ich ja mal…“ Shikamaru nahm sich einen Muffin und inspizierte ihn, bevor einen Bissen nahm. Tayuya schaute ihn erwartungsvoll an. „Und?“

„Schmeckt gut“, sagte Shikamaru, stellte den Muffin aber auf dem Tisch ab.

„Warum isst du dann nicht weiter?“, fragte Tayuya und machte große Augen.

„Äh… ich bin grad nicht hungrig…“, erwiderte Shikamaru. „Und außerdem muss ich jetzt los, bis dann!“ Er machte möglichst schnell die Fliege.

Temari schaute ihm verwirrt nach. Warum war er so plötzlich abgezischt? Sie schnappte sich den Muffin und biss hinein. Er schmeckte ganz normal. Am Geschmack des Muffins hatte es wohl nicht gelegen.

„Ich dachte, du wolltest nicht!“, rief Tayuya inmitten ihrer Gedankengänge. Temari sah sie verärgert an. „Dann habe ich meine Meinung halt geändert!“, erwiderte sie schroff, drückte den Muffin in den Teller und verließ ebenfalls den Versammlungsraum.

Im Flur entdeckte sie Shikamaru, der gerade auf die Eingangstür zuging. Sie lief die wenigen Meter zu ihm hin. „Was ist los?“

„Hä, was?“ Shikamaru schaute verwirrt um sich. „Was soll los sein?“, fragte er, als er gemerkt hatte, dass Temari ihn angesprochen hatte.

„Warum bist du so plötzlich weggegangen? Ist Tayuya so überwältigend?“

„Was?! Nein!“

„Ach, und warum bist du dann so plötzlich weggegangen?“ Temari schielte zu Shikamaru rüber, doch der starrte zu Boden, sodass sie keinen Blickkontakt mit ihm erreichen konnte.

„Ich… muss einfach nach Hause“ Shikamaru öffnete die Eingangstür. Er befand das Gespräch für beendet und trat nach draußen, doch Temari folgte ihm. Sie ging neben ihm her, ohne etwas zu sagen. Es machte Shikamaru langsam nervös, also fragte er: „Ist noch was?“

„Nee, was soll sein?“, gab Temari zurück.

„Weiß nicht.“ Shikamaru steckte die Hände in die Hosentaschen. Sein Schritt wurde ein wenig schneller, weil sein Auto nur noch wenige Meter von ihm entfernt war.

„Magst du diese Tayuya?“, fragte Temari plötzlich, als sie bei Shikamarus Auto angekommen waren.

„Hä?“

„Ach, vergiss es. Bis morgen!“

Shikamaru sah Temari ein wenig irritiert nach, als sie wegging und sich kurz darauf in ihr Auto setzte. Warum hatte sie ihm eine solche Frage gestellt? Warum sollte er Tayuya mögen? Er kannte sie doch gar nicht wirklich. Und warum interessierte Temari das? Shikamaru schüttelte den Kopf. Er sollte nicht mehr so viel nachdenken. Temari hatte bestimmt nur aus Neugier gefragt. Und er stand hier herum und spekulierte darüber, als wenn er hoffen würde, dass sie aus Eifersucht gefragt hatte. Sowas ist total unwahrscheinlich, trichterte sich Shikamaru ein. Er holte seine Autoschlüssel aus der Tasche und öffnete die Tür des Wagens. Nachdem er eingestiegen war, brauste er los. Er ließ die Fensterscheibe hinunter, um frischen Wind abzubekommen. Den hatte er gerade wirklich nötig. Heute war wieder ein langer Tag gewesen. Und diese Tayuya… Sie hatte eine Wirkung auf ihn, die er nicht einordnen konnte. Dazu kam noch Temari mit ihrer irreführenden Frage. Shikamarus Kopf war voll mit den verschiedensten Sachen. Davon wollte er wenigstens für ein paar Minuten Abstand nehmen. Er machte das Radio an und drehte die Lautstärke auf.
 

Zuhause holte sich Shikamaru ein Bier aus dem Kühlschrank und lümmelte sich auf das Sofa. Er nahm einen Schluck von dem kalten, erfrischenden Bier, während er den Fernseher anmachte. Immer, wenn Shikamaru abschalten und seine Probleme vergessen wollte, musste der Fernseher als Ablenkung herhalten. Doch leider war er dieser Aufgabe meistens nicht gewachsen, weil keine der Sendungen Shikamarus Interesse wecken konnte. Nicht mal das wichtige Fußballspiel in der ersten Liga interessierte ihn wirklich. Schließlich ließ er den Fernseher im Hintergrund laufen, während er sich ein wenig aufs Ohr haute. In Kankuros Wohnung, die er jetzt wieder bezogen hatte, herrschte eine beruhigende Stille. Leidglich die leisen Geräusche des Fernsehens und das Ticken der Uhr waren noch zu hören. Shikamaru fiel in einen leichten Halbschlaf. Der sollte aber nicht lange dauern, da das Telefon zu läuten begann. Shikamaru rappelte sich genervt auf und lief in den Flur, um abzunehmen.

„Ja?“, brummelte er in den Hörer.

„Ach, da haben wir in ja! Unverändert und genervt wie immer: Shikamaru Nara!“ Eine männliche Stimme am anderen Ende der Leitung lachte amüsiert auf.

Shikamaru zog verwirrt die Brauen zusammen. „Wer is’n da?“, fragte er, um sich Klarheit zu verschaffen.

„Erkennst du meine Stimme etwa nicht? Mann, du bist ja ein toller Freund!“, maulte die Stimme. „Ich bin’s, Naruto! Dein alter Freund aus Konoha, dessen Stimme du nach einem Monat schon nicht mehr kennst!“

„Oh, ach ja, hätte ich mir auch denken können“, erwiderte Shikamaru, da die Sache jetzt glasklar war. „Deine nervige Stimme vergisst man nicht so schnell, außer man hat gerade geschlafen!“

„Ach, ich hab dich geweckt!“, sagte Naruto mit einem spöttischen Unterton in der Stimme. „Bei dir ist es ja kein Wunder, dass du pennst… Am helllichten Tag!“

„Warum hast du angerufen und woher hast du die Nummer?“, fragte Shikamaru mürrisch, während er sich auf die kleine Kommode setzte, die neben dem Tisch stand, auf dem das Telefon platziert war.

„Man, bist du wieder nett“, meckerte Naruto empört. „Du könntest auch etwas netter sein. Jedenfalls wollte ich dich fragen, wie es hier bei dir so läuft. Und die Nummer hab ich von diesem Kankuro, ich hab den beim Gericht mal besucht.“

„Aha. Bei mir läuft alles prima. Sonst noch was?“ Shikamaru gähnte. Er wusste zwar, dass er Naruto damit gehörig auf die Palme bringen würde, aber das war ihm gerade ziemlich egal. Er wollte wieder zurück zu dem Sofa und noch eine Runde schlafen.

„Mann, du bist langweilig!“, beschwerte sich Naruto auch schon. „Jetzt erzähl mal! Ich hab gehört, du sollst dich ziemlich gut mit der Schwester von dem Kankuro da verstehen. Was läuft denn da?“

Na super. Wo hatte dieser neugierige Kerl denn das schon wieder her? Ihm entging wirklich nichts. „Was soll schon laufen? Nichts läuft!“, erklärte er angenervt.

„Ach, wirklich? Jetzt erzähl doch mal was Interessantes! Ich habe extra deine neue Nummer herausgefunden und dann stellt sich heraus, dass du immer noch eine Schnarchnase bist!“

Shikamaru seufzte. Dieser Junge gab wirklich nie auf. „Wie wär’s, wenn du was von dir erzählst? Wie steht’s mit dir und Hinata?“, fragte Shikamaru, um von dem eigentlichen Thema abzulenken.

„Wie, ich und Hinata? Was meinst du?“, wollte Naruto sichtlich irritiert wissen.

„Sag bloß, du weißt es immer noch nicht?“, stellte Shikamaru eine Gegenfrage. Wie konnte ein einzelner Mann nur so blöd sein? Hinata, eine alte Schulfreundin von Naruto und Shikamaru, mit der sie immer noch Kontakt hatten, war schon seit Jahren in Naruto verliebt, doch bis jetzt hatte er es nie bemerkt. Shikamaru hatte gedacht, dass das sich inzwischen geändert hatte, weil Hinata in den letzten Wochen versucht hatte, auf Naruto zuzugehen. Anscheinend hatte sie es doch nicht geschafft oder Naruto stand völlig auf dem Schlauch.

„Ach, weißt du… vergiss es einfach, ja?“, wich Shikamaru Narutos Frage aus. Er wollte Hinata nicht ins Handwerk pfuschen, auch wenn es vermutlich noch eine Weile dauern würde, bis sie endlich mit der Sprache herausrückte.

„Du bist mir echt ein Rätsel“, meinte Naruto ein wenig verwirrt. „Naja, also, biste in diese Temari verknallt?“, kam er auf das Thema von vorhin zurück.

„NEIN!“, brüllte Shikamaru reflexartig in den Hörer. Wie kam dieser blonde Idiot nur darauf? Zum Glück konnte er nicht sehen, wie Shikamarus Wangen sich rot färbten. Ansonsten hätte er sich weitere Neckereien anhören müssen.

„Mann, schrei nicht so, war ja nur eine Frage! Außerdem meinte Kankuro, dass Temari irgendwie in dich verknallt wäre oder so.“ Naruto sagte das, als wäre es etwas ganz Natürliches. Für Shikamaru war es, als bliebe die Welt stehen. Hatte er sich vielleicht verhört? Oder hatte Naruto gerade wirklich gesagt, dass Temari in ihn verknallt war? Aber… das konnte doch gar nicht sein, oder?

„Shikamaru? Was ist, warum biste so still?“, fragte der verwirrte Naruto am anderen Ende der Leitung, als Shikamaru ihm nichts antwortete.

„Naruto… bist du dir sicher, dass Kankuro die Wahrheit gesagt hat?“, fragte er. Sein Herz klopfte in einem schnellen Rhythmus, obwohl er nicht wusste, wieso. Schließlich war er nur mit Temari befreundet, nicht?

Ich bin so verwirrt. Was ist los mit mir?

„Naja, also er meinte, er hätte ein Gespräch mit ihr gehabt, so vor ‘nem Monat, als er im Krankenhaus war und sie besucht hat. Ach ja, er meinte, du wärst auch da gewesen. Wieso hast du mich nicht besucht?“

Konnte es wirklich stimmen, was Naruto da sagte? Doch auch wenn es stimmte, es sollte ihm doch egal sein, schließlich hatte er keine romantischen Gefühle für sie. Doch warum klopfte ihm das Herz dann bis zum Hals? Warum schlug es so laut und pochend, dass er Angst hatte, es würde aus seinem Brustkorb springen? Und warum war er so nervös, wenn er an Temari dachte?

Neues Glück

Warum schlug es so laut und pochend, dass er Angst hatte, es würde aus seinem Brustkorb springen? Und warum war er so nervös, wenn er an Temari dachte?
 

„Shikamaru?! Biste eingeschlafen oder warum zur Hölle antwortest du mir nicht?“, brüllte es aus dem Hörer in Shikamarus Ohr. „Oder malst du dir schon dein schönes Leben mit Temari aus?“

„Sorry, Naruto, können wir später weiterreden? Ich… muss noch eine Akte für den Fall morgen durchlesen“, murmelte Shikamaru und legte auf, ohne auf Narutos Antwort zu warten. Er wusste, dass ihm später ein ziemlich wütender Naruto zurückrufen würde, doch das war im Moment nur ein kleines, unwichtiges Problem. Viel wichtiger war, dass er sich jetzt beruhigte und mit klarem Kopf über die Dinge nachdachte, die Naruto ihm eröffnet hatte. Shikamaru schlurfte ins Wohnzimmer zurück, schnappte sich sein Bier und ließ sich ins Sofa sinken. Er nahm mehrere große Schlucke aus der Flasche, bevor er sie wieder auf dem kleinen Cafétisch abstellte. Er setzte die Flasche wieder an seine Lippen, doch das Telefon läutete wieder, bevor er einen weiteren Schluck nehmen konnte. Ausgesprochen genervt stand Shikamaru auf und nahm den Hörer ab. „Habe ich nicht gesagt, dass wir später reden?!“, brummte er.

„Davon weiß ich nichts“, erwiderte Nakito-sans Stimme am anderen Ende der Leitung. „Und seit wann duzen wir uns, Nara-san?“

„Oh… Nakito-san…“, murmelte Shikamaru kleinlaut, als er die Stimme des Richters erkannte. „Entschuldigen Sie, ich dachte, es wäre jemand anderes dran“, fügte er entschuldigend hinzu.

„Das macht ja nichts. Jedenfalls wollte ich sie informieren, dass die Gerichtsverhandlung vorverlegt wurde und daher schon heute in einer Stunde stattfindet. Würden Sie bitte wieder herkommen?“, erklärte Nakito-san sein Anliegen.

Shikamaru seufzte unmotiviert. „Wenn’s sein muss“, murmelte er.

„Ja, muss es. Ich erwarte Sie in 20 Minuten hier, verstanden?“

„Ja, ja schon klar…“

„Gut, also bis später.“ Ein Tuten ertönte. Shikamaru legte den Hörer wieder auf seinen Platz, trank sein Bier aus, während er sich anzog und verließ dann die Wohnung. Eigentlich hatte er überhaupt keine Lust, jetzt noch eine weitere Verhandlung zu führen, doch er kam nicht drum herum. Wenn Nakito-san ihn rief, konnte er sich nicht weigern.

Eine Viertelstunde später parkte Shikamaru in der Nähe des Gerichtsgebäudes. Er stieg aus und ging auf das Gebäude zu. Bevor Shikamaru eintreten konnte, wurde die Tür aufgerissen und Tayuya stürmte nach draußen. Sie lief geradewegs in Shikamaru rein, der gefährlich strauchelte, sich aber noch halten konnte.

„Oh, sorry, tut mir echt leid!“, entschuldigte sich Tayuya mit großen Augen. Sie holte schnaufend Luft. „Habe ich dir irgendwie wehgetan?“ Sie tastete ihn ab, als ob sie irgendwo eine Wunde ertasten könnte.

„Nee, schon okay…“ Shikamaru wich einen Schritt zurück, damit Tayuya ihn nicht mehr anfassen konnte. Ohne, dass er es wollte, stieg ihm eine leichte Röte ins Gesicht.

„Aber ich bin doch voll in dich rein gerannt! Bist du sicher, dass alles okay ist?“ Tayuya beugte sich ein wenig vor und tastete wieder an Shikamarus Pullover herum. Ihr tiefer Ausschnitt entblößte einen weißen Spitzen-BH, der für Shikamarus Augen kaum zu übersehen war. Mit hochrotem Kopf wich Shikamaru wieder ein paar Schritte zurück, damit Tayuyas Dekolleté aus seinem Blickfeld verschwand. „Ist schon okay, ja?“, versuchte er ihr klar zu machen.

Tayuya blinzelte einige Male. „Okay. Also dann, ich muss weiter, bis morgen!“ Sie lächelte ihn an und lief weiter.

Shikamaru atmete tief ein und wieder aus. Diese Tayuya raubte ihm wirklich eine Menge an Nerven. Sie sah so unschuldig aus und doch war sie so anzüglich. Dazu war sie noch ein echter Tollpatsch. Was sollte er von diesem Mädchen halten?

„Na, hat dir ihr Ausschnitt sehr gefallen?“, fragte plötzlich eine weibliche Stimme neben ihm. Shikamaru seinen Kopf ruckartig in die Richtung aus der die Stimme gekommen war und entdeckte eine säuerlich guckende Temari. Ein mulmiges Gefühl machte sich in Shikamaru breit. Er erinnerte sich Narutos Worte von dem Telefongespräch. Waren sie die Wahrheit oder eine Lüge? Diese Frage musste sich Shikamaru jedoch später zu Herzen nehmen, denn Temari sah nicht gerade gut gelaunt aus. Eher ziemlich angenervt. Lag es an dem, was sie vorhin gesagt hatte? Was hatte sie überhaupt gesagt? Als Shikamaru die Worte und deren Sinn wieder in den Kopf kamen, lief er wieder rot an. „R-Red doch keinen Unsinn…!“, stammelte er und wandte sein Gesicht von Temari ab, damit sie ihn nicht ansehen konnte.

„Du siehst ziemlich angetörnt aus“, erwiderte Temari. Hatte ihre Stimme eine Spur von Eifersucht? Shikamaru versuchte, sich das aus dem Kopf zu schlagen. Es musste etwas anderes sein. Sie war bestimmt einfach nur genervt von Nakito-san und ließ es jetzt an ihm, Shikamaru, aus. Doch was, wenn es wirklich stimmte…? Was, wenn Naruto recht hatte?

„Huch, du wirst ja wieder rot!“ Temari starrte Shikamaru mit zusammengezogenen Brauen an. Erschrocken wich er einen Schritt zurück. „Gar nicht“, murmelte er.

„Hm. Du bist genau wie alle anderen Männer, weißt du das?!“

Shikamaru beäugte Temari einige Sekunden, ohne etwas zu sagen. Nicht, weil er zu überrascht war, etwas zu sagen, sondern weil ihm keine Erwiderung einfiel. Er wusste einfach nicht, was er ihr dazu sagen sollte. Also sagte er nichts und wartete darauf, dass Temari ihm die nächste Beleidung an den Kopf warf. Die schien aber auch gerade nicht zu wissen, was sie sagen wollte, denn auch sie sagte nichts und starrte ihn nur durchbohrend an. Das sagte natürlich auch was aus, nämlich, dass sie irgendwie sauer war. Aber warum? Die einzige vernünftige Erklärung, die Shikamaru einfiel, war… aber das konnte auch wieder nicht sein! Oder…?
 

Shikamaru sagte nichts. Gar nichts. Er sagte nichts dagegen, versuchte nicht, sie umzustimmen. Warum? Temari wusste nicht, was in Shikamarus Kopf vorging. Warum interessierte es sich für diese Tayuya? Was wollte er von ihr? War sie so interessant, dass er sie unbedingt so begaffen musste?

Temari starrte Shikamaru ebenso wortlos an, wie er sie anguckte. Er war so ein Idiot! Warum konnte er nicht einfach sagen, dass er nichts von dem Mädchen wollte? Oder stand er etwa doch auf sie? Temari gingen so viele Fragen durch den Kopf. Und das alles nur wegen dieser Tayuya! Sie hatte alles durcheinander gebracht. Im letzten Monat war alles super gelaufen. Temari und Shikamaru hatten ihre Verhandlungen bewältigt und Tag ein Tag aus Verbrecher in den Knast geschickt oder Unschuldige in die Freiheit entlassen. Und jetzt kam diese Tayuya und machte Shikamaru so an! Temari hielt für einen Moment inne. Was dachte sie eigentlich da? Es war doch völlig egal, wer Shikamaru anmachte und wen er anmachte! Er war ein freier Mann. Temari und er waren nur Freunde. Sie hatte gar kein Recht, sauer auf ihn oder Tayuya zu sein. Und das sollte sie auch nicht! Temari schüttelte innerlich den Kopf. Sie führte sich auf, als ob sie die Freundin von Shikamaru wäre! Das war sie aber nicht. Und würde sie auch nie werden. Was hatte sie sich eigentlich dabei gedacht, hier so rum zu zicken? Es war so lächerlich!

„Ach, wir müssen hoch, nicht?“ Temari lächelte Shikamaru an und packte ihn am Arm. Er sah zuerst ziemlich verwirrt aus, schien dann aber erleichtert zu sein. Temari und Shikamaru gingen hoch in den Gerichtssaal. Temari erklärte Shikamaru nochmal kurz, was in dem Fall alles bekannt war und wer der der Verdächtige war. Sie tat so, als ob vor einigen Minuten überhaupt nichts gewesen war. Zum Glück tat Shikamaru genau dasselbe.

Während der Gerichtsverhandlung war Temari größtenteils abwesend, was dazu führte, dass Shikamaru die Verhandlung sozusagen alleine führte. Es schien ihm nichts auszumachen, denn er entlarvte den Verdächtigen schnell als Täter, womit der Fall schon nach einer Viertelstunde gelöst war. Temari war froh, dass sie schnell wieder nach Hause konnte. Sie war wegen der Sache vor der Gerichtsverhandlung immer noch aufgewühlt. Warum war sie so sauer gewesen wegen Tayuya? Sie versuchte sich einzureden, dass sie das Mädchen einfach von Natur aus nicht mochte und es daher auch nicht guthieß, wenn sie sich gut mit Shikamaru verstand, aber sie merkte schnell, dass es nicht der wirkliche Grund war. Der eigentliche Grund…

„Temari!“

Temari drehte sich überrascht um, als sie die bekannte männliche Stimme hörte.

„Wie geht es dir?“

„GAARA!“ Temari umarmte ihren Bruder stürmisch. Das letzte Mal, als sie ihn gesehen hatte, musste schon ein Monat her sein. „Bist du fertig mit Matsuris Ausbildung? Wie war es? Hat sie es geschafft?“

„Jetzt mal langsam“, erwiderte Gaara ruhig und schob Temari sanft von sich weg. „Zuerst mal: Matsuri ist fertig, das stimmt. Sie ist auch wieder in Suna und will hier an einer High-School unterrichten.“

„Cool!“, strahlte Temari. Endlich war Gaara wieder da! Sie hatte so lange auf ihre Brüder verzichten müssen. Und jetzt war Gaara plötzlich da. Sie konnte es immer noch nicht fassen, freute sich aber riesig. Sie vergaß für den Moment sogar die Probleme, die ihr Minuten zuvor noch zu schaffen gemacht hatten.

„Matsuri ist hinten im Auto. Wollen wir zu ihr gehen?“, fragte Gaara.

„Klar“, erwiderte Temari und hakte sich bei ihrem Bruder unter. Sie gingen auf die Parkplätze zu, die für die Zuschauer des Gerichts reserviert war. Temari erkannte Gaaras Wagen schon von weitem. Eine weibliche Person, Matsuri, lehnte an der Autotür. Als sie Temari und Gaara entdeckte, winkte sie wild mit der Hand. Temari lief die letzten Meter zu ihr hin und umarmte sie. „Schön, dass du wieder da bist, Matsuri! Wie geht’s dir?“

„Gut!“, erwiderte Matsuri mit einem Lächeln. „Und dir?“

„Auch gut. Seit wann seid ihr wieder in der Stadt?“

„Wir sind heute Morgen angekommen. Wir wollten dich eigentlich schon früher besuchen, aber du warst nicht zuhause. Deshalb sind wir hier hin gefahren und haben auf dich gewartet“, erzählte Matsuri.

„Ach so. Okay, dann lasst uns zu mir fahren, damit ihr mir alles erzählen könnt!“, schlug Temari vor. Gaara und Matsuri waren einverstanden, sodass sich alle kurz darauf auf den Weg zu Temaris Wohnung machten.
 

„Also, dann erzählt mal.“ Temari stellte Getränkte und Kekse auf dem Küchentisch ab, bevor sie sich auf ihren Platz setzte und Gaara und Matsuri interessiert ansah.

„Naja, also ich habe jetzt meine Ausbildung fertig“, begann Matsuri zu erzählen. „Und ab nächstem Monat werde ich an der Suna-High unterrichten!“, verkündete sie stolz.

„Hey, wie cool! Und das hast du meinem bescheidenen Bruder zu verdanken?“, fragte Temari mit einem Grinsen in Gaaras Richtung.

„Ja!“ Matsuri blickte verträumt zu Gaara rüber. Das Lächeln in ihrem Gesicht sagte alles. Temari konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als sie Matsuri ansah. Gaara schien Matsuris anhimmelnden Blick gar nicht zu bemerken, weil er seinen Blick auf dem Tee hatte, in dem er rumrührte.

„Und, wie sieht’s mit euch beiden aus? Seid ihr endlich mal zusammen?“, fragte Temari grinsend und wohl wissend, dass Matsuri knallrot werden würde. Temaris Vorhersage bewahrheitete sich: Binnen weniger Sekunden glich Matsuris Gesicht einer Tomate. „W-Was…?“, stotterte sie und sah hilfesuchend in Gaaras Richtung. Zu Temaris Erstaunen konnte sie eine leichte Rosafärbung seiner Wangen ausmachen. Na wenn das nichts hieß! Vielleicht sollte sie ihm eine kleine Lektion erteilen, damit er auch endlich mal sein Glück mit Matsuri finden konnte.

„Mach dich nicht lächerlich, Temari“, sagte Gaara, der sich schnell wieder gefasst hatte. „Du weißt, wir sind nur Freunde.“

„Ja, das sagen sie alle!“, erwiderte Temari schmunzelnd und musste sich widerwillig daran erinnern, dass Kankuro es schon einmal zu ihr selbst gesagt hatte. Sie verdrängte die Erinnerung schnell.

„Was ist denn mit dir?“, mischte sich Matsuri plötzlich ein. Sie war immer noch rot, jedoch nicht mehr so intensiv wie vor hin. „Was ist mit diesem Anwalt da, den du bei Kankuro im Krankenhaus dabei hattest?“

Temari versuchte, die Ruhe zu bewahren und nicht an Shikamaru zu denken. Sie wollte weder rot werden, noch andere Anzeichen von Verlegenheit zeigen. Schließlich war nichts zwischen ihr und Shikamaru. „Wir sind nur Freunde“, sagte sie so gleichgültig, wie es ging.

„Das sagen sie alle!“, sagten Matsuri und Gaara wie aus einem Mund. Sie sahen sich an und schauten verlegen wieder weg, weil beide anscheinend Temaris Worte wieder im Kopf hatten. Temari konnte kichern, als sie die beiden beobachtete. Es war so offensichtlich und doch verstanden sie es nicht. „Ich… muss mal kurz auf die Toilette, bin gleich wieder da.“ Temari erhob sich und verließ die Küche, um Matsuri und Gaara ein wenig Zweisamkeit zu schenken.

Nachdem Temari gegangen war, war es für eine kurze Zeit totenstill in der Küche. Weder Gaara noch Matsuri wussten, was sie sagen sollen. Es lag eine Verlegenheit in der Luft, die Matsuri nicht ertragen konnte. Ja, Temari hatte recht, sie liebte Gaara. Mehr als alles andere. Doch was war mit ihm? Matsuri hatte sich nie getraut, ihn nach seinen Gefühlen zu fragen. Er war immer so verschlossen gewesen, dass sie sich manchmal gefragt hatte, ob er überhaupt etwas fühlte. Mit der Zeit hatte sie jedoch gemerkt, dass Gaara seine Gefühle tief in sich verschloss und sie nur sehr selten mit anderen teilte. Er war von Natur aus verschlossen, doch das störte sie nicht. Genau das machte ihn attraktiv. Die einzige Frage, die Matsuri jetzt noch beschäftigte, war, ob er ihre tiefen Gefühle für ihn erwiderte. Sie wusste, dass Gaara nie von sich aus auf sie zugehen würde. Sie musste selbst den ersten Schritt machen. Doch was, wenn er gar nicht so fühlte wie sie? Was, wenn er sie wirklich nur als Freundin sah und sie abweisen würde, wenn sie ihm ihre Gefühle gestand? Sie hatte nur zwei Möglichkeiten: Das Risiko eingehen oder nicht und ihre Gefühle für immer verbergen. Sollte sie den Versuch machen? War Temari vielleicht deshalb gegangen? Damit sie die Chance hatte, Gaara ihre Gefühle mitzuteilen?

„Gaara…?“

„Ja?“

„Was… hältst du von mir…?“

Matsuri spürte Gaaras Blick auf ihr. Ihre Wangen glühten so heiß, dass sie das Gefühl hatte, zu verbrennen. Sie starrte angespannt zu Boden. Sollte sie ihn ansehen? Würde sie das aushalten, jetzt, wo sie diese Frage in den Raum gestellt hatte?

„Du bist für mich eine gute Freundin, das weißt du. Und du weißt, dass du mir… sehr wichtig bist.“

„Bin ich… nur eine gute Freundin für dich?“ Matsuris Stimme war fast nur ein Flüstern. Sie hatte Angst, diese Frage zu stellen, aber sie wusste, dass sie es machen müsste. Ansonsten würde sie nie Gewissheit haben. Sie nahm all ihren Mut zusammen und sah in Gaaras unergründliche, grüne Augen.

Auf Gaaras Gesicht bildete sich ein leicht überraschter Ausdruck. Seine Wangen färbten sich so leicht rosa, das man es gar nicht so sehr bemerkte, wenn man ihn nur flüchtig ansah. Matsuri jedoch sah ihm genau in die Augen, auch wenn ihre Wangen unerträglich heiß glühten.

„Matsuri…“

„Bitte sei ehrlich…“

Gaara senkte seinen Blick. Einige Sekunden lang war es wieder so still, dass man die Uhr ticken hören konnte. Matsuri fürchtete, dass Gaara sie abweisen würde. Sie spürte einen leichten Stich in ihrem Herzen, als sie grenzenlose Enttäuschung überkam. Was hatte sie sich eigentlich eingebildet? Sie hätte wissen müssen, dass Gaara nie mehr für sie empfinden würde, als Freundschaft. Es war so weit hergeholt, dass er Gefühle für sie haben konnte. Sie war so naiv!

Plötzlich spürte Matsuri, wie etwas ihre Hände berührte. Sie schaute überrascht auf und sah, dass Gaara seine Hände auf ihre gelegt hatte. Eine Hitzewelle schoss durch ihren Körper, die die Enttäuschung sofort wegfegte. Matsuris Herz schlug mit einem Mal so schnell, dass sie nicht wusste, was sie denken und machen sollte. Sie zu Gaaras Gesicht hoch. Er schauten zu ihr zurück; mit einem ungewöhnlich warmen Ausdruck auf seinem Gesicht. Matsuri hatte das Gefühl zu träumen. Konnte das hier wirklich real sein? Konnte es real sein, dass er hier saß, ihre Hand hielt du sie anlächelte? Es musste ein Traum sein. Doch warum spürte sie dann das Glühen in ihren Wangen? Warum hörte sie ihr Herz, das so schnell und laut schlug? Es war kein Traum und doch war es traumhaft schön. Matsuri schloss langsam die Augen, als Gaara ihrem Gesicht näher kam. Ein nicht enden wollendes Glücksgefühl strömte durch ihren Körper, als sie mit einem Kribbeln im Bauch auf den lang ersehnten Kuss wartete.
 

Temari lächelte zufrieden, als sie das frisch gebackene Pärchen durch den Türspalt beobachtete. Sie war froh, dass die beiden ihrer Liebe endlich bewusst wurden und sie auch ausleben konnten. Temari schloss ganz leise die Tür und tapste in das Wohnzimmer. Sie setzte sich auf das Sofa und zog die Beine an ihren Bauch. Gaara und Matsuri waren glücklich. Doch was war sie selbst? War sie glücklich? Oder fehlte ihr etwas? Ihr Unterbewusstsein wusste ganz genau, dass ihr etwas fehlte. Doch war es wirklich das, was Temari befürchtete, dass es war?

Schmetterlinge im Bauch

War sie glücklich? Oder fehlte ihr etwas? Ihr Unterbewusstsein wusste ganz genau, dass ihr etwas fehlte. Doch war es wirklich das, was Temari befürchtete, dass es war?
 

Temari betrat das Gerichtsgebäude am nächsten Morgen mit gemischten Gefühlen. Einerseits freute sie sich auf die heutige Gerichtsverhandlung, andererseits wusste sie nicht, ob sie Shikamarus Anwesenheit einfach so hinnehmen konnte. Sie konnte die Gefühle, die sie für Shikamaru hatte, nicht mehr einordnen, seit diese Tayuya da war. War es Freundschaft? Oder vielleicht doch mehr…? Obwohl Temari das vor ein paar Tagen für unmöglich gehalten hatte, musste sie sich jetzt eingestehen, dass es vielleicht doch möglich war. Sie konnte nicht leugnen, dass Shikamaru ein attraktiver Mann war. Aber war sie wirklich in ihn verliebt?

Temari betrat das Gebäude. Im Flur entdeckte sie Shikamaru und Tayuya, die gerade mit einem Teller voller Muffins auf Shikamaru zulief. „Haaallo, Nara-san, willst du mal meine Muffins probieren?“, rief sie mit einem Strahlen im Gesicht. Sie nahm einen Muffin von dem Tablett und wirbelte damit in der Luft herum. Ungeschickt, wie sie war, fiel ihr der Muffin aus der Hand und direkt vor ihre Füße. Sie trat auf den Muffin und stolperte. Bevor sie Bekanntschaft mit dem Boden machen musste, wurde sie von Shikamaru aufgefangen. Temari rümpfte die Nase, als er sie fragte, ob alles in Ordnung sei. Tayuya lächelte ihn lieblich an. „Klar, danke! Sorry, dass ich immer hinfalle…“

„Ach, ist doch kein Problem“, erwiderte Shikamaru etwas scheu. Temari schritt wortlos an den beiden vorbei und betrat den Versammlungsraum. Sie redete sich ein, dass es sie nicht interessierte, was Shikamaru mit Tayuya zu schaffen hatte. Für den Rest des Tages ignorierte sie das Ziehen in ihrer Brust, wenn sie Shikamaru, Tayuya oder beide zusammen antraf. Es ging sie einfach nichts an.

Nach der Verhandlung beeilte sich Temari, nach Hause zu kommen. Es erwartete sie zwar niemand dort, aber es war besser, als hier dauernd Shikamaru über den Weg laufen zu müssen.

Spät abends klingelte Temaris Telefon. Eigentlich hatte sie überhaupt keine Lust, mit irgendwem zu reden, doch sie war gezwungen, abzunehmen, falls Nakito-san am Apparat sein sollte. Temari schlurfte auf das Telefon zu und nahm ab. „Ja?“, brummte sie in den Hörer.

„Begrüßt man so seinen geliebten Bruder?“, fragte Kankuros spöttische Stimme.

Temari musste lachen. Kankuros Stimme zu hören, steigerte ihre Stimmung ein wenig. Zuhause erwartete sie zwar niemand, aber ihre Brüder waren immer da, wenn sie sie brauchte. Auch wenn sie 2 Stunden entfernt in Konoha waren.

„Kankuro, was gibt’s?“, fragte Temari um einiges freundlicher als vorhin.

„Ich komme wieder. Übermorgen. Das gibt’s!“, erwiderte Kankuro, aus dessen Stimme man die Freude förmlich heraushören konnte.

„Was?! Wieso hast du mir das nicht früher gesagt?? Wie schön, dann sind wir endlich wieder alle zusammen!“, freute sich Temari. Trotz der verwirrenden Ereignisse wegen Tayuya hatte diese Woche schöne Überraschungen für sie parat gehabt. Beide Brüder waren bald wieder bei ihr in Suna! Es war fast zu schön um wahr zu sein.

„Cool, was? Jedenfalls pack ich morgen mein Zeug zusammen und übermorgen geht’s dann los. Also, mach schon mal ein Festessen für mich bereit, bevor ich ankomme!“

Temari lachte. „Klar, kein Problem. Ich freue mich wirklich, dich endlich wiederzusehen. Und am besten nicht wieder in einem Krankenhaus!“

„Nee, die Erfahrung hab ich ja jetzt schon gemacht. Naja, dann also bis übermorgen! Bye!“

„Bye!“ Temari legte auf und setzte sich im Wohnzimmer auf das Sofa. Bald würde also auch Kankuro wieder da sein. Das war schon fast zu viel des Guten! Irgendwas Schlimmes musste noch passieren. In Temaris Magen hatte sich auch schon ein mulmiges Gefühl breit gemacht, was nichts Gutes versprach. Sie wusste zwar noch nicht, was ihr dieses Gefühl sagen wollte, doch sie war sicher, es bald herauszufinden.
 

*
 

„Manchmal hasse ich diese Verhandlungen echt…“, grummelte Shikamaru, als er sich am Samstagmorgen auf den Weg zum Gericht machte. Heute hatte er überhaupt keine Lust aufs Gericht. Am liebsten hätte den Morgen schlafend in seinem Bett verbracht, doch stattdessen saß er hier in seinem Auto und wartete genervt darauf, dass sich der 1 km lange Stau auflöste. Shikamaru tippte ungeduldig auf dem Lenksteuer herum, während er an dem Lautstärkeregler des Radios drehte, das bestimmt schon 10 Jahre auf dem Buckel hatte. Der Empfang war ziemlich schlecht und man hörte teilweise nur nerviges Rauschen. Shikamaru stellte das Gerät ab und starrte weiter auf die Straße. Im Schneckentempo ging es voran.

10 Minuten später konnte Shikamaru endlich wieder durch die wieder freien Straßen fahren. Er beeilte sich ein wenig, um nicht verspätet zur Verhandlung zu kommen. Er wollte ungern zu spät zu dieser Verhandlung kommen. Als er beim Gerichtsgebäude ankam, stieg er schnell aus seinem Auto aus und schloss es ab. Im Gerichtsgebäude war ziemlich still; nur die Geräusche aus dem Versammlungsraum waren leise zu hören. Shikamaru öffnete die Tür. Tayuya war gerade dabei, an jeden Platz eine Tasse Kaffee zu stellen. Sie lächelte Shikamaru freundlich an, als sie ihn bemerkte. Shikamaru lächelte zaghaft zurück und setzte sich auf den letzten freien Platz, der ausgerechnet neben Temari war. Er hatte seit 2 Tagen kein Wort mehr gewechselt und die Stimmung zwischen ihnen war sehr angespannt. Es machte Shikamaru irgendwie traurig. Andererseits war es vielleicht auch besser so.

Tayuya kam lächelnd mit der letzten Tasse Kaffee auf ihn zu. Sie streckte die Hand aus, um die Tasse auf dem Tisch abzustellen, doch stattdessen landete sie durch einen ungeschickten Ausrutscher von Tayuya auf Shikamarus Schoss. Das heiße Gebräu verteilte sich auf Shikamarus Hosenbein. Er verzog leicht das Gesicht, als Tayuya einen erschrockenen, piepsigen Laut von sich ab. „Oh mein Gott, es tut mir so leid!“, entschuldigte sie sich sofort und schaute sich suchend nach einem Taschentuch um.

Temari, die das Geschehen aus nächster Nähe begutachteten konnte, holte langsam ein Taschentuch aus ihrer Tasche und warf es neben Tayuya auf den Tisch. Sie beobachtete mit gerunzelter Stirn, wie Tayuya nach dem Tuch griff und Shikamarus Hose abwischen sollte. Shikamaru lehnte mit einem unsicheren Lächeln ab und hob abwehrend die Hände. Temari sah gelassen dabei zu, doch in ihrem Inneren spürte sie, wie Tayuyas liebherziges Lächeln ein kleines Loch in ihre lockere Fassade riss.
 

„Also haben Sie ihre Schwester absichtlich in den See geschubst, obwohl Sie wussten, dass sie nicht schwimmen kann?“, hakte Shikamaru nach und sah die Angeklagte durchdringend an.

Die junge Frau nickte reuevoll. „Ich war so wütend… sie hat mir meinen Freund ausgespannt!“, versuchte sie, ihre Tat zu rechtfertigen. Sie wusste selbst gut genug, dass es keine Rechtfertigung für das gab, was sie ihrer Schwester angetan hatte, doch trotzdem versuchte sie immer noch, ihre Schuld abzumildern. „Es war ein Reflex… ich konnte mich nicht mehr aufhalten!“

Temari schüttelte verständnislos den Kopf. Sie konnte die Gedanken der Frau in keinem Punkt nachvollziehen.

Nakito-san klopfte mit seinem Hammer auf den Tisch. „Der Rat zieht sich zur Beratung zusammen“, sagte er und bedeutete den Mitarbeitern, in den Versammlungsraum zu kommen. Nach der Beratung stand die Strafe fest. Die Frau wurde in Schellen genommen und abgeführt.

Erschöpft von der Verhandlung, machte sich Temari auf den Nachhauseweg. Sie ging einige Meter hinter Shikamaru auf die Eingangstreppen zu.

„Nara-san!“

Tayuyas glockenhelle Stimme bohrte sich in Temaris Gehirn. Obwohl sie eigentlich ganz schön klang, kam es Temari vor, als würde sie ihre Ohren verätzen. Geradezu feindselig starrte sie in Tayuyas Richtung, die strahlend auf Shikamaru zulief. Was wollte sie denn schon wieder von ihm? Sie wusste, dass sie sich diese Frage nicht stellen sollte, aber sie konnte nicht verhindern, dass heiße Eifersucht in ihr aufstieg. Es war so bescheuert und trotzdem war es so.

„Ich hätte da eine Frage an Sie… hoppla!“

Shikamaru drehte sich träge in die Richtung um, aus der Tayuyas Stimme gekommen war. Als ihn plötzlich etwas Schweres umwarf, fiel er überrumpelt zu Boden. Irgendetwas Weiches traf seine Lippen. Was zum Teufel war passiert und was war das da an seinen Lippen? Als Shikamaru verstand, um was es sich bei dem weichen Etwas auf seinen Lippen handelte, riss er erschrocken die Augen auf. Schamesröte schoss in sein Gesicht, als er Tayuya von sich wegschob.

„Ach du schreck! Es- es tut mir so leid, Nara-san!! Das… das wollte ich eigentlich gar nicht… ach Gott, wie peinlich!“ Tayuya vergrub ihr Gesicht beschämt in dem Kragen ihres Pullis.

Shikamaru schüttelte kurz den Kopf, um die Verwirrtheit in seinem Kopf los zu werden. Er versuchte, wieder klar zu denken und murmelte ein „Schon okay“, damit Tayuya aufhörte, sich zu entschuldigen.

Shikamaru rappelte sich auf, um gerade noch zu sehen, wie Temari das Gerichtsgebäude mit schnellen Schritten verließ. Ein blitzartiger Stich durchzuckte seinen Körper. Hatte sie etwa gesehen, dass Tayuya und er sich ausversehen geküsst hatten? Shikamaru ballte seine Hand zu einer Faust und schlug damit gegen seine Stirn. Wie konnte das passieren? Mussten auch immer wieder ihm die blödesten Dinge geschehen?!

„Nara-san…? Bist du nicht sauer auf mich oder so…?“, fragte eine kleinlaute Stimme hinter Shikamaru. Er drehte sich nicht zu Tayuya um, als er ihr antwortete: „Nein, ist schon okay. Ich muss weg, tschüss.“ Er schnappte sich seine Tasche und lief schnell aus dem Gebäude, hinter Temari her.
 

Draußen entdeckte er Temari an ihrem Auto. Sie werkelte mit dem Autoschlüssel an der Tür herum. Erleichtert, dass sie noch nicht weg war, lief Shikamaru auf sie zu. Er wusste zwar nicht, was er zu ihr sagen sollte, aber er wollte nicht, dass sie irgendetwas Falsches von ihm dachte. Außerdem hatten sie sich zwei Tage lang, seit dem verwirrenden Gespräch, sozusagen ignoriert und das konnte er einfach nicht so stehen lassen.

„Hey… Temari.“ Shikamaru starrte nervös auf seine abgetragenen, schwarzen Schuhe.

Als Antwort warf Temari ihm einen bösen Blick zu. Anders konnte Shikamaru ihn jedenfalls nicht interpretieren. „Sag mal… wieso hast du die letzten zwei Tage nicht mehr mit mir gesprochen?“ Es war ein läppischer Versuch, sie in ein Gespräch zu verwickeln, es fiel ihm jedoch kein anderes Thema an, dass er ansprechen könnte.

Temari zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht.“

„Ist… irgendwas los?“

„Nö. Wieso?“

Shikamaru konnte in Temaris Stimme eine klare Distanziertheit heraushören. Anscheinend versuchte sie absichtlich, so kühl wie möglich rüberzukommen. Warum? Was war los? Hatte sie nicht gesagt, dass sie immer für ihn da sein wollte, so wie er es gemacht hatte? Wo war ihre Freundschaft abgeblieben? War eine Freundschaft zwischen ihnen überhaupt noch möglich?

„Warum bist du so sauer?“, fragte Shikamaru nun zielstrebiger. Er wollte seine Freundschaft mit Temari noch nicht aufgeben. Vielleicht würde wieder alles wie früher sein, wenn sie sich aussprachen.

„Hat dich nicht zu interessieren. Außerdem hast du ja jetzt deine Tayuya, wieso sollte ich dich dann interessieren?“ Temaris Blick warf eindeutig abweisend. Genauso wie vor einem Monat, als sie sich kennengelernt hatten…

„Temari… mit Tayuya, das ist nichts! Das habe ich doch schon mal gesagt“, erklärte Shikamaru. Anscheinend ohne Erfolg. Temaris Gesichtsausdruck änderte sich nicht.

„Ich kenne sie doch erst ein paar Tage! So schnell verliebe ich mich nicht.“

„Geht mich sowieso nichts an“, erwiderte Temari. Sie wandte sich wieder ihrem Autoschlüssel zu, an dem sie gewaltsam rüttelte, weil er steckte und sich nicht von der Stelle bewegen wollte. Shikamaru beobachtete sie einige Sekunden. Was war nur los mit ihr? War sie etwa…?

„Bist du eifersüchtig auf Tayuya?“, rutschte es Shikamaru plötzlich raus. Er biss sich auf die Lippen, doch es war zu spät; die Worte waren gesagt. Es war eigentlich nur eine unwahrscheinliche Vermutung gewesen, die ja nicht stimmen konnte… oder?

Temari sah Shikamaru mit einem überraschten Ausdruck auf dem Gesicht an. Anscheinend wusste sie nicht, was sie sagen sollte, denn aus ihrem geöffneten Mund kamen keine Wörter. Sie sah ihn einfach nur an. Doch dann drehte sie sich urplötzlich um, rüttelte an ihrem Autoschlüssel und murmelte: „Ich bin nicht eifersüchtig…“ Sie schaffte es, das Auto zu öffnen. In wenigen Sekunden würde sie einsteigen. Und dann wäre es zu spät, ihr diese eine Frage zu stellen, die Shikamaru schon seit Tagen im Herzen brannte. Er würde nie wieder die Chance bekommen, sie zu fragen…

„Was empfindest du für mich?“, presste er heraus. Seine Wangen begannen zu glühen, doch im Moment war es ihm egal. Ihm war alles egal. Außer ihrer Antwort.

Temari hielt in ihrer Bewegung inne und starrte Shikamaru mit geröteten Wangen an. Eine Minute verging, in der es totenstill war. Nur die Vögel zwitscherten leise am Himmel. Eine leichte Windböe ließ Shikamarus und Temaris Haare aufwirbeln. Ansonsten waren beide völlig bewegungslos.

„Freundschaft“, sagte Temari leise in die Stille.

„Was?“

„Freundschaft. Ich empfinde Freundschaft für dich“, wiederholte Temari mit einem entschlossenen Blick.

Shikamaru nickte langsam. Er hatte seine Antwort. Sie sackte tief und schwer in seinem Magen, wie ein Stein. War es nicht die Antwort, die er erwartet hatte? Anscheinend… sonst wäre er jetzt nicht so niedergeschlagen. Er konnte Temaris Gefühle aber nicht ändern. Ihre Gefühle für ihn reichten nicht aus. Und seine? Liebte… er sie? Auch wenn, es war nicht mehr von Belang. Shikamaru sah Temari an und prägte sich ihr Gesicht genau ein. Dann drehte er sich um und verließ sie.
 

*
 

„KANKURO!“ Temari warf sich ihrem Bruder freudig in die Arme. „Man, endlich bist du wieder da!“

Kankuro erwiderte Temaris Umarmung grinsend. „Nicht so stürmisch, ich kann ja kaum noch atmen“, scherzte er. Dann löste er sich wieder von ihr, um Gaara und Matsuri zu begrüßen. „Na, wie geht’s euch allen denn so?“, fragte er in die Runde.

„Ganz gut. Und selbst?“, antwortete Gaara. Er machte es sich auf dem Sofa in Temaris Wohnzimmer gemütlich.

„So gut wie nie! Der Aufenthalt in Konoha war echt erfrischend. Ist aber schön, euch alle wieder um mich zu haben“, erzählte Kankuro. Er lugte unauffällig in die Küche, auf der er das versprochene Festmahl von Temari entdeckte. „Ouhh, essen, lecker!“, rief er und flitzte in die Küche. Temari, Gaara und Matsuri folgten ihm lächelnd. Sie setzten sich an den Küchentisch.

Kankuro stopfte sich mit allem möglichen voll, während er Temari und die anderen ausfragte. „Ach, Temari, sag mal, wie war die Zeit mit dem Shikamaru denn so? Wirst du eigentlich auch weiter Kontakt zu ihm halten?“, fragte Kankuro, nachdem er sich eine Bockwurst in den Mund geschoben hatte.

„Hm? Shikamaru…?“ Temari verstand zuerst nicht. Was meinte er damit, weiterhin mit ihm Kontakt zu halten? Doch dann dämmerte es ihr: Weil Kankuro wieder da war, war Shikamaru nach Konoha, seiner richtigen Heimat, zurückgekehrt! Sie brauchte einige Augenblicke, um das zu verdauen. Hieß das etwa, sie hatte ihn gestern zum letzten Mal gesehen? Warum hatte er sich nicht von ihr verabschiedet? In Temaris Kopf drehte sich alles. Darum hatte Shikamaru also all diese offenen Fragen gestellt! Und sie, das dumme Huhn, hatte ihn so abserviert! Sie schlug sich mit der Hand leicht gegen die Stirn. Wie konnte man nur so dumm sein!

„Sorry, Leute, ich muss kurz mal an die frische Luft“, murmelte Temari, erhob sich vom Stuhl und lief aus der Wohnung. Sie fühlte sich schrecklich. Sie hatte Shikamaru einfach gehen lassen. Ohne überhaupt zu merken, dass sie es tat. Sie merkte erst jetzt, wie viel er ihr bedeutete. Was sollte sie jetzt machen? Sie wusste, dass sie es nicht dabei belassen konnte. Sie wollte nicht, dass es zwischen Shikamaru und ihr so endete. Ohne über ihre Entscheidung weiter nachzudenken, kramte Temari ihre Autoschlüssel aus der Tasche und stieg in den Wagen. Sie raste los und war schon kurz darauf auf der Autobahn, unterwegs nach Konoha.
 

Temari stieg mit klopfendem Herzen die Treppen zu Shikamarus Wohnung hoch. Zum Glück hatte sie sich den Weg zu seinem Haus gemerkt. Mit leicht zittrigen Händen betätigte sie die Klingel. Sie wusste nicht, wieso sie so aufgeregt war. Eins war aber sicher: nach diesem Gespräch würde sie wissen, was sie für Shikamaru empfand. Und egal was es war, sie würde ihn nicht loslassen. Er war eine wichtige Person in ihrem Leben und wichtige Personen sollte man bekanntlich festhalten.

Shikamaru öffnete die Tür und erstarrte mitten in der Bewegung, als er Temari sah. „Te-ma-ri…?“

„Warum hast du mir nicht gesagt, dass du heute schon wieder in Konoha bist? Warum hast du dich nicht von mir verabschiedet?!“, sprudelten die Fragen aus Temari heraus, noch bevor Shikamaru noch etwas erwidern konnte. Ihn zu sehen, löste etwas in ihrem Herzen aus. Das Gefühl, ihn verloren zu haben, fühlte sich so schrecklich an, dass sie seine Antwort gar nicht abwartete, sondern ihn einfach umarmte. „Du Idiot...“, murmelte sie und drückte ihn an sich.

Shikamaru, der so überrumpelt war, dass er weder antworten, noch sich bewegen konnte. Als er realisiert hatte, das Temari hier war und ihn umarmte, erwiderte er die Umarmung und schloss seine Arme um Temari.

Es fühlte sich gut an. Es fühlte sich richtig an. Das schreckliche Gefühl, dass sie vor der Fahrt verspürt hatte, war wie weggefegt. Jetzt, wo sie Shikamaru in ihren Armen hatte, war alles andere egal. Waren diese Gefühle reine Freundschaft?

Temari löste die Umarmung. Sie atmete tief durch, trat einen Schritt vor und legte langsam und sanft ihre Lippen auf Shikamarus Lippen. In ihrem Magen begann plötzlich alles zu rumoren. Ihr Herz pochte so schnell und laut, wie noch nie und ihre Knie wurden weich wie Wackelpudding. Es war eindeutig. Schmetterlinge im Bauch. Nichts anderes.
 

Dieses wunderschöne Geschöpft küsste sie gerade tatsächlich. Shikamaru glaubte, sich in einem Traum zu befinden. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er Temaris Wärme so nah an ihm spürte. Es war so schön, dass es unmöglich real sein konnte. Doch es war real. Das wusste Shikamaru. Und genau das steigerte das Glücksgefühl, das er verspürte, während er Temaris Lippen an seinen spürte.

Als Temari sich von ihm löste, schenkte sie ihm das schönste Lächeln, das er je gesehen hatte.

„Ich habe mich geirrt“, sagte sie.

„Worin?“, fragte Shikamaru ein wenig irritiert.

Temari lächelte liebevoll. „Das mit der Freundschaft. Ich habe mich geirrt.“

Temaris Worte lösten in Shikamaru eine Hoffnung aus. Eine Hoffnung darauf, das zu hören, was er sich wünschte, zu hören.

„Ich… ich denke… ich liebe dich…“, murmelte sie mit geröteten Wangen. Das machte ihr Lächeln nur noch liebenswürdiger.

„Ich… ich d-dich auch…“, stammelte Shikamaru mit einem unbeholfenen Lächeln. Er war in solchen Dingen nicht besonders gut, aber er wusste, dass er Temari liebte. Wer konnte dieses liebenswürdige Geschöpf nicht lieben?

Temari schenkte ihm ein Lächeln, zog ihn zu sich und umarmte ihn innig. Shikamaru hatte das Gefühl, als würden 100 Schmetterlinge in seinem Bauch Purzelbäume schlagen.
 

~Schmetterlinge im Bauch~

ENDE.
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, das war´s :) Danke an alle, die diese Geschichte gelesen haben und natürlich besonders an diejenigen, die ein Kommentar hinterlassen haben. Ich hoffe es hat euch gefallen :)

LG Sakura Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (13)
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Von:  JadeJunkfood
2015-10-01T23:00:53+00:00 02.10.2015 01:00
Die Geschichte ist gut geschrieben! Aber als Jura-Studentin muss ich leider über den juristischen Hintergrund voll und ganz den Kopf schütteln ... etwas Recherche in dem Bereich hätte nicht geschadet. Da dies keine kommerzielle Geschichte ist, kann man es dir wohl aber auch nicht übel nehmen. (Das wäre fahrlässige Tötung, in keinem Fall Mord ;) )

Sonst aber gute Story, die ich trotzdem zu Ende lesen werde ! :)
Antwort von:  Sakura-95
02.10.2015 01:26
Jetzt, selber Jura-Studentin, weiß ich das auch selber ;) Aber diese Geschichte ist 2008 entstanden, da war ich 13 Jahre alt, also wird man mir das verzeihen können :) Danke für deinen Kommentar! :)
Von:  Eruza03
2015-09-27T12:33:13+00:00 27.09.2015 14:33
Sosososososososoooooooooooo wunderschön! Dss war so ein schönes heul-happyend!!!!

Von:  Majaaaa
2015-09-24T14:59:08+00:00 24.09.2015 16:59
Das Ende war sooo süß und super passend. Ich kann Tayuya immer noch nicht leiden aber ich finde dass Temari und Shikamaru es soweit gut hinbekommen haben auch wenn es etwas unbeholfen war. Trotzdem ein grandioses Ende für eine grandiose Geschichte
Von:  Majaaaa
2015-09-23T18:11:21+00:00 23.09.2015 20:11
Das Kapitel war gut also aus neutraler Sicht würde ich sagen super, aber leider bin ich nicht so ein Gaara/Matsuri Fan. Sonst war alles cool. Temari und Shikamaru sollten sich langsam aber sicher die Liebe gestehen auch wenn sie es selbst noch nicht wissen. Was Tayuya anbelangt ich weiß nicht ob du das erreichen wolltest aber ich kann sie gar nicht leiden. Sie kommt mir so vor als ob sie nur auf unschuldig macht und doch mit jedem Mann der sie will ins Bett springt.
Alles in allem mach weiter so
Von:  Eruza03
2015-09-22T15:27:07+00:00 22.09.2015 17:27
Super schönes kapi ♡♡♡ Hab mich in deine Schreibstil verliebt xD
scbreib bakd weiter!! Is ne super story!
lg Eruza
Antwort von:  Sakura-95
22.09.2015 17:56
Danke, das freut mich zu hören :) Morgen gibt's das nächste Kapitel. Danach kommt das letzte, wahrscheinlich direkt übermorgen :)
LG Sakura
Von:  Eruza03
2015-09-20T20:46:13+00:00 20.09.2015 22:46
Super schöne fanfiction. Ich hab sie gerade erst entdeckt und habs erst mal durchgesuchtet :D
Schreib bald wieder
lg eruza
Von:  Majaaaa
2015-09-17T05:05:23+00:00 17.09.2015 07:05
Ich finde es süß dass shika und tema nicht sehen dass sie sich lieben. Ich hoffe aber das nächste kapi kommt wieder so schnell. Mach weiter so es war alles super
Von:  Majaaaa
2015-09-15T20:59:06+00:00 15.09.2015 22:59
Dieses Kapitel war echt lustig. Ino ist zwar nervig aber ich finde es gut dass sie nicht die böse ist. Mach weiter so
Von:  fahnm
2015-09-15T20:56:05+00:00 15.09.2015 22:56
Tolles Kapitel
Von:  Stef_Luthien
2015-09-15T20:19:36+00:00 15.09.2015 22:19
Cooles Kapitel :)


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