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Butterfly Mind

Sequel zu Last Butterfly
von

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Antworten

Misa wären beinahe die Augen aus dem Kopf gefallen als sie Shin leibhaftig vor sich sah. Er trug einen teuren Anzug und machte den Eindruck eines seriösen aber dennoch jungen Geschäftsmannes. Mit einem freundlichen Lächeln begrüßte er sie und setzte sich auf den freien Platz. „Nun, da unser Abschied so abrupt war und man eure schlechte Stimmung bis in den Tempel gespürt hat, dacht ich mir dass ich euch einen Besuch abstatte. Da ihr mehr gesehen habt, als jeder andere Mensch auf der Welt, sind sicherlich jede Menge offene Fragen offen geblieben und solange noch nichts Wichtigeres in meinem Terminkalender steht, wollte ich euch im Cafe besuchen und ein wenig mit euch reden. Euch ist doch sicherlich aufgefallen, dass seltsame Dinge mit euch passiert sind, wenn ihr uns begegnet seid oder?“

„Jetzt wo du es sagst, würde ich gerne wissen, warum wir immer wieder solche Gedächtnisschwierigkeiten haben! Beyond zum Beispiel verhält sich mehr als merkwürdig seit heute morgen und ich beginne langsam an meinem Verstand zu zweifeln.“ Verständnisvoll nickte Shin und stellte seinen schwarzen Lederkoffer ab, den er bei sich trug. Als die Bedienung kam um den Kaffee zu bringen, bestellte Shin ein stilles Mineralwasser und wandte sich wieder Mello und Misa zu. „Der Grund dafür ist eine Art Schutzmechanismus, na ja… eigentlich ist der Begriff eher fehlerhaft. Ich würde es eher eine Sicherheitsmaßnahme nennen. Wenn normale Menschen mit den Kräften eines Kami in Kontakt gerät und irgendwann mal ganz normal schlafen geht, werden sämtliche Erinnerungen im Grunde so manipuliert, dass man sich sicher ist das alles nur geträumt zu haben. Damit wollen wir uns und auch die Menschen vor unangenehmen Konsequenzen schützen und da diese Maßnahme sozusagen automatisch von statten geht, ist es eher ungewollt passiert.“ Während Shin alles ausführlich erklärte, schütteten sich Mello und Misa Milch und Zucker in den Kaffee und genehmigten sich einen Schluck. Dabei ließen sie Shin nicht eine Sekunde aus den Augen. Vielleicht war es eine Art feindselige Haltung die daher rührte, dass Shin als Verkörperung des Todes nicht wirklich viel an Beliebtheit genoss und seine Kräfte furchteinflößend waren oder sie wollten ihn einfach beobachten, wie er sich als Gottheit in der Welt der Menschen verhielt. Er jedenfalls ignorierte die Blicke. „Und was hat es jetzt mit diesem Ashura auf sich, der so einen Ärger fabriziert hat? Wer genau ist oder war er und warum hat er so einen Hass auf uns Menschen? Das muss doch einen Grund haben.“ Nervös begann sich Misa ihren linken Handrücken zu kratzen bis Shin seine blasse Hand beruhigend auf die ihre legte. Zu ihrem Erstaunen war sie nicht so eiskalt wie sie es von Beyond und Rumiko her kannte sondern warm, wie eine normale Menschenhand. „Ashura ist mein Bruder, genauso wie er Seimeis Bruder ist. Vor Bestehen des Universums verkörperten wir eine Einheit, die auch Henzai genannt wurde was in der japanischen Sprache „Allgegenwart“ bedeutet. Henzai war ein Wesen, das Leben, Schicksal und Tod verkörperte und seine Macht dazu nutzte, um anderes Leben zu schaffen. Doch da Henzai selbst aufgrund seiner Macht nicht fähig war, selbst ein Teil davon zu sein, spaltete es sich in seine Grundformen auf. Ich bin der Tod, Seimei das Leben und Ashura war das Schicksal. Zunächst haben wir unsere Macht benutzt um die Welten immer wieder zu verändern. Seimei kreierte das Leben, Ashura sorgte für den Fortschritt und ich dafür, dass das der Kreis sich schloss. Als wir dann aber erkannten, dass jede Schicksalsveränderung zum Teil schwerwiegende Konsequenzen nach sich zog und sogar eine ganze Welt zerstörte, wurde uns bewusst, dass diese Macht zu gefährlich war. Es ist wie der Schmetterlingseffekt und wir konnten nie abschätzen, welche Folgen unser Handeln hatte. Außerdem waren die Menschen zum Beispiel Wesen, die eigenständig denken und handeln konnten und nicht von ihren Instinkten abhängig waren. Sie haben ihr eigenes Leben bestimmt und wollten ihr eigenes Schicksal bestimmen. Seimei und ich sahen darin die Möglichkeit, dass Henzais Kinder „erwachsen“ wurden und nun für ihr eigenes Handeln Verantwortung übernehmen sollten damit wir ihre Fehler nicht immer ausbügeln oder als Sündenböcke herhalten mussten. Ashura hingegen hatte Angst davor seine Macht zu verlieren und zeigte keine Einsicht. Er weigerte sich hartnäckig, sich dieser Ansicht anzuschließen und wollte uns das Gegenteil beweisen. Schon vor Millionen Jahren hat er diesen Fehler begangen und das hatte zur Folge, dass ein Meteor auf die Erde einschlug, den zweiten Einschlag konnten wir zum Glück verhindern denn das hätte die endgültige Zerstörung der Erde bedeutet. Ashura wollte einfach nicht verstehen, dass seine Macht über ganze Zeitperioden schwere Folgen haben würde und dass dieses Risiko für jeden untragbar war. Also mussten wir mit Gewalt gegen ihn vorgehen und das hat er uns niemals verziehen.“

„Und als ihr seine Kraft genommen habt, verlangte er einen Ausgleich dafür oder was?“ Shin nickte und versuchte sachlich zu bleiben. „Wir fanden es nur gerecht, ihm eine andere Kraft zu geben und da Ashura jemand war, der das Wissen sämtlicher Welten, Religionen und Kulturen sammelte, gaben wir ihm die Kraft der Voraussicht, der Illusion und weitere Fähigkeiten. Was wir jedoch nicht wussten war, dass er eines von seiner alten Kraft behalten hatte: Sein Wissen um das Schicksal. Kombiniert mit der Vorhersehung konnte er also präzise bestimmen, was Jahrhunderte später passierte. Er wusste dass die Kami keine Zukunft haben würden und dass die Menschen die Ursache waren. Er sah auch wie viele Tierarten aussterben würden, wie grausam die Kriege waren, die die Menschen führten und welche Gefahr sie für die Erde darstellten. In seinen Augen waren sie wie Parasiten, destruktive Lebensformen, die nur Leid und Verderb schufen. Im Laufe der Jahre entwickelte er zunächst eine Abneigung gegen die Menschen, dann wurde diese Abneigung zu Hass. Er hasste die Menschen für das, was sie getan hatten und noch tun würden und er begann auch uns zu hassen, weil wir ihn verraten haben. Ashura wollte wieder die Macht über das Schicksal erhalten um all diese Ereignisse abzuwenden und das ging in seinen Augen nur, indem er die Menschheit auslöschte. Zunächst hielt er sich jedoch im Hintergrund weil er wusste, dass er unter Beobachtung stand und tat auch nichts Verbotenes. Dann aber meldete Shiki uns dass seltsame Dinge vor sich gingen. Shiki war der Kami des Gesetzes, ein Yama um genau zu sein. Eines Tages verschwand sie spurlos und der Verdacht fiel auf Ashura. Wir baten Somaru, seinen jüngeren Schüler, die Sache zu untersuchen und er kam nicht zurück. Seimei ging mit Sosuke, der in Akitos Körper wiedergeboren wurde, zu Ashuras Palast und sah dass sein eigener Bruder grausame Experimente machte. Somarus rechte Körperhälfte war entstellt und auch vom Wesen her hatte er sich verändert. Ashura hingegen blieb völlig unverändert. Er sagte, dass das Zeitalter der Shinigami angebrochen sei, die in seinem Namen die Menschheit auslöschen würde. Als Seimei ihn aufhalten wollte, stach Ashura ihm sein linkes Auge aus und erst Sosuke gelang es Ashura zu töten. Zu dem Zeitpunkt wussten wir jedoch nicht, dass Ashura dieses Ereignis vorhergesehen hatte und bereits seine Seele gespalten hatte um sie über die ganze Welt zu verstreuen. Seimei entfernte Ashuras Auge, welches die Macht der Vorhersehung besaß, und tauschte es gegen sein zerstörtes aus. Ashura ist zum personifizierten Hass gegen die Menschheit geworden.“ Soweit hatten Misa und Mello verstanden aber eines schlug ihnen dennoch schwer auf den Magen. „Was genau sind die Shinigami?“ Da musste selbst Shin genau nachdenken um eine korrekte Antwort geben zu können. „Tja, selbst nach 600 Jahren sind Seimei und ich nicht wirklich sicher. Wie wir Shinigami definieren sollen aber was wir wissen ist, dass es zwei Kategorien von Shinigami gibt: 1. jene, die durch und durch böse sind und 2. welche, die es nicht sind. Die besonders bösartigen und mächtigen Shinigami waren Geschöpfe Ashuras. Menschen… Kami… Ashura benutzte seine Macht um in ihr Unterbewusstsein einzudringen. Er entfesselte ihren Hass und vergiftete damit ihre Seelen. Das veränderte auch ihre äußerliche Gestalt bis heute bekomme ich Meldungen über neue Shinigami. Auch Menschen können zu Shinigami werden. Die anderen Shinigami, die nur töten um zu überleben und keine Abneigung gegen die Menschen haben, sind zum Teil ungewollt Shinigami geworden. Es gibt also insgesamt zwei Wege ein Shinigami zu werden: 1. Indem die unterbewusste Finsternis und der Hass freigesetzt werden und damit Geist und Seele beherrschen oder wenn Kami die Lebenszeit von Menschen oder ihresgleichen rauben und umgekehrt, nämlich wenn ihnen die Lebenskraft geraubt wird. Der Shinigami, den du kennen gelernt hast Misa, der Shinigami Rem… soll ich dir seine Lebensgeschichte erzählen?“

Jetzt wo Shin es sagte, hatte es Misa schon manchmal interessiert, wie man ein Shinigami wurde, da sie sich nicht fortpflanzen konnten und wie Rems Vorgeschichte war aber Shinigami waren nun mal sehr verschwiegen. Shin reichte Misa ein Schwarzweißfoto von einem hübschen Mädchen von vielleicht 17 bis 19 Jahren und relativ kurz geschnittenem Haar. Sie trug ein Monokel und ein Brautkleid und wirkte sehr glücklich. „Dieses Foto entstand zum Ende des 19. Jahrhunderts in einem weißrussischen Dorf. Rem hieß zu ihren Lebzeiten noch Remilia Zwetkowa und war die Tochter einer Kaufmannsfamilie und war in den Sohn eines Adligen verliebt. Sie hat alles für ihn getan und war bereit noch mehr zu tun und als sich die Eltern mit der Hochzeit einverstanden erklärten, ging für Remilia ein Traum in Erfüllung. Doch in der Hochzeitsnacht zeigte ihr Ehemann sein wahres Gesicht und lachte sie aus. Er demütigte sie und schlug sie und als er dann sagte sie sei unrein gewesen, wollte man sie zur Strafe hinrichten. Im Gefängnis gelang es ihr einen Shinigami zu rufen und konnte sich mit der Hilfe des Death Notes befreien und rächte sich an ihren Mann und entwickelte einen starken Hass gegen Männer. Sie zog durch Russland, heiratete Männer und tötete sie in der Hochzeitsnacht woraufhin man sie die schwarze Witwe nannte. Nebenbei tötete sie noch 40 andere Männer bis man sie in ihrem Haus einsperrte und es anzündete. Sie verbrannte bei lebendigen Leibe in ihrem Hochzeitskleid. Nach ihrem Tod wurde sie zum Shinigami. Sie war sehr angetan von dir Misa, weil du sie an ihr menschliches Ich erinnert hast und sie deswegen den Wunsch verspürte, dich vor Enttäuschungen zu schützen. Rem mag zwar einen Groll gegen Männer gehegt haben aber sie wollte die Frauen beschützen, die ihr ähnlich waren um sie vor einem Schicksal wie ihrem zu bewahren.“

„Werden viele Menschen, die ein Death Note besessen haben zu Shinigami?“ wollte nun Mello wissen, den es schon interessierte, ob die Möglichkeit bestand, dass Kira oder Misa eines Tages als Shinigami zurückkehren konnten. Shin schüttelte jedoch den Kopf. „Nicht unbedingt. Es kommt nicht darauf an ob und wie viele Menschen man mit dem Death Note getötet hat oder man die Shinigamiaugen besessen hat. In deinem Falle zum Beispiel würde ich mir keinerlei Sorgen machen. Du hast ein zu gutes Herz als dass du zu einem Shinigami werden könntest aber Kira… tja, da würde es schlecht aussehen. Es wäre sogar höchstwahrscheinlich, dass Light Yagami als Shinigami zurückkehren würde und noch mal versuchen wird, die Erde zu säubern. Aber da braucht ihr euch keine Sorgen zu machen, denn in solch einem Falle wird das S.E.K. dem einen Riegel vorschieben.“

„Aber ich dachte die würden nur Shinigami töten, die gegen die Regeln verstoßen.“ Misa hatte inzwischen ihre Nervosität verloren und unterhielt sich ganz normal mit Shin. Dieser wirkte nicht mehr so steif wie sonst auch immer sondern sehr freundlich und fast ein wenig so wie Seimei, nur nicht so extrem locker. „Wir kümmern uns allgemein um Shinigami, die Probleme machen. Dazu gehört Unruhestiftung, Regelverstoß und Massentötung.“

„Wäre es nicht einfacher direkt alle Shinigami zu töten?“ Als Mello Shins Blick sah, bereute er gleich seine Frage wieder. Die Bedienung kam erneut und Shin nahm sein Wasser dankend entgegen und zahlte auch direkt. „Diese Shinigami waren früher Menschen und Shinigami. Der Grund, warum ich sie nicht allesamt getötet habe liegt daran, dass ich noch Hoffnung habe, dass wir sie irgendwann heilen können. Außerdem sind einige Shinigami immer noch meine Freunde.“ Mello entschuldigte sich für seine unverschämte Frage und Shin beruhigte sich auch wieder. „Was den Brief angeht, da muss ich mich entschuldigen. Als wir uns das erste Mal trafen, wusste ich euch noch nicht richtig einzuschätzen und habe wirklich alle Spuren verwischt, die auf die Existenz des S.E.K., Seimei und mich hinweisen könnte. Dabei habe ich auch den Brief mitgenommen aber jetzt, da ich von eurer Ehrlichkeit überzeugt bin und ich denke, dass du ein Recht darauf hast, gebe ich ihn dir wieder zurück.“

Vorsichtig öffnete Mello das Wachssiegel und holte Krankenhausunterlagen heraus. Krankenhausdokumente? Was sollte das denn? Ist irgendjemand, den er kannte, im Krankenhaus und oder gewesen? Irritiert las er sich den Patientennamen durch und hätte vor Schreck fast die Dokumente fallen lassen. Als Patient war niemand anderes als L Lawliet vermerkt… aber warum hatte dieser Fear seine Krankenhausdokumente gestohlen? Gab es einen bestimmten Grund dazu? Aufmerksam las sich Mello den Bericht durch und spürte, wie seine Hände immer schlimmer zitterten. Was er da las, ließ ihn an allem zweifeln, was er bis heute über L’s Verbleib wusste. Im Waisenhaus wurde ihnen gesagt, dass L und Watari bei einem Autounfall ums Leben kamen, nachdem es in einem Tunnel zu einer Massenkarambolage kam. Jetzt aber las er hier, dass L das alles überlebt hatte. Nachdem der Wagen außer Kontrolle geriet und frontal gegen die Wand gedrückt wurde, starb Watari als er eingequetscht wurde. L hatte das Auto verlassen und wollte aus dem Tunnel fliehen, als ein weiterer Wagen ihn schließlich erfasste und überfuhr. Mit schweren Verletzungen und inneren Blutungen wurde er schließlich ins nächste Krankenhaus gebracht. „Das gibt es doch nicht. L ist noch am Leben?“

„Nun ja“ murmelte Shin mit ernster Miene „solange man es Leben nennen kann. Es ist nämlich etwas passiert während der Operation: Man hat den Beatmungsschlauch an eine falsche Stelle angeschlossen sodass er nicht richtig mit Sauerstoff versorgt wurde und das hat zu einer Unterversorgung des Gehirns geführt. Über die Jahre hat sich sein Zustand immer weiter verschlimmert.“

„Was genau ist jetzt mit L?“ fragte jetzt Misa besorgt, die L zwar nicht so lange kannte wie Matt und Mello, ihn aber trotz allem sehr sympathisch gefunden hatte. Shin zögerte jedoch eine Antwort zu geben bis Mello ihn dazu drängte. „L ist so gut wie blind und ist nicht mehr in der Lage richtige Worte zu sprechen. Im Laufe der Jahre verkrampften sich auch seine Arm- und Beinmuskulaturen und ist zum Pflegefall geworden. Vom Intellekt her ist er auf dem Level eines Kleinkindes.“

„Und das ist wirklich möglich?“

„Es gibt einige solcher Fälle, auch in Deutschland gab es so einen, der fast identisch mit dem hier ist. L’s Ärztin Hester Holloway hat ihren Beruf niedergelegt und pflegt ihn nun. Sie hat die Dokumente gefälscht damit niemand erfuhr was wirklich mit L passiert ist, aber Fear hat die echten in die Finger bekommen. In knapp zwei Wochen, wenn nichts dazwischen kommt, am Freitag um 14:55 Uhr werde ich L Lawliets Leben beenden. Falls du ihn noch vorher besuchen willst…“ Shin öffnete seinen Koffer und holte ein Notizbuch heraus auf dem „Death’s Note“ stand. Sollte das ein schlechter Witz sein? „Was soll das mit der Aufschrift bedeuten?“

„Nun, ehrlich gesagt war ich damals nicht sehr kreativ, als ich die ersten Death Notes kreierte. Ich hab mir einfach gedacht, ich nehme dieses Notizbuch hier als Vorlage und es hat sich als gute Idee erwiesen. Übersetzt ist das hier die Notiz des Todes und keine Todesnotiz.“

„Ich seh da keinen Unterschied. Das ist für mich wie bei dem Problem, was der Unterschied zwischen der japanischen Volksfront und der Volksfront von Japan ist.“

Shin schien nicht wirklich zu verstehen was Misas Problem war und suchte erst einmal die entsprechende Seite, dann holte er einen kleinen Zettel heraus, auf dem mit sehr eleganter Schrift eine Adresse verzeichnet war. „Dort wirst du L finden, ich hab auch noch das Datum meines Besuchs aufgeschrieben. Und nun zu meinem Notizbuch, es gibt einen erheblichen Unterschied zwischen Death’s Note und den Death Notes der Shinigami, einen markanten sogar. Die Death Notes haben die Eigenschaft, dass jede Person stirbt, die hineingeschrieben wurde und in meinem hingegen stehen bereits Namen, Todeszeitpunkt und Adresse. Ich brauche es als Gedächtnisstütze damit ich genau weiß, wen ich besuchen soll. Dazu muss ich nur die entsprechende Seite suchen, mich auf einen Namen zu konzentrieren und schon bin ich bei ihm. So etwas wie ein Death Note benutze ich nicht aber auf das hier will ich lieber nicht verzichten. Mir ist es schon mal passiert, dass ich jemanden völlig vergessen habe. Besonders in Zeiten des Krieges kann es äußerst schwer sein, alle Termine einzuhalten und eine Panne wie im zweiten Weltkrieg wird mir so schnell nicht mehr passieren. Habt ihr sonst noch etwas auf dem Herzen, irgendetwas was euch bedrückt?“ Zunächst sahen sich Misa und Mello schweigend an, dann wollten sie ihre Frage stellen, da sahen sie Akito und Rebirth zu ihnen kommen. Auch sie waren überrascht Shin zu sehen und holten sich zwei Stühle um sich dazuzugesellen. Stolz präsentierte Akito seiner Mutter ein Puzzle, welches er sich ausgesucht hatte. „Wie es scheint geht es euch beiden sehr gut“ bemerkte Shin und tätschelte Akito den Kopf. „Shin, ich würde gerne noch wissen, was mit Beyond und Rebirth passiert ist. Was ist mit ihren Augen?“

„Nun“, murmelte Shin und steckte sein Notizbuch wieder ein. „Wie du, Rebirth, sicherlich bemerkt hast, bist du nicht mehr in der Lage, Namen und Lebenszeit zu erkennen nicht wahr? Der Grund dafür ist, dass während der Feier gestern Nacht Beyond und Rumiko in einen Kampf mit Ashuras Seelenfragment geraten sind und da sie selbst nicht imstande waren, viel auszurichten, hat Somaru eigenständig gehandelt um sie zu beschützen. Somaru ist wie ihr wisst Ashuras zweiter Schüler gewesen und in euch dreien wiedergeboren. Er hat es geschafft, sich von euren Körpern zu lösen und hat Ashura somit ins Nichts ziehen können. Dabei habt ihr auch euer Shinigamiaugenlicht verloren und dadurch kann sich auch die Sehkraft verschlechtern wie zum Beispiel bei Beyond Birthday, der über die Jahre eine Kurzsichtigkeit entwickelte, die jedoch durch das Shinigamiaugenlicht ausgeglichen wurde.“

„Mama, mir ist langweilig“ meldete sich schließlich Akito zu Wort, der wohl wenig Interesse an diesem Erwachsenengespräch zu haben schien und lieber nach Hause wollte um zu puzzeln. „Schatz, du kannst dich ja ein wenig im Buchladen umsehen wenn du möchtest.“ Kurzerhand stand Akito mit einem etwas schmollenden Gesichtsausdruck auf und ging. Misa sah ihm mit einem etwas besorgten Blick hinterher und Shin ahnte, was sie bedrückte. „Du machst dir Sorgen wegen deinem Sohn oder?“

„Dazu habe ich doch allen Grund oder? Er wäre beinahe einem durchgedrehten Psychopathen zum Opfer gefallen, der ihn benutzen wollte um die Menschheit auszulöschen und Akito wäre fast gestorben. Was ist wenn noch so jemand wie Fear auftaucht?“ Shin hielt Misas Hand fest um sie zu beruhigen doch so einfach war es dieses Mal nicht. Die Ängste, die sie in der Nightmare Mansion ausgestanden hatte, würde sie nicht so schnell vergessen können. „Wie kann ich mit meiner Familie jemals beruhigt leben können ohne Angst zu haben, von noch so einem Kerl wie Fear bedroht zu werden? Außerdem verstehe ich nicht wieso Beyond und Rebirth plötzlich normale Leute sind und das nicht auch bei Akito so ist. Warum? Erklär mir das bitte!“

„Misa, ich verspreche dir bei allem was mir heilig ist, dass ich dafür sorgen werde, dass euch nichts und niemand mehr bedroht.“ Shin sah der jungen Mutter tief in die Augen und sprach mit langsamer und ruhiger Stimme. „Der Grund, warum Akito immer noch Sosukes Seele in sich trägt hat den Grund, weil Akito es selbst so will und es das Beste für ihn ist. Dein Sohn ist sich seiner Fähigkeiten durchaus bewusst und will sie benutzen um Menschen zu helfen. Er möchte die Welt verändern und im Tempel hat er mir und Seimei ganz klar gesagt, dass er seine Kräfte bis zu seinem Ableben behalten will. Außerdem ist es gefährlich bei jemanden in dem Alter die Seele eines wiedergeborenen Kami zu entfernen, das könnte gesundheitsschädlich werden.“

„Aber Akito ist in der Nightmare Mansion fast gestorben und hat fürchterliche Schmerzen gehabt! Ich lasse nicht zu dass er noch mal so leiden muss“ rief Misa, stand ruckartig von ihrem Stuhl auf und schlug dabei wütend die Faust auf den Tisch, dass die Tassen laut klirrten. Ein paar der Gäste drehten sich neugierig zu ihnen um und als Misa das bemerkte, setzte sie sich wieder hin. Shin hatte nun etwas Nachdenkliches und Trauriges in seinen Augen. „Ich kann dich gut verstehen“

„Verstehen, verstehen… Das hilft meinem Sohn aber auch nicht wenn er wieder solche Schmerzen hat.“

„Das weiß ich und glaub mir, ich weiß sehr wohl wie du dich fühlst. Auch ich musste mit ansehen wie Menschen und Kami im Krieg qualvoll starben denn ich war letztendlich derjenige, der ihr Leben nehmen musste weil es meine Aufgabe ist. Mir macht es keinen Spaß Kindern in Entwicklungsländern zuzusehen, wie sie elendig zugrunde gehen und zu wissen dass man nichts für sie tun kann, außer ihnen noch mehr Leid zu ersparen indem ich ihr Leben beende. Aber ich muss es tun weil es nötig ist und wenn ich irgendwo eine Möglichkeit sehe, jemandem zu helfen dann mache ich es auch, obwohl ich nur den Tod bringen kann. Ich konnte vor 600 Jahren nicht verhindern, dass all meine Freunde ihr Leben verloren und mein eigener Bruder Ashura dafür verantwortlich war.“ Mit einer hastigen Handbewegung rieb Shin sich die Tränen aus den Augenwinkeln weg und sah Misa wieder tief in die Augen. „Glaub mir Misa, ich werde nicht zulassen dass Akito irgendetwas passiert. Noch einmal werde ich nicht tatenlos zusehen wie mein bester Freund sein Leben verliert.“ Er meinte es sehr ernst, das sahen Rebirth und Mello ihm an, die sich die ganze Zeit über zurückhielten als sie merkten, dass Misa diese ganzen Geschehnisse psychisch immer noch sehr belasteten und sie eine unvorstellbare Angst um ihr Kind hatte. Shin schien sich ebenfalls Sorgen zu machen und er machte sich anscheinend noch Vorwürfe, dass die Kami damals vor 600 Jahren allesamt im Krieg sterben mussten. „Misa, du bist eine wunderbare Mutter und du kannst stolz darauf sein, so gute Freunde und einen Sohn wie Akito zu haben. Aber bitte hab auch Vertrauen. Entschuldigt bitte, ich würde gerne weiter mit euch reden aber ich werde in einer halben Stunde in Syrien gebraucht.“ Damit erhob sich Shin und putzte noch schnell seine Brille, dann wollte er sich zum Gehen wenden doch da hielt Misa ihn zurück. „Shin, entschuldige bitte… ich…. Du hast so viel für uns getan und dafür wollte ich mich noch bedanken. Danke für alles.“

„Auch wir möchten uns bedanken.“ Nun erhoben sich auch Mello und Rebirth um sich von Shin zu verabschieden. „Ohne dich wären wir vielleicht allesamt tot.“ Shin hatte immer noch diesen etwas steifen Gesichtsausdruck aber man sah ihm an, wie sehr es ihn freute, dass man ihm dankte. „Das ist das erste Mal seit 600 Jahren, dass mir jemand gedankt hat. Ihr seid wunderbare Menschen und ehrlich gesagt, hab ich euch richtig gerne als Freunde. Lebt wohl, ich wünsche euch noch ein langes und erfülltes Leben.“ Damit verabschiedete sich Shin und wollte gerade gehen, da hielt er inne und kehrte noch ein letztes Mal zurück. „Tut mir bitte noch einen kleinen Gefallen: Wenn ihr abreist, wird dieses Mädchen hier an euch vorbei in Richtung Bahnhof rennen.“ Er reichte Rebirth ein Foto, wo eine hübsche Blondine mit ungewöhnlich dunklen Augen und einem amethystfarbenen Edelstein an einer Kette, die sie um den Hals trug. „Stellt ihr einfach ein Bein, damit helft ihr mir ungemein.“

„Wieso sollen wir ihr ein Bein stellen?“

„Damit helft ihr zwei Geschwistern, sich zu versöhnen. Nur ein Bein stellen, dass sie auch wirklich hinfällt, mehr braucht ihr nicht zu tun.“

Mit einem zufriedenen Lächeln verabschiedete Shin sich noch mal und verschwand um die Ecke. Stirnrunzelnd sah Mello ihm hinterher. „Also doch. Das mit diesem Anthony war kein Zufall.“

„Aber haben Shin und Seimei nicht gesagt, sie wollen nicht in das Schicksal eingreifen weil es zu gefährlich sei?“ fragte Rebirth und schien irgendwie gar nichts mehr zu verstehen. Auch Mello und Misa waren zunächst ratlos und wussten nicht, welchen Reim sie sich darauf machen sollten. Dann aber lächelte Rebirth und wandte sich den beiden zu. „Er versucht einfach das Beste aus seinen Fähigkeiten zu machen. Genauso wie wir alle auch.“

Sie verließen das Cafe und gingen Akito suchen, doch der war zunächst nicht aufzufinden. Dann aber fanden sie ihn in der Abteilung für Jugendliteratur, wo Misas Jüngster sich mit zwei Mädchen unterhielt. Die eine trug einen beigefarbenen Pollunder, darunter ein weißes Hemd und einen blauen Faltenrock. Mit der Brille und dem ordentlich gekämmten Haar, welches nicht einmal bis zur Schulter reichte, sah sie wie eine Musterschülerin aus. Doch die junge Frau neben ihr sah da ganz anders aus. Sie war in schwarz gekleidet und erinnerte Mello ein wenig an diese Sängerin Amy Lee. Akito unterhielt sich mit ihnen und als die beiden bemerkten, dass seine Mutter kam, verabschiedeten sie sich von ihm und gingen an Misa vorbei wobei die Amy Lee Doppelgängerin sagte „Sie haben wirklich einen wunderbaren Sohn.“ Damit verschwanden die beiden jungen Frauen aus dem Laden und eine Weile sah Rebirth ihnen schweigend hinterher. „Seltsam“ murmelte er und verschränkte die Arme. „Ich könnte schwören die Stimmen von den beiden hätte ich irgendwo schon mal gehört.“

„Ich auch“ meinte Mello und kratzte sich am Hinterkopf. „Und ich bin mir sicher das war in der Nightmare Mansion.“ „Ist doch jetzt auch egal“ unterbrach Misa, die jetzt endgültig genug von dem übernatürlichen Kram hatte und endlich in die Normalität zurückkehren wollte. „Lasst uns wieder zurückgehen, ich hab das Gefühl als hätte ich mir mit den neuen Schuhen Blasen gelaufen.“ Damit war das Thema „Übernatürliches“ für sie beendet und sie schleifte ihre Freunde mehr oder weniger aus der Buchhandlung raus.



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