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Kleinkrieg der Todsünden

von

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Zorn meldet sich zum Dienst!

„Wir gehen zu Kocco? Och nö ...“, jammerte Acedia und sah seufzend an der Hauswand hinauf. Sie waren vor einem Herrenhaus angekommen, mit einem recht großen Anwesen dazu. Kocco war die junge Frau, die hier allein mit ihrem steinalten Buttler hauste. Und eben diese junge Frau war ihre Auftraggeberein. Wenn Kocco sie hier herbestellte, stand eine Menge Arbeit in Aussicht. Das gefiel Acedia gar nicht.

„Maul hier nicht rum. Schwing deinen Hintern da rein!“, erwiderte Ira grob und schob seinen platinblonden Kollegen mit einem brachialen Stoß vor sich her. Sie waren lange unterwegs gewesen, es wurde langsam schon wieder dunkel. Und er hatte beileibe nicht mehr die Geduld für Acedias Gejammere.
 

„Zorn meldet sich zum Dienst!“, verlautbarte Ira in gestrengem, militärischem Ton.

„Völlerei meldet sich zum Dienst.“, gab auch Gula zu Protokoll.

„Hier, Faulheit.“, meldete Acedia. Sofort verpasste Ira ihm einen strafenden Klapps auf den Hinterkopf und stellte deutlich klar, daß auch eine Faulheit sich gefälligst ans Protokoll zu halten hatte.

Aber die junge Frau lächelte nur amüsiert. „Ist schon okay. Schön, daß ihr so schnell hier sein konntet, Jungs. Lasst uns erstmal in Ruhe Abendbrot essen. Die anderen kommen vermutlich erst morgen früh an.“

Auf Gulas Gesicht machte sich ein seeliges Grinsen breit, als er das vernahm. Keiner wusste, mit welchem Gott oder welchem Teufel diese Kocco einen Pakt am Laufen hatte, um Todsünden herumbefehligen zu können. Oder woher sie die Aufträge nahm, die sie den Todsünden immer auf´s Auge drückte. Sie war nur ein gewöhnlicher Mensch. Aber solange sie genug Essen bereitstellte, war ihm alles recht.
 

„Ähm ... Acedia? ... Hast du kein eigenes Zimmer bekommen?“, wollte sie verdutzt wissen, als sie an diesem Abend in ihr Schlafzimmer kam und den schicken Blonden splitterfasernackt in ihrem Bett liegen sah.

„Doch, schon. Aber das ist so weit weg, den ganzen Gang runter, da hätte ich ja laufen müssen.“, gab er müde zurück und räkelte sich etwas.

Sie holte tief Luft, um Fassung zu bewahren. „Und ... du meinst nicht, daß du dich jetzt vielleicht noch ... umquartieren könntest?“

„Ach was. Komm ruhig mit rein, das Bett ist groß genug für uns beide.“, entschied er, in keinster Weise erotisch angehaucht. Sein Tonall sagte, daß er einfach nur keine Lust hatte, jetzt nochmal aufzustehen. Das fand Kocco irgendwie gar nicht toll, musste sie feststellen, aber sie wusste, daß es ohnehin sinnlos war. Wenn man sich mit einer Todsünde anlegte, zog man immer den kürzeren. Sie würde ihn entweder dulden oder sich selbst ein anderes Zimmer suchen müssen. Letzteres sah sie allerdings gar nicht ein. Sie war die Hausherrin, und das hier war immer noch ihr Schlafzimmer. Mit einem schmunzelnden Kopfschütteln kam Kocco näher und warf Acedia einen Deckenzipfel über die Mitte, um wenigstens nicht mehr sehen zu müssen, was da so alles an ihm dran war. Für einen Geschlechtslosen war er gerade verdammt männlich, und das machte sie etwas verlegen, auch wenn sie wusste, daß Todsünden ihre Gestalt beliebig zwischen männlich und weiblich wechseln konnten. Dann verschwand sie im Bad.
 

Spät in der Nacht lag Kocco wach im Bett. Es war zum Verzweifeln. Sie hatte sich tatsächlich widerwillig dazu durchgerungen, mit Acedia das Bett zu teilen. Groß genug war es wirklich. Erst hatte sie sich auf die Seite gedreht, und ihm den Rücken zugewandt. Aber irgendwie war der Drang, sich ihm wieder zuzuwenden, immer stärker geworden. Sie wusste nicht warum. Der Mond stand wie ein Scheinwerfer mitten im Fenster und tauchte Acedia neben ihr in ein faszinierendes Licht. Er lag auf dem Rücken, sein Kopf war leicht zur Seite gefallen, und er schlief. Seine Haut sah unter der nächtlichen Beleuchtung spiegelblank und glatt wie Marmor aus. Sie wollte ihn berühren, wollte diese Haut unter ihren Fingern spüren. Wissen, ob es sich so anfühlte wie sie es sich vorstellte. Seit gefühlten Stunden schon lag die junge Frau wach und schaute ihn einfach nur an. Beobachtete, wie er atmete, wie seine langen Haare im Mondlicht funkelten, wie atemberaubend hübsch sein im Schlaf entspanntes Gesicht war. Irgendwann verlor sie die Beherrschung und griff zu ihm hinüber. Fuhr mit der Hand sachte über seine Brust und seinen Bauch.

Acedia blinzelte sie kurz fragend an und schloss die Augen dann wieder. Kommentarlos. Rührte sich nicht. Er war leicht ausgekühlt, lag er ja ohne Decke hier herum, aber seine Haut war wie Seide. Sie überlegte kurz und musste ihn dann einfach nochmal streicheln. Nochmal mit ihren Fingern seinen Körper abwandern. Diese Haut, diese Berührung, machte süchtig. Er war beileibe nicht der erste Mann, den sie anrührte, aber irgendwie war sein Körper anders als bei normalen Menschen, ohne daß sie es hätte näher definieren können. Es war, als würde man ein weiches Kaninchenfell oder eine flauschige Decke knuddeln, von der man nicht mehr loskam. Die man einfach immer wieder streicheln musste.

Kocco rutschte näher zu ihm herüber, kuschelte sich an ihn, legte einen Arm quer über ihn. Er nahm es ungerührt hin, als sei es völlig normal, als sie sich mit der Zeit immer nachdrücklicher an ihm zu schaffen machte. Obwohl er offensichtlich wach war, lies er einfach mit sich machen, was da geschah. Ihre Hand streichelte über sein Gesicht, seinen Hals, seinen gesamten Körper, durch seine Haare. Es war eine Sucht. Sie konnte nicht anders. Irgendwann lag sie schon halb auf ihm und drückte ihm einen zarten, vorsichtigen Kuss auf die Lippen. Da erst schreckte sie wieder auf, als wäre ihr gerade aufgefallen, daß sie gar nicht bei Sinnen war.

„Mein Gott ... Was ... ??? ... Bist du das gewesen, Acedia?“

Er öffnete die Augen, blieb so reglos und teilnahmslos wie schon die ganze Zeit, als sei er sogar zu faul, sich zu wehren, und sah sie fragend an. „Was denn? Ich habe gar nichts gemacht.“, gab er verständnislos zurück. „Ich liege hier nur rum.“

„Du hast mich mit Lockduft oder sowas geködert, gib´s zu! Ich hätte mich doch nicht von selbst an dir vergangen.“ Sie klang eher erstaunt als sauer.

Acedia lächelte leicht. „An mir vergangen? Unsinn. Mach ruhig weiter, wenn ich dir so gefalle. Ich habe nichts dagegen.“, meinte er ruhig, mit genießender, schnurrender Stimme, und lies ihre eigentliche Frage damit ignoriert im Raum stehen.

„Ich ...“ - - - will aber nicht weitermachen, dachte sie verunsichert. Wirklich nicht? Sie wusste, daß Todsünden Menschen verführten. Acedia, die Faulheit, machte hier zwar gerade eher den Job der Wollust als seinen eigenen, aber nichtsdestotrotz verführte er. Und dennoch, wenn sie so auf Acedia herunter sah ...
 

„Guten Morgen.“, hauchte sie verschlafen, und lies sich neben Ira am Tisch nieder, in der Hoffnung, noch was zum Frühstück zu bekommen. Ira hatte sein Geschirr noch dastehen, war aber offensichtlich schon fertig.

„Guten Morgen?“, fragte der verdutzt und sah auf die Uhr. „Es ist schon weit nach zehn!“ Der stattliche Kerl mit den langen Dredlocks musterte sie einen Moment, dann schnaufte er plötzlich amüsiert. „Acedia hat dich schon voll in seinem Bann, wie ich sehe.“, stellte er fest. Sie zeigte spontan die gleichen, faulen Anwandlungen wie er. Gula hatte Recht gehabt, Acedia war nach wie vor der einflussreichste unter den Todsünden. Er brachte die Menschen am schnellsten dazu, seinem Beispiel zu folgen. Faulheit war auch das einzige, was heutzutage unter den Menschen noch als anstößig empfunden wurde.

„Nein, er hat mich nur die halbe Nacht wach gehalten.“, gab sie zurück. „Ich bin hundemüde. ... Ich glaub, ich geh wieder ins Bett. ... Aber in eins, wo Acedia noch nicht drinliegt.“

Ira schaute skeptisch. Der Blonde war doch selber viel zu faul, die ganze Nacht auf zu bleiben um ein Mädchen wach zu halten. „Wieder ins Bett? Das will ich nicht hoffen. Wir haben viel zu besprechen.“, gab er nur zurück.

„Es sind doch sowieso noch nicht alle da.“, hauchte sie mit halb geschlossenen Augen.

„Das macht nichts. Wir können trotzdem schon anfangen. Je eher desto besser.“

Sie seufzte. Sie hoffte, Ira würde sie wenigstens noch frühstücken lassen, bevor er alle Informationen aus ihr herauspresste.
 

„Guten Morgen!“, schallmeite in diesem Moment eine herablassende Stimme durch das Speisezimmer, und die Türen flogen schwungvoll auf. Ein ekelhaft gut gelaunter, sichtlich selbstbewusster Typ kam hereinstolziert und lies sich ganz selbstverständlich mit einem Blick am Tisch nieder, der alle anderen auszulachen schien. Er hatte schulterlange, schwarze Haare, giftgrüne Augen und eine regelrechte Schnösel-Klamotte, die seinem charismatischen, heißen Äußeren jedoch keinerlei Abbruch tat. Er wirkte dezent arrogant. Nicht sehr, aber eindeutig.

„Superbia, hey, du bist auch schon da?“, kommentierte Kocco, immer noch etwas müde, und versuchte, ihn nicht anzugähnen.

„Ja. Bin schon heute früh um 7 angekommen. Aber hier hat ja noch alles gepennt.“, gab der Mann, Todsünde wie die anderen auch, in seiner unnachahmlich hochmütigen Art zurück. Er war der Hochmut. Auch seiner Auftraggeberein Kocco gegenüber.

Der Buttler kam herein und stellte der jungen Frau eine große Schüssel Cornflakes hin, die sie dankend annahm.

Sie schaute fragend auf. „Hast du schon gefrühstückt, Superbia?“

„Nein! Wann denn?“, gab er zurück, griff sich Koccos Schüssel und begann die Cornflakes genüsslich zu löffeln.

Die junge Frau bedachte ihn erst sprachlos, dann missmutig, sagte aber nichts dazu. „Sei bitte so lieb und bring mir und Acedia auch was zum Frühstück, ja?“, bat sie stattdessen ihren Buttler. „Acedia ist noch in meinem Schlafzimmer. Der wird sicher nicht aufstehen. Bring ihm einfach was ans Bett, oder so.“

„Wo ist Gula?“, wollte Superbia, der Hochmut, zwischen zwei Bissen wissen.

Ira verschränkte die Hände unter dem Kinn. „In der Küche. Der wollte nicht auf´s Frühstück warten, bis Kocco wach ist.“
 

Kocco gähnte herzhaft hinter vorgehaltener Hand. So richtig wach war sie immer noch nicht. Die krachend auffliegende Tür ließ ihre sperrangelweit aufgerissene Klappe schreckartig wieder zuschnappen. Verdutzt sah sie sich um. Ira bugsierte Acedia am Haarschopf herein und stieß die Tür dann mit dem Fuß wieder zu. Superbia, der noch bei ihr am Tisch saß, und Gula, der inzwischen ebenfalls den Weg herein gefunden hatte, kicherten leise, als der Zorn die Faulheit neben Kocco auf einen Stuhl stieß. Wenn Acedia trotz mehrfacher Aufforderung nicht aus dem Bett kam, hatte Ira kein Problem damit, nachzuhelfen. Acedia zog nur ein mitleiderregendes Gesicht, wagte aber nicht, über Iras grobe Art zu jammern.

„So, jetzt sind wir vorerst vollzählig. Nun mach es nicht so spannend!“, meinte Ira und setzte sich ebenfalls wieder. „Warum hast du uns zusammengetrommelt?“

Die junge Frau nickte und sammelte ihre Gedanken. Sie holte Luft.

„Euer Kollege macht Probleme.“, begann sie ernst.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Tesla
2011-06-28T22:16:37+00:00 29.06.2011 00:16
OMG ich seh schon du sehtst wirklich aud die Faulheit und ich habe einen schlechten einfluss azf dich^.^aber das kapi war echt heiß... also nicht abbreichen weitermachen!!!!!!!!!!!


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