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Die Vergessenen Phönixe

Die Geschichte der Gefallenen Helden
von

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Der sensible Experte


 

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Der sensible Experte

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"Caradoc Dearborn, sechs Monate später verschwunden, wir haben seine Leiche nie gefunden ..."
 

Caradoc Dearborn war nicht nur ein Auror gewesen – er war auch ein Sensibelchen, wenn man das so sagen konnte. Moody hatte sich immer gewundert, dass er den Krieg so weit mitgemacht hatte und noch nicht nervlich am Ende war. Aber er war Auror, Moody erwartete Geistesstärke. Und vielleicht hatte es Caradoc einfach geholfen, wenn er geweint hatte, wenn sie einen neuen Verlust gemeldet bekamen. Stille Trauer für jene, die keine Tränen mehr hatten, und Tränen für denjenigen, der sich noch daran erinnerte, wie man weinte. Moody hatte immer geglaubt, dass Caradoc sie alle ein wenig davor bewahrt hatte, ihre Seele zu verlieren. Aber Caradoc war auch gnadenlos gewesen, wenn er gekämpft hatte. Moody bewunderte ihn heimlich für diese Bandbreite an Gefühlen, die er zeigen konnte.
 


 

ooOoo
 

"Teufel aber auch!" Moody fluchte und hüpfte auf und ab. "Dearborn! Du sollst es besser machen – nicht verschlimmern!"
 

"Wenn du nie stillhältst...!" Caradoc fuchtelte drohend mit dem Zauberstab herum. "Jetzt setz dich gefälligst auf deine vier Buchstaben und halt die Klappe, damit ich endlich meine Arbeit machen kann und mich angenehmeren Dingen zuwenden kann. Todesser jagen oder mit Dorcas ringen, zum Beispiel."
 

Moody grollte ob der Anschuldigungen. Langsam aber sicher verwandelte sich Caradoc in diesen Dingen in eine zweite Marlene. So sehr er ihre Heilerin auch vermisste, er konnte auf ihre ruppige Umgangsart mit ihren Opfern definitiv verzichten. So sehr er Dearborn auch mochte, das ging ihm langsam gehörig auf die Nerven. War das etwa seine Schuld?
 

"Und Moody, du hast dir das selbst zuzuschreiben, also versuch gar nicht erst, dich zu beschweren", brummte Caradoc und ließ seinen Zauberstab über Moodys Bein kreisen. "Wenn du nur einmal auf deinen eigenen Ratschlag hören würdest..."
 

Moody grollte erneut. "Ich bin immer wachsam!"
 

"Nicht wachsam genug, offenbar." Dearborn richtete sich auf und begann, in einer Schublade seines Schreibtisches herumzuwühlen. "Du liegst uns vierundzwanzig Stunden, sieben Tage die Woche – manchmal sogar noch ein wenig länger – damit in den Ohren, dass wir einen Spion haben. Aber du benimmst dich nicht so, als hätten wir einen!"
 

Ein Schnauben war die einzige Antwort darauf und Dearborn sagte auch nichts weiter. Moody hasste es, wenn er zurechtgewiesen wurde. Er war derjenige, der andere zurechtwies. Zumindest im Bezug auf Sicherheit, Wachsamkeit und "Wir-haben-einen-Spion"-keit. Ausgerechnet von Dearborn, dem scheinbar so naiven und nah am Wasser gebauten Caradoc Dearborn, zurechtgewiesen zu werden – und das auch noch zu recht – war mehr, als Moodys Ego vertragen konnte. Nun, er wusste, an wem er sich rächen musste.
 

"Bring sie nicht um", sagte Dearborn simpel. "Wir haben eh schon zu wenig Leute."
 

"Hrmpf." Moody sah betont in eine andere Richtung. "Ich bringe diese vermaledeiten Prewetts doch nicht wegen einer solchen... Lappalie... um."
 

"Nein, natürlich nicht." Dearborn grinste und entfernte gekonnt die schnappenden Spickoskope, die Gideon und Fabian in Moodys Büro ausgesetzt hatten.
 


 

ooOoo
 

Moody starrte ein wenig hilflos auf das Häufchen Elend vor sich. Er selbst nahm es auch nicht so gelassen hin wie Meadowes es tat – und die war für ihre Verhältnisse auch schon ein wenig aufgelöst – aber er hatte absolut keine Ahnung, wie er mit Caradoc umgehen sollte. Ihn trösten? Aber Dearborn hatte mehr als einmal gesagt, dass Moody eine glatte Fehlbesetzung in Sachen Trauerbewältigung war. Demnach vielleicht doch keine gute Idee.
 

Andererseits musste er irgendwas machen!
 

"Wo ist Alice, wenn man sie mal braucht?", murmelte er leise zu sich. Dann lauter sagte er: "Also, Caradoc... ähm..."
 

Und schon endete sein glorreicher Versuch in Sachen Kollegentrösten.
 

Die Ausgangssituation war wiederhergestellt: Caradoc Dearborn, einer der besten Auroren, die sie hatten, saß weinend auf seinem Stuhl. Alastor Moody, einer der paranoidsten Auroren, die sie hatten, saß hilflos daneben. Wenn die Todesser das sähen... nun, vermutlich würden sie sich die Finger nach einer solchen Gelegenheit lecken, gleich Moody und Dearborn, auf einem Silbertablett serviert. Andererseits, die brauchten keine Gelegenheit, die machen das auch so.
 

Das war wohl auch der Grund für diese Szene.
 

Todesserattacken sorgten bei Dearborn regelmäßig für solche Gefühlsausbrüche. Nur normalerweise war zumindest einer in der Nähe, der sich mit Trösten und dergleichen auskannte. Aber Alice war nicht da, Amelia war nicht da – niemand war da, wenn man ihn brauchte! Moody fluchte in Gedanken vor sich hin. Laute Flüche würden Caradoc nicht helfen.
 

"Nun, Caradoc...", begann Moody erneut. "Ich habe zumindest eine wage Ahnung, wie du dich momentan fühlst, auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin..."
 

Dearborn sah ihn mit geröteten Augen schweigend an. Moody schwieg.
 

"Was hast du jetzt schon wieder angestellt?" Beide, Moody und Dearborn, drehten sich um und sahen Dorcas an. "Herrje, Dearborn... Moody! Hast du alter Brummbär ihn zum Weinen gebracht? Schäm dich!"
 

Moody knurrte beleidigt. Doch, auf wunderbare Weise, schaffte es ausgerechnet Dorcas Meadowes, Dearborn zu einem schwachen Lächeln zu bewegen.
 


 

ooOoo
 

"Immer noch nichts Neues?"
 

Amelia schüttelte niedergeschlagen den Kopf. "Nein. Und, so ungern ich es auch sage, langsam gebe ich die Hoffnung auf, überhaupt etwas von ihm zu hören."
 

Moody schwieg. Auch die anderen Auroren waren still. Amelia hatte das ausgesprochen, was sie alle gedacht hatten: Es gab keine Hoffnung mehr. Es war fast einen Monat her. Jetzt noch zu hoffen, dass Caradoc lebte, war utopisch. Und sie konnten es sich einfach nicht leisten, sich an sinnlose Hoffnungen zu klammern. Ihre Zahlen schwanden, sie wurden immer weniger. Wenn sie durch Hoffnung unachtsam wurden, wäre das das Ende.
 

"Und... und jetzt?", fragte Alice mit dünner Stimme. "Was machen wir jetzt?"
 

Niemand hatte so wirklich eine Antwort darauf. Sie hatten nichts – und das war das Schlimmste an allem. Nichts war schlimmer als Etwas, egal was. Wie sollten sie mit nichts irgendetwas tun? Sie hatten nichts, was sie begraben konnten. Nichts, an dem sie festmachen konnten, dass Caradoc wirklich tot war – selbst wenn sie nicht mehr daran zweifelten. Sie hatten einfach gar nichts.
 

"Es erscheint mir falsch, einen leeren Sarg zu beerdigen, wenn er... wenn er irgendwo verrottet", sagte Frank mit Bitterkeit in der Stimme. "Ich meine, wir wissen praktisch, dass er tot ist – aber es ist einfach falsch."
 

Sie nickten. Moody fragte sich, was werden würde. Es war unwahrscheinlich, dass sie Caradoc fanden. Ihn zu finden, das war so wahrscheinlich wie ein Sechser im Lotto. Er konnte überall sein. Von einem Todesserverlies bis hin zu jedem Stückchen Wald in England. Wie sollten sie da Hoffnung haben, etwas zu finden? Sie suchten schon einen Monat und hatten nicht einmal die Andeutung einer Spur.
 

"Wir können aber auch nicht einfach nichts tun", sagte Amelia.
 

"Begraben wir seinen Merlin-Orden, erster Klasse", schlug Moody vor. "Und seine persönlichen Dinge – dann ist zumindest ein Teil von dem, was ihn ausgemacht hat, dort."
 

Dieser Vorschlag wurde einstimmig angenommen.



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