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Sonnenschein

~Wichtelgeschenke~
von

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Life or Dead

„So, der Arm dürfte jetzt nicht weiter weh tun“, erklärte Rose und band den Verband im Nacken ihres Patienten zusammen. „Versprich mir, dass du nicht die ganze Zeit den Arm in der Schlinge lässt. Nachts machst du ihn immer ab. Verstanden, Lukas?“, ordnete Rose an und sah zu ihrem kleinen Patienten. „Und da du so tapfer warst, darfst du dir jetzt eine Leckerei aussuchen.“

Begeistert griff der Junge in die Süßigkeitenkiste und holte eine Packung Schokofrösche heraus. „Danke, Heilerin Rose. Ich werde jetzt auch immer ganz vorsichtig fliegen“, versprach der Wirbelwind und Rose wusste schon jetzt, dass sie ihn in den nächsten Monaten wieder hier sitzen haben würde.

Draußen vor dem Behandlungszimmer tigerte die Mutter bereits auf und ab. Rose wusste, dass Lukas Mutter nicht gut damit umgehen konnte, wenn ihrem Sohn etwas passiert war. Sie konnte deshalb auch nie gut mit im Behandlungszimmer mit sein. Lieber wartete sie im Wartebereich. „So, da sind wir wieder“, holte Rose die besorgte Mutter aus ihren Gedanken.

„Und? Ist es was Schlimmes?“, fragte die Mutter und nahm ihren Sohnemann in den Arm.

„Ein gebrochener Arm, der die nächste Woche geschont werden muss. Nur achten Sie darauf, dass er seinen Arm nachts und ab und zu auch mal tagsüber aus der Schlinge nimmt, damit die Muskulatur nicht unter der Schonhaltung leidet. Ansonsten dürfte es keine Probleme bei der Heilung geben“, erklärte Rose und die Mutter atmete erleichtert auf.

„Merlin sei Dank. Es ist mir schon fast peinlich, dass ich einmal im Monat hier auftauche. Ich hätte in der Schule besser aufpassen sollen, damit ich auch mal kleinere Wehwechen selbst behandeln kann“, erklärte die Frau „Das macht doch nichts. Lukas ist mein Lieblingspatient. Ich wüsste gar nicht, was ich jeden Monat ohne seine Besuche machen würde“, scherzte Rose und die Mutter verlor ihre Sorgenfalten als sie lachte. „Ich werde mir trotzdem die Mühe geben, dass wir nicht wieder so schnell hier sind“, erklärte die Mutter und verschwand mit ihrem Sohn, der sich noch einmal umdrehte und Rose zuwinkte.

Mit einem Lächeln im Gesicht drehte sich Rose zu ihrer Heilerschwester um. „Wer ist unser nächster Patient?“, fragte sie und Lila deutete auf das nächste Behandlungszimmer. „Ein junger Mann, der einen ziemlich schlimmen Ausschlag im Gesicht hat. Ich hab mich nur nicht in das Zimmer gewagt. Deshalb weiß ich auch nicht seine Personalien.“

„Macht nichts. Ich mach das schon selbst“, erklärte Rose und wollte in dem nächsten Raum verschwinden, doch drehte sich Rose noch einmal zu ihrer Helferin um. „Du solltest eine Pause machen, Lila. Oder willst du dein Kind hier in der Aufnahme zur Welt bringen?“

„Natürlich nicht“, entgegnete Lila und verschwand mit einem Wink. Rose schüttelte nur den Kopf und betrat den Behandlungsraum.

„So, was haben wir denn hier?“, fragte Rose und betrachtete ihren Patienten. Irgendwie kam er ihr ziemlich bekannt vor. Dieses blonde Haar, was leicht zerstrubbelt über den blaugrauen Augen lag. Doch das Gesicht konnte sie nicht erkennen. Überall waren Flecken und dünne Narben auf der sonst ebenmäßigen Haut verteilt. „Wow, na das sieht wirklich übel aus“, meinte Rose und drehte das Gesicht ins Licht.

„Seit wann haben Sie denn diesen Ausschlag?“, fragte Rose nach und als sie die Stimme ihres Patienten vernahm, zuckte sie zurück.

„Seit zwei Tagen. Ich hab ein bisschen Alraunensalbe drauf geschmiert, aber es wird einfach immer schlimmer.“

„Malfoy?“, fragte Rose total überrascht und sah sich ihren Patienten noch einmal genau an. Die blonden Haare, die blaugrauen Augen, die ebenmäßige Haut, die Größe, die Muskeln – einfach alles sprach dafür, dass vor ihr Scorpius Malfoy auf der Liege saß.

„Ja, Malfoy. Scorpius Malfoy, um genau zu sein. Könnten Sie mir jetzt endlich sagen, was ich jetzt habe?“, meckerte Scorpius herum.

„So schnell kann man das nicht sagen. Hast du irgendwelche Begleitsymptome? Fieber, Übelkeit, Schwindel, Schlappheit?“, erkundigte sich Rose und behielt das Du aus ihrer Schulzeit bei.

„Ja, verdammt noch mal! Ich hab Fieber und kann kaum noch meinen Beruf ausüben. Jetzt machen Sie endlich etwas! Ich kann so doch nicht arbeiten. Alle denken schon, dass ich Voldemort höchstpersönlich bin!“, schrie Scorpius verzweifelt.

„Und wenn man dann noch dein Temperament dazu nimmt, könnte es sogar stimmen“, scherzte Rose und Scorpius sah sie verwirrt an.

„Wer sind Sie? Sind Sie überhaupt Heiler? Und ich verbitte mir, dass Sie mich weiter Duzen.“

„Da sieht man mal wieder, wie arrogant du schon immer warst, Scorpius Malfoy. Natürlich war eine Rose Weasley deiner nicht würdig.Aber es kränkt mich schon, dass du dich noch nicht einmal an deine größte Widersacherin erinnerst“, erklärte Rose und untersuchte ihn weiter.

Scorpius sah sie mit großen Augen an. Rose konnte erkennen, dass er seinen Augen nicht trauen wollte, dass sie jetzt Heilerin war. Schon gar nicht, dass sie die Heilerin war, die ihm helfen sollte. Immerhin hatten sie beiden sich in ihrer Zeit in Hogwarts immer bekriegt. Hatten alles daran gesetzt, besser zu sein, als der Andere. Was in den ersten Jahren noch als Schülerstreitereien abgetan wurde, baute sich in der vierten Klasse in wahre Feindschaft aus. Scorpius war der Prinz von Hogwarts. Obwohl sein Name eher mit dem Bösen der Geschichte in Verbindung gebracht wurde, gewann der Blonde ziemlich schnell die Sympathien seiner Mitschüler. Rose hingegen war in der Menge ihrer Cousins und Cousine fast untergegangen. Sie war jedoch kein unscheinbares hässliches Entlein gewesen. Selbstbewusst und zielstrebig gewann sie die Bewunderung ihrer Mitschüler und ihr Mut, Scorpius entgegen zu treten, beflügelte auch andere Schüler dazu, sich nicht alles von dem Hogwartsprinzen gefallen zu lassen.

„Ich erinnere mich nur noch daran, dass du eine Besserwisserin bist. Also, was hab ich jetzt?“, fragte Scorpius wieder nach.

„Das kann ich nicht so genau sagen. Ich muss zuerst dein Blut untersuchen.“

„Dann mach das!“, murrte Scorpius und hielt Rose seinen Arm für die Blutentnahme hin. Rose hob nur eine Augenbraue, doch erwiderte sie nichts. Sie wollte sich nicht von ihm provozieren lassen. Als sie das Blut fertig für die Untersuchungen gezaubert hatte – ein für sie einfacher zentrifugierender Zauber -, wandte sie sich kurz ab, um den stationären Aufenthalt vorzubereiten. Doch als sie hinter sich Geräusche vernahm, drehte sie sich wieder um und musste mit ansehen, wie Scorpius das Zimmer verlassen wollte.

„Wo willst du hin?“, fragte Rose.

„Nach Hause. Du kannst mir die Ergebnisse und die Tränke dann nach Hause zuschicken“, erklärte Scorpius. „Du bewegst deinen Hintern hier nicht raus. Dein Zustand kann sich von Minute zu Minute verschlechtern. Du bleibst bis zum Ergebnis der Untersuchungen hier im Krankenhaus. Keine Widerreden!“, befahl Rose und Scorpius sah sie mit zusammen gekniffenen Augen an.

„Du kannst mir nicht verbieten nach Hause zu gehen.“

„Als deine Heilerin haben ich sehr wohl die Macht dir das Verlassen des St. Mungos zu verbieten“, verbesserte Rose ihn. „Und jetzt halt die Luft an, Malfoy und leg dich zurück auf diese Liege. Du bekommst jetzt gleich ein Zimmer und wehe, wenn du das Zimmer verlässt. Du bleibst liegen ohne Widerworte.“

Scorpius wollte als erstes etwas erwidern, aber dann überlegte er es sich anders und folgte ihrer Anweisung. Zwar murrte er vor sich hin, aber was sollte er auch schon groß machen? Er war hier nicht der Fachmann. Bei einer Hauserstürmung um Menschenleben zu retten, würde er niemals auf Rose höre, weil er dann seiner Meinung nach der qualifizierte von ihnen war. Aber jetzt hier, bei diesem blöden Hautausschlag, war ihm Rose bei weitem überlegen. Immerhin hatte sie das auch fünf Jahre lang erlernt.
 

Zwei Stunden später lag Scorpius in seinem Zimmer und langweilte sich. Er hatte gedacht, dass er wenigstens mit einem anderen Patienten das Zimmer teilen würde, aber Rose hatte ihm Einzelhaft verordnet. Ja, Haft! Anders konnte Scorpius sich das alles hier nicht vorstellen. Keine Schwester kam in sein Zimmer herein und auch sonst war hier nicht viel, was ihn von seiner Langeweile ablenken konnte.

Die Tür zu seinem Krankenzimmer ging auf und Rose trat missgelaunt ein. Scorpius fragte sich, was sie wohl dieses Mal auf die Palme gebracht hatte. In Hogwarts war ihm nämlich aufgefallen, dass sich der Bücherwurm der Familie Weasley nicht so leicht aus der Ruhe bringen ließ. „Großartig. Das hast du wieder einmal großartig gemacht, Malfoy!“, zischte sie ihn an und Scorpius sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an.

„Grieselkrätze. Du hast dir tatsächlich Grieselkrätze eingefangen“, gab sie nun seine Erkrankung kund und Scorpius schüttelte den Kopf.

„Das kann nicht sein. Grieselkrätze kann man nur von einem anderen Menschen bekommen. Ich kenne niemanden der Grieselkrätze hat.“ Panik klang in der Stimme des Malfoys mit und Rose konnte mit ihm fühlen. Jeder, der diese Diagnose bekam, würde am liebsten seinen Heiler um die Ecke bringen. Nur leider war sie selbst die Heilerin, die diese erschreckende Krankheit festgestellt hatte.

„Reg dich nicht auf, Malfoy, du brauchst deine Kräfte noch, wenn du das hier überleben willst“, redete sie deshalb auf ihren Patienten ein. Eigentlich hätte sie so niemals mit einem Patienten gesprochen, der an einer tödlichen Krankheit litt, aber was sollte sie machen? Sie selbst konnte auch daran sterben, denn sie war in seiner Nähe gewesen. Hatte ihn sogar berührt. Aber es gehörte zu ihrem Berufsrisiko und sie konnte nur froh sein, dass sie keine Heilerschwester in seine Nähe gelassen hatte.

„Du eröffnest mir gerade, dass ich die tödliche Grieselkrätze habe, und ich soll ruhig bleiben? Verdammt, Weasley, ich will noch nicht sterben!“

„Ich auch nicht. Und nur wegen dir sitze ich hier fest und kann nicht zu der Geburtstagsparty meines Cousins. Denn falls du es nicht weißt, Grieselkrätze ist hochansteckend. Wir können von Glück reden, wenn du nicht noch mehr Menschen angesteckt hast. Also, wo warst du alles, seitdem die Symptome aufgetreten sind?“, erkundigte sich Rose und versuchte sachlich zu bleiben. Sie musste jetzt eine Epidemie vermeiden und alle eventuell Erkrankten aus dem Verkehr ziehen lassen. „Denkst du wirklich, dass ich mit diesen Pickeln in die Öffentlichkeit gehen würde?“, fragte Scorpius noch immer wütend.

„Nein, denn das würde ja das Weltbild von einem perfekten Malfoy ruinieren“, gab Rose trocken als Antwort. Wieso musste sie das hier alles mit dem Macho Scorpius Malfoy austragen? Hätte es nicht jemand Anderes sein können? Jemand netteres? Rose schämte sich dafür, dass sie einem netten Menschen diese Krankheit wünschte.

„Meine Mutter hat mich nur Zuhause besucht“, gab Scorpius nach einer Weile zu, in der er sich aufgeregt hatte und fast das komplette Zimmer auseinander genommen hatte. Rose hatte nur zugeschaut und sich weit weg gewünscht.

„Gut“, meinte sie dann und schritt zur Tür. Dort kritzelte sie etwas auf einen Zettel und ließ den Zettel durch das Schlüsselloch verschwinden. Auf der anderen Seite hörte Scorpius nun Stimmen. „Sucht Mrs. Malfoy. Wir müssen sie schleunigst untersuchen!“

Scorpius sah Rose geschockt an.

„Du meinst, dass meine Mum sich bei mir angesteckt hat?“, schrie Scorpius auf und man sah ihm an, dass er sich große Sorgen um seine Mutter machte. Das bewegte etwas in Rose. Hatte sie doch immer gedacht, dass Scorpius nur an sich dachte, doch jetzt konnte sie in seinem entsetzten Gesicht erkennen, dass dem nicht so war. Nein, sie konnte hingegen die wahre Liebe zu seiner Mutter sehen und die Sorge, dass sie wegen ihm leiden musste. Rose konnte es nur zu gut verstehen. Sie liebte ihren Vater über alles und würde von ihm am liebsten alles Unheil dieser Welt fernhalten. Zwar war ihr Verhältnis zu ihrer Mutter auch eines, was man sich nur wünschen konnte, aber ihr Vater war schon immer eine Besonderheit in ihrem Leben gewesen.

Rose lächelte, als sie an ihren Vater dachte, und ihre Gesichtszüge wurden weicher. „Es könnte sein, wenn sie nach der Latenzzeit mit dir in Kontakt gekommen ist. Aber ich glaube das eher weniger. Deine Symptome sind noch sehr frisch, sodass ich von einer kurzen Inkubationszeit ausgehe. Wann genau war deine Mutter das letzte Mal bei dir?“, versuchte Rose ihn zu beruhigen.

„Keine Ahnung. Vor zwei, drei Tagen? Ich hab nicht so darauf geachtet, weil meine Mutter öfters einfach vorbei kommt. Immerhin hat sie auch einen Schlüssel zu meiner Wohnung.“ Scorpius lief verzweifelt im Zimmer auf und ab.

„Scorpius, jetzt setz dich hin. Es bringt nichts, wenn du jetzt hier auf und ab tigerst“, sprach Rose energischer, was Scorpius sogar stutzen ließ.

„Ich habe meiner Mutter vielleicht den Tod gebracht!“, meinte er total entgeistert und Rose drückte ihn auf das Bett.

„Das kannst du so nicht sagen. Deine Mutter muss sich nicht unbedingt angesteckt haben. Außerdem wird sie jetzt gesucht und so können wir schnell reagieren. Scorpius, das wird schon.“ Beruhigend strich Scorpius über seine Schulter. Gleichzeitig sprach sie im Geiste einen Zauberspruch, damit Scorpius müde wurde. Schlaf würde ihm jetzt am meisten bringen.
 

Als Scorpius fast vierundzwanzig Stunden später erwachte, wusste er zunächst nicht, wo er war. Der ganze Raum – der so steril eingerichtet war, dass es ihm fröstelte – kam ihm so unbekannt vor. Und als er Rose erblickte, die neben ihm im Nachbarbett schlief, bemerkte, konnte er sich zunächst nicht erinnern, woher er sie kannte. War sie ein One-Night-Stand? Hatte er gestern Abend wieder zu viel Feuerwiskey getrunken, sodass er sich heute nicht mehr daran erinnerte? Doch als er wacher wurde, erkannte er, dass er im St. Mungos lag und nach und nach kamen die Erinnerungen wieder. Die Angst, die er bis jetzt nie offen gezeigt hatte, kroch wieder in seinem Körper hoch. Als sein Blick den Spiegel streifte, stand er auf und trat näher heran. Die roten Punkte und die weißen Fäden in seinem Gesicht schienen weniger geworden zu sein, aber genau sagen konnte er das nicht. Vorsichtig befühlte er die Verfärbungen in seinem Gesicht. Sein Gesicht – auf das er immer so stolz wie ein Malfoy gewesen war, so makellos. Er war zwar kein Heiler, jedoch wusste er, dass Grieselkrätze immer Narben hinterließ. Aber lieber behielt er ein paar Narben zurück, als das sein Leben schon jetzt beendet war.

Rose bewegte sich leicht und Scorpius blickte zurück zu ihr. Sie schien sich seiner Meinung nach sehr verändert zu haben. Nicht nur äußerlich, sondern auch im Charakter erschien sie ihm viel erwachsener als zu Hogwartszeiten. Hässliches Entlein hatte er sie immer genannt, da sie neben ihren Veelaverwandten wirklich wie ein Mauerblümchen ausgesehen hatte. Auch hatte sie in Hogwarts nicht viel Wert auf ihr Äußeres gelegt und lieber die Wochenenden in Jeans und einem schlabbrigen T-Shirt verbracht, während Dominique in Sommerkleidern herumstolziert war. Doch nun schien aus dem hässlichen Entlein ein Schwan geworden zu sein. Die braune Lockenmähne, die sie eindeutig von ihrer Mutter geerbt hatte, war durch rötliche Strähnen – das Weasleyerbe – aufgelockert. Ihre kleine Stupsnase verlockte einen dazu, sie anzustupsen. Und die Lippen waren nicht zu üppig und auch nicht zu schmal. Eindeutig genau so wie sie sein sollten.

So wie Rose dort auf ihrem Bett lag, kam Scorpius der Gedanke, dass sie wieder von einer Sekunde zur nächsten eingeschlafen war. Zwar trug sie nicht mehr ihren weißen Umhang, der sie als Heilerin ausmachte, aber ihre Beine hingen noch von der Bettkante herunter. In Hogwarts hatte Scorpius sie auch oft in der Bibliothek so angetroffen. Sie schien dort immer über den Büchern zusammengebrochen zu sein. Die Bibliothekarin hatte nicht umsonst mehrmals im Jahr Madam Pomfrey gerufen, weil sie jedes Mal gedacht hatte, dass mit Rose etwas nicht stimmte.

Eine Weile betrachtete Scorpius seine Heilerin und erschrak heftig, als es an der Tür klopfte. „Das Frühstück und die Tränke stehen vor der Tür“, hörte Scorpius die Schwester sagen, bevor sie wieder verschwand. Scorpius lächelte schief. Was hatten die Leute nur alle immer für eine Angst sich anzustecken.

Früher hätte er zwar sicherlich genauso reagiert, aber jetzt, wo er sich vielleicht dem Tod näher befand als sonst, vertraute er mehr darauf, dass die medizinischen Fortschritte selbst lebensbedrohliche Krankheiten besiegten. Ohne Hast öffnete Scorpius die Tür und hob das Frühstück auf dem Tablett auf. Neben dem Tablett standen auch ein paar Krankengeschenke, die er mit hinein nahm. Zwar war er kein Freund von diesen Genesungswünschen, aber er wollte auch niemanden kränken, indem er sich noch nicht einmal die Mühe machte und ihre Briefe las.

So setzte er sich an den Tisch in dem Krankenzimmer und schmierte sich seine Toastbrote, bevor er die erste Karte nahm. Bei dem kitschigen Aussehen verzog er angewidert das Gesicht. Wer hatte ihm denn bitteschön diese hässliche Karte geschickt? Diesem Jemand würde er mal einen Vortrag über Geschmack halten, wenn er hier wieder raus kam.

Scorpius öffnete die Karte und auf einmal erschallte im ganzen Zimmer ein Kinderlied, was einfach nur kitschig und blöd klang. Schnell zog Scorpius seinen Zauberstab hervor und löschte das Lied, bevor er sich den Genesungswünschen zu wandte.
 

Hey, große Schwester.

Der Glaube ist stark – oft stärker als man selbst.

Ich wünsche dir den Glauben, dass du wieder Gesund wirst.

Hugo
 

Scorpius stutzte etwas. Die Karte war überhaupt nicht für ihn? Aber er war doch hier der Patient! Warum schickte man Rose Genesungswünschen und nicht ihm? Wütend warf er die Karte in die nächste Ecke.

„Na, na. Das ist aber nicht sehr nett“, meinte Rose und hob die Karte auf. Sie stutzte nur leicht, als sie das kitschige Äußere sah, doch dann öffnete sie schnell die Karte und ein Lächeln zierte ihr Gesicht.

„Hugo“, meinte sie nur und schüttelte den Kopf über ihren kleinen Bruder.

„Warum bekommst du Genesungswünsche? Ich bin hier der Patient.“, maulte Scorpius und Rose drehte sich wieder zu ihm um.

„Im Moment gelte ich auch als krank, da ich mit dir in Kontakt gekommen bin. Ich kann also auch an Grieselkrätze erkrankt sein“, erklärte sie und erst jetzt fiel Scorpius ein in was für Gefahr er Rose gebracht hatte oder gar seine Mutter. Wäre er doch lieber Zuhause geblieben! Dann hätte er keinen anderen Menschen da noch mit hineingezogen.

„Du solltest deine Medizin nehmen“, meinte Rose und setzte sich zu ihm an den Tisch. Wortlos reichte sie ihm einen Trank und griff danach nach einer Scheibe Toast, die sie sich fertig machte. Scorpius trank die grüne Substanz und verzog dann angewidert das Gesicht, jedoch sagte er nichts, da Rose ebenfalls die Substanz zu sich nahm und noch nicht einmal das Gesicht verzog. Schnell trank Scorpius Wasser hinterher und griff dann nach dem nächsten Krankengeschenk. Es war eine schmale lange Box, um die ein rotes Band gebunden war. Neugierig riss Scorpius das Geschenkband ab und hob den Deckel von der Box an. Als er die roten Rosen darin liegen sah, nahm er nur das beiliegenden Kärtchen und las Rose. Es war ja so klar gewesen, dass auch dieses Geschenk für seine Heilerin war.

„Hier, ich glaub, das ist von deinem Lover!“, meinte Scorpius und reichte die Box an Rose weiter. Zunächst sah Rose ihn verwirrt an, doch als sie den Inhalt der Geschenkkiste sah und den beiliegenden Zettel durchlas, wusste sie, von wem dieses Geschenk war.

„Ich glaube kaum, dass mein Vater sehr begeistert wäre, wenn mein Onkel Charlie etwas mit mir am Laufen hätte“, lachte sie und roch an den Rosen. „Mein Onkel schickt mir immer Rosen. Seiner Meinung nach muss man einer Rose Rosen schenken“, erklärte sie und Scorpius kam sich auf einmal ziemlich komisch vor. Er hatte sehr wohl gemerkt, dass er enttäuscht gewesen war, als er die Rosen erblickt hatte und sofort auf Rose Freund getippt hatte. Es war merkwürdig, denn es schien ihm fast, als wäre er eifersüchtig gewesen. Was natürlich Quatsch war, denn ein Malfoy war niemals eifersüchtig.

„Dafür, dass du erst seit gestern hier festsitzt, bekommst du aber viele Geschenke“, murrte Scorpius und Rose hob die Schultern.

„Meine Familie ist in solchen Dingen schon immer sehr schnell gewesen. Was meinst du wohl, wie sie geschockt gewesen waren, als ich ihnen erklärt habe, dass ich Heilerin werden wollte. So geschockt habe ich meinen Vater noch nie gesehen. Er war nämlich immer der Meinung, dass ich eines Tages Quidditchspielerin werde“ , lächelnd griff Rose nach einer Zeitschrift und verschwand hinter dem nächsten medizinischem Artikel, während Scorpius sich weiter über die Geschenke hermachte. Und endlich erhielt er auch mal ein Geschenk. Seine Eltern – besser gesagt seine Mutter – hatten ihm eine XXL-Packung Schokofrösche zukommen lassen. Schon als Kind hatte Scorpius nie genug von den springenden Leckereien bekommen können und immer wenn er krank gewesen war, hatte ihm seine Mutter eine Packung geschenkt. Auch ein Brief hatte seine Mutter ihm geschickt.
 

Scorpius Hyperion Malfoy,

was machst du nur immer für Sachen?

Jage mir nicht noch einmal so einen Schrecken ein. Grieselkrätze… Wenn du das überlebst, will ich, dass du eine Zeit lang nicht dein Elternhaus verlässt. Verdammt, du bist mein einziger Sohn! Glaubst du wirklich, dass ich all die Jahre mit dir auf mich genommen habe, nur damit du an dieser blöden Krankheit sterben kannst? Freundchen, ich hab dich viel zu lieb, als das ich dich jetzt schon verlieren will. Also nimm schön brav deine Tränke und ärger mir nicht die Heiler und Schwestern.

Kuss Mum
 

P.S.: Hab ich dir schon gesagt, dass ich dich ganz doll lieb hab und dir alles Gute für deine Genesung wünsche? Nein, gut, dann hab ich das jetzt gemacht. Ach so, ich selbst bin übrigens nicht erkrankt.
 

Scorpius lachte auf. Sowas konnte nur seine Mutter schreiben. Vorwürfe, weil sie sich Sorgen machte und doch noch alles liebevoll verpacken. Zum Glück hatte sie jedoch auch erwähnt, dass sie selbst nicht erkrankt war.

„Nette Wünsche?“, fragte Rose und Scorpius nickte. „Meine Mum. Sie hat so eine Art an sich. Zum einen macht sie mir Vorwürfe, weil ich sie so in Angst und Schrecken versetzt habe, und zum Anderen ist sie wieder die Glucke von früher. Aber naja sie ist halt… einfach meine Mum.“ Rose lächelte. Wie schon gestern merkte sie, wie sehr Scorpius an seiner Mutter hing.

„Hat sie sich bei dir angesteckt?“, fragte sie neugierig und Scorpius schüttelte als Antwort den Kopf.

„Nein, sie ist bestimmt quietschvergnügt und bringt meinen Vater zur Verzweiflung.“

„Na wenigstens etwas“, meinte Rose.
 

Sieben Tage später wurde die Tür zu ihrem Krankenzimmer aufgemacht und ein Kollege von Rose kam herein. „Meinen Glückwunsch, Sie beiden haben die Grieselkrätze überstanden!“, verkündete er und Scorpius atmete erleichtert auf.

„Ich würde Ihnen beiden jedoch raten, dass sie erst einmal noch eine Woche sich schonen.“

„Ja, ja, Jackson“, murmelte Rose nur und packte ihre Sachen zusammen. Anders als bei Scorpius war sie überhaupt nicht an Grieselkrätze erkrankt, aber sie hatte Scorpius nichts davon gesagt, da er ihrer Meinung nach, verrückt geworden wäre, wenn er alleine in diesem Krankenzimmer hätte bleiben müssen. Außerdem hatte sie so Scorpius Narben versorgen können, sodass sein Gesicht nicht allzu sehr entstellt worden war. Draußen vor dem Krankenzimmer wartete bereits Astoria Malfoy und zog ihren Sohn sofort in eine Umarmung, als er den Raum verließ.

„Hype“, rief sie und lehnte dann ihre Stirn an seine Schulter.

„Mum, nicht weinen“, hörte Rose Scorpius sagen, bevor er seine Mutter von der Menge fortzog. Über ihren Kopf hinweg blickte Scorpius zu Rose herüber. Diese stand neben ihrem Vater, der gerade wie wild auf sie einredete, weil sie sich wegen einem Malfoy in so große Lebensgefahr gebracht hatte. Jedoch merkte Scorpius, dass sie ihm nicht zuhörte, sondern ebenfalls zu ihm herüber sah. Irgendwas in ihrem Blick fokussierte ihn. Irgendwas trieb ihn zu ihr hin. Irgendwas… Doch was es war, wusste er nicht. Aber eins hatte Scorpius in der Zeit in dem Krankenzimmer gelernt. Das Leben war viel zu kurz, als das man nicht jede Chance nutzen sollte. Also löste sich Scorpius von seiner Mutter, deren Schminke ganz ruiniert war, und ging auf Rose zu. Sie löste sich ebenfalls von ihrer Familie und als die beiden voreinander standen, blickten sie sich zunächst nur an.

„Morgen Nachmittag um drei in Florean Fortescues Eissalon?“, fragte Scorpius und Rose nickte. Dann gingen sie beide wieder zurück zu ihren Familien. Keiner von beiden wusste, was aus dem Treffen morgen werden würde. Aber wie gesagt, das Leben war zu kurz, als das man es nicht genießen sollte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Nubes
2012-10-09T11:47:25+00:00 09.10.2012 13:47
Sehr schicker OS, hat mir gut gefallen!
ich könnte glatt zum Fan von dir werden ^^
Von:  ChiaraAyumi
2011-09-05T20:16:38+00:00 05.09.2011 22:16
Ich fang mal von hinten an:
Das Ende gefiel mir echt gut, weil ich offene Enden einfach liebe.
Es bleibt einfach offen, was jetzt daraus wird.
Ich mochte auch den Anfang mit Lukas.
Die singende Gute-Besserungskarte war einfach was, was nicht fehlen durfte.
Okay und der Mittelteil mit Rose und Scorpius fiel mir auch besonders gut. Besonders die Szene mit den Krankengeschenken.
Also insgesamt ein tolles Wichtelgeschenk!
Vielen Dank dafür ♥
Und morgen krieg ich gleich noch was von dir. Hab ich schon anhand der Steckbriefe gesehen. Darauf freu ich mich dann auch :)

PS. Ganz am Anfang ist noch eine Anmerkung deiner Beta-Fee drin :)


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