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Der Vollmondfluch

von

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Antoinette sah aus dem Fenster. Vielleicht hätte sie sich einmal anhören sollen was Leonard zu sagen hatte. Aber sie war so wütend auf ihn gewesen. Ihr tat leid was sie gesagt und getan hatte, aber hatte er es nicht auch verdient? Warum musste sie schon wieder so viele Gedanken an ihn vergeuden?

„Antoinette?“, Thomas Stimme schien aus der Ferne an ihr Ohr zu gelangen.

„Thomas? Was gibt’s denn?“

„Ich mache mir Sorgen um dich“, sagte er und ging auf seine Schwester zu, „ich hab dich gesucht und Madam Bonbon sagte nur, du würdest dich ausruhe, da es dir nicht so gut gehen würde. Ist alles in Ordnung?“

Antoinette lächelte ihren Bruder an und strich ihm über die goldenen Locken.

„Danke mein Kleiner. Es geht mir gut, glaub mir.“

Antoinette hatte sich zu Thomas hinunter gebeugt und er war ihr in die Arme gefallen.

„Mach dir keine Sorgen“, sagte er, „es wird bestimmt alles gut. Es wurde doch alles gut bis jetzt.“

„Ja, ganz bestimmt.“

Antoinette schloss die Augen und genoss den Augenblick nur mit ihrem Bruder.

„Ich werde jetzt Leonard suchen gehen und mich bei ihm entschuldigen.“

Thomas nickte, „Und ich gehe zurück in die Ställe.“

„Ja mach das. Und mach deine Arbeit gut mein Kl- mein Großer“, sagte Antoinette und Thomas lachte sie an und nickte erneut.
 

Antoinette ging die Flure entlang bis sie im Innenhof angelangt war. Sie sah gerade noch wie Baptiste den Schweinestall verlies. Er schien Ärgerlich zu sein. Bestimmt hatte er auch mit Leonard geschimpft. Plötzlich tat Leonard ihr leid. Jeder hackte auf ihm herum und das wo er doch nur versucht es Jedem Recht zu machen.

„Leonard?“

Als Antoinette den Stall betrat sah sie ein in sich zusammen gesacktes Häufchen Elend auf dem Boden sitzen.

Sie atmete einmal tief ein und aus, dann ging sie auf ihn zu. Sie hockte sich neben ihn.

„Hey ich…“

„Du sagst am besten nichts Antoinette“, unterbrach er und drehte sich zu ihr um, „ du und Baptiste ihr habt Recht. Ich bin ein hoffnungsloser Fall. Ich mache nie etwas richtig und tue euch allen immer nur weh. Es wird am besten sein wenn ich mich Maxime stelle und er mit mir machen kann was er will. Ich habe meine Aufgabe erfüllt.“

Antoinette griff nach seinem Arm.

„Nein“, sagte sie, „wenn du dich ihm stellst dann…“

„…dann bringt er mich um. Ich weiß, aber dann seid ihr mich los und eures Lebens wieder sicher.“

„Nein, du weißt, dass das nicht stimmt, wenn du jetzt gehst dann sind wir immer noch nicht sicher. Außerdem könnte ich es nicht ertragen. Ich würde mir die Schuld geben, ich könnte nicht mehr einschlafen. Bitte verwirf diese Idee. Sie gefällt mir noch weniger, als der Gedanke dass es mit dir immer nur Schwierigkeiten gibt. Es würde mir jedoch helfen, wenn du anfangen würdest mir die Wahrheit zu sagen. Zum Beispiel wo du in der letzten Woche gewesen bist. Es fällt mir so schwer dir zu vertrauen, wenn du immer ohne Erklärung verschwindest und eigentlich will ich dir vertrauen, weil Thomas es von Anfang an getan hat.“

Leonard sah sie nicht an.

„Ich- ich kann dir nicht sagen wo ich war. Noch nicht. Glaub mir bitte. Im Augenblick ist es zu gefährlich für dich wenn du zu viel weist. Ich habe dir schon viel zu viel verraten. Die Alte wäre nie auf dich gekommen, wenn…“

„Das glaube ich nicht. Ich habe immer im Kontakt mit ihr gestanden. Ich war ihr Mittel, noch ehe ich dich kannte. Also bitte.“

Leonard starrte einen Augenblick vor sich hin, wenn sie das so sah, könnte er ihr ja verraten was er getan hatte, aber etwas in ihm wollte es ihr nicht erzählen.

„Was ist mit dir?“

„Ich werde ab jetzt keine Geheimnisse mehr vor dir haben, nur das wird noch geheim gehalten und ich bitte dir, mach es mir nicht so schwer.“

Sie sah ihn fragend an, warum stellte er ihr vertrauen nur so sehr auf die Probe?

„In Ordnung. Ich werde dir vertrauen, weil etwas mir sagt, dass es das richtige ist.“

„Danke.“
 

Die nächsten zwei Wochen, vergingen im Fluge und schon bald stand wieder eine Vollmondnacht vor der Tür.

„Diesmal werde ich nicht von eurer Seite weichen. Was auch immer die Alte vor hat, sie wird euch nicht bekommen.“

Leonard sah entschlossen aus, als er mit Antoinette auf den Markt ging.

„Aber ist es nicht unangenehm für dich?“

„Ja, aber besser unangenehm für mich als tödlich für euch.“

Antoinette lächelte, „ich danke dir Leonard“, sagte sie.

„Es ist wohl das mindeste nach all den Sorgen die ihr mit mir hattet.“

Antoinette hackte sich bei ihm ein und Leonard sah sie verwirrt an, ließ es aber geschehen.
 

Am Abend verschanzte sich Leonard zusammen mit Thomas und Antoinette in ihrer Kammer.

„Es wird dem Prinzen nicht gefallen, wenn er merkt, dass du hier bist“, sagte Antoinette.

„Und wenn er mich rausschmeißt, es geht um deine Sicherheit, das wird er verstehen.“

„Wird Madam Rozier heute wieder böse zu uns sein?“, fragte Thomas und klammerte sich an Antoinettes Rock.

„Nicht wenn ich hier bleibe“, sagte Leonard und hatte sich neben den Goldgelockten gehockt. Ich werde sie schon daran hindern.“

Als die Sonne am Horizont zu verschinden drohte sah Leonard sich im Raum um.

„Da“, sagte er, „schnell verschwindet in den Schrank. Wenn ich euch nicht sehe und die Schranktüren dazwischen sind, fällt es mir hoffentlich etwas leichter euch nicht anzugreifen.“

Antoinette nickte und versteckte sich mit Thomas im Schrank.

Leonard stand lauernd am Fenster er wartet auf alles was nicht ins Bild passte und schreckte bei jeder Eule, jeder Katze und jeder Maus auf. Als die Nacht schon zu dreiviertel um wahr verließ er die Kammer und jagte ein paar Tiere um seinen Durst zu stillen.

Er hatte das ungute Gefühl das etwas nicht richtig verlief und auch als die Sonne aufging fühlte er sich noch nicht sicher. Da war etwas das nicht passte und er hatte das Gefühl in dieser Nacht die falschen bewacht zu haben.

Nachdem er sich zurückverwandelt hatte, öffnete er den Kleiderschrank.

Antoinette und Thomas saßen zusammengekauert in einer Ecke und schliefen.

Leonard lächelte, er nahm eine Decke und deckte sie zu. Dann verließ er die Kammer um sich auf den Weg in die Ställe zu machen.

Bei seiner Ankunft in den Ställen wieherten die Pferde wild und freuten sich.
 

Als Antoinette die Augen öffnete sah sie direkt in den Raum. Die Schranktür war offen und ein leichter Herbstwind wehte ihr entgegen. Vorsichtig stand sie auf, darauf bedacht Thomas nicht zu wecken.

Sie sah sich in ihrem Zimmer um. Es gab keine Anzeichen für einen Kampf oder überhaupt dafür das noch jemand anderes in der Kammer gewesen sein soll.

Sie machte sich frisch als Thomas ebenfalls erwachte.

„Bonjour Grande Soeur“, sagte er und gähnte, „wo ist Leonard?“

„Er wird schon in den Ställen sein. Ich werde gleich zu ihm gehen und ihn fragen was letzte Nacht geschehen ist.“

„Darf ich mit?“

Antoinette nickte, natürlich, aber nur wenn du versprichst danach fleißig Baptiste zu helfen.“

„Versprochen.“

„Guter Junge“, sie lachte.

Antoinette hatte in der letzten Nacht so gut geschlafen wie schon lange nicht mehr und jetzt fühlte sie sich sehr wohl.

Schnell gingen Antoinette und Thomas zu den Ställen. Es kam Antoinette komisch vor das sie keine Kampfspuren gesehen hatte und auch auf dem Weg in den Innenhof war alles wie gewohnt. Unbeabsichtigt beschleunigte sie ihren Schritt.

„Grande Souer. Warum rennst du so schnell?“ Thomas kam nur schwerlich hinter seiner Schwester her.

Erst als sie bei den Pferdeställen angekommen waren, verlangsamte sie ihren Schritt.

„Ah Bonjour“, sagte Leonard, „seid ihr auch aufgewacht.“

„Was ist letzte Nacht passiert Leonard?“

Er lachte, aber sein Lachen wirkte unecht und angstvoll.

„Nichts“, sagte er, „nichts ist passiert. Es war Totenstill im ganzen Schloss.“

Er rieb sich seine Schläfen.

„Ich weiß nicht was los war, aber es muss etwas Grausames geschehen sein.“

„Wie Recht du doch hast“, sagte einer Stimme aus dem Innenhof. Es war eine laute durchdringende Stimme, die alle Anwesenden erschaudern ließ.

„M- Madam“, stotterte Antoinette.

Sie, Leonard und Thomas hatten den Stall verlassen und nun stellte Leonard sich schützend vor Antoinette.

„Was willst du hier du falsche Schlange?“, fragte Leonard, „du bist zu spät. Jetzt bist du schwach.“

Die Alte lachte schauerlich. Sie hatte bereits dafür gesorgt, dass die Prinzen, die Prinzessin und das Königspaar in den Innenhof gelaufen kamen.

„Wunderbar“, lachte sie, „jetzt sind auch alle Zuschauer da. Ich will dir sagen was ich letzte Nacht tat Leonard.“

Wieder lachte sie und mit diesen Worten hielt sie einen Kopf in die Höhe. Die umstehenden Mägde schrien. Die Wachen und die Prinzen zogen ihrer Schwerter.

„Du hast gemeint, wenn du sie sterblich machst hätte sie eine Chance auf ein besseres Leben nicht wahr? Schade“, seufzte die Alter theaterlich, „ sie war so jung und schön, aber sie hat sich meinen Regeln widersetzt und dafür musste sie sterben.“

„D- Du.“

Leonard starrte auf Eleonores Kopf in den Händen der alten Frau. Tränen liefen ihm über die Wangen. Er biss die Zähne zusammen und wäre auf sie los gegangen, wenn Antoinette ihn nicht mit all ihrer Kraft hätte zurück gehalten.

„Bitte“, flüsterte sie mit zitternder Stimme, „tu es nicht.“

„Weißt du was Knirps“, rief die Alte Leonard zu, „ich habe es nicht bereut, nicht einen Biss, nicht einen Hieb und ich habe mir die ganze Zeit vorgestellt wie du hier am Hofe auf mich wartest und dich um die Kleine da sorgst.“

Einige Soldaten hatten die Frau bereits umzingelt und festgehalten.

„Du Drecksweib“, schrie Leonard sie an. Seine Beine konnten ihn nicht mehr halten und er fiel zu Boden, Antoinette kniete neben ihm und nahm ihn in die Arme, während die Wachen die Alte in eines der tiefsten Verliese sperrten.

„Alles wird gut“, noch immer zitterte Antoinettes Stimme. Auch sie weinte.

Der Prinz hatte mit seinem Bruder, dem König und einigen anderen Wachen Antoinette, Thomas und Leonard umstellen lassen.

Er reichte Antoinette eine Hand. Sie sah zu ihm hoch, dann erhob sie sich ohne die helfende Geste des Prinzen anzunehmen. Thomas umklammerte Antoinette.

„Nun Leonard. Du hast uns lange genug an der Nase herum geführt. Natürlich war es ein unschöner Auftritt dieser Alten, aber letztendlich hat sie uns zum Vollmondmörder gebracht. Vielleicht war auch sie selbst der Vollmondmörder, aber allein die Tatsache, dass du sie kanntest macht dich verdächtig. Dazu kommt, dass du einmal im Monat des Nachts verschwindest und dich auch sonst ohne erkennbaren Grund vom Schloss entfernst. Hiermit werde ich dich verhaften und zusammen mit der alten Frau zum Tode durch Hängen verurteilen.“

Die Soldaten packten Leonard und zerrten ihn in Richtung Kerker.

„Ihr habt keine Ahnung euer Majestät“, Leonard spuckte die Worte förmlich aus, „aber wartet nur ab, bald schon werdet ihr wissen was ich davon habt mich einzusperren.“

Antoinette umklammerte ihren Bruder und sah Leonard nach.

Der Prinz kam auf sie zu, doch sie funkelte ihn nur böse an und ging.

„Glaubst du es war die richtige Entscheidung Pierre?“, fragte die Prinzessin.

„Natürlich war sie es Adeline. Schließlich war er der Täter oder wenigstens ein Mittäter.“

Die Prinzessin sah zu Boden. Sie hatte zwar längst verstanden das Leonard nicht der war für den sie ihn lange gehalten hatte, aber ein Mörder? Das konnte sie nicht glauben.

„Mach dir keine Sorgen Adeline“, sagte ihr zweiter Bruder und legte seine Hand auf ihre Schulter, „Pierre hat das richtige getan, er ist schließlich ein würdiger Thronfolger.
 

„Was passiert jetzt mit Leonard?“, Thomas hatte seine Schwester noch immer nicht losgelassen.

„Wenn ich das wüsste, würde es mir schon besser gehen, ich hoffe nur, dass der Prinz seine Meinung noch ändert.“
 

Den ganzen Tag sprach man am Hofe nur noch über Leonard und die unbekannte Alte mit dem Kopf.

Thomas half Baptiste in den Ställen, bei den Schafen. Eine gedrückte Stimmung hing in der Luft und von dem Spaß den die beiden sonst bei der Arbeit gehabt hatten, war kaum mehr etwas zu spüren.

„Hey Kleiner, wenn du willst kannst du ruhig schon aufhören mit deiner Arbeit.“

Thomas sah Baptiste an und dieser nickte ihm zu.

„Ich denke deine Schwester braucht dich jetzt mehr als ich.“

Thomas nickte und lief aus dem Stall.

Er lief über den Innenhof und kam auch an der Treppe vorbei die zu den Kerkern führte. Er hielt mitten im Lauf an, denn ihm war eine Idee gekommen. Er war klein, er konnte sicherlich unbemerkt in die Kerker verschwinden. Er wollte Leonard selber fragen was jetzt geschehen sollte.

Vorsichtig drängte er sich an den Wachen vorbei, die miteinander redeten.

„Hättest du jemals gedacht, dass der harmlose Stallbursche für die vielen Vollmondmorde verantwortlich ist?“

„Nee, daran hat wohl niemand gedacht.“

Thomas sah zu beiden Soldaten. Sie saßen auf kleinen Holzhockern und hatten ihre Füße hochgelegt. Es konnte nicht allzu schwer werden an denen vorbei zu kommen.

Leise krabbelte Thomas, dicht an den Boden gedrückt unter den kleinen Holztisch. Er fiel kaum auf und den halb angetrunkenen Wache schon gar nicht. Als er um die Ecke gebogen war stand er wieder auf und schlich, immer noch sehr, sehr leise, weiter in die Kerker hinab.

Es dauerte gar nicht lange bis er Leonard gefunden hatte.

„Leonard?“

Ruckartig sah Leonard auf.

„Thomas“, flüsterte er und sah sich um, „bist du verrückt, was machst du hier?“

„Ich besuche dich“, sagte der Kleine naiv, „ ist das so schlimm?“

Leonard lächelte. Thomas war trotz allem was er schon konnte und tat, immer noch ein Kind.

„Weiß deine Schwester, dass du hier bist?“

Thomas schüttelte mit dem Kopf.

„Thomas, Thomas. Wenn die Wachen dich hier erwischen bekommst du noch ärger.“

„Nö, ich bin doch erst sieben.“

Leonard lachte. Wo er Recht hatte, hatte er Recht.

„Also gut und jetzt hast du mich besucht, willst du noch etwas?“

„Ja“, sagte Thomas und setzte sich vor den Gitterstäben auf den Boden.

„Wer war die Frau dessen Kopf Madam Rozier bei sich hatte? War sie deine Frau?“

Leonard sah auf den Boden, die ganze Zeit schon schwirrte das Bild von Eleonores Kopf zusammen mit ihren letzten Worten an ihn „Ich liebe dich“ in seinen Gedanken herum.

„Meine Frau war sie nicht“, antwortete Leonard, „aber wenn, wenn diese Vampirsache nicht gewesen wäre, dann wäre sie es sicherlich irgendwann geworden. Ja, und sicherlich wäre sie ein sehr gute Ehefrau gewesen.“

„Also hast du sie sehr gemocht. Mehr als meine Schwester?“

Leonard war von der Frage überrumpelt. Er überlegte kurz dann antwortete er: „Seid wann bist du eigentlich so neugierig Thomas?“

Der Junge grinste breit, „ich wollte ja nur mal fragen.“

„Du solltest lieber verschwinden und sag deiner Schwester das die es nicht schaffen werden mich zu hängen. Sie soll dich keine Sorgen machen. Und jetzt ab Marsch, bevor du doch noch erwischt wirst.“

Thomas verabschiedete sich und lief zurück, leise an den Wachsoldaten vorbei, in die Kammer seiner Schwester.

Antoinette war nicht da, wahrscheinlich arbeitet sie noch. Thomas setzte sich aufs Bett. Eine Weile lang ließ er nur die Beine baumeln, dann ließ er sich ins Bett fallen. Er starrte an die Decke. Er versuchte die Ereignisse der letzten Monate einzuordnen, doch es fiel ihm schwer alles zu begreifen.



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