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Sasori Holmes und Dr. Deidara

wenn klassische Literatur auf Anime trifft
von

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Das Herz einer Toten, das Herz eines Mannes

Big Ben schlug zur Geisterstunde, als Sasori und Deidara neben den Beamten des Scotland Yard standen und auf den geschundenen Körper blickten. Während Deidara den Regenschirm hielt und sich schwer bemühen musste, den Inhalt seines Magens auch dort zu lassen, betrachtete sein Freund seelenruhig den Leichnam und schrieb sich fleißig Notizen auf. Er kannte das Blitzen in den Augen des Rothaarigen, sein Kampfgeist war geweckt, das Verlangen, die Gründe dieses Verbrechens zu finden und den Übeltäter hinter Schloss und Riegel zu kriegen. Und es sagte dem Blonden noch etwas: Dieser Fall schien in Sasori wieder das Gefühl einer Herausforderung zu wecken.
 

Der karierte Mantel und die dazu passende Mütze des Rothaarigen waren bereits völlig durchweicht, doch das schien ihn gar nicht zu stören. In seiner gewohnt ruhigen Art trat er kurz zu seinem Freund unter den Schirm, machte sich mit abwesendem Blick seine Pfeife an, nur um sofort wieder mit kritischem und aufmerksamem Blick um die Tote zu streifen. Beschaute sie von vorne, von hinten, von rechts und von links. Murmelte, nickte, notierte und murmelte erneut. Auch Deidara selbst inspizierte den leblosen Körper, aus der Ferne, und versuchte sich jedes Detail einzuprägen, jede noch so belanglos scheinende Nebensächlichkeit wahrzunehmen. Meist waren es genau diese Dinge, die sich im Nachhinein als des Rätsels Lösung herausstellten.
 

Doch das Offensichtlichste hatte ihnen ja bereits Inspektor Kisame mitgeteilt. Und der Blonde hatte sich nicht vorstellen können, dass eine solche Tat wirklich kaum Blutspuren zu hinterlassen fähig wäre, doch dem war tatsächlich so. Nichtsdestoweniger konnten die Ermittler nicht ausschließen, dass es nicht doch einfach nur eine ungünstige Auswirkung des Regens war. Deidara seufzte. Der Unterleib der Frau war unversehrt. Nicht einmal der Rock war zerrissen, kein Tropfen Blut an ihm zu finden. Der Mieder saß noch dort, wo er hingehörte. Zumindest, dachte der Blondschopf, war der armen Seele dies erspart geblieben.
 

Sein Blick richtete sich auf das Gesicht der jungen Frau. Die Augen waren weit aufgerissen, blanke Panik war selbst jetzt noch in ihnen zu erkennen. Sie musste die Ausgeburt der Hölle gesehen haben, ein fleischgewordenes Monster, einen Schlächter ohne Skrupel und Moral. Das wurde ihm noch einmal richtig klar, als er auf ihren Torso blickte. Nun erschien es dem Doktor gar nicht mehr so merkwürdig, als der Inspektor bei seinem Bericht in ihrem Haus ehrfürchtig die Augen geschlossen hatte. Diese Erinnerung hatte sich in sein Gedächtnis gebrannt gehabt und er hatte schlicht mit der Fassung gerungen, als er sie noch einmal vor seinem geistigen Auge gesehen hatte. Und das hatte Deidaras vollstes Verständnis.
 

Der Torso der jungen Frau schien, als habe eine Bestie, etwa ein Wolf oder ein anderes Raubtier, ihn zwischen die Pranken bekommen und sich an dem frischen Fleisch gelabt. Wie drohende Zeigefinger ragten die Knochen ihrer Rippen empor. Weder bei diesem Licht, noch bei diesen Verletzungen konnte er an Ort und Stelle sagen, ob noch alle inneren Organe vorhanden waren, oder nicht.
 

Sasori riss den Blonden jäh aus seinen Gedanken, als er an diesen herantrat, ein paar Mal an seiner Pfeife paffte und mit dieser in seiner Hand zum Opfer deutete: „Was fällt Ihnen auf, Doktor?“ Sein Freund druckste einen Moment herum. Er liebte es, wenn er den Blondschopf beim Abschweifen erwischte. Sie waren nun schon so lange Freunde und doch kriegte er ihn immer wieder. Deidara stotterte etwas verlegen: „Nun, es gibt hier diverse offensichtliche Dinge und welche, die erst auf den zweiten Blick auffallen.“ Stumm nickte der Rothaarige, was eine Aufforderung zum Weitersprechen war. „Offensichtlich sind die schweren Wunden, das ominöse Symbol und die Menge des verlorenen Blutes.“ Sasori sah ihn schelmisch von der Seite an: „Und was, werter Freund, ist an dem Blut so offensichtlich?“ - „Na ja, es ist nicht viel davon vorhanden. Ich nehme an, es wird eine ungünstige Fügung des Wetters sein.“
 

Trocken schmunzelnd hockte der Rothaarige sich neben den Leichnam und winkte seinen Kollegen heran. Als dieser neben ihm stand und sich zu ihm herab gebeugt hatte, deutete er nach einem weiteren Zug mit der Pfeife auf den Hals des Opfers. Er knurrte: „Sie haben etwas übersehen.“ Deidara beugte sich noch tiefer herab und stütze sich, um nicht vornüber zu fallen, auf der Schulter seines Freundes ab. Erst nach intensiver Suche entdeckte er, was dieser gemeint hatte. Erstaunt murmelte er: „Verblüffend!“ Am Hals war ein Einstich zu sehen, nicht größer als ein Stecknadelkopf. Eine hauchfeine Verfärbung hatte sich um die winzige Wunde gebildet. Der Doktor raunte imponiert: „Dort wurde Blut abgenommen.“
 

Ruckartig richtete der Kleinere sich wieder auf und stieß den Blonden damit beinahe um. Entschlossen schritt Sasori auf den Inspektor zu und sprach ruhig: „Sie können den Leichnam in die Gerichtsmedizin bringen. Ich habe alles gesehen, was nötig ist.“ Kisame hob eine Augenbraue: „Konnten Sie etwas Neues in Erfahrung bringen?“ - „Nun, sie haben schon gute Beobachtungen gemacht. Ich erliege der Annahme, dass es sich um einen Ritualmord handelt.“ Rauch stieg aus der Pfeife empor, ehe er sie wieder von seinen Lippen nahm und auf den Körper deutete: „Das Symbol besteht aus einem Kreis und einem zu den Füßen gerichteten gleichschenkligen Dreieck. Für eine einfache Schmiererei misst keiner so genau nach.“ Sein Blick wurde ernst. „Und die Verletzungen sehen zwar im ersten Augenblick chaotisch aus, ich bin mir aber ziemlich sicher, dass bei der Obduktion heraus kommt, dass das Herz fehlen wird.“
 

Deidara trat an die beiden heran und hauchte: „Und das würde bedeuten, wir haben es höchstwahrscheinlich mit einem Serientäter zu tun.“ Sasori nickte leicht: „Rituale, und insbesondere derlei, die etwas mit dem Blut ihrer Opfer zu tun haben, drehen sich in der Regel auch um die Energien, die sie einzelnen Körperteilen zuschreiben. Blut und das Herz stehen im Grunde immer für Leben und Mut, für Jugend und Lebendigkeit.“ Ein letztes Mal wanderte sein Blick zu der jungen Frau. „Ich habe zwar keine Ahnung, welche Sekte oder Kultur dieses Symbol verwendet, aber die Präzision der Zerlegung bedeutet eigentlich nur, dass es nicht das erste Mal war, dass der Täter aktiv geworden war. Vielleicht sollten Sie sich darum bemühen Fälle aus dem ganzen Land zu recherchieren, die ähnliche Merkmale aufwiesen.“ Der Inspektor nickte: „Selbstverständlich, darum werde ich mich persönlich kümmern.“
 

Mit einem beruhigten Nicken schloss Sasori seine Ausführungen ab: „Seien Sie doch so gut und geben mir Bescheid, sobald wir den Gerichtsmediziner konsultieren können.“ - „Selbstverständlich, Sir.“
 

Während Deidara neben seinem Freund den Heimweg einschlug, lächelte er diesen breit von der Seite an: „Glauben Sie nicht, dass mir Ihr Blick entgangen ist. Sie haben Gefallen an dem Fall gefunden.“ Die Antwort des Rothaarigen war gleichwohl monoton, wie verletzend: „Richten Sie ihre Aufmerksamkeit auf das Wesentliche, Doktor. Vor Ihnen liegt eine Leiche und Sie deuten meine Blicke?“ Er schaute den Blonden aus den Augenwinkeln an. „Sie lassen sich zu leicht ablenken, mein Freund.“ Doch Deidara lächelte weiter: „Und Sie lenken immer ab, wenn es um Sie persönlich geht. Ist es so verkehrt sich um das Wohlergehen eines Freundes zu sorgen?“ Sasori lachte trocken: „Verkehrt? Wahrscheinlich nicht. Aber hinderlich.“
 

Der Blonde grinste: „Wollen Sie jetzt sagen, dass es Sie nicht kümmern würde, wenn mir etwas zustieße?“ Freudig stellte er fest, dass er einen der seltenen Augenblicke beschworen hatte, in die sein Freund nicht gerne geriet: der Rotschopf war sichtlich verwirrt. Vergnügt kicherte Deidara: „Ihr Gesicht spricht Bände.“ - „Es gibt einen Unterschied zwischen einer Tatortbesichtigung und einem ernsten Zwischenfall.“ - „Ja, aber Fürsorge ist es im einen und auch im anderen Fall.“ - „Nein. Im ersten Fall ist es Neugierde und Ablenkung.“ Der Größere seufzte: „Eines Tages verstehen Sie vielleicht, was ich meine. Aber das kann man nicht aus Büchern lernen, mein Freund.“ - „Dann ist es auch kein Wissen.“ - „Richtig, Sasori. Dann ist es menschlich.“
 

Wieder musste der Rothaarige trocken lachen: „Menschlichkeit? Töten scheint auch menschlich zu sein, und trotzdem kann ich mich entscheiden, es nicht zu tun, da es verwerflich ist.“ Deidara lachte plötzlich erheitert und sah Sasori mit funkelnden Augen an: „Sie sind nur stur. Mord ist verwerflich, aber Sie wollen doch Fürsorge nicht mit Mord vergleichen?“ Er grinste. „Sie lassen wirklich nach, wenn Sie einfach nur störrisch sind.“ Sasori knurrte: „Und Sie überspannen den Bogen mal wieder. Ich weiß genug über die menschliche Psyche.“ - „Zweifelsohne. Die einzige, die Ihnen nach all den Jahren noch verborgen geblieben ist, das ist Ihre eigene.“
 

Auch wenn es der Rothaarige nie zugegeben hätte, aber sein Kollege hatte Recht. Und nicht alleine diese Tatsache versetzte ihn in schlechte Laune, sondern vielmehr die Erkenntnis, dass sein Freund in ihm lesen konnte, wie in einem offenen Buch. Mit dem feinen Unterschied, dass man in einem Buch niemals etwas zwischen den Zeilen finden konnte, der Blonde jedoch bei ihm eine ganze Menge.
 

Deidara beschloss, die Diskussion nicht weiter auszureizen. Ein Mann wie Sasori bedurfte einer Menge Geduld, um ihn für praktische Lebenserfahrungen mit der menschlichen Seele sensibel zu machen. Und diese Geduld fiel dem Blonden zwar täglich schwerer, doch allein die Hoffnung spornte ihn immer wieder neu an. Die Hoffnung, eines Tages mehr sein zu dürfen, als bloß der stets stolz präsentierte werte Freund und Kollege. Die Hoffnung, eines Tages eine Innigkeit zu teilen, die sonst nur Eheleuten zuteil wurde. Die Hoffnung auf eine verbotene Liebe, gleichermaßen sündig wie aufregend.
 

Ja, er liebte ihn. Er liebte nicht nur irgendeinen Mann, was fatal genug wäre, sondern er liebte den wohl kühlsten Strategen und Theoretiker Londons, wenn nicht gar ganz Britanniens. Vom ersten Tag an war er dem Rothaarigen verfallen, wollte ihm nahe sein, sich ihm offenbaren, ihn berühren und diese verteufelten Gefühle mit ihm teilen. Doch die einzigen Dinge, die seinen Freund an anderen Menschen zu interessieren schienen waren die Beweggründe für Raub, Betrug und Mord. Manchmal überlegte Deidara für einen flüchtigen Moment, ob er nicht auch einmal einfach zu einem Verbrecher mutieren sollte, nur um die Aufmerksamkeit seines Kollegen auf sich zu ziehen. Aber nie war es ein wirklich Ernst zu nehmendes Vorhaben, mehr ein Gedanke aus purer Verzweiflung.
 

Unbemerkt schüttelte der Blonde leicht den Kopf. Es war nicht die richtige Zeit sich um derlei Probleme zu kümmern, immerhin hatten sie es wahrscheinlich mit einem Serientäter zu tun, der die Straßen Londons unsicher machte. Und sie würden alles dafür tun, um dieses Scheusal zu fassen zu kriegen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Kakashi_Angel
2011-10-26T17:44:07+00:00 26.10.2011 19:44
hallo erst mal^^

ich habe es endlich dazu gebracht diese ff zu lesen^^''
ich hatte es seit langem vor und jeyyy der tag ist gekommen... hehe

ich bin eig schon beim 14 kapitel...weil ich nicht zwischendurch kommis schreiben kann weil ich so in die ff vertieft bin..hol ich das jetzt nach^^

also ich kann sagen es kjlingt sehr interessant.. mal was ganz neues für mich..Sasori als Sherlock kennen zu lernen^^

dein schreibstil ist auch klasse!!
Und Deidara sein "un" wegzulassen war auch sehr gut find ich.. das klinge sonst komisch XDDD

aufjedenfall hat es mein interesse geweckt^^
und möchte gern mehr davon haben :D

SasorixDeidara♥♥♥
Von:  Bambusbesen
2011-04-04T15:49:57+00:00 04.04.2011 17:49
Ich bin erstaunt, wie niveauvoll Deidara und Sasori sich necken können. Im Anime "zicken" sie sich ja immer regelrecht an und gehen gleich mit den Waffen aufeinander los - gut, Sasori geht mit Waffen los. Da war dieser kleine 'Streit' sehr spannend zu verfolgen, wie sie sich gegenseitig hochgeschaukelt haben, ohne dass gleich ein vergifteter Scorpionsschwanz durch die Gegend zischt^.^
Mir gefällt es auch, dass die Charaktere so in character bleiben, obwohl sie in eine völlig andere Story gesetzt wurden. Meist sind ja nur die Körper die der betreffenden Charaktere und die Eigenschaften sind... leider völlig versaut.


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