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How to save a life

von

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Wakin' up

Das Ende der Ruhe nahte, aber das merkte ich nicht.

Die sprichwörtliche rosarote Brille hatte sich in meinem Gesicht festgebissen, bis Kaya eines Tages wieder mit ins Atelier kam.
 

Zuerst war ich geschockt, ich konnte mich kaum hinter meinem Schreibtisch bewegen, es sei denn, ein Wort an die beiden richten, sei es nun ein Fluch oder eine Begrüßung.
 

Aber vielleicht wollte er hier auch mit ihr Schluss machen. Vielleicht hatte er einfach Angst, es ihr allein zu sagen?! Ja, das musste es sein. Irgendwie fühle ich mich schlecht, wegen des Glücksgefühls, das ich hatte, bei dem Gedanken, dass mein bester Freund seine Verlobung lösen würde und ich merkte nicht, wie mein Kopf arbeitete und immer weiter Ausreden dafür suchte, dass Shujin die Sache mit ihr nicht schon längst beendet hatte. Schließlich hatten wir uns geküsst. Nicht nur einmal. Und Shujin tat das nicht, weil er Langeweile hatte, er war ehrlich, er mochte mich...oder?
 

Es blieb mir nichts anderes übrig, als abzuwarten...das wusste ich. Natürlich konnte ich Akito jetzt eine riesige Szene machen, aber das würde mir nur seinen Zorn und Prügel von Kaya einbringen...und auf beides konnte ich getrost verzichten. Ich selbst empfand es als sehr unhöflich, die beiden zu belauschen, auch, wenn es vorallem dazu dienen würde, herauszufinden, ob Shujin sich langsam von ihr verabschiedete, also sah ich wieder auf das Blatt vor mir und zeichnete mit schweißnassen Händen und rasendem Herzen weiter.
 

Doch nichts passierte.

Shujin riss dumme Witze, wie er es immer tat und Kaya redete von Dingen, von denen ich im Moment nichts verstand und verstehen wollte.

Was zur Hölle ging hier vor?!

Während ich damit zu tun hatte, meine Sprache wiederzufinden, merkten die anderen beiden wohl auch, dass etwas nicht stimmte und starrten mich an. Natürlich war es Kaya, die mich ansprach. Denn Shujin wusste ja ganz genau, was mit mir los war. Vielleicht sah er deshalb etwas verlegen aus. Oder ich bildete es mir ganz einfach nur ein. Aber er sah zur Seite, wendete den Blick von mir ab, als wäre er mir keinerlei Erklärung schuldig. Es ärgerte mich und, trotzig, wie ich war, bekam ich große Lust, Kaya alles ihrem kleinen Schwerenöter betreffend zu beichten. Aber natürlich sagte ich nichts.
 

"A-alles okay!", gab ich auf Kayas Frage zurück, ob ich in Ordnung war.

Anscheinend klang ich nicht sehr überzeugend, denn sie sah mich skeptisch an. So seufzte ich leise und fügte hinzu "Ich habe einfach nicht viel geschlafen." Und ich würde auch weiterhin nicht viel schlafen, wie es aussah.

Zu meinem Glück gab Kaya sich mit dieser Antwort zufrieden, sie hatte ja schon öfter miterlebt, wie ich in der Schule eingeschlafen war, besondern vor meinem Zusammenbruch.
 

Ich sah die beiden an und verstand, wie Kaya irgendetwas vom Wochenende und Kino faselte, doch die Worte drangen nicht bis zu meinem Verstand vor. Nur ihr glückliches Gesicht und wie sie sich in so gewohnter Manier an Shujin schmiegte. Meinen Shujin. Ich spürte, wie meine Hände begannen zu zittern und ich legte meine Zeichenfeder schnell bei Seite. Akito sah mich an und ich spürte einen Stich in meiner ohnehin schmerzenden Brust.
 

Ich wandte meinen Blick von den braunen Rehaugen ab, in die ich mich in so kurzer Zeit so heftig verliebt hatte. Wieso tat er das?! Nein, wieso hatte er das mit mir getan?! Wir waren doch Freunde, Partner...wieso hatte er sich für sein kleines Abenteuer nicht jemand anderen ausgesucht?! Es war schmerzvoll offensichtlich, dass er es zu keinem Zeitpunkt ernst gemeint haben konnte!
 

Ich merkte, wie mein Magen sich schmerzhaft zusammen zog. Ich musste hier raus, sofort. Ohne den Ansatz eines Plans stand ich auf, hoffentlich so langsam, dass ich nicht wirkte, wie ein aufgeschrecktes Reh, und sagte, mit festem Blick auf meinen Schreibtisch: "Ich muss noch etwas erledigen, es tut mir Leid, aber ich habe es meine Mutter versprochen. Keine Angst, ich werde noch locker vor der Deadline fertig! Bis morgen!"
 

Bevor einer der beiden etwas sagen konnte, hatte ich schon meine Sachen genommen und war aus dem Atelier gerauscht. Natürlich spürte ich ihre Blicke an mir kleben, wie Blutegel, fragende, neugierige Blicke, aber es war mir egal. Der Schmerz in meiner Brust betäubte meine Vernunft langsam, als ich schnellen Schrittes die Treppen runterrannte, die Haustür aufriss und unbewusst nach Luft schnappte.
 

Irgendwie hatte ich mich durch die tonnenschwere Last auf meiner Brust in diesem Gebäude eingeschlossen gefühlt. Das Atelier, in dem mein geliebter Onkel gearbeitet hatte...bis zu seinem Tode. Hilflos sah ich mich um und überlegte, was ich nun tun sollte. Ich spürte das nervige Gefühl von aufsteigenden Tränen und schluckte sie runter. Was sollte ich jetzt nur tun?!
 

Ich fühlte mich zerrissen und betrogen. Aber vermutlich war es besser für Shujin...Kaya passte ohnehin viel besser zu ihm. Sie war hübsch und prinzipiell ein wirklich netter Mensch. Es wäre wohl besser für alle, würde ich diese Sache einfach vergessen. Ich beschloss zu schweigen. Ich musste Shujin vergessen, so schwer es mir auch fallen würde. Schließlich war er mein erster Kuss, meine erste richtige Liebe...
 

Ich schaltete meinen iPod an, steckte mir die Ohrstöpsel in die Ohren und drehte die Musik so laut, dass ich meine Gedanken nicht mehr hören musste. Langsam lief ich weiter, tiefer in den Mittelpunkt der Stadt. In so großen Städten, wie Tokio, ist irgendwie jeder alleine. Vielleicht tröstete diese Einsicht mich etwas über meinen eigenen Schmerz hinweg.



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