Zum Inhalt der Seite

The lost Chapters

Color of Twilight
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

#02: Reminiszenz

Schnee.

Das Wort durchzuckte ihn geradezu und ließ ihn augenblicklich innehalten, den Blick nach oben gerichtet. Stahlgraue, schwer aussehende Wolken bedeckten den Himmel als wäre er wie durch Zauberei asphaltiert worden. Ganz sacht schwebten die weißen Flocken herab, die durch ihre Leichtigkeit einen interessanten Kontrast zu den Wolken bildeten aus denen sie kamen.

Anhand der entzückten Ausrufe um ihn herum, wusste er, auch ohne sich umzusehen, dass er nicht der einzige war, dem es aufgefallen war.

Schlagartig fühlte er sich in seine Lehrzeit bei Jinmu zurückversetzt, er sah sich selbst wieder vor dessen Hütte stehen, wie er das allererste Mal Schneeflocken beobachtete und sie auf seiner Handfläche schmelzen ließ; er spürte wieder die Kälte, die sich mit seiner Aufregung vermischte und die große Verwunderung, als das Eis zu Wasser schmolz.

Als in der Wüste aufgewachsenes Kind hatte er nicht gewusst, worum es sich bei Schnee handelte, kurze Zeit war in ihm sogar die Befürchtung erwacht, dass es etwas Schädliches sein könnte, aber Nanashi war schnell dabei gewesen, ihm zu versichern, dass es sich nur um gefrorenes Wasser handelte und es ihn nicht krank machen würde.

Erst eine Hand auf seiner Schulter schaffte es, ihn wieder aus seinen Erinnerungen zu reißen. Als er den Kopf drehte, erkannte er Nozomu, der neben ihn getreten war.

Nozomu... eigentlich jemand, dem er Gleichgültigkeit entgegenbringen sollte, immerhin war es sein Ziel, diesen Jungen zu töten, aber im Moment fühlte er sich derart ruhig und ausgeglichen, dass er nicht einmal das schaffte. Das Lächeln, das er Nozomu schenkte, war ausnahmsweise absolut ehrlich gemeint. An diesem Tag war nichts weiter von Belang, weder seine Rache noch seine schwere Vergangenheit und schon gar nicht seine Zukunft.

„Gehst du mit uns nach Hause, Zetsu?“

Nozomu machte eine ausholende Handbewegung, die Nozomi und Satsuki einschloss, die gerade lachend aus dem Schulgebäude traten. Manchmal beneidete Zetsu sie ein wenig. Obwohl sie Rivalen waren, wenn es um Nozomu ging, waren sie doch auch Freundinnen. Er könnte wohl kaum Nozomus Freund bleiben, wenn er versuchen würde, ihn umzubringen. Aber bis dahin...

Er nickte sofort. „Natürlich.“

Sie gingen oft gemeinsam nach Hause, hatten sie doch immerhin ein gemeinsames Wegstück. Dabei unterhielten sie sich stets lachend, Zetsu konnte sich nicht erinnern, in seinem Leben je so viel gelacht zu haben wie mit dieser kleinen Gruppe.

Auch an diesem Wintertag an dem die rasch mehr werdenden die Schneeflocken sie im Wind umstoben, lachten sie auf dem Weg, den sie gemeinsam gingen. Doch Zetsu registrierte nicht wirklich, worüber er da lachte, seine Gedanken wanderten noch einmal zu Jinmu zurück, wie sie beide gemeinsam eines Abends im Winter an seinem Fenster gesessen und nach draußen gesehen hatten.

Schnee, so hatte Zetsu gelernt, war tagsüber mit seiner glitzernden Oberfläche schön anzusehen, aber nachts erwachte erst sein wahrer Zauber, wenn das Mondlicht davon reflektiert wurde und es aussah als würden unzählige Sterne dort leuchten.

Er war von diesem Anblick nie satt geworden, umso bedauernswerter empfand er, dass er seit damals keinen Schnee mehr gesehen hatte. Nicht, dass es ihm an Gelegenheiten gemangelt hätte, er war oft in Welten gewesen, in denen Schnee gefallen war, aber niemals wieder hatte er sich Zeit genommen, um ihn zu bewundern, niemals wieder war er einfach nur dagesessen, um das Glitzern zu betrachten und sich vorzustellen, dass alles gut war.

Erst in jenem Moment wurde ihm wirklich bewusst, was das für ein bedeutsamer Tag war und in diesem Augenblick wurde auch sein Lachen ehrlich, was seine drei Begleiter überrascht innehalten ließ. Nozomu blinzelte ein wenig verdutzt. „Geht es dir gut, Zetsu?“

Er erwiderte den Blick lächelnd. „Natürlich. Es könnte nicht besser sein.“

Satsuki setzte ein wissendes Grinsen auf. „Aha! Jetzt weiß ich es.“

Die anderen sahen sie ratlos an, aber erst auf Nozomis Nachhaken, fuhr die Schulsprecherin fort: „Das eben war Akatsuki-kuns echtes Lachen, das er sonst versteckt, weil es ihm peinlich ist, stimmts?“

Zetsus Körper hatte sich für einen kurzen Moment versteift, lockerte sich nun aber wieder auf, als er leise lachte. „Stimmt, Senpai, du hast mich durchschaut. Dann gibt es jetzt wohl keinen Grund mehr, es zu verstecken.“

„Das hättest du doch auch nicht tun müssen“, meinte Nozomi. „Es klingt wirklich hübsch. Oder, Nozomu-chan?“

Der Gefragte runzelte ein wenig verwirrt seine Stirn. „Warum fragst du mich so etwas?“

Satsuki lachte, während Nozomis Gesicht von einem leichten Rotschimmer überzogen wurde.

Ohne dass einer von ihnen etwas sagen musste, setzten sie alle drei gleichzeitig ihren Weg fort und unterhielten sich nun über ihre Pläne für die kommenden Weihnachtsferien – und für diesen Moment war Zetsu so glücklich wie selten in seinem Leben.
 

Er lächelte leicht, während er in den sternenklaren Himmel sah. In der Wüste schneite es nicht, besonders nicht in dieser Welt, die nah vor dem eigenen Tod stand, es fehlte nur noch ein kleiner Schubs, damit sie endgültig in den Abgrund stürzte und zerbröckelte.

Hier hatte alles angefangen, er war in dieser Welt geboren worden und hier würde auch alles enden, er würde gemeinsam mit ihr sterben und sie gleichzeitig rächen.

Die Manafunken der von ihm besiegten Lakaien erinnerten an Schneeflocken, die das Licht reflektierten, aber sie schwebten nach oben, statt nach unten, sie kannten keine Schwerkraft, sie widersetzten sich der Erdanziehung, sie waren frei.

Frei...

Genau das, was er auch sein wollte und er würde es wieder sein. Frei von dem Namen des Ruins, frei von seinem Shinken, frei vom Schicksal.

Solange würde er in seinen Erinnerungen schwelgen, Erinnerungen an Schnee, Freundschaft und den Glauben, dass alles einmal gut werden würde.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  LeanaCole
2013-06-22T12:05:55+00:00 22.06.2013 14:05
Irgendwie war ich voll deprimiert und traurig, als ich das Kapitel gelesen habe. Zetsu tut mir so leid, er hat es echt nicht leicht D:
Das Kapitel hat mir echt mal wieder bewusst gemacht, was für ein tragischer Charakter er doch eigentlich ist. Bei seiner Art vergisst man das schnell wieder. Immerhin erlebe ich ihn meistens als einen fröhlichen Charakter, was aber wohl dann an Leana liegt... oder an Nozomu, je nachdem, wer gerade bei ihm ist.
Ich finde wirklich, dass du durch die Art, wie du das Kapitel geschrieben hast, mir diese Gefühl wieder deutlich gemacht hast. Also das Zetsu ein tragischer Charakter ist und viele negative Gefühle in sich hat, aber sich auch gleichzeitig nach einem glücklichen und normalen Leben sehnt. Dadurch, dass er weiß, dass er dieses Leben in dem Moment nicht haben kann, ist es umso trauriger Q__Q
Die Idee des Kapitels ist eine sehr gelungene Idee, wie ich finde und auch, dass es eine simple Sache wie Schnee ist, die solche Gefühle in den Silberhaarigen weckt. Du bist eben ein Naturtalent, wie ich finde :D
Du bleibst weiterhin mein liebster Schreiberling *lach*


Zurück