Zum Inhalt der Seite

Des Prinzen Leidenschaft

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der Pflaumenbaum

Aufgeregten Schrittes hastete der zwölfte Prinz der Dynastie Yao, Ling, durch die Flure des kaiserlichen Palastes. Sein Ziel war ein herrlich blühender Pflaumenbaum auf dem Gipfel eines kleinen Hügels, etwas außerhalb des Hofes. Doch zuvor musste er den wachsamen Augen seiner zahlreichen Leibwächter entfliehen.
 

Darin bereits geübt, verließ er den Palast über eine niedrige Mauer am Rande des Innenhofes. Wenige Schritte vorwärts erreichte Ling sodann den gut versteckten Trampelpfad, welcher ihn ohne Umwege an sein ersehntes Ziel führen sollte. Seine kurzen Beine trugen ihn geschwind und völlig mühelos die Anhöhe hinauf, bis seine Handflächen endlich die raue Rinde des kräftigen Baumstammes erfühlten.

Wohlwissend, dass er sich nun zurücklehnen und einfach abwarten konnte, reckte er die Nase in die Höh und spähte breit grinsend zum Palast hinunter. Von dort, wo er stand, hatte er einen hervorragenden Blick über seine Heimatstadt und all die Wächter und Soldaten, die aufgeregt umherhuschten und nach dem ehrenwerten Prinzen suchten.
 

Ebenso aufgeregt huschte auch die jüngste Leibwächterin Lings durch die Korridore und Zimmer des Palastes. Wie ihr Herr nur wenige Minuten zuvor, wollte auch sie das Gebäude möglichst ungesehen verlassen. Jedoch hatte sie nur einen winzigen Augenblick nicht Acht gegeben, so dass sie jäh ihrem Großvater gegenüberstand. Mit gerümpfter Nase sah er auf sie herab.
 

»Wohin des Weges, Prinzessin?«, witzelte er mit trockenem Ton in der Stimme über die schicke weiße Robe, welche das kleine Mädchen noch vom Unterricht zuvor trug.
 

Der alte Mann lachte dumpf hinter seinem ergrauten Schnurrbart. Aber seine Enkelin erwiderte dieses Lachen nicht. Stattdessen wandte sie verlegen das errötete Gesicht zur Seite und versuchte die richtigen Worte zu finden, ihren Großvater hinter sich zu lassen, um endlich ihren Weg fortsetzen zu können. Doch soweit würde es der Alte nicht kommen lassen.
 

»Zieh dich um, Lan Fan. Das Training beginnt heute früher!«.
 

Entsetzt sah das Fräulein zu ihm auf. Was? Das konnte sie nicht zulassen – sie wurde erwartet. Darüber durfte sie jedoch kein Wort verlieren. Ein flüchtiger Blick in den Himmel verriet ihr, dass der Nachmittag nahte. Eile war geboten! Eine Ausrede musste her. Aber lügen konnte Lan Fan nicht – nicht gut. Bauchweh, Unwohlsein... was würde sie ihm weismachen wollen? Dann hob sie erschrocken die Hand und zeigte mit zittrigen Fingern hinter ihren Großvater.
 

»Seine Majestät!«, rief sie hocherfreut, als sich ein zufriedenes Lächeln auf ihren Lippen abzuzeichnen begann.
 

Der Greis warf einen Blick hinter sich, war bereits im Begriff in die Knie zu gehen und dem nur selten gesehenen Kaiser angemessenen Respekt zu zollen, als er bemerkte, dass niemand außer ihm und seiner Enkelin dort war. Verdutzt wandte er sich wieder um. Doch nun war auch Lan Fan verschwunden. Heute würde Fuu ihr das noch einmal durchgehen lassen...
 

Einen besorgten Blick warf das junge Mädchen dennoch den Korridor entlang, nur um zu sehen, dass ihr Großvater lächelnd im Dunkel der Palasträume verschwand. Nun wollte sich Lan Fan aber nicht weiter aufhalten lassen. Sie hatte sich bereits viel Zeit gelassen. So kam es, dass sie schließlich denselben Weg bestritt, den der junge Prinz zuvor entlang gewandert war. Und auch sie hielt an dem prächtigen Pflaumenbaum für den Bruchteil einer Sekunde inne, legte ihre zarten Hände an die Rinde und atmete erleichtert seufzend aus.
 

»Du bist spät!«, erklang die herausfordernde Stimme ihres Herren jäh über ihrem Kopf.
 

Erschrocken sah Lan Fan den Baum hinauf. Durch einige Äste hindurch erkannte sie Prinz Ling, welcher ihr ein glückliches Lächeln schenkte. Augenblicklich spürte sie die Schamesröte ihre Wangen in ein mattes Rosé tauchen.
 

»J-junger Herr! Ihr werdet Euch v-verletzen. Bitte... kommt herunter!«, bat sie mit erstickter Stimme.
 

Und ohne Zaudern folgte Ling der Bitte seiner Leibwächterin und kletterte gekonnt Ast für Ast hinunter, bis er schließlich breit grinsend neben ihr stand. Seine schmale Schulter stupste spielerisch an die des Mädchens, woraufhin sie geschmeichelt kicherte. Ling erwiderte dies mit einem eher sanften Lächeln. Daraufhin ließ er sich zum Fuße des Baumes hin ins Gras sinken und bedeutete dem Mädchen zu seiner Linken es ihm gleich zu tun. Und sie tat es.
 

Beide blickten sie selig schmunzelnd in die Ferne. Betrachteten die gelben Berge Xings, welche sich über den östlichen Horizont erstreckten und schwiegen sich an. Es bedurfte keiner Worte. Nicht zwischen ihnen.
 

Etwas ungeschickt, dennoch ungeziert, tastete der Prinz nach Lan Fans Fingern. Als er sie spürte, umfasste er sie mit einem unbeirrten Griff und drehte folglich das Antlitz etwas, dass er ihr in die großen, tiefgrauen Augen blicken konnte. Und als habe er einen Befehl an es gerichtet, wandte sich auch das Mädchen um, schloss geflissentlich das Augenpaar, um letztlich den Kopf etwas nach vorn zu recken. Sodann spürte Lan Fan nur den heißen Atem Lings, der sich gleichmäßig auf ihre Haut niederlegte und gleich darauf... seine weichen Lippen auf den ihren.
 

Sie formten einen kindlichen Kuss. Unbewegt. Bedeutungslos. Dennoch liebevoll.
 

Als sich Ling schließlich löste, erblickte er ein beschämtes Lächeln auf den flaumigen Lippen, die er zuvor geküsst hatte. Dankend sah er Lan Fan an. Diese aber reagierte darauf mit einem verlegenen Kopfschütteln.
 

»Ich bin geboren, Euch zu dienen. Es macht mich glücklich, Eure Wünsche erfüllen zu können.«.
 

Seit einigen Wochen trafen sie sich nun schon. Täglich. Unter den zarten, rosafarbenen Blüten des Pflaumenbaumes. Schon kurz nachdem ihr junger Herr sie zum aller ersten Mal an diesen zauberhaften Ort geführt hatte, bat er sie mit seinem unbesorgten Grinsen darum, sie küssen zu dürfen. Es sei sein Erster. So auch ihrer. Der Junge war davon überzeugt, dass der erste Kuss etwas besonderes sei und... seine Neugier würde er mit niemandem sonst stillen wollen, beteuerte er an diesem eigentlich gewöhnlichen Nachmittag.
 

Zuerst noch etwas irritiert, beinah beunruhigt, ließ sich die junge Leibwächterin dennoch bald auf die Bitte ein. Der Beginn eines nun alltäglichen Rituals, wegen dem sie sich ihrer Pflichten entzogen. Lan Fan wusste nicht, ob die immer wiederkehrenden Küsse Bekundungen der Zuneigung des Prinzen waren, oder einfach der jugendliche Wunsch sich selbst an anderen zu erfahren.
 

Sie selbst jedenfalls liebte diesen Augenblick, wenn Ling ihre Finger mit seinen eigenen umschloss und sich ihr nahezu zögerlich näherte.
 

Eines Tages jedoch, wartete Lan Fan vergebens auf den Kuss ihres ehrenwerten Herren unterm Pflaumenbaum. Es war sein fünfzehnter Geburtstag.
 

Der alte Fuu hatte Ling am Nachmittag dieses Tages zu sich gerufen, da er die Aufgabe übernommen hatte, dem Prinzen zu erklären, dass mit dem Abschluss seines fünfzehnten Lebensjahres der erbitterte Kampf um die Nachfolge und den Thron Xings begonnen hatte. Unsterblichkeit sei der Schlüssel zur Macht. Doch erlangen müsse er sie selbst.
 

All die Zeit auf der Suche nach dem Stein der Weisen, verbrachten die beiden zwar miteinander, doch weder Ling, noch Lan Fan, hatte jemals den Mut aufgebracht, unter Fuus aufmerksamen Blicken dem geheimen Ritual zu frönen. In den Genuss eines Kusses des kaiserlichen Nachfahren, kam das Mädchen bis zum letzten Tage ihrer letztlich erfolgreichen Reise nicht.
 

Bevor Ling aber den Heimweg in das weit entfernte Xing antrat, stupste er die metallene Schulter der erschöpft lächelnden Lan Fan neckisch an. Seine Finger glitten verstohlen zwischen ihre und umschlossen sie mit einem unbeirrten Griff. Ein geradezu kaiserliches Grinsen bildete sich auf seinen Zügen, als er die müden Augen schloss, um seiner tapferen Leibwächterin einen ungewöhnlich zärtlichen Kuss zu schenken. Ein erwachsener Kuss. Ein Kuss, den Kinder nicht in der Lage waren auszutauschen.
 

»Lass uns zurück nach hause gehen, Lan Fan. Zurück nach Xing!«.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  __AlibabaSaluja
2011-02-11T13:38:05+00:00 11.02.2011 14:38
PAAAAAAAAH *___* <3
Ich finde diese FF so süß! Vor allem den Schluss! *Aufgeregt herum hoppel* >///<! ~<3 Und die kürze, die Einfachheit der FF aber die ausgewählten Worte...Einfach toll *_* Man kann sich alles so richtig vorstellen x3 ♥ Und danke für die Widmung T///T *Abknutscha* ♥ *Mit Herzen abwerf* ♥♥♥♥ x//D


Zurück