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Chronicles

Rose & Scorpius
von

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prologue

Ihre Schritte hallten von den vertäfelten Wänden und Decken der Räume wider, welche sie wie ein tobender Sturm durchbrach und deren Seelen sie keines Blickes würdigte, obgleich sie alle eilig in die Knie sanken oder den Oberkörper untergeben neigten. Lily störte sich schon lange nicht mehr daran, dass aus ihren Augen stets dieselbe Angst funkelte, die Ungewissheit darüber, was mit ihnen geschehen würde, sollten sie nur eine falsche Bewegung, einen falschen Atemzug tun. Sie sah schon lange keinen mehr von den Unwürdigen an.

Der zarte Geruch von Bienenwachs intensivierte sich, je näher sie dem Saal kam und ihr in Lapislazuli getränktes Kleid fegte über die dicken Perserteppiche, in so gleichmäßigen Wellen, als verbürge die Schleppe mehr als einen Körper einstiger Unschuld, als käme schon im nächsten Moment der Unaufmerksamkeit eine Schlange daraus hervor geprescht, die ihre Zähne in zartes Fleisch grub.

Lily verzog unwillkürlich die blassen Lippen zu einem Lächeln, als sie die Schauergeschichten bedachte, die man sich zu Hofe erzählte. Hinter ihrem Rücken tuschelten die Bediensteten auf dem Markt hie und da mit allerlei Gesindel, plauderten aus dem Nähkästchen, erzählten all das, was sie zu wissen glaubten. Nun war eine Zeit angebrochen, in der die Unwürdigen über andere Dinge zu diskutieren wussten, als ihre Ehe und die offen zur Schau getragene Schlacht der Exekutiven am Hofe. Viel interessanter und gruseliger erschien doch die Vorstellung dessen, was sie gebären würde. Ein Kind mit Schlangenhaut tuschelten die Waschweiber, eine Ausgeburt der Hölle nannten es die Kutscher.

Die massive Doppeltür zum Saal wurde fast aus den Angeln gehoben, als ihr Zauber durch die unbewegte Luft stürmte und das Schloss sich beim ersten Peitschenhieb löste. Eine leise Melodie drang an ihre Seele, doch Lily empfand nichts bei der klangvollen Berührung.
 

»Kuprin«, zischte die Rothaarige wütend und die in schwarz gekleidete Hexe drehte sich gelangweilt zu ihr um. Galinas Augen dominierte das vertraute, matte Schwarz ihrer nicht vorhandenen Seele und Lily reckte das Kinn, als sie wie eine Raubkatze die Meter überwand, welche sie voneinander trennten. Sie warf einen kurzen Blick zu der Schar Frischfleisch hinüber und hörte, wie sie unisono den Atem anhielten. Allesamt hatten sie blondes Stroh auf dem Kopf, sodass Lily in Versuchung geriet, dem dummen Pack den Befehl zum Weiteratmen zu erteilen, da Stroh bekanntlich nicht dachte. Doch ihre Wut gewann an Überhand: »Kuprin, erfüllt dies neuerdings dein Verständnis für harte Arbeit?« Lily nickte angewidert zu dem Pack hinüber.

»Ach bitte, als ob du nicht gewusst hättest, dass es irgendwann zu deinem Verfall kommt«, erwiderte die Hexe kalt und tauchte ihren Finger in die ohnehin schon blutende Wunde.

»Es gehört nicht zu deinen Aufgaben, Greg ein Geschenk auszusuchen«, höhnte Lily indessen und schritt auf die leichtbekleideten Mädchen zu, welche sich prompt enger zusammenpferchten.

»Nun, ich dachte, ich nehme dir ein wenig von der Last, die auf deinen Schultern ruht. Du musst an das Kindeswohl denken«, Galinas Stimme nahm einen unschuldigen Hauch an und Lily warf einen Blick zurück, um ihrem Gerede Einhalt zu gebieten, doch wurde ihr stummer Befehl wie so oft von Galina missachtet, »Gregory wird sich hüten, seine schwangere Frau zu vögeln.«

Lily drehte sich mit einem Ruck wieder zu ihr um, bedeutete den Mädchen mit einer losen Handbewegung zu gehen und sie folgten der Geste flink. Bis auch die letzte von ihnen den Saal hinter sich ließ, herrschte ein stumm ausgefochtener Krieg zwischen den beiden Frauen, der sich kaum legte, als der Diener die schwere Tür hinter sich zu zog.

»Du hast dir ganz umsonst Mühe gemacht, liebste Galina«, sagte Lily gefährlich leise und die Hexe verschränkte die Arme vor der Brust, während sie ihren Zauberstab locker in der Hand drehte. »Natürlich habe ich für diesen Tag vorgesorgt.« Spöttisch zog Galina eine Augenbraue in die Höhe.

»Ach bitte, wie kann jemand wie du, eine Gefangene, die seit fünf Jahren diese Mauern nicht verlassen hat, schon vorsorgen

»Du vergisst den wichtigsten Aspekt - meine Macht«, erwiderte Lily knapp und ignorierte das beklemmende Gefühl, das ihr ins Herz stach.

»Sobald der vierte Monat anbricht, hast du die Ersatzmatratze hier, sonst machen wir es so, wie ich es will«, lächelte die Kuprin und richtete ihren Zauberstab auf Lily, welche ihren eigenen dagegen legte. Ein Band aus gleißendem Licht verband die Zauberstäbe kurz miteinander, bevor es verglühte und ihren Deal besiegelte. Lily spürte, wie der stechende Blick aus zusammengekniffenen, schwarzen Löchern ihren Rücken durchbohrte, doch rauschte sie zufrieden und wortlos davon. Viel Zeit war ins Land gezogen, bis sie es gewagt hatte, der lauernden Gefahr den Rücken zu kehren, doch mittlerweile wusste sie, dass es nicht Galina war, welche es zu fürchten galt.
 

Ein angeekelter Laut entwich ihrer Kehle, als Lily wenig später auf den Hof trat und die Küchen hinter sich zurückließ, in welcher sogleich die Arbeit niedergelegt worden war, als sie auch nur einen Fuß hineingesetzt hatte. Ihre teuren Schuhe versanken im Schlamm und die junge Grindelwald raufte verärgert ihr Kleid zusammen, um es nicht gleichsam zu beschmutzen. Es gab eindeutig Gründe, weshalb sie so selten nach draußen ging. Wütend suchte sie die Stallungen auf, doch fand sie die Objekte ihrer Begierde nicht dort, sondern nahe dem Tor zur Festung. Sie lehnten an einer prunkvollen Kutsche und imponierten den Prinzessinnen aus einem fernen Land, das sich ihrer Ideologie verschrieben hatte. Könige und Zaubereiminister aus der ganzen Welt waren mittlerweile ihre Verbündeten und sie scheuten nicht davor zurück, ihre eigenen Töchter nach Grindelwald Manor zu schicken, um sie dort einen Ehemann aussuchen zu lassen. Meist fiel die Wahl auf den besten Todesser, der zu dieser Zeit zur Verfügung stand, und auf diese Weise hatte Lily schon viele ihrer untergebensten Diener einem fremden Land überlassen. Die letzte Wahl hatten Corey und Avery für sich entschieden und würden alsbald aufbrechen, doch Lily war sich sicher, dass keiner von beiden Fred Weasley beauftragt hatte, ihr Fleisch warmzuhalten. Lily sah, wie die jüngere Prinzessin dem Unnahbaren Lorcan Scamander stürmisch um den Hals fiel. Er war so ein guter Freund. Lily spielte mit dem Gedanken, Avery einen Hinweis zu geben, doch würde es Gregory gewiss nicht erfreuen, wenn ihm der beste Unnahbare abhanden kam. Als das ungewöhnliche Vierergespann sie erkannte, lösten sich die Verbändelungen schnell und noch ehe Lily ein Wort des Abschieds über die Lippen kam, setzte sich die Kutsche in Bewegung und flog den Wolken entgegen. Lorcan fiel auf die Knie und Lily entging nicht, wie Fred noch die Augen verdrehte, es ihm jedoch gleichtat. So hingebungsvoll.

»Ihr Schelme«, grüßte sie leise und nickte ihnen zu, sodass sie sich erhoben. Ihre kleinen Marionetten. »Zu Ihren Diensten«, murmelte Lorcan und sie erkannte Hingebung dort, wo in Freds Augen der Spott tanzte.

»Ich habe einen Auftrag, der mit keinem Wort an Kuprin getragen wird. Ich will nicht, dass sie auf dumme Gedanken kommt.«

»Lass hören«, murmelte Fred gelangweilt und Lily genoss seine Abneigung darüber, dass sie ihm Befehle erteilen konnte. »Jetzt, wo ich mich in anderen Umständen befinde, will Kuprin ein Mädchen für Mephisto an den Hof schaffen, das ihn auch weiterhin beglückt. Ich habe mich dieser Sache angenommen.«

»Natürlich, was auch sonst«, brummte Fred genervt vor sich hin und sie strafte ihn mit einem scharfen Blick.

»Eine meiner Cousinen hat sich dem eher fragwürdigen Milieu zugewandt. Ich denke, es macht keinen Unterschied, ob sie ihren Körper an mehrere Männer verkauft oder für gewisse Zeit nur meinem Gatten«, erklärte Lily Lorcan und ihr Blick flackerte zu Fred hinüber, dessen Kiefermuskulatur sich anspannte. Sie schmeckte genau, wie die Erkenntnis ihn traf. »Bringt sie mir an den Hof, egal mit welchen Mitteln. Nur tot kann ich sie nicht gebrauchen.«

»Nein«, sagte Fred knapp und Lilys Miene verhärtete sich. »Wie bitte?« »Nein«, wiederholte er gedehnt und Lily spürte, wie ihre Geduld abnahm.

»Lorcan, du wirst Fred den Vortritt lassen. Ich möchte zuerst, dass er versagt; vielleicht trägt es dazu bei, dass er nicht so vorlaut bleibt.«

Und versagen - das würde er definitiv, bedachte Lily gnadenlos, als sie den beiden Todessern den Rücken zuwandte und zum Schloss zurückschritt.

»Um wen geht’s?«, raunte Lorcan verständnislos und kniff die Augen zusammen, als in diesem Moment die Sonne durch die trübe Wolkendecke brach. »Dominique«, erwiderte Fred und es war ihm, als hinterließe der Name Blut auf seinen Lippen.
 


 

~
 


 

Alice im Wunderland. So hieß die Muggelgeschichte, an die Rose Weasley sich automatisch erinnert fühlte, als sie an einem trüben Londoner Nachmittag unfreiwilliger Weise eine Miniaturwelt betrat. Die junge Frau drehte ihren Schlüsselbund in den Händen, bevor sie unentschlossen in die Knie sank und die Blicke über die reich bemalten Wände gleiten ließ. Nichts von dem, was sie zeigten und erzählten, versprühte auch nur ansatzweise ein Gefühl von dem, was hinter der Villa Kunterbunt – okay, sie hatte als Mädchen eindeutig zu viele Muggelbücher gelesen – lag, fern der efeuberankten Mauern und des Dufts von Jahrmarkt und Zuckerwatte.
 

»Ich bin so froh, dass wir endlich Gelegenheit haben, miteinander zu sprechen, Mrs Weasley«, frohlockte eine sich rasch nähernde Stimme und Rose verdrehte die Augen, ein - das glatte Gegenteil bezeugendes - Auflachen in der Kehle, das sie jedoch damenhaft in ein Hüsteln umfunktionierte. Ihre Mum wäre ja so stolz.

»Es geht um Charlina.« Natürlich. Man könnte meinen, es ginge um ihre Tochter, läge angesichts der Tatsache, dass Rose ansonsten wohl kaum jeden Tag – bei noch so beschissenem Wetter - einen Kindergarten aufsuchen würde, auf der Hand. Wohl eher nicht. Unwillkürlich hob Rose den Kopf und blickte einen Hauch besorgt zu der stämmigen Frau empor, die sich nun mehr oder weniger elegant auf einen rosafarbenen Kinderstuhl niederließ, der unter der Last ein ächzendes Geräusch von sich gab. Muggel, dachte Rose nur und ignorierte die einladende Handbewegung, es sich ebenfalls auf einem Miniaturstuhl gemütlich zu machen. Vor ein paar Jahren hatte Rose eine Entscheidung getroffen, die ihre Familie empört und gleichsam dem Grab näher gebracht hatte – nämlich, dass Charly einen Kindergarten besuchen sollte. Die Kleine hatte trotz ihrer erst fein ausgebildeten Artikulation die Wahl gehabt zwischen einem Muggel Kindergarten und einem für Zaubererkinder. Nie würde Rose vergessen, wie Draco Malfoy in dem Moment, in dem die Kleine Muggel zur Antwort brabbelte, seinem Sohn etwas wie das hat sie nicht von dir zugeraunt hatte. In gewisser Weise, räumte Rose im Stillen selbst ein, hätte sie sich lange Wege und Geld sparen können und einfach jemanden aus ihrer Familie anweisen können, auf Charly zu achten, während sie sich um ihre ins Stocken geratene Karriere kümmerte, allerdings hatte sie dabei die Wahl zwischen Madam Puddifoot‘s und dem Honigtopf gehabt. Metaphorisch gesprochen, denn natürlich hatten Astoria Malfoy und Hermione Weasley beide nach der Betreuung der Kleinen gelechzt. Rose wiederum hatte ihre Tochter in vielfacher Hinsicht langfristig gerettet - Charly würde weder allzu verwöhnt Hogwarts besuchen, somit – Merlin sei Dank – definitiv nicht nach Slytherin kommen, aber sie würde sich auch nicht dicklich und mit dem goldenen Löffel im Mund durch die Gänge quälen müssen, wie es unweigerlich der Fall gewesen wäre, hätte sie ihrer Mutter freie Hand und die Kleine mästen lassen.
 

»Ihre Tochter ist ein außerordentlich begabtes Kind, sehr kreativ«, lobte die Kindergartenleiterin verzückt und schlug die Beine übereinander, nur um kurz darauf mit dem Gleichgewicht zu hadern, sodass Rose sich schnell auf die Unterlippe biss, um ihr aufkommendes Grinsen zu unterdrücken.

»Danke«, sagte Rose möglichst bescheiden. »Charlinas Auffassungsgabe ist enorm, das ist sehr beachtlich für ein Kind in ihrem Alter. Können Sie sich das erklären?«

»Ihr Vater hat ein photographisches Gedächtnis «, erwiderte Rose zögerlich und die Frau klatschte freudig in die Hände. Aha. Darauf war es also hinausgelaufen – den Vater. Am liebsten hätte Rose laut aufgestöhnt.

»Ja, Charlina erzählt sehr oft von ihm«, die Frau zwinkerte Rose verschwörerisch zu, »man könnte meinen, er arbeite beim Secret Service

Es lag Rose auf der Zunge, zu verraten, dass die Aurorenzentrale neuerdings mit diesen zusammenarbeitete, allerdings hätte sie das nur in Erklärungsnot getrieben. Stattdessen lächelte sie und winkte ab. Doch wenn sie auch nur eine Sekunde geglaubt hatte, diese lässige Geste funktioniere ohne Weiteres, dann – ja – nein.

»Er reist sehr viel, nicht wahr? Darf ich fragen, als was er tätig ist?« Rose seufzte. Merlin, sie kannte kaum Muggelberufe! Es war eines der ersten Themen in Muggelkunde gewesen, das wusste sie noch, aber dieses Fach hatte sie eher auf Drängen ihrer Mutter hin belegt.

»Er ist -«, setzte Rose an und durchforstete ihr Gehirn nach einer plausiblen Erklärung, »Pilot.«

Halleluja, jahrelanges Flunkern förderte also doch das Denkvermögen! Die Frau nickte andächtig. »Sehr interessant. Charlina scheint die wenige Zeit, die sie mit ihm hat, sehr zu genießen. Es läge in unserem Interesse, wenn sie ihn uns vorstellen würden, sobald er wieder in der Stadt ist.«

»Uns?«, fragte Rose argwöhnisch, doch die andere lachte nur und winkte ab. Seltsamerweise funktionierte diese Geste bei ihr wie geschmiert.

»Wir bauen gerne ein Verhältnis zu den Eltern auf, da Anonymität dem Beruf schadet. Wir können uns weit besser um Charlina kümmern, wenn wir mit beiden Elternteilen im Gespräch sind.« Rose nickte langsam, doch unwillkürlich verzog sie den Mund. Zuallererst lag es wohl in ihrem eigenen Interesse, mit dem Vater ins Gespräch zu kommen. Denn in den vergangenen Jahren hatte Rose sich eine neue charakterisierende Eigenschaft angeeignet – sie war verkorkst. Schrecklich, sobald man im Begriff war, eine Beziehung zu führen. Irgendwie hatte sie es geschafft, alle Versuche mit Scorpius vor die Peitschende Weide zu fahren und im Unglück zerschellen zu lassen. Es war ihre Schuld, ganz allein ihre. Na gut, seine manchmal auch.

»Wir haben viele Kinder, die Phantasiefreunde haben und deren Kreativität kaum Grenzen kennt, allerdings habe ich ein Mädchen wie Charlina selten gesehen; manchmal scheint es, als habe sie eine eigene Welt mit allem drum und dran entwickelt. Wenn die anderen Kinder ihr Fragen stellen, dann weiß sie auf alles eine Antwort, was diese Welt betrifft«, sagte die Kindergartenleiterin nachdenklich und zog die Stirn kraus. Rose‘ Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Wie hätte sie auch einer Vierjährigen erklären sollen, dass man nicht über Zauberer sprach, wenn es doch nun mal zu ihr gehörte? O Merlin, sie war eine furchtbare Mutter. Mit hellem Unbehagen bedachte sie alle magischen Augenblicke, die Charlina erzählt haben könnte – James spielte bei fast allen Ereignissen eine tragende Hauptrolle. Sie sollte ihn verfluchen, aber richtig.

»Babbitty Rabbitty ist eine Geschichte, welche die Kinder mittlerweile vergöttern. Können Sie mir sagen, woher das Märchen stammt?«

»Russland«, erlog die Weasley schnell, aber wenn sie gedacht hatte, sie entkäme bald aus den Fängen der Miniaturwelt, so hatte sie sich schlichtweg geirrt. Irgendwann saß sie sogar auf einem Kinderstuhl.
 

»Du siehst schlecht aus, Mami.« Rose seufzte und blinzelte zu der kleinen Gestalt mit dem roten Haar hinunter, die neben ihr lief und ihre Hand hielt. »Es war ein anstrengender Tag für Mami«, erwiderte sie leise und bedachte mit Grauen die vergangene Stunde. Nie wieder wollte sie von dieser fürchterlichen Marguerite de Navarre zum Gespräch eingeladen werden. Nie wieder.

Rose hatte dem Seit-an-Seit-Apparieren abgeschworen, nachdem Hermione Weasley vor Monaten aufgeregt hereingeschneit war und erklärt habe, wie gefährlich diese Art des Reisens neuen Studien zufolge für Kinder war. Seither nutzten sie die Londoner U-Bahn und gingen ein paar Straßen zu Fuß.

Als sie schweigend in ihre Straße einbogen, erkannte Rose augenblicklich die große Gestalt, welche aus dem Nichts heraus erschien und ein neuerlicher Klagelaut entfuhr ihrer Kehle. Da wären ihr Todesser beinahe lieber gewesen – irgendwie lüftete das Kämpfen stets ihre von Migräne belastete Stirn.

»Oma!«, schrie die Kleine auch schon los und hüpfte zu der großen, schlanken Frau, die lächelnd ihre Arme ausbreitete. »Lina! Du wirst von Tag zu Tag hübscher«, sagte Astoria Malfoy und hob ihre Enkeltochter in die Höhe. Unwillkürlich fühlte Rose sich an Scorpius erinnert. Warum war sie hier? »Hi Astoria«, grüßte die Weasley und fischte ihren Haustürschlüssel aus der Tasche, der Frau stumm bedeutend, ihr zu folgen. Etliche Male hatte sie schon versucht, Familienmitglieder vor der Tür zu verscheuchen, aber dafür besaß sie kein Talent.

»Ich muss dringend mit dir sprechen«, flüsterte die Malfoy, als sie die duzend Treppen zu ihrer Dachgeschosswohnung bestritten und Rose verdrehte die Augen. »Ach, ich habe gedacht, du warst nur so in der Gegend«, murrte Rose sarkastisch und während Charly ein Lied vom Muffin Man trällerte, wechselten sie kaum ein Wort mehr. Rose konnte nicht umhin, das als untypisch zu identifizieren. Astoria fand für jede bissige Antwort ihrerseits hunderte bissige Kommentare. Sie war eine Malfoy.
 

»Hat Scorpius dir auch eine Eule geschickt?«, fragte Astoria endlich, nachdem sie von ihrem Kaffee genippt und aufgehört hatte, die in ihrer Spielküche backende Charlina zu beobachten. Rose spürte, wie bei dem Namen kleine Fünkchen Elektrizität ihren Körper durchströmten.

»Ja, er hat geschrieben, dass er morgen zurückkehrt«, antwortete Rose wahrheitsgemäß und Astoria verschluckte sich und hüstelte, sodass Rose skeptisch eine Augenbraue in die Höhe zog. »Ich werde es anders machen, besser, Astoria. Es ist an der Zeit. Ich habe lange darüber nachgedacht, viel zu lange. Diese dämliche Prophezeiung hätte es fast geschafft, uns zu zerstören, mich verrückt werden zu lassen. Aber Hugos Visionen nach hätten wir vor eineinhalb Jahren sterben müssen, was wir nicht getan haben. Ich denke, ich bin jetzt endlich bereit, das alles hinter mir zu lassen«, erklärte Rose mit fester Stimme und Astoria ließ sich seufzend zurück in die Kissen ihres geblümten Sofas sinken, das so wenig zur altbewährten, kühlen malfoyonischen Eleganz passte, wie es ihr immer in den Sinn schlich, insbesondere, wenn Draco Malfoy selbst darauf saß. »Was ist los, Astoria?«, fragte Rose argwöhnisch und betrachtete das traurige Gesicht der Malfoy, welches wiederum auf der spielenden Charlina haftete.
 

»Er hat jemanden kennengelernt, Rose. Und er bringt sie mit.«
 


 


 

tbc.


 

one

Das St. Mungo glich in dieser Nacht einem Bienenstock. Wahlweise auch einem besonders großen Nest Acromantula. Die langen Gänge waren überfüllt, alle Betten belegt und durch die Luft schwirrte erstickendes Leid. Sie alle strömten übereinander und ineinander, verschmolzen zur immer gleichen, trügerisch bunten Masse der Verelendung. Wer einmal etwas auf sich gehalten hatte, der war nun tot oder hatte seine Maßstäbe zugunsten des Lebens verschoben. Nicht alle, die sich für die gute Seite entschieden hatten, waren daran unweigerlich zerbrochen. Man nenne als Exempel die Malfoys. Doch man musste denen, die der Dunklen Armee gefolgt waren, anerkennen, dass sie sich im ersten Moment für das bessere Leben entschieden hatten. In einem Etablissement wie dem St. Mungo fusionierten Gut und Böse zu einem grauen Mantel gegenseitigen, wenn auch kurzweiligen Einverständnisses. Niemand musste sich hier fürchten, denn wo auch viele Anhänger Ihresgleichen waren, da hütete man sich vor gezielten Anschlägen auf Andersdenkende. Doch den Großteil derer, die es hierhin verschlug, hatte man ohnehin an einem anderen Ort erwischt.
 

»Was schreibst du denn da?«, flüsterte eine vertraute Stimme und im nächsten Moment schob Rose ihren Kopf neugierig an seiner Schulter vorbei, sodass Hugo das Notizbuch schnell zuschnappen ließ.

»Geht dich nichts an«, antwortete er kühl und beobachtete mit angewiderter Miene, wie seine Schwester ihm eine neue Infusion setzte.

»Wer will mich denn heute ruhig gestellt haben?«, fragte er und bemühte sich um einen möglichst gleichgültigen Tonfall.

»Niemand. Aber dein Biorhythmus sollte dem eines normalen Menschen angepasst werden. Normalerweise schläft man nämlich um diese Uhrzeit«, sagte Rose zynisch, doch Hugo schenkte keinem ihrer Worte Glauben.

»Ich hätte wirklich nie damit gerechnet, dass das Ministerium ausgerechnet mich in solchen Zeiten zum Staatsfeind degradiert – ich fühle mich ungemein geschmeichelt.« Der Zwanzigjährige verdrehte die Augen und streckte sich stöhnend in dem unbequemen Krankenhausbett aus, während seine Augen zielsicher über die neuen Patienten schossen, die gerade herein chauffiert wurden. Mit unter stellte er die Hygienebedingungen doch sehr infrage.

»Wie lange arbeitest du nun gleich in der Aurorenzentrale? Und wie oft hast du es in diesen paar Monaten geschafft, hier zu landen?«, fragte Rose spitz und klopfte ihm das Kissen auf.

»Okay, also ich tippe darauf, dass Mum dich bestochen hat, damit du mich extra lange ans Bett fesselst.«

»Deine Aktionen und Alleingänge sich gemeingefährlich. Dein Horizont gleicht in Auseinandersetzungen mit der Dunklen Armee dem eines Flubberwurms. Dein Tod, den du ja offenbar anstrebst, bringt niemandem etwas, verstanden

»Okay, Dad war‘s «, grinste er flegelhaft und Rose seufzte.

»Du bist wie dein Mentor, Hugo. Genauso eigenwillig und selbstzerstörerisch. « »Ähm, ist nicht genau Al derjenige, der gerade den wichtigsten Muggel im Land beschützt? Also wenn mich eigenwillig und selbstzerstörerisch in die höchste Liga katapultiert, dann – warum nicht?«
 

Rose schüttelte den Kopf und beugte sich zu ihm hinüber. »Irgendwann ist dein Glück aufgebraucht und wir beweinen womöglich deinen Tod, der auch vermieden hätte werden können. Tue das deiner Nichte bitte nicht an. Denk an die Personen, die du hier ungeschützt zurücklässt. Egal, was du auch immer versuchst – allein wirst du es nicht schaffen.«

»Ich hab es geschafft Auror zu werden, nachdem ich ein Jahr lang in einem beschissenen Koma lag -«

»Das ist bemerkenswert, aber das macht dich nicht zu einem Gott, Hugo«, erwiderte sie hitzig und senkte ihre Stimme, als sich glühende Augen in die Szenerie bohrten; man wusste nie, wo sich überall Beobachter unter die Menschen mischten. »Wenn du Lily finden willst, dann schlag dir das ganz schnell aus dem Kopf. Sie ist nicht mehr die, die wir einmal kannten.«

Hugo verbiss sich jede weitere Antwort auf diese Unterstellung und selbst als seine Schwester schon eine Weile fort war, brannte ihm noch die Kehle von der bloßen Möglichkeit, er hätte laut gesagt, was er dachte.
 


 

~
 


 

Ein dumpfes Donnergrollen durchbrach die stille Nacht und zog sie wie eine Ertrinkende an die Oberfläche ihres Bewusstseins. Imogene sträubte sich nicht und so flatterten ihre Lider, als ein neuerlicher Blitz über den Himmel jagte und das nachtschwarze Schlafzimmer für einen Augenblick in helles Licht tränkte. Ihr Blick wanderte zu dem mit hellen Vorhängen zugezogenen Fenster, doch kein neuerliches Monster fegte über den Himmel, nachdem der nächste Donner verklungen war. Todesser hatten Gefallen daran gefunden, Unwetter heraufzubeschwören, sodass Imogene begonnen hatte, skeptischer gegenüber den Wettererscheinungen zu sein. Sie tastete nach der Wasserflasche, die normalerweise neben ihrem Bett stand, doch ihre Hand fasste ins Leere und unwillkürlich zog sie ihre glatte Stirn kraus. Das war seltsam. Aber wahrscheinlich hatte James trotz seiner Abneigung gegenüber ihrem Lieblingsgetränk einfach aus Durst ihren Vorrat ausgetrunken. Typisch Potter eben, dachte sie zähneknirschend und schielte zu dem jungen Mann hinüber. Er hatte im Gegensatz zu ihr einen gesunden Schlaf, rein gar nichts brachte ihn wirklich aus der Ruhe. Das war gut, das gefiel ihr. Das brachte ihr die Sicherheit, die sie brauchte.
 

Doch dann polterte etwas in der unteren Etage auf den Boden und durchzuckte die Ruhe ihres Körpers wie Adrenalin. Imogene atmete tief aus, ehe sie vorsichtig aufstand, jedoch nicht ohne vorher mit dem Gedanken gespielt zu haben, James panisch auf den warmen, nackten Rücken zu hauen. Sie war zwanzig! Ein bisschen Courage und Furchtlosigkeit waren angebracht, immerhin war sie eine Malfoy.

Ein Lichtstrahl schoss aus der Spitze ihres Zauberstabes, als sie mit klopfendem Herzen auf den Flur trat, und erhellte die Umgebung. James und sie hatten einen lächerlichen Schutzzauber über ihrem Haus in dem Londoner Vorort, doch es hatte sie nie gestört, selbst als Harry sie vor ihrer Leichtsinnigkeit gewarnt hatte. Denn lediglich ein Schutzzauber hielt keinen Todesser davon ab, ins Haus einzudringen. Allerdings hatte Imogene in diesem Punkt auch nie wie ihre Mutter sein wollen, die wirklich jeden Schutz kaufte - mochte dieser noch so sinnlos sein.

Nun seufzte sie jedoch und schlich die Treppe hinunter, alle grausamen Geschichten über Raub und Vergewaltigungen im Hinterkopf, deren Tatorte sie besucht hatte. Die Dunkle Armee schikanierte Muggel seit jeher, doch sie wurden von Jahr zu Jahr grausamer in ihren Handlungen. Imogene gehörte als Vergissmich zu den ersten, die sich um Evakuierungen, Terroranschläge und Gewaltverbrechen kümmerten, insofern Muggel in die Geschehnisse involviert waren. Sie presste die Lippen angespannt aufeinander, als sie sich langsam dem Wohnzimmer näherte. Imogenes Augen suchten den Boden ab, flink nach jedem Anzeichen suchend, das den Lärm fabriziert haben könnte, während ihr Unterbewusstsein bereits flüsterte, dass alle Fenster geschlossen und kein Luftzug diesen hätte verursachen können. Trotzdessen vergewisserte sich die Zwanzigjährige mit jedem Blick in jede noch so kleine Ecke, ehe sie den Zauberstab schwang und das Licht sich auf die Lampen in der ganzen Etage verteilte.
 

Sie wollte gerade erleichtert ausatmen, als sie hinter sich ein Knacken vernahm und jäh in ihren Bewegungen verharrte. Ihre Finger verkrampften sich um den Zauberstab und sie besann sich all dessen, was sie einmal über solche Situationen gelernt hatte. Todeskämpfe und dergleichen.

Dann wandte sie sich schnell um und richtete den Zauberstab drohend auf ihren Gegenüber. Doch der Anblick dessen ließ sie inne halten, unaufmerksam sein, gar verwirrt. Und dann hatte er auch schon gewonnen. Ihr Zögern gefror unter seiner nonverbalen Beschwörung und sie war nicht mehr imstande, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen.

Scheiße, dachte Imogene panisch und ihre Pupillen jagten durch den Raum, keinen Ausweg erkennend. Die Gestalt kam auf sie zu, beinahe nonchalant. Es hatte sie aus dem Konzept gebracht, eine große Gestalt in turmalinschwarzer Kutte in ihrem Wohnzimmer stehen zu sehen - unweigerlich hatte sie wertvolle Sekunden damit verschwendet, an Dementoren zu denken und die damit verbundene Wahrscheinlichkeit, den längst von dieser Erde verschwundenen Gestalten in ihrem Haus zu begegnen. Todesser zeigten sich ihren Opfern offen, seit man die meisten von ihnen überführt hatte und die Regierung Fahndungen verschickte. Ein Todesser, der nicht seine hässliche Visage zeigte, war schlichtweg untypisch.

Er kam ihr so nah, dass sie den Atem anhielt und den Drang verspürte, sich zurückzubeugen, um nicht von der Dunkelheit seines nicht vorhandenen Gesichts aufgesaugt zu werden, doch der Fluch gab ihr keine Macht über ihren Körper. Seine kalten Fingerspitzen legten sich so plötzlich auf ihre Wange, dass feine Elektrizität durch ihre Adern rann und gerade, als sie glaubte, er würde seine Kapuze lüften, hämmerte jemand vehement gegen die Haustür und zerstörte die Trance, in der sie gefangen war.
 

Mit dem nächsten Wimpernschlag war die Gestalt fort. Nur das kleine, ihre Glieder durchfahrende Kitzeln erinnerte sie daran, dass sie willenlos gewesen war.
 

»Wer ist da?«, rief Imogene mit zitternder Stimme. Gerade das, was sie nicht brauchte – Besuch um zwei Uhr nachts, die Zweite.

»Ich bin Albus Potter und bitte um Asyl. Komm schon, Imogene, stell die Frage und dann mach Lack – ich bin klitschnass!«, meckerte die heisere Stimme von James‘ Bruder und Imogene schluckte die Erleichterung hinunter, rief sich zur Wachsamkeit. Der Schreck saß ihr noch immer in den Gliedern.

»Welches Mädchen hast du in deinem siebten Schuljahr als erstes geküsst?«, stellte sie die unkreativste und zudem peinlichste Frage des Jahrhunderts, doch lange Zeit für Überlegungen fand sich nicht.

»Willst du, dass James mich umbringt?«, kommentierte die Stimme trocken, »dich, schätze ich.«

Imogene seufzte, bevor sie den Riegel vor der Tür zurückschob und sie öffnete. Ein triefender Albus stolperte ins Haus, lediglich Boxershorts tragend - offenbar der Animagusgestalt soeben entsprungen.

»Kann ich dir einen hilfreichen Tipp als Auror geben? Wenn du die Frage so stellst, dann ist jedem Gestaltwandler sofort klar, dass du selbst wohl die wahrscheinlichste Antwort bist«, sagte Al und fuhr sich durch das nasse Haar. Imogene funkelte ihn böse an, bevor ihre Augen musternd über seine Gestalt fielen. »Und du? Hat Alice dich – Merlin schenkte ihr eine Offenbarung – endlich vor die Tür gesetzt oder hast du ernste Probleme?«

»Letzteres, aber höchstwahrscheinlich kommt meine Frau als Problem hinzu, wenn sie erfährt, was ich getan habe«, erwiderte Al wahrheitsgemäß und Imogene zog fragend eine Augenbraue in die Höhe, während eine verschlafene Stimme in ihr Gespräch einfiel: »Rede Klartext!«

Albus blinzelte zerknirscht zu seinem älteren Bruder hinauf.

»Ich hab Avery getötet«, leistete er dem Befehl ohne Umschweife folge und Imogene zog scharf nach Luft.

James zog sich ein schwarzes T-Shirt über den Kopf, als er schnell die Treppe hinunterkam.

»Du meinst den Todesser, der unseren Informanten nach bald potenzielle Chancen hatte, den Thron Georgiens zu erklimmen?«, vergewisserte er sich leise und rieb sich kurz den Schlaf aus den Augen. Albus‘ Miene sprach Bände, sodass James‘ flache Hand seinen Bruder hart am Hinterkopf traf. Imogene merkte sofort, dass es sich dabei dieses Mal nicht um eine brüderliche, neckische Geste handelte. Das war Ernst.

»Dumm wie ein Flubberwurm«, knurrte der Ältere wütend und bedeutete ihnen mit einer Kopfbewegung, ihm in die Küche zu folgen. Sie vermied es bewusst, Albus anzusehen. Erst später, als er direkt Worte an sie richtete, sah sie ihn über den Rand ihrer warmen Tasse hinweg an. Warmer Kakao war ihr Allheilmittel. Imogene hatte das Glück besessen, James‘ und Als Großmutter Molly kennenlernen zu dürfen, ehe sie vor einem Jahr eines natürlichen Todes gestorben war – in ihrer Zeit unterschied man stets zwischen natürlich und unnatürlich. Molly hatte ihr gelehrt, dass den Körper nichts mehr akklimatisierte als eine Tasse Kakao. Es half wirklich.
 

»Imogene, kannst du bitte jemanden beauftragen, Alice zu evakuieren? Wahrscheinlich lauert das Pack schon hundertfach vor unserem Haus und wartet darauf, dass ich ihnen in die Falle tappe. Es ist zu gefährlich für sie.« Langsam schüttelte sie den Kopf.

»Seit den neuen Gesetzen, dürfen Vergissmich nur noch in Muggelangelegenheiten Aufträge weitertragen.«

»Scheiß System«, fluchte der jüngere Potter und schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte.

»Mach dir keine Sorgen, sie ist eine Hexe«, sagte sie beruhigend. Albus lachte kurz verzweifelt auf. »Auch wir sterben wie die Fliegen!«

»Wie ist das mit Avery passiert?«, mischte sich James endlich ein und Albus zuckte zunächst nur mit den Schultern.

»Ich habe ganz normal den Premierminister bei seiner Tour durch die Krankenhäuser bewacht, als Avery als getarnter Arzt hereinspaziert kam und sich mit ihm über die Zustände unterhalten hat. Die Terroranschläge und den ganzen Müll, den sie den Muggeln auftischen. Schließlich habe ich durch dummen Zufall bemerkt, dass an seinem Arm etwas schimmerte, das dem Dunklen Mal verdammt ähnlich sah«, er brach ab, denn ihnen allen war bewusst, wie sich die nächsten Sekunden ereignet haben mussten.

Die Todesser waren äußerst gerissen in ihren Methoden; nicht mehr einzuschätzen, seit sie Tinkturen mit Gestaltwandlergift tranken. Aber das Dunkle Mal verbarg kein Zauber vollständig.

»Es war knapp, aber ich habe gewonnen. Er ist besser geworden, seit Scorpius und ich das letzte Mal mit ihm zutun hatten. Ich meine, er war besser«, berichtigte sich Albus und blickte dann über den Tisch hinweg geradewegs in die Augen seines Bruders. »Kurz darauf hat er die Einheit gewechselt und stand unter Lilys Führung.«

Imogene spürte, wie ihr Mund ganz trocken wurde.

»Na, die wird sich freuen«, erwiderte James sarkastisch, dann schüttelte er den Kopf. Sie redeten noch eine Weile, bis James sagte, dass sie für den Moment nichts ausrichten konnten. Es sei besser, sich mit dem Orden kurzzuschließen, vor allem mit ihrem Vater.

»Ich hole dir Bettzeug und Handtücher«, sagte Imogene müde und erhob sich. Ihr Kopf schwirrte.
 

Bevor sie zu Bett ging, schob die Malfoy kurz die Vorhänge zur Seite und spähte aus dem Fenster. Im schräg gegenüberliegenden Haus brannte noch immer Licht; sie bedauerte die alte Madam Thurgood, die unter dem Imperiusfluch stand und Auftrag erhalten hatte, ihr Haus zu beobachten. Sie wurden alle überwacht. Hoffentlich hatte Albus daran gedacht, auf der Türschwelle zu apparieren.

Ein kleiner Schauer lief ihr über den Rücken, als sie daran dachte, dass Albus klitschnass angekommen war und womöglich als Animagusgestalt auf ihr Haus zugehalten hatte. Höchstwahrscheinlich sogar. Eine dunkle Vorahnung ergriff von ihr Besitz, ehe sie sich ihrer Müdigkeit hingab und zu James ins Bett kroch. In der Winkelgasse würde sie die neuste Ausgabe der Schutzzaubersprüche besorgen.
 


 

~
 


 

Elfen tanzten über die Deckenlichter hinweg und ein seichtes, hypnotisierendes Flimmern legte sich auf die Umgebung, wenn immer die Dunkelheit versuchte, sich über den Raum zu betten. Lily entledigte sich achtlos ihres Morgenmantels und schritt in das warme, tiefseegrüne Wasser. Der Duft von Kamille und anderen Kräutern benebelte ihre düsteren Gedanken, die sich spinnennetzartig um ihre Hoffnungen webten, bis auch die letzte im Keim erstickt wäre. Wenn immer sie versucht war, ihrem manchmal so tristen Leben zu entkommen, so erlag sie dem Drang, diesen Ort aufzusuchen. Greg teilte ihre Liebe für das sanfte Nass nicht, seitdem er dem Tod vor langer Zeit in einem See gegenübergetreten war, sodass dieser von spiegelndem Marmor gefertigte Raum ihre Oase der Einsamkeit geworden war. Der Ort, an dem sie ungestört betrauern konnte, was sie verloren hatte, wenn immer ihr danach war. Aber dazu kam es nicht oft. Gedankenverloren verirrte sich ihr Blick auf dem Schauspiel der Elfen, bevor sie langsam auf eine Kolonie zu schwamm und ihre Hände nach einer besonders Zarten ausstreckte.

»Ach, wie süß«, tönte in diesem Augenblick die ihr am meisten verhasste Stimme und Lilys Augen verengten sich, als die Elfen zurückzuckten und sich eilends auf und davon machten.

»Was willst du, Kuprin? «, fragte Lily bissig. Sie schwamm sogar bereitwillig ein Stück auf Galina zu, denn wohl kaum hätte es sie an diesen Ort verschlagen, wenn es nicht auch wichtig wäre. Denn die Kuprin hasste Wasser ebenso sehr wie Gregory. In Lilys kühnsten Fantasien erlag Galina darum einem qualvollen Tod zu offener See.

»Elfen schmecken das Blut, das an deiner Seele klebt, wenn du also hoffst, sie sprechen dir und dem Kind ihr Glück aus, dann ist das vergebene Liebesmüh.«

»Sie sind recht vertraut mit mir, Galina. Ich bekomme immer, was ich will«, erwiderte Lily warnend.

»Ich vergaß«, murmelte die Kuprin giftig.

»Also – was willst du?«, wiederholte Lily leichthin und schwamm ein paar anmutige Kreise, ehe sie sich wieder neckisch der Kuprin näherte. Doch was sie sah, gefiel ihr nicht. In Galinas Augen hatte sich ein Funken Frohmut genistet. Und Lily wusste genau, wie gefährlich man so eine Gefühlsregung bei Galina zu deuten hatte.

»Ich wollte dich darüber in Kenntnis setzen, dass Georgien wohl ein Weilchen ohne Thron bleibt. Du musst dir eine Alternative zu Avery überlegen, der ist nämlich tot. Tut mir Leid, war immerhin dein bester Mann.«

Unverständnis mischte sich in Lilys Züge, Galina ein purer Genuss.

»Warum ist er tot? Er hatte keine Aufträge von mir erhalten!«, rief sie erbost und wenn bis zu diesem Moment noch Elfen der Szenerie gelauscht hatten, so waren diese nun allesamt fort. Das Rot war gar kein Ruhepol, sondern gefährliches Feuer. Galina lächelte selig.

»Mephisto hat ihm aufgetragen, noch einmal zu versuchen, den Premierminister zu töten. Er sieht gar nicht ein, weshalb wir unsere besten Leute in die anderen Länder ziehen lassen und Großbritannien noch immer nicht unterworfen ist.«

Der Zorn, der von Lily Besitz ergriff, war in diesem Moment so überwältigend, dass ihr das Atmen schwer fiel.

»Das wird ein Nachspiel haben«, zischte sie leise und schritt energisch aus dem Wasser. »Du könntest Weasley stattdessen ziehen lassen. Der Prinzessin hat er ohnehin besser gefallen als Avery«, meinte Galina unschuldig, doch durch Lilys Körper strömte neuerliche Wut. »Nein.«

»Aber warum denn nicht? Etwa, weil ihr mal eine Familie wart?« Lily unterließ es, auf diese unverschämte Frage zu antworten und hüllte sich in ihren weichen Morgenmantel. Kuprin hatte ihre Oase der Ruhe gnadenlos vergiftet.
 

»Und wie soll nun mit Averys Mörder verfahren werden?«, rief Galina ihr hinterher, das Feixen nur schwer unterdrückend. Lily verdrehte die Augen und warf einen eisigen Blick über die Schulter.

»Freie Jagd«, fauchte sie und gnadenloser Hass funkelte der Kuprin entgegen. Genau damit hatte jene gerechnet, weshalb sich ein schmales Lächeln auf ihr Gesicht stahl, als Lily davon stürmte. Die Operation konnte nun endlich beginnen.
 


 

~
 


 

Ein beklemmendes Gefühl hatte sich in seine Kehle genistet und leichte Betäubung erstreckte sich von dem ausgehend in seine Glieder, alldieweil seine Gedanken ungebrochen wild zirkulierten. Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Das kam selten vor. Denn eigentlich hatte sich Fred Weasley einen Namen mit seiner blitzschnellen, stets streng durchdachten Handlungsweise gemacht, obgleich Lily dies noch immer beflissentlich ignorierte und ihn herumschickte wie einen Lakaien. Wohl hatte sie geahnt, welche Bürde sie ihm mit diesem Auftrag auf sein Herz schieben würde und Fred wusste nicht, was ihn mehr irritierte - dass Lily glaubte, er habe noch ein Herz oder dass sie annahm, sie müsse ihn zerstören, in die Knie zwingen, ihm begreiflich machen, wie wenig er doch imstande war zutun, obgleich er soviel von sich hielt. Oder sie wollte ihn einfach nicht ans Ausland verlieren wie viele andere ihrer Garde. Immerhin war er ihre einzige Verbindung zu einem Leben, das sie beide hinter sich gelassen hatten.

Mochten seine Gedanken auch noch so wirr sein – sie alle mündeten in diesem Auftrag, alle endeten bei Dominique. Lilys Intention war nur ein müder Versuch der Ablenkung.

Freds Blick lag auf einer Horde Ratten, die nun, da der Tag anbrach, durch die Nokturngasse jagten, als würde die Helligkeit sie ansonsten brandmarken. Die Klänge ihrer Konversation rauschten ihm in den Ohren und unwillkürlich schloss er die Augen. Vollste Konzentration war ihm die einzige Möglichkeit, die Viecher davon abzuhalten, an ihm emporzuklettern und ihn anzuknabbern. Er roch nach Tod wie jeder von seiner Art, was sie schneller herbeilockte als normaler Menschenduft. Selbst wenn das Blut unlängst von seinen Händen gewaschen war, ihr Gespür trübte sie nicht. Als das Getier marionettenartig von ihm fort trieb, öffnete Fred die Augen und blickte die Fassade eines der schäbigsten Bauten der Gasse empor, das in bedenklicher Schieflage an Borgin & Burke's lehnte. Hinter den unzähligen Fenstern, deren Augen allesamt mit roten Vorhängen zugezogen worden waren, flackerte seichtes Licht. Sein Blick verdunkelte sich, als er sich der Räume und ihrer Menschen darin besah. Die Sinne schärften sich mit dem Morden, doch seine eigentlichen Gaben hatte er Galina Kuprin zu verdanken.
 

Ein schmales Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als er ein gleichmäßiges Atmen unter dem Dachzimmer vernahm, ein Seufzen, sich entfernende Schritte und das Klicken einer ins Schloss fallenden Tür. Er hätte niemals gedacht, sie nach all den Jahren an der Art zu erkennen, wie sie seufzte. Aber es war unverkennbar sie – traurig, stark, in gewisser Weise zuckrig. Er verzog den Mund und mit dem nächsten Schnipsen seiner Finger stand er in ihrem Zimmer. Etablissements dieser Art waren nicht sonderlich gut geschützt, vor Todessern schon gar nicht. Er vernahm das Rauschen der Dusche, doch dessen ungeachtet, richtete sich sein Blick auf das Bett, in dem eine äußerst fettleibige Gestalt lag, die Fred erst auf den zweiten Blick erkannte. Es musste sein Glückstag sein.

»Hallo Finnigan«, sprach er gelassen und legte den Kopf schief, den Mann, der seine besten Tage längst erlebt hatte und vielmehr bloß noch ein Abbild seines ehemaligen Selbst war, aus den Tiefen seines Schlafs reißend. Der Ältere riss so abrupt die Augen auf und wich ans Bettende zurück, dass er Fred in diesem Moment an ein verschrecktes Tier erinnerte.

»Du!«, stieß Finnigan atemlos hervor und es hätte nur noch gefehlt, dass er den Zeigefinger auf ihn richtete. Ein Feuerwerk aus Furcht schoss aus seinen Augen. »Was willst du von mir?«

»Wer sagt, dass ich etwas von dir will?«, erwiderte Fred entspannt und vergrub die Hände in den Taschen seiner schwarzen Hose. Schwache Erkenntnis leuchtete in Finnigans Blick auf und das erleichterte Seufzen, das aus seiner Kehle drang, beflügelte sanft die Wut des Todessers. »Nichtsdestotrotz werde ich dich töten«, fügte er darum kühl hinzu und vergnügte sich an der rasch wiederkehrenden Angst in den Augen des anderen.

»Aber ich habe doch nichts getan!«, rief Finnigan und wenn er vorgehabt hatte, zu seinem Zauberstab auf der Kommode zu jagen, dann fror Freds nonverbale Zauberformel dieses Vorhaben ein, fesselte ihn ans Bett. Verzweiflung brach aus jeder einzelnen Pore des Gefangenen.

»Fred! Ich bitte dich! Erinner dich – als du klein warst, da hab‘ ich euch Karten für die Weltmeisterschaft besorgt! Jedes Jahr hattet ihr Karten für die Liga! Dank mir hast du die Cannons und die Prides getroffen!« Fred betrachtete geduldig und ausdruckslos, wie der Zauberer sich den Mund fusselig redete, doch seine Wut flaute bei diesen Kindheitserinnerungen nicht ab. Er trat noch einen Schritt auf das Bett zu und beugte sich sacht nach vorne.

»Und heute steckst du deinen Schwanz in ein Mädchen, das du hast aufwachsen sehen. Also sag mir, ob meine Kindheit wirklich das ist, an was ich mich erinnern soll«, hauchte er gefährlich und Finnigan erstarrte.

»Sie hat nicht gesagt, dass sie dir gehört!« Fred schüttelte leicht den Kopf, doch der Ältere redete schnell weiter. »Wenn du jeden umbringen willst, der was mit ihr hatte, dann töte doch erstmal in deinen Reihen! Was willst du tun? Die halbe Zauberergemeinschaft umlegen?« Fred zuckte nonchalant mit den Schultern. »Von mir aus. Mit dir fange ich an.«
 

Und mit der nächsten Sekunde, gesellte sich ein weiterer Toter auf die Liste seiner Opfer. Es war nicht befriedigend, jedoch auch kein sonderlicher Verlust, insofern man ihn beurteilen ließ - das sich hinzu stehlende Gefühl, mit jedem Mord abgestumpfter zu werden, war nur noch lächerlich gering. Fred ließ den Blick durch das Zimmer schweifen. Seine Augen verirrten sich in seinem Spiegelbild. Das ehemalige Blau seiner Augen war über die Jahre einem trüben Grau gewichen, das mit jedem Mord dunkler wurde, tiefer und unkontrollierbarer. Seine Arme hingen schlaff am Körper hinab und es wirkte allgemein so, als würde er alsbald zerbrechen. Sein Haar war nicht mehr rot, seine Haut nur noch ungesund fahl. Das Rauschen des Wassers im angrenzenden Raum verklang und er stand vor der Entscheidung, ihr gegenüber zu treten oder aber zu fliehen. Er hatte vorerst genug Verwirrung gestiftet, schätzte er. Also verschwand er, wie er gekommen war.
 


 

~
 


 

»Ich habe keinen blassen Schimmer, was das bedeutet, okay?«, betonte Dominique Weasley gereizt und kam dem Gesicht ihres Cousin James Potter gefährlich nahe, welcher sie nur mit ausdruckslosem Blick bedachte.

»Ich habe dich nur nach deiner Vermutung gefragt«, erwiderte der Schwarzhaarige ruhig und Dominique verspürte den Drang, ihm mit einer rüden Geste zuzusichern, wie wenig sie von ihm hielt. Normalerweise traf sie ihre zerstückelte Familie nämlich nicht und dass diese selbstgewählte Tradition nun einen Abbruch hatte erleiden müssen, gefiel der jungen Frau ganz gewiss nicht.

»Schön. Ich habe keine Vermutung, wer den Kerl ermordet haben könnte!«, zischte Dominique und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie wollte sich abschirmen von den Geschehnissen der frühen Morgenstunden, das erkannte der Fluchbrecher sofort.

»Also Harry«, richtete sie die Worte an ihren Onkel, der mit seinem besten Freund fachmännisch über der Leiche lehnte und mit dem Zauberstab hantierte. Seine grünen Augen suchten sogleich ihre. »Kann ich bitte gehen? Ich habe bereits alles gesagt und der Anblick dieses Kerls fördert nun nicht gerade meine Gesundheit.«

Harry und Ron tauschten schnelle Blicke, ehe der Potter zu einer wohl formulierten Antwort ansetzte. Sie würde keinesfalls darauf eingehen, schoss es ihr durch den Kopf. Vergebene Liebesmüh.

»Dominique, vielleicht wäre es besser, wenn du die nächsten Tage im Hauptquartier des Ordens verbringst. Wir wissen noch nicht, wie dieser Mord zu deuten ist. Eventuell betrifft er dich mehr, als du ahnst. Zudem bin ich mir nicht sicher, ob du psychisch schon in der Lage-«

»Ich kann nicht«, unterbrach sie ihn knapp und fuhr sich mit den Fingern durch das lange Haar, »und ich will auch nicht. Mir geht es gut, Harry, wirklich. Man nenne es eine Art Berufsrisiko.« Sie verdrehte die Augen und konnte ein leises Kichern nicht unterdrücken. Das war so absurd. Alles, was aus ihr geworden war. Einfach absurd.

»Wie viele Todesser waren unter deinen – ähm -« Ron Weasley kratzte sich verlegen am Hinterkopf und widerwillig sah Dominique ihn an.

»Ich weiß es nicht. Ein paar, schätze ich. Vielleicht aber auch keiner. Man redet nicht viel.« Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern.

»Von den namentlich erfassten Todessern – mit wie vielen hattest du vor der Teilung Kontakt?« Dominique seufzte. Die Zauberer sprachen von der Teilung und bezeichneten damit die Zeit vor etwa vier Jahren, als die Zaubererwelt zwischen Gut und Böse gewählt hatte. Nur wenige waren dabei neutral geblieben, fast alle hatten sich einem Pakt angeschlossen – dem Phönixorden oder der Dunklen Armee unter Gregory Grindelwald. Dabei war das Verständnis der zwei Gesinnungen verwischt.

»Ich war in der Siebten kurzweilig mit Zabini zusammen«, antwortete sie mechanisch. Es galt als offenes Geheimnis, dass Adrian ein Todesser war und dennoch bekleidete er als Besitzer des Tagespropheten eine Position, deren Macht er durchaus einmal unheilvoll einsetzen könnte. Alles eine Frage der Zeit, wie Dominique vermutete. Doch da man Zabini kein Vergehen nachweisen konnte, blieb er in seiner Stellung, die ihm das Familienerbe und unzählige Galleonen eingebracht hatten.

»Genauer hatte ich mit keinem weiteren zutun. Aber es kann gut möglich sein, dass viele Unnahbare oder Spione unter meinen Kunden sind.«

»Okay, Dominique, ich denke Adrian Zabini lässt sich in diesem Fall ausschließen. Meinen Quellen nach befindet er sich momentan in Amerika. Wir haben aber natürlich versucht, herauszufinden, wer diesen Mord begangen hat und warten nun noch den Patronus vom Zaubereiministerium ab. Vielleicht haben wir ja Glück und haben es mit einem Todesser zutun, der seinen Geist nur amateurhaft verschließt«, sagte Harry sachlich und dennoch sah sie in seinem zermürbten Gesicht, dass er sich nur wenig Hoffnungen machte. Die Todesser ihrer Zeit hatten einfach zu viele Methoden, der magischen Wissenschaft zu entkommen.
 

»Sie hat Fred vergessen«, meinte James nach einigen Sekunden der Stille und Dominique riss entgeistert den Kopf herum.

»Was? Willst du mir unterstellen, ich hätte was mit Fred gehabt?«, rief sie erzürnt und James hob verblüfft eine Augenbraue.

»Ich wollte lediglich anmerken, dass du ihn auch kanntest. Familie, schon vergessen?«, entgegnete er und Dominique sah mit neuem Unbehagen, wie ein Funken Erkenntnis sich bezüglich ihres vorangegangenen Ausbruchs in seinen Blick stahl. James musterte sie erneut. »Kann es sein, Dome, dass irgendwas zwischen euch vorgefallen ist?«

»Nein«, sagte sie forsch und schenkte ihm einen angewiderten Blick. »Fred und ich? Cousin und Cousine? Bist du ein bisschen pervers, du Idiot?«

Ein unangebracht charmantes Lächeln stahl sich auf James‘ Gesicht.

»Du bist abgebrüht genug dafür«, er gestikulierte mit einem Nicken zum Bett, »Eine Zweiundzwanzigjährige und ein Kerl im Alter deines Vaters – das ist pervers, Schätzchen.«

»Das ist ein Job, James!«

»Der Kerl hat trotzdem noch einen Namen, Dome!«, sagte der jüngere Potter unvermittelt und fuhr sich hitzig durch das schwarze Haar, »Es ist Seamus, verdammt! Wir kennen ihn, seid wir Kinder waren! Und du -«

»Es ist ein Job, James«, wiederholte Dominique langsam. »Nur eben einer, über den man nicht spricht.«

»Wir können nur hoffen, dass Fred es nicht getan hat«, murmelte Harry und trat ans Fenster, die Streitenden beflissentlich ignorierend und dennoch legten Dominique und James ihr Wortgefecht nieder.

»Sondern es wäre wie immer nur ein weiterer Mord, der ungelöst zu den Akten kommt«, fügte Ron müde hinzu und ließ sich ungeachtet der Vorschriften in den nächstgelegenen Sessel fallen. Er tippte sich gedankenverloren an die Schläfe. »Fred hat seit dem Beginn seiner Karriere keine Fehler mehr gemacht. Okklumentik ist sein Spezialgebiet. Wenn er es getan hat, wird das Zaubereiministerium es nicht herausfinden.«
 

Es zerrannen etliche Minuten, in denen keiner von ihnen sprach. Erst als der Patronus in das Zimmer brach, wagte Dominique sich wieder zu bewegen. Sie kannte die Stimme, die aus dem Maul des Pferdes erklang, doch lag die Bekanntschaft mit dieser Person schon zu weit zurück, als dass die sich hätte erinnern können. »Der Zauberstab konnte erfolgreich identifiziert werden. 16 Zoll, Weidenholz, Hippocampusschuppe und Drachenherzfaser. Der Besitzer konnte erfolgreich zugeordnet werden. Mit 99prozentiger Wahrscheinlichkeit ist es der Zauberstab von Fred Weasley. Verbleib unbekannt.«

Dominique schluckte. Ihr Herz wollte nicht wahrhaben, was ihr Verstand schon längst zu glauben übernommen hatte. Dieses Wissen änderte alles. Der Mord ging sie doch etwas an. Er war an sie gerichtet. Es war Freds makabere Art, sich in ihrem Leben zurückzumelden. Sie presste die Lippen aufeinander und verschränkte erneut die Arme vor der Brust, doch in diesem Moment nur, um das aufkeimende Zittern zu unterdrücken. Wenigstens hatte er seinen Sinn für faire Spiele noch nicht ganz verloren. Es wurde mit offenen Karten gespielt.
 


 

~
 


 

»Bist du nervös, Liebes?«, fragte Astoria Malfoy irritiert, als sie an Rose vorbeischwirrte, zahllose Mengen Geschirr und Töpfe im Schlepptau, die eifrig hinter ihr her schwebten.

»Bescheuerte Frage, Mutter«, kommentierte Imogene trocken und nahm einen weiteren großen Schluck aus ihrem Glas mit Feuerwhiskey, ehe sie der starren Weasley schwesterlich ebenjenes anbot. Rose schüttelte matt den Kopf und eine rote Haarsträhne verirrte sich dabei in ihrem Gesicht. Ihre blauen Augen wanderten schutzsuchend hinauf in den weiten, wolkenlosen Himmel und die Sonne brannte an diesem Tag so sehr, dass Rose geradezu spürte, wie die Somersprossen in ihre Wangen zurückkehrten.

»Scheint so, als wäre es für uns alle eine lange Nacht gewesen«, murmelte Imogene gedehnt, ehe sie das Glas erneut an ihre Lippen setzte und es austrank. »Seit wann trinkst du am Vormittag?«, fragte Rose mechanisch, den Blick auf die Ländereien gerichtet, die sich ringsum Malfoy Manor erstreckten. Sie nahm nur aus den Augenwinkeln heraus wahr, wie die junge Malfoy belanglos mit den Schultern zuckte. »Mir ist einfach gerade danach. Ich glaube, ich erzähle dir von den neusten Vorkommnissen erst, wenn du wieder einigermaßen normal bist.« Rose wollte gerade etwas erwidern, als Astoria zurückkam und den Platten mit Lachspastetchen genau anwies, wohin sie sich auf der langen Tafel zu sortieren hatten.

»Ähm, Mutter, haben wir das ganze Ministerium eingeladen?«, fragte Imogene genervt, als sie schnell ihre Flasche Feuerwhiskey vor übereifrigem Geschirr in Sicherheit brachte.

»Nur die Aurorenzentrale«, entgegnete Astoria gut gelaunt und überhörte den sarkastischen Unterton in der Stimme ihrer Tochter, der zuweilen daran klebte wie ein Objekt, das man mit Saubermanns Spezialhafter fixiert hatte. »Ach, ich vergaß, weil die zurzeit bei den ganzen Anschlägen ja auch nichts Besseres zutun haben«, flötete Imogene und obgleich sie vollends in ihrer Beschäftigung aufging, bemerkte Astoria die Spitze und ihre Augen verengten sich.

»Gib mir die Flasche, du alte Sabberhexe«, wies sie ihre Tochter gnadenlos zurecht, doch Imogene setzte nur ein charmantes Lächeln auf und goss ihr Glas erneut voll. »Wenn ich das hier überleben soll, Mutter, dann lass mich lieber trinken, sonst kommt mir noch ein recht ungünstiger Fluch für mein Brüderchen über die Lippen.«

Rose schluckte die Worte, welche ihr auf der Zunge lasteten, hinunter. Wenn es doch nur nach ihr ginge … dann säße sie nicht in diesem Schlamassel fest, sondern würde sich erstmal von ihrer Nachtschicht erholen und ausschlafen.Aber wie immer ging es nicht nach ihr. Astorias vertraute Züge schoben sich in diesem Moment vor ihr Gesicht und ihre Handfläche suchte Rose' Stirn.

»Du siehst wirklich nicht gut aus, Rose. Du bist so blass und fahl.«

»Das ist genau das, was sie jetzt braucht, Mutter. Immer rauf da!«, lachte Imogene und klopfte Rose auf die Schulter, welche nun endlich eine Regung zeigte.

»Sorry, dass ich scheiße aussehe, aber ich habe die ganze Nacht gearbeitet, bin seit dreißig Stunden wach und kann gerade an nichts anderes denken als ein weiches Bett - von denen ihr hier bei Merlins Unterhose hundert oder mehr habt!« Leichte Feindseligkeit gegen diese Familie ergriff von Rose Besitz. Ganz leicht. Sich in Scorpius Malfoy zu verlieben war der Fehler ihres jungen Lebens gewesen.

»Aber Schatz, wir wissen doch, was wir machen. Du sagst ihm, dass du es dir anders überlegt hast und du ihn nun doch endlich heiraten willst und dann wird sich alles wieder einrenken, das verspreche ich dir. Diese dahergelaufene Frau ist schneller weg, als du Azkaban sagen kannst! Mitnichten wird sie dir das Wasser reichen können.« Wenn Astorias Rede darauf abgezielt hatte, Motivation zu sähen, so verfehlte sie ihre Wirkung.

»Und das Leben macht so verdammt viel Spaß«, kommentiere Imogene dumpf und schüttelte den Kopf vor lauter Missfallen an der Situation. »Weißt du, was ich richtig toll finde, Mutter?«, fragte die Malfoy ernst und nahm erneut einen Schluck aus ihrem Glas, »Wir haben diese riesige Terrasse seit Urzeiten, aber wir nutzen sie erst, seit Terroranschläge und Todesser an der Tagesordnung stehen. Ich finde sehr ergötzend, dass die Aurorenzentrale heute wie auf dem Präsentierteller sitzt.«

Anstelle etwas zu erwidern, entriss Astoria ihrer Tochter den Feuerwhiskey und stürmte davon. Imogene seufzte theatralisch und ließ den Blick schweifen. Das blonde Haar hatte sie sich zu einem losen Zopf gebunden und wie üblich trug sie Jeans und ein schwarzes Tank Top. Ihr Bruder war keineswegs jemand, für den es sich in ihrer Welt aufzuhübschen galt.

»Ich weiß nicht, was ich will«, sagte Rose in diesem Moment trocken und faltete ihre blassen Hände.

»Definitiv gönnst du keiner anderen meinen Bruder, also liegt als Grund nahe, dass du ihn willst«, kombinierte die Malfoy schlicht und spielte mit einer losen Haarsträhne. Sie schwiegen eine kurze Ewigkeit, ehe ein lautes Jauchzen die Stille durchbrach, gefolgt von kleinen Füßen, die ausgelassen über den teuren Marmorboden tanzten.

»Papa kommt!«, brüllte Lina in diesem Augenblick und so schnell, wie ihr Fußgetrappel gekommen war, verklang es auch wieder, als sich das kleine Mädchen entfernte.
 

Rose seufzte leise, ehe sie sich erhob und gemeinsam mit Imogene die hellen Flure entlang schritt, die sie zur Eingangshalle führten. Alle Türen standen äußerst einladend offen, obgleich Rose in diesem Moment eher den geeigneten Fluchtweg suchte. Sie wollte ihm nicht entgegentreten, wenn er eine andere Frau kennengelernt hatte, aber sie wusste auch unweigerlich, dass sie keine Alternative besaß. Immerhin hatten sie ein Kind. Nie mehr würde sie in der Lage sein, sich von Scorpius Malfoy abzukapseln.

»Ich wette, er trägt wieder irgendein teures Label und Krokodilleder-irgendwas-Schuhe und lässt mich in meinen Leggins richtig erbärmlich aussehen. Und natürlich ist seine neue Freundin das komplette Gegenteil zu mir, so perfekt und unerreichbar, dass ich Komplexe kriege«, prophezeite Rose düster und entlockte der jungen Malfoy so ein kleines Lachen.

»Mich nervt ja am meisten, dass er fast sein ganzes Vermögen für Autos ausgibt. Ich meine, okay, wir sollen uns mit Muggeln beschäftigen, aber er hat das glaube ich etwas falsch verstanden. Sieh dir doch nur wieder diesen Schlitten an!«

Ein anerkennder Pfiff entwich in diesem Moment Draco Malfoy, der hinter ihnen aus dem Haus trat und Lina auf dem Arm trug, sodass Imogene sich gezwungen sah, extra lange die Augen zu verdrehen. Scorpius Malfoy, der Lebemann, dachte Rose geplättet, als das teure Auto die Einfahrt zu Malfoy Manor hinauf rollte und dabei – für ein Objekt – pure Eleganz verströmte. Imogene entwich ein missbilligendes Geräusch und demonstrativ abweisend setzte sie sich ihre Sonnenbrille auf. Die Scheiben des Wagens waren so stark verdunkelt, dass Rose nicht imstande war, auch nur einen Blick auf dessen Fahrer zu erhaschen, sodass ihr unwillkürlich stark der Atem stockte, als das Auto zum Stehen kam und die Fahrertür aufgestoßen wurde. Linas bahnbrechender Aufschrei, der zwangsläufig auch einen Tinitus gut förderte, durchbrach die Stille und die Kleine hangelte sich von Dracos Arm und sprintete die Treppen hinunter.

Er sah gut aus, sehr gut sogar. Aber das war beinahe normal, denn Rose hatte längst begriffen, dass ein Malfoy mit zunehmendem Alter nur noch attraktiver wurde. Scorpius umrundete elegant das Auto und fing lachend Lina auf, bevor er ebenso lässig die Beifahrertür öffnete.

Er warf Rose ein schelmisches Grinsen zu und die Weasley erwischte sich dabei, wie sie zurücklächelte. Für einen Moment waren sie wieder siebzehn.

Doch das Lächeln gefror ihr rasch in den Mundwinkeln, als sie sah, wer da aus dem Auto stieg. Und der Anblick sog ihr jegliche Luft aus den Lungen.

»Das glaub ich jetzt nicht«, murmelte sie ungläubig und mit einem Mal fühlte sich die Weasley, als hätte man ihr einen Klatscher in den Magen gerammt. »Die Frau sieht aus wie ich – nur besser. Eben erfolgreich, mit Stil und ohne neun Monate Schwangerschaft!«, entrüstete sie sich leise und schüttelte leicht den Kopf, bis Scorpius sie erneut ansah und sie sich zu einem möglichst gleichgültigen Gesichtsausdruck zwang.

»Darauf trink ich«, wisperte Imogene, »und du am besten auch.«
 


 


 

~ tbc.


 

two

Eine stumme Träne perlte ihr gleich einer Erlösung über die taube Wange, als die Tür hinter ihr laut ins Schloss fiel und aussperrte, was geschehen war, ein vergebener Versuch, sich vor dem Bösen zu schützen, wo sie doch am besten wusste, wie wenig man sich wirklich dagegen wappnen konnte. Normalerweise fürchtete jeder Zauberer und jeder Muggel ihrer Zeit die Nacht, doch für sie entpuppten sich die frühen Morgenstunden, wenn man unachtsam würde, mürbe, schläfrig, leichtsinnig, als eigentliche Gefahrenquelle. Als Auror versuchte man stets, sich in die Handlungsweise ausgewählter Todesser zu verstricken, zu verstehen, was sie bewegte und welche Logik ihren grauenvollen Taten zugrunde lag. Man musste versuchen, die Mörder zu verstehen, denn nur so war man in der Lage vorbeugend zu handeln und Menschen zu beschützen. Alice war es jedoch mittlerweile Leid, ihr Leben darauf auszurichten, das Böse zu bekämpfen. Sie verband mit dem Beruf gleichsam, auch Menschen zu retten. Doch in letzter Zeit rannen ihr die Leben durch die Finger, ohne dass sie allzu viel hatte entgegensetzen können. In solchen Momenten dachte sie ans Aufhören.

Eine zweite Träne rollte sich einen Weg über ihr Gesicht, als sie in dem dunklen Flur verharrte und die Geschehnisse der vergangenen Stunden ihre Sinne zu überfluten drohten. Alice verspürte das Bedürfnis, sich den Schmutz und das Blut von der Seele zu waschen, doch schob sich in jenem Moment ein Gefühl in ihr Bewusstsein, das sie ablenkte. Vorsichtig setzte sie ihren Weg über den Dielenboden fort und stieß ganz sacht an die Tür zum Wohnzimmer, in das sie wachsam hineinspähte, ehe sich ihre Glieder entspannten und ein erleichtertes Seufzen über ihre Lippen rann.
 

»Wir müssen reden«, sagte Albus ruhig und Alice bemerkte argwöhnisch, dass er es vermied, sie anzusehen, sondern stattdessen gelassen an dem großen Fenster lehnte und die Straße beobachtete. Ein ungutes Gefühl schlich sich in ihr Herz. »Ja«, hauchte sie matt und blieb benommen mitten im Raum stehen. Manchmal war sie sich nicht mehr sicher, jegliche Dinge ihres Lebens betreffend – ihren Job, ihre Beziehung, selbst bei ihren Freunden. Endlich drehte er sich zu ihr um und Alice sah Sorge über sein Gesicht huschen, als er die wenigen, doch verdächtigen Spuren auf ihren Wangen bemerkte.

»Was ist passiert, Alice?«, fragte er alarmiert und durchquerte den Raum, bevor er ihr Gesicht in seine Hände nahm. Alice klammerte sich daran fest und mit einem Mal stürzten alle Mauern, die ihr Kopf hochgezogen hatte, ein, bis sie nur noch haltlos schluchzen konnte und sich gleichwohl dafür schämte. Sie verlor nicht oft die Kontrolle, jedenfalls nicht so.

»Sie haben Bobbin entführt«, sprach sie laut aus, was sie zu verdrängen versucht hatte und in Albus Augen spiegelte sich ihr eigenes Leid wieder. Er schüttelte langsam den Kopf und beinahe spürte sie, wie er sich beherrschen musste. Ein Zittern rann durch seinen Körper, doch er schluckte jedes Anzeichen eines unkontrollierten Geistes hinunter.

»Es ist nicht deine Schuld, hörst du? Mach dir keine Vorwürfe wegen dem, was passiert ist.« Alice Blick verlor sich und sie bemerkte kaum, wie Albus sie in den nächsten Sessel drückte und dann einen Patronus heraufbeschwor, der seinen Vater alarmierte. Als ihr Körper in die Sanftheit der Kissen gezogen wurde, erklomm ihre Kehle eine unheilvolle Übelkeit. Das wäre nicht passiert, wenn sich die Dinge nicht so grausam verändert hätten! Wenn sie noch immer ihr altes Team hätte, dann wäre das nicht geschehen. Mit Sicherheit. Ihr altes Team, das waren Al, Scorpius und sie gewesen. Bis beide aufgestiegen waren in den Spezialdienst, der vorgesehen hatte, dass Scorpius in den USA korrespondierte und Albus den britischen Premierminister beschützte. Das Ministerium hatte Alice schlicht dafür vorgesehen, ignorante Anfänger auszubilden. Zwei der Schlimmsten, die auf die Namen Tony Wood und Lysander Scamander hörten, hatte man schließlich in ihr Team beordert. Hätte Alice ein Mitspracherecht gehabt, diese Flubberwürmer hätten keine einzige Prüfung bestanden! Aber in Zeiten wie diesen nahm das Ministerium, was es kriegen konnte. Und sie musste sich dem fügen, wie jeder beschissenen anderen Sache auch. Manchmal dachte sie ans Aufhören. Ohne Aufforderung begann sie ihrem Freund alles zu erzählen.

»Ein Spion hat unserer Zentrale letzte Woche gesteckt, dass den Todessern langsam das Gestaltwandlergift ausgeht. Viele dieser Zutaten sammeln sie sich in anderen Ländern zusammen, doch für die seltenen Hörner eines Einhorns und deren Verarbeitung ist unser Bobbin bekannt.« Albus nickte, doch er sah sie nicht an. Der Familie Bobbin gehörte schon seit Generationen die Apotheke in der Winkelgasse. »Bobbin hat sich große Sorgen gemacht, weshalb Scamander, Wood und ich die letzten Nächte Wache gehalten haben. Jedenfalls … heute morgen kamen sie dann.« Unwillkürlich erschauerte sie und ballte die zierlichen Hände zu Fäusten. »Wir waren ihnen unterlegen, jedenfalls hatte ich es irgendwann mit zehn Todessern zu tun, weil die Flubberw… Scamander und Wood sich schnell ausgeklinkt haben. Ich hatte keine Chance. Sie haben den Laden leergeräumt und Bobbin entführt«, schloss sie niedergeschlagen.

»Warum haben sie ihn entführt?«, stellte Albus die Frage, welche ihr selbst keine Ruhe mehr ließ. Alice hatte eine schwerwiegende Vermutung, doch allein der Gedanke an die bloße Möglichkeit hinterließ schon einen bitteren Geschmack auf ihrer Zunge. Sie vergrub resignierend den Kopf in den Händen. Wenigstens hatten sie Bobbins Frau und seine Kinder verschont, das war es, wofür sie dankbar sein sollte. Aber sie hatten ihn verschleppt!

»Die Todesser haben ihre Beute anders sortiert als sonst. Normalerweise kippen sie alles zusammen und hauen wieder ab. Doch heute Morgen hatte das Ganze ein System, Al. Zwei Säcke, in dem einen waren die Hörner und etwaige andere Zutaten, wie es Bobbin erwartet hat, aber in den anderen füllten sie seine beruhigenden Mixturen und Tränke.«

Alice warf Albus einen bedeutungsschweren Blick zu, doch der Potter kräuselte nur nachdenklich die Stirn und rieb sich das Kinn.

»Ich hab die Vermutung, dass sie das ganze Zeug und Bobbin nur aus einem Grund mitgenommen haben«, flüsterte sie leise und schwang kraftlos ihren Zauberstab durch die Luft. Ein Buch befreite sich aus dem riesigen Bücherregal und flog in ihren Schoß. Alice schlug es auf und zeigte dann Albus eine Seite in dem Kräuterkundebuch, die ihm begreiflich machen sollte, worauf sich ihre Theorie stützte. Doch offenbar hatte der Potter jegliches Wissen bezüglich Zaubertränken und Kräutern nach der Schule gelöscht.

»Vielleicht ist sie schwanger, Al. Das würde die Mitnahme aller anderen speziellen Mixturen erklären. Sie kennt Bobbin gut, er ist ihr sicherlich angenehmer, als wenn die Todesser einen x-beliebigen Heiler angebracht hätten. Bobbin versteht sein Fach«, murmelte sie vorsichtig und sah, wie aus seinem Gesicht jegliche Farbe wich.

»Und ich Gnom schicke meinem Vater die Nachricht, dass er sofort herkommen soll!«, rief Albus bestürzt und die Vorstellung, seinem Vater neuerlichen Kummer zu bereiten, trug nicht zum Wohle seiner Gesichtsfarbe bei. Alice seufzte und schlug das Buch rasch zu.

»Das ist nur eine Vermutung«, wiederholte sie und stand dann auf, nur um ihn auf die Couch zu schubsen und sich auf ihn zu legen. »Aber brillant.«

Er hielt sie fest und Alice schloss versuchsweise die Augen, nur um schon bald zu spüren, wie ihre Sinne ihr entglitten.

»Ich muss dir noch was sagen«, flüsterte Albus abrupt und riss sie aus dem verführerischen Schlummer. Bei Dumbledores Grab! Wieso konnte ihr niemand auf der Welt Ruhe gönnen?

»Was?«, knurrte sie launisch. Wenn das Folgende nicht wichtig wäre, dann würde sie ihn- »Hab Avery getötet und nun steht auf meinen Kopf höchstwahrscheinlich die freie Jagd. Du hast nicht zufällig die Todesser draußen bemerkt?«

Alice riss den Kopf hoch und blickte ihm nur ungläubig in die grünen Augen. »WAS?«, keifte sie hysterisch und wollte schon aufspringen, doch er hielt sie zurück und zog sie nur fester in seinen Griff. Alice‘ Nasenflügel bebten gefährlich, als er sein charmantestes Potter Lächeln aufsetzte – sie wusste genau, was folgen würde. »Ich liebe dich, Alice.«

»Scher dich zum Teufel, Potter«, erwiderte sie zähneknirschend, doch jeglicher Versuch, sich zu befreien, misslang ihr kläglich. Bis ihre Glieder erschlafften und ihre Wut verpuffte. Sie war einfach zu müde, da tat es eine Extraportion Adrenalin auch nicht.

»Und was machen wir jetzt?«, fragte sie gereizt, doch anstelle ihr zu antworten, verschloss er seine Lippen mit ihren.
 


 


 

~
 


 

Scorpius Malfoy hatte sie unzählige Male gefragt, ob sie ihn heiraten wolle. Okay, dreimal, doch selbst das erwartete man nicht von einem Malfoy, der evolutionsmäßig keine Niederlagen verkraftete. Aber irgendetwas in ihr hatte sie stets davon abgehalten, einfach ja zu sagen. Nicht weil Rose ihn nicht liebte, nein, vielleicht weil sie ihn zu sehr liebte. Jedenfalls entspräche diese Variante ihrer weasley’schen Logik, bedachte man, dass sie in Liebesdingen stets falsch entschied. Rose betrachtete eingehend ihr Glas mit Elfenwein, ehe sie den Alkohol in einem Zug hinunterkippte. Mittlerweile lag die Möglichkeit nicht mehr fern, dass sie allein sterben würde, was ihr in anderer Situation eine Warnung gewesen wäre, doch endlich den alkoholischen Getränken zu entsagen, die ihre Wirkung mit der prallen Mittagssonne auf malfoy’scher Terrasse noch schneller entfalteten – doch nicht an diesem Tag. Wenn sie sich blamierte, dann richtig. Ohnehin hatte sie schon verloren, wie sie fand, immerhin saß sie an dieser ellenlangen und zumal leeren Tafel ausgerechnet ihrem … Exfreund (das alles widerte sie an und kam ihr ganz und gar falsch vor) gegenüber, der offensichtlich - sie beobachtete ihn genau, denn sie war masochistisch veranlagt – nur noch Augen für Rachel Silverstone hatte. Ganz zu Draco Malfoys Freude, wie dieser bewies, indem er der jungen Frau großes Interesse zuteil werden ließ. Rose war immer die gewesen, die Draco noch mehr zur Weißglut gebracht hatte als seine eigene Tochter, indem sie schlichtweg war wie sie nun einmal war. Rose Weasley. Das allein war schon falsch, wenn man ihren Namen und die ewige Feindschaft ihrer Familien bedachte, die sich seit Linas Geburt jedoch zunehmend entspannt hatte. Lina war ihr Puffer gewesen, hatte Draco gezähmt und manches Mal hatten sie sogar alle gemeinsam lachen können. Rose glaubte jedoch, dass ihre langsam tauende Beziehung zu Draco mit Rachel wieder eingefroren war. Denn Rachel war die Rose 2.0 – erfolgreich, stilvoll, charmant und ohne neun Monate Schwangerschaft. Mit rotem Haar und einer unverschämt grazilen Silhouette. Aus Bitterkeit fand auch der nächste teure Tropfen Elfenwein in Rose‘ Kehle, woraufhin Astoria ihr unter dem Tisch einen kräftigen Tritt verpasste und einen Blick, der selbst Voldemort Respekt eingeflößt hätte. Dementsprechend bemühte sich Rose, nicht weiter in Depressionen zu verfallen, sondern dem Gespräch etwas mehr ihrer Aufmerksamkeit zu widmen.
 

»Sie haben ein wunderschönes Anwesen. Ich kann Scorpius‘ Schwärmerei wirklich vollends verstehen, Großbritannien ist traumhaft.« Rose schluckte und verbiss sich die Frage, ob Rachel denn auch von den Terroranschlägen wusste, mit denen man jeden Tag rechnen musste und die Großbritannien neuerdings in der Welt in einem ganz anderen Licht erstrahlen ließen. Und sie verbiss sich gleichwohl altklug darauf hinzuweisen, dass Malfoy Manor nicht gleich Großbritannien war. »Mir gefällt die Idylle hier am besten«, sagte Imogene ungewohnt höflich und lächelte Rachel über den Tisch hinweg freundlich an, was diese beinahe erleichtert zur Kenntnis nahm. Rose allerdings kannte Imogene besser. Und Scorpius auch, wie er offenbarte, als er gar überrascht, wenn auch wartend eine Augenbraue hob und die Augen von Rachel nahm, um sie skeptisch auf seine Schwester zu richten.

»Ich meine, hier ist es so ruhig. Keine Bombardements wie in London, kein Leichengestank und keine zwielichtigen Gestalten. Hier gibt es kein Elend oder Blut von Opfern, das vom Himmel regnet, weil die Todesser sich einen Spaß erlauben. Hier gibt es auch keine Muggelverbrennungen oder diese schweißige Hitze, die in dir hochkocht, wenn dich Todesflüche verfolgen. Malfoy Manor ist nicht Großbritannien, Rachel«, beendete Imogene nachdrücklich und Scorpius räusperte sich und schenkte ihr einen feindseligen Blick.

»Du machst Lina Angst«, sagte er mit gefährlichem Unterton, doch Imogene zuckte nur mit den Schultern.

»Falsch. Deine Tochter ist nämlich mit der Realität vertraut, wir schummeln ihr keine heile Welt vor, nur weil sie noch klein ist! Was du wüsstest, wenn du nicht ständig nach Amerika gereist wärst, um … ja, was eigentlich? Frauen aufzureißen?« Imogene wusste seit jeher, wie sie ihren Bruder am besten provozierte und manches Mal, so fand Rose, ging sie dabei zu weit. Die Luft knisterte gefährlich während des folgenden stumm ausgetragenen Blickkrieges und schließlich war es Rose selbst, die sich mit einem Seufzen erbarmte, den Streit zu schlichten.

»Also ich finde die USA viel beeindruckender als Großbritannien. Auf welcher Schule warst du, Rachel?«, fragte sie entgegenkommend und zwang sich zu einem strahlenden Lächeln. Wieder rann sichtbare Erleichterung über das unverschämt schöne Gesicht mit dem Porzellanteint, bevor Rachel antwortete, nicht ohne jedoch Imogene dabei zu mustern. Und für einen Moment war es Rose, als mische sich in Rachels Blick neben der Neugierde auch eine gewisse Feindseligkeit. Dabei passte ein Hang zur Animosität so rein gar nicht in Rachels Erscheinung.

»Ich war in Bellerbys, habe aber auch ein Jahr in Salem in Deutschland verbracht. Danach habe ich in New York Internationale Beziehungen zwischen den Zauberergemeinschaften studiert und mein Wissen auf die Beziehungen unserer Gemeinschaft zu denen der Muggel spezialisiert, um in diesem Bereich arbeiten zu können. Das Ministerium hat mich allerdings dem Internationalen Büro für Magisches Recht empfohlen, in dem ich nun vorläufig arbeite. Ich fürchte, in diesem Bereich sind ein paar Reformen nötig.« Rachel verdrehte die tiefseegründen Augen und Rose schluckte, obgleich sie registrierte, dass wenigstens die Augenfarbe nicht mit ihrer übereinstimmte. Jenes besagte Büro hatte ihre Mutter vor langer Zeit eigens reformiert, selbst wenn sie heute in einem anderen Bereich des Zaubereiministeriums arbeitete – Reformen im Magischen Recht kamen immer auf den Tisch ihrer Mutter. Es stand ganz außer Frage, dass Hermione es Rachel schön schwer machen würde, insofern ihre verzweifelte Tochter nur darum bat. O ja, vielleicht war das teuflisch, aber Rose genoss den Gedanken enorm.

»Die Ausbildung in New York ist nur den Besten vorbehalten, die gleichsam noch die nötigen Galleonen besitzen«, sagte Draco Malfoy beeindruckt, »aber die Silverstones gehören in Amerika seit Urzeiten zur Elite, also wem sag ich das?« Rachel lachte glockenhell auf und Rose unterdrückte den Drang, einen unglaubwürdigen Blick mit Imogene zu tauschen, die das mit ziemlicher Sicherheit auch als lächerlich einstufte. Draco Malfoy hatte jemanden außerhalb seiner Familie (Rose gehörte nicht zur Familie) gefunden, den er leiden konnte. Bei Merlins Barte!

»Ich habe mich immer sehr angestrengt und die Schule als auch das Studium mit Bestnoten beendet. Ich habe mich nicht unterkriegen lassen und auf jeglichen Spaß verzichtet. Der Buddhismus hat mir dabei ungemein geholfen. Allgemein das Interesse an Muggeln – ohne geht es nämlich nicht. Es war nicht einfach, aber wenn ich etwas will, dann lasse ich mich nicht von meinem Ziel abbringen bis ich es endlich erreicht habe. Dafür geht eine Silverstone schon mal aufs Ganze.« Rose glaubte eine unterschwellige Drohung aus diesen Worten herauszuhören. Nichtsdestotrotz konnte sie nicht anders, als zunächst Rachel selbst und dann Scorpius einen langen Blick voller Ungläubigkeit zu schenken.

»Im Kindergarten haben wir dafür einen Namen-«, schaltete sich Lina unvermittelt in die Konversation mit ein, »wir nennen das Streber.«
 

Daraufhin legte sich für einige Sekunden eine Grabesstille über den Tisch, bis Imogene ungehalten losprustete und Rose nicht anders konnte als aus Müdigkeit und Trunkenheit und verletztem Selbstwertgefühl mit einzustimmen. In diesem Moment war sie noch stolzer auf ihre Tochter als ohnehin schon. Astoria schmunzelte, während Draco offenbar das erste Mal registrierte, wessen Tochter seine Enkelin war. Rose vermutete, dass er dem Fauxpas eines Kleinkindes auf die Weasleygene schob. Rachel wirkte im ersten Moment verwirrt, erwiderte dann jedoch Scorpius‘ Grinsen. Etwas, das Rose‘ Herz splittern ließ. Nur ganz leicht, aber nachhaltig.

»Wie lange seid ihr nun eigentlich schon zusammen?«, fragte Astoria um das Thema zu wechseln und mit einem gar hoffnungsvollen Unterton in der Stimme, der Rose an den Plan erinnerte, den die Malfoy ausgeheckt hatte und der darauf abzielte, dass Rose Scorpius ihre Gefühle gestand. Und dass sie es noch einmal versuchen wolle. Einen Teufel würde sie! Eher begebe sie sich freiwillig in Mephistos Hände!

»Wir haben uns kurz vor Weihnachten kennengelernt und es hat sofort gefunkt«, erzählte Rachel strahlend und Rose stockte der Atem. Ihre Augen huschten zu Scorpius und einen kurzen Moment strich sein Blick auch über sie, was genügte, um Rose zu ermöglichen, darin zu lesen. Und was sie sah war Unbehaglichkeit. Ertappt! Wut flammte in ihr auf, als ihr mit einem Mal die gnadenlose Mittagssonne auf die blanken Arme stach … sie hatten August! August! Und dieser Ork von einem Malfoy hatte seine Sabberhexe im letzten Dezember kennengelernt? Vor Weihnachten? Bevor… -

»An Weihnachten war Papa aber bei uns und hat in Mamas Bett geschlafen«, piepste Lina und zog die Augenbrauen hoch, als hätte sie Rachel einer Lüge überführt. Alle Anwesenden erstarrten unisono, nur Imogene verschluckte sich an einem Lachspastetchen und bekam einen Hustenanfall, in den sich jedoch immer wieder ein Lachen mischte.

»Wir haben uns davor kennengelernt«, betonte Rachel langsam und ihre Stimme verlor sich. Sie betrachtete Lina einige Augenblicke lang, ehe sie lächelte. »Du bist witzig. Wir werden bestimmt viel Spaß haben. Möchtest du deinen Dad und mich nicht mal besuchen kommen? Dann könnten wir in den Zoo gehen?«

Lina blinzelte skeptisch, ehe sie fragend den Kopf zu Rose drehte und offenbar deren Reaktion abwartete. Rose wiederum, die kurz vorm Explodieren stand und mit dem Gedanken spielte, Scorpius zu avadan, bemühte sich um ein nonchalantes Gesicht, als sie den Blick ihrer Tochter spürte.

»Wenn du darauf Lust hast, dann kannst du das tun, Lina«, sagte sie lächelnd und die Kleine seufzte, ehe sie zu Rachel zurückblinzelte.

»Ja, den Zoo mag ich. Aber ich habe auch Verpflichtungen im Kindergarten. Du als Streber müsstest das wissen«, sagte Lina ernst und Rose gab ihrem kleinen Glücksbringer einen Kuss. Wenn sie Lina nicht hätte - Scorpius Malfoy wäre ein toter Mann.
 

»Ich will das ganze Szenario ja nicht sprengen«, schaltete sich Imogene ein, ehe Rachel höchstwahrscheinlich ihrer Freude über Linas Aussage wortreich kund getan hätte, »aber dass James nicht gekommen ist, beunruhigt mich. Und dass auch sonst keiner der Aurorenzentrale hier ist, lässt mich einfach mal schließen, dass irgendwas vorgefallen ist, also bitte Mum!«

»Aber das hat doch nicht zwangsläufig zu bedeuten, dass- «, setzte Astoria an, doch Scorpius unterbrach sie.

»Wahrscheinlich hat sie Recht, Mutter. Ich sollte auch mal im Hauptquartier vorbeischauen, außerdem muss ich mit Al sprechen.«

»Apropos Al – der hat Dreck am Stecken«, verkündete Imogene schlicht, als sie sich anmutig erhob, und für einen kurzen Moment sah Rose Sorge in Scorpius Blick aufflackern. »Er hat Avery gekillt.«

Rose verschluckte sich an dem letzten Tropfen Elfenwein und blickte entgeistert zu der jungen Malfoy empor.

»Und das erzählst du erst jetzt?«, rief sie empört, doch Imogene schenkte ihr nur einen Blick, der die junge Weasley wissen ließ, dass sie mit den Neuigkeiten an anderer Stelle nicht besser hätte umgehen können. (Zum Beispiel als sie die Vorstellung ihres Exfreundes mit einer Neuen beinahe wahnsinnig gemacht hätte, obgleich dem noch kein Abbruch getan war.)

Imogenes Gefluche schallte klar und deutlich durch Malfoy Manor, als die junge Hexe ihrem Ärger darüber Luft machte, die drei Kilometer bis zum Tor sprinten zu müssen, nur um endlich apparieren zu können. Doch vielmehr war es die Sorge um James, die Rose glaubte beharrlich herauszuhören. Scorpius wiederum hatte die Ruhe weg, selbst wenn sein Bestreben mit Albus zu reden, umso dringlicher wurde. Als Rose ihrer Tochter gerade die Jacke überziehen wollte, richtete er sich beinahe zögerlich an sie.

»Kann ich mal kurz unter vier Augen mit dir reden?«, fragte er und es verstand sich von selbst, dass er keine Ausflüchte duldete.

In einem Arbeitszimmer, das noch vermehrt an ein Malfoy Manor ohne helle Farben und reine Seelen erinnerte, schloss Scorpius schließlich die Tür hinter sich und sah Rose forschend an.

»Wie findest du sie?« Rose verspürte den Drang, laut loszulachen, rief sich aber zur Contenance. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und ihr Blick wanderte über seine Gestalt.

»Rachel ist nett«, sagte sie wahrheitsgemäß und ignorierte das Ziehen in ihrer Brust. Rachel war wirklich nett. Aber Rose fand trotzdessen nicht, dass sie die geeignete Person für eine solche Konversation war. Jeder hätte nachvollziehen können, weshalb sie Rachel hasste, selbst wenn sie es nicht unbedingt tat.

»Dann ist es doch bestimmt in Ordnung, wenn Lina erstmal eine Weile hierbleiben würde, oder?«

Rose zog eine Augenbraue in die Höhe und auf ihr Gesicht schlich sich leichte Fassungslosigkeit. »Wie bitte?«

»Du siehst fertig aus, Rose. Und ich will dich nun, da ich wieder zurück bin, ein bisschen entlasten«, er vergrub nonchalant die Hände in den Hosentaschen und zuckte mit den Schultern, »Ich weiß ja, was du die letzten Monate alles geleistet hast. Vor allem seit sich die Situation im St. Mungo so zugespitzt hat. Vater hat mir von deinen Überstunden erzählt und ich finde, du solltest dir ein paar Tage nur für dich gönnen.«

»Ich brauch deine Hilfe nicht, Scorpius«, sagte Rose schlicht und mit Grauen bedachte sie die Vorstellung, Rachel spiele Ersatzmama für ihre Tochter. Das war etwas, das gründlicher Überlegung bedurfte, und soweit dies zu akzeptieren war sie einfach noch nicht. Wahrscheinlich würde sie es nie sein.

»Meine Eltern dürfen sich um Lina kümmern, nur ich als Vater darf es nicht?« Rose schnalzte mit der Zunge und mit einem Mal kam ihr der mit Bücherregalen verkleidete Raum schrecklich erdrückend vor. Höchstwahrscheinlich das einladende Arbeitszimmer des altehrwürdigen Lucius Malfoy, Merlin habe ihn selig, dachte die Rothaarige zynisch.

»Du kannst dich um sie kümmern«, räumte sie schließlich ein und wurde das Gefühl nicht los, sich selbst belogen zu haben. Aber irgendwann hatte sie aufgehört, die Streitigkeiten zwischen ihnen zu provozieren und anzuheizen. Vielleicht mit einer Portion Schlaf hätte sie die Kraft gefunden, Scorpius die Stirn zu bieten. Aber so konnte sie nur verlieren. Ein zufriedenes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, das Rose nur müde erwiderte. »Ich bring sie dir morgen Abend zurück.« »Sie muss in den Kindergarten, vergiss das nicht«, erwiderte Rose nur argwöhnisch und musterte den Lebemann, zu dem es durchaus passen würde, wenn er ihre Tochter außer Landes führe. Nur weil er es konnte. Sie wusste nicht, warum sie ihn liebte. Aber vor allem wusste sie nicht, warum sie sich ständig selbst belog.
 


 


 

~
 


 

Harry atmete tief aus, ehe er den Blick hob und reihum alle Verbliebenen an der langen Tafel musterte. Nur selten kam es vor, dass er um eine Audienz zu solch unnatürlicher Zeit bat, denn normalerweise verliefen die Treffen des Ordens in kleineren Kreisen und konzentrierten sich auf die Mitglieder, die sich intensiv mit jeweiliger Aufgabe befassten. Doch der heutige Tag mit all seinen wenigen Stunden, die Harry trotzdessen einer Qual gleichgekommen waren, hatte etwas Unaufhaltsames ausgelöst, dem er nicht gefeit war, sich zu entziehen. Sein Kopf schmerzte und die Narbe auf seiner Stirn brannte höllisch, doch das waren in ihrer Zeit nicht unübliche Wehwehchen. Zumeist kündigte die Narbe ihm an, dass sich ihnen ein weiterer Angriff näherte. Doch gleichsam zog er in Erwägung, dass es die neusten Vorkommnisse waren, die ihn zusammen mit schlaflosen Nächten versuchten, zu linken. Mit Sicherheit würde er eines Tages den Verstand verlieren, bedachte er schlicht, als er mit dem Zauberstab auf den Tisch klopfte und sogleich jedes noch so leise getauschte Wort erstarb.

»Es ist etwas geschehen, das euch alle betrifft«, eröffnete er die Sitzung müde und als eine Kerze nahe seiner Gestalt entlang schwebte, erkannten die Ordensmitglieder den Schmerz, der sich durch die Furchen seines Gesichts grub und ihn dieser Tage älter wirken ließ, als Harry Potter eigentlich war. Sie trafen sich stets in stickigen, fensterlosen Räumen unter der Erde, viele Treppen unter ihrem Hauptquartier.

»Seamus Finnigen, von vielen guter Freund und tapferes Ordensmitglied, wurde heute in den frühen Morgenstunden ermordet.« Sogleich erhob sich ein ungläubiges Raunen in den Reihen des Phönixordens und erschrockene Gesichter blickten zu Harry empor. Man möge meinen, der Tod träfe sie nach all den Opfern der letzten Jahre nicht mehr, doch er wurde eines Besseren belehrt. Nur wenige blieben ganz stumm und zeigten keinerlei Regung, nur eine Handvoll war so abgestumpft nicht einmal mehr mit der Wimper zu zucken. Er verurteilte sie nicht. Ginny hingegen tat es, wie er wusste, als seine grünen Augen zu den Menschen flackerten, die nicht am Tisch selbst Platz genommen hatten, sondern die kühlen Steinwände flankierten. Ginny. Ron und Hermione. George und Angelina, wie er missmutig registrierte. Er hatte sie herbestellt, obgleich er wusste, wie viel sie mit ihrem Laden zutun hatten. Doch es ging sie alle etwas an.

»Aber wir haben um den Verbleib eines verlorenen Sohnes erfahren«, fügte er leise hinzu und dennoch durchbrachen seine Worte eine neue Barriere der Fassungslosigkeit.

Das war der Moment, in dem Roxanne Weasley erstmals von ihren fein manikürten Fingernägeln aufsah. Ein Funken Interesse erklomm ihre Augen. Es gab nicht wenige verlorene Söhne und Töchter, die auf die Dunkle Seite gewechselt waren, doch die Bekanntesten waren ihr eigener Bruder Fred und Lily Potter. Zudem verriet ihr Instinkt der jungen Frau unheilverkündend, dass Harry normalerweise nicht derart zögernd Worte formte. Ihre dunklen Augen huschten aufgeregt hinüber zu ihren Eltern, die sich an den Händen hielten und ausdruckslos in gegensätzliche Richtungen stierten. Warum war es ihr denn nicht gleich aufgefallen? Roxanne ohrfeigte sich gedanklich, ehe sie ihr wild klopfendes Herz zur Ruhe sann. Der süßliche Geschmack der Erkenntnis war greifbar, sodass sie sich unwillkürlich gierig ein bisschen über den Tisch lehnte. Herausfordernd hielt sie dem Blick ihres Onkels stand, als dieser ihren kreuzte. Sie sah Unbehagen darin aufflammen.

»Der Zauberstab und somit der Zauberer, der den Mord an Seamus Finnigen begangen hat, konnte erfolgreich von uns identifiziert werden. Sein Träger ist Fred Weasley«, seine Stimme verlor etwas an Kraft, doch die Offenbarung verfehlte nicht ihre Wirkung. Roxanne bemerkte aus den Augenwinkeln, wie ihre Mutter schluchzend zusammenbrach und ihr Dad Mühe hatte, sie auf den Beinen zu halten, doch ihr Blick war noch immer starr auf die kleine Anhöhe gerichtet, auf der sich Harry postiert hatte. Ihr Mund wurde ganz trocken und sie hasste kein Gefühl mehr als das solche, das in diesem Moment ihr Herz angriff. Sie schluckte und versuchte vergeblich die nötige Contenance zu wahren, spürte sie doch die Blicke der anderen, die ihren Körper zerstachen. Alle wollten sehen, wie die ansonsten so taffe und kluge und lebensfrohe Roxanne Weasley, der normalerweise kein noch so grausamer Mord das Fürchten lehrte, auseinanderbrach. Doch da hatten sie falsch gerechnet. Sie schlug die langen Beine übereinander und biss sich in die Innenseite ihrer Wange, sodass der Schmerz ihren Kummer überdeckte. Fred … wie sie ihn hasste.

»Die Vermutung wurde demzufolge bestätigt, dass Fred Weasley ein Todesser ist. Warum er ausgerechnet jetzt seine Identität offenbart und den Tatort mit offensichtlichen Spuren verlässt, ist uns unklar. Wir möchten Euch in dieser Angelegenheit um Hilfe bitten, denn es betrifft mehr als eine Seele. Seamus Finnigen wurde von Fred Weasley heute Morgen im Bloody Hag ermordet, er war dort«, Harry räusperte sich und wieder wanderte sein Blick zu seiner Frau hinüber, zu seinen Freunden, seiner Familie, »in Beisein meiner Nichte, Dominique Weasley, die seit längerer Zeit im Bloody Hag arbeitet. Im Moment fürchten wir um ihr Leben, da wir denken, dass Seamus vielleicht nur zur falschen Zeit am falschen Ort war. Dominique befindet sich momentan in großer Gefahr, doch verweigert jegliche Form von Hilfe, weswegen ich Eure bitte, mit mir nach einer Lösung zu suchen, wie sich weiteres Unglück vermeiden lässt.«

»Eine Hure ist nicht des Rettens wert«, rief ein alter Mann am Ende des Tisches, dessen Name Roxanne entfallen war. »Du würdest dich nicht um sie scheren, wenn sie nicht deine Nichte wäre.«

Zustimmendes Gemurmel erhob sich, der die schwächlichen Worte des Protests niederrang. Roxanne musterte gleichgültig die Gesichter all derer, die dieses eine Mal kein Verständnis für Harry Potter aufzubringen vermochten, wohl weil sie selber viele Verluste zu ertragen gehabt hatten. Doch wer hatte die nicht? Sie strich sich eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht, ehe sie die Stimme erhob.

»Ich heuer im Bloody Hag an und hab ein Auge auf Dominique, Onkel Harry, das wird dich höchstens noch zwei Mann kosten, die ab und zu mein Etablissement besuchen, sodass meine Rolle möglichst glaubwürdig erscheint.«

Die nachfolgende Grabesstille rang ihr ein kleines Lächeln ab. Verblüffung glänzte in den Augen vieler, wusste sie doch, wessen Schwester sie war. Fragten sie sich nun vielmehr, auf welcher Seite sie wirklich stand.

»Machen wir doch gerne«, rief Lysander Scamander quer über den Tisch und prostete ihr zwinkernd zu. Sein bester Freund Tony Wood betrachtete sie nur vollkommen überwältigt – etwas, dass sie wohlwollend zur Kenntnis genommen hätte, wüsste Roxanne nicht allzu gut aus den Erzählungen ihrer Freundin Alice, was für Taugenichtse die beiden wirklich waren. Darum verdrehte sie nur die Augen und setzte eine möglichst gleichgültige Miene auf, als sie Harrys Antwort erwartete.

»Ich hoffe, du bist dir der Gefahren bewusst«, sagte er nachdrücklich und Roxanne lächelte, blendete das Schluchzen ihrer Mutter aus und faltete die manikürten Hände. Sie würde Fred umbringen – komme, was da wollte!
 


 


 

~
 


 

Sie spürte ihn, bevor sie ihn sah. Er war ganz nah, verdammt nah. Zu nah, wenn es nach ihrem Geschmack ging. Und um Stunden zu früh, vielleicht aber auch um Jahre zu spät. Denn wenn für Dominique Delacour eines festgestanden hatte, als sie ihr erstes Leben zurückließ, dann war es der simple Umstand gewesen, ihn nie wieder sehen zu müssen. Da sie jahrelang an diesem Gedanken festgehalten hatte, warf sie nun auch die Möglichkeit der direkten Konfrontation vollkommen aus der Bahn. Eine bleierne Übelkeit erklomm ihre Kehle, als sie die gut besuchte Winkelgasse zurückließ und in die Nokturngasse einbog. Mit dem Lärm erstarben auch die Blicke neugieriger Passanten, die ihr stets folgten. Im ersten Moment wurden sie von ihrer Schönheit geblendet, doch mit dem zweiten Wimpernschlag schreckten sie vor ihr zurück, erkannten, was sie war und verabscheuten es. Jedoch tat Dominique auch nicht sonderlich viel, um zu verbergen, dass sie ein Freudenmädchen war. Man sah es an ihrer aufreizenden Kleidung, an zu viel nackter Haut und den sündhaft hohen Heels, an ihrem Gang, ihren blutroten Lippen, an den zumeist unordentlichen, langen blonden Haaren und dem abgebrühten Blick. Sie führte kein normales Leben, also warum hätte sie es vortäuschen sollen? Andere Menschen waren ihr ohnehin egal.

Da war etwas gewesen mit Fred. Ihrem Cousin. Diesem Bastard, der ihr die Behörden auf den Hals gehetzt hatte, indem er einen Mann in ihrem Bett ermordet hatte. Dominique warf einen Blick über die Schulter und zu ihrer Erleichterung sah sie niemanden folgen, obgleich sie das ungute Gefühl nicht gänzlich losließ. Er war da und es war nicht die eigene Paranoia, die ihr dieses Geheimnis verriet.

Da war etwas gewesen, wenn auch nicht auf körperlicher Ebene.

Irgendwann gegen Ende des siebten Schuljahres hatte Dominique begonnen, sich zu verändern. Zum Positiven würden es viele nennen, denn das erste Mal in ihrem Leben hatte sie sich nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere interessiert. Für ihre Familie. Und für Fred, seltsamerweise. Fred. Der Name brannte ihr Tränen ins Herz. Er hatte sie zurückgewiesen. Als Menschen, nicht als Geliebte. An letztere Variante hatte sie erst viel später gedacht, als er längst fort war und verloren. Als sie versucht hatte, sich selbst zu therapieren. Dominique glaubte jedoch, dass er sie nie als solche gesehen hatte, vielleicht auch nie als Menschen. Aber als sie damals anfing, seine Veränderung zu bemerken und den Drang verspürt hatte, ihn zurückzuholen, da war es schon zu spät gewesen. Es hatte einfach nie in ihrer Macht gestanden. Albus und Alice hätten es vielleicht gekonnt, doch sie war vollkommen hilflos gewesen.

Sie glaubte nicht, dass sie ihm je etwas bedeutet hatte. Er hatte sie ja zurückgewiesen, als sie ihn hatte retten wollen. Er hatte mit ihrer damaligen Erzfeindin Jane Seymour gevögelt, sich von ihr und den Slytherins und Grindelwald einlullen lassen.

Aber dennoch war da etwas gewesen und ein erschreckend großer Teil in Dominique hielt an eben jenem Gefühl fest. Obgleich die Erinnerung daran schwand und bei Weitem weniger intensiv war als am Anfang. Da war etwas gewesen. Eine seltsame Chemie. Anziehung. Sie konnte es nicht definieren, doch es hatte ihr Herz durchdrungen.

Dominique fuhr sich durch das Haar und warf einen erneuten Blick über die Schulter, ehe sie die Tür zur Bloody Hag aufstieß und durch den gut besuchten Pub eilte, geradewegs auf die Treppen zu, welche in die oberen Zimmer führte. Eben dahin, wo man für das Vergnügen ordentlich zahlte. Mit Abstand war sie das schönste Freudenmädchen, weshalb sie stets den Neid ihrer Kolleginnen zu spüren bekam. Doch dafür war die Gunst ihrer Freier umso größer. In einer Gesellschaft, die langsam zerfiel, war ein gutes Standbein die Existenzgrundlage. Und Dominique hatte sich auf der dunklen Seite einen Namen gemacht, was wiederum mit gewissen Vorteilen einherging – denn wenn man viele Anfragen bekam, dann hatte man die freie Wahl. Der tote Fettsack vom Morgen – Finnigan – war eine regelmäßige Ausnahme gewesen, immerhin hatte er gut gezahlt. Sonst besuchten sie – Merlin sei Dank – jüngere Männer, manches Mal Todesser, wie sie vermutete und was sie schlicht gegenüber Harry, Ron und dem nerv tötenden James verschwiegen hatte. Dieses Zugeständnis hätte ihr ohnehin nur weitere Probleme eingebracht.
 

Als sie die Treppen erklomm und dann den engen Gang zu ihrem Zimmer entlangeilte, trafen sie die verächtlichen Blicke der anderen Mädchen, die herumlungerten und nichts mit sich anzufangen wussten, aber Dominique ignorierte sie alle gekonnt. Irgendwann hätte sie ohnehin genug Geld zusammen, um einfach abzuhauen. Es hielt sie immerhin nichts an diesem Ort, nicht wirklich jedenfalls. Unwillkürlich dachte sie daran, wie dünn ihre Luft tatsächlich würde, wenn Fred sich wieder in ihr Leben schlich.

Ein Gefühl von Erleichterung durchströmte ihren Körper, als sie ihre Zimmertür hinter sich schloss und sich langsam auf das kreisrunde Polster vor ihrem Frisierspiegel niederließ. Sie streifte sich die Schuhe von den Füßen und griff nach der Haarbürste, um sie über ihre blonde Mähne streicheln zu lassen. Es war noch früh, gerade einmal um die Mittagszeit; in den nächsten Stunden hatte sie ihre Ruhe. Ihre blauen Augen wanderten über ihre reizendes Äußeres, ehe sie der Anblick langweilte und beinahe paranoide Wimpernschläge durch das Zimmer huschten.

Da war etwas. Sie spürte die Magie und die mächtige Aura ließ ihr Herz frösteln. Ihr Zimmer war mit nur einem kleinen Fenster beseelt, das nur kläglich Tageslicht einließ, sodass ein Teil des Raumes in beständiger Dunkelheit versank. Ihr Blick bohrte sich in das Dunkel der Ecke hinter dem großen Bett, in dem schon so viele unappetitliche Seelen genächtigt hatten. Doch die Möglichkeit bestand gleichwohl, dass der Spiegel ihre verräterische Streiche spielte. Ohne dass sie es realisiert hatte, war ihre Hand beim Bürsten verharrt. Sie wusste nicht einmal, wie lange sie gestiert und dieses ungute Gefühl zugelassen hatte. Doch dann besann sie sich zur Contenance, wand den Blick ab und begann in ihrer Schmuckschatulle nach dem Ring zu kramen, den Finnigen ihr vor einiger Zeit geschenkt hatte und den sie nicht hatte tragen wollen, solange er lebte. Nun, das hatte sich ja erledigt und das Schmuckstück hatte von gutem Geschmack gezeugt.

»Hey Dominique.« Die Stimme, so kalt wie Eis und scharf wie eine gewetzte Klinge, zerbrach die wohlige Stille und sie erstarrte augenblicklich. Langsam sah sie auf und in den Spiegel. Hinter ihr am Bettpfosten lehnte eine große, in schwarz gekleidete Gestalt, die Hände in den Hosentaschen vergraben und zunächst von dem einfallenden Lichtzirkel unkenntlich gemacht. Doch als sich ihr Blick schärfte, da sah sie jeden einzelnen seiner Züge unglaublich klar und mit diesem Anblick zersplitterte ihr Herz. Ein spöttisches Grinsen schlich sich auf sein Gesicht und raunte eine maligne Lähmung durch ihre Glieder.

»Was nimmst du so die Nacht?«
 


 


 

~ tbc
 



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Kommentare zu dieser Fanfic (48)
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Von:  Tsumikara
2016-09-23T17:52:28+00:00 23.09.2016 19:52
Ich habe erst jetzt gesehen, dass das hier die Weiterführung zu der ff Accidentally in Love ist....T.T ich kann einfach nicht glauben, dass Malfoy Rose verlassen hat, nur weil sie ihn nicht heiraten wollte. Und das aus einem berechtigten Grund!

Bitte, bitte schreib weiter. Mein Herz rast einfach nur gerade und ich muss wissen, ob die beiden wieder zusammen kommen. Ich bin nämlich ein riesiger ScorpioxRose-Fan *_* bitte lass sie wieder zusammen kommen D':
Von:  LucyCameronWeasley
2013-09-21T22:19:15+00:00 22.09.2013 00:19
Bitte, bitte, bitte schreib weiter!
Du kannst uns nicht so verharren los. Nicht so. Das ist grausam. Ich muss wissen wie es weitergeht. D:
Von:  Mismar
2011-08-18T10:23:18+00:00 18.08.2011 12:23
Ich fand den Prolog recht gut
hat mir besonders vom Stil her gefallen und auch der Sarkasmus der Personen lässt mich tatsächlich schmunzeln
Von:  Dahlie
2011-06-09T07:03:51+00:00 09.06.2011 09:03
Zum ersten Mal weiß ich so gar nicht was ich schreiben soll, ich bin schlichtweg... geflasht und du hast mich damit nun vollkommen umgehauen!

Zuerst einmal, wirklich! Tu was Schnie dir aufgetragen hat, also das mit dem Zettelchen. Ich meine, das Kapitel ist schlicht unwerfend genial! Richtig, richtig toll geworden! Vielleicht bist du auch nur unzufrieden, weil du dir wünschst breits weiter zu sein? ;)

Alice & Albus sind zusammen sehr süß und ich hoffe, dass sie auch weiterhin zu ihm hält, egal wie viel Mist er macht. Denn das ist wirkliche Liebe (und im Moment sind sie neben Imgogene & James die einzigen, wo man sich positiv dran festhalten kann) Es freut mich zudem sehr, das Alice vorausdenkt und sie nun einen kleinen Anhaltspunkt haben.

Lysander und Wood... es ist ZU amused, dass sie Volltrottel sind xD und wir alle wissen, dass Trottel sich meist zu sehr brauchbaren Persönchen entwickeln (denken wir an Neville) :) die Idee, dass Lysander mal nicht der Schlaue ist, ist göttlich. Irgendwie brichst du gerne Regeln, was?

Und wo wir gerade beim loben sind *_*
»Falsch. Deine Tochter ist nämlich mit der Realität vertraut, wir schummeln ihr keine heile Welt vor, nur weil sie noch klein ist! Was du wüsstest, wenn du nicht ständig nach Amerika gereist wärst, um … ja, was eigentlich? Frauen aufzureißen?« - tut mir leid, aber da muss ich Imogene vollkommen recht geben, ich finde Scorpius macht sich das alles ziemlich leicht. Natürlich ist es hart, wenn die Frau, die man liebt einen nicht heiraten will, aber dann steht die Frage nach dem warum und weshalb. Das was er tut empfinde ich als vollkommen falsch und ich hoffe, er sieht es ein. Mitleid habe ich nur mit Rosie, alleine weil sie wirklich viel arbeitet und es echt schwer hat, während er die Puppen tanzen lässt -_- von wegen feiner Malfoy.
Die Ehrlichkeit der kleinen Lina wird denke ich noch so manche Bomben entschärfen ;) zumindest hoffe ich das. Sie ist goldig! Kann man die kaufen?
Wie gesagt, es ist eine traurige Spannung zwischen Rose und Scorpius und ganz allmählich glaube ich, dass ihr wirklich erst etwas passieren muss, damit man wieder klar sieht. (und von dieser Vorstellung bin ich alles andere als abgeneigt)

Zu Roxanne...
du meinstest zu mir sie wird cool... im Moment finde ich sie alles andere also COOL! Natürlich mutig und so... aber ähm... sie will Fred umbringen... schon ein gewaltiger Minuspunkt, da du weißt, dass ich ihn liebe! Allerdings kann ich ihren Hass nach langen hin und her auch vollkommen verstehen. Er ist ihr Bruder, hat sie enttäuscht und ist schuld am Elend der Eltern... nun, ich bin gespannt wie und ob sie aufeinander treffen und was für eine Entwicklung Roxanne durchmacht. Allen voran bin ich sowieso gespannt, wie du Freds Handlen erklären willst, ob du es überhaupt erklärtst und so weiter.

Meine Lieblingsszene? Brauch ich wohl gar nicht erst zu erwähnen oder? Die Atmosphäre ist dir wunderbar gelungen <3 <3 <3 einfach wie im Film. Großes Kopfkino! Jetzt wissen wir was da zwischen ihnen war und ich finde deine Formulierungen herrlich! Einfach nur gelungen! Es war traurig, romantisch und melodramatisch zugleich! Doch das Beste war der letzte Satz, man möchte jetzt unweigerlich wissen wie es weiter geht und ich hoffe auf eine geballte Ladung Dome & Fred im nächsten Kapitel. Denn den Satz kann man jetzt dreideutig interpretieren, wenn du verstehst, was ich meine ;) Alle drei Variationen würden mir zusagen, aber wahrscheinlich findest du noch eine dritte - bei dir weiß man schließlich nie ;)

Vielen Dank für das bomben Kapitel!

Liebe Grüße Dahlie
Von:  Knuddel-chin
2011-06-08T19:04:33+00:00 08.06.2011 21:04
Hey,

ein klasse Kapitel
ich muss sagen, Lina ist einfach nur zu goldig und ich musste grinsen als ich ihre Kommentare gelesen habe
Rachel wird bestimmt noch für einiges an Wirel sorgen :D
Alice und Albus waren ja toll :D
ouh Dominique und Fred... der letzte Satz war einfach nur zu geil

liebste Grüße
Knuddel-chin
Von:  Ondine
2011-06-08T13:21:02+00:00 08.06.2011 15:21
HAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHA - Die kleine Lina ist ja mal die Tollste. Sie ist keck und frech, wie ein Kind in ihrem Alter sein muss. Und Scorpius, hat er Tomaten auf den Augen? Er ist wirklich ein Klischee von einem Mann.
Das Kapitel hatte wirklich einige Absätze, wo es mich vom Stuhl gehauen hat vor Lachen. Kompliment. Aber vor allem bei der letzten Szene stockte mir der Atem. Auf gut deutsch würd ich sagen: Es war end geil man.


Ondine
Von:  bella-angel
2011-06-06T16:50:13+00:00 06.06.2011 18:50
Ich bin schon schockiert, dass ich mich tatsächlich mal wieder überwinden kann, überhaupt einen Kommentar zu schreiben, ich bin inzwischen nämlich viel zu faul dazu. :D

Aber ich lese diese Fanfiction wirklich gerne und freue mich über jedes neue Kapitel. Der Verlauf ist nicht vorhersehbar und man wird immer wieder überrascht. (Wovon ich absoluter Fan bin, nichts ist schlimmer als wenn alles vorhersehbar ist).
Ich bin auch ein absoluter Fan von der kleinen und bin mal gespannt, was mit ihr noch passieren wird, ebenso wie mit Rose & Scorpius, auf die Streitereien freue ich mich jetzt schon. :D
Weiter so!
Von:  Charlott
2011-06-06T16:03:24+00:00 06.06.2011 18:03
Dome und Fred ist ja wohl echt das Beste überhaupt ♥.♥
Ich finde die "Beziehung" zwischen den beiden einfach super spannend und ich denke, sie wird uns allen noch viele Herzklopfmomente bescheren. Mir auf jeden Fall. <3

Und, oh man, Scorpius hat echt Nerven >.<
Solche dämlichen Fragen können wohl auch nur Kerle stellen. Idiot.
Naja, Lina hat ja das freche Mundwerk ihrer Mami geerbt. Ach, die Kleine ist zuckersüß. *-*

Alice und Albus find ich im Übrigen auch fanatastisch zusammen - und vom Charakter her scheinen sie wirklich, wirklich gut zu passen. :D

Ich wünsch dir viel Glück mit deinen Abi-Ergebnissen. Das wird schon! :)

Liebste Grüße,
Chalott. :3
Von: abgemeldet
2011-06-06T15:40:42+00:00 06.06.2011 17:40
hey,
ich war schon ein riesen fan von teil eins. aber der 2te wird glaub ich noch besser.
das kapitel ist grosse klasse! ich glaube man sollte es verfilmen :D
du schreibst sehr gut und bist super talentiert. wenn du mal ein buch schreibst kauf ich es! :D
ich hab mehrere deiner geschichten unter favouriten.. und bin ein fan! xD

das neue kapitel ist wirklich spannend und man frags sich was als nächstes passiert! :D aber ich glaube das lysander am ende doch noch richtig was zu bieten hat und jemanden rettet. ;)
lili mag ich als figur absolut nicht. aber fred und dominique sind wirklich eine spannende kombination. ich frage mich was passiert und ob er sie wirklich ausliefert.

lg, coco =)
Von:  scater-fiffy
2011-06-06T15:38:33+00:00 06.06.2011 17:38
krass...geil...MEHR :-)
einfach unglaublich, bitte lass lina dieser blöden tussie die hölle heiß machen bitte ^^
ich finds einfach geil wie du den krieg thematiesiert ahst das ist so wichtig und viel vergessen das einfach und dennoch vergisst du auch rose probleme mit scorp nciht oder lässt sie zu kurz kommen
einfach geil^^

bitte mehr XD und hey^^ das mit dem abi wird shcon ;-)


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