Eiskalt
War schon interessant, das er hier seinen Platz gefunden hatte.
Was genau es war, wusste er nicht so genau, aber es zog ihn immer wieder hierher. Selbst jetzt, mit all dem Schnee und der Eiseskälte.
Vinc rauchte die letzten Züge seiner Zigarette und schnippte den Stummel auf das dünne Eis. Gebannt sah er dabei zu, wie die restliche Glut das Eis ein wenig an schmolz, dadurch jedoch gelöscht wurde. Kaum dass das schwache Glimmen erloschen war, zündete er sich eine neue Zigarette an und zählte die bisher auf dem Eis liegenden Filter.
24...
Nur sieben waren von heute. Bis jetzt jedenfalls, aber er arbeitete hart daran es noch mehr werden zu lassen.
Seufzend streckte er sich kurz und warf einen Blick zum Haus. Oben war Licht. Mischa malte. Noch immer, schon wieder...
So genau wusste Vinc es nicht, aber er wusste, das, seit er von dem letzten Auftrag zurück gekommen war, sich etwas geändert hatte. Was es war, wusste er nicht genau, aber Mischa benahm sich komisch. Ansonsten wäre er wohl nicht schon so lange unbemerkt hier draußen. Vinc spürte sogar seine Finger bereits nicht mehr, was wohl kaum verwunderlich war.
Dafür war es so leise hier, dass er das Klingeln seines Telefons sofort hörte. Bis er dran ging, dauerte es jedoch ein klein wenig.
„Hast du es schon gehört?“
Vinc hatte keine Ahnung, von was Chris da sprach.
„Was hab ich schon gehört?“
Das war wohl Antwort genug und so erzählte ihm Chris das, was er eben in der Zeitung gelesen und dann auch im Internet überprüft hatte.
Jessica war tot, ermordet. In der Zeit, in der sie für ihren Auftrag weg gewesen waren.
Wer der Täter sein könnte, wusste die Polizei noch nicht. Aber die Ermittlungen liefen.
„Warum erzählst du mir das?“, wollte er wissen und fühlte sich gleich noch schlechter.
„Ich wollte nur, das du es weißt“, erklärte ihm Chris und behielt seinen Verdacht für sich.
Das Mischa bereits mehrmals damit gedroht hatte Jess umzubringen, wusste er ja auch nur zu genau. Ein paar Mal war er dabei gewesen. Vinc einigen anderen Malen hatte Vinc ihm erzählt.
„Okay... danke.“
Vinc saß noch weiter auf dem Steg und rauchte, auch wenn sein Blick nun noch öfter zum Haus wanderte.
Hatte Mischa es wirklich getan?
Er wusste, zu was der kleine Tscheche imstande war und wusste auch, wie sehr der Jess verabscheut... hatte.
Als Vinc aufstand, fühlte es sich an, als seien seine Beine bereits gefroren, entsprechend froh war er, als er endlich wieder das warme Haus betrat. Er machte Kaffee und nahm eine Tasse für Mischa mit, als er die Treppe hinauf ging, um ihm beim malen zuzusehen. Etwas, das ihm die letzten Tage verboten worden war, aber vielleicht würde ihn Mischa nicht einmal bemerken und wenn doch, dann hatte er den Kaffee als Ausrede.
Er wollte nur sehen, was Mischa da malte, was er nicht sehen durfte.
Aber als er seinen Freund da sitzen sah, so vertieft wie immer, wenn der malte, da interessierte es ihn gar nicht mehr, ob er hier etwas raus finden wollte oder das alles nur machte, um mal wieder ein wenig Aufmerksamkeit zu bekommen.
Er stellte den Kaffee für Mischa auf das kleine Tischchen, wo eine Unmenge an Pinseln angesammelt war und zog sich aus, um sich ins Bett zu legen und Mischa einfach nur zuzusehen.
Fragen würde Vinc nicht.
Mischa würde es ihm erzählen, oder eben auch nicht. Aber so oder so, war nichts mehr daran zu ändern, das Jess tot war. Es war also unwichtig Gewissheit darüber zu haben, ob -oder ob nicht- sein Freund es getan hatte.
Wichtig war nur, das die Polizei nicht auf den Trichter kam.
Und wenn doch...
Dann musste er sich wohl was einfallen lassen.