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Entranced

für Rej
von

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Hölzern

Irgendwann hatte er diesen Platz tatsächlich als seinen Rückzugsort erkoren. Warum war ihm selbst schleierhaft, aber er fühlte sich hier nicht ganz so mies, wie an den anderen Orten an oder in ihrem Haus. Vinc hatte nicht einmal ein Wort für die Mischung aus Gefühlen, die ihm zu schaffen machten. Nur eines davon kannte er. Langeweile. Davon hatte er zuhauf, seit Mischa so beschäftigt war.

Termine, Ausstellungen sogar Interviews. Mischas Zeitplan war vollgestopft davon und wenn er mal zuhause war, dann malte er oder richtete seine eigene kleine Galerie neu ein. Seine Zeit für Vinc war minimal und das machte dem Schatten zu schaffen.

Am Anfang war Vinc mitgefahren, hatte versucht sich auf den Ausstellungen nicht zu dumm dazustehen und vielleicht sogar etwas Spaß zu haben, aber als klar wurde, das er dafür einfach nicht gemacht war, hatten sie gemeinsam entschieden, das Vinc doch zuhause bleiben könnte. So konnte er auch an seinen eigenen Sachen arbeiten. Lieder einstudieren und Videos machen. Sie telefonierten jeden Abend und besprachen, die nächsten Tage.

Und dann, an einem Abend an dem Mischa in New York war um wegen einer weiteren Ausstellung die Räumlichkeiten abzugehen, kam kein Anruf. Vinc hatte gewartet, die ganze Nacht war er auf und ab gegangen, doch auch jeder seiner Versuche anzurufen, blieb erfolglos. Offenbar hatte Mischa keinen Empfang oder das Handy war ausgeschaltet. Er wusste es nicht, aber Mischa erwähnte es auch gar nicht, als er dann endlich anrief.

Statt Mischa darauf anzusprechen schwieg Vinc. Mischa klang so fröhlich so voller Energie, das wollte er nicht kaputt machen.

Und so ging es jedes Mal. Nur das die Abstände zwischen den Anrufen länger wurden. Je mehr Tage vergingen, umso schlechter fühlte sich Vinc. Als fehlte ihm etwas, als wäre ein Stück aus ihm heraus gerissen worden. Aber er war noch nie gut mit Worten gewesen und so tat er jedes Mal so, als wäre alles bestens, während er sich von allem langsam zurück zog. Selbst Chris hatte ihn ewig nicht mehr gesehen und Mischa war so beschäftigt, das er es einfach nicht bemerkte.
 

Jetzt war ihr Haus gefüllt mit Fremden. Aussteller, Journalisten... Mischa hatte vollstens zu tun und Vinc fühlte sich im eigenen Haus fehl am Platz. Einer der Gründe, wegen dem er hier saß und eine Zigarette nach der anderen rauchte. Der Himmel wurde dunkler. Dicke, graue Wolken sammelten sich und versprachen baldigen Regen. Es passte perfekt zu seiner Laune. Mit einem Seufzen legte Vinc sich auf das graue Holz und beobachtete die Wolken dabei, wie sie sich auf ein Gewitter vorbereiteten.

Er sollte rein gehen.

Aber er konnte sich nicht einfach so ins Bett legen, dazu waren zu viele Leute dort. Dabei war es alles, was er wollte. Liegen, schlafen... Für mehr fehlte ihm einfach alles an Energie. Darum blieb er auch einfach auf dem Steg im Freien und starrte in den Himmel.

Selbst dann noch, als die ersten Tropfen auf ihn fielen. Sie waren kalt. Würde es ihn interessieren, wären sie eindeutig zu kalt. Aber Vinc schloss jediglich die Augen und ließ sich nass regnen, während er nun den dunklen Grollen lauschte.
 

Irgendwann hörte er Regentropfen auf etwas aufschlagen, was sich sehr nach einem Regenschirm anhörte. Wer da durch die Gegend wanderte interessierte ihn nicht und so blinzelte er erst, als kein Regen mehr auf sein Gesicht traf. Vinc wischte sich das Wasser aus dem Gesicht und sah Mischa, der sich vor ihn gehockt hatte.

„Willst du nicht langsam reinkommen?“, fragte er leicht besorgt. „Es sind auch gar nicht mehr so viele Leute da.“

Einen Moment antwortete Vinc nicht. Er überlegte ob er aufstehen wollte, um sich zum Haus zu schleppen. Aber noch immer fehlte ihm da jeder Drang, jede Energie und vor allem auch der Wille.

„Ich... nein, es ist mir noch immer zu voll. Aber das bisschen Regen macht mir nichts aus. Keine Sorge.“ Er lächelte Mischa breit an und drehte seinen Kopf ein wenig, da er Mischa nur auf dem Kopf sah. „Aber ich komm gleich.“

Mischa presste die Lippen aufeinander und sah aus, als wollte er noch etwas sagen, aber er ließ es, da er wieder rein gehen musste, um sich um die Besucher dort zu kümmern.

„Okay, bis gleich“, war darum alles, was er sagte, statt all dem, was ihm gerade auf der Zunge lag. Warum musste es Vinc ihm so schwer machen? Gerade jetzt...
 

Mischa stand auf und ging davon. Mit jedem Schritt verschwand das ehemals breite Grinsen von Vinc Gesicht und er schloss wieder die Augen.

Der kalte Regen tat gut. Die eisigen Tropfen kühlten das heiße brennen in seinen Augen. Es war lange her, das er so auf irgendetwas reagiert hatte. Schon beim letzten Mal war es wegen Mischa, aber das hier war anders. Das Gefühl war anders. Diese Einsamkeit, die er nicht mehr los wurde, selbst wenn Mischa da war. Das Gefühl nicht gut genug zu sein. Zu langweilig...

Vinc erinnerte sich wieder daran wieso er angefangen hatte Drogen zu nehmen. Damals, als es noch möglich gewesen war. Vor Mischa und auch noch vor seinem Leben als Schatten. Es war wunderschön einfach alles zu verdrängen. Alles vergessen zu können, was diese unerträglichen Gefühle auslöste.

Jetzt war er hier und wusste nicht, wie er damit umgehen sollte.

Es fühlte sich einfach nur an, als würde ihm alles durch die Finger rinnen.



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