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A Thief´s Life

von

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Die Kathedrale Teil 1: Katakomben

Es war tiefe Nacht, als Demian von einem Streifzug zurückkehrte. Er war müde, aber zufrieden. Für jemanden wie ihn waren die Lagerhäuser an den Docks ein leichtes Ziel. Er hatte nach dem gelungenen Einbruch in Selbige mit der Beute seinem Hehler Kronos einen Besuch abgestattet. Seine „Ware“ gefiel Kronos so gut, dass es kein Problem war, einen annehmbaren Preis auszuhandeln. Von dem Geld, das seine Beute wert war, würde er schon über die Runden kommen. Und Kronos hatte Demian noch einen Umschlag überreicht. „Ein kleiner, feiner Auftrag“, hatte er grinsend gesagt. Demian hatte den Brief eingesteckt und sich auf den Heimweg gemacht. Der Dieb wohnte in einem ärmlichen Außenbezirk der Stadt in einem Mietshaus. Er betrat seine Kammer, entzündete ein Feuer im Kamin und ein paar Kerzen, öffnete den Brief und las:
 

Werter Demian, ich habe viel über Euch und euren Ruf gehört. Ich habe Euch ein interessantes Angebot zu unterbreiten. Ihr werdet verstehen, das ich nicht persönlich erscheinen kann, daher erwartet mein Bote Euch bei Sonnenuntergang an der Brücke des Marktplatzes. Alles weitere erfahrt Ihr dort. Gez. L. A.
 

„Hmm...“ Wer konnte das sein? Es war kein Absender zu lesen. Aber Demian war zu müde, um sich jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen. Erst einmal wollte er schlafen, dann würde er darüber nachdenken. Er legte den Brief auf den Tisch, seinen Mantel und die Waffen ab und nachdem Demian das Geld gut verstaut hatte, legte er sich ins Bett und schlief fast sofort ein. Nur sein Dolch lag stets griffbereit unter der Matratze. Und die Tür schloss er stets ab. Schließlich wusste man ja nie. Als er erwachte, schlug die Glockenturmuhr gerade zur zehnten Morgenstunde. Er hatte eigentlich ruhig geschlafen, aber aus irgendeinem Grund fühlte sich Demian beim Aufstehen etwas matt, sein Kopf schmerzte leicht und er hatte ein unangehmes Brennen und Kratzen im Hals. Er wusch sich und zog sich an, dann schürte er das Kaminfeuer. Er war gerade mit seinem Frühstück fertig und dachte sich, dass er bald seinen Lebensmittelvorrat auffüllen musste, als es an seiner Tür klopfte. „Seid Ihr da?“ Der Vermieter. Demian seufzte und öffnete. „Werter Herr, die Miete ist fällig.“ „Ich weiß.“ „Morgen. Ich hoffe diesmal zahlt Ihr pünktlich und das Versäumnis des letzten Monats war eine Ausnahme.“ „Natürlich.“ „Gut. Ich muß ja auch davon leben. Und ich würde ungern einen meiner Mieter auf die Straße setzen müssen. Ihr wißt, der Winter steht vor der Tür und außerdem habe ich Gerüchte gehört, dass...“ „Schon gut“, unterbrach er den Mann unwillig. „Ihr werdet euer Geld bekommen.“ Der Vermieter lächelte, machte aber keine Anstalten zu gehen. „Ich hätte gerne eine Anzahlung. Nur zur Sicherheit.“ „Wie viel?“ „Fünfzig.“ Demian zählte das Geld ab und gab es dem Mann. „Wann folgt der Rest?“ „Morgen Abend.“ „In Ordnung. Ich verlasse mich darauf.“ Der Vermieter machte auf dem Absatz kehrt und ging. Demian sah ihm nach. Eigentlich musste er dem Vermieter sogar dankbar sein, dass er ihn nicht schon letzten Monat vor die Tür gesetzt, geschweige denn verraten, sondern ihm gnädig eine zusätzliche Frist eingeräumt hatte. Er bewohnte zwar eine ziemlich kleine Kammer, aber das war besser, als auf der Straße zu leben. Aus langjähriger Erfahrung wusste er ja, wie hart das war, besonders im Winter. So manche Not hatte er damals nur durch seinen eisernen Überlebenswillen überstanden. Und außerdem hatte er nicht die geringste Lust das gefürchtete Gefängnis des Schöpferordens kennen zu lernen, geschweige denn am Galgen zu baumeln. Er schloss die Tür seufzend und entschied sich in diesem Moment, mit Blick auf den Brief, der geheimnisvollen Einladung zu folgen. Vielleicht wartete ein gut bezahlter Auftrag und das Geld konnte er brauchen, zumal die Preise für Lebensmittel in der letzten Zeit zum Leidwesen besonders der armen Leute deutlich gestiegen waren.

Es war noch viel Zeit, bis zum Treffen und so erledigte er kleinere Dinge, die nötig waren. Zum Beispiel stellte er fest, dass die Hose, die er an hatte hinten einen Riss hatte. Demian hatte genug Geschick, um mit Nadel und Faden soweit umzugehen, dass er solche Kleinigkeiten selbst machen konnte. Die meiste Zeit des Tages verbrachte er dann mit Lesen. Nachdem Demian sich endlich von dem Buch losreissen konnte überprüfte er noch in Ruhe seine Ausrüstung, dann wurde es wirklich Zeit, sich zur Brücke zu begeben. Zur Sicherheit steckte er sich noch ein paar Blitzminen ein, er hätte auch Gasminen mitgenommen, doch diese gehörten zur teuersten Ausrüstung und er hatte die letzten verbraucht. Er erreichte den Treffpunkt noch bevor es ganz dunkel war. Er sah sich um, entdeckte aber nichts, was auf einen Hinterhalt hinwies und suchte sich dann, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, eine ihm sicher erscheinende Nische. Der Fluss, der die Stadt und den Marktplatz in zwei Hälften teilte, plätscherte leise vor sich hin. Nach einer Weile des Wartens näherte sich jemand der Brücke. Ein Mann mittleren Alters in einfacher Kleidung. Er blieb stehen und sah sich um. Demian trat aus den Schatten hervor, räusperte sich und der Mann drehte sich um. Seine Miene war wenig begeistert, er machte diesen Botengang wohl nicht ganz freiwillig. „Aha, Ihr seid der sogenannte Meisterdieb Demian. Ihr seid also gekommen.“ „Ich war neugierig.“ „Mein Name ist Blake, Ihr fragt euch sicher, warum mein Auftraggeber die Hilfe eines...“, Blakes Stimme klang verächtlich, „... Kerls wie Euch sucht. Tja, ehrlich gesagt, frage ich mich das auch.“ Er musterte den jungen Dieb grimmig. „Aber der Auftrag, den er anzubieten hat, kann, wie mein Herr sagte, nur von einem Meister seines Faches, als solchen man von Euch hört, erfolgreich ausgeführt werden.“ Ein leises Lächeln umspielte Demians Lippen. „Soso. Was für ein Auftrag soll das genau sein?“ Blake sah sich nervös um und zog Demian dann mit sich in eine dunkle Nische, die beide von neugierigen Blicken abschirmte und sprach im Flüsterton weiter: „Mein Herr möchte, dass Ihr ihm eine wertvolle antike Statue beschafft. Sie befindet sich zur Zeit im Besitz des Hohepriesters des Schöpferordens in der großen Kathedrale.“ „Was ist das für eine Statue?“ „Sie hat die Form eine sitzenden Katze und ist etwa eine Elle groß.“ „Aha.“ „Mein Auftraggeber macht Euch einen guten Preis. Er gibt Euch 1000 Goldstücke.“ „Ein stolzer Preis. Nicht schlecht“, meinte Demian, ohne sich sein Erstaunen anmerken zu lassen. ‚Da ist doch etwas faul‘, dachte er sich. ‚Also entweder hat dieser geheimnisvolle Herr etwas vor, oder der Auftrag ist schwieriger, als es den Anschein hat. Und dann auch noch solch ein Preis? Sehr verdächtig.‘ Laut sagte er: „Wenn er einen solchen Preis anbietet, muss Eurem Herrn diese Statue ja ziemlich wichtig sein.“ Blake nickte nur. „Also, was ist? Nehmt Ihr den Auftrag an? „Unter einer Bedingung.“ „Was?“, fragte der Mann ungeduldig. „Eine Anzahlung.“ Blake schüttelte den Kopf. „Damit kann ich nicht dienen.“ Demian lächelte kühl. „Dann kann ich Euch ebenfalls nicht dienen. Ich nehme keine Aufträge ohne einen Vorschuss an“, antwortete er gelassen. „Reine Vorsichtsmaßnahme.“ Er wandte sich um. „Wartet“, Blake nickte widerwillig. „Hier sind 100 Goldstücke, reicht das?“ Der Dieb nickte und er gab Demian einen Geldbeutel. „Ihr bekommt das übrige Geld, wenn Ihr mir das Artefakt bis zum Sonnenaufgang bringt. Ich übergebe es dann meinem Herrn.“ „Einverstanden. Sonnenaufgang.“ „Gut. Ich erwarte Euch wieder hier.“ „Ich werde da sein.“ Beide Parteien trennten sich. Demian ging, damit ihm niemand folgte über einige Umwege, zu einer Händlerin für Ausrüstungsgegenstände „der besonderen Art“, die es nicht überall zu kaufen gab um seine Vorräte noch um einige Dinge zu ergänzen. Danach zu einem zuverlässigen Informanten und dann kehrte er heim, um sich richtig vorzubereiten, bevor er sich auf den Weg machte.
 

Demian machte sich bereit. Was er vorhatte, war keiner seiner üblichen Streifzüge. Dieser Auftrag würde, wenn er denn erfolgreich war, ihm für längere Zeit den Unterhalt sichern. Er saß am Tisch in seiner Kammer und studierte einen Lageplan der Kathedrale, den er gegen ein paar Goldstücke von dem Informanten bekommen hatte. Dann füllte er den Köcher mit verschiedenen Pfeilen: Wasserpfeile; Seilpfeile; Moospfeile, die es ermöglichten lautlos auf jedem Untergrund zu gehen; zwei Pfeile mit einem sehr wirksamen Betäubungsgas (ebenfalls sehr teuer und es waren vorerst die letzten, die er hatte) und gewöhnliche Breitkopfpfeile. Er stand auf. Sein Dolch blitzte im Feuerschein des Kamins kurz an seinem Gürtel auf, auch der kleine Prügel steckte im selbigen. Neben den üblichen Blitzbomben gehörten heute auch einige Weihwasserfläschchen zu seiner Ausrüstung. Er hatte bereits Gerüchte über einen Geheimgang, der durch die unter der Stadt angelegten, sehr weiträumigen Grabgewölbe des Ordens führte, gehört. Der Eingang sei angeblich auf dem städtischen Friedhof zu finden. Räuber, die die eigentlich verrückte Idee, in die Kathedrale einzubrechen schon lange vor Demian hatten, hätten ihn einst dort angelegt, als Totengräber getarnt. Aber es waren eben nur Gerüchte und nicht bewiesen. Ob es der Wahrheit entsprach, würde er schon selbst heraus finden. Demian hatte bereits mehr Erfahrungen mit Untoten gemacht, als ihm eigentlich lieb war, also wollte er kein Risiko eingehen. Und falls in den jahrhundertealten Grüften keine Untoten sein sollten, würde ihn das schon sehr wundern. Im Grunde taten ihm diese ehemaligen Menschen leid, aber besser sie als er selbst. Er schüttelte den Kopf um diese Gedanken zu vertreiben, bei seiner Mission war äußerste Konzentration gefragt. Dann zog er seinen Kapuzenmantel über und dazu Lederhandschuhe, welche die Fingerkuppen frei ließen, hängte Kurzbogen und Köcher über die Schulter und wollte das Haus verlassen. Just in dem Moment kam eine Wache vorbei, sodass er innehalten musste, die Tür einen Spalt breit geöffnet. Der Wachmann ging pfeifend vorbei, dann glitt Demian schnell durch die Tür, schloß sie und verschwand in der Dunkelheit. Ein Bettler, der an der gegenüberliegenden Hauswand lehnte, bekam von ihm nur einen huschenden Schatten zu sehen. Jetzt war er in seinem Element. Die tiefschwarze Nacht wurde nur von einzelnen Laternen spärlich erhellt. Außer den Stadtwachen war kaum jemand um diese Zeit auf den Straßen unterwegs. Es war sehr kalt geworden, sein Atem wurde zu einer weißen Wolke, dazu wehte ein leichter eisiger Wind. Es roch förmlich schon nach dem ersten Schnee. Den Stadtwachen ausweichend, stand er schon bald vor dem Friedhofstor. Fackeln erhellten die Wege. Wo sollte er jetzt anfangen zu suchen? Er wusste zumindest in welcher Richtung die Kathedrale lag, vielleicht konnte ihm das als Anhaltspunkt dienen. So folgte er dem nördlichen Weg und sah sich alles ganz genau an. Das dauerte recht lange und er wollte sich schon in eine andere Richtung wenden, da bemerkte er eine bogenförmige Vertiefung im Mauerwerk. „Hmm.“ Das konnte endlich der Geheimgang sein, aber wo war der Mechanismus zum Öffnen? Er tastete entlang der Wand suchend an den Steinen herum, als sich einer löste und auf den Boden fiel. Dahinter war ein Schalter. „Na bitte.“

Nun musste er aufmerksam sein. Es war so dunkel, dass er nicht zu sehen war, leider aber konnte er auch nichts sehen. Durch seine langjährige Erfahrung hatte er gelernt, gut in der Dunkelheit zurecht zu kommen und jede noch so kleine Lichtquelle auszunutzen. Aber wenn es gar kein Licht gab, konnte er sich anstrengen so viel er wollte, heller wurde es nicht, also verließ er sich auf sein Gehör. Die erste Strecke des Weges war eine nach unten führende Treppe. Er zog eine kleine Fackel aus den Untiefen seines Umhangs. Der Feuerschein würde ihn zwar sichtbar machen, aber hier oben war er erfahrungsgemäß noch sicher vor den lauernden Kreaturen, denn die hielten sich in der unmittelbaren Nähe ihrer ehemaligen Gräber auf, dieses Risiko konnte er also vorerst getrost eingehen. Die Treppe war nicht lang und am Ende ging es eine Weile in engen, gewundenen Gängen und einer weiteren Treppe immer tiefer in die Erde. Er kam an mehreren Gräbern vorbei, teils senkrecht mit Platten verschlossen, teils Särge in Wandnischen stehend. Dann hörte er ein plötzlich für einen Augenblick ein leises Geräusch und blieb lauschend stehen. Fast glaubte der Dieb schon, sich geirrt zu haben, als er es wieder hörte. Schritte näherten sich ihm und das auch noch von hinten, aber anscheinend noch weit genug entfernt um den Schein seiner Fackel nicht zu bemerken. Sofort löschte er diese und presste sich eng an die Wand, auch ein Weihwasserfläschchen hielt er nun griffbereit. Vorsichtig lehnte er sich um die Ecke, zuerst sah er nichts, alles war ein einziges dunkles Loch, dann aber kam ein blasser Schein näher, der ein Grab beleuchtete. Sein Gehör hatte ihn nicht getäuscht. Wie erwartet folgte dem Schein ein weiß-grün leuchtender Geist, kein einfacher Geist was er an der Kleidung erkannte. Ein langes blaues Gewand mit dem Symbol des Schöpferordens, einer stilisierten Blume, dazu ein prächtiges Pektoral und ein Gürtel mit herab hängenden Quasten, nur ein Hohepriester dieses Ordens trug so etwas. Es hieß, dass diese Phantome sogar nach dem Tode noch ihre Magie auf jeden ungebetenen Gast loslassen konnten. Es kam näher und näher. Demian taste sich schon etwas nervös an der kalten, feuchten Wand entlang und fühlte den Rand einer Grabnische die genug Platz für ihn bot, weil der Sarg darin weitest gehend zerstört war. Noch war er verborgen und hoffte, der Geisterschein würde ihm nicht zum Verhängis, indem er ihn aus dem schützenden Dunkel holte. Das Glück war ihm hold. Trotz der Schrittgeräusche eher schwebend als gehend kam der Geist ihm vorbei, ohne ihn zu entdecken. Demian schlich aber erst weiter, als er nichts mehr hörte. Noch immer enthüllte dieses unheimliches Geisterlicht den Weg vor ihm, dieser führte in eine sehr große Grabkammer. Sie war quadratisch und sehr hoch, an allen vier Wänden befanden sich Särge in Nieschen über zwei oder gar drei Stockwerke verteilt. In der Mitte eine Statue des Schöpfers, ähnlich derer, die am Hafen die Seefahrer begrüßte. Am Sockel war etwas eingraviert worden. Im Schein seiner Fackel konnte er die vom Zahn der Zeit angefressenen Buchstaben soweit entziffern, dass er begriff wo er sich gerade befand. Diese Kammer war allein für die Obersten des Ordens bestimmt. Nun wusste er auch, was der Geist des Hohepriesters beschützte. Er wollte sich schon abwenden als ihm am Sockel noch etwas auffiel, er hielt es zuerst für einen losen Stein. Aber als der Dieb ihn berührte, sank er mit einem Klicken in den Sockel ein. Ein lautes Zischen erklang und plötzlich war der ganze Raum hell von magischen Fackeln erleuchtet. Das konnte Demian eigentlich gar nicht gebrauchen, musste aber feststellen, dass die Sache nicht mehr rückgängig zu machen war. Zu allem Überfluss kehrte der Geist von vorhin zurück, angekündigt durch Schritte und dem weiß-grünen Schein. Der Dieb eilte in einen dunklen Durchgang zu einer anderen Kammer und versteckte sich dort erst einmal in einer dunklen Grabniesche. Erst nach einer Weile des Wartens und da alles ruhig war, verließ er das versteck und sah sich um. Ein weiterer Gang ihm gegenüber sollte sein nächstes Ziel werden. Langsam und lauschend, die eigene Fackel hatte er längst wieder eingesteckt, ging er bis zur dritten Grabkammer, von dort gingen zwei Gänge links und rechts von seinem Standpunkt aus ab. In jeder Kammer brannten nun diese Fackeln, es gab nicht mehr viel Schatten. Zunächst erkundete er den rechten Gang, der führte in eine Sackgasse, die Wand war dort eingestürzt und unpassierbar. Also ging er wieder zurück.
 

Plötzlich hörte er schlurfende Schritte, Stöhnen und Röcheln, er wusste, was da in seine Richtung kam. Hastig sah er sich um und sah mehrere Vorsprünge in der Wand, die fast wie eine Treppe aussahen. Schnell kletterte er hinauf und wartete. Aus dem linken Gang kamen zwei Untote, langsam und mühsam. Aber Demian wusste, dieser Eindruck täuschte. Wen sie einmal entdeckt hatten, den verfolgten sie mit einer Schnelligkeit, die man kaum für möglich hielt. Es hieß sogar, die Unglücklichen, die von Geistern oder Zombies getötet wurden, standen selbst als Untote wieder auf. Die beiden zum größten Teil verwesten Kreaturen erwiesen sich als ehemalige Krieger des Ordens, offensichtlich sehr hochranging um der Ehre zuteil geworden zu sein, in der Nähe der Hohepriester bestattet zu werden. Jetzt hatte Demian keine Wahl mehr, er musste sich beider entledigen. Da er auf einem recht hoch gelegenen Vorsprung kauerte und der im Schatten lag, konnten sie ihn nicht sehen. Er schraubte das Weihwasserfläschchen auf und tropfte etwas davon auf die Spitze und den halben Schaft zweier Breitkopfpfeile. Dann schraubte er das Fläschchen wieder zu und steckte es weg, danach legte er einen Pfeil an und suchte sein Ziel. Dies lag im Nacken der Untoten zwischen dem Helm und dem Schulterpanzer. Langsam atmete er ein und aus, der Pfeil flog schnell und treffsicher und der erste Untote stieß noch einen erstickten Schrei aus, dann zerfiel er zu Staub und gesellte er sich zu den wirklich Toten. Die zweite Kreatur heulte wütend auf und machte sich mit toten Augen auf die Suche nach dem Eindringling. Demian hatte bereits den Bogen erneut gespannt und wartete, bis sie stehen blieb, dann war auch sie Geschichte. Jetzt war der Weg frei und führte ihn ohne weitere Zwischenfälle in eine weitere große Grabkammern mit mehreren Särgen. Er hatte bereits aufgehört die Kammern zu zählen. Auch hier war es feucht, er schien den tiefsten Punkt der Katakomben erreicht zu haben. Auf dem Boden hatten sich einige Pfützen gebildet, es tropfte von der Decke herab. Ein Geräusch ließ ihn herumfahren. Nichts zu sehen. Demian wollte schon weitergehen, als er es wieder hörte. Es klang wie ein Flüstern, geisterhafte Stimmen schienen von überall zu kommen. Sie wurden abwechselnd lauter und leiser, hörten auf und fingen wieder an. Was um alles in der Welt war das? Demian lief ein kalter Schauer über den Rücken. Er drehte sich um die eigene Achse, weil er das Gefühl hatte, die Besitzer der Stimmen würden im Kreis um ihn herum stehen. Der Dieb wollte so schnell wie möglich weg und machte, dass er aus dieser unheimlichen Kammer kam, doch das Flüstern schien ihm zu folgen. Er beschleunigte seine Schritte, die ihn wieder in einen von der, wie es schien letzten, Kammer abzweigenden Gang entlang führte. Kaum war er einige Schritte in diesen hinein gegangen, hörte er gar nichts mehr, nur sein eigenes Herz hämmerte. Es war wieder dunkel, hier gab es keine Fackeln mehr, aber er zündete die Seine nicht an, sondern schlich sich tastend weiter. Seine Stiefel waren mittlerweile durchweicht, auch an den Fingern spürte er die Kälte der Feuchtigkeit. Der Gang schien kein Ende zu nehmen, aber er schien die Grabkammern endlich hinter sich zu haben. Also konnte er die Fackel doch getrost wieder anzünden. Die Wände schimmerten in ihrem Schein. Er fühlte sich gleich wohler und atmete auf, auch weil er merkte, dass der Weg iihn wieder nach oben führte. Dieser knickte nun scharf nach links ab und Demian sah, das die Wand an einer Stelle eingestürzt war. Dahinter hörte er Wasser rauschen.

Er schaute durch die Öffnung und stand plötzlich mit einem Fuß im Wasser. Zuerst glaubte er, zu einem Abwasserkanal gelangt zu sein, aber als er zwei Schritte weiter ging wurde das Wasser tiefer. Das war kein Kanal, das war zu seinem Erstaunen ein unterirdischer Fluss. Er hielt die Fackel weiter von sich und machte rechts von ihm einen schmalen Weg ausfindig. Das machte ihn sehr neugierig. Zu gerne hätte er gewusst, was er finden würde, wenn er dem Weg folgte. Aber er hatte einen Auftrag zu erfüllen. Er watete aus dem Wasser und ging auf der anderen Seite in dem roh behauenen Gang weiter, den er gewohnt war. Vor ihm führten plötzlich Stufen nach oben, über eine eng gewundene Treppe gelangte er direkt an eine Mauer. Der Unterschied zum Gang war sofort sichtbar: die Mauer bestand aus behauenen Steinen, der Gang war nur grob aus dem Fels geschlagen worden. Er sah eine Vertiefung in der Wand und wusste instinktiv was er zu tun hatte: er langte hinein und fühlte einen Drehschalter. Er hörte ein Klicken und die Wand glitt knarrend beiseite. Es schien, als wäre dieser Geheimgang schon lange nicht mehr begangen worden. Der Boden war so staubig, dass er im Licht seiner Fackel seine Stiefelabdrücke sehen konnte, und Spinnweben hingen überall. Und als er sich, während er weiterging, umschaute, streifte er ein sehr großes Spinnennetz. „Hach, auch das noch.“ Die klebrigen Fäden hingen ihm im Gesicht, Haaren und Schultern und Demian hatte einige Mühe, das Zeug von sich abzustreifen. „Ich hasse Spinnen...“ Nun musster er doppelt Acht geben, wo Spinnennetze hingen, waren Spinnen selbst auch nicht weit. Die Biester hatten den Vorteil von acht Beinen, waren von Natur aus aggressiv und sogar recht intelligent. Die Riesenspinnen konnten einen erwachsenen Menschen mühelos überwältigen. Sie waren aber seltener als die kleineren Exemplare, die meist in Gruppen lebten. Sie bauten alle Netze doch meist nur als Behausung, bei der Jagd bevorzugten sie den Hinterhalt und sponnen ihre Opfer ein, sobald sie sie sicher gepackt hatten und ihre Giftklauen brachten einen langsamen, qualvollen Tod. Und Demian hatte das am eigenen Leib erfahren. Vor Jahren hatte es ihn und Merlin nach einem Einbruch in eine Adelsvilla in deren Familiengruft verschlagen, von dort aus hatten sie sich einen Fluchtweg suchen wollen. Dort wurde Demian, als er etwas voraus gegangen war, von einer Riesenspinne überrascht und gebissen, Merlin hatte es gerade noch verhinden können, dass das Biest ihn mit ihren Fäden einwickelte. Wie sie beide zurück nach Hause kommen waren, daran konnte er sich bis heute nicht mehr erinnern, das schnell wirkende Spinnengift hatte ihm heftige, schmerzhafte Krämpfe beschert und schließlich das Bewusstsein genommen. Nur das Gegengift von einem alten Einsiedler, der ausserhalb der Stadt lebte, hatte ihm damals knapp das Leben gerettet. Seitdem konnte er beide Arten nicht ausstehen. Er schaffte sie sich lieber gleich endgültig vom Hals, wenn er ihnen begegnete. Ein gut gezielter Breitkopfpfeil konnte auch eine Riesenspinne mit einem Mal töten. Wenn sie einen noch nicht bemerkt hatte. Ansonsten brauchte es mehrere Pfeile und schnelle Beine.

Endlich sah Demian ein schwaches Licht am Ende des Ganges. Es war nicht ganz erkennbar, woher es kam. Er trat aus der Öffnung und verstaute die gelöschte Fackel unter seinem Umhang. Noch immer stand er in einem steinernen Raum, einem kleinen Raum. Demian schaute sich um und fand eine weitere Tür, aber diese war ebenso aus Stein. Der schwache Lichtschein kam durch die Ränder hindurch. Das machte ihn stutzig, eine große Steinplatte als Tür? Diesmal gab es keinen Mechanismus, dafür aber Griffe in der Steinplatte. Er legte sein Ohr an die Platte und horchte, da er nichts hörte, schob er sie auf. Sogleich wusste er, wo ihn dieser Ausgang hingeführt hatte. Er war durch ein kleines Mausoleum gekommen, das direkt im linken Querschiff der Kathedrale stand. Nun war er also im größten Heiligtum des Ordens angekommen.



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