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Waschsack versus Bettbezug

von

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Durchgeschleudert (Bleach)

Es war schon wieder passiert.

Hisagi starrte für einen Moment fassungslos hinab auf den nassen vor Wärme dampfenden Klumpen, der sich halb aus der runden Öffnung drängte und stumm nach Erlösung schrie. Ein schiefes Lächeln legte sich auf seine schmalen Lippen.

„Ich sollte mir wirklich einen Merkzettel schreiben, und ihn ebenfalls hier aufhängen…“ Belustigt sah er auf, und musterte gespannt das bunte Zettelmeer vor sich an der Wand.
 

Ursprünglich war dort nur ein einziger vorhanden gewesen. Inzwischen hatte sich dieser aber auf geheimnisvolle Weise vermehrt. Denn neben der schlichten Information über die Handhabe der lebenserleichternden Gerätschaften, die hier nebeneinander aufgereiht in dem engen Raum standen, hatte irgendwann mal irgendjemand frech einen weiteren Zettel platziert – der nicht im Geringsten etwas mit einer Bedienungsanleitung zu tun hatte.

Bei diesem einen Vergehen war es natürlich nicht geblieben. Es war eine Antwort auf einem anderen Zettel erfolgt, der als Startschuss in eine höchst interessante Zettellandschaft angesehen werden konnte. Erweitert wurde das informative Frage- und Antwortspiel um Anmerkungen, Witze und Veranstaltungshinweise, so dass sich der Schwarzhaarige schon häufiger die Frage gestellt hatte, ob der Hausmeister ein Freund unkonventioneller Schwarzer Bretter war, da dieser eine Entfernung bisher nicht veranlasst hatte. Was auch immer sich der Hauswart dabei dachte, Hisagi bedankte sich im Stillen bei diesem dafür, dass dem bizarren Treiben der Hausbewohner vorerst kein Ende gesetzt wurde.
 

Suchend überfolg Hisagi die Zettelcollage und spürte gleichzeitig, wie sich der verflüchtigende warme Wasserdampf unaufhörlich an seine nackten Knie schmiegte, aufstieg und dabei sanft seine Wangen streichelte. Es schien, als wolle er ihn daran erinnern, dass er eine Aufgabe zu erledigen hatte. Dies aber ignorierend, flogen seine Augen flink weiter nach einem bestimmten Zeichen suchend über die Wand, das sich aber nicht finden ließ. Enttäuscht wandte Hisagi seinen Blick ab, und starrte den Wäschekorb zu seinen Füßen feindselig an. Er griff murmelnd nach unten.

„Dich kann ich mir doch glatt sparen. Aber mitgebracht ist mitgebracht…“

Während er die Frustration über seine erfolglose Suche verdrängte, den Wäscheklumpen vollständig aus der Öffnung zog, schob er seufzend den grünen Plastikkorb mit dem Fuß unter die Öffnung. Just in dem Moment, als er den Sack im Korb versenken wollte, vernahm er das Geräusch der sich öffnenden Tür.

„Guten Abend, Hisagi-san.“

Der Angesprochene zuckte beim Klang der Stimme zusammen. Hisagis Hände krallten sich Fassung suchend an dem feuchten Klumpen fest. Wenn er diesen jetzt fallen ließe, lande er sicher im Wäschekorb, schoss es ihm wahnwitzig durch den Kopf. Gleichzeitig würde sich damit aber sein Verstand auf und davon machen, so dass ihm die Entscheidung nicht sehr schwer fiel. Er brauchte Halt, und konnte daher dem Sack erst einmal keinen freien Fall gönnen. Was ihm schon beinah in der Seele wehtat, denn für diesen wäre es nach den endlosen Runden im Kreis wohl die reinste Wohltat.
 

Irritiert über die mitfühlenden Gedanken den Wäschesack betreffen, schloss Hisagi die Augen und konzentrierte sich auf die Wärme zwischen seinen Händen. Er fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen. Sein Geist schnellte unkontrolliert in alle Richtungen davon, wo sich am Ende einer jeden ein attraktiver Rothaariger befand, der ihm einladend entgegen lächelte. Verfolgt unterdrückte Hisagi ein Stöhnen. Er öffnete die Augen, und starrte absurd auf das Bullauge der Waschmaschine, in das jetzt er am liebsten geklettert wäre. Aber die Realität holte ihn unweigerlich wieder ein.

Es war Samstagabend. Er stand in gebückter Haltung und abgewetzter schwarzer Shorts, sowie einem grauen Muskelshirt in der Waschküche, und musste einen wahrlich armseligen Anblick bieten. Schamesröte schoss ihm ins Gesicht. Von allen Hausmitbewohnern, die hier hätten auftauchen können, musste ausgerechnet die Person erscheinen, von der er bis heute kein einziges Wort an der Zettelwand hatte finden können: Abarai Renji. Groß. Durchtrainiert. Tätowiert und gesegnet mit einem attraktiven Gesicht, in das er sich bei ihrem ersten Aufeinandertreffen hoffnungslos verliebt hatte.

Jenes Treffen, das inzwischen fast fünf Monate zurücklag, beendete Hisagis tristen Alltag und stellte zugleich den Zeitpunkt dar, an dem sich die leere Wohnung neben seiner mit neuem Leben füllte. Der Einzug Abarais hatte nicht nur Hisagi überrascht. In der Regel durften nur Mitarbeiter der Firma dieses firmeneigene Gebäude bewohnen, aber der tätowierte Rothaarige gehörte definitiv nicht zur Belegschaft. Dieser besondere Umstand sorgte für reichlich Zündstoff innerhalb des Unternehmens. Die Gerüchteküche brodelte. Sie überschlug sich. Beruhigte sich. Nur um im nächsten Moment erneut überzukochen.

Es verging kein Tag in der Firma, an dem der Name seines neuen Nachbars nur beiläufig in einem Nebensatz erwähnt wurde. Wenn von Abarai die Rede war, dann richtig. Besonders die weibliche Belegschaft hatte einen Narren an dem geheimnisvollen Rothaarigen gefressen. Hisagi konnte sich gut daran erinnern, wie sein Schreibtisch in der ersten Zeit von allen Seiten belagert wurde, und seine Ohren von weiblichem Gekicher erfüllt gewesen waren. Alle hatten sich Informationen vom Nachbar des rätselhaften Mannes erhofft. Aber als sich herausgestellt hatte, dass er eine äußerst unbefriedigende Informationsquelle darstellte, fokussierte sich das Interesse ohne Umschweife auf seinen Chef. Dieser war bei all der zusätzlichen Aufmerksamkeit sichtlich aufgeblüht. Sein Vorgesetzter hatte sogar als Belohnung die ein oder andere mehrdeutige Antwort fallen lassen, die letztlich nur für neue Verwirrung sorgte.

Vom sinnlosen Gerede seiner Kollegen hielt Hisagi nicht viel. Sie vergaßen viel zu häufig ihre Phantasie an die Leine zu legen, so dass es vorkam, dass ihre Vermutungen ein ums andere Mal auf lächerlichste Weise den irdischen Gefilden entschwebten. Fast immer endete dies unter allen Beteiligten mit schallendem Gelächter.

Immerhin sorgte das nicht enden wollende Getratsche für einen unterhaltsamen Arbeitsalltag, wie Hisagi zugeben musste. Mehr als einmal hatte er sich dabei ertappt, wie nachsichtiges Schmunzeln ein Lächeln auf seine Lippen zauberte.

Letztendlich erging es ihm aber nicht anders als seinen Kollegen, die vor Neugier zu ausgesprochen talentierten Autoren mutierten. Der Unterschied war nur, dass er seine eigenen Gedanken nie laut aussprach, und diese der Realität um einiges näher waren, als jene seiner Arbeitskollegen. Aber selbst das änderte nicht die Tatsache, dass auch er nur sehr wenig über Abarai wusste.

War da nicht noch etwas? Hisagi zwinkerte verwirrt. Genau. Mit einem Mal fiel es ihm wieder ein. Der Mann aus seinen Gedanken war gerade bei ihm in der Waschküche aufgetaucht. Er musste schleunigst reagieren.
 

„A- Abarai-san! W- was führt dich hierher?“ Stotternd und alle störenden Gedanken über Bord werfend, wandte sich Hisagi endlich um. Mit verunsicherter Miene, und sich im Geiste eine Ohrfeige gebend für die äußerst herausragende Frage, fanden seine dunkelgrauen Augen die des Mannes, der mit verschränkten Armen am Türrahmen lehnte, und ihm ein amüsiertes Lächeln zuwarf.

„Die Wäsche…?“

„Klar. Entschuldige, was sonst.“, entgegnete Hisagi noch immer eingeschüchtert, aber inzwischen soweit gefasst, dass er den nassen Sack aus seiner Hand in den Korb gleiten lassen konnte. Er spürte Abarais Blick auf sich ruhen, der ihm schleichend unter die Haut kroch, und dabei ein angenehmes Kribbeln verursachte.

„Hast ja einen ziemlich großen Wäschesack, oder ist das etwa ein Bettbezug?!“

Hisagi hielt für einen Moment den Atem an.

„Ertappt…“, flüsterte er atemlos. Musste ihm das heute passieren? Mussten von allen Personen ausgerechnet die auftauchen, der er heimlich sein Herz geschenkt hatte? Auf diese zufällige Begegnung war er absolut nicht vorbereitet. Er strich sich verlegen mit der feuchten Hand durch das kurze Haar und suchte Abarais Blick. Konnte er in dessen brauen Augen etwa ein schelmisches Funkeln erkennen?

„Äh…also, ja, da liegst du richtig. Ist ein Bezug.“, antwortete Hisagi wahrheitsgemäß, weil es zu offensichtlich war, um sich noch etwas anderes auszudenken.

„Gewollt oder ungewollt?“

„Was meinst du?“

„Der umfunktionierte Bezug. War es Absicht, dass er all deine Klamotten verspeist, oder hast du nur vergessen, die Knopfleiste zu schließen?“

Hisagi spürte Hitze in sich aufsteigen. Da er den warmen Wäscheklumpen längst aus seinen Händen gegeben hatte, konnte er diesen nicht mehr dafür verantwortlich machen. Das neckische Funkeln in Abarais Augen wurde zu einem intensiven Starren, und trieb seine innere Glut weiter in die Höhe. Er schluckte.

„Das passiert mir ständig.“

„Das Erröten? Oder der Kleidung fressende Bezug?“

Hisagi blickte gequält zu Abarai, der offenkundig amüsiert war. Er beobachtete nervös, wie dieser selbstbewusst den Raum betrat, und die Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ. Die Waschküche wirkte augenblicklich noch enger, und schnürte ihm auf erregende Weise die Brust zusammen.

„D- der Bettbezug. Ich vergesse ständig, ihn zu schließen.“, stammelte Hisagi verlegen, der seine Anspannung weiter anwachsen spürte, da Abarai ohne Umschweife auf ihn zutrat. Es wurde noch heikler. Dieser unterschritt nicht nur die unsichtbare Grenze des höflichen Abstandes, sondern setzte zudem ein teuflisches Grinsen auf, welches wunderbar mit den langen roten Haaren harmonierte, die diesem lose über die Schulter fielen – allen voran aber versetzte das Grinsen der Stimmung im Raum einen gehörigen Schubser in eine seltsame Richtung.

„A- Abarai?!?“

„Hm… Ich glaube, dass häufiges Rotwerden ebenfalls zu deinen Eigenschaften gehört…“, flüsterte Abarai wissend, der dicht vor Hisagi zum Stehen kam. „Sobald dir ein Mann zu nahe kommt, passiert das mit dir…“

Hisagi erstarrte. Er konnte die warme Hand seines Gegenübers auf seinem Hals fühlen, die dort sanft verharrte. Elektrisiert sah er hoch zu der nur wenige Zentimeter größeren Person. Unter all den Erklärung suchenden Gedanken, die ihm nun durch den Kopf schossen, suchte er sich den einfachsten für Abarais merkwürdiges Verhalten heraus: Alkohol. Dieser musste betrunken sein. Aber warum konnte er dann nicht dessen alkoholgeschwängerten Atem so dicht vor seinem Gesicht riechen. Er blinzelte ratlos. Abarai schenkte ihm ein laszives Lächeln, dem ein unerwartet flüchtiger Kuss folgte.
 

Hisagi hielt den Atem an und bedeckte mit der linken Hand seine Lippen, während er die rechte benutzte, um Abarai auf Distanz zu schieben. „Wa- was sollte das?!?“, schoss es atemlos und einige Oktaven höher als beabsichtigt aus ihm heraus. Ein Traum. Er musste träumen. Vielleicht war das Zusehen beim Waschvorgang doch keine gute Idee gewesen. Der Schleudergang musste ihn zum Schluss ohne Abwege ins Reiche der Träume geschickt haben.

„Ich würde sagen, das war ein Kuss. Dem es meiner Meinung nach etwas an Würze fehlte…“

Kaum war das letzte Wort ausgesprochen, spürte Hisagi erneut die fremden Lippen. Leidenschaftlicher. Verlangender. Und um ein vielfaches heißer als bei der ersten Berührung.

Mit weit aufgerissenen Augen starrte er fasziniert auf Abarais Gesicht, das verschwommen vor seinem Blick schwebte. Hisagi fühlte, dass der Kuss eine höhere Ebene erreichen sollte, denn rücksichtslos versuchte sich die Zunge des tätowierten Mannes Einlass in seine Mundhöhle zu verschaffen.

Er versteifte sich, und presste stur seine Lippen aufeinander. Sein abwehrendes Verhalten zeigte Wirkung. Der größere Mann beendete sein Vorhaben und musterte ihn mit undurchdringlichen Augen, während er einen kleinen Schritt zurücktrat.

„Warum so reserviert? Das ist doch nichts Neues für dich…“

Hisagi starrte irritiert zu seinem heimlichen Schwarm, dem die Erregung deutlich ins Gesicht geschrieben stand. Der höchst erotische Anblick verursachte ein Gefühlschaos. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, während seine Gedanken, beflügelt durch die Wärme der fremden Lippen, längst den Bereich des Rationalen verlassen hatten. Er spürte das eigene Verlangen gefährlich ansteigen. Lediglich Abarais unverständliche Worte zügelten sein Hochgefühl ein wenig. Sie hinderten ihn momentan noch daran, sich ohne Nachdenken in dessen Arme zu werfen, und gespannt den nächsten Sekunden, Minuten oder gar Stunden entgegenzufiebern.

„Was meinst du damit? Ich verstehe nicht…“, entgegnete er unsicher, und suchte in den braunen Augen nach einer Antwort.

„Ist doch gar nicht so schwer, Hisagi…oder darf ich dich Shuuhei nennen?“

„Wa- äh…WAS?!? Nein, natürlich nicht!“ Abarais Worte ließen ihn rot anlaufen.

„Wie schade. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden. Vielleicht verrätst du mir dann auch, was diese drei Narben in deinem Gesicht zu bedeuten haben.“, entgegnete Abarai selbstbewusst, der mit seiner Hand nach Hisagis Gesicht langte, und sanft das Erbe der verheilten Verletzung nachfuhr.

„Lenk bitte nicht ab…“ Hisagi griff nach Abarais Hand, um diese an der weiteren Liebkosung zu hindern. Dieser seufzte übertrieben.

„Wenn ich ‚High Five’ sage, klingelt es, oder?“

„Wan-“

„Die Frage ist nicht ‚wann’, sondern ‚wie oft’, Hisagi-san.“

Noch immer die Hand des Rothaarigen haltend, starrte Hisagi perplex in Abarais Gesicht. Woher wusste dieser, dass er Stammgast im High Five war? Aber vor allem, was hatte sein Nachbar dort zu suchen? Die imposante Erscheinung des Tätowierten wäre ihm oder einem seiner Freunde doch bestimmt aufgefallen. Unbewusst stieg Hoffnung in ihm auf. Bedeutete dies etwa, dass er sich Chancen bei Abarai ausrechnen konnte? In seinem Kopf schien die letzte Sicherung durchzubrennen.

„Und was willst du mir damit sagen?“, hauchte Hisagi verführerisch, der über den Ton seiner Stimme überhaupt nicht mehr überrascht war. Angefacht durch Abarais unerwarteter Offenbarung, schien sein Verlangen endgültig die Kontrolle übernommen zu haben.

„Nur soviel, dass du ‚dafür’ nicht den langen Weg auf dich nehmen musst…“, raunte Abarai erregt, der den Wäschekorb zu ihren Füßen zur Seite stieß, um die Distanz zwischen ihren Körpern auf Null zu reduzieren. „Also, wenn du nichts dagegen hast, können wir ger-“ Abarai brach überrascht ab.

Hisagi griff plötzlich verspielt in die rote Haarpracht und beförderte den zugehörigen Kopf sanft in die Reichweite seiner Lippen. „Und wie ich nichts dagegen habe…“, erwiderte er herausfordernd, und verschloss Abarais Mund.
 


 

Hisagi atmete tief ein und betrat nervös die Waschküche. Sie war leer. Was auch sonst, schoss es ihm durch den Kopf. Wer besuchte diesen Ort auch schon vor der Arbeit. Er starrte angespannt zur Wand, die der Grund für sein zeitiges Auftauchen war. Aus der Ferne betrachtet, sah sie auf den ersten Blick unverändert aus. Aber Hisagi wurde das Gefühl nicht los, dass er es heute finden würde.
 

Er kam vor der vertrauten Waschmaschine zum Stehen, deren Dienst er heute nicht benötigte, und ließ seinen Blick akribisch über das Zettelmeer wandern.

„Nichts. Auch nichts…“, flüsterte Hisagi enttäuscht, dessen dunkelgraue Augen beinah alles überfolgen hatten. Seine Hände ballten zu weißhäutigen Fäusten, die sich im nächsten Moment vor Überraschung wieder öffneten. Da war es. Ganz eindeutig, und für alle lesbar. Hisagis Herz schien ihm aus dem Leib springen zu wollen, so sehr wühlte ihn seine Entdeckung auf.
 

SHUUHEI…DENK AN DIE KNOPFLEISTE!

KUSS
 

P.S: ICH WILL DICH WIEDERSEHEN
 

Hisagi streckte verzaubert eine zitternde Hand nach dem Zettel aus. Er wollte ihn berühren. Er wollte sichergehen, dass er auch echt war. Vor allem aber wollte er die Nachricht an sich nehmen, und das nicht nur wegen des überwältigenden Inhalts. Es war die erste an ihn gerichtete, und sie sollte daher einen besonderen Platz in seiner Wohnung bekommen.

„Dieser Idiot…“, raunte er erleichtert, während seine Fingerspitzen sanft über den Zettel fuhren. Die Anspannung, die seit gestern sein Inneres fest im Griff hatte, löste sich schlagartig und hinterließ ein aufregendes Kribbeln. Das, ausgehend von seiner Körpermitte, in alle restlichen Bereiche seines Leibs strömte und es tatsächlich schaffte, ihn in Ekstase zu versetzen. Dieses Gefühl kam zwar nicht an die berauschenden Sinneseindrücke der erlebten Nacht heran, aber Hisagi wusste, dass es nur einen kleinen Schubser über den Rand brauchte, damit er sich erneut in diesem Zustand wiederfinden würde. Ein verliebtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen.
 

Gedankenverloren nahm Hisagi den Zettel ab, und betrachtete ihn noch einmal genauer aus nächster Nähe. Abarais Handschrift war eine Augenweide. Aber eigentlich war alles an dem Mann ein Hochgenuss, wie er mit glühenden Wangen im Stillen feststellte. Dessen große warme Hände hatten ihn immer wieder um den Verstand gebracht, ihm zugleich aber Halt geboten, so dass er in der Lage gewesen war, dem Rothaarigen das eigene Entzücken bedingungslos zurückzuschenken. Hisagi würde diese Nacht sein Lebtag nicht vergessen. Und dem Zettel nach zu urteilen, sollte sie auch nicht die letzte gewesen sein.

Erleichterung gesellte sich zur inneren Erregung. Er hatte schon befürchtet, dass er Abarai mit seinem Verhalten am gestrigen Sonntag unversöhnlich vor den Kopf gestoßen hatte. Sich selbst zu verleugnen, passte wirklich nicht zu ihm. Aber er war einfach nicht in der Lage gewesen, zur Tür zu gehen. Sein Bett, seine Gedanken und der längst verblichene Geruch Abarais hatten ihn den ganzen Tag über vereinnahmt. Angst, Scham und Hoffnung hatten seine Gedanken dominiert, und es ihm so unmöglich gemacht, dem Mann in einem gefassten Zustand unter die Augen treten zu können.

Sein Wechselbad der Gefühle hatte sich erst im Laufe der Nacht gelegt, und war am heutigen Morgen zu einer unbestimmten Vorahnung mutiert, die ihm keine Ruhe gelassen hatte. Der mit jeder Minute stärker werdende Drang, unbedingt die Waschküche aufsuchen zu müssen, war nicht vereinbar mit seiner morgendlichen Routine gewesen. So hatte er kurzerhand entschließen müssen, dem den Vorrang zu geben. Was sich als goldrichtig erwiesen hatte, wie er nun lächelnd mit dem Stück Papier in der Hand feststellen konnte.
 

Heute Abend nach der Arbeit würde er ganz bestimmt zu Abarai gehen, und sich bei diesem für sein Verhalten entschuldigen. Und mit ein wenig Glück, würden sie anschließend wieder im Bett landen. Bis dahin aber würde er noch etliche quälende Stunden hinter sich bringen müssen. Über Hisagis Lippen huschte ein leises Seufzen, dem ein unerwartetes Geräusch folgte. Er wandte sich überrascht um, und starrte entgeistert zur Tür.

„Du lebst also noch.“

„A- Abarai-san…?“

„Hatten wir uns nicht auf Renji geeinigt?“

„Haben wir das?“, erwiderte Hisagi fragend, der dem Rothaarigen nun ein befreites Lächeln schenkte konnte. Keine Sekunde später spürte er Abarais starke Arme, die ihn in eine stürmische Umarmung zogen.

„Ich…ich habe schon geglaubt, du würdest nicht mehr mit mir reden…“, flüsterte ihm Abarai bebend ins Ohr.

„Mein Fehler. Entschu-“ Weiter kam Hisagi mit seiner Erklärung nicht. Sein Mund wurde auf berauschende Weise versiegelt. Aller Sinne beraubt, schlang er betört seine Arme um den größeren Mann. Der Zettel in seiner Hand fiel sanft zu Boden…

Die immer leeren Tütenmaschinen (Naruto)

Itachi starrte entsetzt auf die grüne Box und verlor allen Glauben. Sie waren nicht da. Er stellte sich die beiden fehlenden Zipfel vor, die eigentlich einladend aus dem Schlitz lugen müssten. Die braunen Enden, die er sonst immer sanft mit zwei Händen ergriff, um so den zugehörigen Rest vorsichtig daran herausziehen zu können. Und anschließend, wie gewohnt, den lieblichen Beutel mit gekonnter Augentechnik so in Trance zu versetzen, dass dieser freiwillig und ohne Murren die Hinterlassenschaft seines Mopses Pain ertrug. Was für einen Spaß er jedes Mal damit hatte. Aber seit einer geschlagenen Woche konnte er dieser Freude nicht mehr nachgehen, was dazu geführt hatte, dass sich ein unerträglicher Leidensdruck in ihm angestaut hatte, der nur sehr schwer zu ertragen war – schwerer noch als die Auslöschung seines Clans.

„Wer tut mir das an…“, murmelte Itachi verstört, der einen verschrobenen Blick auf Pain warf. Dieser saß artig neben seinem rechten Bein, und sah mit dunklen Knopfaugen interessiert zu ihm hoch.

„Hast du was gesagt?“

Itachi seufzte und drehte sich Kisame langsam zu, der gelangweilt neben ihm stand. „UND OB ICH WAS GESAGT HABE!“, brüllte er diesen an. „Seit einer Woche sind alle Tütenmaschinen im Umkreis von zwei Kilometern ständig leer! Und langsam beginne ich mich zu fragen, ob sich da jemand einen Scherz mit mir erlaubt…“, setzte Itachi mit gemäßigter Stimme fort, der nun ein eisiger Ton anhaftete.

Kisame blinzelte seinen schwarzhaarigen Freund alarmiert an, und entfernte sich vorsichtshalber einen Schritt. „Wie meinst du das?“, fragte er neugierig.

„So, wie ich es sage. Jemand will mir und Pain eins Auswischen.“

„Indem die Tüten chronisch alle sind?“ Kisame versuchte nicht allzu amüsiert zu klingen.

„Genau.“, rief Itachi zustimmend, der sich neben den Mops hockte und verliebt dessen Kinn kraulte.

Kisame hätte bei dem Anblick am liebsten losgebrüllt, aber er wusste um die launenhafte Stimmung Itachis. Dieser würde ohne zu zögern die berauschend roten Augen auf ihn richten, und ihm eine Menge Schmerz bereiten. Darauf hatte er aber heute keine Lust. Er unterdrückte den Drang, und sprach daher mit aufgesetzter mitfühlender Miene weiter: „Schon mal darüber nachgedacht, dass es noch andere gibt, die ihre Vierbeiner ausführen und dabei die ein oder andere Tüte brauchen?“, mutmaßte er, und zeigte mit dem blauen Finger auf die grüne Box. „Ich würde mich an deiner Stelle eher darüber beschweren, dass die Dinger hier viel zu klein sind! Gut, bei Mops Pain mag die Anzahl und Größe der Tüten noch reichen, aber was ist, wenn jemand mit so einem Pferd auftaucht, wie Hidan eines besitzt?!“

„Erwähne nicht Hidans perverses Schoßhündchen! Damit machst du Pain Angst. Er hat sich noch nicht von der letzten Begegnung erholt.“ Während Itachi sprach, zwackte er noch einmal liebevoll in eine der vielen Speckrollen Pains, und stellte sich wieder gefasst neben Kisame. Dieser hatte sich bei Itachis letzter Geste auf heftigste die Hand vor den Mund schlagen müssen, um sich so mittels Schmerz vom erneut aufsteigenden Lachen abzulenken. Dicke Tränen sammelten sich in seinen Augen und er wusste, dass es nicht nur welche des Schmerzes waren.

„Ich werde mir etwas ausdenken müssen, aber vorerst muss ich dieses Problem hier lösen.“, rief Itachi ernst, der einige Meter den Weg zurückblickte und den Haufen begutachtete, der alleingelassen in der Sonne funkelte. „Gib mir ein Stück von deinem Mantel.“

„W- was?!“, erwiderte Kisame, der hoffte, sich verhört zu haben.

„Ich habe gesagt, du sollst mir ein Stück von deinem Mantel geben.“

„Hast du den Verstand verloren?“, erwiderte Kisame einige Oktaven höher.

„Ich habe noch nie einen besessen. Das müsstest du doch eigentlich wissen? Und jetzt heul nicht, sondern zieh dich aus.“

Kisame starrte noch immer entgeistert auf den rotäugigen Mann neben sich, der ihm mit wartender Miene unschuldig entgegensah. „D- das meinst du nicht ernst, o- oder? Ich gebe dir doch nicht meinen nagelneuen Mantel, damit du ihn als Kottüte zweckentfremden kannst?!“

„Zwei Fehler, Kisame. Erstens, die Tatsache, dass du schon wieder einen nagelneuen anhast, spricht dafür, dass du weitere zehn ungebrauchte im Schrank hängen hast. Zweitens, das Wort Kottüte ist ja nett gemeint, aber du solltest die Dinge dann schon genauer beim Namen nennen. Wenn, dann muss es Kotmanteltüte heißen. Jener Inhalt fühlt sich durch die Wölkchen bestimmt gehörig beflügelt. Meinst du nicht auch?“ Itachi beendete seine wahnwitzige Belehrung und trat einen Schritt auf Kisame zu, der inzwischen zu einer Kalksäule erstarrt war. Ob es nun wegen der Erläuterung oder dem unvermeidlichen Ende des geliebten Mantels war, vermochte er nicht zu sagen. Itachi streckte fordernd die Hand aus, in der wenige Sekunden später das schwarz-rote Kleidungsstück landete.

„Ich… ich geh dann schon mal vor.“, murmelte Kisame, der der grausamen Szene den Rücken zuwandte, und schluchzend wegging.
 

Ein paar Tage später.
 

„Kisame! Hey… WERD-END-LICH-WACH-DU-KIE-MEN-SCHÄ-DEL!“ Wie um jeder gesprochenen Silbe Nachdruck zu verleihen, trat Itachi mit einem sadistischen Grinsen abwechselnd gegen Kisames linken und rechten Fuß. Dieser murmelte daraufhin etwas Unverständliches, und drehte sich sorglos auf die Seite. Ein böses Knurren entwich Itachis schmalen Lippen, der sich nun an Kisames Kopfende begab, und leise in dessen Ohr flüsterte. Keine Sekunde später saß dieser schreiend senkrecht auf dem Fußboden, und blickte panisch um sich. Itachi, der es rechtzeitig geschafft hatte, elegant dem Kopf des Blauhäutigen auszuweichen, stand nun bedrohlich vor jener Person und starrte unversöhnlich auf sie hinab. „Wach, wie ich vermute?“

„Wi- äh- was? Hä? Wo… Itachi?“, stammelte Kisame noch immer schlaftrunken, der sich unbeholfen aus seiner Decke befreite, aufstand und sich im nächsten Moment ruckartig an die Schläfen fasste. „Oh verdammt, mein Kopf…“

„Das mit der Sauferei hättest du dir vorher gründlicher überlegen sollen. Oder hast du vergessen, dass wir uns heute Nacht auf die Lauer legen wollten?“

Kisame starrte Itachi für einen Augenblick unverständlich an, bevor die Worte endlich zu ihm durchdrangen. „Ah…stimmt. Da war was. War das heute?“

„Wann sonst? Die leeren Boxen sind heute Nachmittag aufgefüllt worden. Wenn sie also jemand stiehlt, dann wird das heute Nacht passieren.“, entgegnete Itachi gelassen. „Pack also deine sieben Män- ähm, Sachen und komm.“

Itachi konnte sich gerade noch das Wort verkneifen, das bei seinem Freund zu einer Art Trigger mutiert war. Denn jedes Mal, wenn nun jemand das Wort Mantel in Kisames Gegenwart benutzte, eilte dieser sofort auf die Toilette – ob jener nun wirklich musste oder nicht, spielte da leider keine Rolle. Ein wenig Mitgefühl brachte der Schwarzhaarige dem damit arg gebeutelten schon entgegen. Es war nie seine Absicht gewesen, ein derartiges Trauma auszulösen. Aber auf der anderen Seite war es mal eine willkommene Abwechslung, die Stimme statt die Augen zu benutzen, um eine Person in ihr Unglück locken zu können – wobei er die Toilette generell nicht als einen Ort des Verderbens ansehen wollte, denn viel zu viel Unaussprechliches passierte dort, mit dem er sich selbst bisher nicht näher befasst hatte.

Itachi rückte unauffällig seinen Mantel zurecht. Er wollte lieber nicht wissen, was aus seinem Partner werden würde, wenn dieser auch noch beginne, selbst beim reinen Anblick ihrer Mäntel den Drang zu verspüren, unbedingt das Stille Örtchen aufsuchen zu müssen.

Dieses Horrorszenario aus dem Geiste verdrängend, richtete Itachi fragend die Augen auf Kisame, der gerade ungeschickt seine Kleidung zurechtzog, das Schwert schulterte und ihm anschließend ein bizarres Lächeln schenkte.

„So. Fertig. Wir können los. Diese Mission so schnell wie möglich abzuschließen, ist irgendwie gerade mein innigster Wunsch.“, murmelte Kisame sarkastisch.

„Gut.“, kommentierte Itachi daraufhin zufrieden, der sich auf der Stelle umwandte, um zur nächstgelegenen Tütenmaschine zu wandern.
 

„Sag mal, weiß Pain eigentlich, dass er einen Mops als Namensvetter hat?“, fragte Kisame nach etlichen Minuten des schweigsamen Hinterhertrottens, und rammelte beinah in den abrupt stehengebliebenen Itachi. „Herrje, bleib doch nicht einfach so stehen!“

„Ja, weiß er. Leider. Er meinte sogar letztens, Pain der Vollständigkeit halbe ein paar Piercings in die Speckrollen stechen zu müssen. Stell dir das mal vor!?! So ein Tierquäler.“

Kisame brüllte vor Lachen auf, und fing sich damit Itachis skeptischen Blick ein, da sich dieser ihm zugewandt hatte. Er räusperte sich augenblicklich, und maßte sich zurück zur Besonnenheit, bevor er sprach: „Nun, Pain als Tierquäler zu bezeichnen, hat irgendwie schon was mit Liebkosung zu tun. Aber recht hast du! Mops Pain ist definitiv viel zu knuffig, um ihn mit Eisen zu schmücken. Selbst das Nietenhalsband ist für meinen Geschmack leicht gewagt.“

„Findest du?“, entgegnete Itachi im scharfen Ton.

Kisame starrte den Mann vor sich verunsichert an und konnte nicht sagen, ob dieser die Frage wirklich beantwortet haben wollte oder nicht. „Na ja, irgendwie geht es ja auch ziemlich unter zwischen den dicken Rollen, meinst du nicht auch?“, antwortete er dann doch.

„Hm, eigentlich nicht. Oder besser gesagt, sieht es dann nicht beinah nach Piercing Implantate aus? Schmerzfrei und viel besser als alles, was Menschen Pain zu bieten hat.“

Kisame zog erstaunt die Augenbraue nach oben, und musterte Itachi so gut es ihm die Dunkelheit erlaubte. „Hast du dir das gerade ausgedacht, oder war das wirklich der Grund für die Wahl des Halsbandes?“

„Kannst du selbst entscheiden. Jetzt aber weiter...“, rief Itachi gleichgültig und sprintete ohne zu warten los.
 

Vier Stunden später.
 

„Wieder leer. Verdammt.“ Itachi spähte wütend in die Nacht hinaus. So langsam verlor er jedes bisschen Zuversicht, den Übeltäter bei seinem ungeheuerlichen Streifzug zu fassen zu bekommen. Er stöhnte unzufrieden auf. Vielleicht hatte Kisame ja mehr Glück auf seiner Route, denn nach den ersten vier leer angetroffenen Boxen hatten sie entschieden, sich für die weitere Suche besser zu trennen. So verdoppelten sie ihre Chance, den dreisten Tütenklauer doch noch zu erwischen. Aber inzwischen hatten sie beinah alle relevanten Orte aufgesucht, und immer das gleiche Bild vorgefunden: die grünen Behälter waren alle samt schon leer. Viele Möglichkeiten blieben ihnen nun nicht mehr, zumal er die gewöhnlichen Pain-Gassi-Geh-Routen schon längst verlassen hatte, und den Radius ihrer Suche um weitere zwei Kilometer vergrößert hatte.

Itachi zog frustriert seinen Hut tiefer ins Gesicht, und machte sich auf den Weg zur abgemachten Wegkreuzung, um dort auf seinen Partner zu warten.
 

Kisame konnte die schmale Gestalt Itachis schon von weitem erkennen, denn niemand in ihrer Gruppe schaffte es auch nur annährend so würdevoll und elegant mit dem lächerlich großen Hut voranzuschreiten, wie es dieser vermochte. Nicht einmal Konan besaß dieses Können. Wobei Kisame sich ernsthaft fragte, ob er sie überhaupt schon einmal mit diesem Hut auf ihrem schmucken Köpfchen gesehen hatte. Diese Frage vorerst unbeantwortet wieder in die Versenkung geschickt, richtete er seine Gedanken nun auf den Ankömmling, der inzwischen auf Rufweite herangekommen war. „Da du allein kommst, nehme ich an, dass du auf deiner Tour nicht besonders erfolgreich warst?“ Kisame beobachtete, wie der junge Mann vor ihm zum Stehen kam, den Hut abnahm und ihn böse anstarrte.

„Und da du hier ebenfalls allein am Baum stehst, nehme ICH mal an, dass du auf DEINER Tour auch nicht besonders erfolgreich warst?“, zischte Itachi genervt zurück.

„Wow! In deine Antwort hättest du ruhig ein oder zwei neue Wörter einbauen können. So ist es ja voll geklaut… Ah, und wo wir schon einmal beim Klauen sind. Ich mag hier zwar allein stehen, aber ICH weiß, wer für den Tütenschwund verantwortlich ist.“, ließ Kisame Itachi selbstgefällig wissen. „Ich trau mich beinah nicht zu sagen, wer es ist.“

„Sag bloß, jemand, den wir kennen?“, raunte Itachi ungläubig.

„Sehr gut sogar.“

„Raus mit der Sprache. Wer ist für dein Trau- äh, für das Drama verantwortlich?“

Kisame musterte Itachi aufmerksam, dessen Augen in der Dunkelheit blutrot glühten und ihn an Standby-Knöpfe erinnerten. „Na, der Künstler unserer Gruppe ist zum Kacktütendieb abgestiegen.“, offenbarte Kisame unverhohlen und fügte hinzu: „War äußerst seltsam, dem Kleinen dabei zuzusehen. Hatte schon beinah Mitgefühl mit ihm.“

„Deidara?! Warum um alles-“ Itachi stoppte für einen Moment. „Ja, und warum ist er jetzt nicht hier?“

„Glaubst du etwa, ich spreche den an, wenn er gerade eine Rolle Tüten klaut? Diese Mission ist schon so peinlich genug. Und womöglich war der eh so im Wahn, dass er mir eine seiner Bomben in Form einer Tretmine an den Kopf geworfen hätte, ohne vorher überhaupt mal zu fragen, wer ich bin.“, verteidigte sich Kisame.

„Hm, damit hast du wohl nicht ganz unrecht. Dann sollten wir ihm nachmittags mal einen Besuch abstatten.“

„WIR? Du! Ich werde meinen Schlaf nachholen.“

„Kisame, diese Mission ist noch nicht erfüllt. Wir wissen zwar, wer der Übeltäter ist, aber der Grund hat sich uns noch nicht offenbart.“, erwiderte Itachi, der Kisame einen bedrohlichen Blick zuwarf.

„Ist mir doch egal, warum der durchgeknallte Blonde einen Fetisch für Kacktüten hat.“

„Mir und Pain aber nicht. Du wirst uns bis zum Schluss begleiten. Oder muss ich es noch deutlicher SAGEN?!“, raunte Itachi, der Kisame gefährlich ZUZWINKERTE.

„Verdammt, Itachi! Kannst du das nicht allein zu Ende bringen?“, bettelte Kisame zwar noch, aber insgeheim wusste er, dass sein junger Freund längst gewonnen hatte. Er würde also später Deidara in seinem Freiluft Kunstatelier aufsuchen müssen, und diesen zur Rede stellen. Irgendwie hatte er dabei kein gutes Gefühl. „Na gut. Aber im Gegenzug frag mich bitte nie wieder, ob ich dich beim Gassi-Gehen begleiten kann.“

„Was hat das bitteschön mit der Erfüllung der Mission zu tun? Ich wusste gar nicht, dass wir daran Bedingung knüpfen können.“

„Herrje Itachi! Schon gut, schon gut… Ich werde dich begleiten! Später zu Deidara UND auch weiterhin beim Spaziergang mit Mops Pain. Zufrieden? Dann lass uns endlich zurück, damit ich wenigstens noch ein paar Stunden Schlaf bekomme.“

„Nichts anderes wollte ich hören.“, erwiderte Itachi arrogant, der den Hut aufsetzte und Kisame damit den Rückzug signalisierte.
 

Nachmittags.
 

Itachi hockte sich entzückt vor Pain, der es doch tatsächlich geschafft hatte, das weggeworfene Stöckchen mit dem kleinen Maul zu ihm zurück zu apportieren. „Braver Pain! Gut gemacht! Und das, wo deine Schnauze so klein und zierlich ist!“, lobte er, und kraulte zur Belohnung den dargebotenen flauschigen Bauch.

„Ich will ja nicht meckern, aber so kommen wir nie bei Deidara an!“ Kisame rollte genervt mit den Augen, und ging ohne zu warten weiter. Sie waren inzwischen beinah eineinhalb Stunde unterwegs, hätten aber schon vor einer halben Stunde ankommen können. Die kurzen Beine von Mops Pain waren in dieser Hinsicht wohl voll für die Katz. Immerhin konnte Kisame aus der Ferne schon die Grenze zur Waldlichtung sehen, wo sich Deidara aufhalten müsste. Dieser Umstand ließ ihn erleichtert aufatmen, denn Tobis Wegbeschreibung war alles andere als eine Wegbeschreibung. Diesen Trottel vehement aus dem Kopf verbannend, konzentrierte er sich wieder auf ihren Bestimmungsort.

Der Boden der Lichtung war nicht zu sehen, denn dieser lag in einer sanften Mulde. Deidara würde sie also erst im letzten Moment erspähen können, sofern dieser es in seinem Schaffenswahn überhaupt bemerken würde. Tobi hatte da so irgendwas angedeutet, es aber nicht genauer erläutert. Sein ungutes Gefühl verstärkte sich. So wirklich wollte Kisame nicht wissen, was Deidara bastelte.

Er warf einen Blick zurück und sah Itachi, der sich noch immer nicht von der Stelle gerührt hatte. Kisame unterdrückte ein Aufstöhnen, bevor er genervt rief: „Sag mal, wolltest du nun zum Tütendieb, oder nicht?!“

Bevor sich Itachi erhob, machte er Pain wieder an der Leine fest. Er wollte sicher gehen, dass sich dieser in seiner unmittelbaren Nähe aufhielt, wenn sie gleich zu Deidara kamen. Itachi rückte sich den Hut zurecht und schritt zu Kisame, der einen seltsamen Gesichtsausdruck zur Schau stellte. „Willst du mir irgendwas sagen?“, fragte er irritiert.

„Vielleicht solltest du mal über eine Beinverlängerung deines Hundes nachdenken! Der ist so lahm wie eine Ente… Ich frag mich, warum Menschen Pain diesen Vorschlag noch nicht gemacht hat. Piercings hin oder her. Sein Namensvetter ist echt ein verdammt lahmer Mops. Das müsste dem doch eigentlich voll am Ego kratzen…“, witzelte Kisame, dem Itachis schlagartige Veränderung im Gang daraufhin nicht entgangen war. „Ah ah, jetzt nicht gleich sauer werden. Ist natürlich nur ein Spaß. Will schließlich nicht Tierquäler genannt werden. Mops Pain soll ruhig mal seine kurzen Beinchen behalten.“

„Das will ich dir auch geraten haben. Oder sollen wir eine Veränderung an deinen Kiemen vornehmen? Größer? Kleiner? Zunähen?“, flüsterte Itachi gefährlich.

„Vergiss einfach, was ich gesagt habe. Was anderes. Was willst du eigentlich mit Deidara machen, wenn wir da sind?“

„Ihn fragen, wozu er all die Tüten braucht. Schließlich besitzt er keinen Hund.“

Kisame biss die Zähne zusammen, und starrte sich innerlich zur Ruhe mahnend nach vorn. Itachis einfältige Antwort hätte er sich eigentlich auch selbst denken können. „Stimmt, er hat ja keinen Hund. Wie konnte ich das bloß vergessen.“, murmelte er ironisch.

„Was hast du denn gedacht, was ich machen würde?“

„Na hör mal! Hast du schon vergessen, wie wütend und verärgert du die ganze Zeit gewesen bist? Irgendwie dachte ich ja, dass du dem Übeltäter wenigstens ein kleines Bisschen deiner roten Augen zeigen würdest. Jetzt ist es nicht nur peinlich, sondern auch noch voll langweilig, mit hierher gekommen zu sein.“, erwiderte Kisame enttäuscht, der beim Blick nach vorn die Spitze von etwas Weißen ausmachen konnte.

„Soll ich später mit dir spielen?“

„Das hilft mir nicht. Schließlich stecke ich jetzt in dem miesen Gefühl drin!“, gab Kisame beleidigt zurück, der den Zeigefinger ausstreckte. „Siehst du das auch?“

„Hm. Ist ja nicht zu übersehen.“

Sie verstummten, als sie den Rand der Lichtung erreichten. Das sich auftuende groteske Schauspiel zu ihren Füßen war zweifellos nicht für ihre Augen bestimmt. Wahrscheinlich war es für niemanden bestimmt, denn es verlangte nach einem gefestigten Verstand, der sich nicht gleich verabschiedete.
 

Kisame wusste nicht, wo er zuerst hinsehen sollte. In der Mitte der Mulde stand ein riesiges weißes Ding, das einem überdimensionalen Plumpsklo ähnelte. Auf dessen Wände konnte er die modellierten Umrisse einiger bekannter Bijuu erkennen, die schreiend von dem Ding in alle Richtung fortzulaufen versuchten. Kein Wunder, wie es Kisame mitfühlend durch den Kopf schoss. Aber das war nicht genug, wie er feststellen musste. Überall an dem Ding waren braune Tütenfähnchen-Ketten befestigt, deren andere Enden sich an den umliegenden Bäumen befanden und lustig im einfallenden Wind zuckten. Kisame konnte sogar einige Vögel sehen, die sich tatsächlich getraut hatten, auf den aufgespannten Leinen Platz zu nehmen. Wenn diese als Abschreckung dienen sollten, haut es definitiv nicht hin, mutmaßte Kisame amüsiert, der einen neugierigen Blick auf Itachi warf, der neben ihm schweigsam und mit ausdrucksloser Miene die Szene begutachtete. Selbst Pains Miene war der erschreckende Ernst der Lage deutlicher anzusehen.

„Na, sag. Ist das da unten Deidara?“, fragte Itachi plötzlich.

Kisame wandte sich um, und sah wieder nach unten. In der Tat. Der durchgeknallte Blonde kam gerade um die Ecke seines geschmacklosen Kunstwerks gelaufen, und zog dabei unwissend eine braune Tütenleine hinter sich her. Diese hatte sich von seiner Hüfte gelöst, um die etliche weitere gewickelt waren. Kisame fing gar nicht erst an zu überlegen, wie viele Rollen an dessen Taille hingen. Es sah einfach zu bescheuert aus. Und das hatte es gebraucht. Er grölte los vor Lachen, das sich noch steigerte, als er sah, wie Deidara erschrocken zusammenzuckte, und suchend nach oben blickte.
 

Es fiel Kisame schwer, sich wieder zu beruhigen, während er Itachi nach unten folgte. Dieser hatte seit der Frage kein weiteres Wort mehr gesagt. Entweder war Itachi stark von Deidaras Kunstwerk beeindruckt, oder dessen Verstand, der eigentlich nach eigener Erklärung nicht vorhanden sein dürfte, hatte sich vollends in Luft aufgelöst. Wie auch immer es war, je näher sie dem weißen Ungetüm kamen, desto größer wurde der Drang, sich brüllend auf den Boden zu werfen. Kisame entdeckte Deidara, der wartend neben seinem auf dem Boden abgelegten Mantel stand, und ihnen sauer entgegenblickte.

„Könnt ihr mir mal verraten, was ihr hier wollt?“, fauchte Deidara, der gerade dabei war, seine Hüfte von den restlichen Tüten zu befreien.

„Jetzt ist´s völlig mit dir hinüber, oder?“, fragte Kisame grinsend. „Ich mein, ich hatte noch nie etwas für deine Kunst übrig, aber DAS hier hat wirklich den letzten Rest an Interesse gekillt.“

„So? Und warum macht mich das jetzt kein bisschen traurig? Ist mir doch egal, was du davon hältst.“

„Na, Deidara.“, meinte nun Itachi monoton, der inzwischen damit fertig war, alle Einzelheiten der Skulptur in sich aufzunehmen. „Könntest du es unterlassen, die Tütenmaschinen unerlaubt zu leeren?“

Kisame und Deidara starrten zu dem Schwarzhaarigen, als wäre er von einem anderen Stern. Bevor der Angesprochene antworten konnte, ließ diesen Pains Bewegung innehalten und die Augen aufreißen. Kisame brüllte augenblicklich los, während Itachi Pain für die unerwünschte Aktion tadelte.

„Pfui! Pain, du Sau! Mein schöner Mantel?!“

„DAS hätte ich an deiner Stelle nicht gesagt, Deidara!“, sprach Itachi mit einem prüfenden Blick auf Kisame. „Und übrigens, das ist keine Sau, sondern ein Hund!“ Pain entschuldigend das Köpfchen streichelnd, blickte Itachi mit einem bösen Grinsen zu Deidara, der verächtlich zurück funkelte.

„Ach, halt die Klappe, du Eisklotz!“, meckerte der Blonde, der sich nun dem forteilenden Kisame zuwandte, der seinem Kunstwerk gefährlich nahe kam. Er wird doch wohl nicht, schoss es Deidara durch den Kopf und kreischte im gleichen Moment panisch los: „KISAMEEEEEE! Was hast du vor? Verschwinde von dort! Hörst du! Wage es nicht, auch nur-“ Der Rest von Deidaras Worten ging im großen Lärm unter, der nun die weitläufige Waldlichtung erfüllte.

Wie ferngesteuert, hatte sich Kisame durch die verschlossene und eigentlich nur angedachte Tür der großen Bijuu-Toilette mit dem Schwert gewaltsam Zutritt verschafft, was natürlich nicht klappen konnte. Das monströse weiße Unding mit den vielen braunen im Wind flatternden Tütenfähnchen brach augenblicklich in sich zusammen, und entlockte Deidara einen Schrei des Entsetzens.

Itachi hingegen schnappte befriedigt nach einer der herumfliegenden Tütenfahnen, und verließ mit Pain den unansehnlichen Schauplatz. Noch in der Ferne konnte er gelegentlich das Geräusch einer explodierenden Bombe vernehmen, das ihm ein wissendes Lächeln auf die schmalen Lippen zauberte.



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Xai
2010-11-12T04:41:47+00:00 12.11.2010 05:41
wie süüüß. <3
das ende ist ein wenig kitschig, aber awwwwwwwww. ^^
aber vernachlässige darüber bloß nicht the kitchen whisper!!


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