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Vergebung

So verging die Nacht. Am nächsten Morgen standen alle bei Zeiten auf. Gandalf weckte die Hobbits, die nicht so recht aufstehen wollten. „Es ist ja noch fast dunkel.“, murrte Pippin und wollte die Decke über seinen Kopf ziehen.

„Dann kannst du zumindest die Sonne aufgehen sehen; sieh es doch mal so.“, sagte Aragorn freundlich.

„Toll.“, gab Pippin zurück, doch erfreut klang er nicht.

Lunita war still. Seit den Geschehnissen am Abend zuvor am Feuer war sie noch ruhiger den anderen gegenüber als vorher. Auch zu Legolas sagte sie nicht viel. Sie ließ sich nicht anmerken, dass es ein Gespräch zwischen ihnen gegeben hatte.

„Sei nicht zu streng mit ihnen.“, sagte Gandalf nach dem Frühstück zu ihr, als die anderen es nicht hören konnten.

„Bring mich nicht zum Lachen, ja?!“, gab sie gereizt zurück. Sie konnte es sich erlauben so mit Gandalf zu reden, aber eigentlich tat sie das nicht oft und es entsprach nicht ihrer Art ihm gegenüber.

„Du wusstest, wie sie über dich denken, als du dich bereit erklärtest dich der Gemeinschaft anzuschließen.“, sagte Gandalf.

„Als ob ich eine Wahl gehabt hätte.“ Sie sah ihn ernst an. „Du hattest doch schon lange beschlossen, dass ich mitkommen soll auf euren Weg, ganz gleich, wer ihn auch zu gehen hätte. Deswegen allein hat Elrond mich doch zu sich gerufen.“

„Du müsstest meinem Beschluss nicht folgen.“, sagte er leise. Sogar irgendwie freundlich. Lunita sah ihn an, ruhig. „Du kannst es nicht ausstehen, wenn man nein sagt.“ Zuletzt musste sie doch lächeln. Gandalf ebenso. „Aber ich akzeptiere es.“

„Wann?“, fragte Lunita ironisch nach, aber beide lächelten doch. Gandalf konnte nicht abstreiten, dass es der Wahrheit entsprach, was Lunita gesagt hatte. Er war berechenbar und vielleicht sogar etwas dreist. Doch er wusste, welche Gefahr ihnen bevor stand und dass Lunitas Hilfe vielleicht von unschätzbarem Wert sein würde. Zuletzt war es nie verkehrt jemanden dabei zu habe, der Erfahrung hatte. Und solange Lunita schon Leid und Elend miterlebt hatte, hatte sie mehr als genug Erfahrung.

„Irgendwann werden sie vielleicht verstehen. Vielleicht sind sie dann bereit die Wahrheit zu sehen.“, sagte Gandalf und legte ihr eine Hand um die Schulter.

„Ay, vielleicht.“, sagte Lunita leise und sah Gandalf einen Augenblick fast liebenswürdig an. Dann konnte sie die anderen nahen hören. „Aber ich würde nicht darauf vertrauen.“, fügte sie hinzu, löste sich aus seinem Griff und ging einige Schritte. Sie löschte das Feuer, das ihnen in der Nacht Wärme gespendet hatte.
 

Sie liefen weiter. Es schien das einzige zu sein, dass sie den lieben langen Tag machten. Laufen, und etwas essen, wieder laufen… Für die Hobbits war es nicht nur sehr anstrengend, sondern es wurde zur Last. Nun waren sie froh, dass Sam den Esel Lutz mitgenommen hatte. Der konnte wenigstens ein wenig von ihrer Last tragen.

„Darf ich dich etwas fragen?“, wand sich Pippin an Lunita. Es fiel ihm schwer Schritt zu halten. Seit dem Streit am Feuer waren zwei Tage vergangen. Sie hatte seit dem kein Wort mehr gesprochen, es sei denn Gandalf hatte sie direkt etwas gefragt.

„Was meintest du, als du sagtest, dein Volk wurde ausgerottet? Und welche Völker waren es, die das taten?“, fragte Pippin neugierig. Sie aber sah nicht einmal hinab, sah ihn nicht an, ignorierte ihn. Sie ging sogar ein klein wenig schneller. Er merkte es kaum, hatte er sowieso schon reichlich Probleme Schritt zu halten.

„Pippin!“, rief Gandalf ihn zurück. Lunita ging inzwischen vorneweg. „Lass sie. Sie wird nicht darüber sprechen.“

„Aber sie sagte doch, dass sie es später erzählen wird. Jetzt ist später.“, rief er nach hinten zu Gandalf, den Versuch unternehmend Lunita zum Reden zu bringen.

„Ist es doch, oder?“, fragte er sie direkt. Sie gab keine Antwort. Er hüpfte geradezu um sie herum. Eigentlich wartete Gandalf nur noch darauf, dass Lunita vor Wut platzte. Dann könnte es für den kleinen, närrischen Hobbit ganz schön bedrohlich werden.

„Ignorierst du mich?“, fragte er Lunita.

„Seit du angefangen hast zu Sprechen.“, sagte diese dann doch noch. Sie klang ganz ruhig, ausgeglichen. Das wunderte Gandalf. Aber es war besser, nichts mehr dazu zu sagen. Auch Pippin verstand das nun.
 

Dann machten sie Pause. Wieder einmal. Lunita war dagegen. Nach ihrem Geschmack machten sie das viel zu oft. „Wir pausieren mehr als wir gehen.“, hatte sie vorige Nacht zu Gandalf gesagt. Es war ihr nur recht das ganze so schnell es ging hinter sich zu bringen.

Aber sie sah ein, dass vor allem die Hobbits schneller nicht gehen konnten. Auch Gimli hatte arge Schwierigkeiten, wenn es an die Geschwindigkeit ging. Zuletzt durften sie auch nichts übereilen und sich damit noch verraten. Sie setzte sich zu den anderen und doch etwas abseits, während die anderen sich etwas stärkten, vor allem die Hobbits. Frodo sah betrübt drein und Lunita fiel dies auf. Nicht nur ihr. Aragorn sah es auch.

„Was ist?“, fragte er mit sanfter Stimme, als er sich neben den kleinen Halbling setzte. Er reichte ihm etwas Lembas, welches Frodo zwar annahm, es aber nicht anrührte.

„Meine Wunde… sie tut weh.“, gestand er kleinlaut. Aragorns Gesicht legte sich daraufhin in Falten. Er schien sehr besorgt, vor allem aber machte er sich Vorwürfe. Er hätte den Angriff auf Frodo verhindern müssen. Er hätte nie zulassen würfen, dass der Ringträger eine solche Verletzung mit sich trug. Auf einmal sah Aragorn auf. Ihm kam es so vor, als würde er ein paar Augen auf sich spüren, einen Blick, der irgendwie in sein Innerstes drang. Und tatsächlich. Als er den Blick hob sah er Lunita, die ihn stumm ansah. Ihr Blick sagte nichts und doch wusste Aragorn in jenem Moment, dass sie wusste, was er gedacht hatte. Dann aber war dieser Ausdruck verschwunden und Aragorn war sich nicht mehr sicher, ob er sich nicht doch geirrt hatte. Woher sollte sie auch seine Gedanken kennen? Anderseits war sie eine Alte. Wer wusste schon genau, was sie alles konnte.

Lunitas Blick galt nun Frodo, der immer noch stumm da saß und seine Wunde berührte. Sie war gut verheilt und meist spürte er sie kaum, aber jetzt tat sie weh. Er schob es auf die Anstrengung der letzten Tage.

„Du trägst nun mehr als nur eine Last mit dir.“, sagte Lunita mit einmal dicht vor ihm. Frodo sah auf und staunte nicht schlecht, als sie plötzlich vor ihm kniete. Er hatte nicht gehört, dass sie zu ihm gekommen war. Frodo nickte stumm. „Sie sind nicht besiegt. Sie sind auf der Suche nach ihm, deshalb spürst du ihr Mahl.“, sagte sie leise und irgendwie klang sie düster. Auch die anderen sahen nun zu ihr. Es waren die ersten Worte, die Lunita in den letzten Tagen gesprochen hatte, zu Gandalf einmal ausgenommen (und die eher scherzhaft gemeinte Bemerkung zu Pippin).

„Wie können sie nicht tot sein?“, fragte nun Merry überrascht. Für jeden von ihnen war klar, wovon sie sprach. Keiner musste das fragen. „Nachdem, was in der Furt mit ihnen passiert ist…wie…?“ Merry konnte seine Gedanken hörbar nicht so recht in Worte packen. Lunita wandt sich ihm zu, nickend.

„Sie sind nicht lebendig.“, sagte sie knapp.

„Für mich sahen die sehr lebendig aus.“, murmelte Sam in sich hinein. Er traute sich nicht, es lauter zu sagen. Er wollte keinesfalls den Unmut der Alten auf sich ziehen. Außerdem glaubte er, dass sie ein wenig mehr von alledem verstand, was hier geschah, als er. Aber es war einfach unlogisch. Noch unlogischer für Sam war, dass sich ein leichtes Lächeln in Lunitas Gesicht schlich. Sie tat das nur selten, in den letzten Tagen gar nicht.

„Das sind sie nicht.“, antwortet stattdessen nun Aragorn Sam.

„Ja aber was sind sie denn?“, warf Merry ein, der das immer noch nicht verstand. Für ihn gab es nur tot oder eben lebendig. Wie beim heiligen Pfeifenkraut sollte es da ein Zwischenweg geben? Lunita sah ihn wieder an. Sie lächelte nicht mehr, aber die Härte, welche die letzten Tage auf ihrem Gesicht gelegen hatte, war verschwunden.

„Einst waren sie Menschen, große Könige der Menschen.“, sagte sie mit leiser, aber fester Stimme. Es war einer jener Momente, in denen Lunita so alt wie die Welt erschien. „Dann hat ihnen Sauron, der Verräter, die neun Ringe der Macht gegeben. Blind vor Habgier nahmen sie sie an, ohne zu überlegen. Und der Reihe nach fielen sie in die Dunkelheit. Jetzt sind sie Sklaven seines Willens. Sie sind die Nazgúl, Ringgeister, weder lebendig noch tot. Zu allen Zeiten spüren sie die Gegenwart des Ringes.“ Bei diesen Worten sah sie nun direkt Frodo an, der seinen Blick gar nicht von Lunitas dunklen Augen abwenden konnte. „Getrieben von der Macht des Einen, werden sie nie aufhören dich zu jagen.“, sagte sie düster wie eine Prophezeiung. Es war still, alle Augen ruhten aus Frodo und Lunita, niemand traute sich ein Wort zu sagen, bis plötzlich leise Pippins Stimme ertönte: „Oh, das ist nicht gut.“ Alle drehten sich zu ihm um und sahen überrascht drein. Was hatte er erwartet? Eine gemütliche Wanderung ohne Gefahren Vorkommnissen. Wieder einmal wurde den Gefährten klar wie wenig Ahnung sie doch davon hatten, was sie erwarten würde.

„Na ja, wenigstens redet Lunita wieder mit uns.“, sagte Pippin dann Schultern zuckend als hätte er das Gefühl irgendetwas sagen zu müssen, wo ihn doch eh schon alle ansahen. Und irgendwie verfehlten diese Worte ihre Wirkung nicht. In fast jedes Gesicht schlich sich bei dieser Bemerkung ein Schmunzeln. Der kleine Hobbit hatte so eine Gabe den Leuten ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Dann wandten sie die Blicke ab und fast jeder sah Lunita an, als erwarteten sie eine Zustimmung. Diese sah kurz überrascht drein, dann aber verschwand dieser Ausdruck aus ihrem Gesicht. Sie zuckte gelassen die Schultern. Etwas zu sagen erschien ihr nicht mehr nötig.



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