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Herzensbande

von

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Erinnerung

Durch die Sonne dieses warmen Sommertages schimmerte sein schwarzes Haar etwas bläulich und ich verspürte irgendwie den Wunsch mit der Hand durch diese Strähnen zu wuscheln.

Aber ich durfte ja nicht.

Mama hatte mir gesagt, dass man fremde Sachen ohne Erlaubnis nicht anfassen durfte. Also begnügte ich mich mit dem Anblick.

So jemanden hatte ich zuvor noch nie gesehen. Er war vielleicht ein Jahr älter als ich, aber er war nicht wie die anderen Kinder, die ich bisher kennen gelernt hatte.

Ruhig, ausgeglichen, traurig. Ja, traurig!

Ich glaube dieses Wort traf den Anblick dieses kleinen Jungen am besten.
 

Ich wusste nicht warum er so alleine an diesem See saß und sein Spiegelbild anstierte.

Ich wusste auch nicht, ob ich das durfte, was ich jetzt vor hatte, trotzdem lief ich zu ihm hin.
 

Wenn Mama wüsste, dass ich mit Fremden rede, würde sie bestimmt böse werden. Sie macht sich immer große Sorgen und meint, ich sei noch zu klein um alleine herumzulaufen. Besonders in einer fremden Stadt.

Aber Papa schaffte es immer Mama zu überzeugen. Darum durfte ich jetzt auch alleine etwas durch das Dorf laufen.
 

„Lauf nur nicht zu weit weg“, hatte Mama gesagt. „ Und rede nicht mit Fremden!“.

Das hatte ich bisher auch nie gemacht, aber was ist wenn ich nicht mit diesem Jungen rede, sondern ihn einfach nur ansehe? Davon hatte sie nichts gesagt!

Also lief ich zum Steg und setzte mich direkt neben dem schwarzhaarigen Jungen.
 

Er schreckte kurz auf, schaute mich dann aber direkt an. Seine tiefschwarzen Augen faszinierten mich sogar mehr als seine Haare. Ich war wie gebannt von ihnen und musste lächeln.
 

Mein Gegenüber sah mich komisch an, legte sogar den Kopf etwas schief, sodass ihm ein paar lange Strähnen ins Gesicht fielen. Das brachte mich sogar zum Grinsen.
 

Aber was jetzt? Ich konnte zwar ewig sitzen und ihn ansehen, aber langsam wurde das auch langweilig.

Außerdem schaute mich der Junge immer komischer an, als wäre ich das seltsamste, was er je gesehen hatte.

Vielleicht könnten wir ja etwas spielen? Aber was?

Fragen konnte ich den Schwarzhaarigen nicht. Ich durfte ja mit Fremden nicht sprechen.

Lange überlegte ich, bis mir etwas einfiel.
 

Schnell sprang ich auf und bedeutete ihm mit wildem Armgefuchtel auch aufzustehen. Der Junge schaute mich aber nur verwirrt an und regte sich nicht.

Also nahm ich ihn bei den Händen und zog ihn auf die Beine. Das verwirrte ihn wohl noch mehr, denn er zog seine Augenbrauen tief runter und schaute mich irritiert an.
 

Das störte mich nicht. Ich zog ihn vom Steg ans Ufer und bedeutete ihm wegzulaufen.

Das schien er nicht zu verstehen. Also stupste ich an am Arm und lief stattdessen weg.

Nach ein paar Metern drehte ich mich um. Er stand noch am selben Platz. Also fuchtelte ich wieder mit den Armen und deutete ihm mir zu folgen.

Nach kurzem Warten, schlich sich plötzlich ein kleines Lächeln auf seine Lippen und er rannte los.

Ich hatte gar nicht die Zeit zu reagieren, da hatte er mich schon eingeholt und mich erwischt.
 

Ich grinste nur und rannte ihm hinterher, während er weglief. So spielten wir eine ganze Weile lang Fangen bis wir beide völlig außer Atem nebeneinander im Sand saßen.
 

Plötzlich fing der Junge neben mir an etwas zu lachen und hielt sich dabei die Hand vor den Mund.

Sollte ihn keiner beim Lachen sehen? Komisch.

Trotzdem musste ich mit lachen und konnte gar nicht mehr aufhören, bis mein Bauch wehtat. Dann lag ich im Sand ausgestreckt und sah mir die Wolken an.
 

Eine sah aus wie eine Blume.
 

Die andere sah aus wie ein Stück Kuchen.
 

Wieder eine andere sah aus wie ein Kaninchen.
 

Ich grinste vor mich hin und stellte bald fest, dass mich der Schwarzhaarige die ganze Zeit über ansah. Ich zeigte in den Himmel und grinste. Er sah kurz nach oben, schaute dann aber mit gerunzelter Stirn wieder zu mir runter.

Hatte er die schönen Wolken nicht gesehen?
 

Da setzte ich mich auf und fand in meiner Reichweite eine kleine Blume. Ich zupfte sie ab, zeigte sie dem Schwarzhaargen und deutete dann in den Himmel. Kurz schaute er mich noch verwirrt an, schien aber dann zu verstehen und lächelte in den Himmel.
 

So lagen wir dann auch eine Weile da und suchten lustige Figuren in den Wolken. Lachten manchmal auf, wenn wir eine fanden, die wie ein alter Mann aussah, der ein kleines Kind verscheucht oder eine Katze, die einen Hund jagt.

Irgendwann wurde auch das etwas langweilig und ich überlegte mir, was man noch machen könnte. Dann hatte ich die Idee.
 

Ich sprang wieder schnell auf die Beine und suchte eifrig im Sand nach schönen Steinen. Der Schwarzhaarige setzte sich auf und beobachtete mich eine Weile. Als ich dann einen schönen flachen Stein gefunden hatte, stellte ich mich breitbeinig vor das Wasser und schleuderte ihn wie es mir Papa gezeigt hatte auf das Wasser.
 

Er machte ganze 2 Hüpfer bevor er im Wasser verschwand. Freudig sprang ich in die Luft und drehte mich zum Jungen um, der mich etwas fasziniert ansah.

Da hielt ich ihm die Hand mit den anderen Steinen hin. Kurz sah er unschlüssig drauf, bis er auch einen davon nahm und sich dann zu mir ans Wasser stellte. Er stellte sich in die gleiche Stellung wie ich zuvor und schleuderte den Stein ins Wasser. Dieser machte nur einen Hüpfer und verschwand dann sofort.
 

Der Schwarzhaarige sah etwas geknickt drein, ich aber klatschte in die Hände und lächelte ihn an. Ich habe lange gebraucht um Steine auf dem Wasser hüpfen zu lassen und Papa hatte mich immer wieder korrigiert. Hat manchmal sogar gelacht als ich mich einmal versehentlich mit ins Wasser geworfen habe oder der Stein mit einem komischen „Plop“ sofort unter gegangen ist. Ich war dann oft böse wegen Papas Lachen, musste aber bald auch selber lachen. Mama sagt immer ich habe das gleiche ansteckende Lachen wie Papa. Aber auch seinen Dickkopf. Darum habe ich nie aufgegeben bis ich es konnte.
 

Jetzt drückte ich dem Schwarzhaarigen einen weiteren Stein in die Hand und stellte mich selber mit einem weiteren in die Grundstellung. Er machte mich nach und seiner sprang dieses mal zwei mal.

Meiner versank aber mit einem „Plop“.
 

Da guckte ich nun blöd, als der Schwarzhaarige meinen Gesichtsausdruck sah und anfing zu lachen.
 

Es war ein schönes Lachen. Da fing auch ich wieder an. So haben wir dann Steine-Hüpfen gespielt, bis uns die Steine ausgingen und wir nach neuen suchen mussten.
 

Plötzlich fand ich einen, der aussah wie ein Herz. Es war halb im Sand begraben gewesen. Ich machte es sauber und lief sofort zum Schwarzhaarigen, der es sich auch genauer ansah.

Dann hatte ich wieder eine Idee.
 

Ich nahm ihm den Stein ab und suchte nach einem großen spitzen Stein und einem guten Platz. Da legte ich das Herz hin und haute dann so fest ich konnte mit dem anderen drauf. Es machte einmal laut „Krak“ und schon war der Stein genau in der Mitte in 2 Hälften zerbrochen.
 

Ich nahm beide Stücke und lief wieder zum Schwarzhaarigen, der mich irritiert ansah. Ich hob beide Teile aneinander, damit er sehen konnte, was ich gemacht hatte und hielt ihm dann eine Hälfte hin.

Er legte zuerst den Kopf etwas schief, nahm dann aber den Stein aus meiner Hand und betrachtete ihn genauer.
 

Plötzlich sah er mich lächelt an und schloss die Hand um das kleine Bruchstück. Ich tat es ihm nach und grinste ihn an.
 

Auf einmal hörte ich die Stimme meiner Mama. Sie rief nach mir.

Da schaute ich zur Sonne und stellte fest, dass es bald schon dunkel wurde.

Ich hatte gar nicht gemerkt, dass es schon so spät war. Traurig schaute ich meinen neuen Spielkameraden an. Dieser schien auch etwas traurig zu sein.
 

Ich hätte ihm gerne gesagt, dass wir morgen wieder spielen können, aber meine Mama und mein Papa haben hier nur einen alten Freund besucht und wir würden heute schon wieder weiter fahren. Darum schaute ich noch trauriger kurz auf den Boden bis ich die kleine Herzhälfte in meiner Hand spürte.

Da lächelte ich meinen Gegenüber wieder an und stupste ihn kurz am Arm an. Er schaute mich überrascht an, bis ich ihm grinsend winkte und den Stein hoch hielt.
 

Kurz schaute er mich noch stumm an, dann lächelte er leicht und hielt mir seinen kleinen Finger hin.
 

//Versprich mir, dass wir bald wieder miteinander spielen können, ja?//
 

So hörte sich das für mich an, auch wenn er kein Wort sagte.
 

Da grinste ich ihn nur noch mehr an und gab ihm auch meinen kleinen Finger.
 

//Indianerehrenwort! Ich vergesse dich nicht!//

So hatte ich es sagen wollen, aber der Schwarzhaarige schien mich bereits ohne Worte zu verstehen.
 

Da hörte ich wieder meine Mama nach mir rufen. Ich grinste ihn noch mal an und drückte seine Hand kurz, bevor ich ihm winkte und lächelnd zu meiner Mama lief.
 

Ich merkte nicht wie der Schwarzhaarige mir noch kurz hinter hersah und dann die kleine Herzhälfte in seiner Faust an sich drückte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Miss
2011-07-29T10:52:06+00:00 29.07.2011 12:52
Oh wie süß ;-)
Da haben die beiden miteinander gespielt ohne zu reden.
Da sieht man wie kreativ Kinder sein können!

LG Miss
Von:  sasa56
2010-10-06T17:53:47+00:00 06.10.2010 19:53
super kaptel.
freu mich aufs neue kapitel.
lg
sasa56


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