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120 Tage für Torchwood

120 One-Shots
von

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Schnee

Schlagwort: Schnee

Hauptcharakter(Hauptpairing: Owen Harper

Genre: Drama
 

Schnee


 

Kalter Atem lag auf seiner Brust und er spürte wie sein Körper von innen heraus zu erstarren schien. Wie lange lag er jetzt schon hier? 10 Minuten? Waren es mehr oder weniger? War es nicht schon die Ewigkeit? Wo war Jack? Wo war Ianto oder Gwen?

Und vor allem... wo war Tosh? Sie war doch das Genie – oder nicht? Sie hatte ihm schon so oft geholfen, so oft das Leben gerettet in jeglicher Hinsicht.

Das Weevil grunzte. Es schien als wolle es sich noch näher an den drahtigen Körper heran kuscheln. Fast hätte Owen gedacht, es würde wie ein kleines Kind den Daumen zwischen die Zähne schieben, aber die Bewegung erstarrte genauso schnell wie sie angesetzt wurde. Das war sein Leid. Herrscher der Weevil oder so. So ganz hatte er es noch nicht begriffen. Es kribbelte nicht einmal in seinen Fingerkuppen. Wie sollte es auch? Die Weevil hatten ihn getragen, ihn schon fast entführt und das in einem der unpassendsten Augenblicken, die man sich nur hätte aussuchen können. Er war allein gewesen, allein in der Basis.

Dr. Owen Harper hatte gedacht, er würde keine Angst mehr haben müssen. Er starb für ewig – und der einzige Trost an der Sache war lediglich, dass er dabei nichts fühlte. Es war beklemmend. Wie sollte man ein Gefühl beschreiben, das man selbst sich nur einbildete es zu fühlen. Aber hier, in diesem dunklen Keller verspürte er Angst. Angst, die ihm den Atem nahm, den Atem, den er schon lange nicht mehr hatte nehmen können.

Er lag immer noch regungslos. Auch wenn er für die Weevils ein Messias war, so war immer noch nicht garantiert, dass sie nicht aus einem Schreckmoment heraus ihn zerreißen würden.

Owen hob seinen endlos schweren Arm, auf dem das Weevil seinen Kopf gelegt hatte, und strich der Kreatur über die wenigen Haare. Ihm war noch nie aufgefallen, dass sie teils weiche und krauses Haare hatten. Er beobachtete sie nun schon eine geraume Weile und so viele Dinge hatte er an ihnen schon entdeckt. Schwachen telepathischen Fähigkeiten hatten sie, ihre Art der Kommunikation, wie sich Angst, Schmerz und Ärger zeigten. Und dabei hatte Owen die Äußerlichkeiten, kleine unbedeutend erscheinende Dinge, völlig übersehen.

Haare. Warum auch nicht? Es sollte ja nicht nur wenigen Spezien ein Haarwuchs gegönnt sein. Mutter Natur – Owen unterdrückte ein lautes Auflachen – war schon immer fair gewesen.

Das Weevil grunzte erneut und schien nun endlich sich weg zu rollen. Owens Brust hob und senkte sich nun etwas stärker. Die Angst drückte immer noch auf seine Brust. Sein Headset war aus. Er wollte es nicht riskieren, dass auch nur eines dieser Kreaturen zu panisch reagieren würde.

Ein anderes Weevil vergrub die Hand im Gesicht dessen, was eben noch an Owens Brust lag. Sie rollten etwas weiter weg und Owen hatte seit einer gefühlten Ewigkeit nun endlich freie Bewegung. Langsam, ruhig und mit verschlossenen Augen erhob er sich. Ließ seine Füßen den festen Boden spüren, sog leise die Luft ein, hätte sich beinahe selbst für sein so lebendiges Verhalten verspottet. Seine Schuhe hatte er bei der Anreise schon verloren – oder hatten einfach die Weevils ihm die Schuhe genommen, weil sie es dem Herrscher nicht gewähren wollten, Schuhe zu tragen. Nun, was Owen für absurd hielt, konnte aber doch bedeutend sein. Was wusste er schon von den Weevils.

Seine Füße glitten über den kalten Boden, bahnten sich ihren Weg. Wo lief er eigentlich hin? Es war dunkel und obwohl Owen schon länger in dieser Dunkelheit war, hatten sich seine Augen noch nicht daran gewöhnt. Oder vielleicht ist es treffender zu sagen, dass seine Augen sich bereits so weit wie es ihnen möglich war, an die dunkle Umgebung gewöhnt hatten. Und dennoch, und dennoch reichte es nicht aus, mehr als nur Schemen erahnen zu können. Owen hatte mittlerweile seine Jeans schon hochgekrempelt, damit sie nicht über den Boden scharrte.

War da eine Tür? Es roch nach duftenden Blumen aus der Richtung, in die er sich wagte. Und nach Haselnüssen. Glaubte er. Wie konnte er sich sicher sein?

Owen verwarf die Gedanken. Er hatte sich verdammt nochmal sicher zu sein. Woran sollte er sich sonst halten? Was würde sonst noch Sinn machen. Er schlich dem Geruch nach. Es erfüllte ihn, umgarnte ihn, verführte ihn. Es roch nach... ja, wonach eigentlich? Owen schlufte weiter, immer weiter. So leise wie möglich. Ihm erschien die Luft so trocken um sich herum, dass er sich nicht traute zu schlucken. Dann nach einem Wimpernschlag wusste er, dass er direkt vor einer Tür stand. Sie war unscheinbar. Sie war klein. Sie war... ein Ausgang?

Hinter ihm grunzte es, Laute waren zu vernehmen, Erwachen lag in der Luft. Owen war wenige Herzschläge vom Aufschrei der Weevils entfernt, er wusste es. Woher er es wusste, war ihm nicht klar. Es war einfach da wie ein dumpfer Schmerz in seinem Kopf. Wie ein Dröhnen in seinen Ohren. Er roch es, er sah es, er schmeckte es, er hörte es, er fühlte es. Das Wissen war da, es war echt. Und es beunruhigte ihn. Wieder schloss er die Augen, atmete lange aus, spürte das kalte Messing des alten Türgriffes, umgriff es und drückte den Griff energisch nach unten, um die Tür aufzuschwingen, duckend durch zu hasten. Er vernahm noch einen Aufschrei. Völlig gelassen, aber wendig sah er zu der Schar Weevils, die zornig und enttäuscht zu gleich drein blickten. Zumindest hielt Owen ihre Reaktion für das. Aber vielleicht war auch seine Einschätzung viel zu menschlich, viel zu mitfühlend.

Owen schloss die Tür.

Es war kalt. Zu kalt für diese Jahreszeit. Und wo eben noch eine Tür war, griff er nun ins Leere. Es war hell. Zu hell. Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Und es verging erneut eine Ewigkeit bis er sich traute die Finger zu spreizen, an seinem Gesicht herunterfahren zu lassen. Er erkannte nichts. Die Luft um ihn herum war so diesig, so grau, so tot. Er hob die Hand, streckte den Arm von sich und sah seine eigenen Finger nur noch schemenhaft. Und nicht einmal mehr das. Er sah die Finger, weil er wusste, dass sie da waren. Mehr nicht. Es war furchtbar kalt. Unmerklich begann er zu zittern, zu frösteln, zu erstarren, zu frieren. Auch wenn er bereits schon einmal tot war. Auch wenn er keine Schmerzen hätte spüren können. Auch wenn er keinen Herzschlag, keinen Blutkreislauf, keinen Stoffwechsel mehr hatte. Er fror. Er fror so erbärmlich, dass er fast zu vergessen gedachte, wer er war. Die trübe Sicht, der nicht sichtbare Boden, das falsche oben und unten, einfach alles was er wahrnahm trieb ihn fast in den Wahnsinn.

Aber am schrecklichsten war diese Stille. Diese Stille in Zusammenspiel mit dem Haselnussgeruch. Owen wollte schreien, um Hilfe rufen, in sich zusammenbrechen. Aber er war unfähig, unfähig vor Kälte und Angst.

Verdammt, wo war Toshiko? Wo war Jack?

Wo um alles in der Welt war dieser verdammte Weltenretter?
 

Allein.

Allein.

Allein.

Allein.

Allein.

Wer bist du?

Wer bin ich?

Allein.

Allein.

Allein.

Du auch?

Ich nicht.

Wer bist du?

Wer bin ich?

Allein.

Oder nicht?

Was ist Einsamkeit?

Was ist Gemeinschaft?

Wo bist du?

Wo bin ich?

Warst du jemals weg?

Waren wir je zusammen?

Eine leichte Brise zog auf und trug Staub mit sich. Er drang in Owens Nasenlöcher ein, kämpfte sich zu den Nebenhöhlen vor, bahnte unaufhaltsam seinen Weg zur Lunge. Doch da blieb er liegen. Kurz. Dann kam eine erneute Brise, die mehr Staub brachte, der sich wiederum durch Owen fraß, in seiner Lunge umher tanzten, tollten. Owen begann zu husten und zu würgen. Er spürte, dass er erneut starb, wieder einmal. Doch diesmal war es anders. Beängstigender, grausamer. Er spuckte Blut. Es quoll aus ihm heraus. Und obwohl er lange glaubt hatte, nie wieder den metallischen Genuss von Blut in seinem Mund schmecken zu können, wünschte er sich, dass es vorbei sei.

Die Augen zu Schlitzen zusammengekniffen, griff er nach dem umherfliegenden Staub. Er war kalt. Kalt und spröde. Es war kein Staub. Es war... Schnee? Simpler, körniger Schnee. Owen betrachtete angestrengt den Eiskristall auf seiner Fingerkuppe. Er erkannte keine vertraute Struktur. Das gefrorene Wassermolekül hatte eine unbekannte intermolekulare Struktur. Nun, unbekannt war das falsche Wort. Owen wusste, dass viele Varianten von Schnee und Eis möglich waren und existierten. Sein nächster Gedanke ließ ihn erschauern und der Würgegriff der Realität packte ihn. Wo auch immer er war, es war nicht mehr die Erde. Er war durch den Riss gegangen. Er war... wo war er eigentlich?

Owen schloss seine Augen. Ganz langsam, fast unmerklich ging er in die Knie. Seine Bewegung nahm eine Zeitspanne ein, die er nie für möglich gehalten hatte. Immer weiter. Weiter. Weiter. Eine undefinierbare Zeit strich an ihm vorbei, ließ ihn vergessen.

Was war? Wo? Warum?

Bedeutungslos.

Eine Sirene war zu hören. In der Stille. Owen lachte in sich hinein. Das war das Ende der Welt und er hörte eine Sirene? Mittlerweile saß er auf... dem Boden, der nicht da war. Aber er fiel nicht. Zumindest glaubte er das nicht. Aber wie war das nochmal? Wenn man fällt, dann merkt man es nicht? Wenn man keiner Gravitation ausgesetzt ist, ist es unmöglich einen Fall von einem festen Stand zu unterscheiden? Vage Erinnerungen. Vergessene Erinnerungen. Erinnerungen, die so alt waren. Erinnerungen, die entstanden bevor Jack ihn bei Torchwood eingestellt hatte. Wann war das? Wo war das? Studium?

Die Sirene wurde lauter und es fiel Owen immer schwerer, sie zu ignorieren. Er blickte nun doch auf. Er sah ein Licht. Ein Licht? Und einen dunklen Schatten direkt darunter.

Einbildung. Etwas anderes konnte es nicht sein. Owen schloss wieder die Augen und ließ den Kopf sinken. Er fühlte das Blut, wie es seine Kehle hinab lief, unaufhaltsam und unbarmherzig. Und dann kam die Müdigkeit, die er schon so lange misste. Und er gab sich ihr hin, ganz glücklich. Das würde ein Ende bringen. Nach so langer Zeit. Endlich ein Ende. Owen kippte auf die Seite, rollte sich ein. Vorbei. Vorbei. Vorbei?

Schritte. Laut hallend in seine Ohren. Schritte. Oder wieder nur Illusion? Er spürte Hände, die ihn trugen. Warme, zierliche Hände. Doch er konnte die Augen nicht öffnen. Man trug ihn in die Richtung, aus welcher der Klang dieser Sirene kam. Dann war alles wieder still. Und trocken. Owen vernahm Stimmen. 3 verschiedene Personen standen wohl um ihn herum. Und zwei Stimmen kamen ihm so schrecklich vertraut vor. Doch da war etwas, etwas was die Stimme verzerrte. Als hielte man sich ein Tuch vor den Mund, um seine Stimme zu verändern. Etwas leichtes legte man ihm um den Kopf. Owen riss entsetzt die Augen auf, aber er sah nichts. Seine Hände und Füße wurden festgehalten, die Augenbinde war festgezogen. Wer auch immer ihm da geholt hatte, wollte nicht erkannt werden. Er spürte das Grinsen eines Mannes, der neben ihm saß. Der Mann sagte etwas. Aber es war zu weit weg. Owen war schon viel zu weit weg von allem.

Er wehrte sich nicht mehr. Schwach erschlaffte er und wollte nur noch sich der Müdigkeit hingeben.
 

Ein unangenehmes Geräusch surrte in seinen Ohren. Dr. Owen Harper schlug nach seinem Wecker, erwischte ihn und drehte sich noch einmal in seinem Bett um. Das flauschige Kissen umgarnte sein Ohr, den Hinterkopf und die Wange. Der Wecker begann wieder zu surren und Owen gab sich seinem Schicksal hin, unweigerlich aufstehen zu müssen. Er schlufte ins Bad, schmierte sich mit Rasierschaum ein, nur um ihn dann sofort wieder abzuwischen. Wann würde er sich daran gewöhnen, solch alltägliche Dinge nicht mehr tun zu können.

Sein Blick streifte sein Ebenbild im Spiegel. Er sah miserabel aus. Wie als hätte man ihn ausgespuckt. Erst jetzt bemerkte er, dass ein belegendes Gefühl sich in seinem Mund ausbreitete. Er begann zu husten und zu spucken. Blut würgte er ins Waschbecken begleitet von einem seltsamen grauen Schleier. Als Owen sich einigermaßen erholt hatte, sah er wieder sein Spiegelbild an. Ganz langsam öffnete er seinen Mund und streckte die Zunge aus. Er sammelte winzige Krümel von seiner Zunge. Sie waren kalt.

Schnee.

Owen sah in sein Schlafzimmer zurück. Sein Wecker hatte nur ein einziges Mal geklingelt. Aber... von wo kam das andere Geräusch davor? Er ging durch das Badezimmer zum Schlafzimmer zum Fenster. Blickte hinaus, aber da war nichts. Eine schlafende Stadt, die in einer halben Stunde spätestens langsam erwacht. Nicht mehr.

Owen ging zur Arbeit und ehe er es bemerkte, stand er vor seinem Operationstisch und untersuchte einen Anhalter. Toshiko kam die Stufen herunter.

„Ich habe hier deinen Bericht. Kannst du bitte noch die telepathischen Fähigkeiten der Weevils ergänzen? Du scheinst sie vergessen zu haben.“

„Kein Problem.“ Owen wendete sich wieder seinem Untersuchungsobjekt zu.

„Ist irgendwas? Du sieht mitgenommen aus.“, fragte Tosh und setzte wieder ihren besorgten Blick auf. In solchen Momenten war es ihr so sehr anzusehen, was Owen nicht akzeptieren wollte. Tosh zu nahe an sich heranzulassen, würde bedeuten, dass er sie womöglich noch mehr verletzt als er es so schon tat. Doch dafür hatte er jetzt keine Zeit. Es gab da etwas, dass seine Aufmerksamkeit verlangte.

„Was soll schon sein? Seltsame Dinge zu erleben ist schließlich Teil meines Jobs.“
 

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Hallo :)

Vielen Dank, dass du es bis hierher durchgehalten hast ;)

Die Szene, in der Owen gerettet wird, ist bewusst verwirrend geschrieben und wird einem späteren One-Shot nocheinmal aufgegriffen.

Dieser Silient Hill Effekt ist mir aber erst viel später aufgefallen :D

Vielleicht bis zum nächsten One-Shot - Ich würde mich sehr freuen ;)
 

Liebe Grüße,

Yoite



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-07-29T20:43:59+00:00 29.07.2010 22:43
Ist mal ne Idee und ein Vorhaben Oo
*gespannt bin, wies weitergeht*
schreib(t) weiter!^^


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