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Klingt komisch, is' aber so

von

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Die eine Sorte Frau

„Scheiße, scheiße, scheiße…“
 

Was sollte man machen, an Tagen wie diesen? An solch vermaledeiten Tagen, an denen einfach alles komplett schief läuft? Was soll man denn machen, wenn man sich zuerst vor einer ganzen Stadt (im Wasser) komplett zum Vollidioten macht, weil der eigene Schiffskapitän es von vornherein nicht fertig bringt, sich von jenem Wasser fernzuhalten und dann jämmerlich absäuft und sich ausgerechnet dich als Retter auserkoren hat?

Was soll man machen, wenn einen die eigene Schiffsnavigatorin um ein paar hundert Berry leichter macht, nur damit man selbst nicht im hintersten Niemandsland wieder auftaucht?
 

Ja, was soll man machen, wenn man zu guter Letzt aus Versehen auch noch eine (am Boden liegende) Brille zertrampelt, einem mit einemmal unangenehm bewusst wird, dass man diese Brille schon öfter zertrampelt hat, und dann von einem weiblichen, halb wahnsinnigen (und halbblinden) Marineleutnant mit erheblichen Gleichgewichtsstörungen durch ganz Water Seven gejagt wird?

Klingt komisch, is’ aber so.
 

Genau dasselbe was ihr euch jetzt fragt, fragte sich Lorenor Zorro schon seit geraumer Zeit, nämlich seit genau sechs Minuten, zweiunddreißig Sekunden und mehreren dutzend Weggabelungen. Seine Orientierung hatte er verloren, soviel stand fest, und dafür hatte er vierhundertzweiunddreißig Berry an Navigatorin-Ausbeuterin Nami bezahlt, damit genau das nicht passierte.

Alles Banane, welche Himmelsrichtung er einschlagen musste, um zurück zum Schiff zu kommen, wusste er schon lange nicht mehr, seine hart verdiente Kohle war ebenfalls den Bach runter gegangen und was er noch verloren hatte, waren seine Ruhe und sein Frieden.
 

Das Einzige was Zorro in dieser vermaledeiten Wasserstadt vorhatte, war eine friedliche Runde durch sämtliche Waffengeschäfte zu unternehmen und eventuell noch ein paar herumhängende Suchsteckbriefe abzugreifen. Was er aber absolut nicht brauchte, war, einen dunkelblauen, vor sich hinstolpernden Tornado an der Backe zu haben, der dummerweise ebenfalls eine gewisse Ahnung von Treffsicherheit, gut schneidenden Klingen und obendrein auch noch einen klitzekleinen Tick auf ihn hatte.
 

Tashigi Shoui, ein supernerviges, aber dennoch auffallendes kleines Anhängsel des großen Marineoffiziers Smoker, ein ständig unpünktliches, brillentragendes, katalog- schwenkendes und ihn-aus-der-Fassung-bringendes Geschöpf ohne besonders große Schwertkampffähigkeiten. Das lebende Abbild seiner verstorbenen Jugendfreundin Kuina, nur hatte sie keinen Stil.

Dass Leutnant Tashigi aber ein abgestempeltes Diplom in Sachen Ausdauer, Treffsicherheit und Schimpfwörter-um-sich-werfen besaß, hatte er bis heute auch noch nicht gewusst. Sie war die Sorte Frau, die er noch niemals hatte leiden können.

Bei jeder kleinen Auseinandersetzung ticken sie aus, die Frauen, dachte er, als er mit schnellen Schritten eine weitere Weggabelung der verflixt verwirrenden Wasserstadt Water Seven passierte. Ausgerechnet Tashigi. Klingt komisch, is’ aber so. Warum musste auch ausgerechnet sie ihm in die Wasserstadt folgen, so dramatisch war die Lage nämlich auch wieder nicht.
 

Er hatte bei ihrem ersten Zusammentreffen aus Versehen ihre Brille zerquetscht und sie in Loguetown mit ein paar Schwertzügen besiegt und anschließend eiskalt sitzen gelassen, nachdem sie herausgefunden hatte, dass er zur Strohhutpiratenbande gehörte und wild fuchtelnd mit ihrem Schwert auf ihn losgegangen war.

Okay, er hatte ihre Brille nicht nur einmal zertrampelt, sondern schon sensationelle drei Mal und er hatte sie mindestens doppelt so oft in irgendeiner Stadt auf dem Boden sitzen lassen, nachdem sie sich verzweifelt der Illusion hingegeben hatte, ihn eventuell schlagen zu können.
 

Aber allein das war doch kein Grund, mit so einer Hingabe auf ihn loszugehen und ihn stundenlang durch eine riesengroße Stadt mit wild fluchenden (und ebenso wild um sich schlagenden) Schiffsbaumeistern zu jagen, vor allem da sie wusste, dass seine Kondition nicht gerade die Allerbeste war.

Vor allem, wenn einem durch die ständigen Wasserwege sämtliche Fluchtwege abgeschirmt und versagt wurden, entwickelte sich eine solch einfache Verfolgungsjagd zu einem schwierigen Manöver. Verkehrsstau auf der Flussstraße, soviel stand fest.
 

Schwer atmend blieb Zorro schließlich hinter einem grauen Betongemäuer an einer Wasserzufahrtsstraße stehen und ließ sich gähnend in den Schneidersitz nieder. Keinen Schritt weiter! Wegzulaufen brachte ihm ja doch nichts. Hinter ihm erklangen schon Tashigis schnelle, leichte Frauenschritte und ihre unermüdlich kreischende Stimme: „Komm raus du Feigling!“ Sie blieb keuchend stehen. „Wo steckt er denn jetzt?“

Eine kurze Sekunde voll erleichternder Stille war kaum ausgekostet, als sich ein paar marineuniformblaue Hosenbeine vor ihm aufbauten. Eine blitzende, silberne Schwertklinge kitzelte ihn unangenehm an der Nase.
 

„Hab ich dich endlich, Lorenor Zorro.“, verkündete Tashigi mit unheilvoll tiefer Stimme und bewegte drohend ihr Schwert vor seinem Gesicht. „Verhältst du dich jetz endlich wie ein richtiger Mann und stellst dich dem Kampf? Lass das alberne Versteckspiel!“.

Über soviel einfältige weibliche Arroganz konnte er ganz einfach nur noch stöhnen und ein leichtes Schmunzeln entlockte sich ihm.

Frauenlogik… Klang komisch, war aber so.
 

Schließlich stand er auf. Das sollte Marineleutnant Tashigi sein? Nach mehreren kurzen Blicken auf ihr junges Gesicht rieb er sich verwirrt über die Augen. Konnte gar nicht sein. Diese Frau war viel schöner als Tashigi. Ihre feinen dunkelblau-schwarzen Haare schmiegten sich elegant an ihren schlanken Hals und ihre dünnen engen Klamotten betonten ihre schmale Figur auf eine seltsam erotische Weise. Zorro schluckte. Das konnte gar nicht Tashigi sein, nie im Leben. Das Einzige, was wohl gleich geblieben war, war ihr hitziges Temperament, die kaputte lila Brille, die an ihrem zarten Handgelenk baumelte und die ungeduldige Art, wie sie sich an ihrer Schwertscheide zu schaffen machte.

Während den vielen Verfolgungsjagden in den Monaten zuvor hatte er nie besonders viel Zeit gehabt, sie anzuschauen.
 

„Was starrst du mich so an?!“, platzte es unvermittelt aus ihr heraus. Zorro konnte noch nicht antworten. Zum allerersten Mal in seinem Leben war er vollkommen sprachlos, die leitenden Nerven zu seinem sonst so schlagkräftigen Sprechapparat hatten sich anscheinend in Luft aufgelöst. Die frühere Tashigi, die Kuina so verdammt ähnlich sah, war wohl im Laufe des letzten Jahres einfach verschwunden und hatte einer komplett neuen Tashigi Platz gemacht, die nur noch sich selbst auf eine komische Art und Weise ähnelte. Sie hatte es geschafft, aus sich so etwas wie eine erwachsene Frau zu machen.

Das kindliche Aussehen mit ihrem damaligen Haarschnitt war fort, sie hatte wohl auch etwas mehr weibliches Benehmen und Anstand gelernt, und sie hatte anscheinend auch mitbekommen, dass sich die Welt nicht nur um wüste Piratenbanden und wilde Seeschlachten drehte. Tashigi war einfach… p e r f e k t
 

„Du…“, stammelte sie, vollkommen aus der Fassung gebracht. Tashigi hatte alles erwartet, einfach alles. Dass er ihr die (neue) Brille zertrampelt hatte, ohne groß darauf zu achten, das war sie mittlerweile gewohnt. Dass er weggerannt war, um sie nicht noch einmal bekämpfen zu müssen – klar. Aber dass der heißblütige, von ihr gelangweilte Zorro, statt seine Schwerter zu zücken und auf sie loszugehen, damit zufrieden war, sie einfach anzustarren, das war etwas komplett Neues für sie.
 

„H…Hör auf mich so anzustarren!“, fauchte sie hitzig, sie wusste sich einfach nicht anders zu helfen. „Macht dir das Spaß?“

„Spaß? Mir? Ausgerechnet dich anzuschauen? Hättest du wohl gern!“ Zorro hatte seine Sprache letztendlich wieder gefunden (und sein Temperament).
 

„Du… du… Geschmackloser!! Oder bist du nur pervers?!“

„Geschmacklos? Pervers? Ich geb’ dir gleich pervers! Wer würde denn auf so eine Zimtzicke wie dich abfahren?!“

„Pah, glaubst du, irgendein Mädchen würde auf einen zweitklassigen Schwertfuchtler wie dich stehen?!“

„Zweitklassig? Du hast sie wohl nicht mehr alle! Das muss ausgerechnet eine Marinetussi wie du von sich geben?“

„Marinetussi?? Na herzlichen Dank auch! Auf deine Kritik kann ich verzichten, du Pirat! Du weißt doch noch nicht mal wie man Tussi schreibt!“
 

Eigentlich wollte Tashigi noch viel mehr sagen, denn es hatte sich im Laufe der Jahre so einiges angesammelt, aber sie wurde abrupt unterbrochen, denn um sie herum ertönte blechernes Gelächter. Ein (normalerweise vor sich hin fluchender) Gondoliere stand wackelig (und betrunken) auf seiner kleinen Gondel und lachte sich krumm und bucklig! Die beiden boten aber auch einen komischen Anblick: Die Fäuste in die Hüfte gestemmt, eine Flut an Schimpfwörtern ausstoßend.

„Deine Schnegge will wohl heut nicht, what.“, lachte der Gondoliere und schlug sich vor lauter Vergnügen auf die Schenkel. „Versteh’ einer die Fraunnn!“
 

Das war unklug von ihm, dachte Zorro mitleidig. Denn nun richtete sich Tashigis ganze Wut direkt auf den lallenden Gondoliere. Zwei kurze Sekunden später sprang Zorro ebenfalls in Richtung Wasserstraße und packte Tashigi einfach irgendwo, um zu verhindern, dass sie sich blindlings ins Wasser stürzte und den verdutzten Gondoliere auf der Stelle umbrachte. „Bleib hier jetzt, nicht!“, stieß er hervor und riss an ihrem Arm herum. „Na warte du… ich… ich reiß dir… hier und jetzt…!“, kreischte Tashigi und schmiss voller Wut ihre lädierte Brille in Richtung des Gondoliere, der trotz seines alkoholvernebelten Gehirns überstürzt die Flucht ergriff.
 

„Tashigi, halt die Klappe und komm jetzt!“ Mit einem energischen Ruck zog Zorro sie in seine Richtung, weg vom Wasser. Kaum zu glauben, obwohl sie so hübsch und erwachsen geworden war, würde sie sich jederzeit wieder in irgendein Gewässer stürzen, um irgendwelche Leute zu erschlagen.
 

Unwillkürlich musste er grinsen. „Diese Sau!“, fauchte Tashigi. „Wenn ich den erwische, mach ich ihn kalt!“

Sie hielt inne. „Wo ist meine Brille?“

„Die hast du dem Sack hinterher geschmissen.“

„Kann doch nicht sein, wo ist das Ding?“

„Warte, ich such sie“

„Mach hier bloß nicht einen auf Frauenheld. Sobald ich das Teil wiederhabe, bist du der Nächste.“
 

Bei ihrem letzten Satz konnte Zorro einfach nicht mehr anders, als laut loszulachen. „Kaum zu glauben“, bemerkte Tashigi „du kannst ja lachen. Hätte nicht gedacht, dass das bei einem wie dir funktioniert.“
 

Mit einem Schlag war er wieder ernst. „Kannst du deinen verdammten Sarkasmus nicht einfach mal in der Schwertscheide lassen?“

„Sobald du mir zeigst, dass du auch mal nett sein kannst, gerne. Hast du meine Brille gefunden?“

„Ja.“

„Her damit.“

„Nein.“

„Nein?!“
 

„Die geb’ ich dir besser nicht, sonst schlägst du mir das Hirn raus.“

„Haha. Lass die Witze, gib mir meine Brille!“

„Nein, Kleines, das gibt’s später.“
 

In der Tat, zwei Sekunden später schlug er sich auf den Mund. Kleines? Kleines?! Was zur Hölle war ihm denn da schon wieder rausgerutscht?! Vorhin ihr Name, jetzt Kleines… Irgendwas war verkehrt mit ihm.
 

„Pah. Jetzt auf einmal Kleines?“, fragte Tashigi, immer noch leicht angesäuert, die das ebenfalls realisiert hatte. „Was ist denn mit dir los. Vorhin hast du mich noch Marinetussi genannt, schon vergessen?“ Sie machte einen Schritt auf ihn zu. Oh mein Gott…, dachte Zorro, was macht sie denn da? Sie rückte immer näher an ihn heran! Und lächelte dabei so… so komisch.

Irgendwann berührte die Mauer seinen Rücken, er konnte keine Schritte mehr zurück machen, aber sie kam noch immer näher! Er schloss die Augen. Schlimmer konnte es doch gar nicht mehr werden.

Aber es passierte nicht das, was er gedacht hatte, was passierte. Stattdessen riss ihm Tashigi mit einem triumphierenden „Ha!“ ihre verknackte Brille aus der Hand, setzte sie auf die Nase und sorgte somit wieder für ein funktionierendes Sehvermögen.
 

„Was… du… du wolltest nur deine Brille?!“, rief Zorro leicht ärgerlich und vollkommen aus der Fassung gebracht. „Na klar.“, gab Tashigi schnippisch zurück „was hast du denn gedacht?“ Sie starrte ihn an: „Du hast doch nicht geglaubt, dass ich… Nein!“ Nachdrücklich schüttelte sie ihren Kopf.

Dann lachte sie auf einmal los, strahlte ihn an und schubste ihn neckisch an der Schulter. „Bevor ich dich küssen würde, müsste schon die Welt davor untergehen.“ Nicht dass sie das ernst meinte, wenn sie ehrlich zu sich selbst gewesen wäre, hätte sie zugegeben, dass er der Einzige war, den sie jemals geküsst hätte, aber Tashigi hatte einfach zuviel Angst vor dem, was er eventuell erwidern könnte.
 

„Was? Na warte, du Marinetussi! Wenn ich dich erwische bist du dran!“, rief Zorro lachend aus. „Siehst du?“, kreischte Tashigi lachend und rannte los „du würdest dich ja doch nie ändern! Das hier war der lebende Beweis dafür!“ Als sie diese klitzekleine Tatsache erkannte, spürte sie einen winzigen, aber spürbaren Stich.
 

„Glaubst du? Na warte, Zimtzicke!“

„Na los, fang mich doch, du Möchtegernpirat!“
 

Manche Frauen ändern sich wohl doch nie, dachte Zorro am Ende schmunzelnd, als er sich letztendlich in Bewegung setzte.

Klingt komisch, is’ aber so. Auch sie hat sich kein bisschen verändert. Aber vielleicht ist es letztendlich auch genau das, was mich sie nicht vergessen lässt...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Wingsy
2013-09-25T14:44:20+00:00 25.09.2013 16:44
Sehr schöner Oneshot ;)
War lustig zu lesen wie sich die beiden als streiten xDDDD


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