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Kryptonit

Jeder Held hat eine Schwäche
von

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Lektion

Eigentlich wollte ich ja erst Papierherz weiterschreiben, aber heute Morgen hat es mich so gejuckt und dann konnte ich nicht mehr aufhören. Hachja. Ich fange an, Benni richtig zu mögen xD' Viel Spaß beim Lesen wünsche ich euch :)
 

Liebe Grüße!

____________________________
 

»Und dann hab ich es einfach gesagt und ich dachte, ich sterbe gleich, aber es war gar nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt hatte. Und später dann, im Sportunterricht…«

Ich muss schmunzeln. Das erste Mal höre ich Anjo reden wie einen Wasserfall. Und seine Stimme klingt so begeistert und aufgeregt, dass ich nicht umhin kann, ihn schon wieder niedlich zu finden. Er erzählt mir jetzt schon seit einer viertel Stunde jedes haarkleine Detail seines Montags.

»…hab ich ihm gesagt, er soll mich in Ruhe lassen und was er denn eigentlich dagegen hat, dass ich schwul bin. Und dann meinte er nur, er findet es abartig und ist gegangen. Aber er hat nicht mal versucht mich zu schlagen und das… hat mich total verwundert! Und ich gehe jetzt immer mit Lilli zur Schule. Und sie hat mich auf eine Kunstausstellung eingeladen. Wir sind beide im gleichen Kunst- LK… rede ich zu viel?«
 

Ich hab angefangen zu grinsen und er sieht prompt verunsichert aus. Aber ich schüttele den Kopf.

»Nein. Ich freu mich nur, dass du so begeistert bist. Hab dich bisher noch nicht so gut gelaunt und gesprächig erlebt«, erkläre ich und beobachte amüsiert, wie er rot anläuft. Das passiert ihm wirklich oft. Pepper liegt neben dem Sofa auf dem Boden und döst ein wenig vor sich hin. Anjo streichelt ihr ab und an über den Kopf. Mittlerweile ist sie so vernarrt in den Jungen, dass sie jedes Mal einen halben Herzinfarkt bekommt, wenn er klingelt.

Anjo schweigt eine Weile lang und krault gedankenverloren Peppers Kopf.

»Bist du eigentlich sauer?«, fragte er dann und kaut auf seiner Unterlippe herum. Ich runzele die Stirn.

»Sauer? Weswegen?«, frage ich verwirrt.

»Weil ich zu Jakob gegangen bin und mit ihm über dich geredet hab«, meint Anjo und linst unsicher hoch zu mir.
 

»Wie sollte ich denn sauer sein? Hat doch wunderbar geklappt. Ich bin echt dankbar dafür«, sage ich gerade heraus und auf seinem Gesicht breitet sich ein Strahlen aus, das mich wiederum zum Schmunzeln bringt.

»Dann ist ja gut. Was genau… was hat er denn gesagt, als du es ihm erklärt hast?«, will er gespannt wissen und sieht mich neugierig an.

Ich erzähle ihm, wie das Gespräch verlaufen ist, und als ich erwähne, dass Jakob mir seine Visitenkarte gegeben hat und er meinte, dass wir uns ja mal auf einen Kaffee treffen könnten, da strahlt Anjo schon wieder wie eine Glühbirne.

»Echt? Wie toll! Und, wann seht ihr euch wieder?«

»Keine Ahnung. Ich hab ihm gesagt, dass ich ihn anrufe, wenn meine Klausuren vorbei sind«, erkläre ich und strecke mich ein wenig. Sina wuselt durch die Wohnung, als hätte sie zu viel Energydrink getrunken. Sie sitzt garantiert wieder an ihrer Abschlussarbeit und macht sich wieder komplett kirre. Zwischendurch kommt sie ins Wohnzimmer, wuschelt mir und Anjo durch die Haare, stößt einen Fluch aus und verschwindet dann wieder. Ab und an zweifle ich an Sinas Verstand. Aber das behalte ich besser für mich, sonst verdonnert sie mich am Ende noch dazu das Bad zu putzen.
 

»Hast du heute Abend eigentlich Zeit zum Trainieren?«, erkundige ich mich und schaue Sina nach, die gerade an uns vorbei in die Küche getigert ist. Auch Anjo sieht ihr kurz verwirrt hinterher, dann dreht er den Kopf und sieht mich wieder an. Es ist unglaublich, wie oft der Kleine rot anlaufen kann. Seine Wangen glühen schon wieder.

»Ja, ich hab… immer Zeit«, sagt er und klingt dabei ein wenig verlegen. Es ist ihm wohl immer noch peinlich, dass er nicht allzu viele Kontakte pflegt. Innerlich seufze ich.

»Gut«, entgegne ich und grinse aufmunternd. Ich will ja nicht, dass er nach seinem Montagserfolg nun wieder traurig wird, weil ihm auffällt, dass alles nicht so schnell geht, wie er es vielleicht gerne hätte.
 

Wir verbringen den Nachmittag damit, dass Anjo mich einigen Chemiekram abfragt. Dazu verziehen wir uns in mein Zimmer, weil Sina einen absolut wahnsinnig macht. Zwischendurch hören wir sie noch fluchen, aber das blende ich gekonnt aus. Wenn ich mir vorstelle, dass Sina bald fertig ist und arbeiten geht, dann gruselt mich das schon ein wenig. Normalerweise sollte man mit vierundzwanzig auch fast fertig sein…

»Am Wochenende hat Felix’ Band übrigens ein Konzert hinten in der alten Lokhalle«, sage ich, während ich über eine der Fragen nachdenke, die Anjo mir gerade gestellt hat. »Hast du Lust mit hin zu gehen?«

»Sicher. Nicci hat wirklich toll gesungen«, meint er und lächelt ein wenig schwärmerisch. Ich verkneife mir ein Grinsen und schustere mir dann eine Antwort zusammen. Blöde Klausuren.

Es ist irgendwie erfrischend, wie sehr sich Anjo für manche Dinge begeistern kann.
 

Um sechs habe ich keine Lust mehr auf Chemie und leihe Anjo eins meiner T-Shirts und eine Boxershorts, die er zum Sport anziehen kann. Wahrscheinlich versinkt er drin, aber ich hab ihm extra ältere Sachen gegeben, die noch eine Nummer kleiner waren.

»Wir gehen mal zum Training«, rufe ich probehalber in Richtung von Sinas Zimmer, doch sie steckt ihren Kopf aus der Küche und sieht mit fuchsig an.

»Christian, alles ist Scheiße!«, beklagt sie sich und kommt in den Flur, um sich mir in die Arme zu werfen, »Ich hasse mein Leben! Mach, dass es anders ist!«

Ich muss lachen, drücke sie kurz an mich und gebe ihr einen Kuss auf die Stirn.

»Du schaffst das schon. Wenn ich wiederkomme, bist du sicher bestens gelaunt und hast das Problem in Grund und Boden gestampft.«

Sina rauft sich die Haare, dann knuddelt sie Anjo, der ziemlich perplex aussieht, und verschwindet wieder in der Küche. Wenn ich morgen früh nachsehe, ist das Nutellaglas garantiert leer.
 

Tatsächlich sind Anjo meine Sachen viel zu groß. Mein Shirt reicht ihm bis über die Hälfte der Oberschenkel und die Shorts rutscht ihm ständig von den Hüften.

»Zieh sie halt aus. Hast ja selber auch eine an«, sage ich schulterzuckend. Sein Gesicht wechselt von der normalen Farbe zu dunkelrot und ich verkneife mir ein Schmunzeln, als ich ihn dabei beobachte, wie er aus meiner zu großen Shorts steigt und nun scheinbar nur noch mein altes Shirt trägt, unter dem die Shorts gerade so hervorblitzt.

Ich gehe den Boxsack holen und Anjo steht nervös in der Mitte der Halle und ich sehe, wie er seine Hände abwechselnd zu Fäusten ballt und wieder locker lässt. Als ich wieder vor ihm stehe, richtet er sich zu voller Größe aus und strafft die Schultern. Ich muss lächeln.

»Weil ich mich so gern reden höre«, sage ich und er blinzelt ein wenig verwirrt, »zuerst noch ein bisschen Gequatsche.«

Sein Mund verzieht sich zu einem Lächeln und dann gluckst er leise.

»Du redest gar nicht so viel. Eigentlich nur, wenn du wirklich was zu sagen hast«, meint er und fährt sich durch die Haare. Ich grinse.

»Na ja, dann habe ich jetzt was zu sagen, bevor wir anfangen«, lenke ich ein und er nickt, ehe sich seine blaugrünen Augen gespannt und aufmerksam auf mein Gesicht richten.
 

»Wo ich dir ja jetzt schon einen Vortrag über Wut gehalten habe, kommt als nächstes die Sache mit dem Selbstschutz«, erkläre ich und greife nach Anjos Handgelenken.

»Schlag niemanden, wenn es nicht unbedingt sein muss. Und selbst wenn du dich verteidigst, kannst du das auch tun, ohne anderen direkt wehzutun. Wenn du aber nicht weggehen kannst, weil dich irgendwer nicht in Ruhe lässt, wenn die Kerle in der Überzahl sind, oder wenn einer viel stärker ist als du, dann sind die Punkte, die du ins Visier nehmen solltest, folgende.«

Seine Handgelenke in meinen Händen sind so dünn. Ich lasse sie los, doch Anjo hält die Hände weiter hoch und sieht mich immer noch an, als würde er jedes Wort aufsaugen.

»Die Augen, der Kehlkopf, die Knie und selbstverständlich der Schritt«, sage ich schmunzelnd. Natürlich läuft er wieder rot an. Aber er nickt und seine Augen huschen zu meinem Kehlkopf und hinunter zu meinen Knien.
 

»Wenn du jemandem gegen den Kehlkopf schlägst, dann solltest du es nicht zu doll tun. Damit kann man jemanden umbringen. Mit der Innenseite des Fußes von oben gegen das Knie zu treten, kann das Knie brechen. Von den Folgen bei einem Tritt in den Schritt brauche ich dir wohl nichts erzählen…«

Anjo schluckt und fährt sich mit einer seiner Hände über den Hals.

»Wenn du dich nur schützen willst, dann lass niemals die Hände sinken. Die Hände sind immer oben«, sage ich und hebe seine Hände in Augenhöhe, »und sie sind niemals zu weit auseinander. Wenn jemand zwischen deine Hände greifen kann, dann hast du schon verloren. Du musst deine Hände innen haben. Von innen, also zwischen seinen Fäusten, kannst du jeden Arm wegschlagen, wegschieben, aus deiner Reichweite drücken…«
 

Wir bleiben ganze zwei Stunden. Anjo ist ganz rot im Gesicht – diesmal vor Anstrengung – und seine Augen funkeln, als wäre er schwer bemüht, alles richtig zu machen. Ich kann mich nicht beklagen. Anjo ist wirklich ein folgsamer Schüler und obwohl er immer noch Skrupel davor hat, richtig zuzuschlagen, wird er besser.

Ich hoffe wirklich, dass es ihm hilft, denn ich kann mir Anjo nicht vorstellen, wie er jemanden schlägt. Aber nachdem er mir von seinem Montag erzählt hat, bin ich doch recht zuversichtlich.

Wir haben einen halben Tag lang miteinander verbracht und Anjos Gesellschaft ist angenehm. Ab und an erinnert er mich wirklich an Jakob. Er ist so gutmütig und still und…

Aber ich sollte die beiden nicht miteinander vergleichen. Trotzdem ist es so wie damals. Ich habe nicht das Gefühl, etwas darstellen zu müssen, wenn ich mit Anjo zusammen bin. Weil er einfach überhaupt nichts von mir erwartet.
 

Die nächsten Tage vergehen in einem Schleier aus Lernen und Klausuren. Felix und ich hocken Stunde um Stunde zusammen bei ihm oder bei mir und wühlen uns durch Unterlagen, fragen uns gegenseitig ab, erklären uns Dinge. Ich bin erstaunt, wie gut er schon ist, obwohl er erst im zweiten Semester ist. Ich sollte im vierten schon sehr viel mehr wissen als er. Aber dass er schlauer und fleißiger ist als ich, wusste ich eigentlich schon vorher.

»Anjo und Sina kommen auch mit zu eurem Konzert«, erkläre ich nuschelnd, während ich in meinem Berg Unterlagen nach einer bestimmten Tabelle krame.

»Cool«, gibt er ebenso nuschelnd zurück, den Blick auf eins seiner Bücher geheftet und eifrig blätternd.

»Ich mag Anjo. Selbst Leon findet ihn nett. So was aus seinem Mund zu hören, ist immer wie ein achtes Weltwunder.«

Ich muss schmunzeln. Wenn Anjo das wüsste, würde er sich garantiert in Grund und Boden freuen.
 

»Wie viele Leute kommen morgen dahin?«, frage ich und pfeffere einen meiner Ordner aufs Bett hinter mich, ehe ich nach dem nächsten greife.

»Wir erwarten so vierhundert. Lara hat darauf bestanden überall Plakate aufzuhängen. Natürlich mit einem Foto, auf dem sie am besten aussieht. Ich grinse dümmlich und Leon sieht aus, als würde er jeden Augenblick eine Knarre ziehen und um sich schießen.«

Ich verkneife mir ein Lachen.

»So guckt er doch immer«, gebe ich zurück. Felix schnaubt grinsend.

»Nur, wenn er dich ansieht. Wenn er mich ansieht–«

»Danke, danke!«, sage ich lachend, »Keine schmutzigen Details.«

Ich frage mich, wann der Tag kommt, an dem ich mich an Felix’ verliebten Blick gewöhnen werde, wenn er von Leon redet. Ich hab ja immer schon gewusst, dass ich kein Gefühlsmensch bin. Aber diese Duselei nervt mich unheimlich.

Felix stöhnt und vergräbt sein Gesicht in einem Haufen Zettel.

»Ich hasse die Klausurenphase!«, klagt er dumpf und ich seufze lautlos. Wieso muss ich – wenn ich mich schon mal verknalle – gerade in einen Kerl vernarrt sein, den ich nicht haben kann?
 

Der Samstag kommt mit zwei Klausuren, einer Menge Bier und anschließend dem Konzert von Felix’ Band in der alten Lokhalle hinterm Bahnhof. Sina trägt so ein kurzes Kleid, dass ich sicher bin, dass sie heute Abend jemanden abschleppen will. Anjo geht zwischen uns her und schaut sich mit großen Augen um, als wir die Lokhalle betreten und uns nach der Bar umsehen.

»Ist das groß hier«, sagt er mehr zu sich selbst als zu Sina und mir und sieht aus wie ein Kind, das zum ersten Mal einen Vergnügungspark betreten hat.

»Wenn wir uns ganz vorn hinstellen, kann ich Leon ärgern, während er spielt«, sage ich und Sina wirft mir einen vorwurfsvollen Blick zu.

»Der wird dich nicht ansehen. Mein Kleid stiehlt dir die Show, fürchte ich«, entgegnet Sina lässig und nimmt von dem Kerl hinter der Bar ein Bier entgegen. Er geiert sie an, als wäre sie Angelina Jolie persönlich. Ich muss sagen, dass ich Sina sehr viel hübscher finde als Angelina…
 

Anjo bestellt schüchtern eine Cola und wir stoßen an, nachdem auch ich mein Bier bekommen habe. Es hat ein wenig gedauert, bis der Barkeeper auf mich aufmerksam geworden ist, weil er so damit beschäftigt war, Sina anzuglotzen.

»Nächstes Mal bestellst du für mich mit«, sage ich zu ihr und sie grinst nur amüsiert, während sie Anjo vor sich her schiebt, bis wir schließlich zu dritt vorn an der Bühne stehen.

Sina setzt sich auf die leicht erhöhte Plattform, auf der schon die Instrumente stehen und schlägt die Beine übereinander.

Ich will Anjo gerade fragen, was er normalerweise eigentlich für Musik hört, als ich sein blasses Gesicht sehe und seinem Blick folge.

Fünf Meter weiter steht Benni mit ein paar Freunden. Er hat Anjo wohl noch nicht gesehen, aber Anjo scheint mittlerweile eine Art Radar für Bennis Anwesenheit entwickelt zu haben. Vermutlich ist das normal.

Ich lege ihm meine Hand auf die Schulter.

»Er wird dir schon nicht auf Pelle rücken. Ich bin ja auch noch da«, sage ich leise. Sina folgt unseren Blicken und erkennt Benni ebenfalls.

»Und solange ich da bin, trauen sie sich sowieso nicht irgendwas zu sagen«, sagt sie geringschätzig und verschränkt die Arme vor der Brust. Ich betrachte ihren Ausschnitt.

»Weißt du… mir fällt auch schon nichts mehr zu sagen ein, wenn du so rum rennst«, sage ich. Anjo muss lachen und Sina boxt mir heftig gegen den Muskelansatz meines Oberarms.

»Au!«

Sie streckt ihm die Zunge raus und wendet sich der Bühne zu, auf die nun Felix, Lara, Nicci und Leon treten.
 

Anjo wird es vorne relativ schnell zu voll und er verzieht sich an den Rand, wo er an die Wand gelehnt steht und der Musik lauscht. Sina fühlt sich in der Menge sichtlich wohl und bei einem langsamen Lied tanzt sie sogar mit irgendeinem Kerl, den ich noch nie gesehen habe – und sie wahrscheinlich auch nicht. Ich geselle mich zu Anjo und stelle mich neben ihn, ein Bein an der Wand abgestützt und sehe hinauf zur Bühne.

»Wie lange bist du schon verliebt in ihn?«, höre ich eine leise Stimme von rechts und ich sehe überrascht zu Anjo hinunter, der ebenfalls die Bühne mustert.

»Was?«, frage ich verdattert. Anjo wirft mir einen unsicheren Blick zu, ehe er wieder zu Felix schaut.

»In Felix. Du bist doch verliebt in ihn«, sagt er.

Woher um alles in der Welt weiß der Knirps das? Selbst Felix, der sonst echt gut in solchen Sachen ist, hat mir nie irgendwas angemerkt.

Ich sehe Anjo an, als wäre er ein Alien. Irgendwie kommt er mir im Moment auch genau so vor.
 

»Wie kommst du darauf?«, frage ich also und starre abwechselnd Leon und Felix an. Anjo zuckt mit den Schultern.

»Es ist die Art wie du ihn ansiehst. Und wie Leon dich ansieht… und… na ja. Es ist mir halt aufgefallen«, entgegnet er so leise, dass man es über die laute Musik hinweg kaum hört. Mir fällt nichts dazu ein. Also schweige ich eine Weile lang.

»Das muss Liebe sein«, sage ich schließlich und schnaube leise, ehe ich den Blick von Leons schmachtenden Blicken, die er Felix zuwirft, abwende, »wenn man zwei Jahre auf einen homophoben Volltrottel wartet.«

Anjo sagt nichts weiter dazu. Er mustert weiter die vier Leute auf der Bühne und schließlich suchen seine Augen die Menge nach Benni ab.

»Ich hol mir noch mal eine Cola«, sagt er zögerlich und ich sehe ihm nach. Der Kleine ist unglaublich. Wie zur Hölle hat er das gemerkt?
 

Meine Augen gleiten hinüber zu Benni, der Anjo mittlerweile entdeckt hat und ihm prompt in Richtung Bar folgt. Ich stoße mich von der Wand ab, schiebe meine Hände in die Hosentaschen und hefte mich an Bennis Fersen. Er beobachtet Anjo, wie er an der Bar seine nächste Cola bestellt und sich auf einen Barhocker setzt, während er wartet. Ich kenne diesen Blick. Aber diesmal sieht er nicht so aus, als wäre er irgendwie wütend auf Anjo. Er starrt ihn einfach nur an, als würden Anjo Flügel aus dem Rücken wachsen. Ich schlendere zu ihm hinüber und bleibe neben ihm stehen, stecke mir eine Zigarette an und grinse unschuldig, als er mich ansieht und fragend eine Augenbraue hebt. Keine Ahnung, ob er mich erkennt, oder nicht.
 

»Was willst du?«, fragt er angriffslustig. Aha. Er weiß also noch, wer ich bin.

»Dir sagen, dass nichts hilft«, gebe ich zurück und ziehe an meinem Glimmstängel. Er runzelt die Stirn.

»Was?«

Ich betrachte die Kippe zwischen meinen Fingern und puste den Rauch gen Boden.

»Egal wie sehr du versuchst aus Anjo einen Sündenbock zu machen, es hilft nicht. Es hört nicht auf«, erkläre ich ihm. Ich bin sicher, dass er ganz genau weiß, wovon ich rede, weil sein Gesicht plötzlich einen leicht panischen Ausdruck annimmt und seine Wangen rot aufflammen.

»Ich hab keine Ahnung, wovon du redest«, zischt er mich an und weicht einen Schritt zurück.

Ich schmunzele mit der Zigarette zwischen den Lippen.

»Schon klar«, nuschele ich, »du bist stockhetero.«
 

Er öffnet den Mund, um etwas zu sagen, aber ich hebe nur die Hand und gehe hinüber zu Anjo, der gerade seine Cola nimmt. Er dreht sich um und strahlt mich an. Ich lege einen Arm um ihn, nehme mit der anderen meine Zigarette und sehe aus dem Augenwinkel, wie Anjo einmal mehr knallrot wird.

Anjo achtet überhaupt nicht auf Benni, als wir an ihm vorbei gehen, aber ich sehe, wie Bennis Blick uns folgt und sich an Anjos Rücken heftet. Das Lodern in seinen Augen zeigt deutlich, dass er zwischen Neugier, Abscheu und Begierde schwankt. Wenn mich nicht alles täuscht, dann steht er verflucht doll auf den Knirps in meinem Arm.
 

»Hab eben kurz mit Benni geredet«, erkläre ich Anjo, während er aus seiner Cola trinkt. Er sieht überrascht zu mir auf. Täusche ich mich, oder hat er sich mittlerweile ein wenig gegen mich gelehnt? Ich habe meinen Arm immer noch um seine Schulter gelegt. Er ist so schmal. Ich könnte den Arm wegnehmen. Aber ich tu es nicht.

»Was hast du ihm gesagt?«, will er wissen.

Es ist angenehm, hier so zu stehen. Komisch.

»Hab ihm nur eine kleine Lektion erteilt«, sage ich schulterzuckend und grinse ihn an. Er lächelt schüchtern und ich sehe hinüber zu Benni, der uns immer noch ansieht. Ich hoffe, dass er seine Lektion auch gelernt hat.



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Kommentare zu diesem Kapitel (31)
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Von:  Maldoran
2010-11-13T21:55:42+00:00 13.11.2010 22:55
... Anjo wird ihn entwaffnen. Christian.
Und Christian hat wohl gerade Benni entwaffnet? *lach*

Ich finds herrlich, wie Du das alles so schreibst und Deine Charas sind so schön dargestellt. Alle!

Und nochwas; machst Du selber auch Kickboxen? Du kennst Dich da so gut aus, Christians Erklärungen sind sogar für mich als absoluten Nichtsportler sehr gut nachzuvollziehen.

GLG
Vala
Von:  RockFee
2010-09-11T08:17:12+00:00 11.09.2010 10:17
Ich mag deine Geschichte, vor allem die Entwicklung von Anjo ist sehr gut nachzuvollziehen und realistisch.

Aber schade, dass du hier nicht weiterschreibst, seit du von ff weg bist.
Von: abgemeldet
2010-09-08T12:31:07+00:00 08.09.2010 14:31
Wow! (Ein Wort, das ich in Zusammenhang mit deinen Geschichten irgendwie relativ oft benutze. xD')
Aber mal wieder vollkommen angebracht.

Eigentlich bin ich nicht unbedingt ein Freund von Geschichten, bei denen der Hauptcharakter ein gemobbt werdendes, keine Freunde habendes Irgendwas ohne Selbstbewusstsein ist, und wollte das Ganze am Anfang darum nicht mal lesen. Hab dann irgendwann doch angefangen. Zum Glück!

Ich liebe Anjo! Er ist zwar, oberflächlich gesehen, genau die Art von Charakter, die ich überhaupt nicht leiden kann, aber halt irgendwie nur oberflächlich. Ihm fehlt zum Glück diese extrem selbstmitleidige Komponente und sowieso eh.. ist er toll. Auch weil deine Geschichte, trotz ziemlich ausgereiztem Thema, nicht ins Klischeehafte abdriftet, sondern einfach.. toll ist. >.> Genau so wie deine Art zu schreiben. Ich glaube, du könntest auch eine Geschichte über einen Regenwurm im Reagenzglas schreiben, und sie wäre immer noch gut und interessant, so dass man sie gerne liest. Auch wenn Regenwürmer im Reagenzglas normalerweise wohl eher unspannend (und ein bisschen eklig xD') sind.~

Und deine Charaktere sind klasse. Ich bin dir so dankbar dafür, dass du es schaffst, in Slashgeschichten sympathische Frauenrollen einzubauen, das glaubst du gar nicht. Irgendwie scheinen die meisten Slash schreibenden Leute ja der Meinung zu sein, dass jeder Charakter, der kein schwuler Kerl ist, total ätzend und böse und nervig zu sein hat. ~.~ Aber Sina ist umwerfend! Vor allem, weil sie auch irgendwie.. tiefgründig ist. Was mich zum nächsten Punkt auf meiner (imaginären) Liste bringt. Die 'Nebenrollen'. Bzw eher die Rollen, die nicht aus schwulen, zu verkuppelnden Kerlen bestehen, und bei dir damit zum Glück nicht automatisch zu sporadisch vorkommenden unausstehlichen Antagonisten verkommen, die anscheinend nur existieren, weil Schreiberlein gemerkt hat, dass die Welt nicht nur aus zwei Personen bestehen kann. Auch wenn dann alles viel einfacher wäre. xD'
Deine nicht-Hauptrollen sind trotzdem noch irgendwie wichtig und toll ausgearbeitet und sympathisch. <3

Oh, und was mir noch gefällt: Du hast Handlungsstränge! Im Plural! Das ist großartig. <3 Nicht nur dieses 'die müssen jetzt zusammenkommen'-Gedöns, sondern noch anderes. Und es sind schön eingebundene und sinnvolle Handlungsstränge, die wirklich durchdacht wirken (und wohl auch sind).

So, und ich bin mir sicher, dass ich schon wieder vergessen habe, ganz viel zu erwähnen, aber na ja. xD'
Ich hoffe, es geht bald weiter. <3

Grüße. <3
Von:  Pepsi67
2010-08-31T12:41:35+00:00 31.08.2010 14:41
So nun hab ich auch diese Story von Dir in einem Rutsch gelesen und
bin total begeistert. WOW. Was für eine Entwicklung. Und dann das
ganze Wirr Warr wer auf wen steht..... Ich hoffe wirklich, Chris
beeilt sich ein bisschen und braucht nicht zu lange um zu erkennen,
dass Anjo ein wahrer Schatz ist. Freu mich schon aufs nächste Kapitel!
lg, Pepsi
Von:  Armaterasu
2010-08-25T13:12:27+00:00 25.08.2010 15:12
So, jetzt komm ich zum kommentieren, weil ich heute frei habe =) und das wetter ist auch nicht sooo besonders... xD''

anjo ist schon echt klasse, wie er so wie ein wasserfall redet, dass selbst christian schmunzeln muss *lach* und es ist schön zu sehen, dass christian es auch einmal auffällt, dass anjo sehr häufig rot wird *lach* vielleicht kann er doch mal eins und eins zusammen zählen, immerhin findet er anjo auch niedlich, auch wenn er sechs jahre jünger ist... aber was spielt alter schon für eine rolle?

ich glaube langsam ernsthaft, dass anjo sich auch immer schlechter macht, als er eigentlich ist. okay, er hat kein großes selbstbewusstsein, aber mit einem christian kommt er prima aus, mit den leuten von christian auch, mit sina und vor allem mit pepper. wer braucht schon freunde in der schule, wenn er privat viel bessere hat? ich hatte so eine ähnliche situation wie anjo selbst und deswegen habe ich auch zu keinem einzigen kontakt mehr aus meiner alten schule *lach* nur, dass ich ein wesentlich größeres selbstvertrauen als anjo habe *lach*

schön, dass christian nach wie vor mit anjo trainieren möchte, dass er ihn weiter aufbauen möchte, denn an dem montag sieht man ja schon erste erfolge. er kann auch kontra geben, was selbst einem benni verwundert und wichtig ist, dass diese entwicklung so weiter geht! eben deswegen möchte chris weitermachen udn anjo freut sich sicherlich auch darauf, endlich wieder etwas mit chris allein zu sein. abgesehen davon finde ich es total niedlich, dass anjo ihn in chemie abfragt, auch wenn er davon noch keine ahnung hat, immerhin ist das unistoff und er ist im abistress. dennoch finde ich es toll. und am geilsten war echt sinas ausraster *lach* aber ich kann sie so verstehen *lach*

christian ist echt cool *lach*
»Weil ich mich so gern reden höre« der satz ist echt zu geil *lach* aber die sache mit dem selbstschutz ist klasse. ich hab mir das gleich mal in meinem kopf eingespeichert, denn immerhin ist es nie schlecht als frau zu wissen, wie man sich verteidigen kann, ne? gerade jetzt wenn die wiesnzeit bald wieder losgeht... und alle wieder besoffen sind... meistens sind die leute lieb und nett, aber man weiß nie, wann etwas passiert und da ist es nicht schlecht so etwas zu wissen und dann auch auszuprobieren *lach* danke für die tipps =) und anjo wird sich auch bestimmt alles in seinem kopf speichern =)

natürlich erwartet anjo nichts von christian *lach* er ist auch so ein held für den jüngeren, da braucht er nicht einmal etwas zu machen *lach* aber niedlich sind sie ♥

schön, dass anjo mit zu dem konzert von nikki, felix und co geht und ich denken auch, dass er ganz schön nervös ist, eben weil er das erste mal ausgeht, dann auch noch mit christian und sina am abend und auch noch auf ein konzert. anjo hat mit der zeit automatisch einen radar für benni entwickelt, sowas ist normal *lach* aber ihm wird nichts passieren, weil christian und sina da sind, und ganz notfalls kann immer noch leon zur hilfe eilen, wenn anjo ihn denn unbedingt brauchen sollte *lach* aber soweit kommt es ja nicht und das ist auch gut so =)

es ist schon wahnsinn wie schnell anjo bemerkt hat, dass christian in felix verliebt ist und dass er aber nichts unternimmt, weil er eben mit leon zusammen ist und diesen auch abgöttisch liebt. und es ist so cool, wie tough er chris darauf anspricht *lach* ich glaube damit hat er nun wirklich nicht gerechnet, zumindest spricht seine reaktion dafür *lach*

anjo holt sich eine cola und chris redet mit benni... alder, ich musste so lachen xDD die szene ist wirklich klasse, gerade wie rot benni dann wird, als chris ihm erklärt, dass er ja so stockhetero ist und anjo eben nicht an seiner neigung dran schuld ist, da kann er noch so sehr versuchen den sündenbock in anjo zu suchen, aber es hört eben nihct auf *lach*

aber benni und anjo? ... nee, ich kann mir das nicht vorstellen, dazu hat benni anjo zuviel angetan... außerdem hat anjo sich in chris verguckt *lach* ich bin gespannt wie es weitergeht ^-^

LG
amy
Von:  dead_rabbit
2010-08-23T19:08:00+00:00 23.08.2010 21:08
Ehm, das wird glaub ich lang...
... also machs dir bequem!

Hallo Ur, ich dachte so langsam wirds Zeit, dass ich dir mitteile, wie sehr ich deine FFs mag. Ich bin total verschossen! Seit ein paar Tagen bin ich wann immer es irgendwie möglich erscheint daran, deine Storys zu lesen. Angefangen hat es mit "Efeu"... ich las das erste Kapitel und wusste: Heute kommst du nicht mehr raus. Leider war ich viel zu schnell fertig, total glücklich, müde und auch ein bisschen traurig, wie immer, wenn man den Tag in einer anderen Geschichte verbringt und dann zurückmuss.

Naja, was dann kommt kannst du dir sicher denken...? Natürlich gleich mal gucken ob von der Autorin vielleicht noch mehr da ist, du hast mir wieder mal vor Augen gehalten, wie leicht ich abhängig werde *lach*
Ich bin vom Hocker gekippt, als ich sah wie viel du tatsächlich bereits geschrieben hattest und hab mich, wie könnte es anders sein, nach dem Aufrappeln gleich draufgestürzt.

Ich finde es beeindruckend, dass du mehrere Geschichten parallel am Laufen hast und dabei regelmässig bei allen neue Kapitel hochlädst! Und man spürt deine Liebe zu den Charakteren, den Geschichten und wie sorgfältig du sie gestaltest, sie wirken alle so... lebendig! Als könnte man sie in der Nachbarstadt antreffen oder so
Ich ertappe mich immer öfter dabei, wie ich von ihnen rede, als wären sie gute Freunde oder Familie, passiert nicht gerade bei vielen Geschichten...

Ich werd mich melden, wenn meine beste Freundin Basilikum soweit ist, dass sie weiss was ich meine wenn ich sage: ...Leon ist so doooof! Aber so niedlichdoof, sagt man dem treudoof oder was meinst du...
Kann nicht mehr lange dauern...

Felix und Leon sind irgendwie echt unmöglich.

Und Kolja und Jannis... inzwischen kriegt man da ja beinahe Zahnschmerzen *lach* Aber nicht negativ verstehn, die haben mir schon einige Tage gerettet! Jannis' Koljanotizbuch... Gott ich dachte ich krieg nen Herzinfarkt, als ich das las! (Kolja würd dann wohl sterben)
Ich meine, irgendwie ist es ja... äh... etwas fragwürdig, aber hallo? Es ist Jannis!

Kryptonit. Christian kommt echt rüber wie ein Held ,stark ,erwachsen und etwas schwer von Begriff. Dass er nicht immer so war macht ihn menschlich. Und ich bin ganz vernarrt in Anjo! Da gehts mir wohl ein bisschen wie Sina (die ich übrigens nach diesem Kapitel gleich noch mehr mag)
Btw gefällt mir das mit den wechselnden POV-Wechseln sehr, die unterschiedlichen Persönlichkeiten kommen total gut rüber und ich finde es immer spannend, die Sache von beiden Seiten zu sehen!

Hm. Ich finde es interessant, dass Anjo Chris auf Felix (hä, so viele Namen hintereinander @.@) angesprochen hat...
Anjos Reaktion auf Chris' Geständnis von wegen Jakob fand ich echt stark, da gibts wohl nur ganz wenige Menschen, die sowas hinkriegen.

Oh und die WG von Sina und Christian war ja wohl eine Superidee, ich meine guck dir die Beiden mal an, ich glaube daraus wächst nur Positives

Soo ich glaube für heute mach ich Schluss, vielleicht kommt ja irgendwann in Zukunft noch was Schlaues, aber heute bin ich dazu wohl nicht mehr imstande
miaow
Echt, Fünfsternemenüs, die du da auftischst <3
Von:  koennte-sein
2010-08-22T14:17:32+00:00 22.08.2010 16:17
Irgendwie weiß ich jetztc gar nicht was ich denken soll.
Anjo und Christian..aber was ist mit Bennie?
Das die Band von dingends so erfolgreich ist wusste ich gar nicht.
Habe bis jetzt immer gedacht das das so eine hobbie-schuppen-spielen sache ist.
aber irgendwie ja nicht.
lg <3
Von:  raddy1995
2010-08-21T14:35:37+00:00 21.08.2010 16:35
Interessante Entwicklung :)

Ich bin gespannt ob Anjo jemals sein neugewonnenes Wissen anwenden muss.
Und ich fand es total klasse von Anjo, dass er Christian auf seine Gefühle gegenüber Felix angesprochen hat.

Und dann gibts da noch den guten Benni, der wohl total auf Anjo steht. Was ich irgendwie ziemlich unterhaltsam finde.




Von:  brandzess
2010-08-20T21:22:54+00:00 20.08.2010 23:22
Sehr interessant.
Und wie Christian den Arm um Anjo legt ist soo süß *___*
DIe Aktion mit Benni war zum schießen xD
Ein tolles Kapitel <3
Freu mich schon wieder auf das nächste
vlg brandzess
Von: abgemeldet
2010-08-20T18:13:32+00:00 20.08.2010 20:13
Es ist komisch hier zu stehen.
Ist es nicht Christian, nur ungewohnt! ;)
Aber wirklich ein sehr schönes Kapitel, vor allem, weil Christian überraschende, neue Seiten an Anjo kennen lernt.
Und man merkt, dass Anjo Christians Typ ist! :) Aber vielleicht habe ich auch nur zuviel in Christians Vergleich mit Jakob hineingedeutet.
Freu mich auf jeden Fall sehr, dass du doch wieder ein neues Kapitel hochladen konntest! :)
LG Mikki


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