weitergehend
Nachts fährt sie auf, lacht, weil sie jung und unverheiratet ist. Und das ist eigentlich gut.
Sie denkt kurz an Morgen, denkt nicht an Gestern, nicht an ihr Herz, das wie Tiefschnee ist, indem er metertiefe Spuren hinterlassen hat.
Wenn sie an ihn denkt, weint sie vielleicht oder lacht oder weint.
Und denkt, dass das eigentlich gut ist.
Alles an ihr ihr schön. Sie hat sehr lange Haare und sehr, sehr lange Beine, überhaupt ist alles an ihr langgezogen, ohne unförmig zu wirken und sie ist sehr, sehr schön.
Aber ihr Lachen ist nicht schön.
Und ihr spöttisch-arroganter Blick ist es auch nicht.
Und wenn sie jemanden auslacht und dabei spöttisch ansieht, dann ist sie hässlich, sehr, sehr, sehr, sehr hässlich.
Und falls sie ihn auslacht und dabei spöttisch ansieht und ihm einem Korb gibt, alles gleichzeitig, dann ist sie am hässlichsten.
Weil sie ihn dann auch hässlich macht.
Ein bisschen, etwas hässlicher als sonst.
Weil er nämlich auch sehr schön ist und er ein sehr schönes Lachen hat und den wärmsten, schönsten Blick der Welt.
Aber wenn sie ihn so spöttisch ansieht und ihn auslacht, dann hat er wohl den verletztesten Blick der Universums, und weil er seine Gefühle aussendet wie Schallwellen, so dass alle von ihnen ergriffen werden, tut das sehr, sehr, sehr weh.
Nur Eisprinzessin nicht, denn sie ist ja resistent, natürlich.
Alice ist es nicht, obwohl es wohl besser für sie wäre.
Denn Alice ist nicht sehr schön, sie ist auch keines der Mädchen, die besonders sind, an ihr ist nichts langgezogen.
Alice ist ein kleines, schlaksiges Mädchen, das man bedenkenlos hübsch nennt.
Die langen braunen Haare stehen ihr nicht so wirklich, früher trug sie sie kurz, das sah viel besser aus, aber jetzt lässt sie ihre Haare wachsen.
Sie würde sie sich auch gerne rot färben, aber das wäre zu auffällig, zu offensichtlich, sie müsste nur einmal neben ihr stehen, und Alice steht oft neben ihr, und jeder würde es merken, jeder würde es wissen.
Das will Alice nicht. Dann wäre sie eine ziemlich schlechte Freundin.
Außerdem weiß sie, dass es egal ist, und selbst wenn sie die Andere wäre, dann würde er sie doch trotzdem nicht lieben.
Vielleicht aus Prinzip. Vielleicht war er wenigstens in einem Dinge wirklich konsequent.
Manchmal kann Alice das nachvollziehen, denn manchmal ist Lily wirklich sehr sehr sehr überirdisch sehr schön.
Wenn sie lächelt und glücklich ist und wenn sie ihm sagt, dass sie ihn auch liebt.
Wenn sie ein schneeweißes Kleid trägt mit Weinflecken, Rotwein, schwer wieder zu waschen, und es sie nicht kümmert.
Dann ist sie wirklich sehr schön.
Gestern stand Alice mit ihm vor’m Altar.
Aber geheiratet hat er die Andere.
Und wenn Alice ehrlich zu sich ist, es dreht und wendet und von allen Seiten betrachtet hat, weiß sie, dass eigentlich sie die Andere ist.