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Codex

Seguire le regole
von

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Die Regeln befolgen

In unserer Welt gilt es, bestimmte Regeln einzuhalten.

Ohne Regeln würde alles zusammenbrechen, was der Mensch sich in den Jahren seiner Existenz so mühsam erbaut hat.

Ohne Regeln würden Mord und Totschlag, Korruption und Hass die Welt regieren.

Um das Gleichgewicht zu wahren, um Gerechtigkeit statt Katastrophe herrschen zu lassen, wurden Regeln aufgestellt, die es einzuhalten gilt.

Wer genau sie aufgestellt hat, ist nicht weiter von Bedeutung. Der Mensch sehnt sich einzig und allein danach, sich nach etwas richten zu können, um nicht im heillosen, ungerechten Chaos der Anarchie zu versinken, in der nur die Starken überleben können.

Doch nicht immer stimmen dabei Regeln und Moralvorstellungen überein.
 


 

Die Tür öffnete und schloss sich so leise, dass Hayato anfangs dachte, er hätte sich verhört. Doch er konnte die Anspannung spüren, die von dem ungebetenen Gast ausging; ein Seufzen unterdrückend hielt er in seiner Schreibarbeit inne. Hayato musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, wer hinter ihm stand.

Er musste nicht fragen, was derjenige wollte, denn der Grund war nicht von Bedeutung.

Er musste nicht auf die leisen Atemzüge und den dumpfen Klang seines auf einmal schneller schlagenden Herzens hören. Dass er es dennoch tat, ließ ihn verärgert die Augen schließen.

Er musste auch nicht über seine Antwort nachdenken; das hatte er schon den ganzen Nachmittag lang getan. »Nein«, sagte er bestimmt, die Augen immer noch geschlossen. Von seinen Worten hing es ab, wie lange sie noch lebten. Fehler durften, konnten nicht passieren.

Ein Lächeln huschte über Takeshis Gesicht, als er einen unsicheren Schritt auf seinen Partner zuging. »Ich habe dir noch keine Frage gestellt, Hayato.«

»Das brauchst du auch nicht, Yamamoto. Meine Antwort wird sich nicht ändern.« Mit gespielter Geschäftigkeit fuhren seine Hände über den dunklen Schreibtisch, ordneten Dokumente, sortierten den Haufen Büroartikel, der verstreut auf der Tischfläche lag, taten alles Mögliche, um ihm einen Grund zu geben, sich nicht umzudrehen und Takeshi in die Augen zu blicken.

Das Schaben eines Stuhls, der zögernd über den hölzernen Boden gezogen wurde, ließ ihn innehalten. Dass dieser Vollidiot länger bleiben würde, hatte er bereits befürchtet, aber dass er ihm offenbar noch ein Kapitel aus seiner Lebensgeschichte erzählte, war definitiv nicht eingeplant gewesen. Als er Yamamoto hinter sich nervös auflachen hörte, musste er gegen den Drang ankämpfen, seinen Kopf gegen das nächste Regal zu rammen.

So unklar konnte Hayato sich ihm gegenüber nicht ausgedrückt haben. Erst an diesem Morgen hatte er ihm unmissverständlich klargemacht, dass er einmal mehr die gleiche Entscheidung getroffen hatte und sich nicht davon abbringen lassen würde.

Er war – so sehr das nun auch nach einem Klischee klingen mochte – wie ein Fels in der Brandung – stur, tapfer, unwillig, sich anderen zu beugen. Für ihn zählte nur, was er für richtig hielt, und eventuell noch das, was seiner Familie zugute kam.

Und wenn er der standhafte Felsen war, dann war Takeshi die ungestüme, stetige Welle, die an ihm zerschellte. Immer und immer wieder, und jedes Mal aufs Neue trug sie ein winziges Stück des Gesteins ab, bis nichts mehr davon übrig war. Doch soweit war es noch lange nicht gekommen.

Hayato ignorierte den Störenfried so gut es ihm möglich war. Angesichts des unmelodischen Pfeifens, des ungeschickten Trommelns zweier Füße und des andauernden Raschelns eines Anzuges fiel es ihm allerdings immer schwerer, sich auf seinen penibel geordneten Schreibtisch zu konzentrieren.

Keiner der beiden sagte etwas. Takeshi nicht, weil er darauf wartete, dass der Jüngere ein Gespräch anfing. Und Hayato nicht, weil ... warum eigentlich nicht? Weil er es leid war, ständig über die gleiche Frage zu diskutieren? Weil er wusste, dass es ohnehin zu nichts führen würde? Oder weil er fürchtete, Takeshi würde noch länger bleiben?

»Was denn noch?«, fragte er ruhig und darauf bedacht, seine wahren Gefühle nicht preis zu geben. Innerlich jedoch verpasste er sich selbst eine Ohrfeige, weil er einmal mehr nachgegeben hatte und ihr Schweigen als Erster gebrochen hatte.

»Nur ein Mal, Hayato. Nur ein einziges Mal.«

Gokudera konnte sich bildlich vorstellen, wie Takeshi sich auf dem Stuhl leicht vorgebeugt und die Ellbogen auf die Schenkel gestützt hatte, wie er den Kopf auf seine gefalteten Hände bettete und die Augenbrauen leicht zusammenzog. Ihn mit flehendem Blick ansah, obwohl er die Antwort bereits kannte.

Hayato schluckte. Seine Willenskraft wurde auf eine harte Probe gestellt. Während in seinem Inneren ein schrecklicher Orkan wütete, blieb er nach außen hin still und unbewegt, missachtete, wie die starken Böen an seinen Gliedern zerrten und seine Eingeweide in der Luft zerrissen. Versuchte erneut zu verdrängen, wie sehr ihn diese ständigen Lügen aufwühlten. »Nein.« Es war besser so, für sie beide.

»Und warum nicht?« Yamamoto war aufgestanden, hatte sich aber nicht die Mühe gemacht, den Stuhl an seinen üblichen Platz zurückzustellen. Langsam ging er auf die Tür zu, so wie all die anderen Male zuvor. Beinahe jeden Tag wiederholte sich dieses Szenario, sodass er keinen Zweifel an Hayatos Antwort auf seine Frage hatte, die die gleiche sein würde, die er ihm immer gab. »Weil ich dich nicht liebe.«

Takeshi seufzte, als er die schwere Tür hinter sich schloss. Jedes Mal die gleichen Antworten.

Jedes Mal die gleiche Lüge.
 

Seit seinem Besuch waren kaum fünf Minuten vergangen.

In dieser Zeit hatte Hayato nur an seinem Schreibtisch gesessen und stumm aus dem Fenster gestarrt. Hatte sich gefragt, warum das alles geschehen musste. Warum er und Takeshi ausgerechnet diese Art von Gefühlen füreinander hegen mussten. Warum er nicht verstand, dass ein Geständnis seinerseits oder gar eine Beziehung viel zu riskant war.

Ob sie vielleicht glücklich werden könnten, wenn sie nicht Mitglieder der Vongola wären.

Wieder fiel die Tür leise klickend ins Schloss, und schleichende Schritte verrieten seinen geschulten Ohren, dass niemand anderes als das Auge und das Ohr ihres hochgeschätzten Bosses sein Zimmer betreten hatte.

»Was war das denn eben, Hayato?« Mit einer fließenden Bewegung ließ der Italiener sich auf dem Stuhl nieder, auf dem zuvor noch Takeshi gesessen hatte. »Hatten wir schon wieder Besuch?« Einmal mehr hatte er das Gefühl, sämtliche Räume ihres Hauptquartiers wären verwanzt. Woher sonst konnte dieses Wiesel wissen, was sich beinahe täglich in seinem Zimmer abspielte?

Gokudera machte sich nicht die Mühe, auf die rhetorische Frage zu antworten. »Verschwinde, Arturo«, adressierte er den schlanken Mann, als er sich ihm widerwillig zuwandte, »ich muss noch einige Berichte fertig stellen.« Natürlich durchschaute Arturo diese halbherzige Lüge, nachdem seine schmalen Augen Hayatos Schreibtisch fixiert hatten. »Du wirkst so aufgewühlt. Hast du dein Köpfchen wieder zu sehr angestrengt?«, spöttelte sein Gegenüber weiter, doch Hayato ließ sich nicht provozieren. Nicht durch solch nichtige Seitenhiebe.

Auffordernd sah er Arturo an und hätte ihm am liebsten das hinterlistige Grinsen mit einem gezielten Schlag vom Gesicht gefegt.

»Was willst du hier?« Anstatt ihm sofort zu antworten, tippte Arturo sich nur gespielt nachdenklich ans Kinn und legte den Kopf schief. »Hmm, irgendetwas wollte ich dir sagen, Hayato. Es war sogar etwas äußerst Wichtiges, aber dummerweise will es mir gerade nicht einfallen.« Nachdem er ein wenig auf dem Stuhl hin und her gewippt war, schnellte sein zuvor gesenkter Kopf wieder hoch. Er strahlte Hayato mit einem so ätzend fröhlichen Grinsen an, dass dieser sich am liebsten übergeben hätte.

»Du weißt aber schon, dass ein Verhältnis mit Takeshi fatale Folgen haben wird?«

Für ein paar Sekunden schien es Hayato, als hätte sein Herz zu schlagen aufgehört, aber zu seinem eigenen Erstaunen fing er sich schnell. »Hätte, Arturo«, sagte er bemüht gleichgültig, »Ein Verhältnis hätte fatale Folgen. Und ja, das ist mir durchaus bewusst.« Sein Gesichtsausdruck war monoton und zeigte nicht einmal ansatzweise, wie sehr er vor Wut kochte. Als ob er all das nicht schon wüsste.

Dieses Denken war doch der Grund dafür, dass er seine Lügen Tag für Tag so beharrlich aufrechterhielt.

Mittlerweile war Arturo aufgestanden. Die linke Hand spielerisch in die Hüfte gestemmt, hatte er seine rechte erhoben und schaute sein Gegenüber mahnend an. »Das wird dem Boss aber ganz und gar nicht gefallen...« Um das Gesagte zu unterstreichen, bewegte er seinen Zeigefinger im Takt der Worte und wirkte wie ein Vater, der sein ungezogenes Kind tadelte. Oder wie ein Lehrer, der seinem Schüler beizubringen versuchte, was richtig und was falsch war.

Richtig. Falsch. Wie konnte dieses dreckige Wiesel (oder auch sein Boss; schließlich war Arturo höchstwahrscheinlich auf dessen Befehl bei ihm) es sich herausnehmen, zu bestimmen, was in dieser verrotteten Welt als angemessen galt und was nicht?

Besagtes Wiesel grinste ein wenig herausfordernder und schien darauf zu warten, dass Hayato auf seine Provokation ansprang, doch als Antwort erhielt er nur ein wütendes Zischen. »Das ist mir klar, verdammt noch mal!« Ich weiß es nur zu gut.

Dass Arturo sich nicht einmal die Mühe machte, sein amüsiertes Kichern zu verbergen, brachte ihn noch mehr in Rage. Allmählich begann seine über Jahre hinweg aufgebaute Fassade zu bröckeln.

Mit federleichten Schritten war der Italiener schneller an Gokuderas Seite, als dieser erwartet hatte; sein Gegenüber hatte seine schmalen Schultern fest im Griff, drückte ihn von hinten weiter in das weiche Leder. »Höre mir gut zu, Hayato«, säuselte Arturo ihm ins Ohr, die Stimme leise und unverhüllt schadenfroh, »das Ganze muss beendet werden, bevor es beginnt.«

Irritiert ruckte sein Kopf nach hinten, aber Arturo war bereits an der Tür; grinste so selbstzufrieden, dass Hayato ihn am liebsten auf der Stelle in tausende Fetzen gesprengt hätte. »Du weißt, was das bedeutet, nicht wahr?« Es war vielmehr eine Feststellung, eine Drohung, als eine Frage.

Für einige Zeit schwieg Gokudera, kämpfte um seine Selbstbeherrschung. Dann nickte er steif, wandte sich von dem anderen ab. »... sì.«

Die Tür schloss sich. Es war wieder still.
 

Zitternd erhob Hayato sich aus dem dunklen Ledersessel. Ungläubigkeit schnürte ihm die Kehle zu. Sein Herz setzte zu viele Schläge aus. Auf wackeligen Beinen stolperte er hinüber zum einzigen Fenster in seinem Zimmer. Als er vielmehr auf als durch die Scheibe sah, konnte er erkennen, wie sehr der Schock und das Entsetzen seine Gesichtszüge erobert hatten:

Die Augen geweitet, der Mund offen stehend und mit einem Mal wie ausgetrocknet. Ein Hustenanfall kam so plötzlich, dass es ihn in die Knie zwang; er fühlte sich ausgedörrt und noch schlechter, ausgelaugter als zuvor.

Es dauerte einige Minuten, bis er sich erholt hatte. Beklommenheit ergriff Besitz von ihm, als er sich wieder aufrichtete, seinen Schrank fixierte, in dem er seine einzige Schusswaffe aufbewahrte. Hayatos Körper bewegte sich wie von selbst, öffnete die Schranktür, griff nach der Waffe, lud sie, sicherte sie. Festigte den Griff um das kühle Metall, als wäre es das Einzige, das ihm in dieser Welt noch Halt gab. Während er sich zögernden Schrittes auf die Tür zu bewegte, tobte der Sturm in ihm immer stärker. Riss sein Innerstes noch wütender auseinander, warf die Fetzen seiner Seele noch spottender zwischen den Böen umher.

Toste so aufbrausend, dass es Gokudera nicht länger gelang, ihn zu verleugnen.

Mit einem verzweifelten Aufschrei schlug er seine linke Faust gegen die Wand neben der Tür, sackte zusammen und versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken. Es gelang ihm knapp.

So schnell, wie sie gekommen war, verflog die Wut schon wieder. Machte Platz für Unwissen, für Panik, für nackte Angst.

Die Lüge, die er so sorgfältig aufgebaut hatte, war in sich zusammengefallen wie ein Kartenhaus. War klirrend zersprungen und hatte nur Scherben zurückgelassen, durch die sein Todesmarsch führen würde.
 

Hayato wusste, dass Takeshi hier auf ihn warten würde. Er tat es jeden gottverdammten Tag, egal, wie oft er ihm bereits gesagt hatte, dass er sich niemals auf ein Treffen einlassen würde. Doch dieses Miststück von Schicksal hatte sich dazu entschieden, zwei Leben eine ganz kranke Wendung zu verpassen.

Während er durch die hohen Gänge gewankt war, hatte er das vor ihm liegende Ereignis zig Mal in seinem Kopf durchgespielt. Unzählige, abwegige Szenarien waren ihm eingefallen, wurden jedoch im selben Moment durch eine beharrliche Stimme in seinem Kopf verbannt, die gehässig und im schrecklich schönsten Arturo-Tonfall schrie: Es ist doch eh alles sinnlos, Hayato. Natürlich wird er dort auf dich warten, wie jeden Tag. Er konnte den Italiener praktisch vor sich sehen. Dennoch klammerte er sich an das letzte Bisschen Hoffnung, das ihm blieb; wenn er Takeshi nicht fand, konnte er zurück in sein Zimmer, die Waffe zurück in seinen Schrank sperren und die Einrichtung zertrümmern, um seinem Frust Luft zu machen.
 

Der große Aufenthaltsraum wirkte kalt und hohl. Hayato schien es sogar, als wäre die Temperatur um einige Grad gefallen, seit er ihn betreten hatte. Vielleicht war es aber auch nur Einbildung. Immer noch flehte er stumm, dass Yamamoto unauffindbar sein würde. Doch als er einen weiteren Schritt in den grauen Raum machte und den Blick geradeaus richtete, wurde seinem Hoffen ein jähes Ende bereitet.

Als er ihn dort stehen sah, einen Strauß Rosen in der Hand, fragte er sich unwillkürlich, wie viele dieser roten Blumen er schon sinnlos gekauft hatte, nur um sie wieder wegzuwerfen. Am liebsten hätte Hayato laut losgelacht. Wenn er wirklich jeden Tag hier stand, dann war es keine Kunst für Arturo und seinen Boss gewesen, die ganze Sache aufzudecken.

Yamamoto war schon immer so viel leichtsinniger und offener gewesen als er selbst.

Erschöpft seufzte er, fühlte sich auf einmal furchtbar müde. Wieder handelte sein dummer, nutzloser Körper ohne sein Zutun. Mit jedem Schritt, den er auf den Größeren zuging, wurde dessen Lächeln breiter und breiter.

Bis er die Pistole sah.

Hayato blieb stehen. Sah ihn mit matten grünen Augen an.

Wortlos hielt Takeshi ihm den Strauß Rosen entgegen. Stupide, einfallslose rote Rosen, wie sie schöner nicht hätten sein können. Auf der einen Seite bewunderte Hayato ihn für seinen Mut, die Regeln mit einem Lächeln brechen zu können. Dankte ihm dafür, dass er ihn nicht aufgab.

Hasste ihn dafür, dass er nicht locker ließ und sein Leben für ihn so achtlos wegzuwerfen drohte. Verabscheute sich selbst für seine Feigheit und Unfähigkeit, nicht zu seinen Gefühlen stehen zu können.

Zögernd hob er seine Hand, ignorierte den dumpfen Schmerz und das Blut, als er langsam nach dem Strauß griff. Kurz vorher stoppte er; senkte den Blick, um seine leicht geröteten Wangen zu verbergen. Letzten Endes jedoch akzeptierte er die Blumen.

»So kann es nicht weitergehen, Yamamoto.« Sein linker Arm hing schlaff an seiner Seite.

Hayato konnte nicht ganz verstehen, wie sein Gegenüber angesichts ihrer aussichtslosen Situation immer noch so selig lächeln konnte. »Was kann wie nicht weitergehen, Hayato?«, fragte er, den aufrichtigen Unterton so perfekt nachahmend, dass Hayato sich wieder an ihre halbwegs unbeschwerten Kindertage zurückerinnert fühlte, in denen Takeshi tatsächlich von nichts eine Ahnung hatte.

Aus heutiger Sicht gesehen hätte jedoch nicht viel gefehlt, und er hätte ihm für diese unverschämte Scheinheiligkeit sein gesamtes Magazin in den Kopf gefeuert.

»Das weißt du ganz genau, du Vollidiot«, knurrte er darum bemüht, seine Selbstbeherrschung wiederzuerlangen. Sie musste irgendwo zwischen dem Gespräch mit Arturo und seinem Weg hierhin abhanden gekommen sein. Unzuverlässiges Stück.

Er bemerkte zu spät, dass Takeshi einen Schritt auf ihn zugekommen war. Reflexartig ruckte seine Hand hoch, als er dem Größeren den kalten Stahl an den schlanken Hals presste.

Obwohl er ein wenig überrascht wirkte, lächelte Yamamoto weiter. »Du würdest mich nicht umbringen.« Karamellbraun traf auf Mintgrün, suchte in den stumpfen Tiefen nach der Wahrheit.

Statt mit Worten zu antworten, verstärkte er den Druck der Waffe. Entsicherte sie.

»Okay, vielleicht würdest du es doch tun.« Wie konnte er in solch einer Situation eigentlich noch so herzhaft lachen? Hayato hatte Takeshi in dieser Beziehung noch nie verstehen können, und hatte er sich anfangs noch Mühe gegeben, sein Handeln nachzuvollziehen, hatte er sich doch sehr schnell eingestehen müssen, dass es praktisch unmöglich war.

»Du weißt, warum ich das tun muss, Yamamoto«, begann er mit heiserer Stimme. Der Angesprochene stoppte in seinem Lachen, hörte ihm aufmerksam zu. »Du hast es zu weit getrieben.« Takeshis Gesicht wurde ernster, Hayatos Stimme brüchiger, bis sie nichts weiter als ein leises Flüstern war. »Wir waren unvorsichtig.«

Der Druck der Waffe verschwand.

Statt auf Yamamotos Hals zu zielen, richtete er die Pistole nun auf dessen Brust. Sein Finger am Abzug zitterte. Er musste ein ziemlich erbärmliches Bild eines Mafioso abgeben; konnte nicht einmal einen einzigen Menschen töten.

»Was willst du tun, Hayato?«, fragte Takeshi leise. Gokudera zitterte jetzt am ganzen Körper, verfluchte sich wahrscheinlich selbst dafür, sich vor ihm so eine Blöße zu geben. »... ich weiß es nicht.« Nicht mehr als ein Wispern.

Obwohl Yamamoto wusste, dass Hayato ihn dafür auf der Stelle ein Loch in die Brust reißen könnte – ob nun, weil es ein Befehl von ihrem Boss war, oder weil er seine geheiligte Privatsphäre verletzte hatte –, hob er die Hand und fuhr ihm einmal durch den silbernen Haarschopf. »Ein echter Vongola weint nicht.«

Damit sprach er nicht auf die zahllosen, ungeweinten Tränen an, sondern bezog sich vielmehr auf die Unfähigkeit, auferlegte Pflichten zu erfüllen. Hayatos Lachen klang verbittert. »Dann bin ich wohl kein echter Vongola.« Und will keiner mehr sein.

Allmählich gelang es Gokuderas Stolz, wieder die Oberhand zu gewinnen. Als er den Kopf hob und gespielt furchtlos in die braunen Augen seines Gegenübers blickte, meinte Takeshi hören zu können, wie der Andere sämtliche Gefühle, die seinem Pflichtbewusstsein in die Quere kommen könnten, hinter einer undurchdringbaren Tür verschloss. Er ließ seinen Arm wieder sinken, ohne sich jedoch die Chance entgehen zu lassen, Gokuderas Wange leicht mit den Fingern zu streifen.

»Du brauchst keine Angst zu haben, ich bin dir nicht böse.« Hayato nahm den Finger vom Abzug, starrte mit leeren Augen, die mit einem Mal dunkler schienen als sonst, zu ihm auf. »Ich habe keine Angst«, meinte er. Der beherrschte Unterton entging Yamamoto nicht. »Außerdem«, setzte der Kleinere erneut an; sein Griff um die Rosen festigte sich, ein wenig Blut rann seine Hand hinab, »interessiert mich deine Meinung herzlich wenig.« Ich liebe dich auch nicht.

Wie von ihm erwartet, lächelte Takeshi einfach weiterhin. Dann seufzte er, fuhr sich kurz durch die schwarzen Strähnen. »Das war’s dann wohl, was?« Hayato wünschte sich, sein Herz würde zu schlagen aufhören. Für einen kurzen Moment starrte er Yamamoto fassungslos an, und während er versuchte, seine ausdruckslose Maske wieder aufzusetzen, blickte Takeshi an ihm vorbei. Stoppte sein Lachen für einen Augenblick, bevor er wieder Hayato ansah. Zwinkerte er ihm zu, oder bildete Gokudera sich das nur ein?

»Arturo schaut schon so komisch, Goku. Bist du bereit?« Der letzte Teil war nur ein Flüstern, und doch schien es dem Angesprochenen so, als hätte Takeshi ihm die Worte ins Ohr geschrieen. Nein, bin ich nicht.

Sein Blick war wieder stur gen Boden gerichtet. »Chiaramente, idiota.« Alles Lügen.
 

Ein flüchtiger Blick nach oben.

Das Szenario ein letztes Mal gedanklich durchgespielt.

Es tut mir so leid, Takeshi.

Er lächelte immer noch. Das weiß ich doch.
 

Für einen quälend langen Moment stand Hayato nur da. Überlegte. Wog all seine Möglichkeiten gegeneinander ab. Es gab nur eine.

Rote Rosen fielen achtlos zu Boden.

Dann glitt sein Finger zurück zum Abzug.
 

-=-
 

Nachwort:
 

Offenes Ende – ja, ich weiß, ich kann gemein sein. xD

Aber es soll euch selbst überlassen sein, wie die Geschichte enden soll. Ob Hayato nun auf Takeshi schießt, auf die Wand hinter ihm oder gar auf sich selbst – denkt, was ihr gerne wollt. Einen Schuss gibt es aber auf jeden Fall, auch wenn das nicht explizit geschrieben wurde.

Eigentlich ist es ja schon ein wenig AU. Tsuna gibt’s nicht, die Vongola ist korrupter als je zuvor, Box Weapons und Dying Will Flame fallen komplett weg. Die Charaktere wurden also einzig und allein dazu genutzt, eine anfangs ziemlich grobe Idee umzusetzen. Shishishi~ toll gemacht. x3

Die ‚10 Gebote der Mafia’ besagen übrigens nicht, dass Liebe unterhalb der Mitglieder verboten ist. Im Gegenteil – die Ehefrauen werden beispielsweise sehr respektiert, und ebenso wird derjenige bestraft, der sich an der Frau eines Anderen vergeht.

Generell kann ich mir gut vorstellen, dass Liebe in einem gewissen Maße willkommen ist, sollte sie den Zusammenhalt der Familie stärken.

Aber ist die Mafia gegenüber gleichgeschlechtlicher Liebe tolerant?

Ich weiß es nicht; und weil es das gesamte Konzept von ‚Codex’ durcheinander werfen könnte, wenn ich die Antwort wüsste, will ich auch gar nicht so genau darüber nachdenken. ^^’

Zwei Dinge noch:

1. Ja, ich musste das ‚sì’ und das ‚ chiaramente, idiota’ einbringen. xD Kommt doch irgendwie viel authentischer rüber. Letzteres heißt übrigens ‚Natürlich, Idiot’, aber ich denke, da sind die meisten von euch selbst drauf gekommen ;b

2. Und Arturo ... hach ja, ist er nicht ein ganz reizendes kleines Ekelpaket? :)
 

Liebe Grüße~



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Otogi
2015-06-01T19:23:06+00:00 01.06.2015 21:23
Oh man, wie sehr ich in der Story hin- und hergerissen war.
Einmal musste ich total lachen und dann wieder total traurig...
"Du würdest mich nicht umbringen."... "Okay, vielleicht würdest du es doch tun." Sorry, aber ich musste da so lachen, weil das einfach echt typisch Yamamoto ist XD

Und ich kann mir gut vorstellen, dass Yamamoto zwar grade Angst hast, aber dennoch ist er bestimmt froh, dass er Goku vor sich hat. Trotzdem würde es mir (an Yamamotos Stelle) Leid tun, weil ich nicht wollen würde, dass Goku das wegen mir machen muss >.< Ich hätte wohl die Waffe selbst auf mich geschossen, um es Goku zu ersparen. Das ist dann wohl mein gedachtes Ende ^^" Liebe oder Tod. Zumindest hätte ich gewusst, was Goku wirklich empfindet und das wäre ein schöner Tod. Ach du meine Güte, das kann ja nur schief gehen.
Bei mir ist es auch kein Happy End Q_Q
Was hast du nur angerichtet? XDD
(Okay, ich gebs ja zu, ich mags auch mal dramatisch....)

Aber mal abgesehen davon, ich finde deinen Schreibstil echt toll, es ließt sich so schön angenehm ^-^
Antwort von:  Schangia
07.06.2015 22:19
Entschuldige dich nicht fürs Lachen, das muss auch mal sein. uû Normalerweise bin ich ja auf die Tränen meiner Leser aus, aber Lachen ist auch okay. ;)

Ich würd dir so gerne was Ausführliches dazu schreiben, warum ich was wie geplottet und umgesetzt habe, aber es ist über fünf Jahre her, dass ich den One Shot geschrieben habe, und ich erinnere mich nur noch an Arturo bby und an das Ende, alsooo... ////D
Aber komm, Drama muss auch mal sein, da bist du nicht besser als ich. Happy End wird auf Dauer auch langweilig! xD

Danke dir, das freut mich wirklich sehr~ ♥
Antwort von:  Otogi
08.06.2015 17:17
Ach, musst du garnicht, schon garnicht, wenns so lange her ist XD
Ist ja trotzdem ne geile Story und offenes Ende schadet den Lesern auch nicht~ (Ganz schön schlau, sich so aus der Affäre zu ziehen >D )
Von:  Erdkoenig
2011-01-24T18:09:49+00:00 24.01.2011 19:09
Wow, eine wirklich gelungene Story! :3 Großes Lob von mir!
Ein wenig schade, dass Tsuna und Co nicht auftauchen, aber gerade mit Arturo hast du die Problematik mit der ganzen Mafia Sache auch sehr gut rübergebracht. Ich mag die Idee und die Umsetzung total.
Ich find es auch gut, dass das Ende offen geblieben ist. Passt hier sehr gut. Außerdem glaub ich nicht, dass ich meine Tränen hätte zurückhalten können, wenn er jetzt wirklich auf Yamamoto geschossen hätte ;_;

Super und weiter so!
Lg

Von:  Bakamoto
2011-01-03T22:05:13+00:00 03.01.2011 23:05
Dein Schreibstil ist Wundervoll~
Die Story ist gut~ Ich musste sogar weinen... was ich normal nie tue...
Also großes Lob~
Ich finde du hast auch alles sehr gut beschrieben <3~
Und sowohl Goku als auch Yamamoto sehr gut rüber gebracht.
und Arturo.. jaa.... er ist ein arsch iwie xDDDD
Aber die Geschichte ist wirklich einzigartig gut!
Von:  Fujouri
2010-02-06T10:09:42+00:00 06.02.2010 11:09
Hallo^^
Es ist gerade die 170. Folge des Reborn-Animes rausgekommen, doch da dachte ich mir, bevor ich mich daran vergnüge, labe ich mich erst mal in einem weiteren Wettbewerbs-OS. xD Und da ist die Wahl auf deinen gefallen.
Ich muss mich ganz besonders bei dir bedanken, weil du noch auf den allerletzten Drücker deinen OS eingereicht hast. Das hat mir verdeutlicht, dass es nicht ganz so sinnlos war, den WB ständig zu verlängern. Danke!
Nun mal zum Eigentlichen: Deinem Wettbewerbstext. Wie bei den bereits reviewten Teilnehmertexten werde ich auch hier ganz strukturiert und systematisch vorgehen - stell‘ dich also auf einen Monsterkommentar ein. >D (Btw. habe ich in der Kurzbeschreibung gelesen, dass die Mafia in deinem OS eine große Rolle spielt, deshalb hab‘ ich gleich mal meinen Kill Bill-Soundtrack laufen lassen - das passt immer so gut zum Mafia-Ambiente xD)

Rechtschreibung & Grammatik:
Ich bin sehr positiv überrascht, was das angeht - verhältnismäßig zur Länge machst du kaum Fehler! Manche, die ich gefunden habe, schienen auch mehr nach Flüchtigkeit als Unkenntnis. Das Einzige, an dem du noch etwas feilen könntest, wäre Kommasetzung - das Trennen von Haupt- und Nebensatz ist nicht immer gelungen. Natürlich ist das halb so wild, denn Kommaregeln im Deutschen sind wirklich schwer… ich mach‘ ja selbst genug Fehler. :/ Ich hoffe, dass alles, was ich dir hier als Fehler aufgetischt habe, auch ein Fehler ist; andernfalls korrigiere mich bitte.^^“ Also, hier die Sachen, die mir aufgefallen sind:

< „Wer genau sie aufgestellt hat ist nicht weiter von Bedeutung.“
- Nach ‚aufgestellt‘ muss ein Komma gesetzt werden.
< „[…] um nicht im heillosen, ungerechten Chaos der Anarchie zu versinken, in dem nur die Starken überleben können.“
- Soweit ich informiert bin, beziehen sich Worte wie „der“, „welcher“ und „jener“ im Relativsatz immer auf das letztgenannte Nomen. Sprich, es müsste hier „in der“ heißen, weil es sich auf „Anarchie“ beziehen muss… erschlag mich, wenn ich falsch liege. x_x
< „[…] um zu wissen wer hinter ihm stand.“
- Nach ‚wissen‘ ein Komma.
< „[…]aber dass er ihm offenbar noch ein Kapitel aus seiner Lebensgeschichte erzählte war definitiv nicht eingeplant gewesen.“
< „stur, tapfer, unwillig sich anderen zu beugen.“
- Nach ‚unwillig‘ muss ein Komma gesetzt werden.
< „Takeshi nicht, weil darauf wartete, dass der Jüngere ein Gespräch anfing.“
- Öh, du meintest „weil ER darauf wartete […]“, oder?
„ […]sodass er keinen Zweifel daran hatte, dass Hayatos Antwort auf seine Frage die gleiche sein würde […]“
- Meine Deutschlehrerin hat mir mal gesagt, dass es stilistisch schlecht sei, 2x die ‚dass‘-Konstruktion in einem Satz einzubauen - und sie hat recht. Und ‚sodass‘ kommt ‚dass‘ ziemlich gleich. Ich würde stattdessen „sodass er keinen Zweifel an Hayatos Antwort auf seine Frage hatte, die die gleiche sein würde […]“ schreiben. Klingt doch besser, oder? :0
< „[…]aber zu seinem eigenen Erstaunen fing er sich erstaunlich schnell.“
- Wortwiederholung (WDH) mit den verwandten Worten ‚Erstaunen‘ und ‚erstaunlich‘.
< „»Das wird dem Boss aber ganz und gar nicht gefallen ...«“
- Soweit ich weiß, knüpfen „…“ in einem solchen Fall immer an das Wort davor hab; heißt, das Leerzeichen ist hier falsch.
< „Wie konnte dieses dreckige Wiesel […] es sich herausnehmen zu bestimmen, was in dieser verrotteten Welt […]“
- Nach ‚herausnehmen‘ kommt ein Komma.
< „Dass Arturo sich nicht einmal die Mühe machte, sein amüsiertes Kichern zu verbergen, brachte ihn noch mehr in Rage. Allmählich begann seine mühsam aufgebaute Fassade zu bröckeln.“
- WDH mit den verwandten Worten ‚Mühe‘ und ‚mühsam‘… zwar in zwei Sätzen aufeinanderfolgend statt in einem, aber elegant klingt es nicht.^^“
< „[…]sein Gesichtszüge […]“
- Ups. xD Ein ‚e‘ fehlt.
< „[…]ihn zu unterdrücken.
Mit einem verzweifelten Aufschrei schlug er seine linke Faust gegen die Wand neben der Tür, sackte zusammen und versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken.“
- 2x ‚unterdrücken‘ aufeinanderfolgend ist nicht ganz so gut…
< „So schnell wie sie gekommen war […]“
- ‚wie‘ leitet hier einen Nebensatz ein; deshalb wird davor ein Komma gesetzt.
< „Zögern hob er seine Hand“
- Da fehlt ein ‚d‘^^
< „Karamellbraun traf auf mintgrün […]“
- Ich liebe diesen Teilsatz! Aber ‚Mintgrün‘ wird hier nominalisiert und deshalb großgeschrieben, wenn ich richtig liege…
< „Allmählich gelang es Gokuderas Stolz wieder die Oberhand zu gewinnen.“
- Nach ‚Stolz‘ ein Komma.
< „Wie von ihm erwartet lächelte Takeshi einfach weiterhin.“
- Kommt nach ‚erwartet‘ nicht ein Komma? Bin mir selbst nicht ganz sicher.^^“

Schreibstil:
Ich weiß gar nicht so genau, was ich sagen soll… außer, dass mich dein Text zu ungefähr 95% überzeugt hat, was das angeht. O___o Die fünf übrigen Prozent äußern sich in peniblen Kleinigkeiten, die mir gar nicht auffallen würden, hätte ich deinen Text nicht so peinlich genau auf Mängel abgesucht - das war, finde ich, mein Job als Wettbewerbsveranstalter. Ich kann arroganter Weise von mir sagen, dass ich selbst keine komplett ahnungslose Hobby-Autorin bin, die deshalb auch hohe Ansprüche an andere Texte stellt… und dein OS ist einer der wenigen, den ich bezüglich des Sprachstiles einfach nur loben kann! Auf meine Favoliste kommst du auf jeden Fall. :D Mit deinem Stil hast du es geschafft, eine beklommene Stimmung aufzubauen, die einem die Kehle an so mancher Stelle abschnürt, dann alles wieder auflockern lassen, um es sogleich wieder fest abzuschnüren. Worte wie „Ich liebe dich“ hast du plötzlich und gezielt eingebracht, sodass dem Leser im krassen Kontrast zu all den Schrecklichkeiten, die du beschrieben hast, fast die Augen rausfallen. Auch muss ich loben, dass du dich kaum Klischee-Formulierungen bedienst, die man eigentlich in jedem Text findet - auch in deinem. Aber in deinem so geringfügig, dass es nicht negativ auffällt. Die Mängelchen, die ich dir im Folgenden auftischen werde, sind ungefähr auf dem Niveau eines richtigen Lektorats, wie es berühmte Autoren von harten Kritikern an den Kopf geknallt bekommen. Sowas mache ich für gewöhnlich nicht bei FFs, weil mir einfach nie niveauvolle unterkommen. Deiner hingehen hat es seiner Hochwertigkeit wegen verdient, genau unter die Lupe genommen zu werden. Du kannst wunderschön schreiben und mit den paar Tipps, die ich dir geben werde, kannst du noch viel besser werden. Ich hoffe, sie helfen etwas weiter:

< „Er musste nicht auf die sanften Atemzüge und den leisen Klang ihrer schlagenden Herzen hören.“
- Ich finde das Adjektiv ‚sanft‘ in Bezug auf Atemzüge falsch, weil ich mir absolut nicht vorstellen kann, wie ein Atemzug sanft sein soll. Er kann leise, ruhig, rhythmisch, gleichmäßig, aber eigentlich nicht sanft sein… ; ich würde nicht ‚ihrer schlagenden Herzen‘ schreiben, weil du im personalen Erzähler schreibst. Und der kann in dem Fall definitiv nicht den Herzschlag eines anderen Menschen hören, schon gar nicht, wenn dieser gerade erst die Tür hereingekommen ist und der Herzschlag als ‚leise‘ bezeichnet wird. Er kann nur seinen eigenen hören.
< „[…]sich auf seinen mittlerweile penibel geordneten Schreibtisch zu konzentrieren.“
- Ich verstehe das ‚mittlerweile‘ in dem Kontext nicht. Deutest du damit an, dass Hayatos Schreibtisch damals, als er noch 15 war, ein einziger Saustall war und er erst über die Jahre hinweg ordentlich geworden war? Wenn ja, musst du das präzisieren, weil es dem Leser sonst nicht klar ist. Wenn es nichts aussagen soll, würde ich das Wort einfach rausnehmen.^^
< „[…]fragte er ruhig, immer darauf bedacht, seine wahren Gefühle nicht preis zu geben.“
- Ich finde das ‚immer‘ problematisch, weil es zweideutig ist. ‚immer‘ in Bezug auf die gerade währende Situation oder kontinuierlich ‚immer‘? Du meinst natürlich ersteres, aber das Wort ‚immer‘ umfasst eine unbeschreibliche Zeitspanne… ich würde es, wenn ich es ganz penibel nehme, eher rausnehmen.
< „Versuchte erneut zu verdrängen, wie sehr ihn diese ständigen Lügen aufwühlten.“
- Es ist ein Stilmittel, einen Satz ‚mitten drin‘ zu beginnen, denn dem ‚versuchte‘ fehlt hier ein Bezugsnomen wie z.B. ‚Er versuchte‘. Das kann man manchmal so machen, wenn es eine bröckelnde, immer näher an den Leser heranschleichende Stimmung erzeugen soll… aber ich glaube, das passt hier nicht. Ich würde den Satz an der Stelle eher ausformulieren. Ist aber evtl. auch zu krass interpretiert… |D
< „Langsam ging er auf die Tür zu […]“
- Den Satz mit einem Adjektiv beginnen zu lassen, ist auch ein Stilmittel. Stilmittel müssen begründet sein, denn ansonsten sind sie sinnlos. Adjektive am Satzanfang können vom Klang her manchmal eine schöne Stimmung erzeugen, weshalb man es manchmal machen kann… aber nicht zu oft. Und das tust du auch gar nicht. Ich weiß auch gar nicht, warum ich es dir sage, weil es bei dir nicht häufig vorkommt, aber ich glaube, es ist nie verkehrt, über die Problematik Bescheid zu wissen. xD
< „Warum der Japaner nicht verstand […]“
- Das ist eher subjektiv, aber… warum immer diese doofen Synonyme für Namen? Die hast du im ersten Abschnitt so schön umgangen, doch da auf einmal taucht eins auf. D: Ich mag oberflächliche Synonyme wie ‚der Japaner‘ oder gar ‚der Schwarzhaarige‘ nicht (mehr), weil sie sich nicht nur auf die gemeinte Person, sondern auch auf abertausend andere Menschen der Weltbevölkerung beziehen können - heißt, sie sind zu allgemein und bauen eine Distanz zum gemeinten Chara auf. Ich mag sie deshalb nicht. Und in einem Roman habe ich sie auch noch nie gelesen… ist aber wohl Geschmacksache.
< „Der Italiener strahlte Hayato mit einem so ätzend fröhlichen Grinsen an […]“
- An der Stelle finde ich das Synonym sogar objektiv problematisch. Hayato ist zwar - soweit ich weiß - Halbitaliener, aber das Synonym ‚Italiener‘ für jemand anderen zu verwenden, während der Name ‚Hayato‘ in dem Satz auch fällt, ist nicht allzu geschickt… das Synonym könnte sich so gesehen auf beide Charas beziehen… irgendwie ist das hier sehr seltsam.
< „sein Gegenüber hatte die schmalen Schultern des Sitzenden fest im Griff […]“
- D-Des Sitzenden? Das ist - finde ich - ein sehr hässliches Synonym. D: Ich würde es nicht benutzen… Wenn man von Chara1 zu Chara2 springen will, ohne Namen zu verwenden, kann man auch manchmal - bloß nicht immer! - ‚der andere‘ schreiben… das funktioniert ganz gut.
< „wandte sich von dem Anderen ab.“
- Hier hast du ja ‚der andere‘ geschrieben.^^ Aber - und das gehört eigentlich zu Rechtschreibung, aber egal xD - ‚anderen‘ wird sinnloser Weise kleingeschrieben. Ich weiß, es fungiert als Nomen, aber das ist genau wie bei ‚die beiden‘ ein Ausnahmefall und bleibt klein.
< „Als er vielmehr auf als durch das Glas sah […]“
- Da hier lediglich ein Fenster gemeint ist, würde ich statt ‚Glas‘ eher ‚Scheibe‘ schreiben, damit es mehr Bezug zum Fenster nimmt. ‚Glas‘ finde ich zu verallgemeinert.

Themenumsetzung:
Verbotene Liebe - perfekt umgesetzt. Mehr hab‘ ich dazu gar nicht zu sagen. ;D

Gefühlsumsetzung:
Alle von dir angegebenen Gefühle sind in deinem OS vertreten. Und hinzukommend habe ich sie nicht nur gelesen, sondern auch während dem Lesen gefühlt - das war beeindruckend.

OoC-Vermeidung:
Tadellos. Mir ist nirgends OoC untergekommen. Außerdem hattest du wegen des Alters der Charas auch viele Freiheiten gehabt, was das anging.^^ Wirklich geschickt vermieden.

Titel:
Knapp. Präzise. Prägnant. Und wenn man den dazugehörigen Inhalt kennt: Zerschmetternd. Ich liebe den Titel, er passt unglaublich gut!

Inhalt:
Ich kenne das Titelbild, zu dem du den One-Shot geschrieben hast - und ich liebe es. Also, das Bild unter anderem auch, aber mit ‚ich liebe es‘ meine ich viel mehr deinen Text dazu. :D Irgendein schlauer Mensch hat einmal gesagt, dass es in der Literatur eigentlich nur zwei Themen gibt, über die man schreiben kann: „Liebe und Tod.“ Und statt diese nur anzudeuten, bist du fast radikal an die Sache herangegangen und hast die beiden prägnanten Worte zu dem Hauptthema deiner Kurzgeschichte werden lassen. Den meisten Autoren gelingt es nicht, von verbotener Liebe zu schreiben, ohne dabei in hässliche Klischees abzudriften. Dein Text ist da ganz anders; einerseits wegen des Schreibstils, für den ich dich sehr bewundere, und andererseits wegen der Schrittweise-Art, mit der du an das Szenario herangegangen bist. Yamamotos ständiges Auftauchen bei Gokudera als nervige Alltäglichkeit zu beschreiben, ist dir zum Beispiel gelungen. Des Weiteren hast du teilweise wunderschöne Metaphern mit der harten Böe und der Welle geschaffen, die nicht zu sehr ins lyrisch-rhetorische-Mittel-Mäßige abgesunken sind, sondern sehr prägnant und authentisch herüberkamen. Außerdem hast du mit vielen harten, kurzen Sätzen, die Panik und Unsicherheit thematisieren, einen krassen Gegenpol zu den etwas lyrisch angehauchten Sätzen geschafften, was perfekt zur Thematik „Liebe & Tod“ passt. ;D Am liebsten hätte ich alle meine Lieblingssätze rauskopiert und nochmal explizit davon geschwärmt, aber da hätte ich mindestens 40% des OS copy&pasten müssen. ;D
Die Zweifel, die Hayato mit der Pistole ausgedrückt haben, waren atemberaubend gut beschrieben. Man hat gemerkt, dass du dich wunderbar in Hayato hineinversetzt hast, während du den OS geschrieben hast. Gefühle - vor allem negative - zu beschreiben, scheint deine große Stärke zu sein, denn das ist mir an deinem OS noch mit am meisten aufgefallen, was die positive Spalte angelangt.
Und du weißt gar nicht, wie sehr ich offene Enden liebe! Vor allem welche, die richtig gut beschrieben werden und das Ganze dann plötzlich mittendrin aufhört. >D Interpretationsmöglichkeiten zu schaffen, ist sehr wichtig; viele Autoren zwingen dem Leser seine Interpretation nämlich auf, und das ist stilistisch… inkorrekt. Btw. auch fies dem Leser gegenüber. xD Deshalb mochte ich das Ende, das du gewählt hast…
Das Einzige, was mir etwas negativ aufgefallen ist, ist das hier:
< „»Ich habe dir noch keine Frage gestellt, Hayato.«“
- Soweit ich weiß, spricht Takeshi Hayato nie bei seinem Vornamen an; auch nicht im Future-Arc, wenn ich mich recht entsinne. Und ich hab‘ aus deiner FF eigentlich nicht rauslesen können, dass sich das Verhältnis zwischen den beiden derart geändert hat, sodass es zum Vornamenausspruch kommt.^^“ Ist aber, denke ich, okay, weil dein OS ja AU ist… da sind dir einige Freiheiten gegeben. Trotzdem ist es mir beim Lesen störend aufgefallen…

Fazit:
Ich hätte mir nie erträumen lassen, dass ich arrogantes Weib es jemals fertigbringen würde, sowas zu einem Animexx-Autoren zu sagen, aber:
Du hast einen neuen Fan dazugewonnen. :0
Ich hab‘ hier wirklich schon einige gute Geschichten gelesen, doch noch keine hat mir bisher sprachlich so gut gefallen wie deine. Obwohl ich mehr lektoriert als normal verbessert habe, sind mir nur die minimalsten Mängel untergekommen, die man in meinen Texten auch zu Genüge findet (inklusive größerer Mängel xD). Ich bin grad auch sehr froh, den Kill Bill-OST gehört zu haben, weil der echt gut gepasst hat. |D Okay, das gehört nicht hierher…
Ich bin mal gespannt, was mich bei den übrigen zwei WB-Teilnehmertexten erwartet, aber irgendwie zweifel ich gerade an, dass du getoppt wirst… Aber das werde ich ja dann sehen.
Kurz und bündig:
Isch libbe deinen Text. :D Kannst ihn ja mal fragen, ob er mich auch liebt, nachdem ich ihn so auseinandergerissen habe; würde mich sehr freuen. ;D

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende wünscht
Fujouri
Von:  sistermilz
2010-02-05T14:28:44+00:00 05.02.2010 15:28
hehe...
Also ich muss ehrlich sagen, das mich deine Geschi sehr gefangen hat. Du hast das alles sehr schön beschrieben und die von Jana unten genannten Textstellen sind mir auch besonders aufgefallen (abgesehen von den kommafehlern, die sind mir eigentlich egal ~.~)
Ich finde es vor allendingen gut wie du dich mit Goku auseinander gesetzt hast und das du seine Gefühle so eindringlich beschrieben hast. (andernfalls wäre die Geschi aber auch extrem kurz Oo)
ähm, was gibt es noch...
Ich fand die ganze Situation in dem HQ sehr schön beschrieben, also dass diese Liebe viele Probleme bedeuten könnte
und der schluss ist wirklich sehr schön und sehr dramatisch... amer goku ;.;
Zudem weißt deine Geschichte die Merkmale einer Kurzgeschichte auf, dazu gehören... :D ich erspare dir das jetzt mal :P
Gut, ich glaube, ich habe alles nennenswerte genannt, ansonsten melde ich mich nochmal, kora
In Liebe, SisterMilz
(ach, das shishishi~ konntest du nicht auslassen, kora? xD)
Von: abgemeldet
2010-02-05T13:38:39+00:00 05.02.2010 14:38
Also erstmal...Arturo hat in mir einen Fan gefunden. Ich weiß nicht warum, aber ich mag solche charaktere. Ohne wären Geschichten doch langweilig.

"Dass er es dennoch tat ließ ihn verärgert die Augen schließen."
Du hast da ein Komma vergessen.

"Dass dieser Vollidiot länger bleiben würde hatte er bereits befürchtet"
Und da auch.

Dieser Vergleich mit dem Fels in der Brandung und der Welle gefällt mir :3

"fiel es ihm allerdings immer schwere"
Da fehlt ein 'r'. O.o

"Gokudera konnte sich bildlich vorstellen, wie Takeshi sich auf dem Stuhl leicht vorgebeugt und die Ellbogen auf die Schenkel gestützt hatte, wie er den Kopf auf seine gefalteten Hände bettete und die Augenbrauen leicht zusammenzog. Ihn mit flehendem Blick ansah, obwohl er die Antwort bereits kannte."
Ich liebe diese stelle O.O Das kann man sich wunderbar bildlich vorstellen. Armer Yamamoto.

"warf die Fetzen seiner Seele noch spottender zwischen den Böen umher."
Wundervolle Metapher :3

"War klirrend zersprungen und hatte nur Scherben zurückgelassen, durch die sein Todesmarsch führen würde."
Und das auch. Bei der Stelle hatte ich irgendwie so den Gedanken, dass Gokudera nicht nur die Möglichkeit hat Takeshi zu erschießen, sondern auch sich selbst.

"und die Einrichtung zertrümmern, um seinem Frust Luft zu machen."
Jeder braucht Hobbies^^

"Wenn er wirklich jeden Tag hier stand, dann war es keine Kunst für Arturo und seinen Boss gewesen, die ganze Sache aufzudecken."
Äh. nein. Sich jeden Tag mit einem Bündel roter Rosen in den gemeinschaftsraum zu stellen ist doch seeehr unauffällig >.>

"Stupide, einfallslose rote Rosen, wie sie schöner nicht hätten sein können."
Die Stelle ist so wunderbar widersprüchlich. Irgendwie bringt das auch Gokuderas innere Zerrissenheit sehr gut rüber.

"Es tut mir so leid, Takeshi.
Er lächelte immer noch. Das weiß ich doch."
Verdammt >.< ich muss wieder heulen. Man reiche mir ein Taschentuch.

Was ich noch so zum Abschluss sagen möchte ist, dass man bei denen FFs immer das Gefühl hat, dass du dich mit der Story sehr auseinandersetzt und nicht blind drauflos schreibst. Sehr löblich :)
Checanty wartet auf mehr *-*



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