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Umbra Veşnică

Ewige Schatten
von

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Ungestillter Durst

Die Dunkelheit füllte jeden noch so winzigen Winkel der Stadt, tauchte sie in ein, einheitliches Schwarz, in dem sich nur die Wesen aufhielten ,die das Licht des Tages verachteten. Sie fühlten sich wohl in der Finsternis, welche sich Schutz bringend über sie legte. Wie ein Film aus dunkler Seide erstreckte sich die Nacht in den stinkenden Gassen, verdeckte den Dreck und den verwesenden Müll, den die Menschen machten.
 

Kein Mensch würde zu dieser Stunde umherirren. Keiner dieser so stolzen Rasse wagte es, einen Fuß vor seine traute Stube zu setzen. Viel zu groß war die Angst vor dem, was sich zwischen ihrem Abfall des Nachts suhlte. Nicht einmal die Laternen, welche sie vorsorglich am Straßenrand verteilt hatten, spendeten genug Licht um jeden noch so schäbigen Winkel auszuleuchten. Auch das spärliche Licht der Laternen erlosch im Laufe der Nacht. Die Finsternis, die Stunden nach Mitternacht, sie waren nicht gemacht für die Menschen, sondern für den Abschaum, den sie zu vergessen suchten.
 

Ein Teil dieses Abschaums strich durch die Dunkelheit, glich mehr einem Schatten, als einem mannshohen Geschöpf. Jeder Schritt war so präzise gesetzt wie der eines Tänzers, wich dem herumliegenden Unrat geschickt aus ,immer darauf bedacht, keine der Ratten, welche im Kehricht der Menschen zu Hunderten sich tummelten und nun um seine Beine streunten, auch nur mit der Fußspitze zu berühren.
 

Seine Schritte waren lautlos. Das dreckige Pflaster der Straßen und Gassen durch die er schlich, dämpfte sie noch mehr, sodass es ihn nicht einmal allzu große Anstrengung kostete sich ungehört fortzubewegen. Sein schwarzer Umhang flatterte leicht und geräuschlos im seichten Wind, genau wie das lange schwarze Haar, welches sein blasses Gesicht umspielte. Nur seine Augen konnte man hier und da wie zwei glühende Rubine in der Nacht aufblitzen sehen.
 

Er war auf der Jagd, wie so viele nachtaktive Lebewesen. Doch war er keinesfalls so nieder und anspruchslos wie die Ratten, welche die aus dem Fenster geworfenen Essensreste der Menschen verspeisten, als sei es das größte Festmahl welches ihnen jemals kredenzt wurde. Dabei nagten sie doch Nacht für Nacht die stinkenden Knochen ab, aus welchen sich die Bewohner der Häuser, vor denen sie lagen, eine herrliche Suppe gekocht hatten.
 

Er verachtete diese niederen Tiere genauso sehr wie die Geschöpfe, die im Inneren der Lehmbauten sich wärmend am Feuer ergötzten und zu dieser späten Stunde bereits mit ängstlich zusammen gekniffenen Augen auf ihren harten Strohmatratzen lagen, in der Hoffnung so die Augen vor allem Bösen und Furchteinflössenden verschließen zu können.
 

Ein verächtliches Grienen schlich sich kurz über seine schmalen Lippen. Der schimmernde Mond spiegelte sich in einigen Pfützen, welche der einzige Beweis für den kürzlich niedergegangenen Regen waren. Was dachten diese Menschen eigentlich? Dass die knarrenden Holztüren ihrer Häuser und Kammern ein Hindernis waren? Dass der Knoblauch über ihren Türen oder das Johanniskraut neben ihren Schwellen wirklich alle dunklen Gestalten fernhielten?
 

Töricht und naiv waren die Menschen, sie glaubten jeden Mythos und jedes Gerücht was man ihnen erzählte. Manche Mythen waren wahr, so zählte er doch selbst zu einem, doch die meisten waren erdacht und erlogen. Welcher Mensch konnte schon beurteilen was einen nächtlichen Jäger fernhielt? Knoblauch… solch ein Humbug. Das stinkende Zeug kratzte zwar erbärmlich in seiner so feinen Nase, doch hielt es ihn, wenn er hungrig war, keinesfalls davon ab, die Pforte eines Schlafgemachs zu durchschreiten.
 

Und in dieser stillen ,dunklen Nacht war er hungrig.
 

Hinter jeder Mauer an der er vorbei strich, hörte er mindestens ein Herz schlagen, hörte wie das Blut durch den Körper der bereits Schlafenden rauschte und roch den roten Lebenssaft der Menschen überdeutlich. Allein an dem Geruch konnte er erkennen ob es sich lohnte durch diese Mauern zu brechen und die in den Adern und Venen pulsierende Köstlichkeit in sich aufzunehmen.
 

Doch mit Blut war es nicht wie mit Wein. Umso älter des Menschen Blut, desto geschmackloser wurde es. Mit den Jahren schmeckte es nur nach dem Tod oder den Heilmitteln, welche die Alten gegen ihre Krankheiten einnahmen. Dies waren zumeist Kräuter, die sie auf dem Marktplatz kauften und nach alter Tradition zu einem Wirkstoff brauten, der genau so viel half ,als wenn sie das Kraut pur gegessen hätten. Doch so waren die Menschen nun einmal. Sie verkorksten ihr Blut damit.

Die jungen Menschen, sie waren die köstlichsten.

Heute dünkte es ihm nach einem ganz jungen, ganz zarten Ding. Schon lange biss er nicht mehr nur, nein, er tötete, denn das unsterbliche Geschlecht, dessen er angehörte, hatte schon so unzählige Anhänger, es musste ein Ende haben, denn sonst würde die Menschheit aussterben und sie müssten sich vom bitteren Blut der Tiere ernähren.
 

Leises Atmen erfüllte seinen Kopf, neben dem langsamen Schlagen eines kleinen Herzens. Er roch es überdeutlich, so jung und frisch, so erfüllend und köstlich. Der Durst überfiel ihn, die Gier packte ihn wie ein ausgehungertes Tier. Seine Triebe begannen die Oberhand über seinen kontrollierten Körper zu gewinnen. Noch immer bedacht und vorsichtig schlich er hinein in die kleine Gasse. Er brauchte nur seine Arme auszustrecken, schon hatte er ihre Breite gefüllt.
 

Jeder Zentimeter war ausgefüllt mit Düsterheit, hüllte ihn schützend ein, wie eine himmelblaue Decke sein gefundenes Opfer. Das Fenster unter dem er hockte war geöffnet, aus ihm drang das leise Schlagen des so frischen Herzens, welches noch nicht sehr lange geschlagen hatte und es auch nicht mehr lange tun würde. Unter diesem Fenster hockte er nun, schaute sich um, spähte mit seinen schneidend scharfen Augen durch die Nacht, um sicher zu gehen keine Zeugen zu haben.
 

Doch die einzigen Zeugen waren die Ratten, die im Gestank des Unrates zu ihrem Wohl kamen und sich nur ab und an keifend um einen Bissen des kläglichen Mahles stritten.
 

Angespornt vom verlockenden Duft des jungen Blutes, schwang er sich auf, überwand die minimalistisch wirkende Mauer, nur um sich geschmeidig in die kleine Kammer seiner Beute zu schwingen. Auch hier war es dunkel. Durch das offenstehende Fenster schimmerte nur der Mond. Der alte Holzboden knarrte nur schwach unter den leichtfüßigen Schritten des Jägers. Wahrscheinlich würden die halbtauben Ohren der Hausbesitzer dies nicht einmal hören.
 

Ihm sollte es recht sein. Sein Durst war immer weiter angestiegen, umso näher er seinem Ziel kam.
 

In der hölzernen Wiege lag das Kind, dessen Eltern so unvorsichtig die schwülwarme Nachtluft durch weitgeöffnete Fenster hinein in die stickige kleine Kammer lassen wollten. Es schien tief zu schlafen, atmete ruhig und gleichmäßig. Eingehüllt war es trotz der Wärme in mehrere bunte Decken und neben seinem Kopf lag ein kleines Strohpüppchen, welches mit Stoff überzogen war und somit sowohl Gesicht als auch Kleider bekam.
 

Vorsichtig beugte er sich hinab, darauf achtend, mit dem Kopf nicht gegen das aus Holz geschnitzte Mobilee zu stoßen. Er nahm das schlafende Kind aus seinem behüteten Nest, hielt es in die Luft wie ein stolzer, spielender Vater, nur um sein kleines Köpfchen ein Stück zur Seite zu neigen.
 

Vor dem Fenster nahm er ein leises Knistern wahr. Es glich mehr einem Windhauch, doch klang es in seinen feinen Ohren viel lauter, etwa wie das Rascheln seidener Kleidung. Aufmerksam blickten seine glühenden Augen nach draußen, achteten auf jeden noch so kleinen Laut und gleichsam auf jede winzige Bewegung.
 

Doch wieder waren es nur die Ratten, welche plump über die Abfalle streiften und sich die ,in ihren Augen, leckersten Bissen heraus pickten.
 

Das Kind in seinen feingliedrigen Fingern bewegte sich im Schlaf und so entschied der Jäger die Geräusche zu missachten und sich lieber seinem Abendessen zuzuwenden. Der kleine Kopf lag noch immer an der Seite, offenbarte den dürren, kleinen Hals unter dessen weicher Haut die Halsschlagader vielversprechend pulsierte.
 

Sich noch einmal über die Lippen leckend bleckte er die schneeweißen, glänzenden Zähne, in gieriger Vorfreude darauf ,seine spitzen Eckzähne endlich in den unberührten Hals des Kindes zu bohren.
 

Mitleid empfand er nicht. Es gab nur wenige Gefühle, die er empfinden konnte und Mitleid zählte eindeutig nicht dazu. Viel zu vielen kleinen Würmern ,wie das was im Moment in seinen dürstenden Händen befindlich war, hatte er schon das Licht des Lebens aus den Adern gesaugt. Die Welt war sowieso grausam, dunkel und kalt. Jeder kleine Junge würde einmal als Krieger enden und jedes Mädchen als kinderreiche ,überforderte Haus- und Ehefrau. Eigentlich konnten diese Kinder ihm dankbar sein, dafür, dass er ihr Leid von vornherein beendete.
 

Er senkte seine Lippen, setzte sie am Hals des kaum geborenen Menschens ab und wollte gerade seine Zähne durch das sich darbietende Fleisch stoßen, um sich lüstern den kostbaren Lebenswein über die Lippen laufen zu lassen, als ein Fauchen aus dem Fenster seine Aufmerksamkeit einforderte.
 

Lautlos hatte sich das Geschöpf an den so vorsichtigen Jäger herangeschlichen, kauerte nun im Fensterbrett und starrte ihn aus glühenden Smaragden an. Das weiße lange Haar fiel über seine Schultern wie wallende Seide und umschmeichelte die farblose Haut, die sich wie nasses Pergament über das schmale Gesicht spannte.
 

“Lass das Kind! Ist das der Eid der Bruderschaft, den du da auslebst? Wohl kaum!”
 

Er lachte dunkel, seine Stimme war herabgedimmt zu einem Wispern ,was dem durch die Äste der Bäume streichenden Wind glich.
 

Lestat strich geschickt eine lose Strähne des wallenden Peches hinter sein Ohr, legte das Kind in seinen Händen zurück in die Wiege, zumindest so lange bis er den Störenfried abgeschüttelt hatte.
 

“Weshalb sollte ich nur alte und kranke Menschen töten? Ihr Blut schmeckt schon lange fahl und ist verdünnt vom vielen Tee den sie trinken. Dieses junge, zerbrechliche Ding hier ist wohlgenährt und köstlich.”

“Das ist barbarisch und grausam.”

“Tituliere mich wie du wünschst, in meinen Augen bewahre ich es nur vor dem Schrecken der Welt.”

“Wie die vielen Kinder vor ihm?”
 

Das Wispern klang anklagend, die schimmernden grünen Iriden hefteten sich an die dem Feuer entsprungenen Rubine des Schwarzhaarigen, während der Kauernde mit seinen langen Fingernägeln leicht über seinen Hals kratzte, um die Schlaufe seines Gewandes etwas zu lösen.
 

“Komm mit mir, ich habe einige Flaschen Blut zu Hause, junges Blut, aus den Zeiten zu denen es noch legitim war es zu trinken, aber habe Erbarmen und lass dieses arme Kind doch die Grausamkeit der Welt am eigenen Leib erfahren.”

“Ich kenne nicht einmal deinen Namen und soll dir einfach folgen?”

“Mein Name ist Aladár und ich verfolge dich lange genug um zu wissen, dass ,sollte ich dich in die Irre führen oder dir Böses wollen, ich bald schon einen hölzernen Pfahl dort stecken habe, wo eigentlich mein Herz sein sollte.”
 

Ein überhebliches Lächeln umspielte Lestats fein geschwungene Lippen.
 

“Wenn du und dein Blut ,was du mir versprichst, es nicht wert sind, diesen Leckerbissen zurückzulassen, so lasse dir gesagt sein, wirst du auch dann einen Pflock in deiner Brust bewundern dürfen.”
 

Eilig strich Aladár die helle ,fast schon leuchtende Seide, welche sich vor geringen Sekunden erst über seine Augen geschoben hatte, beiseite und reichte schließlich seine helle, mit Krallen besetzte Hand, dem Dunkelhaarigen, den er nur anhand seiner mondlichtfarbigen Haut und den stechend roten Augen in der Dunkelheit ausmachen konnte, und zog ihn, nachdem dieser sie zaghaft ergriffen hatte, aus dem Kinderzimmer hinaus, in die Dunkelheit, die sie zu huschenden Schatten machte.
 

Tbc.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-01-23T23:18:31+00:00 24.01.2010 00:18
So^^
Also ich muss sagen dein Schreibstil ist absoluter Hammer. War wirklich beeindruckt.
Großes Lob geb,
ich hoffe es geht bald weiter..^^
liebe grüße
Hunter


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