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Via Inquisitoris: Wiener Blut

Mord in Grinzing
von

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Das Mittel

Als Sarah um kurz vor neun zum Frühstück ging, traf sie Inspektor Cuillin bereits an. Er lächelte ihr zu und so holte sie sich vom Buffet zu essen, um der Regel der Unauffälligkeit Genüge zu tun, und nahm bei ihm Platz.

„Ihnen ist etwas eingefallen?“ fragte sie, um höflich zu ergänzen: „Guten Morgen. Mir übrigens auch.“

„Guten Morgen.“ Er lehnte sich etwas zurück: „Dann bin ich neugierig, Lady Sarah.“

„Sie wollen es mir nicht zuerst verraten? – Nun, Meinhardt schluckte Aspirin oder ein anderes Mittel das Acetylsalicylsäure enthält. Ein gut wirksamer Blutverdünner. Und es gibt eine Gruppe von Menschen, die darauf noch sensibler reagieren als, sagen wir, gewöhnliche: Bluter.“ Das hatte ihr Frances noch in der Nacht mitgeteilt.

„Stimmt. Darauf deuten auch die verdickten Gelenke hin. Ich habe bereits mit der Gerichtsmedizin telefoniert. Sie suchen nach weiteren Hinweisen – und seinem Arzt. Er muss in dauernder Behandlung gewesen sein. Nicht schlecht, Sarah. – Oh. Da ist etwas passiert.“ Er blickte an ihr vorbei zum Eingang, wo zwei Männer soeben mit der Servicekraft diskutierten, ehe sie Polizeimarken vorwiesen und herankamen, sichtlich überrascht, ihn in weiblicher Begleitung zu sehen.

So nickte er, ehe er sich erhob: „I´m sorry, Lady Sarah. Duty is calling...“

„Lady Sarah?“ Inspektor Andrassy lächelte freundlich: „Welcome to Vienna.“

Sie gab das Lächeln zurück: „Thank you. – Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag, Mr. Cuillin.“ Anscheinend hatte die Polizei den Tatort gefunden – oder gar den Mörder. Aber das würde sie wohl später zu hören bekommen. Auf jeden Fall durften die österreichischen Polizisten nicht erfahren, dass sie im Team ermittelten.

Nun, da sie sozusagen frei hatte, sollte sie einen kleinen Stadtbummel unternehmen. Immerhin war sie nie zuvor in Wien gewesen.
 

Als sie an der Hofburg vorbeikam und die Fiaker dort stehen sah, lächelte sie in Erinnerung an ihre Vergangenheit. Kurz nachdem Lord John sie gefunden hatte, waren derartige Kutschen noch modern gewesen. Vielleicht wäre es ganz angenehm, wieder einmal so gefahren zu werden. Der Himmel war bedeckt und so würde die Sonne doch nicht lästig werden. Bei strahlendem Wetter hätte das doch einen netten Sonnenbrand gegeben, wenn nicht mehr.

So ging sie näher und erkundigte sich nach dem Preis einer Stadtrundfahrt, wenn sie allein in der Kutsche sitzen würde. Nun, im Endeffekt war es ihr gleich, aber das musste sie ja nicht erwähnen.

Während der Fiaker die Ringstrasse entlangfuhr, ihr der Kutscher die Sehenswürdigkeiten zwischen Rathaus, Parlament und Börse erklärte, versank sie in gewissen Träumereien. Es stimmte wohl, jeder Vampir behielt auch nach der Verwandlung etwas von dem Menschen, der er einst gewesen war. Und sie war nun einmal ein Kind der viktorianischen Epoche und bestimmte Kleidung, sei sie auch noch so modern, würde sie ebenso wenig tragen, wie sich so aufreizend zu bewegen, wie es die jungen Damen der heutigen Zeit machten – nun, nach den Maßstäben des letzten Jahrhunderts.

Sie warf einen Blick auf die Donau, als sie den Franz-Josefs-Kai entlangfuhren, auf die Passagierschiffe, die auf Rundfahrtgäste oder andere Passagiere zwischen der Marienbrücke und der Schwedenbrücke warteten. Dafür hatte sie wohl keine Zeit. Immerhin schien die menschliche Polizei etwas wirklich Wichtiges herausgefunden zu haben, sonst hätte Kenneth Cuillin sie sicher schon angerufen.

„Kutscher!“

„Ja?“ Der Fiaker drehte den Kopf: „Einen besonderen Wunsch, gnädige Frau?“

„Ich möchte noch nach Grinzing.“

„Oh, wenn Sie mir das früher gesagt hätten, hätte ich Sie am Schottentor aussteigen lassen. Vor dort aus fährt die 38 direkt nach Grinzing. Nun, wenn wir weiterfahren, könnte ich Sie auch Landstrasse aussteigen lassen. Wenn Sie dann die U 3 nehmen und am Westbahnhof in die U6 umsteigen, könnten Sie…Moment...ja, Nussdorfer Strasse dann die 38 bekommen.“

„Nein, Sie haben mich nicht verstanden. Ich möchte, dass Sie mich dorthin fahren.“

„Das kann ich leider nicht machen, gnädige Frau. Ich müsste leer zurück, denn kaum jemand wird diese Strecke mit dem Fiaker zahlen wollen.“

„Ich zahle Ihnen auch die Leerfahrt. – Nehmen Sie Kreditkarten? Sonst halten Sie bitte kurz an einer Bank.“

Der Fiakerkutscher sah sie an, tippte an seinen Hut und lenkte sein Gespann nach rechts.
 

Sie waren bereits in Oberdöbling, als Sarahs Handy klingelte.

„Mr. Cuillin?“

„Wo sind Sie denn? Ist das laut!“

„Billrothtraße, auf dem Weg nach Grinzing. Nein, hier heißt sie schon Grinzinger Allee.“

„Gut. Dann treffen wir uns bei Meinhardt.“ Er legte auf.

Der Kutscher wandte den Kopf: „Dort vorn ist eine Bank, gnädige Frau, wo ich stehen bleiben und warten kann, während Sie das Geld holen.“

„Ja, danke. Den doppelten Preis der Stadtrundfahrt?“

„Plus fünfzig Euro für die Leerfahrt.“

„Einverstanden.“ Sie wartete, bis er ihr aussteigen half. Das war so herrlich altmodisch und sie fühlte sich fast wie früher.
 

Als sie in die Himmelstrasse einbogen, erkannte Sarah den schottischen Interpolinspektor, der anscheinend zu Fuß unterwegs war: „Mr. Cuillin!“

Der sah sich erstaunt um: „Lady Sarah! – Eine ungewöhnliche Methode herzukommen.“

Der Kutscher hielt sofort an: „Gnädige Frau?“

„Ja, danke, lassen Sie mich aussteigen. – Moment, Mr. Cuillin, ich komme gleich.“

„Natürlich, zahlen Sie nur.“ Er verschwieg seine Überraschung, welch teuere Anreise sie gewählt hatte. Die U-Bahn wäre doch wohl deutlich billiger gewesen. Aber er war Familienvater mit zwei Kindern, der für sein Polizistengehalt schwer arbeiten durfte – und sie die Tochter eines offenkundig reichen Lords. Denn das der Secret Service seinen Agenten in James-Bond-Manier alle Spesen ersetzte, wagte er zu bezweifeln. Als sie bei ihm war, fuhr er daher nur fort: „Gehen wir zu dem Haus.“ Er wartete, bis sie abseits der Touristenpfade waren, ehe er leise erklärte: „Meinhardts Auto wurde in der Donau gefunden. Der Ort wird Ihnen nichts sagen. Aber, was wichtig ist, es war voller Blut. Auch das Donauwasser konnte die Spuren nicht vollständig auswaschen. Eindeutig der Tatort.“

„Konnte die Gerichtsmedizin das mit dem Bluter bestätigen?“

„Sie vermuten es schwer, aber sie müssen eine Genprobe nehmen. Blutern fehlt ja ein bestimmter Stoff, ein Gendefekt. Das dauert etwas, aber die anderen Hinweise deuten darauf hin. Darum gehe ich ja auch zu seinem Haus. Ich wollte ja mit Ihnen sowieso dorthin und schlug daher Andrassy vor, dass ich nach Medikamenten suche und diese dann der Gerichtsmedizin überbringe, soweit sie sie nicht sowieso schon mitgenommen haben. Da war allerdings nichts für Bluter dabei.“

„Irgendwie bietet sich mir da ein gruseliges Bild“, gestand Sarah.

„Von dem Mord? Ja. Der Täter wusste anscheinend, das Meinhardt Bluter war, woher auch immer. Er verabreicht ihm Acetylsalicylsäure und ein Schlafmittel, ehe er ihn in sein Auto setzt und buchstäblich absticht. Er hat ihn nicht einfach umgebracht, wenn man das so sagen darf, sondern nur durch den Stich in die Hauptschlagader ausbluten lassen.“ Er warf ihr einen Blick zu: „Ziemlich gemein, wenn Sie mich fragen. Und feig. Ich will diesen Mistkerl fassen.“

„Sie sind sicher, dass es ein Mann war?“

„Sarah, bitte. Jemand setzte den Bewusstlosen in das Auto – das schafft kaum eine Frau.“

„Ja, natürlich.“ Sie vergaß manchmal, dass ihre Körperkräfte denen eines Menschen überlegen waren: „Dort ist der Friedhof von Grinzing….Da sollen einige Künstler liegen.“

„Ja?“ Er war etwas überrascht, aber sie lächelte:

„Ich mag Friedhöfe. Sie sind so ruhige Orte.“ Und immerhin konnte sie sicher sein, nie unfreiwillig dort zu landen.

„Dann sollten Sie sich den Wiener Zentralfriedhof ansehen. Er ist angeblich berühmt. Meine Sache ist das nicht.“

Nun, das traf wohl für viele Menschen zu. So wurde sie wieder praktisch: „Haben Sie Schlüssel für Meinhardts Haus?“

„Ja. Und auch das neue Siegel. Es ist alles offiziell, wenn man davon absieht, dass ich Sie mitnehme.“

„Sie haben mich eingeladen…“ gab sie prompt zu bedenken.

„Ich habe Sie aus Canberra hergesprengt, ja. Nun, ich hoffe, es wird sich auszahlen. – Noch etwas, das Sie interessieren dürfte. Freund Bauer hat angerufen und gebeichtet, dass er Meinhardt 40.000 Euro bezahlt hat, da dieser für ihn die Baufirma in Zukunft leiten sollte. Er sei fertig mit den Nerven, Burn-out-Syndrom oder so etwas, und wolle sich zurückziehen.“

Eine gute Ausrede, dachte Sarah unwillkürlich. Nahe an der Wahrheit. Nun, Bauer legte es wohl nicht darauf an, den Inquisitor zu verärgern, auch, wenn er sie nur für dessen Assistentin hielt. So nickte sie nur.

Kenneth Cuillin musterte sie: „Das war das, was Sie als angedeutetes Mordmotiv meinten?“

„Er sagte nicht genau, wofür er das bezahlte. Aber das ist eine Menge Geld. Und bislang erwähnten Sie nichts davon, dass es gefunden wurde.“

„Stimmt. Auf Meinhardts Konto war keine derartige Einzahlung und Bauer sagte auch aus, dass er es ihm am Tag zuvor bar übergeben hat. Er beteuert allerdings, dass er dafür Steuern bezahlt hat und alles legal sei. Nun ja.“

„Er wird kaum einen Fehler machen.“ Und die Regel der Unauffälligkeit stets wahren. Leider…Aber sie rief sich zur Ordnung.

„Das befürchte ich allerdings auch. – So, da wären wir. Die Leute der Spurensicherung haben jedes Staubkorn umgedreht, das da war. Und das waren wenige.“ Er bemerkte ihren verwunderten Ausdruck: „Sie werden gleich sehen, was ich meine.“

Der Garten um das Haus war sehr gepflegt und das konnte man auch von der Wohnhalle sagen. Zimmer wäre der falsche Ausdruck. Sarah fühlte sich fast an ein Schloss erinnert. Sie drehte sich um die eigene Achse. Das Ganze wirkte, als habe Meinhardt einem Innenarchitekten freie Hand gelassen, so ordentlich und bemüht geschmackvoll sah alles aus.

Der Inspektor, der das schon kannte, blickte zu ihr: „Es fehlen nur die „Bitte nicht berühren“- Schilder, dann ist das Museum perfekt, nicht wahr?“

„Ja. Ich meine, unser Haus ist auch alt und hat viele alte Möbel, aber es wirkt doch wenigstens bewohnt. – Wo ist denn das Schlafzimmer?“

„Oben. Zwei Schlafzimmer, zwei Bäder und ein Arbeitszimmer, aus dem sich nichts ersehen ließ. Weder war von vierzigtausend Euro noch, dass er Bluter war, noch wer ihm die monatlichen zehntausend bezahlte.“

„Er war wohl verschwiegen. Vielleicht hat noch jemand seine Dienste in Anspruch genommen, wie Georg Bauer.“ Näher durfte sie ihn nicht an die Wahrheit heranführen. Das war eine Sache, die der Kadash von einem Vampir erfahren hatte – und verschweigen musste.

„Möglich. Gehen wir hoch. Falls Sie irgendwo etwas wie ein Medikament sehen, sagen Sie es mir. Nichts anfassen!“

„Natürlich.“

„Ich muss es Ihnen sagen.“ Aber er lächelte.
 

So sehr sie auch die Schlafzimmer und Bäder noch einmal gründlich absuchten, es war nichts zu finden.

Sarah zuckte ein wenig die Schultern: „Dann könnte es Meinhardt bei sich gehabt haben, als er starb? Und es liegt jetzt in der Donau?“

„Vielleicht. Ich dachte freilich, dass das ein normales Medikament ist, also regelmäßig eingenommen werden muss und nicht akut im Notfall. Und es könnte im Auto liegen. Allerdings wurde nichts gefunden. Eigenartig ist das schon.“ Sein Handy klingelte: „Entschuldigen Sie. – Cuillin? Ja, Dr. Horvath? – Danke.“ Er legte auf: „Die Gerichtsmedizin. Sie haben den Arzt gefunden, bei dem Meinhardt in Behandlung war. Ein Dr. Hildebrand. Die österreichischen Kollegen sind schon auf dem Weg zu ihm. Hoffentlich erfahren sie dann etwas über die Medizin.“

„Ja, denn eigentlich ist das schon eigenartig. Wenn er wirklich Bluter war und so ermordet wurde – wo ist sein Medikament? Aber eigentlich sieht das nach einem…nun ja, nicht gerade nach einem Vampirfall aus.“ Sie murmelte es mehr zu sich und schrak unwillkürlich etwas zusammen, als der Inspektor etwas scharf meinte:

„Fangen Sie jetzt auch noch an, an Vampire zu glauben?“

„Das…das meinte ich nicht.“ Sie konnte ihm doch unmöglich erzählen, dass sie gerade beschlossen hatte, dass dies wohl wirklich nur ein Mordfall für die menschliche Polizei und nicht für den Inquisitor war: „Ich dachte nur daran, dass man wohl klassisch vorgehen müsste. Motiv, Gelegenheit und Waffe.“ Eigentlich sollte sie sich zurückziehen, aber da war ihre einfache Neugier, wie das hier alles abgelaufen war – und natürlich die Tatsache, dass Bauer als der einzige Vampir, der in den Fall verwickelt war, ein Drogendealer war und sie ihm mit gewissem Vergnügen den Kindermord zu Bethlehem angehängt hätte. Nun, sie war der Inquisitor und würde sich an die Regeln halten, aber sie war auch ein ehemaliger Mensch mit Gerechtigkeitssinn. Überdies war doch wohl kaum anzunehmen, dass ein Gangsterboss noch niemanden auf dem Gewissen hatte. Ein Vampir tötet nicht, so lautete die Regel, die sie kannte. Es fragte sich nur, ob der Kadash auf der anderen Seite einen Mord an einem Menschen ahnden durfte oder ob das nicht eine Regel war, deren Verstoß ohne Konsequenzen blieb, wenn die Grundregel, die der Unauffälligkeit beachtet wurde. Da musste sie wohl auch noch einmal gut nachdenken.

„Als Motiv bieten sich die Vierzigtausend natürlich an.“ Cuillin war sachlich: „Kommen Sie, gehen wir zur Straßenbahn.“ Sie traten auf die Strasse.

Sarah dachte laut in den Fall weiter: „Und Waffe: der Täter musste nicht nur wissen, dass Meinhardt Bluter war, sondern ihm auch noch Aspirin oder ähnliches verabreichen können, ohne dass der es merkte. Er hätte sich doch bestimmt gegen eine für ihn derart gefährliche Substanz gewehrt.“

„Ja. Also kannte und vertraute Meinhardt seinem Mörder. – Doch Bauer? Er täuscht die Geldübergabe vor und bringt ihn um, um sein Geld wieder mitzunehmen?“

Bauer war Vampir und hätte ganz sicher andere Mittel zur Verfügung gehabt – abgesehen von der durchaus verständlichen Abneigung eines Jeden ihres Volkes gegen eine Ermittlung des Kadash, die ihn gewöhnlich davon abgehalten hätte, sich einen von ihm Ermordeten in den Garten zu legen. Sie suchte jedoch unwillkürlich einen menschlicheren Grund: „Aber wer soll jetzt dann die Firma leiten? Er wollte das doch Meinhardt überlassen.“

„Da haben Sie Recht. - Genau das fragen wir noch Herrn Bauer, ehe wir ins Hotel fahren.“

„Äh...ich bleibe lieber abseits.“

Keneth Cuillin lächelte in gewisser Bewunderung. Sie dachte an so etwas – da merkte man doch die ausgebildete Agentin: „ Auch da haben Sie Recht. Das ist eine Polizeiarbeit.“

„Ich werde mich dort vorn in die kleine Gaststätte setzen, der Hof ist offen.“

„Gut. – Das nennt man übrigens Buschenschenke.“

Sie versuchte das Wort nachzusprechen und musste lachen: „Ich fürchte, ich bin nicht sprachbegabt.“

„Üben Sie, bis ich wieder da bin.“ Er nickte und ging ein Haus weiter, um dort am Portal zu klingeln.

Sarah wandte sich dagegen um und lief die Strasse hinunter zu dem offenen grünen Tor. Umgeben von Oleander und Geranien standen dort einfache Holztische im Garten, an denen vereinzelt Menschen saßen. Die Vampirin suchte sich einen einzelnen Platz und bestellte einen Traubensaft.

„Das Essen ist in Selbstbedienung, drinnen“, meinte die freundliche Bedienung.

„Danke. Ich habe im Moment noch keinen Hunger.“ Sie lehnte sich zurück und wartete auf Kenneth Cuillin.

Als dieser kam zeigte er eine gewisse Anspannung. Aber er nahm mit leisem Aufseufzen Platz: „So, machen wir Feierabend und gehen zum privaten Teil über. Es gibt Neuigkeiten, Sarah. – Einen Spritzer, weiß, bitte.“ Erst, als das gewünschte Getränk vor ihm stand, fuhr er fort: „Sie werden es kaum glauben, wer jetzt die Firma leiten soll, damit sich Bauer zurückziehen kann. Roßer.“

Sarah konnte nicht anders als ihn ungläubig anzublicken: „Johnny?“ Der war aggressiv und ihr nicht sonderlich schlau erschienen. Was dachte sich Bauer denn dabei? Oder sollte das nur ein Schutz gegenüber der menschlichen Polizei sein?

Der Schotte lachte auf: „So muss ich ihn auch angesehen haben. Nein, nicht Johnny, sondern sein Bruder Eduard. Sie haben ihn sicher schon gesehen. Er steht manchmal am Tor. Angeblich fungiert er ansonsten als eine Art Butler.“

„Oh. – Dann hat Bauer Johnny wohl mehr um seines Bruders Willen?“

„Scheint so. Jedenfalls soll der jetzt die Baufirma leiten, während sich Georg Bauer in Erholung zurückzieht.“ Er fasste sein Glas, ehe er sich umblickte, um leise fortzufahren: „Und dann gibt es noch etwas. Laut dem behandelnden Arzt legte Meinhardt großen Wert darauf, dass niemand etwas davon erfuhr, dass er Bluter sei. Er fürchtete geschäftliche Nachteile.“

„Ich dachte, er arbeitet nicht.“

„Nun, er bekam zehntausend jeden Monat. Irgendetwas wird er schon getan haben. Aber er wollte laut seinem Arzt, Dr. Hildebrand, auch verstecken, dass seine Gelenke immer mehr anschwollen, schmerzhafter wurden. So, dass er eigentlich langsam arbeitsunfähig wurde. Und, so sagte der Doktor Inspektor Andrassy…“ Er blickte sie abwartend an.

So lächelte sie: „Sie machen es aber spannend!“

„Das Medikament, das verhindern soll, dass die Gelenke anschwellen, es bei jemandem Anstoß innere Blutungen gibt…das hatte er immer in einer anderen Schachtel. Und jetzt raten Sie mal, in welcher.“

„Aspirin?“

„Ja. – Unser Mörder musste nur die Tabletten austauschen und Meinhardt vergiftete sich selbst.“

„Aber wenn er doch nicht wollte, dass es jemand erfuhr…“ wandte sie ein. Allerdings war eines klar: Meinhardt hatte Sorge, dass Bauer von seiner Krankheit erfuhr und ihm sowohl die zehntausend jeden Monat strich, als auch die vierzigtausend und die zugesagte Geschäftsführung.

„Jemand muss es gewusst haben, das ist klar. Bauer wusste es nicht, den habe ich gefragt. Und entweder ist er der beste unentdeckte Schauspieler aller Zeiten oder er sagte die Wahrheit.“

„Aber Sie erwähnten doch, Meinhardt habe keine Freunde, keine Bekannten.“

„Stimmt, keine, die die österreichische Polizei finden konnte. Was aber nur bedeutet, dass sich unser Mörder vorgesehen hat.“ Schließlich war auch die Verbindung zu Bauer nicht offensichtlich gewesen.

Sarah sah zum bewölkten Nachmittagshimmel auf: „Nun ja, wenn er Meinhardts einziger Bekannter oder Freund war, wird er sein kleines Geheimnis sicher für sich behalten. Lassen Sie mich einmal nachdenken. Niemand ist angeblich mit Meinhardt bekannt. Was ist mit seinem Innenarchitekten?“

Cuillin entkam ein gewisses anerkennendes Lächeln: „Der bekam den Auftrag schon vor Jahren und hat seither nichts mehr von ihm gehört. Eine Gärtnerfirma kümmert sich um die Außenanlagen, einmal in der Woche kommt jemand vorbei. Sie wissen nicht, und interessieren sich wohl auch nicht dafür, ob er zu Hause war oder nicht. Sie machen ihre Arbeit und gehen wieder. Und es ist durchaus nicht jedes Mal derselbe Gärtner.“

„Das ist ein echtes Rätsel. Irgendwie spannend, muss ich zugeben.“

„Mir wäre es lieber, die Lösung zu haben. Da draußen läuft ein Mörder herum. Und ich will und werde ihn fassen.“

Daran zweifelte Sarah allerdings nicht.
 

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Im nächsten Kapitel muss Lady Sarah sehr nachdenken, über die Regeln der Vampire im allgemeinen und die für den Kadash im Besonderen. Zum Glück läuft ihr wenigstens ein netter Drink über den Weg...
 

bye
 

hotep



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Teilchenzoo
2010-01-19T21:19:27+00:00 19.01.2010 22:19
Ein netter Drink ...? Du machst ja Ankündigungen!

Hm ... hmhmhm ... ich wiederhole meine Meinung, was das Schächten angeht ... das wirkt wirklich so. Sehr brutal, dieser Mord, und mit ziemlich großer Gewissheit hat sich der täter bei dieser Schweinerei auch mit Blut vollgeschmiert/spritzt. Ich meine, Blut in der Halsschlagader fließt ja doch mit einem gewissen Druck da durch ... hat denn niemand den blutbesudelten Täter gesehen? Und ein Auto kann einfach so in die Donau gefahren werden, ohne dass es jemand merkt?? Das muss dann aber über ne Kante gehen, und in dem Fall dann wohl in bewohntem/belebtem Gebiet ... also nicht außerhalb. Oder? Ist die Donau auch außerhalb befestigt?? Ach, man müsste mal dort gewesen sein ...
Auf jeden Fall ist es nicht ganz unauffällig, ein Auto in einen Fluss zu schieben. Selbst wenn man nix sieht, das macht doch Geräusch genug ...

Wenn ich der zukünftige Drogensyndikat-Kopf wäre, würde ich meinen Rivalen sehr unauffällig umbringen, und dezent verschwinden lassen ... vielleicht lege ich noch ne falsche Fährte, von wegen ausgewandert oder so, dass die Suche sich bald im Sande verläuft ... aber ich schächte mein Opfer nicht und lege es mir dann in den Garten!

Vielleicht wollte jemand Bauer des Vampir-Seins bezichtigen ?! ein Mensch, er erkannt hat, was Bauer ist? Dann würde Sarah auch ihren Wunsch kriegen, ihn zu strafen ... immerhin hätte Bauer dann die Regel der Unauffälligkeit grob verletzt.
Hm. Von dem standpunkt aus macht es echt am meisten Sinn^^°° ... also ... jemand hält Bauer für einen Vampir und will jetzt Aufmerksamkeit auf ihn lenken! Das ist fürs Erste meine These!!

Der kleine Ausflug mit Lady Sarah hat mir sehr gefallen! Ein bisschen Vergangenheit zum Lesen ...

Lg neko
Von: abgemeldet
2010-01-16T10:06:54+00:00 16.01.2010 11:06
Bei der Tötungsmethode muss ich unwillkürlich an das Schächten von Tieren denken, ist das nun Absicht oder Zufall, dass ich in der Geschichte so häufig auf tierische Analogien verfalle?
Wurde Wombat eigentlich auch immer für seinen eigenen Assistenten gehalten oder liegt es am Alter der meisten Vampire, dass sie Sarah nicht zutrauen selbst der Inquisitor zu sein?
Was einen möglichen Mörder angeht, bin ich im Moment genauso rat- und ahnungslos wie die beiden Ermittler. Der Einzige, der mit einfällt, es darum geht, wer von den Medikamenten und der Aspirinschachtel gewusst hat, ist der Arzt Hildebrand, von dem sie die Informationen bekommen haben. Bleibt nur die Frage, ob Hildebrand tatsächlich so kaltblütig ist, wie er für so ein Verhalten sein müsste, wenn er der Täter wäre.

Dir ein schönes WE und gute Besserung

Zwiebel
Von:  kiji-chan
2010-01-13T21:37:30+00:00 13.01.2010 22:37
Interessant. Ein netter Drink..?

Das Kapi errinnert leicht an CSI. Ungewöhnlich für dich aber sehr erfrischend und passt soooooooo gut in die Geschichte.

Die Bluter-Geschichte ist schon merkwürdig. Ob man wirklich so leicht einen Menschen ausbluten lassen kann...? Und wann kommt ein anderer Vampir ins Spiel? Wien ist doch groß genug für zwei mindestens.

Ach ja, Ring, Nussdorf, 38 und so hat mich an die Uni errinnert. Will net. Will wieder Ferien...!!


ncha!
Kiji
Von:  dice70391
2010-01-13T20:55:34+00:00 13.01.2010 21:55
...schönes...und aufschlussreiches kapitel...

allerdings habe ich noch keine Ahnung wer der Täter sein könnte...

muss wohl auf das nächste kapitel warten...

dice


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