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Der Schöne und das Biest

[ Hizaki Grace Project ]
von

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Part 1

Der Schöne und das Biest
 

„Was wollt ihr mal werden, wenn ihr groß seid?“, fragte die Lehrerin uns damals in der Grundschule.

„Polizist!“, rief einer meiner Mitschüler. „Bauarbeiter!“, rief ein anderer. „Ich mach’ später das, was mein Papa macht!“, antwortete der Nächste.

Und was sagte ich?

„Ich möchte Prinzessin werden, Frau Lehrerin.“, sagte ich und war von da an das Gespött der Klasse. Warum? Ganz einfach: Ich bin ein Junge. Mittlerweile ein junger Mann, aber die Probleme fangen doch schon vor der Pubertät an, seien wir doch mal ehrlich…
 

Aber ganz so schlimm war ich gar nicht. War ich wirklich nicht!

Ich spielte mit anderen Jungs, ich spielte sogar mit Autos und Power Rangers, aber… wenn ich ehrlich sein soll… Ein bisschen neidisch war ich schon auf die hübschen Puppen der Mädchen. Aber nur ein bisschen!

Ich blieb auch fortan dabei: Ich würde Prinzessin werden. Das sagte ich auch meinen Eltern, die belächelten mich jedoch nur.
 

Als ich allerdings anfing mich gegen den Friseur zu sträuben, um meine Haare wachsen zu lassen, fing mein Vater doch allmählich an nervöser zu werden…

„Junge, geh doch endlich mal zum Friseur! Das sieht doch unmöglich aus. Bald erkennt man nicht mehr, ob du Junge oder Mädchen bist!“, klagte und schimpfte mein Vater.

„Ich weiß!“, sagte ich ihm mit einem selbstbewussten Lächeln. Meine Mutter freute sich über meine Haarpracht. Kämmen schien eines ihrer Hobbys gewesen zu sein und ich glaube sogar, dass sie sich sowieso immer heimlich ein Mädchen gewünscht hatte… Somit war ich doch ein sehr zuvorkommendes Kind, oder?
 

In der High School wurde ich schnell zum Außenseiter, wie ich es eigentlich schon vorher war. Diese ganzen Sportclubs und seltsamen „Jungs-AGs“ interessierten mich nicht die Bohne. Sie ließen sich für ihre großartigen Leistungen von den Mädchen feiern und setzten sich selbst immer unter Druck der Stärkste, Schnellste und einfach Beste zu sein.

Zeitverschwendung… Davon war ich schnell überzeugt gewesen.
 

Um aber gleich von dem Gedanken abzulenken der >Klischee-Schwuchtel< sei der Ballett-AG beigetreten, muss ich noch dazu sagen, dass es eine AG gab, die meine volle Aufmerksamkeit bekam: Die Gitarren-AG.

Ich schien ein Naturtalent gewesen zu sein! Niemand anderes beherrschte das Instrument so schnell und so gut wie ich.
 

Mit heranwachsender Reife sagte ich also eines Tages zu meinem Vater nicht mehr ich wolle Prinzessin werden, nein, ich sagte ihm voller Tatendrang: „Papa, ich werde Musiker!“

Tja… Das passte ihm allerdings auch nicht in den Kram. Er haute mit seiner Faust auf den Tisch, sodass die Schüssel vor ihm kurz hochsprang und zeigte mit dem mahnenden Zeigefinger auf mich. „Junge, das hat doch keine Zukunft! Lern lieber etwas Vernünftiges und denk an deine Schule! Musiker verdienen nichts und dass du überhaupt erfolgreich wirst, ist auch sehr unwahrscheinlich!“
 

Ich muss schmunzeln, wenn ich daran zurückdenke… Aber ich hätte selbst nicht daran geglaubt, dass ich eines Tages eine eigene Band haben, auf Welttournee und in Zeitschriften abgedruckt sein würde. All das wusste ich damals noch nicht und beendete brav meine Schule.
 

Die Musik ging mir allerdings nie aus dem Kopf. Niemals. Meine Gitarre wurde mein engster Vertrauter, mein Freund, meine Liebe!

Und so brach ich eines Tages alles ab, zog von zuhause aus und warf mein naives Wesen in die bunte und schrille Welt der Musik. Es war eine aufregende Zeit und sie ist auch heute noch aufregend. Ich machte viel durch, ging durch gute und schlechte Zeiten, sammelte positive und negative Erfahrungen…
 

Und da bin ich nun. Ich bin eine ungekrönte Prinzessin auf den Titelblättern einiger Magazine… Ich berühre tausende von Menschen weltweit mit meiner Musik. Man könnte sagen… Ich habe es geschafft!

Na ja… Allerdings nur fast… Es gibt da noch eine klitzekleine Kleinigkeit, die in meinem verrückten Leben noch keinen Platz gefunden hat. Die Liebe.
 

Mein bester Freund… Freundin… Wie auch immer, auf jeden Fall philosophiert mein Freund Kaya immer wieder gern theatralisch über die Liebe.

Sie ist das Feuer, an dem man sich die Finger verbrennt und welches gleichzeitig deine Leidenschaft entflammt… Sie ist wie ein guter Wein, der lange Zeit reifen muss, um wirklich gut zu sein… Sie ist die Satinbettwäsche, die dich so weich und kuschelig liegen lässt, dass du einschläfst und niemals wieder aufwachen willst!

Kaya fallen jeden Tag neue – teilweise ulkige - Definitionen ein, die ich mit großer Aufmerksamkeit und Spannung mitverfolge.

Allerdings hat er auch manchmal seine Tage, an denen die Liebe doch nicht mehr so toll ist… Meistens, wenn ihn wieder irgendeiner seiner Liebhaber hat sitzen lassen. Das passiert hin und wieder. Kaya hat viele Liebhaber, sagt er, sie seien sein ‚Lebenselixier’. Ich verstehe von all dem leider nicht viel, sodass mir nichts anderes übrig bleibt als seinen spannenden Geschichten zuzuhören.
 

So auch an jenem Tag, als wir mal wieder in unserem Stammcafé saßen. Kaya trägt seine sexuelle Orientierung gern nach außen und schminkt sich sehr stark, trägt Frauenkleider, Perücken, er sieht einer Frau täuschend ähnlich! Und er kann mit einer ungebremsten Geschwindigkeit reden, wie ich es eigentlich nur von Frauen kenne. Wirklich faszinierend, das muss man erlebt haben.

Ich bin da ein wenig anders… Sagen wir... schlichter und simpler. Ich laufe ganz normal herum, das einzig auffällige an mir sind wohl meine glatten, langen und hell blondierten Haare. Im Alltag so aufgedonnert herum zu laufen wie Kaya, herrje, das wäre mir viel zu anstrengend! Trotzdem macht es Spaß ihn dabei zu bewundern.
 

Ich sog langsam und unauffällig an meinem Strohhalm und ließ mir meinen Milchshake auf der Zunge zergehen, während Kaya wieder höchst aufgebracht philosophierte.

„Ich sage es dir, Hizaki, es ist unglaublich! Da packt dich der Liebeszauber wieder heimlich, trägt dich auf die allseits bekannte Wolke Nummero Sieben und was ist? Oben angekommen steht dein Angebeteter, zeigt dir den Mittelfinger und schubst dich von der Wolke und du landest gaaaaaanz tieeeeeef im Abgrund… BUMM!!“

Ich zuckte zusammen, nachdem Kaya mit seiner Hand ein schwebendes Flugzeug nachahmte und es zum Schluss mit seinem ‚Bumm’ auf der Tischplatte lautstark aufprallen ließ. Er erzählte immer alles mit Händen und Füßen.
 

„Hm… Das war dann wohl wieder nicht der Richtige, was?“, seufzte ich und schenkte Kaya bemitleidende Blicke. Dieser wirkte aber schnell wieder recht unbekümmert, zuckte mit den Schultern und holte seinen Pocket-PC heraus.

„Ach, Männer gibt’s wie Sand am Meer, Hizaki, ist auch nicht so schlimm… Lass mich nur eben seine blöde Nummer löschen, die konnte sich doch eh kein Mensch merken! Und DAS ist bei mir schon mal kein gutes Zeichen…“

Ich sah meinen Freund verständnislos an. „Du suchst den Richtigen anhand seiner Telefonnummer und wie gut du sie dir merken kannst??!“, fragte ich irritiert.
 

Kaya sah mich aus den Augenwinkeln eindringlich an und hob seinen Zeigefinger.

„Man kann sich NIEMALS genug Kriterien ausdenken! Nur so kommt man zum Erfolg, glaub mir das, ich hab Ahnung.“, sagte er mit gewohnter Überzeugung und klappte seinen PC wieder zu, packte ihn weg und holte stattdessen einen kleinen Spiegel aus seiner Handtasche, um sein Äußeres zu überprüfen. ..Das tat er durchschnittlich alle fünf Minuten, ich habe das wirklich mal per Stoppuhr gemessen…
 

Als er fertig war, stützte er seinen Kopf mit einer Hand ab, beugte sich etwas zu mir vor und grinste mich leicht an.

„Wie sieht eigentlich der Traumprinz meiner kleinen, heimlichen Prinzessin aus, huh? Vielleicht kann ich da was regeln, ich kenn’ genug Kerle! Ich teile auch gern, Herzchen.“, sagte er und zwinkerte mir kurz zu, bevor er leise lachte.

Ich verschluckte mich an meinem Milchshake und hustete hinter vorgehaltener Hand. Mein Kopf wurde etwas rot. Ich hörte Kaya bei solchen Themen zwar gern zu, aber selber darüber reden..? Damit war ich schnell überfordert.
 

„Ach weißt du… ich… na ja… Du kennst mich doch! Ich.. denke nicht viel über so etwas nach…“, druckste ich herum und schaute immer wieder in sämtliche Himmelsrichtungen. Kaya rollte mit den Augen und schüttelte den Kopf über mich.

„Das glaube ich dir nicht, Schätzchen.“, seufzte er und stocherte mit seinem Löffel in dem Schaum seines Milchkaffees herum. Ich schluckte schwer und traute mich kaum Kaya direkt anzusehen. Schließlich hatte er Recht…

„Nun sag schon, jeder hat irgendeine Traumvorstellung! Und mir kannst du es doch wohl sagen, oder?“, hakte er weiter nach und sah mich eindringlich an. Dieser Blick ließ keinerlei Widerspruch zu. Kaya war Meister darin jemanden so lange anzustarren, bis er alle seine Geheimnisse aussprechen würde, um nicht wahnsinnig zu werden von Kayas Blick.
 

Ich atmete also tief durch und dachte kurz nach. Ich redete nur mit ganz leiser Stimme und antwortete zögerlich, während ich meine Augen auf die Tischplatte richtete.

„Na ja… Also… er sollte lieb zu mir sein… und… ich weiß nicht… vielleicht eine elegante Ausstrahlung haben… Das gewisse Etwas eben… und bodenständig sollte er sein… Keine Ahnung wie ich das beschreiben soll…!“

Ich wusste, dass meine Antwort recht schwammig und unpräzise war, ich war nun mal nicht gut darin nicht um den heißen Brei herum zu reden, doch Kaya lächelte mich nur verträumt an und brachte es genau auf den Punkt:
 

„Du wünschst dir einen Märchenprinzen wie er im Buche steht… Oh ja, das kann ich mir gut vorstellen! Ein richtiger Prinz an der Seite meiner kleinen Prinzessin… Großartig! …Da sind die Pflaumen, mit denen du so herumhängst aber nicht das Richtige, mein Herz.“, seufzte er und trank einen Schluck seines Milchkaffees.

„Das sind keine ‚Pflaumen’, das sind meine Freunde!“, protestierte ich gleich mit verzweifeltem Blick. Mit dem Steinobst meinte Kaya übrigens meine Bandkollegen: Teru, Jasmine, Bikei und Juka. Zu letzterem fiel mir gleich ein: „Juka hat doch sehr wohl etwas Prinzenhaftes an sich, findest du nicht?“
 

Kaya brach in schallendes Gelächter aus, was mich verdutzt schauen ließ.

„Ich bitte dich, Herzchen! In deinen Augen vielleicht, aber er ist viel zu wild für einen ‚Prinzen’. Außerdem… bin ICH an ihm interessiert, also vergiss es.“, grinste Kaya und biss sich kurz auf die Unterlippe.

„Eben hieß es noch ‚Ich teile auch gern’…“, schmollte ich und zog eine Augenbraue hoch.

„Nun sag nicht, er gefällt dir!!“, rief Kaya empört und bekam große Augen.

„Nein, nein, keine Sorge!!“, winkte ich schnell mit der Hand ab und erwiderte Kayas entsetzten Blick. Mein Freund atmete tief durch.

„Erschreck mich doch nicht so… Aber keine Sorge, wir finden schon einen Prinzen für dich!“, lächelte er dann wieder und trank seinen Kaffee aus.
 

Das Problem zwischen Kaya und Juka war, dass sie sich eigentlich liebten, aber… gleichzeitig auch hassten. So zumindest meine Theorie. Übrigens: Selbst wenn ich Interesse an Juka gehabt hätte… Sich für Männer zu interessieren, die Kaya interessieren… Es gibt sicherlich schönere Wege zu sterben! Das lernte ich sehr schnell.

Part 2

Nach unserem Cafébesuch schlenderten Kaya und ich noch ein wenig durch die Stadt, bewunderten Schuhe, auf denen ich wohl niemals ordentlich laufen lernen würde, schwärmten von Kleidern, die wie gemacht für unsere ‚Rollen’ waren und machten uns schließlich gegen Abend wieder auf den Weg nach Hause.
 

Dort wartete sie… Meine bisher einzig große Liebe… Mein ein und alles… Meine Gitarre. Es gab für mich nichts Schöneres als die Stille meiner Wohnung mit dem Klang meiner geliebten Gitarre zu brechen. Ich vergaß immer wieder die Zeit dabei und spielte teilweise bis mitten in die Nacht hinein. So auch dieses Mal: Mit meiner Geliebten im Arm schlief ich sanft auf der Couch ein und wachte erst am Vormittag wieder auf.
 

Mein Handy klingelte und ich eilte zu meiner Tasche, um es heraus zu kramen. Am liebsten wäre ich gar nicht erst dran gegangen, mein Klingelton von der Band ‚Dream Theater’ war einfach so unglaublich cool!

Doch ich sah, dass mein Freund und Bandkollege Jasmine anrief und nahm den Anruf also entgegen.

„Guten Morgen, Jasmine..!“, murmelte ich noch etwas schlaftrunken und fuhr mir durch die langen Haare.

„Ja guten Morgen, mein lieber Hizaki! Hast du mal auf die Uhr geschaut? Wir warten schon alle im Proberaum auf dich!“, sagte Jasmine und lachte kurz auf, da er mein Verschlafen mit Humor nahm. Ich schreckte kurz auf und war schlagartig wach.

„Oh nein, ich Idiot! Ach verdammt, ich, ich mach mich sofort auf den Weg, versprochen! Es tut mir Leid! Achje…“, redete ich aufgeregt und hektisch und lief verzweifelt durch meine Wohnung, auf der Suche nach Anziehsachen und allem anderen, was ich brauchen würde. Dann klingelte es auch noch an der Tür und ich hätte am liebsten meinen Kopf gegen die Wand gehauen.
 

Jasmine kicherte wieder am anderen Ende der Leitung und sagte mit einem hörbaren Grinsen:

„Juka holt dich übrigens ab und da es grad geklingelt hat, vermute ich, dass er vor deiner Tür steht! Bis gleich also!“

Ich war noch völlig überfordert mit allem und konnte gar nicht so schnell alles realisieren. Ich zog mich schnell um, bevor ich die Tür öffnete und tatsächlich Juka mit verschränkten Armen vor mir stand. Er sah mich todernst an, sodass ich damit rechnete höllischen Ärger zu bekommen, doch er schien mich nur wieder ärgern zu wollen und wuschelte mir nach einem Moment grinsend durch die Haare.
 

„Hat die Prinzessin die Erbse unter ihren Matratzen nicht bemerkt und SO tief geschlafen? Gibt’s doch nicht… Bist du fertig? Wir nehmen dir unterwegs Frühstück mit…“, sagte er.

Ich atmete tief durch, sah ihn etwas beleidigt an und lief an ihm vorbei ins Treppenhaus. Zu meiner Verwunderung hielt Juka die Tür meiner Wohnung auf und blieb stehen.

„Hizaki… Deine Gitarre und deine Schlüssel willst du aber doch mitnehmen, oder?“, fragte er mit einem neckischen Grinsen.

Ich blieb wie eingefroren stehen, atmete wieder tief durch und wurde etwas rot. Mit gesenktem Kopf flitzte ich wieder an Juka vorbei, holte also meine Gitarre und meine Haustürschlüssel und eilte peinlich berührt über meine Schusseligkeit an ihm vorbei zu seinem Auto.
 

Unterwegs hielten wir bei einem kleinen Café, sodass ich mir ein süßes Frühstück kaufen konnte und es ging weiter. Juka lächelte die ganze Zeit, während er seine Augen lässig hinter einer dunkeln Sonnenbrille versteckte.
 

„Sag mal… Sollen wir nach den Proben zusammen was essen gehen? Ich lade dich auch ein!“, fragte er irgendwann. Ich knabberte an meinem Melonenbrötchen und sah nur aus den Augenwinkeln zu Juka.

„Von mir aus gern! Die anderen kommen bestimmt auch gern mit… Müssen wir uns nur auf ein Restaurant einigen und was wir essen wollen…“, grübelte ich, doch Juka schien andere Absichten zu haben. Er lächelte schief und entgegnete: „Na ja… um ehrlich zu sein… wollte ich mal alleine mit dir essen gehen…“

Ich sah ihn verdutzt an, da ich überhaupt keinen Sinn dahinter fand.

„Allein? Aber warum denn? Die anderen freuen sich bestimmt auch, wenn wir mal wieder was zusammen machen außer proben!“, sagte ich und bemerkte nicht, wie Juka zunehmend an mir verzweifelte.

„Ja… Weiß ich doch, aber… wie erklär ich dir das… ähm… Ich würde gern einfach ein wenig Zeit mit dir allein verbringen! Ohne das Geschnatter der anderen… Einfach nur wir beide, verstehst du….?“, versuchte er mir sein Anliegen halbwegs deutlich zu machen, doch ich verstand weiterhin nicht, willigte aber ein:

„Hm… Na schön… Da werden die anderen aber stinkig sein!“, warnte ich, doch Jukas Lippen zierte ein Grinsen.

„Sie müssen es ja nicht erfahren…“, entgegnete er und ich seufzte.
 

Ich bekam keine Gelegenheit mich weiter dazu zu äußern, denn wir kamen beim Proberaum an und somit auch bei Teru, Bikei und Jasmine. Letzterer begrüßte mich mit einer liebevollen Umarmung, über die ich mich immer wieder freute. Jasmine hatte für mich etwas Divenhaftes, ähnlich wie Kaya, doch Jasmine war etwas ganz Besonderes. Eine Mischung aus Kind und Erwachsenem und aus Mann und Frau. Um es deutlicher zu machen: Sein Fetisch für Lamborghini-Autos im Kontrast zu seiner Sandkastenliebe Elmo aus der Sesamstraße und seine sanfte, feminine Ausdrucksweise, gepaart mit seiner Gestik und Mimik im Kontrast zu den lässigen Jeans und Männerhemden.

Klingt kompliziert und verwirrend? Ist es auch.

Jasmine war und ist ein Mysterium, aber das macht ihn wie bereits erwähnt zu etwas ganz Besonderem.
 

Teru war unser kleiner Sonnenschein. Nichts, aber auch GAR nichts konnte seine stets gute Laune trüben und seine Laune war einfach herrlich ansteckend. Außerdem machte es mir immer Spaß mit ihm gemeinsam Gitarre zu spielen, auch wenn er immer mal wieder klagte, dass es sinnlos sei, da ich so viel besser spielen würde. Dies dementierte ich aber immer wieder.
 

Bikei war unser Spaßvogel und immer für irgendeinen Blödsinn zu haben. Man merkt also… Meine Band ‚Hizaki Grace Project’ war ein Haufen gut gelaunter, talentierter Menschen!
 

Nach einem kurzen Smalltalk ging es auch los. Wir probten gemeinsam die Songs, die wir vor kurzem erst fertig gestellt hatten und alles lief wie am Schnürchen.

Juka hatte eine atemberaubende Stimme. Vielfältig, sanft und eindringlich zugleich. Sie passte perfekt zu unserer Musik und ich empfand meine stets gewünschte Harmonie. Jukas Stimme gefiel mir sogar so gut, dass ich ab und an Schwierigkeiten hatte mich zu konzentrieren, da sein Gesang mich ablenkte. Ich hatte einfach eine Schwäche für schöne Stimmen…
 

Nach den Proben blickte ich in zufriedene Gesichter meiner Bandkollegen, die anscheinend genauso glücklich über unsere Harmonie waren, wie auch ich.

„Jungs, das wird Zeit, dass wir auf die Bühne kommen! Ich kann’s kaum noch abwarten!!“, sagte Bikei grinsend und spielte mit seinen Sticks herum. Es hatte eine hypnotische Wirkung, wie er sie zwischen seinen Fingern herumdrehte…

„Ich denke auch, dass wir bereit dafür wären… Was meinst du, Hizaki?“, warf Juka ein und sah mich abwartend an. Ich nickte eifrig, während ich auf einem Stuhl saß und meine Gitarre etwas umklammerte.
 

„Definitiv! So gut wie heute waren wir noch nie, das war klasse! …Aber… ich finde, wir müssen uns noch etwas Besonderes für unsere Show ausdenken! Nicht einfach ‚nur’ Musik machen… wir müssen die Leute begeistern! Versteht ihr, was ich meine?“, antwortete ich aufgeregt und sah einen nach dem anderen an. Meine Freunde wirkten kurz nachdenklich, bis Jasmine plötzlich mit den Fingern schnippte.

„Ich weiß, was ich machen werde! Ich werde zaubern!“, rief er völlig begeistert und klatschte aufgeregt in die Hände. Ein kurzes Lachen aller Beteiligten hallte durch den Raum.

„Oh ja, ich helf’ dir! Wir packen dich in eine Kiste und ich zersäg’ dich!“, kicherte Bikei und erntete böse Blicke von Jasmine, der beleidigt seine Unterlippe vorschob und die Arme verschränkte. Ich musste genau wie die anderen über diesen Vorschlag etwas schmunzeln, fand ihn aber irgendwie ganz süß! Und das war mal etwas anderes gewesen.

Davon abgesehen wusste ich, dass Jasmine ein bisschen mehr Aufmerksamkeit benötigte und um ihm diese zu schenken und eine Freude zu machen, sagte ich:
 

„Ich bin dafür! Damit rechnet niemand und irgendwie ist es ganz witzig…“

Jasmine strahlte mich überglücklich an und die anderen sagten auch nichts mehr dagegen. Ich merkte, wie Juka mich nachdenklich aus den Augenwinkeln musterte, bis er einwarf:

„Also ich bin der Meinung… dass Hizaki ein Gitarren-Solo bekommen sollte!“

Ich bekam riesige Augen und blinzelte mehrmals ungläubig. Mein erster verzweifelter Blick ging Richtung Teru, der sich doch immer schnell so schlecht neben mir fühlte und nun sollte ich ein Solo spielen?
 

Doch er nickte lächelnd und sagte: „Eine gute Idee! Damit kannst du dein Talent noch mal richtig zum Ausdruck bringen!“

Ich lächelte etwas erleichtert, da er nicht traurig zu sein schien oder sonst etwas und bekam auch sonst nur Zustimmung, was mich schon ein wenig berührte.

„Na gut… Dann werde ich mich die nächsten Tage zuhause einsperren und ein Lied komponieren! Und dann spiel ich es euch vor und ihr müsst mir ganz ehrlich sagen, wie ihr es findet, ja??“, bat ich und bekam ein Nicken als Antwort von jedermann.
 

Anschließend packten wir unsere Instrumente wieder zusammen und Jasmine kam auf mich zu: „Liebes, was machst du jetzt noch? Wir haben schon Ewigkeiten keinen Stadtbummel mehr gemacht! Und ich hab tierische Lust auf ein Stückchen Kuchen… Wie sieht’s aus?“

Er lächelte mich erwartungsvoll an und ich schluckte schwer. Nachdem ich einen kurzen panischen Blick zu Juka geworfen hatte, der schon auf mich zu warten schien, antwortete ich angespannt:
 

„Na ja, ich… also… Wenn ich ehrlich sein soll… Es juckt mir in den Fingern mit dem Komponieren anzufangen, weißt du? Können wir das verschieben?“

Ich lächelte schief und sah Jasmine dabei entschuldigend an. Wie blöd ich mir vorkam… Ich wusste selbst nicht genau, warum ich ihm nicht einfach die Wahrheit gesagt hatte, aber wahrscheinlich tat ich es nicht, weil mir selbst die Erklärung dafür fehlte, warum Juka unbedingt mit mir allein essen gehen wollte.

Zu meinem Glück lachte Jasmine kurz auf und wuschelte mir durch die Haare, während er verständnisvoll sagte:
 

„Ahh, natürlich… Ich hätte es mir denken können! Na gut, dann sei schön fleißig, ich bin sehr gespannt auf dein Lied! Und gib mal zwischendurch ein kleines Lebenszeichen von dir, damit wir nicht wieder alle denken, dass dir war passiert sei.“
 

Er kicherte wieder, winkte Juka und mir noch kurz zu und verließ mit Teru und Bikei den Raum. Ich atmete tief durch. Gerade als ich Juka dafür anmeckern wollte, dass ich für ihn Jasmine angelogen hatte, nahm dieser mich schon an die freie Hand, mit der ich nicht meine Gitarrentasche festhielt und fragte lieb lächelnd: „Gehen wir?“
 

Ich atmete erneut tief durch und warf ihm nur kurz einen vorwurfsvollen Blick zu, nickte dann aber und ließ mich von ihm nach draußen ziehen. Ich schaute auf unsere Hände. Warum tat er das nun schon wieder? Ich war doch kein kleines Kind mehr…

Part 3

Juka verriet mir nicht, wo wir hinfahren würden, bis ich mich schließlich mit ihm bei einem italienischen Restaurant wieder fand. Europäische Küche? Fand ich klasse, das war mal etwas anderes. Das Restaurant sah auch recht nobel aus, sodass ich mich fragte, woher denn Juka plötzlich so viel Geld gehabt hatte, um mich auch noch einzuladen.
 

Wir setzten uns etwas abseits der anderen Gäste an einen Zweiertisch und schwupps huschte auch schon ein Kellner vorbei, um an unserem Tisch eine Kerze anzuzünden. Dann eilte er wieder weg, kam aber schnell mit zwei Speisekarten zurück. Ich sah mich kurz etwas im Laden um, bevor ich die Karte musterte.
 

„Trinkst du Wein mit mir oder magst du das nicht?“, fragte Juka irgendwann und ich sah entsetzt von meiner Karte auf.

„Wein?? Hast du mal auf die Uhr geschaut?? Es ist doch nicht mal sieben!!“, entgegnete ich empört. Juka schmunzelte nur etwas und zuckte mit den Schultern. Er nahm seine Sonnenbrille ab, die er wieder während der Autofahrt getragen hatte und legte sie auf dem Tisch ab.

„Na und? Wir haben doch ein bisschen was zu feiern, oder? Stell dich nicht so an, der soll hier wirklich gut schmecken.“, argumentierte er und lächelte mich sanft an. Ich seufzte und ließ kurz den Kopf hängen.

„Hm… Na schön… Aber nur ein Glas!“, stellte ich als Bedingung, denn ich war mir über die rasche Wirkung von Alkohol bei mir im Klaren und wollte keinesfalls vor Juka in den Seilen hängen.

Ein Glas, versprochen.“, wiederholte Juka, grinste leicht und klappte die Karte zu. Ich zeigte Juka, was ich essen wollen würde, damit er für mich bestellen konnte, denn ich war zu schüchtern mich an dem korrekten italienischen Namen meiner Spaghetti zu versuchen. Letztlich schaffte auch er es nicht, aber der Kellner verstand ja trotzdem, was wir haben wollten.
 

Während wir auf unser Essen warteten, spielte ich mit einer Serviette herum, fühlte mich aber beobachtet, da mir auffiel, wie Juka mich die ganze Zeit über sanft lächelnd anstarrte. Irgendwann erwiderte ich den Blick verdutzt und fragte: „Ähm… ist… irgendwas..?“

Juka schüttelte den Kopf und verneinte nur mit einem: „Mh-mh…“

Sein Lächeln wurde breiter und mein Blick nur verwirrter.

„Okay…“, sagte ich und spielte also weiter mit der Serviette herum, bis ich etwas Schiffähnliches daraus gebastelt hatte. Die Stille zwischen uns machte mich wahnsinnig und dann auch noch sein Blick dazu, der mich geradezu zu durchbohren schien.
 

Als unsere Getränke ankamen, lenkte ich mich also mit dem Glas Wein von Jukas Blick ab. Ich roch erst an der alkoholischen, roten Flüssigkeit und verzog kurz das Gesicht. Ich betete, dass mir das Glas nicht zu schnell zu Kopf steigen würde.

„Auf unsere kommende Tour!“, sagte Juka und wir stießen an. Nun musste auch ich lächeln bei der Vorstellung von unseren Auftritten.

„Ich kann es kaum noch erwarten… Ich sehe alles schon vor mir! Passende Bühnendeko… Wir, in unseren aufwendigen Outfits… Hach, das wird herrlich!“, schwärmte ich und seufzte glücklich. Dann lächelte ich Juka etwas verlegen an und sagte: „Ach übrigens: Danke für deinen Vorschlag mit dem Gitarrensolo. Ich werde mir Mühe geben euch nicht zu enttäuschen!“ Juka schüttelte weiterhin lächelnd den Kopf.

„Das wirst du schon nicht, davon bin ich überzeugt. Nichts zu danken. Es wäre eine Schande, wenn du nicht in den Mittelpunkt gerückt werden würdest… Du bist doch unsere Prinzessin!“ Er zwinkerte mir kurz zu und ich spürte, wie mir das Blut ins Gesicht schoss und meine Wangen sich rot färbten.
 

Prinzessin, sagte er… Prinzessin, sagte er ständig! Und immer wieder aufs Neue machte er mich verlegen damit.

Meinen Kindheitstraum habe ich natürlich nie vergessen…

„Jasmine und Teru.. sind aber auch Prinzessinnen…“, entkräftete ich schnell Jukas Aussage und schaute verlegen auf meinen Schoß. Juka lachte kurz auf und schüttelte den Kopf.

„Nein. Hofdamen vielleicht, aber die Prinzessin bist du.“, grinste er und trank genüsslich einen Schluck Wein. Ich atmete tief durch, wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war verunsichert so allein mit Juka in diesem schicken Restaurant.
 

Gott sei Dank kam dann auch endlich das Essen und ich konnte mir damit die Zeit vertreiben ohne Jukas Blicken ausgeliefert zu sein. Ich aß in Ruhe und zuckte zusammen, als Juka plötzlich anfing zu lachen. Er hielt sich eine Hand vor den Mund und sah mich entschuldigend an. Ich gefror in sämtlichen Bewegungen und starrte Juka nur irritiert an. Was war denn plötzlich so lustig gewesen?

Er biss sich grinsend auf die Unterlippe, beugte sich zu mir vor und strich mir sanft mit einem Finger etwas Soße von der Wange, um sie dann von seinem Finger zu lecken.
 

Ich bekam riesige Augen und wurde wieder rot. Hastig griff ich nach meinem Schiff, beziehungsweise meiner Serviette, und wischte mir die Soße aus dem Gesicht, die kreuz und quer dort verteilt war.

// Na super, Hizaki, tauch doch gleich mit deinem Gesicht im Teller ein und tanz dazu vielleicht noch auf dem Tisch!! //, ärgerte ich mich innerlich und schluckte schwer.

„Süß.“, betitelte Juka nur das Geschehen und aß in Ruhe weiter. Ich seufzte und aß dann auch mehr als vorsichtig weiter, um mich nicht wieder zu blamieren. Mit der Zeit fragte Juka ausnahmsweise mal ohne mich anzusehen:
 

„Hizaki… Darf ich dir eine etwas persönlichere Frage stellen? Du musst auch nicht antworten, wenn du nicht willst.“

Ich starrte ihn wie versteinert an, während mein Herz in den Keller rutschte. Eine etwas persönlichere Frage? Am liebsten hätte ich ‚nein’ geschrieen, aber meine Neugier war einfach zu groß.

„Ähm… also… von mir aus!“, stammelte ich also mit vollem Mund und schluckte mein Essen erst dann herunter. Mein Herz raste aufgeregt und ich fixierte Juka weiter mit meinen großen Augen. Zur Beruhigung griff ich schnell nach dem Weinglas und trank hastig einen großen Schluck.

Blöde Idee gewesen…

„Tja, ich hoffe, ich wirke nicht zu aufdringlich oder so, aber…“ Er hielt kurz inne. „Gibt es schon einen Prinzen an deiner Seite?“, fragte Juka mit einer plötzlich hauchenden Stimme und lächelte mich wieder sanft an.
 

Ich bekam einen riesigen Kloß im Hals. Ich hatte doch schon Schwierigkeiten mit Kaya über so was zu reden und dann wollte auch noch Juka über mein Liebesleben Bescheid wissen! Was war nur los gewesen mit allen?

Ich öffnete meinen Mund, bereitwillig etwas zu sagen, egal was, doch es kam kein Pieps heraus. Ziemlich lange Zeit sogar kam nichts heraus. Irgendwann stand ich mit den Worten „Entschuldige mich…“ auf und lief zu den Toiletten.
 

Ich sah mich im Spiegel an und legte meine Hände an meine roten Wangen. Ich atmete tief durch, biss mir auf die Unterlippe und lief angespannt auf und ab. Ich starrte an die Decke und schnippte mehrmals vor Nervosität mit den Fingern.

Warum fragte er das?

Was sollte ich antworten?

Und was würde passieren, wenn ich antwortete?

All diese Fragen schossen mir durch den Kopf. Ich stellte mich wieder vor den großen Spiegel, presste fast meine Nase dagegen und sah mir selbst mit einem skeptischen Blick tief in die Augen.

Ich erkannte mich kaum wieder und musterte lieber noch mal, ob das auch wirklich ich war vor dem Spiegel. Kein Zweifel… Das war ich.
 

Langsam beruhigte ich mich wieder, zupfte meine Haare etwas zurecht, dann noch mein Shirt, musterte mich von allen Seiten und zuckte schließlich erschrocken zusammen, als sich plötzlich die Tür öffnete und ein fremder Mann mich etwas irritiert ansah. Ich lächelte ihn mit einem engelsgleichen – wenn auch aufgesetzten – Lächeln an und schlich mich schnell wieder aus dem Raum.
 

Noch ein Mal tief durchgeatmet und ich setzte mich wieder zu Juka, der mich besorgt anschaute. Was ich da noch nicht merkte: Juka hatte heimlich mein Weinglas wieder aufgefüllt, während ich weg gewesen war, sodass ich wieder die Möglichkeit hatte einen großen Schluck daraus zu trinken. Ich hustete kurz, da der Schluck wirklich groß war und strengte mich an, Juka verlegen anzulächeln.

„Du, ich wollte jetzt nicht…!“, fing Juka an sich entschuldigen zu wollen, doch ich hob die Hand lässig und unterbrach ihn.

„Nein, nein, schon gut! Also… es gibt… keinen ‚Prinzen’ an meiner Seite.“, brachte ich etwas schwerfällig heraus, lächelte aber weiter angespannt. Am liebsten hätte ich noch hinten angehängt ‚Wieso fragst du? ’, aber die Antwort darauf war mir dann doch nicht geheuer.
 

Juka lächelte plötzlich wieder über das ganze Gesicht und sah kurz zur Seite. Bevor er irgendwas dazu sagen konnte, versuchte ich ein Ablenkungsmanöver und sagte schwer intelligent:

„Hast du schon gehört? Morgen soll es regnen!“

Ja… Mir war klar, dass die Aussage genauso sinnfrei gewesen war, als wenn ich gesagt hätte:

Was interessieren mich die Erdbeerpreise, ich hab doch Gummistiefel an!

Juka belächelte meinen Satz nur und ignorierte ihn auch netterweise.
 

„Hm… Kann ich gar nicht verstehen. Schließlich bist du so niedlich und hübsch noch dazu!“, sagte er und schloss seine Augen halb, während er mich anlächelte.

Ich wollte mich unter dem Tisch verkriechen. Mit Komplimenten konnte ich nur schwer umgehen, stammelte also nur verlegen ohne Juka anzusehen:

„Ähm… danke…“

Etwas Besseres fiel mir nicht ein und ich schwieg wieder. Er leider auch. Mein Kopf glühte und ich befürchtete, dass so langsam aber sicher auch der Wein seinen Teil dazu tat. Das Glas wurde irgendwie nicht leerer…
 

Die Stille zwischen uns kam mir schier endlos vor, doch Juka rettete mich vor dem totalen Nervenzusammenbruch, indem er schließlich fragte:

„Möchtest du irgendwas als Nachtisch haben?“

Ich blinzelte mehrmals und rief unkontrolliert laut, da ich mich so riesig über den Themenwechsel freute:

„JA! …Ähm… Ich meine… Ja, sehr gern! Ein Eis oder so…“

Juka nickte und besorgte uns also die Eiskarte.

„Oh, der sieht lecker aus. Sollen wir uns den teilen?“, fragte er und tippte auf das Bild eines großen Erdbeerbechers. Ich nickte eifrig und lächelte Juka wieder vorsichtig an. Aus den Augenwinkeln sah ich zu meinem Weinglas, welches nicht mal zur Hälfte geleert war, dachte mir ‚Jetzt ist auch egal!’ und trank den Rest mit zugekniffenen Augen in einem Zug leer. Dann atmete ich tief durch und schluckte schwer. Ich merkte, dass Juka etwas schmunzelte.

„Und? War doch lecker, oder?“, fragte er. Ich nickte wieder nur und hustete leise hinter vorgehaltener Hand. Der Geschmack des Weins lag mir noch auf der Zunge und ich hatte das Gefühl eine fürchterliche Fahne zu haben.
 

Juka bestellte unser Eis und der Kellner räumte den Tisch ab. Somit befand sich nichts mehr auf dem Tisch, womit ich mich hätte ablenken können. Sogar meine Serviette hatte er weggeräumt... Juka lehnte sich wieder etwas nach vorn und stützte seinen Kopf mit einer Hand ab.

„Gefällt es dir hier?“, wollte er wissen und hatte schon wieder dieses ‚hauchige’ in seiner Stimme. Das merkte ich sofort!

„Ich… Ja! Es ist sehr schön hier… Und das Essen war auch lecker.“, antwortete ich und lächelte zaghaft. Ich versuchte mir nichts von meiner Nervosität anmerken zu lassen, aber dass solche Versuche immer nach hinten losgingen, das war mir klar. Versuchen konnte man es ja trotzdem, oder?
 

„Ah, das freut mich. Ich finde es sehr schön mal mit dir allein zu sein. Ich bin sowieso… recht gern in deiner Nähe.“

Jukas Worte kamen wie kleine Wölkchen bei mir an und hüllten mich in einen Wattebausch, sodass ich wieder nicht mehr heraus bekam als ein verlegendes: „Aha…“

Ich war ein schrecklicher Gesprächskiller, glaube ich.

Doch Juka ließ nicht locker, im Gegenteil: Er legte seine Hand vorsichtig auf meine, die gerade zufällig auf dem Tisch ruhte und hatte wieder diesen ganz seltsamen Blick. Der Kloß in meinem Hals wurde größer und größer.

„Darf ich dich noch etwas fragen… Hizaki?“, fragte er dann schon fast flüsternd und sah mich eindringlich an.

Das Herz schlug mir bis zum Hals. Ich saß da wie eingefroren und konnte nichts erwidern. Das schien ihm auch egal gewesen zu sein, denn er holte kurz Luft, um mit seiner Frage zu beginnen, doch genau in diesem Moment kam der Kellner mit unserem Eis. Ich hätte ihn dafür knutschen können!
 

Ich nutzte die Gunst der Stunde und zog meine Hand schnell zurück. Irgendwie musste ich ja schließlich mein Eis essen, nicht wahr? Doch dann fiel mir auf: „Oh, er hat den zweiten Löffel vergessen!“

„Das macht doch nichts.“, lächelte Juka, griff nach dem Löffel, schaufelte nach einer Erdbeere mit Sahne und hielt sie mir vor die Lippen. Ich schielte auf das süße Obst vor meinem Gesicht und schluckte schwer. Zögerlich öffnete ich meinen Mund und ließ mich von Juka füttern.

Also irgendwie… Das war unheimlich niedlich von ihm, muss ich gestehen!

Er machte eine ganze Weile so weiter, bis ich die Initiative ergriff, ihm den Löffel aus der Hand nahm und ihn also fütterte. Ich musste die ganze Zeit lächeln, ich fand die gesamte Situation einfach unheimlich süß und freute mich darüber.

Mit der Zeit wurde ich auch immer entspannter und verlor endlich meine Anspannung, denn Juka kam nicht mehr auf seine geheimnisvolle Frage zurück.
 

Nach dem Eis bezahlte Juka tatsächlich alles und wir verließen das Restaurant. Die frische Luft fühlte sich wie eine Wand an gegen die ich frontal zu prallen schien und der Alkoholgehalt in meinem Blut meldete sich wieder. Ich hielt mir kurz den Kopf und stieg neben Juka ins Auto ein. Ohne es zu wollen schlief ich unterwegs ein und bekam erstmal nichts mehr mit.
 

Ich bekam sogar noch nicht einmal mit, wie Juka mich in meine Wohnung trug und sanft auf meinem Sofa ablegte.

Dass er es gewesen sein muss, bekam ich deutlich zu spüren, als ich plötzlich ein fremdes Paar Lippen auf den meinen spürte. Ich traute mich nicht die Augen zu öffnen.

Es kam mir vor wie ein Traum. Es musste ein Traum gewesen sein! Doch es war kein Traum. Es war real. Alles war real. Juka kniete tatsächlich über mich gebeugt und küsste mich.

Seine Lippen fühlten sich an wie Seide… Weich und angenehm warm zugleich.

Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich hoffte, dass er weiterhin glauben würde, dass ich schlief und dann von mir ablassen würde, doch der Kuss dauerte endlos an. Mir kam es zumindest endlos vor…
 

Irgendwann wagte ich es doch meine Augen zu öffnen und blickte schließlich in das Augenpaar Jukas, nachdem er sich nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht gelöst hatte. Mir war schwindelig und mein Blick noch etwas verschwommen vom Schlaf und vom Wein. Ich schluckte schwer. Mein Hals fühlte sich fürchterlich trocken an, mein Herz raste erneut.

„Sag doch was… Irgendwas!“, flehte ich in Gedanken, doch er schwieg und sah mich einfach nur an. Lange Zeit tat er das, bis er mir zärtlich über die Wange streichelte und flüsterte: „Schlaf schön, meine kleine Prinzessin.“

Dann löste er sich gänzlich von mir und ich hörte kurze Zeit später wie meine Haustür sich schloss und wie seine Schritte über den Flur hallten, bis sie schließlich verstummten.

Ich lag da wie versteinert. Bewegungsunfähig. Unfähig überhaupt irgendetwas zu tun, geschweige denn zu denken.

Ich lag einfach nur da, starrte an die Decke und fühlte dem Kuss nach. Meinem ersten Kuss, um es an dieser Stelle mal zu gestehen.
 

Völlig fertig von der ganzen Aufregung, vom Wein und vom Tag an sich schlief ich also wieder ein und träumte verwirrende Sachen vor mich hin. Ich wusste, dass mich am nächsten Morgen die Realität wieder schwer einholen und all die quälenden Fragen erhaschen würden…

Nämlich wieso, weshalb, warum und vor allem: Wie würde ich Kaya das beibringen?

Part 4

Ich wachte auf und hatte leichte Kopfschmerzen. Statt Jukas Lippen spürte ich den Geschmack von Wein in meinem Mundbereich, gemischt mit den Kräutern, die in meinen Spaghetti gewesen waren. Ich hätte weiter schlafen sollen, wirklich…

„Scheiße.“, fluchte ich leise vor mich hin und rieb mir über das Gesicht. Ich ärgerte mich, dass ich Wein nicht so gut vertrug, aber dafür Bier wie Wasser trinken konnte! Na gut, wenn ich ehrlich sein soll, sagen wir fast wie Wasser.
 

Je wacher ich wurde, umso bewusster wurde mir wieder, was eigentlich am Abend zuvor geschehen war. Ich setzte mich auf, ließ mich aber wieder mit verzweifeltem Blick zur Seite fallen.

Was sollte ich nur tun?

Was sollte ich mit all dem anfangen?

Und der, der mir am wahrscheinlichsten dabei hätte helfen können, dem konnte ich es nicht sagen.
 

Kaya durfte davon absolut nichts erfahren, aber ich war mir sicher, dass Juka der letzte gewesen wäre, der es ihm erzählt hätte.

Ich setzte mich also erneut auf und griff nach Zettel und Stift, während ich mein Handy aus der Hosentasche kramte. Das Ganze wollte ja gut durchdacht sein! Ich schrieb also sorgfältig jeden auf, der als Gesprächspartner in Frage gekommen wäre. Ich musste mit irgendwem reden, sonst hätte es mich von innen aufgefressen. Mein Ergebnis:
 

Jasmine. Zu tratschig, eine halbe Stunde später würde Kaya und anschließend die ganze Welt es wissen. Ich hatte ihn trotzdem lieb!
 

Teru. Ich schätzte ihn so ein, dass er wahrscheinlich genauso überfordert sein würde wie ich, also war er leider keine große Hilfe.
 

Bikei. Der würde mich im Leben nicht ernst nehmen und das Ganze wohl auch noch witzig finden!
 

Nun… Mein näheres Umfeld schied schon mal aus. Ich ging die Telefonliste meines Handys weiter durch und landete schließlich bei meinen alten Bandkollegen von Sulfuric Acid:
 

Tomozo. Ebenfalls Gitarrist und ein unheimlich verständnisvoller Mensch. Ich hatte mich damals schon gut mit ihm verstanden, er würde mir sicher helfen können, davon war ich überzeugt gewesen!

Also rief ich ihn an.

Ein bisschen blöd kam ich mir dann doch vor, da ich mich monatelang nicht gemeldet hatte und kaum brannte es bei mir, kam ich wieder bei ihm angekrochen. Aber genau dafür Verständnis zu haben, das machte doch wahre Freunde aus, oder?
 

Tomozo freute sich riesig über meinen Anruf und keine Stunde später trafen wir uns auch schon in der Stadt in einem Café. Natürlich nicht in Kayas und meinem Stammcafé.

Ich erzählte Tomozo also das ganze Drama und seine erste Reaktion darauf: Er bot mir eine Zigarette an.

Aus Tomozos Gesicht konnte man überhaupt keine Gefühlsregung entnehmen. Selten konnte man das. Ich nahm die Zigarette dankend an und zog genüsslich daran.

„Er is’ danach echt einfach abgehauen?“, fragte Tomozo mit seiner ruhigen Art und sah mich einfach an. Ich nickte und pustete Rauch aus.

„Arschloch.“, brummte Tomozo und schaute nun doch etwas böser, während er sich ebenfalls eine Zigarette anzündete.

„’ Arschloch’?? Spinnst du, ich bin heilfroh, dass er gegangen ist!!! Stell dir mal vor, was sonst noch alles hätte passieren können! Ich war… na ja…“

„Rotzbesoffen?“, beendete Tomozo meinen Satz und hob eine Augenbraue. Ich sah ihn vorwurfsvoll an und entgegnete:

„Nein! Angetrunken, aber nicht übertrieben voll… Trotzdem! Ich verstehe nicht, wieso er das getan hat. Und wieso ausgerechnet jetzt! Und vor allem wieso, wenn doch KAYA so brennend an ihm interessiert ist!?“ Ich war völlig verzweifelt und legte meinen Kopf auf dem Tisch ab.
 

„Hizaki, Hizaki, Hizaki…“, seufzte Tomozo langsam und zog an seiner Zigarette. „Du bist ein Blindfisch. Muss ich dir jetzt wirklich erklären, wieso er das wohl gemacht hat?“, fragte er mich und ich hob meinen Kopf leicht an.

„Ja!“, antwortete ich weiterhin verzweifelt. Mein Freund rollte mit den Augen.

„Der Mistkerl ist bis über beide Ohren verliebt in dich! So sieht’s aus.“, erklärte Tomozo mir also und nickte.

„BITTE??“, rief ich erschrocken und wurde knallrot. „So ein Quatsch! Wir sind doch befreundet und mehr nicht! Und jetzt plötzlich soll er verliebt in mich sein?? Das geht doch gar nicht!“, entgegnete ich aufgeregt. Tomozo atmete tief durch und tippte mir mehrmals mit dem Zeigefinger gegen die Stirn.

„Du hast keinen Blick dafür. Er ist sicherlich schon länger in dich verliebt. Du hast auch nie gemerkt, dass Masaki unsterblich in dich verliebt war, aber keine Sorge, er ist über dich hinweg, du Heartbreaker.“ Plötzlich grinste er etwas und hörte auf mir gegen die Stirn zu tippen, schnippte stattdessen ein Mal dagegen, sodass ich zusammen zuckte.

„Au! …WAS? Du erzählst mir hier vielleicht Sachen..! Stimmt das wirklich?? Achje… Wie schrecklich, ich will kein Herzensbrecher sein!!“, klagte ich und war nun noch verzweifelter.

„Dann fang was mit Juka an, ausprobieren kann doch nicht schaden, oder?“, schlug Tomozo locker vor und zuckte mit den Schultern. Ich bekam riesige Augen.

„Niemals! Ich… ich liebe ihn doch gar nicht und außerdem will Kaya doch was von

ihm!“, entgegnete ich schnell, woraufhin Tomozo mich skeptisch musterte.

„Okay. Ich frage mich gerade, was wohl das größere Problem ist. Hast du wirklich so eine Angst vor Kaya? Bisher hast du doch nichts verbrochen! Und da kannst du doch nichts für, wenn Juka sich in dich verknallt und nicht in Kaya. Sei nicht so aufopfernd und vor allem ehrlich zu dir. Wenn er dir doch insgeheim gefällt… Mensch, Hizaki, dann lass dir das nicht entgehen!“
 

Ich schluckte schwer und starrte Tomozo nur mit leicht offen stehendem Mund versteinert an.

War ich wirklich nicht ehrlich zu mir? Hielt mich nur die Angst vor Kaya davon ab mich auf Juka einzulassen?

Nein, ich war mir sicher: Juka war nicht mein Traumprinz gewesen. So süß und lieb und nett und gut aussehend er auch war… Er war nicht mein Traumprinz.

Ich fasste mich wieder und schüttelte den Kopf.

„Nein. Dass ich ihn nicht liebe ist das größere Problem, wirklich! …Ach Mann, eigentlich ist jetzt alles ein Problem! Ich werde mich ihm gegenüber bestimmt nicht mehr ‚normal’ verhalten können und wir sollen doch bald auf Tour und… ach ist das alles ein Mist!“, seufzte ich und ließ geknickt den Kopf hängen. Ich hörte Tomozo leise lachen und sah verwundert zu ihm auf.

„Schon verrückt der ganze Kram mit der Liebe, was? Jaja, Hizaki…“ Er seufzte kurz und sah mich dann wieder eindringlich an. “Lass mich dir einen gut gemeinten Rat geben: Rede mit Juka. Wenn du dir sicher bist, dass du nur mit ihm befreundet sein willst, dann sag ihm das, bevor er sich noch mehr Hoffnungen macht. Dann musst du dir auch keine Sorgen um deine Diva machen, dann hast du nämlich alles richtig gemacht.“
 

Er drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus und lächelte mich aufmunternd an. Ich atmete tief durch und schwieg kurz nachdenklich. Das kam mir alles leichter gesagt als getan vor und war es mit Sicherheit auch. Ich wusste aber, dass Tomozo Recht hatte.

„Mir… bleibt wohl kaum was anderes übrig. Danke, Tomozo.“, seufzte ich und krabbelte halb über den Tisch, um meinen alten Bekannten umarmen zu können. Dieser lachte wieder kurz und klopfte mit der flachen Hand mehrmals liebevoll auf meinen Rücken.

„Schon gut, Hizaki, sieh zu, dass du das wieder ins Reine bekommst. Du solltest dich jetzt auf deine Tour freuen und vorbereiten und dich nicht mit so etwas herumärgern. Halt mich auf dem Laufenden! Dein Milchshake geht auf mich, jetzt hau ab und ruf Juka an.“

Er zwinkerte mir kurz zu, nachdem ich mich von ihm gelöst hatte und ich nickte lächelnd. Schnell packte ich also meine Sachen zusammen, zog meine Jacke über und eilte aus dem Laden.
 

Es fing an zu regnen, doch das war mir egal. Das kühle Nass tat sogar eigentlich ganz gut, sodass ich auf Schirm und mich irgendwo unter zu stellen verzichtete und einfach nach Hause eilte. Der Regen schien mir im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf zu waschen.

Part 5

Pitschnass kam ich also zuhause an und zog mich erstmal um. Dann noch schnell ein Handtuch um den Kopf gewickelt und ich griff nach meinem Handy. Ich hielt es fest in den Händen und musste nur noch auf den grünen Knopf drücken, um Juka anzurufen. Nichts weiter… Doch mein Finger rührte sich nicht. Immer und immer wieder las ich mir Jukas Nummer auf dem Display durch, während mir immer und immer wieder Bilder der Nacht zuvor durch den Kopf schossen. Ich atmete tief ein und aus, legte den Kopf in den Nacken und starrte an die Decke.
 

„Das kann doch nicht so schwer sein.“, murmelte ich vor mich hin und lief erstmal wieder langsam auf und ab. Ich stolperte über meine Schuhe, die auf dem Boden herumlagen und dann passierte es: Ich drückte aus Versehen auf den grünen Knopf.

„Shit!!!“, fluchte ich mit riesigen Augen und hielt den Hörer an mein Ohr. Nun gab es kein Zurück mehr. Mein Herz raste und ich legte meine freie Hand fest an meine Brust, in der Hoffnung, dass mich das vielleicht beruhigen würde.

„Hallo Prinzessin!“, grüßte Juka mich mit sanfter Stimme und ich biss mir auf die Unterlippe, während ich meinen Kopf leicht gegen die Wand haute. Er sagte es schon wieder!

„Ähm… Hallo! Ich… also… weißt du… ich…“, stammelte ich herum, doch Juka unterbrach mich:

„Du rufst bestimmt an wegen deiner Gitarre, oder? Keine Angst, die liegt noch unbeschadet bei mir im Auto! Soll ich sie vorbeibringen?“, fragte er mit einem hörbaren Lächeln. Ich bekam große Augen und starrte verdutzt Löcher in die Luft. Von da an war ich völlig aus dem Konzept gebracht.

„Gitarre? Was..? Ähm… Ja! Ja, genau, deswegen ruf ich an!“, sagte ich, dachte aber im nächsten Moment: „Argh, nein, tust du gar nicht, Hizaki!!“

„Ist gut, dann mach ich mich gleich auf den Weg, in Ordnung?“, kündigte Juka an und ich schluckte schwer.

„Ähm… Klar! Bis gleich.“, verabschiedete ich mich knapp und klappte mein Handy zu.
 

Wütend über mich selbst, stampfte ich mehrmals mit dem Fuß auf und legte meine Hände an meine Wangen.

„Aaahh, du Idiot!“, fluchte ich und rannte schnell ins Bad, um meine nassen Haare etwas zu föhnen und zu kämmen, bevor ich meine Jogginghose und mein ‚Dream Theater’-Shirt in Übergröße gegen ‚normale’ Kleidung austauschte.
 

Dann klingelte es auch schon und mein Herz rutschte in den Keller. Mit großen Augen rannte ich zur Tür, stolperte wieder über meine Schuhe, die ich schließlich wutentbrannt in die Ecke schoss und öffnete Juka also die Tür.

Ich lächelte angespannt und sagte: „Ähm… Hallo! Komm doch rein.“

Er präsentierte meine Gitarrentasche und betrat also lächelnd meine Wohnung. Vorbildlich zog er seine Schuhe vorne aus, da er vom Regen auch ein wenig nass geworden war und legte meine Gitarre auf dem Esstisch ab.
 

Mein Herz raste. Wenn nicht ich auf jenes spezielle Thema zu sprechen kommen würde, würde er es tun?

„Ähm… Willst du was trinken?“, fragte ich unsicher und beobachtete, wie er es sich schon auf meinem Sofa bequem machte. Also ‚auf dem Sprung’ schien er wirklich nicht gewesen zu sein…

„Sehr gern!“, nickte Juka weiterhin lächelnd und blätterte in den Zeitschriften herum, die auf meinem Wohnzimmertisch lagen.

„Schön, dass du dich wie zuhause fühlst, du..!“, dachte ich mir verzweifelt und eilte in die Küche, um Juka und mir ein Glas Wasser zu holen.
 

Ich setzte mich mit größtmöglichem Abstand neben ihm hin und atmete tief durch. Eigentlich kam ich nun wirklich nicht mehr um das Gespräch herum. Er schien ja förmlich darauf zu warten, dass ich es ansprechen würde. Oder dachte er vielleicht ich könnte mich nicht mehr an den Kuss erinnern aufgrund meiner Trunkenheit? Er verhielt sich nämlich verdächtig normal mir gegenüber…

Es herrschte eine Stille im Raum, die mich zu zerreißen drohte. Nervös wippte ich mit meinem Fuß auf und ab und versuchte in meinem Kopf Haupt- und Nebensätze sinnvoll miteinander zu verknüpfen, um Juka auf den Kuss anzusprechen. Doch er kam mir wie so oft zuvor:
 

„Gehen wir demnächst wieder mal essen? Ich fand es echt schön gestern.“, sagte er und tat es – selbstverständlich – mit seiner hauchenden Art zu reden.

Ich wollte weinen.

Ich wollte schreien und ja, ich wollte ihm ins Gesicht schlagen. Ich war noch nie gut darin gewesen zu irgendetwas ‚nein’ zu sagen… So also auch dieses Mal:

„Also… von… von mir aus! War ja… ganz lecker da…“, murmelte ich und lächelte Juka kurz schüchtern an. „A-aber wir sollten die anderen mitnehmen! Diese.. diese Spaghetti müssen sie probiert haben!!“, versuchte ich Juka gleich jeglichen Wind aus den Segeln zu nehmen, um ihm ja keine falschen Hoffnungen zu machen.

Ich sah, wie Juka geknickt und seufzend den Kopf langsam senkte.

„Hm… Du bist nicht gern mit mir allein, oder?“, fragte er leise und mit einer Enttäuschung in der Stimme, die mich schwer schlucken ließ. Ich sah ihn verzweifelt an und stammelte:

„Nein! Also… Ja… ich… Ach Juka, das gestern war…!“

„Ist schon gut, Hizaki, du musst dich nicht rechtfertigen. Ich will mich nicht aufdrängen.“, unterbrach er mich und stand auf. Ich biss mir kurz auf die Unterlippe und dachte: „Ahh, lass mich doch mal ausreden, du Blödmann!!“
 

Ich stand ebenfalls schnell auf und lief ihm hinterher zur Tür, wo er seine Schuhe wieder anzog. Etwas unbeholfen stand ich da und beobachtete ihn dabei.

„Juka, jetzt warte doch mal!“, bat ich verzweifelt. Ich wollte ihm nicht weh tun, aber tat ich das nicht so oder so, wenn ich ehrlich war? Und ihn anzulügen hätte es auch nicht besser gemacht…

Angespannt klemmte ich mir eine Haarsträhne hinter das Ohr und murmelte dann zögerlich: „Der Kuss und das alles gestern… Es war wirklich schön und ich mag dich echt gern, das weißt du, aber na ja… ich… wie soll ich das sagen?“

„Du magst mich nicht so gern, wie ich dich mag. Stimmt’s?“, fragte Juka und lächelte traurig. Ich schluckte schwer und nickte langsam, während ich ihn entschuldigend ansah. Plötzlich lachte Juka kurz auf und ich blinzelte mehrmals verwundert.
 

„Ist schon gut, Hizaki. Mach dir keine Gedanken, ich bin es gestern ein wenig zu schnell angegangen, ich weiß. Ich… konnte mich aber nicht mehr zurückhalten, entschuldige. Aber… eines muss ich dir leider noch sagen…“

Er beugte sich zu mir vor und flüsterte mir in mein Ohr, sodass es mir heiß und kalt den Rücken herunter lief: „So einfach gebe ich nicht auf, solang kein anderer Prinz an deiner Seite ist. Verzeih mir.“

Er küsste mich auf die Wange und grinste mich kurz an, bevor er die Wohnung einfach wieder verließ. Ich legte eine Hand an meine geküsste Wange und stand wieder ziemlich lange dekorativ als Statue in meinem Flur.

„Oh nein!“, säuselte ich irgendwann verzweifelt, denn nun wusste Juka zwar Bescheid, aber dass er es nicht einfach so hinnehmen würde, machte es eigentlich nur noch schlimmer.

Part 6

Ich setzte mich auf mein Sofa, starrte aus dem Fenster und hörte dem Regen bei seinem Musikstück zu. Mal prasselten die Tropfen lauter, mal leiser gegen meine Fensterscheibe. Es hatte etwas Beruhigendes.

Normalerweise hatte es das, doch ich war zu aufgewühlt mich dem Klang des Regens hinzugeben. Ich lief irgendwann zum Fenster, einfach so, öffnete es und streckte meine Hand nach draußen, um ein paar Regentropfen aufzufangen. Einfach so.

Kalt und nass fühlte sich das an. Eklig kalt und nass. Nicht so wie seine weichen und warmen Lippen…

Da!

Da waren sie schon wieder. Immer wieder schlichen sie sich in meine Gedanken. Und eben berührten sie mich schon wieder. Hätten sie sich nicht eklig nass und kalt anfühlen können, so wie der Regen?

Hätte das wirklich alles einfacher gemacht?

Wahrscheinlich nicht.
 

Plötzlich hörte ich ein lautes ‚PIEEEP’ durch meine Wohnung pfeifen. Das war mein Anrufbeantworter, der mich darauf hinweisen wollte, dass nun eine Nachricht durch meine Wohnung schallen würde. Das Ding war auf Lautsprecher, da mein Telefon an sich nicht klingelte, wenn ich meine Ruhe haben wollte und nach dem schrillen ‚PIEEEP’ kam die Nachricht:
 

„Hey, mein Herz! Hab eben mit Jasmine telefoniert. Du komponierst also wieder? Kommst du gut voran? Das Wetter macht mich ganz depressiv. Regnet’s bei dir auch? Heut Abend hab ich wieder ein Date, ist das nicht toll? Ich meld mich morgen wieder bei dir und dann geh mal ran, ich will wissen, wie weit du mit dem Komponieren bist, ja? Hab dich lieeeeb!“
 

Und wieder ‚PIEEEP’. Traurig sah ich in den Himmel. Vielleicht hatte ich ja Glück und Kayas Date würde so gut laufen, dass er sein Interesse an Juka verlieren würde! Aber das würde er wohl niemals.

Ich malte mir im Kopf aus, was passieren würde, wenn ich Kaya alles erzählen würde. In diesem Moment donnerte es laut.

Ja, genau. DAS würde passieren. Blitzen und donnern würde es.

Ich zog meinen Arm zurück, schloss das Fenster und trocknete meine Haut an meiner Hose ab. Seufzend sah ich mich in meiner Wohnung um, bis meine Gitarre in meinem Blickfeld landete. Ich atmete tief ein und aus.

„An die Arbeit.“, murmelte ich vor mich hin, lief zu meiner Geliebten, packte sie aus und nahm sie mit zu meinem Sofa. Vielleicht half die Musik mir dabei meine Gedanken zu sortieren oder einfach nur abzuschalten. Ich musste einen Song komponieren.
 

Tage vergingen und jeden Tag schallte das ‚PIEEEP’ durch die Wohnung, gefolgt von den neusten ‚Kaya-News’. Irgendwann war ich so genervt davon, dass ich zum Telefon lief und es ausstöpseln wollte, doch genau in diesem Moment kam eine neue Nachricht:
 

„HIZAKI!! Oh mein Gott, oh mein Gott! Wir müssen reden, kannst du nicht mal einen Tag Pause machen?? Es ist unglaublich wichtig! Oh Gott, ich bin so aufgeregt! Und verliebt bis über beide Ohren! Du glaubst nicht, wer wieder im Land ist!! Meld’ dich ganz schnell bei mir, ja? Küsschen!“, redete Kaya in einer Geschwindigkeit, die kaum mitzuverfolgen war und kicherte immer wieder zwischendurch.
 

Ich rollte mit den Augen. Eine neue Romanze in seinem Leben? Mal etwas GANZ Neues!

Da ich seine Nachricht für nichts Besonderes hielt, konnte mich auch nichts mehr davon abbringen den Stecker des Telefons zu ziehen. Ich atmete tief durch und lächelte zufrieden. Nun war mir die verdiente Ruhe sicher!
 

Ich schlenderte also wieder zu meiner Gitarre und spielte weiter. Obwohl ich schon drei Tage in meiner Wohnung eingeschlossen gelebt hatte, bestand mein Gitarrensolo erst aus sage und schreibe fünf Tönen.

Der Anfang quasi.

Na ja, eigentlich eher der Anfang vom Anfang!

Ich seufzte frustriert. Immer und immer wieder spielte ich die ersten fünf Töne und kam einfach nicht weiter.
 

Das war als wenn man an einer viel befahrenen Kreuzung an einer roten Ampel stand, die einfach nicht grün werden wollte! Einfach rüber gehen, ging ja nicht, du musstest schon warten, bis es auf grün umspringen würde.

Und darauf wartete ich schon die ganze Zeit: Grünes Licht in meinem Kopf. Freie Fahrt zum Weiterkomponieren!

Aber schnell wurde mir klar: Auf Zwang würde das alles nichts werden. Ich legte meine Gitarre schließlich weg und ging in mein Schlafzimmer, um mich umzuziehen. Vielleicht würde mir ein wenig frische Luft gut tun, dachte ich mir und ich beschloss also spazieren zu gehen.
 

Während ich so umherlief, kreisten meine Gedanken die ganze Zeit über um mein Solo. Juka und andere Probleme hatten sich völlig ins Abseits geschoben und das war auch gut so.

Ich überlegte, ob nicht vielleicht die Atmosphäre unseres Proberaums mich ein wenig inspirieren würde, schließlich waren diese Räumlichkeiten einzig und allein dafür da gewesen, um Musik zu machen. Dort würde mich auch sicherlich nichts von der Musik ablenken und somit war es beschlossene Sache: Ich lief zum Proberaum, auch wenn dieser noch ein ganzes Stück weit weg gewesen war.

Unterwegs nahm ich mir noch einen Coffee to go und einen großen Keks mit und kam schließlich beim Proberaum an.
 

Ich öffnete die Tür und blieb verdutzt im Flur zwischen Proberaum und Ausgangstür stehen. Ich hörte sogar auf zu kauen, so verdutzt war ich und stand da wie eingefroren.

Jemand spielte Klavier.

Aber jemand spielte nicht irgendwie Klavier, sondern so schön, dass ich Angst hatte durch irgendeine Bewegung den Klang zu zerstören.

Ein Walzer war es. Dreivierteltakt. Das konnte keiner meiner Bandkollegen gewesen sein. Wer war es also?

Anstatt nachzusehen, blieb ich aber stehen und lauschte dem Stück. Ich schloss meine Augen und sah vor meinem geistigen Auge, wie die Finger des Klavierspielers über die Tasten flogen und sich überkreuzen mussten.

Wechsel in den Viervierteltakt. Er oder sie spielte plötzlich sehr energisch… Dann wieder sanft, als wolle er oder sie bloß die Tasten streicheln. Das war unglaublich.
 

Ich hielt es nicht mehr aus und musste wissen, wer so schön Klavier spielen konnte. Ganz leise und ganz langsam schlich ich mich weiter zur Tür, die direkt in den Proberaum führen sollte.

Ich schluckte schwer und legte meine Hand an den Türgriff.

Ich war hin und her gerissen. Ich wollte die Person ja nicht stören!

Aber vielleicht hatte ich Glück und die Person war so abgelenkt vom Spielen gewesen, dass er oder sie gar nicht merken würde, wie ich kurz in den Raum schielen würde. Außerdem musste der Pianist mit dem Rücken zu mir gedreht spielen. Sehen konnte er mich demnach auch nicht so schnell.
 

Ich atmete also noch mal tief durch und drückte dann ganz langsam und vorsichtig den Türgriff herunter, um die Tür ein kleines Stückchen zu öffnen.

Die Musik wurde lauter.

Und dann sah ich, wer da am Klavier hockte und bekam riesige Augen. Kein Zweifel, es musste er gewesen sein, auch wenn ich nur seinen Rücken sah:
 

Yuuji Kamijo.
 

Ich war so geschockt, da ich damit nicht gerechnet hatte, dass ich nicht merkte, wie mein Kaffeebecher auslief und meine Hose einsaute. Als es mir dann doch auffiel, schluckte ich schwer, fluchte unkontrolliert „Fuck!“ und zuckte zusammen, da ich es laut gesagt hatte. Ich presste meine freie Hand an den Mund und starrte weiter zu Kamijo herüber, der schlagartig aufhörte zu spielen und mich verwundert ansah, nachdem er sich umgedreht hatte.

Das Herz rutschte mir in den Keller.
 

Kamijos Augen waren ein gefährlicher See. Eintauchen, herumschwimmen und schließlich darin ertrinken. Oder ein schwarzes Loch, das dich hemmungslos einsog und gefangen hielt, bis du schließlich darin sterben würdest.

Gut, das war vielleicht ein etwas dramatischer Vergleich, aber in dem Moment fühlte ich mich von Kamijos Augen gefangen genommen.

Ich stand ihm nicht das erste Mal persönlich gegenüber, doch es war Ewigkeiten her gewesen, dass wir uns das letzte Mal gesehen hatten.

Und wenn wir uns übrigens gesehen hatten, endete meist alles in kurzen Gesprächen, es wurde also nie persönlich. Würde es diesmal wieder so sein?

Ich beobachtete, wie er mich nachdenklich musterte, bis er große Augen bekam und von dem Klavierhocker aufstand.
 

„Hizaki! Du bist es doch, oder? Schön, dich zu sehen, das ist ja vielleicht eine Überraschung. Wie lange stehst du denn schon dort herum?“, fragte er mit seinem typisch charmanten Lächeln.

„Ja. ICH in MEINEM Proberaum… SO eine Überraschung!“, dachte ich mir und schluckte schwer, da die Verzweiflung über meine eingesaute Hose in Kombination damit, dass Kamijo mich bemerkt hatte, mich fast um den Verstand brachte.

Hektisch wühlte ich in meiner kleinen Umhängetasche nach einem Taschentuch oder Ähnlichem und sah Kamijo also nicht mehr an.

„Ach, ich, ich bin gerade erst hier reingekommen! Ich wollte dich nicht stören, entschuldige. Was... tust du eigentlich hier?“, murmelte ich und gab es auf in meiner Tasche herum zu kramen.
 

Kamijo lief plötzlich an mir vorbei zu den Toiletten und kam mit seinem Stofftaschentuch, welches er nass gemacht hatte, zurück. Er hockte sich vor mich und säuberte meine Hose, was mich wieder riesige Augen bekommen und knallrot werden ließ. Das Wort ‚Berührungsangst’ war mit Sicherheit nicht Teil von Kamijos Wortschatz gewesen.

Währenddessen sagte er völlig unbekümmert und weiterhin lächelnd:
 

„Schon gut, ich vertrieb mir nur etwas die Zeit. Ich bin hier mit Juka verabredet, aber er kommt wohl später, weil ihm irgendetwas dazwischen kam.“

Nach einem Moment sah er zu mir auf und sagte: „So, wenn das getrocknet ist, dürfte da kein Fleck mehr sein.“

Er stand wieder auf und sah mich lächelnd an. „Wie ich hörte, wollt ihr bald auftreten, habe ich Recht? Das freut mich sehr für euch. Ich bin schon gespannt.“
 

Im ersten Moment kam nur ‚Blabla’ bei mir an, da zum einen seine Augen und zum anderen der Klang seiner Stimme, unabhängig davon, was er sagte, mich unheimlich ablenkten. Außerdem hatte er gerade vor mir gehockt, mir über meinen Oberschenkel gerieben, während ich mit nasser Hose vor ihm stand.

So ein Moment kann einen schon mal aus dem Konzept bringen…

„Mhm.“, brachte ich also nur abwesend heraus und räusperte mich dann verlegen. Ich senkte meinen Kopf ein wenig und starrte auf meine Füße. Ich wusste – mal wieder – nicht, was ich sagen sollte.
 

Yuuji Kamijo… Worüber unterhielt man sich mit so einem Mann? Er war kein Mensch, mit dem man sich über das Wetter unterhalten und dann zwei Sekunden später durch dieses ‚Intro’ zu einem anderen Thema gelangen konnte.

Ich hatte das Gefühl, dass jedes einzelne Wort aus meinem Mund es nicht wert gewesen wäre an sein Ohr zu gelangen. Ja, Kamijo kam mir sehr groß vor und ich fühlte mich unheimlich klein und unbedeutend.

Und außerdem… Kamijo war der Mercedes unter den ‚Traumprinzen’: Charmant, zuvorkommend, gut aussehend, wohlhabend, erfolgreich, bodenständig, talentiert, zielstrebig, intelligent, ehrgeizig…

Na gut und vielleicht auch ein wenig arrogant, eitel und perfektionistisch, aber haben wir nicht alle unsere Macken?

Dies war zumindest sein Image. Ob der wahre Kamijo auch so war, das wusste ich nicht. Dieses Image reichte jedoch völlig aus mir und wahrscheinlich

200 Millionen anderen Menschen den Kopf zu verdrehen.
 

Deswegen sagte ich wahrscheinlich auch vom eigentlichen Gesprächsthema abweichend und zusammenhangslos: „Du spielst wirklich toll Klavier.“

Ich sah ihn nur vorsichtig aus den Augenwinkeln an und registrierte seine Verwunderung. Nach ein oder zwei Sekunden schien er dann auch verstanden zu haben, dass ich nicht auf seine Worte einging und lachte kurz leise auf.

„Vielen Dank. Das war doch aber nur Geklimper.“, lächelte er.

Ja, bescheiden war Prince Charming auch noch. Ich schluckte wieder schwer und fragte vorsichtig:

„Wann… wann kommt Juka denn?“

Die Vorstellung in meinem Kopf allein mit Juka und Kamijo in einem Raum zu sein, war katastrophal und bereitete mir sogar Angst und Schrecken. Kamijo schaute kurz auf seine Armbanduhr.

„Ich schätze in einer halben Stunde, bin mir aber nicht sicher. Was wolltest du eigentlich hier?“, fragte er und setzte sich wieder auf den Klavierhocker. Etwas unbeholfen zeigte ich auf eine der Gitarren, die herumstanden und stammelte leise:
 

„Ich, na ja, ich muss ein Solo komponieren und zuhause da fällt mir die Decke auf den Kopf. Seit drei Tagen sitze ich bereits daran.“

Kamijo nickte verstehend.

„Achso. Zeig doch mal, was du bisher geschafft hast! Ich bin neugierig.“, sagte er und grinste etwas. Ich bekam riesige Augen. Die fünf Tönchen sollte ich ihm präsentieren?!
 

In meinem phantasievollen Kopf sah ich einen hungrigen Kamijo, dem ich als Mittagessen lediglich ein halbes Salatblatt servierte.

Genau so wäre es gewesen, wenn ich ihm in diesem Moment mein ‚Gitarren-Solo’ vorgespielt hätte.
 

Seine Augen strahlten mich aber so erwartungsvoll und lieb an, da konnte ich nicht nein sagen. Ich schluckte schwer und lief zu einer meiner nicht so lieb gewonnenen E-Gitarren, die ich immer im Proberaum ließ, da es häufiger vorkam, dass ich meine Geliebte zuhause vergaß.

Ich stöpselte alles ganz langsam und mehr als in Ruhe ein, um mir noch Gedanken über mein Solo machen zu können. Ich wollte keinesfalls inkompetent vor Kamijo wirken und ich hatte die Befürchtung, dass die Bilanz drei Tage Arbeit und fünf Töne als Ergebnis einen ziemlich inkompetenten Touch hatte. Klar, gut Ding will Weile haben, aber war Kamijo sich dessen auch bewusst?
 

Das wollte ich nicht riskieren und drehte mit Herzrasen am Verstärker herum. Ich versuchte mich an das Stück zu erinnern, welches Kamijo zuvor noch am Klavier gespielt hatte.

Die ein oder andere Tonabfolge würde sicherlich gut zu meinem Anfang passen. Der Rest war dann ‚nur’ noch Improvisationsarbeit.

Einen Versuch war es wert, also atmete ich noch mal tief durch und begann zu spielen.

Erst meine fünf Töne und dann ein bisschen was geklaut von Kamijos Klavierstück.
 

Und plötzlich war ich drin. Absolut drin in meinem noch nicht vorhandenen Solo, welches gerade seine Geburtsstunde erleben sollte. Meine Finger bewegten sich mit Leichtigkeit über die Saiten und ich konnte sogar meine Augen schließen und genießen, was ich da spielte.

Verdammt, hatte das wer mitgeschrieben?

Ich hoffte innerlich, dass ich mich daran noch erinnern würde, was ich Kamijo da alles vorspielte, denn es klang wirklich nicht schlecht! Und es waren weitaus mehr als fünf Töne.
 

Irgendwann brachte ich mein Solo zum Abschluss und atmete tief ein und aus. Ich sah zu Kamijo und er applaudierte für mich.

„Es klingt wunderschön! Ich würde dir vielleicht noch raten an den Übergängen etwas zu feilen, aber im Großen und Ganzen… Für drei Tage Arbeit ist das wirklich fast schon unglaublich. Hat es schon einen Titel?“, fragte er und lächelte.

Von Kamijo Komplimente zu bekommen, schmeichelte mir fürchterlich und ich wurde wieder rot. Ich konnte meine Freude über Kamijos Worte in Form eines breiten Lächelns nicht mehr unterdrücken und murmelte leise ohne ihn anzusehen:

„Mh-mh, hat es nicht. Darüber mache ich mir erst ganz, ganz zum Schluss Gedanken. Freut mich, dass es dir gefällt. Du bist der Erste, dem ich es vorgespielt hab.“
 

Klar, war er der Erste gewesen, das Ding hatte ein paar Minuten vorher ja auch nur fünf Töne. Anscheinend war Kamijo die Art von Muse gewesen, die ich zur Inspiration brauchte.

Na ja, er inspirierte mich und setzte mich gleichzeitig wohl eher unbewusst unter Druck, aber egal, es funktionierte!

Ich lief zum Verstärker und schaltete ihn wieder aus.
 

„Oh nein, spiel doch bitte noch ein bisschen!“, hörte ich Kamijo plötzlich rufen und erstarrte kurz. Ich sah ihn verwundert an.

Meinte er das ernst? Sein Lächeln bestätigte seine Aussage. Plötzlich bekam er kurz große Augen, da ihn ein Geistesblitz zu erhaschen schien:

„Oh, warte, ich habe noch eine viel bessere Idee! Ich spiele Klavier und du Gitarre! Oder nein, noch besser und einfacher: Du spielst etwas Bekanntes und ich singe dazu!“, redete er völlig aufgeregt und gestikulierte wild.
 

Ich musste etwas kichern, tat dies aber hinter vorgehaltener Hand.

So hatte ich Kamijo ja noch nie erlebt! Aufgeregt wie ein kleines Kind an seinem Geburtstag… Und dann lächelte er plötzlich etwas verlegen und räusperte sich kurz. Er sah mich abwartend an, ich schaltete also wieder alles ein und spielte ein Lied von Lareine, einer seiner Ex-Bands.

JA, ich wollte mich einschleimen und ja, ich wollte seine schöne Stimme dazu hören und ihn nicht ‚bloß klimpernd’ am Klavier sitzen lassen. Gebe ich ja alles zu.
 

Mein Plan schien sogar aufzugehen, denn Kamijo grinste breit und freute sich über meine Songwahl.

Er sang voller Leidenschaft und Hingabe und war innerhalb weniger Sekunden eins mit dem Lied. Diese Hingabe faszinierte mich und ich genoss es Kamijo immer wieder heimlich zu beobachten und zu mustern, wenn er gerade bei der ein oder anderen Stelle kurz die Augen schloss.
 

Ich ertappte mich dabei, wie ich ihn insgeheim mit Juka verglich. Ich verglich ihre Art zu singen, ihre Art zu reden, ihr Auftreten… alles Mögliche verglich ich.

Mein Ergebnis?

Hier und da waren sie sich erstaunlich ähnlich und dann auch wieder gar nicht, aber mein Kopf rief die ganze Zeit „Hey Aschenblödel, da steht dein Traumprinz!“ und zeigte auf Kamijo.

Ich seufzte herzzerreißend, was man durch die Musik meiner Gitarre und Kamijos Gesang aber Gott sei Dank nicht hörte und warf Kamijo kurz schmachtende Blicke zu.
 

Das war wieder einer dieser Momente gewesen, in denen ich mich selbst nicht wieder erkannte.

Das Beste an der ganzen Sache kam aber erst, als wir geendet hatten: Wir sahen uns an, lächelten und schwiegen.

Klingt nicht spektakulär? War es aber.

Ich schaffte es schließlich länger als fünf Sekunden in Kamijos Augen zu schauen ohne dahin zu schmelzen! Und dieser Moment hatte so etwas von ‚Schatz, wir verstehen uns auch ohne Worte.’ . Einfach herrlich! Ich wusste, dass es ihm gefallen hatte und er wusste, dass es mir gefallen hatte. Das merkte ich.
 

Dieser schöne Moment, der mir den Atem zu rauben schien, wurde aber von Prinz Ich-sorge-dafür-dass-Kaya-dich-hassen-wird zerstört: Juka betrat den Proberaum und staunte nicht schlecht, als er nicht nur Kamijo, sondern auch mich vorfand.
 

„Hizaki! Hey, du lebst ja noch!“, grüßte er leicht lachend und umarmte mich stürmisch, was mir wieder riesige Augen verschaffte.

Musste er das unbedingt vor Kamijo tun?!

Schnell schob ich Juka wieder von meinem Körper und schluckte schwer. Ich lächelte etwas unglücklich und stammelte: „Ja, ich, also… Ja, ich lebe noch.“

Ich nickte und wich etwas zurück, während ich mir alle Mühe gab freundlich zu lächeln. Wie gern wäre ich noch eine Weile mit Kamijo allein gewesen, um weiter mit ihm Musik zu machen…

Juka wandte sich an meinen Prinzen und begrüßte ihn mit einer freundschaftlichen Umarmung, welche Kamijo im Gegensatz zu mir auch erwiderte. Ich nutzte den Moment und packte die Gitarre wieder weg, um dann kleinlaut zu sagen:
 

„Ich will euch auch nicht stören, also, ich muss eh noch weiter komponieren und so. Macht euch einen schönen Tag!“

Schnell suchte ich das Weite, doch Kamijo hielt mich am Handgelenk fest.

„Warte doch mal! Du störst uns nicht, komm doch mit in die Stadt!“, lächelte er und sah mir tief dabei in die Augen. Bevor ich irgendetwas dazu stammeln konnte, spürte ich, wie Juka nach meiner anderen Hand griff und mich genauso anlächelte wie Kamijo.
 

„Du hast dich lang genug eingesperrt, es wird Zeit, dass du mal wieder vor die Tür kommst.“, sagte er und ich sah panisch mit hochrotem Kopf zwischen ihnen hin und her.

Ich fühlte mich wie im falschen Film und wünschte mir ohnmächtig zu werden oder irgendwie so was. Weit weg war ich davon übrigens nicht gewesen, ich hatte schon das Gefühl, dass mein Herz gleich aus meinem Brustkorb springen würde, um dann weiter aufgeregt durch den Proberaum zu hüpfen.
 

Wie sie mich anlächelten und anschauten… Das war doch unfair! Zwei gegen einen und vor allem zwei gegen mich!

Und mal von all dem abgesehen: Die zwei waren aufgedonnert ohne Ende… Na gut, vielleicht nicht so doll, wie für einen Auftritt, aber trotzdem und ich sah aus wie frisch aus dem Bett mit nasser Hose!
 

Ich biss mir auf die Unterlippe, zog ruckartig meine Hände zurück und fiepte laut und verzweifelt: „Nein!!!“

Dann griff ich nach meiner Tasche und rannte aus dem Proberaum.

Part 7

Auf dem eiligen Weg nach Hause beschimpfte, verfluchte und bestrafte ich mich in Gedanken mit Selbstvorwürfen. Das hätte vielleicht der schönste Tag meines Lebens werden können… Seite an Seite mit Juka und Kamijo irgendwo in der Stadt. Andere hätten dafür ihre Seele bei Ebay verkauft oder gemordet!

Und was machte ich?

Ich fing fast an zu heulen vor Angst und rannte davon. Jeder Baum an dem ich vorbeilief, lud geradezu dazu ein den Kopf dagegen zu schlagen, doch ich blieb stark und lief einfach nach Hause.
 

Das Selbstmitleid nahm aber kein Ende. Im Gegenteil, es wurde noch schlimmer: Ich drehte mein Lieblingslied von ‚Dream Theater’ auf volle Lautstärke und schrie und quietschte es lautstark mit, während ich auf meinem Teppichfußboden lag.

Mir drehte sich der Magen um, wenn ich an die Situation im Proberaum zurückdachte. Wie peinlich mir das alles war…

Hätte ich nicht ganz normal ‚Nein, danke, ein andermal vielleicht’ sagen können, anstatt so eine Szene zu machen?

Nein, natürlich nicht. Denn ich war und bin Hizaki. Prinzessin der Fettnäpfchen.

Klang doch gut, oder? Ich hätte die Cure anrufen sollen, um einen Artikel darüber schreiben zu lassen…
 

Wenn ich gerade nicht sang, schrie, quietschte, wie auch immer, vergrub ich mein Gesicht hinter meinen Händen und atmete tief durch.

Kurze Zeit später beruhigte ich mich wieder und dachte an den Moment zurück, wo ich gemeinsam mit Kamijo Musik gemacht hatte. Das gab schrecklich viele Schmetterlinge im Bauch, aber das Kribbeln war angenehm. Wieder seufzte ich schmachtend und herzzerreißend.
 

„Yuuji Kamijo…“, murmelte ich leise vor mich hin und starrte abwesend an die Decke. „Yuuji Kamijo…“, murmelte ich wenige Augenblicke erneut wie einen Zauberspruch und schloss die Augen kurz. Dann setzte ich mich schlagartig auf und krabbelte über den Boden zu meinem Sofa und zu meiner Gitarre. Der Schalter in meinem Kopf war wieder umgelegt und meine Gedanken kreisten um das Gitarrensolo… und Kamijo.
 

Ich schaltete die Stereoanlage aus, holte mein Aufnahmegerät und nahm auf, was ich so nach meinen fünf Tönen noch alles spielte. Immer und immer wieder tat ich dies, hörte mir die Aufnahmen nach jedem Mal an, überlegte was ich anders oder besser machen könnte und tat dies bis in die Nacht hinein.

Kurz vor Sonnenaufgang dann das Wunder:
 

Ich war fertig.

Fertig mit den Nerven, fertig mit mir, aber auch fertig mit dem Gitarrensolo.

Ich war so müde, dass ich mich nur ganz kurz mit einem schwachen „Jippie.“ darüber freuen konnte, bevor ich die Gitarre weglegte, einfach zur Seite kippte und glücklich einschlief.
 

Als ich am späten Vormittag wieder zu mir kam, ging mein erster Griff zur Gitarre. War ich wirklich fertig gewesen?

Ich spielte und tatsächlich: Das Ding hatte Anfang und Ende und Mittelteil!

„YES!“, rief ich durch meine Wohnung, während ich meine Arme nach oben warf und im Kreis tanzte.

Anschließend lief ich zum Stecker vom Telefon, um es wieder betriebsfähig zu machen und schnappte meinen Schlüssel, um nach der Post zu gucken. Kaum, dass ich den Türgriff in der Hand hatte, kam wieder das ‚PIEEEP’ gefolgt von einer mechanischen Stimme, die sagte:

„Sie haben…46… neue Nachrichten!“ Ich bekam riesige Augen und seufzte kopfschüttelnd: „Kaya, du Freak.“
 

Während mein Anrufbeantworter die Nachrichten abspielte, lief ich runter zum Briefkasten und öffnete diesen also. Ich staunte nicht schlecht, als ich dort eine Rose und eine kleine Karte vorfand.

„Du lässt dir auch immer wieder was Neues einfallen.“, seufzte ich leise, da ich die Sachen in meinem Briefkasten für ein Geschenk von Kaya hielt, um mich nach draußen zu locken. Ich schnappte mir noch die restliche Post und lief wieder in meine Wohnung.
 

Kayas Gebrabbel tönte immer noch durch meine vier Wände, doch ich hörte nicht zu.

Ich setzte mich auf meine Couch und öffnete erst dann das Kärtchen. Meine Augen wurden größer… und größer… und NOCH größer.

Eigentlich hätten sie herausfallen müssen!

Ich klappte die Karte wieder zu, starrte Löcher in die Luft und fing plötzlich an zu kreischen, während ich knallrot wurde. Um mich zu vergewissern, dass ich mich nicht verlesen hatte, las ich mir die Karte noch mal durch.

Dann noch mal… und noch mal.
 

Sie war nicht von Kaya gewesen, sondern von Kamijo! Inklusive Rose natürlich.

„Oh mein Gott!“, wimmerte ich aufgeregt wie ein kleines Schulmädchen, aber ich war allein, also durfte ich mich so peinlich benehmen, das war alles in Ordnung gewesen. Mein Herz raste und ich musterte die Rose überglücklich.
 

Er hatte mir geschrieben, dass ihm das musizieren mit mir gemeinsam viel Spaß gemacht hatte, wünschte mir viel Erfolg für mein Solo und meine Tour und hoffte mich bald wieder zu sehen.

„Haaaach.“, kam es schmachtend über meine Lippen und ich ließ mich wieder zur Seite fallen. Er hoffte mich bald wieder zu sehen? Ich stellte mir vor, wie er mir genau das ins Gesicht sagen würde. Mit seiner unverkennbaren Stimme und seinen gefährlichen Augen, die mich wieder in ihren Bann ziehen würden.

Das Herz schlug mir bis zum Hals. Ich glaubte zu hören, wie das Pochen durch meine gesamte Wohnung hallte. Mir wurde schrecklich warm. Mein ganzer Körper schien regelrecht zu glühen.
 

Plötzlich riss ich meine Augen auf, setzte mich wieder kerzengerade hin und starrte die Karte mit großen Augen und leicht offen stehendem Mund an.

„Was ist los mit dir?“, fragte ich mich immer wieder in Gedanken voller Verständnislosigkeit. Ich senkte den Kopf, stützte ihn mit einer Hand und lachte kurz bitter über mich selbst.

„Idiot.“, flüsterte ich mir zu und legte die Karte auf den Wohnzimmertisch zu der Rose.

Anschließend stand ich auf, lief ins Bad und stellte mich dicht vor den Spiegel.
 

Ich musterte mein Gesicht skeptisch, so wie ich es im Restaurant schon tat. Es kam mir vor, als würde ich in ein fremdes Gesicht schauen. Die Wangen rot gefärbt, der Blick voller Unsicherheit, voller Unwissen… voller Verwirrung.

War das wirklich ich?

So hatte ich mich noch nie gesehen. Noch nie.

Meine Euphorie und Freude über die Karte verschwand. Restlos verschwand sie.

Mein Blick in den Spiegel wurde immer entsetzter, bis ich mir schließlich kaltes Wasser ins Gesicht warf.

Es war nur eine Karte gewesen. Ein kleiner Gruß von dem Frauenschwarm schlechthin. Frauenschwarm…
 

„Idiot!“, fluchte ich wieder über mich selbst, dieses Mal jedoch energischer.

Wieder warf ich mir kaltes Wasser ins Gesicht, in der Hoffnung, dass das Glühen und die roten Wangen und eigentlich alles Ungewöhnliche verschwinden würde.

Es war nur eine Karte gewesen. Und die Rose? Kamijos Markenzeichen.

Wer bitte hatte denn noch nicht eine Rose von ihm bekommen, der hin und wieder etwas mit ihm zu tun hatte?!

Ich trocknete mein Gesicht ab und musterte es erneut nachdenklich im Spiegel. Da war ich wieder. Mit Verstand und Vernunft. Konzentriert auf das Wichtige: Meinen Beruf.
 

Ich musste meinen Bandkollegen berichten, dass ich das Solo vollendet hatte. Ich musste es ihnen vorspielen, sie mussten es bewerten und wir mussten die Tour weiter planen und organisieren.

Herrgott, was wir alles mussten

Seit wann kam mir das alles so zwanghaft vor?

Ich atmete tief durch, schüttelte den Kopf über mich und rannte in mein Schlafzimmer, um mich umzuziehen. Ich hatte einen riesigen Kloß im Hals und wusste nicht warum. Ich wusste es wirklich nicht.
 

Hektisch zog ich meine Schuhe an und eilte zur Tür. Ich legte meine Hand an den Türgriff, bereit zum Rausgehen, doch mein Kopf drehte sich langsam über meine Schulter und ich warf einen Moment lang noch einen Blick auf die Rose und die Karte. Ich konnte mein Solo doch auch Kamijo vorspielen oder nicht? Er hatte ein gutes Gehör dafür.

Bevor ich weiter dachte, biss ich mir auf die Unterlippe, warf dem Geschenk vorwurfsvolle Blicke zu und zischelte entschlossen:

„Du brauchst ‚Tuxedo Mask’ nicht!“

Dann öffnete ich die Tür, knallte sie zu und rannte Richtung Innenstadt, um von dort aus mit der Bahn zum Proberaum zu fahren.
 

Unterwegs schrieb ich meinen Bandkollegen eine SMS, dass ich im Proberaum auf sie warten würde, sofern sie denn Zeit hatten und atmete tief durch. Gedankenverloren stieg ich aus der Bahn und schlenderte mit gesenktem Kopf langsam Richtung Proberaum.

Ich erschrak heftig, als ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter spürte, die mich fest packte und grob umdrehte.

Ich starrte mit riesigen Augen in die von Tomozo und sah ihn verwirrt an. Tomozo atmete schwer und grinste mich schief an.
 

„Meine Güte, bist du nun mittlerweile taub?! Ich renn dir bestimmt schon 100 Meter hinterher und ruf dich!“, schimpfte er, lachte aber leicht dabei und ließ meine Schulter los. Ich kam so schnell gar nicht mit und blinzelte nur mehrmals verwundert.

„Ich habe… Du…“, fing ich an zu stammeln und schluckte schwer. Tomozos Lächeln verschwand und er sah mich skeptisch an.

„Ist alles okay mit dir? Du wirkst so angespannt. Wo geht’s denn hin?“, fragte er mich. Ich schluckte wieder schwer. Der Kloß ging einfach nicht weg. Ich versuchte aber mich zu fassen und antwortete mit fester Stimme:

„Zum Proberaum! Mein Solo ist fertig. Ich muss… möchte es den anderen vorspielen!“

Tomozo lächelte wieder.

„Ah, das klingt viel versprechend! Na, kein Wunder, dass du dann so angespannt bist. Es wird ihnen aber bestimmt gefallen, mach dir da mal keine Sorgen!“, sagte er und klopfte mir aufbauend auf den Rücken. Ich lächelte halbherzig und nickte nur.
 

Eigentlich hätte ich ihm gern von meinem ganzen Gefühlschaos und von der Sache mit Kamijo erzählt, aber ich war der Meinung gewesen mich erst einmal selbst sortieren zu müssen. Außerdem wollte ich am liebsten gar nicht weiter darüber nachdenken. Es war völliger Blödsinn gewesen, das sagte ich mir die ganze Zeit.

„Dann will ich dich nicht weiter aufhalten! Aber sag mal, nun, wo du wieder deine Wohnung verlässt… Willst du heut Abend nicht mitkommen in irgendeine Bar? Ein bisschen abschalten?“, fragte Tomozo mich und ich sah ihn nachdenklich an.

„Abschalten?“, wiederholte ich leise und sah kurz in den Himmel. Dann nickte ich eifrig und antwortete: „Ja, sehr gern. Danke, Tomozo!“
 

Ich war mir sicher gewesen, dass ich nur zu viel nachdenken würde, wenn ich zuhause geblieben wäre, deshalb stimmte ich zu. Wir machten Uhrzeit und Ort aus und verabschiedeten uns wieder voneinander.
 

Ich kam vor den anderen im Proberaum an und stimmte die dort vorhandene Gitarre lieblos nach. Immer wieder fiel mein Blick auf das Klavier. Ich seufzte schwer und senkte mit geschlossenen Augen den Kopf.

Die Gedanken an Kamijo waren wie ein Virus gewesen. Sie hatten sich völlig fest gefressen und ich konnte nichts tun. Absolut nichts.

Diese kurze Zeit, die wir an diesem Ort miteinander verbracht hatten, hatte alles in mir durcheinander gebracht. Es war doch nur so kurz gewesen… und trotzdem schön und angenehm.

Gab es wohl ein Medikament gegen diesen Virus? Und wenn ja, wo?
 

Ich schreckte aus meinen Gedanken auf, als sich die Tür öffnete und Jasmine den Proberaum betrat. Er umarmte mich, so wie immer und lächelte lieb.

„Du bist ja richtig schnell fertig geworden! Wie geht es dir? Ich bin schon ganz gespannt!“, sagte er und ich versuchte sein Lächeln zu erwidern.

„Es geht mir gut.“, log ich und schluckte schwer. Jasmine nickte.

„Das ist schön.“, sagte er und nickte erneut mehrmals langsam. Er sah aus den Augenwinkeln zur Seite und ich konnte beobachten, wie sein Lächeln langsam verschwand.

„Du… Kaya ist echt stinkig mit dir.“, hörte ich ihn dann murmeln und bekam große Augen.

„Was? Wieso denn das??“, fragte ich mit großer Verwunderung. Das hatte mir noch gefehlt. Jasmine atmete tief durch und zuckte mit den Schultern.

„Er ist beleidigt, weil du dich nicht ein einziges Mal gemeldet hast, obwohl er so oft angerufen hat. Er wollte dir unbedingt erzählen, dass Kamijo aus Amerika zurück ist!“, seufzte er. Ich zuckte leicht zusammen und bekam erneut große Augen.
 

„Ka-… Kamijo?“, wiederholte ich überrascht und senkte meinen Kopf wieder. „Das…Ja, das weiß ich.“, murmelte ich kleinlaut. Ich hatte nicht gewusst, dass er so weit weg gewesen war, aber dass er wieder da war… Oh ja, das wusste ich.

Jasmine winkte mit der Hand ab.

„Kopf hoch, Kleiner! Kaya kriegt sich schon wieder ein, er vermisst dich bestimmt nur schrecklich. Du solltest ihn nachher anrufen, dann geht das schon wieder.“, versuchte er mich aufzumuntern und ich lächelte dankbar.
 

Nach und nach trudelten auch die anderen im Proberaum ein, bis auf Bikei, der anscheinend keine Zeit gefunden hatte.

„Fang an, fang an! Ich kann’s nicht mehr abwarten!“, drängelte Teru aufgeregt und sah mich erwartungsvoll an. Ich lächelte schief.

„Moment noch kurz.“, murmelte ich, spielte ein paar Töne und drehte am Verstärker herum, um einen ordentlichen Klang zu bekommen. Anschließend atmete ich tief durch und sah aus den Augenwinkeln kurz zu Juka, der mit verschränkten Armen sanft lächelnd an eine Wand gelehnt stand. Ich schluckte schwer und richtete meinen Blick wieder auf die Gitarre.
 

„Okay. Ich fang dann an, ja?“, sagte ich etwas schüchtern und spielte meinen Freunden also mein Lied vor. Ich sah sie dabei nicht an, sondern schloss die Augen. Nur ab und zu bei schnelleren Passagen schaute ich, dass meine Finger auch dahin sprangen, wo sie hin springen sollten.

Während ich meine Augen schloss, schossen mir immer und immer wieder Bilder von Kamijo durch den Kopf. Das durfte doch nicht wahr sein, dachte ich mir, stellte mir aber heimlich vor, wie ich es ihm vorspielen und er reagieren würde. Ob er es wohl mögen würde?
 

Ich schreckte wieder aus meinen Gedanken auf, als mir ganz kurz vor dem Ende meines Solos eine Saite riss und mir in den Finger schnitt. Ich zuckte zusammen, hielt mir verzweifelt das Handgelenk der ‚verletzten’ Hand und murmelte: „Auu…“

„Hizaki! Hast du dich geschnitten?“, fragte Juka besorgt und sah mich dementsprechend an. Jasmine seufzte genervt.

„Haaach, dabei war es doch gerade so schön! Schmeiß die Gitarre weg, die taugt nix!“, klagte er und Teru nickte eifrig.

…Weil die Saite gerissen war, sollte ich gleich die ganze Gitarre wegschmeißen?!
 

„Hizaki, dein Solo ist der absolute Wahnsinn! Ich fang gleich an zu heulen, so schön finde ich das! Spiel’s noch mal!“, sagte er schwer begeistert mit zusammen gefalteten Händen. Ich lächelte erleichtert über diese Reaktion, nickte und murmelte:

„Danke. Ich bin froh, dass es euch gefällt, wirklich. Ich…“

Bevor ich meinen Satz beenden konnte, musterte ich Juka verwundert, der mir plötzlich die Gitarre abnahm, mein Handgelenk packte und mich zu den Toiletten zog. Mit großen Augen ließ ich mich mitziehen und verstand nicht ganz, was er vorhatte.
 

„Juka, was..?“ Er schob mich zum Waschbecken und wusch meine Hand behutsam.

„Es soll sich doch nicht entzünden, oder? So etwas kann gefährlich sein.“, sagte er. Ich lachte kurz auf und entgegnete schief lächelnd:

„Ach Juka, ich hab mir schon mindestens drei Millionen Mal die Finger an Gitarrensaiten geschnitten! Das ist doch nichts Schlimmes, mach dir keinen Kopf.“

So oft schon? Na umso schlimmer.“, grinste Juka und trocknete meine Hand vorsichtig ab. Das hätte ich doch auch alles alleine machen können. Manchmal wurde ich das Gefühl nicht los, dass er mich mit Vorliebe wie ein kleines Kind behandelte.

Erneut griff er nach meinem Handgelenk und zog meine Hand vorsichtig zu seinem Gesicht. Er schloss seine Augen und küsste den Finger an dem ich mich geschnitten hatte.
 

Ich spürte, wie seine Zunge über den kleinen Schnitt leckte und mir rutschte das Herz in den Keller. Anschließend sagte er lächelnd: „So. Jetzt heilt es auch schnell!“

Ich starrte ihn mit riesigen Augen und knallroten Wangen geschockt an.

„Dein Solo ist übrigens wirklich wunderschön, Prinzessin. Ich habe zwar einiges erwartet, aber dass es so schön wird… Es passt zu dir. Woran hast du gedacht, als du es komponiert hast? Was steckt dahinter?“, fragte Juka interessiert mit seinem charmanten Lächeln. Ich zuckte leicht zusammen und blinzelte mehrmals schnell.

„Woran ich..? Das… Ich hab…“, fing ich an zu stammeln und senkte dann meinen roten Kopf.

Schwer schluckend starrte ich meine Füße eine Weile an und sagte dann leise:
 

„Das ist mein Geheimnis.“

Vorsichtig und entschuldigend blickte ich aus den Augenwinkeln zu Juka auf, der weiterhin lächelte und mir dann durch die Haare wuschelte.

„Na gut, das muss ich dann wohl so hinnehmen. Vielleicht erzählst du mir ja doch irgendwann davon.“, sagte er zuversichtlich und lachte kurz auf.
 

Er hatte ja keine Ahnung. Er wollte mit Sicherheit nicht wissen, dass Kamijo meine Inspiration für das Lied gewesen war und er tagelang, nächtelang in meinem Kopf herumschwirrte. Davon abgesehen wollte ich es niemandem erzählen, irgendwo war es mir peinlich gewesen.
 

Juka und ich gingen zu den anderen zurück und Teru drückte mir ein buntes Pflaster in die Hand, welches er in seiner Tasche gefunden hatte. Da waren Pandabären drauf gewesen! Ich amüsierte mich ziemlich lange über dieses Pflaster, bis wir schließlich wieder zum ‚Ernst’ des Lebens kamen und unsere Tour besprachen.

Wir sammelten einige Ideen und kamen im Endeffekt zu einem guten Ergebnis. Der Tour stand also nichts mehr im Wege und ich war sehr glücklich darüber gewesen. Ich war gespannt darauf in die Gesichter der Fans zu schauen, ihre Reaktionen und Gefühle auf unsere Lieder einzusaugen und wollte sie einfach begeistern und mit einem guten Gefühl nach Hause gehen lassen, wenn wir unser Konzert beendet hatten.
 

Als ich mich zu Fuß auf den Weg in die Innenstadt machte, war es schon dunkel gewesen, doch die Stadt schlief niemals. Ich rief Tomozo an und fragte ihn, ob er etwas dagegen hatte, wenn Kaya mitkommen würde. Er verneinte und ich rief also Kaya unterwegs an.

Ich atmete tief durch als ich darauf wartete, dass er meinen Anruf annahm und stellte mich auf Gemecker und Gezeter ein.
 

„Was willst du?!“, waren seine ersten zickigen Worte und ich musste etwas schmunzeln, da ich mit so etwas gerechnet hatte. Ich seufzte und antwortete:

„Mich entschuldigen. Sei bitte nicht böse mit mir, Kaya. Du weißt doch, dass ich mich immer zurückziehe, wenn ich an einem Song sitze! Wenn du nicht mehr böse mit mir bist, lade ich dich heute auf einen Drink ein, wir haben was zum Feiern.“

„Hn!“, gab Kaya nur weiterhin zickig von sich und schwieg eine Weile. Ich zählte leise für mich bis fünf und dann sagte Kaya auch schon: „Na schön! Dann verzeih ich dir noch mal, aber du wirst mir nicht einen Drink ausgeben, sondern viele! Ich hab Durst. Wo treffen wir uns?“
 

Immer wieder war es das Gleiche mit Kaya gewesen. So schnell er auch zickig und böse war, genau so schnell kriegte er sich wieder ein, wenn man denn wusste wie man ihn zu beruhigen hatte. Ich wusste es.

Ich beschrieb ihm den Weg zur Bar und sagte dann lächelnd:

„Tomozo ist übrigens auch da, ihr kennt euch doch, oder? Ich hoffe, das ist nicht schlimm, aber er hatte mich erst auf die Idee gebracht heute weg zu gehen. Er wartet auch schon.“

„Nö, kein Problem. Ist er Single?“, fragte Kaya und ich blieb kurz mit großen Augen stehen.

„Geht in deinem Kopf eigentlich auch noch ir-gend-et-was anderes vor??“, fragte ich verzweifelt und atmete tief durch. „Ich muss dann auch mal Schluss machen, ich bin gleich bei der Bar. Bis später, Kaya!“, verabschiedete ich mich und legte auf. Der war doch unmöglich, dachte ich mir und schüttelte den Kopf über meinen Freund.
 

Die Bar, in der ich mich mit Tomozo traf, war ziemlich modern eingerichtet und irgendwie total schrill. Es lief die ganze Zeit Lounge-Musik für die gemütliche Atmosphäre, aber manchmal klang es für mich eher nach Fahrstuhlmusik.

Dennoch freute ich mich Tomozo wieder zu sehen und setzte mich zu ihm an einen kleinen, runden Tisch auf einen Sessel. Der war wirklich bequem gewesen.

„Und? Wie fanden sie dein Solo?“, wollte er sofort wissen und lächelte mich an, während er an dem Strohhalm seines bunten Drinks sog. „Sorry übrigens, aber ich wäre sonst verdurstet.“, entschuldigte er sich für sein Getränk, doch ich winkte mit der Hand ab.
 

„Ach, ist doch kein Ding. Es hat ihnen gut gefallen! Uns fehlen nur noch ein paar Telefonate und dann geht es los mit unserer Tour. Ich bin jetzt schon aufgeregt.“, gab ich zu und lächelte etwas verträumt. Tomozo nickte.

„Siehst du, hab ich doch gesagt! Freut mich für dich. Wenn ich es zeitlich schaffe, sehe ich mir auf jeden Fall ein Konzert an!“, kündigte er an und winkte den Kellner zu uns herüber.

Ich lächelte überglücklich und sagte:

„Danke Tomozo, ich würde mich freuen, wenn du es schaffst. Übrigens: Kaya wird sich demnächst dazugesellen, ich hoffe, das ist in Ordnung! Ich hab mich die letzten Tage nicht bei ihm gemeldet und er war stinkig mit mir, das muss ich wieder gut machen.“ Ich seufzte, während Tomozo kurz auflachte.
 

„So ist das mit einer Diva als Freundin.“, grinste er und stocherte einen Moment mit seinem Strohhalm im Drink herum. „Und wie sieht es nun mit Juka aus? Hast du das geklärt?“, fragte er merklich vorsichtig und ich bekam riesige Augen.

„Kein Wort über Juka! Ich hab dir doch erzählt, wenn Kaya…“

Was ist mit mir?“, unterbrach mich Kaya, der plötzlich übertrieben aufgedonnert wie immer neben mir stand. Ich schluckte schwer, stand schnell auf und umarmte ihn fest.

„Wenn… wenn ich dich sehe, freue ich mich so!“, versuchte ich mich zu retten und lächelte schief. Kaya lachte laut und wuschelte mir durch die Haare.

„Jaja, mein Herz, das sagen sie alle.“, freute er sich und setzte sich zu uns an den Tisch. Tomozo und ich tauschten kurz ernste Blicke aus und ich merkte, dass er verstanden hatte. Kaya durfte weiterhin nicht von Jukas Zuneigung mir gegenüber erfahren.
 

„Meine Güte, es ist wohl einfacher die Königsfamilie zu erreichen als dich, wenn du komponierst! Ich hasse das! Warst du wenigstens erfolgreich?“, fragte Kaya, während er sein Handtäschchen auf den Tisch stellte und zwischen Make Up und sonstigem Schnickschnack nach seinem Handy kramte. Ich nickte eifrig und antwortete:

„Ja. Die anderen waren sehr zufrieden mit mir und wir organisieren jetzt die Tour. Tomozo hat schon gesagt, dass er zusehen möchte! Du kommst doch auch, oder?“ Ich lächelte ihn hoffnungsvoll an.

Kaya beugte sich zu mir vor und zog eine Augenbraue hoch.

„Hase, ich werde sogar Backstage sein und aufpassen, dass die blöden Stylisten-Kühe dein Gesicht und deine Haare nicht verhunzen! Ich bitte dich, so eine blöde Frage. Außerdem ist Juka da, das lass ich mir doch nicht entgehen!“, sagte er erst ernst und kicherte dann hinter vorgehaltener Hand.
 

Ich lächelte schief und nickte. Tomozo rollte heimlich mit den Augen, als Kaya Juka erwähnte und schüttelte dann leicht den Kopf über ihn.

Dann kam auch endlich der Kellner und wir bestellten unsere Drinks.

„Ein Bier hätte ich gerne.“, sagte ich, doch Kaya fuhr mich mit großen Augen an:

„Bist du verrückt? Bier… Wo sind wir denn hier? Seit wann trinkst du Bier, wenn du mit mir zusammen weggehst?“ Er seufzte schwer und sah zu dem Kellner auf. „Pass auf, Schätzchen, du bringst uns eine schöne Flasche Champagner und dann ein paar bunte Cocktails, ja? Mit Schirmchen und mit Obst bitte, ja? Verstanden?“
 

Ich bekam riesige Augen und beobachtete, wie der Kellner alles notierte und dann wieder wegging.

„Das zahl’ ich aber nicht, Kaya! Das kannst du schön selber bezahlen!“, stellte ich klar und Kaya rollte mit den Augen.

„Reg dich ab, Hase. Du zahlst die kleinen Cocktails und der Champagner geht auf mich. Ich hab’ nämlich auch etwas zu feiern!“, sagte er und grinste bis über beide Ohren. Das war dann wohl der Moment, von dem an fortlaufend Kaya eine ganze Weile im Mittelpunkt stehen würde. Ich war es ja gewöhnt, aber wie stand es mit Tomozo?
 

„Was hast du denn zu feiern? Gehst du auch wieder auf Tour oder ins Studio?“, fragte ich lieb lächelnd und Kaya lachte leise.

„Nein, völlig falsche Richtung! Ich hatte es dir auf Band gesprochen, aber du scheinst mich ja nicht zu beachten, wenn du komponierst.“, sagte er und seufzte theatralisch.

Ich schluckte kurz schwer. Dafür hatte ich mich doch bereits entschuldigt, aber Kaya war dafür bekannt nachtragend zu sein.

„Nun mach es nicht so spannend.“, seufzte Tomozo, der Kaya anscheinend schon nicht mehr ertrug und stützte seinen Kopf mit einer Hand ab.
 

Kamijo ist zurück aus Amerika! Das habe ich zu feiern!“, rief Kaya, während er über das ganze Gesicht strahlte und ich bekam wieder meinen riesigen Kloß im Hals.

Seit wann war Kaya so begeistert von Kamijo gewesen? Juka war doch seine Nummer eins?
 

Innerlich völlig verzweifelt hörte ich Kaya beim Schwärmen von Kamijo zu. Er gestikulierte wieder wild und erzählte alles, als wenn es ein Märchen wäre. Das war es aber leider nicht.

„Ich hab ihn so vermisst! Er hat Verwandte dort besucht und sich dort von seiner musikalischen Pause erholt. Er will bestimmt bald wieder ins Studio und ICH werde ihm tatkräftig zur Seite stehen, hihi! Als Muse, als Vertraute, als… Geliebte! Zwischen Kamijo und mir stimmt einfach alles und bevor er wieder irgendwohin abhaut, ergreife ich meine Chance! Dieses Mal mache ich ernst, ich werde ihn heiraten und dann mit ihm auswandern oder so. Von mir aus auch in sein blödes Ami-Land, das ist mir ja egal, Hauptsache ich kann bei ihm sein.“
 

Kaya atmete kurz tief durch und sah dann verträumt an die Decke. „Er ist so ein wundervoller Mann. Voll von Charme und Intelligenz und Humor hat er auch! Und gut aussehend ist er, aber hallo! Mist, wäre ich eine richtige Frau, würden wir die schönsten Kinder der Welt bekommen! Meint ihr nicht? Also ich werde mich auf jeden Fall an seine Fersen heften, außerdem…“

„ES REICHT!“, rief ich plötzlich, während ich mit der Faust auf den Tisch haute. Kaya und Tomozo sahen mich erschrocken an. „Wir haben verstanden wie toll er ist und wie sehr du ihn liebst, okay?! Es ist angekommen!! Ich kann deine Rederei über Kerle nicht mehr hören, es ist doch immer das Gleiche!!“, fuhr ich Kaya völlig verzweifelt und wütend zugleich an und hing damit mitten im unkontrollierten Gefühlsausbruch.
 

Ich war fertig mit der Welt. Zum einen war da die Sache mit Juka gewesen, die mir Kummer bereitete, doch ich hatte so halb damit abgeschlossen, schließlich gab ich Juka bereits eine Abfuhr und hoffte seine Gefühle für mich würden sich legen.

Das Thema Kamijo entwickelte sich in meinem Kopf aber zu einer Katastrophe. Wenn Kaya es wirklich so ernst meinte, wie er es gesagt hatte, konnte ich Kamijo abschreiben.
 

Niemand stellte sich zwischen Kaya und seinem Auserwählten. Niemand, auch nicht der beste Freund. Der eigentlich schon gar nicht!

Außerdem war ich der Meinung gewesen, gegen Kaya absolut keine Chance zu haben. Er war viel erfahrener, selbstbewusst, hübsch und ebenfalls Sänger. Zwischen ihnen schien wirklich die Chemie zu stimmen, aber was noch viel schlimmer war:
 

In diesem Moment wurde es mir schrecklich bewusst.

Ich hatte mich in Kamijo verliebt. Unglücklich verliebt.

Ich stand eilig auf, griff nach meiner Jacke und rannte aus der Bar.
 

Ich wollte nicht weiter über Kamijo reden, ich wollte mich nicht für diesen Gefühlsausbruch rechtfertigen müssen und ich wollte Kaya nicht mehr sehen.

Ich war ihm nicht böse gewesen oder sonst etwas, aber ich steckte in Schwierigkeiten. Die einzige Lösung, um weiter mit Kaya ganz normal befreundet bleiben zu können, bestand für mich darin Juka weiter auf Abstand zu halten und nie wieder an Kamijo zu denken. So die Theorie, aber der praktische Teil erschloss sich mir noch nicht als allzu realistisch.

Konnte man einfach darüber entscheiden, ob man an jemanden denkt oder nicht? Konnte man über Gefühle entscheiden? Mir schienen sie unkontrollierbar.
 

„Hizaki! Warte!“, hörte ich Tomozo noch rufen, doch ich lief weiter.

Und wieder hatte ich so eine dramatische Fluchtszene geboten. Ich fand mich unmöglich in diesem Moment, aber ich wusste nicht, was ich anderes tun sollte.
 

Ich wollte alleine sein, zog mich wieder in meine Wohnung zurück, legte mich auf den Teppichfußboden, hörte laut Musik und starrte an die Decke.

„Ein Bier muss her, dann werde ich müde.“, murmelte ich mir selbst zu und hoffte mich bald ins Traumland flüchten zu können.

Zwei Bier später schlief ich auch sanft und benebelt ein und ließ meinen Kummer einfach Kummer sein.

Part 8

Am nächsten Morgen sah auch alles schon wieder ganz anders aus: Ich war fest entschlossen. Um Kayas Freundschaft nicht zu riskieren, musste ich Kamijo vergessen. Also galt es erstmal sich abzulenken!

Ich packte mich in gemütliche Kleidung, also in schwarze Jogginghose und großes Bandshirt, band mir ein langes Tuch um die Stirn zusammen, sodass ich eine Schleife auf dem Kopf hatte und steckte mir die Haare hoch.

Das war die Uniform für den Hausputz!
 

So hatte Mama es auch immer gemacht, um in Stimmung dafür zu kommen.

Es half sogar. Ich saugte, wischte und putzte mich durch meine Wohnung wie ein Berserker und dachte keine Sekunde an Kamijo. Ich hörte meiner Lieblingsband zu und sang entweder mit oder richtete meine Aufmerksamkeit gänzlich auf das Putzzeug.

Als ich fertig war, warf ich den Lappen in den Putzeimer, wischte mir mit dem Unterarm über die Stirn und seufzte lächelnd: „Geschafft!“

Anschließend lief ich zum Briefkasten, um die Post herein zu holen.
 

Vorbei war’s mit der schönen Idylle…
 

Wieder fand ich eine Rose und ein kleines Kärtchen.

Ich schluckte schwer und nahm die Sachen mit in meine Wohnung. Wie ein nasser Sack ließ ich mich auf meine Couch fallen und traute mich kaum die Karte zu öffnen.

Nach einem kurzen Augenblick tat ich es doch und atmete tief durch.
 

Liebster Hizaki!

Hiermit lade ich dich herzlich zu mir nach Hause ein und erwarte dich in 3 Tagen auf meinem Ball. Angemessene Kleidung ist natürlich erwünscht.

Ich freue mich auf dich!

Kamijo
 

Ich las es mehrere Male und konnte es nicht glauben. Ich war bei Kamijo eingeladen? Auf einen Ball??

Es kam mir vor wie ein Traum. Ich sah mich schon in den Armen Kamijos, wie wir zu einem Walzer tanzen würden und…

„NEIN!“, rief ich plötzlich und riss mich somit selbst aus meinen Gedanken. Ich rieb mir mit beiden Händen über das Gesicht und seufzte schwer.
 

Ein Ball. Mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit würde auch Kaya dort sein und Juka und die Highsociety unserer Musikszene. Ich konnte dort nicht hingehen, schließlich hatte ich mir ein Ziel gesetzt und eine Entscheidung getroffen!

Und Kamijo konnte den Ball mit Sicherheit auch ohne mich veranstalten, er würde mich sicherlich nicht vermissen.
 

Wieder atmete ich tief durch und griff nach meinem Telefon. Ich rief Juka an.

„Prinzessin! Schön von dir zu hören! Wie geht es dir?“, fragte er wie immer absolut fröhlich, wenn ich ihn anrief.

„Na ja, ich wollte dich etwas fragen.“, murmelte ich zögerlich und schluckte schwer.

„So? Und was?“, fragte Juka mit einem hörbaren Lächeln. Ich schwieg noch einen kurzen Moment und murmelte dann:

„Du hast doch sicherlich Kamijos Handynummer… Kannst du sie mir geben?“

Ich biss mir leicht auf die Unterlippe und hoffte, dass ich kriegen würde, wonach ich verlangte.

„Oh, achso.“, seufzte Juka und man konnte die Enttäuschung aus seiner Stimme heraushören. Damit schien er nicht gerechnet zu haben. „Ich schicke sie dir gleich per SMS, in Ordnung?“
 

Ich nickte und sagte leicht lächelnd: „Danke, Juka! Du bist mir wirklich eine riesige Hilfe! Werd’ mich revanchieren, versprochen. Bye, bye!“

Ich legte einfach auf, wartete Jukas SMS ab und lief im Raum auf und ab als ich Kamijos Nummer hatte.
 

Wie seine Stimme wohl am Telefon klang? Ob ich ihn wohl stören würde? Und würde er böse auf mich sein, weil ich nicht zu seinem Ball kommen würde?

All solche Fragen schossen mir durch den Kopf, doch die Antworten konnte mir nur einer geben: Kamijo himself.
 

Mir blieb also nichts anderes übrig, als ihn anzurufen. Mein Bein zappelte nervös, während ich auf seine Stimme wartete, die schließlich ganz trocken sagte:

„Yuuji Kamijo, wer spricht da?“

Ich schluckte schwer und bekam große Augen.

„Ähm, ich, hier, hier ist Hizaki! Ich, also, ich wollte, ähm… Störe ich?“, stammelte ich und wurde rot, weil ich mich dafür so schämte.

„Oh, Hizaki! Nein, keineswegs! Was kann ich für dich tun? Geht es dir gut?“, fragte Kamijo und seine Stimme klang gleich viel freundlicher. Ich lächelte schief vor mich hin und murmelte:

„Ja, ähm, danke. Hör zu, ich… Ich fand eben deine Einladung im Briefkasten und ich…“
 

Ich zögerte einen kurzen Moment.

„…Ich muss leider absagen, ich kann an dem Tag nicht, es tut mir…“

„Bitte!?“, ging Kamijo mir plötzlich so forsch dazwischen, dass ich leicht zusammenzuckte und große Augen bekam. „Was auch immer du an dem Tag vorhast, sag es ab.“

Er hatte plötzlich etwas erschreckend Strenges in der Stimme und machte es mir nicht gerade leicht.

„Kamijo, es tut mir wirklich Leid, ich schaffe es einfach nicht. Ich wünsche euch dennoch viel…“

„Hör mir zu, du sollst es absagen.“, fiel er mir erneut ins Wort und ich starrte fragend Löcher in die Luft. Lag ihm so viel daran, dass ich zu seinem Ball kommen würde? Mein Herz schlug schneller und schneller, doch ich musste stark bleiben.
 

„Kann ich nicht. Entschuldige, Kamijo. Trotzdem danke für die Einladung! Mach’s gut.“, sagte ich angespannt und schnell, bevor ich einfach auflegte. Ich seufzte schwer und ließ den Kopf hängen. Was er wohl von mir dachte? Eine blödere Absage hatte er wohl nie zuvor bekommen.
 

Ich war traurig und stolz zugleich, dass ich es geschafft hatte die Einladung nicht anzunehmen. Ich redete mir ein, dass ich es bestimmt nicht bereuen würde und freute mich für Kaya, wenn er anstelle von mir mit Kamijo den Walzer tanzen konnte.

So ganz von Herzen kam diese Freude allerdings nicht.
 

Niedergeschlagen schleppte ich mich in die Küche und fing an zu kochen. Gedankenverloren schnitt ich das Gemüse und hatte Glück, dass ich mir nicht auch noch in die Finger schnitt.

Als ich fast fertig war, klingelte es an meiner Haustür. Ohne zu überlegen, lief ich einfach schnell hin und vergaß sogar den Kochlöffel aus der Hand zu legen.

Ich öffnete die Haustür, kreischte kurz auf und knallte sie wieder zu.

„Neiiiiiin!“, jammerte ich leise mit zusammengekniffenen Augen.
 

Kamijo stand vor der Tür und ich sah aus wie meine Großmutter, nur dass die kein cooles Dream Theater-Shirt hatte.

Kamijo klingelte erneut und mir blieb keine andere Wahl. Mit knallrotem Kopf und entschuldigendem Blick öffnete ich die Tür ganz, ganz langsam und sah zu Kamijo auf. Dieser hatte eine Augenbraue hochgezogen und fragte:

„Begrüßt du deinen Besuch immer so nett?“

Ich wollte im Erdboden versinken, so peinlich war mir dieser Augenblick gewesen. Ich war mir sicher, dass ein Mann wie Kamijo viel Wert auf Gastfreundlichkeit legte, also wollte ich von nun an ein guter Gastgeber sein. Ich lächelte schüchtern und antwortete:
 

„Nein, entschuldige, ich hab nur nicht mit dir gerechnet. Komm doch r-…“

Ich musste meinen Satz gar nicht erst zu Ende sprechen, denn Kamijo betrat einfach meine Wohnung, zog seine Schuhe aus und sah sich kurz um. Ich schloss die Tür und lief ihm langsam hinter. Er blieb abrupt stehen, sodass ich fast gegen ihn lief und drehte sich zu mir um.

Dann nahm er mir das Stirnband ab, löste die Haarspange in meinem Haar und wuschelte darin herum. Ich starrte ihn nur völlig perplex an und bekam Herzrasen. Was sollte denn das?
 

Aber das war ja noch nicht alles gewesen: Er schob mich ins Wohnzimmer, drückte mich auf die Couch und lief dann einfach in die Küche, kam mit meinem Essen und einem Aschenbecher zurück.

Ich kippte fast vom Sofa, so erstaunt war ich. Wollte er nun für mich gastfreundlich sein? Zu mir in meiner Wohnung? Der Mann war unglaublich.

Er stellte alles auf dem Wohnzimmertisch ab und setzte sich neben mich.
 

„So, noch mal von vorne bitte. Ich hasse es solche Gespräche am Telefon zu führen.“, sagte er, während er in der Tasche seiner Jacke nach Zigaretten kramte. Er steckte mir eine in den Mund und zündete sie an, bevor er das Gleiche bei sich machte. Ich saß einfach nur völlig überrumpelt da und wusste noch gar nicht, wo vorne und hinten war.

„Fühl dich… wie zuhause!“, murmelte ich völlig unnötig und zog ein paar Mal an der Zigarette, bevor ich, ohne Kamijo anzusehen, murmelte: „Ich kann nicht zu deinem Ball kommen, es tut mir Leid. Daran lässt sich auch nichts ändern.“
 

Mein Herz raste. Nun war er auch noch extra hergekommen, um mich scheinbar zu überreden und ich sagte schon wieder ab. Kamijo war ein viel beschäftigter Mann, das wusste ich und trotzdem saß er nun einfach in meiner Wohnung.

„Soso. Was hast du denn so wichtiges vor?“, fragte Kamijo skeptisch und pustete langsam etwas Rauch aus. Ich hatte noch nie einen Mann mit so einer anzüglichen Ausstrahlung rauchen sehen!

Und ich hatte gehofft, dass er mir diese Frage ersparen würde, denn ein Improvisationstalent war ich nun wirklich nicht gewesen.
 

„Na ja, also, meine, meine Mutter hat Geburtstag! Riesige Familienfeier, weißt du? Alle kommen sie! Das, das kann ich nicht ausfallen lassen.“, stammelte ich und lächelte engelsgleich, wenn auch künstlich.

„Hm… Hatte deine Mutter letztes Jahr nicht im Februar Geburtstag? Ist ja verrückt. Oder hast du dich in deinem Blog um ein paar Monate geirrt?“, fragte Kamijo und musterte mich weiter skeptisch.

Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Zum Teufel, er wusste wann meine Mutter Geburtstag hatte!
 

Mein Kopf glich einer Tomate und ich sah nervös in alle möglichen Richtungen hin und her.

„Sagte ich Mutter? Ich Dussel, ich meinte natürlich…“

„Vergiss es, Hizaki. Ich habe mir sämtliche Geburtsdaten deiner näheren Familie geben lassen. Lass dir eine andere Ausrede einfallen. Also? Was fällt dir noch ein?“, unterbrach mich Kamijo und grinste hinterhältig.

Mit leicht offen stehendem Mund sah ich ihn aus allen Wolken gefallen an.

Ja, der Mann war wirklich unglaublich.

Ich schämte mich für meine kläglichen Ausreden, aber die Wahrheit konnte ich ihm wohl kaum sagen.
 

„Entschuldige bitte.“, murmelte ich ganz leise und starrte meine Füße beschämt an. Kamijo lachte kurz auf und drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus.

„Nachdem ich dich nun überführt habe… kommst du zu meinem Ball? Eine schönere Freude kannst du mir nicht machen, Hizaki. Sag also bitte ja.“, versuchte er es erneut und sah mich eindringlich und sanft lächelnd an. Seine Augen, sein Blick brachte mich um den Verstand. Und nach solchen Worten konnte ich wohl kaum noch mal nein sagen, oder?
 

Ich schluckte schwer und nickte also.

„Na schön, ich, ich werde da sein. Wie viel Uhr?“, fragte ich und lächelte schief.

„Wann immer du willst. Ich werde auf dich warten und ich nehme dich beim Wort!“, lächelte Kamijo und stand auf. „Du solltest nun essen, nachdem du deine Wohnung anscheinend so eifrig geputzt hast. Wir sehen uns dann in drei Tagen.“

Ich begleitete ihn schüchtern lächelnd zur Tür und seufzte erschöpft als er weg war.
 

Er hatte es tatsächlich geschafft mich zu überreden. Seine Taktik war aber auch gemein gewesen.

Ich setzte mich wieder zu meinem Essen und dachte nach. Warum rief mich noch keiner meiner Freunde an, um mit mir über den Ball zu tratschen? Es war doch eigentlich eine recht aufregende Sache gewesen. Gerade mit einem Anruf von Kaya hatte ich gerechnet, aber der war entweder stinkig oder bei seiner Schneiderin gewesen für das Megakleid schlechthin.
 

Mir blieb wohl nichts anderes übrig als mein Bandoutfit anzuziehen, etwas anderes für einen Ball hatte ich nicht im Schrank. Ein paar Lolita-Kleidchen vielleicht, aber die waren definitiv zu kurz für diesen Anlass.

Ich atmete tief durch und versuchte die nahende Katastrophe, die sich in meinem Kopf ausmalte, abzuschwächen. Ich konnte auf dem Ball immer noch im Hintergrund bleiben oder mich mehr mit den anderen beschäftigen. Kaya würde Kamijo sowieso den ganzen Abend umgarnen, da war ich mir sicher. Also war doch alles halb so wild gewesen.
 

So ganz beruhigen wollte mich das aber trotzdem nicht…

Part 9

Und dann kam der Tag X.

Ich war tierisch nervös gewesen, konnte die Nacht zuvor kaum ein Auge zudrücken und rannte den ganzen Tag angespannt durch meine Wohnung. Ich kämpfte mit dem Reißverschluss meines Kleides und schminkte mich so wie immer. Ob ich es ohne Jasmines Hilfe schaffen würde die blöden Wimpern an meine Augen zu kleben?

Dieser Akt hatte schließlich am längsten gedauert und ich fing fast an zu weinen, weil ich so viele Versuche dafür gebraucht hatte. Letztlich hatte ich es ja aber doch geschafft!
 

Dann waren meine Haare dran. Damit konnte ich ganz gut alleine umgehen. Ein bisschen antoupieren, ein bisschen wellen und dann die Haarteile rein.

Fertig!

Ich betrachtete mich skeptisch von allen Seiten im Spiegel. Die Stylisten konnten das natürlich besser, aber ich fand, dass ich ihrem Ergebnis schon recht nahe war!
 

Also konnte ich mich mit dem Taxi auf den Weg zu Kamijos Haus machen.

Mein Herz schlug mir die ganze Autofahrt über bis zum Hals. Ob die Uhrzeit wohl in Ordnung war? Ich wusste nicht, wann so ein Ball anfing. Bestimmt nicht so spät wie die Disco, aber bestimmt auch nicht so früh wie ein Kindergeburtstag.
 

Gegen 19 Uhr erreichte ich schließlich Kamijos Haus. Oder sollte ich eher sagen Kamijos Anwesen?

Das Haus sah von außen schon riesig aus. Was würde mich dann im Inneren erst erwarten? Ich fragte mich, woher er das Geld für so ein großes Haus hatte.
 

„Oh mein Gott.“, murmelte ich also leise, als ich ausgestiegen war und schluckte schwer. Langsam lief ich zur hölzernen Eingangstür und klingelte. Ich sah mich etwas um und bemerkte, dass nirgendwo ein Auto parkte. War ich etwa zu früh? Aber wahrscheinlich ließen die anderen sich auch mit dem Taxi bringen, um sich betrinken zu können.

Schließlich öffnete mir der Gastgeber höchstpersönlich lächelnd die Tür.
 

„Hallo Hizaki! Bitte komm rein. Du siehst großartig aus.“, sagte er und ging einen Schritt zur Seite, damit ich eintreten konnte.

„Danke.“, murmelte ich schüchtern und erwiderte sein Lächeln. Kamijo sah aus wie ein richtiger Prinz mit seinem weißen Hemd und dem Jabot um den Hals. Die dunkelblonden Haare waren leicht gewellt und er trug seine blauen Kontaktlinsen. Er sah wirklich toll aus.
 

Sein Haus war, wie nicht anders zu erwarten, unnötig geräumig gewesen und alles sah sehr europäisch eingerichtet aus. Und teuer sah es aus, ich sollte also besser nichts anfassen.

„Dein Haus ist wirklich der Wahnsinn! Wo hast du diese ganzen antiken Möbel her?“, fragte ich und sah mich weiter erstaunt und fasziniert um.

„Gute Kontakte sind das A und O und vielleicht ein Sinn zum Handeln.“, erklärte er lächelnd und legte eine Hand an meinen Rücken, um mich Richtung Esszimmer zu schieben.
 

„Ich hoffe, du bist hungrig.“, sagte er und ich wurde ein wenig stutzig, da es so ruhig in seinem Haus war.

„Ähm, ja, schon, aber Kamijo… Wo sind denn die anderen Gäste? Oder bin ich so früh dran?“, fragte ich verwundert und ließ mir von Kamijo den Stuhl heran schieben, während ich mich an den riesigen Holztisch setzte. Der Tisch war liebevoll gedeckt mit schätzungsweise Porzellangedeck und Kerzen. War das etwa Silberbesteck, was da neben meinem Teller lag? Und eine Blumenvase mit Rosen durfte natürlich auch nicht fehlen.
 

Kamijo grinste etwas und lief um den Tisch herum, um sich gegenüber von mir hinzusetzen.

„Es gibt keine anderen Gäste. Das ist unser Ball.“, sagte er und ich bekam riesige Augen.

„W-Was?!!“, rief ich mehr als überrascht und verstand nicht ganz. Kamijo zuckte kurz mit den Schultern und schenkte mir ein Glas Wein ein.

„Eine ganz schlichte Einladung zu mir nach Hause wäre doch öde gewesen, oder nicht? Auf uns.“, grinste er und hob sein Glas leicht an. Ich tat es ihm gleich und trank einen Schluck. Mein Herz drohte mir aus der Brust zu springen und ich fühlte wie mir das Blut nur so ins Gesicht schoss.
 

Ich war ganz allein in Kamijos Haus. Er hatte nur mich eingeladen! Mich ganz allein. Ich war völlig durch den Wind. Wie sollte ich das nun deuten? Hatte ich doch mehr Chancen bei ihm, als ich gedacht hatte?

Das wäre ja furchtbar gewesen! Das zerstörte nämlich meinen Masterplan vehement. Eigentlich zerstörte schon die Tatsache, dass ich allein mit Kamijo in dessen Haus zu Tisch saß meinen Masterplan vehement.
 

Ich atmete tief durch und dachte mir: „Genieß einfach den Tag, dann verschiebst du deinen Plan eben auf Morgen und machst deine Wohnung unordentlich, um sie dann wieder putzen zu können! Genau.“

„Schmeckt es dir?“, fragte Kamijo irgendwann und ich schreckte aus meinen Gedanken auf. Da ich den Mund noch voll hatte, nickte ich nur eifrig und sagte, nachdem ich mein Essen hastig heruntergeschluckt hatte: „Ja, es schmeckt sehr lecker! Hast du das selbst gekocht?“
 

Kamijo lachte kurz auf und trank gemütlich einen Schluck Wein.

„Ich bitte dich. Ich kann vielleicht ein bisschen von der japanischen Küche, aber das auf deinem Teller ist dann doch etwas zu kompliziert für mich. Ich habe Personal dafür.“, erklärte er grinsend und ich staunte nicht schlecht.

„Personal? Wow. Du scheinst echt ein tolles Leben zu führen!“, sagte ich fasziniert und stellte mir vor, wie ich jemanden durch meine Wohnung scheuchte, um sie putzen zu lassen. Das wäre es doch gewesen! Ich merkte also schnell, dass Kamijo nicht nur aussah wie ein Prinz, er lebte auch wie einer.
 

„Ach was. So besonders ist das auch nicht. Heutzutage haben viele Leute Personal! Außerdem bin ich häufig länger außer Haus, da muss ich jemanden haben, der sich darum kümmert. Soll ich dich nach dem Essen ein wenig durch das Haus führen?“, fragte Kamijo und lächelte mich lieb an. Ich wurde wieder etwas rot um die Nase und lächelte schüchtern zurück.

„Ja, sehr gern! Hier gibt es bestimmt viel zu sehen.“, murmelte ich und aß also mit ihm weiter.
 

Nach dem Dessert musterte Kamijo mein Weinglas und fragte schief lächelnd:

„Wein ist wohl nicht so dein Fall, was?“

Ich hatte bewusst nur sehr wenig davon getrunken, da ich Angst hatte, dass es so enden könnte wie der Abend mit Juka. Ich wollte bei Verstand sein, wenn ich schon mal bei Kamijo war. Vor allem, wenn ich schon mal alleine bei Kamijo war.

„Ach, ich, also, um ehrlich zu sein… Ich vertrage Wein nicht so gut, weißt du? Deswegen hielt ich mich ein wenig zurück.“, murmelte ich und Kamijo nickte verstehend.

„Ah, sag das doch gleich! Dann hätte ich dir etwas anderes bringen lassen. Nun gut. Dann komm mal mit.“, sagte er und stand auf. Ich stand ebenfalls auf und lief dicht neben ihm durch sein Haus.
 

Er zeigte mir sein riesiges Wohnzimmer, in dem ich einen Kamin entdeckte und Unmengen an Büchern in alt aussehenden Schränken. Ob er die wohl wirklich alle gelesen hatte? Von weitem erkannte ich, dass in den Titeln immerzu das Wort ‚Vampir’ auftauchte. Ich erinnerte mich daran, dass Kamijo ein Faible dafür hatte.
 

Jeder Raum bot irgendetwas Faszinierendes, Interessantes und Spannendes, aber der wohl schönste Raum war Kamijos eigener ‚Partysaal’.

Er war zwar nicht so dermaßen riesig gewesen, wie man sich Ballsäle aus Schlössern vorstellte, aber von der Bauart und dem ganzen Kram kam dieser Raum der Sache schon recht nah. Unsere Schritte hallten durch den leeren Raum mit den riesigen Fenstern und ich starrte begeistert an die wunderschön bemalte Decke.
 

„Das ist ja der Wahnsinn! Es sieht aus wie in Filmen oder so! Unglaublich… Hier könnte man aber super einen richtigen Ball veranstalten!“, sagte ich und strahlte über das ganze Gesicht. Ich hob meinen langen Rock an und eilte zu einem der Fenster, welche bis an die sehr hohe Decke ragten. Links und rechts von ihnen hingen genau so lange Vorhänge aus dunkelrotem Stoff.

„Ist das da dein Garten?“, fragte ich und drückte meinen Finger gegen die Scheibe. Kamijo folgte mir langsam und stellte sich dicht hinter mich.
 

„Ja. Wenn du willst, kann ich dir den nachher auch noch zeigen. Hast du Lust vorher mit mir zu tanzen? Wir sind hier schließlich auf einem richtigen Ball. Bloß allein.“, grinste er. Er spiegelte sich in den Scheiben, weshalb ich sein Grinsen gut sehen konnte. Meins konnte er dann wohl leider auch sehen.

Es schmeichelte mir grenzenlos, dass er nur mich eingeladen hatte und sich so viel Zeit für mich nahm. Ich fühlte mich auch richtig wohl bei ihm. Klar, am Anfang erschlug einen dieser ganze Luxus schon, aber man konnte sich schnell daran gewöhnen!
 

Ich drehte mich zu ihm um und nickte lächelnd.

„Sehr gern! Aber bittet man so eine Dame um den Tanz?“, fragte ich und kicherte leise. Das sollte eigentlich nur ein blöder Spruch meinerseits gewesen sein, doch Kamijo ging absolut darauf ein:

„Oh, verzeiht mir bitte vielmals meine Teuerste.“, sagte er übertrieben arrogant, grinste dabei und verneigte sich schließlich vor mir. Anschließend griff er nach meiner Hand, hielt sie ganz sanft in seiner und führte sie langsam zu seinen Lippen, um meinen Handrücken zu küssen.
 

Ein Schauer nach dem anderen durchfuhr meinen Körper und das Herz rutschte mir in den Keller. Gleichzeitig spürte ich, wie mir das Blut nur so ins Gesicht schoss. Ich hoffte, dass man es unter meinem Make Up nicht sehen konnte.

„Schenkt Ihr mir einen Tanz, Mylady?“, fragte er dann also noch mal ‚schöner’ nach und ich musste schrecklich darüber schmunzeln. Kamijo stand diese Prinzenrolle einfach, das konnte keiner bestreiten.
 

Ich gab mich also der Rolle als Prinzessin hin bei diesem Spiel und lächelte liebreizend.

„Sehr gern, Mylord.“, antwortete ich und biss mir auf die Unterlippe, um nicht zu kichern. Kamijo führte mich also an der Hand zur Mitte des Raumes, dann schien ihm aber aufzufallen, dass die Musik fehlte.

„Moment.“, sagte er leicht lachend und eilte grinsend zu einem kleinen Tisch, auf dem eine Fernbedienung lag. Gut, Kamijo war eben ein moderner Prinz mit moderner Stereoanlage gewesen und Mozart klang auch auf CD ganz gut.
 

Ich war froh, dass meine Mutter es damals witzig fand mit mir als kleines Kind Walzer zu tanzen, denn die Schritte hatten sich in meinem Kopf festgesetzt und endlich erwiesen sie sich als wirklich sinnvoll. Ich musste nur aufpassen, dass ich nicht anfing zu führen, da Kamijo es bestimmt nicht witzig gefunden hätte, wenn ich ihm die dominante Rolle weggenommen hätte.
 

Ich konnte nicht aufhören zu lächeln. Es machten sich schon leichte Krämpfe in meinen Wangen breit, während ich Kamijo tief in die Augen schaute. Er erwiderte den Blick und tänzelte mit mir durch den großen Saal.

Ich vergaß alles um uns herum. Restlos alles. Die Sorgen mit Kaya und Juka, die anstehende Tour, die Zeit, eben alles. Es war ein so schöner Moment gewesen.

Kamijo riss mich irgendwann aus meinen romantischen Gedanken, indem er grinsend fragte:
 

„Fürchtet Ihr Euch denn gar nicht vor mir, Mylady?“

Ich blinzelte mehrmals verwundert und sah Kamijo irritiert an, bis es in meinem Kopf ‚Klick’ machte.

Ich lachte kurz leise auf, da ich verstand. Wir befanden uns also noch immer in unserem ‚Spiel’ und natürlich war Kamijo der Vampirprinz gewesen!

Was auch sonst?

Ich tat unwissend darüber, schließlich war ich die kleine, dumme Prinzessin und fragte leicht grinsend zurück:
 

„Mylord, was stellt Ihr mir denn da für Fragen? Sollte es einen Grund geben Euch zu fürchten?“

Ich musste mir schwer das Lachen verkneifen, da unser Spiel mich so unheimlich amüsierte. Kamijos Grinsen wurde etwas breiter, während er einen gefährlichen Blick bekam.

„Wisst Ihr es denn nicht, Prinzessin? Ich bin ein Kind der Nacht und nähre mich vom Trunk des Lebens.“, hauchte er mir zu, während er seine Lippen an mein Ohr näherte. Wieder musste ich mir das Lachen verkneifen. Es klang für mich ulkig, wenn Kamijo so geschwollen und mysteriös daherredete. Doch ich ging weiter darauf ein und sagte kichernd:

„Das glaube ich Euch nicht. Ihr könntet doch keiner Fliege etwas zuleide tun!“

„Soll ich es Euch beweisen?“, fragte er flüsternd und aus dem Spiel wurde ganz plötzlich Ernst.
 

Er schlang seine Arme um meinen Körper, zog mich fest an sich und biss mir in den Hals. Meine Augen weiteten sich schlagartig und mein Atem schien für einige Sekunden auszusetzen. Was tat er denn da nur?!

Er biss so fest zu, dass es schon weh tat, aber irgendwie… Es war ein angenehmer Schmerz, der mir eine Gänsehaut und Schwindelgefühl bescherte. Ich schluckte schwer und schloss meine Augen nach einer Weile fest, während ich meine Finger unkontrolliert in Kamijos Hemd krallte. Mein Körper zitterte ein wenig vor Aufregung und ich wusste gar nicht, was ich machen sollte.
 

„Ka-…mijo!“, hörte ich mich irgendwann leise und irgendwie voller Leidenschaft murmeln, was ihn allerdings von nichts abhielt. Im Gegenteil: Mein Körper zuckte leicht zusammen, als ich spürte, wie seine Zunge über meinen Hals leckte und seine Lippen an meiner Haut sogen.

Ein Kribbeln machte sich in mir breit und ich fürchtete, mich nicht mehr lang auf den Beinen halten zu können, da meine Knie so schlotterten. Gott, war das aufregend gewesen.
 

Doch wie jeder schöne Moment, musste auch dieser irgendwann enden und Kamijo löste sich ganz langsam von mir. Ich traute mich kaum meine Augen zu öffnen, tat es aber schließlich doch ganz vorsichtig und sah Kamijo mit verklärtem Blick an.

Er grinste etwas und flüsterte:

„Seht Ihr? Ich bin gefährlich.“

Seine Worte gingen mir durch Mark und Knochen.
 

Oh ja, Yuuji Kamijo war gefährlich gewesen. Sehr gefährlich sogar und ich wusste, dass ich mich schon vor dieser Aktion in Gefahr befunden hatte.

„Komm mit, Prinzessin, ich habe noch eine Überraschung für dich.“, sagte er dann, nahm mich an die Hand und führte mich in sein Schlafzimmer.
 

Ich war ihm sehr dankbar dafür gewesen, dass wir über diese körperliche Annäherung kein Wort mehr verloren. Ich schwebte noch etwas auf Wolken und folgte ihm einfach in Gedanken gefangen.

Ich schluckte schwer, als wir sein Schlafzimmer betraten.

Er sprach von einer Überraschung.

Einer Überraschung, die sich im Schlafzimmer befinden sollte?!
 

Das Herz schlug mir bis zum Hals, schließlich hielten sich meine Gedanken nun an dem Bild vom gefährlichen Vampir Kamijo fest. Was hatte er also vor?

Ich blieb einfach etwas unbeholfen an der Tür stehen und beobachtete Kamijo dabei, wie er zu einem alten Holztisch lief und eine große Schachtel in die Hände nahm, die dort lag. Er gab sie mir aber nicht, sondern legte sie auf dem Himmelbett ab.

Ja, er hatte ein Himmelbett.
 

„Komm her.“, sagte er und lächelte sanft. Ich nickte nur und lief vorsichtig zu ihm hin. Er stellte sich hinter mich und öffnete den Reißverschluss meines Kleides.

Ich sog scharf Luft ein vor Schreck und bekam riesige Augen. Mein Herz raste. Hatte er wirklich das vor, was ich glaubte?

Mir ging das alles viel zu schnell und ich konnte mich auch nicht wehren, schließlich war ich zur Eissäule erstarrt. Ich war mir allerdings auch nicht sicher, ob ich mich wirklich wehren wollte.
 

Ich spürte, wie er mir langsam den Stoff des Kleides über die Schultern streifte und mich somit halb auszog. Mein Herz schlug schneller und schneller.

„Zieh dein Kleid bitte aus.“, flüsterte Kamijo mir ins Ohr und ich bekam wieder eine Gänsehaut. Ich tat einfach, was er verlangte und umklammerte etwas unbeholfen und fast schon ängstlich meinen Oberkörper. Ich war schrecklich verunsichert und aufgeregt. Ich hörte, wie er zum Bett lief und die Schachtel anscheinend auspackte. Ich blieb auf der Stelle stehen und wartete ab, was weiter passierte. Würde er mich gleich zum Bett zerren und über mich herfallen?

Oder wollte er es vielleicht sogar… im Stehen tun?

All solche Fragen schossen mir unaufhaltsam durch den Kopf.
 

Doch dann traf es mich wie ein Schlag ins Gesicht. Kamijo stellte sich vor mich und hielt mir ein bildhübsches und aufwendig besticktes Kleid vor die Nase. Es war wunderschön und es sah unheimlich teuer aus.

„Bitte probier es an, ich habe es anfertigen lassen und hoffe, dass es passt!“, sagte er lächelnd und ich starrte ihn einfach nur geschockt an. Ich war aber weniger wegen ihm schockiert, sondern mehr wegen meiner fürchterlichen Gedanken, die ich hatte. Ich schämte mich, versuchte aber mir nichts anmerken zu lassen.
 

Ich kam mir unheimlich blöd vor. Wie konnte ich nur glauben, dass Yuuji Kamijo mich verführen wollte?!

Ich nickte und griff zögernd nach dem Kleid, um es anzuziehen. Kamijo schob mich zu seinem großen Spiegel neben dem Kleiderschrank und blieb hinter mir stehen, um den Reißverschluss zu schließen.
 

„Wunderschön. Es steht dir ausgezeichnet!“, sagte er lächelnd und nun musste auch ich wieder lächeln, während ich mich musterte. Ich drehte mich etwas vor dem Spiegel hin und her, um mich von allen Seiten zu betrachten. Es war wirklich ein umwerfendes Kleid. Es hatte etwas orientalisches, mit diesen ganzen Stickereien und den bunten Farben. Ich drehte mich zu Kamijo und fragte unsicher: „Es… Es ist wirklich für mich?“
 

Mein Prinz nickte lächelnd und legte eine Hand an meine Wange.

„Niemand anderes würde so hübsch darin aussehen wie du. Es hat allerdings einen Haken.“, sagte er und ich schluckte trocken.

„Einen Haken?“, fragte ich und sah Kamijo abwartend an.

„Ja. Ich möchte, dass du es beim letzten Auftritt deiner Tour trägst.“, erklärte er und ich legte den Kopf etwas schief, während ich fragend zu Kamijo aufschaute.

„Wieso genau dann?“, wollte ich wissen, da ich daraus nicht schlau wurde.

„Es soll dir Glück bringen. Außerdem… werde ich dir an diesem Abend zusehen.“, antwortete er und sein Lächeln wurde etwas breiter. Mein Herz machte einen großen Sprung und ich bekam ein strahlendes Lächeln.
 

Kamijo wollte sich also tatsächlich einen Auftritt meiner Band ansehen! Das riss mich völlig vom Hocker.

„Danke! Vielen Dank, Kamijo!“, rief ich voller Freude und konnte nicht anders, als ihn fest zu umarmen. Er lachte leise und streichelte mir mit einer Hand sanft über den Rücken.

„Schon gut. Gern geschehen.“, säuselte er lächelnd und ich hätte wieder ewig in seinen Armen liegen bleiben können.

Leider löste er sich erneut irgendwann von mir und sagte:
 

„So. Lass mich dir dein Zimmer für die Nacht zeigen, du willst doch sicher nicht so spät noch Taxi fahren, oder?“

Ich bekam wieder riesige Augen und mein Lächeln verschwand schlagartig.

„Zimmer für… für die Nacht?!“, wiederholte ich ungläubig. Ich sollte bei Yuuji Kamijo in seinem riesigen Haus übernachten? Ich hätte mir gern in den Arm gekniffen oder meinen Kopf gegen die Wand gehauen, um zu überprüfen, dass ich auch nicht träumte. Der Mann kannte mich doch kaum!

Nun ja, ich ihn auch nicht und trotzdem glaubte ich, mich in ihn verliebt zu haben. Wer konnte sich auch nicht in diesen charmanten Mann verlieben?
 

Bevor ich mich irgendwie weiter dazu äußern konnte, griff Kamijo wieder nach meiner Hand und nach meinem anderen Kleid und führte mich in das Schlafzimmer, welches sich neben seinem eigenen befand. Es war fast genauso eingerichtet wie Kamijos Schlafzimmer mit einem riesigen Himmelbett, einem für einen Gast eigentlich übertrieben großen Kleiderschrank und einem alten Holztisch.

Lediglich der Raum war etwas kleiner und die Möbel standen an etwas anderen Stellen.
 

Er legte mein Kleid auf dem Bett ab und kehrte wieder zu mir zurück.

„Hier wirst du heute Abend schlafen. Ich hoffe, es ist in Ordnung.“, sagte Kamijo und schien fest davon überzeugt, dass ich bei ihm nächtigen wollte.

„Ähm… Ja. Sicher.“, stammelte ich und lächelte schief. Was sollte ich auch an diesem Luxuszimmer auszusetzen haben?

„Schön. Dann lass uns in den Garten gehen, ja?“, schlug er also vor und führte mich aus dem Haus.
 

Kamijos Garten war, wie sollte es auch anders sein, voller Rosen gewesen. Rote Rosen, sein Markenzeichen.

Es war wunderschön und in der Mitte befand sich ein kleiner Springbrunnen, dessen sanftes Plätschern durch den Garten hallte.

Es war schon dunkel, doch anstelle von künstlichem Licht erhellten kleine Öllampen und Kerzen den Garten. So etwas Romantisches hatte ich noch nie zuvor live gesehen.
 

Kamijo hatte dafür anscheinend wirklich einen Sinn. Mir kam es auch vor, als wenn er großen Wert darauf legte gemütlich zu wohnen.

Er setzte mich auf einer gepolsterten Gartenschaukel, wo locker drei Personen drauf sitzen konnten, ab und verschwand wieder kurz im Haus.

Ich lächelte vor mich hin und hörte den Zikaden und dem Plätschern des Brunnens zu. Es musste ein Traum gewesen sein.
 

Kamijo kam mit einer Wolldecke in der einen Hand und zwei Tassen Tee in der anderen zurück und setzte sich neben mich. Er rutschte dichter zu mir herüber und drückte mir die Tassen in die Hand, um uns beide die Decke um den Rücken legen zu können.
 

„Ist doch ganz schön kalt hier draußen. Wenn es zu kalt wird, sag bitte Bescheid, dann können wir uns auch drinnen vor den Kamin setzen.“, sagte er und nahm mir eine der Tassen aus der Hand. Ich schüttelte lächelnd den Kopf und entgegnete: „Nein, ist schon gut. Es ist schön hier, wir können ruhig hier sitzen bleiben. Was ist das für ein Tee? Er riecht echt gut.“

„Catuaba-Tee.“, antwortete Kamijo und schlürfte etwas von dem heißen Getränk. Ich sah ihn irritiert an.

„Catu-was-Tee?“, fragte ich, da ich von diesem Tee noch nie gehört hatte.

„Catuaba-Tee. Kommt aus dem Amazonas. Soll angeblich eine aphrodisierende Wirkung haben.“, sagte Kamijo trocken in seine Tasse und trank erneut einen Schluck. Nach diesen Worten starrte ich mit riesigen Augen in meinen Becher und schluckte schwer.
 

„A-… Aha!“, stammelte ich und traute mich kaum davon zu trinken. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Kamijo vor sich hin grinste, es aber versuchte hinter seiner Teetasse zu verbergen.

Wollte er mich verarschen? So kam es mir zumindest vor.

„Catuaba-Tee also.“, murmelte ich und schlürfte ganz vorsichtig ein bisschen. Warum verabreichte Kamijo mir Aphrodisiaka? Und das auch noch völlig offen.

„Wusstest du, dass Schokolade auch aphrodisierend wirkt? Und bestimmte Früchte. Faszinierend, wie die Wirkstoffe unseren Körper beeinflussen können.“, sagte Kamijo und ich sah ihn nur völlig verstört an. Wieso erzählte er mir so etwas?
 

„Ich… mag keine Schokolade. Ist mir zu süß.“, fiel mir dazu nur ein und Kamijo lachte plötzlich kurz auf. Er drehte seinen Kopf zu mir hin und grinste mich an.

„Macht Sinn, du bist ja so schon süß genug.“, lachte er, woraufhin ich schüchtern in meine Tasse lächelte. Ich hörte gerne, dass ich süß war. Vor allem von Kamijo.

„Danke.“, säuselte ich leise und schlürfte wieder vorsichtig ein wenig von dem ‚Zaubertee’.
 

Wir schwiegen eine ganze Weile und sahen einfach in den Sternenhimmel. Ich hatte mich lang nicht mehr so wohl gefühlt. Ich war plötzlich unheimlich entspannt und die Ruhe selbst.

Irgendwann legte Kamijo unvorhergesehen seinen Arm um mich und zog mich sanft an sich. Mir schoss die Röte ins Gesicht und ich sah kurz verwundert aus den Augenwinkeln zu Kamijo auf. Ein wunderschönes Lächeln zierte seine Lippen und er sah weiter in den Sternenhimmel.
 

Bei diesem Anblick musste auch ich lächeln und schmiegte mich vorsichtig an ihn.

Dieser Moment funktionierte wieder völlig ohne Worte. Genau wie der kurze Augenblick im Proberaum.

Ich glaubte wieder zu wissen, dass Kamijo genau so zufrieden und glücklich gewesen war, wie ich selbst. Ich wünschte es mir. Von ganzem Herzen wünschte ich es mir und doch wusste ich es nicht.
 

Kamijo lehnte seinen Kopf an meinen und atmete tief ein und aus. Dann ertönte plötzlich seine wundervolle Stimme. Erst summte sie nur zaghaft eine Melodie, die mir nicht fremd war, bis sie sich schließlich zum Gesang erhob.

Er sang das Lied „Destinee“ seiner alten Band Lareine. Der Inhalt des Liedes war traurig, weshalb ich mir keinen Reim daraus machen konnte, weshalb er es sang, doch er summte es nur, bis zu einer entscheidenden Stelle:
 

Anata no koe ga kikitakute…

Ich will deine Stimme hören…
 

Anata no yubi ni furetakute.. .”

Ich will deine Finger berühren…
 

Anata no koe ga kikitakatta...

Ich wollte deine Stimme hören…
 

Anata ni aitai.“

Ich will bei dir sein.
 

Anata ni aitai. Dieser Satz brannte sich in meinen Kopf und hallte dort immer und immer wieder. Ich schmiegte mich enger an Kamijo und spürte wie mein Herz schneller schlug. Schneller und schneller.

Es bestand kein Zweifel mehr.

Ich liebte diesen Mann, wie ich nie zuvor jemanden oder irgendetwas geliebt hatte.

Wie sollte ich meinen Plan nun noch weiter ausführen? Wie sollte ich diesen Mann meinem besten Freund überlassen?

Ich konnte es nicht mehr.

Ich wollte es nicht mehr. Er sollte mir gehören und ihm sollte mein Herz gehören. Er musste es nur noch annehmen.
 

Kamijo sang noch eine ganze Weile Lieder vor sich hin und streichelte mir währenddessen über den Arm, bis ich zu meinem Leidwesen einfach einschlief.

Der Tag war schrecklich aufregend gewesen und ich war so entspannt und voller Wohlbefinden, dass ich mich gegen den Schlaf nicht wehren konnte.

Yuuji Kamijo.

Er war der Prinz, nach dem ich gesucht hatte. Nach dem mein Herz gesucht hatte.
 

Was sollte ich nur tun?

Part 10

Ich wusste nicht wie spät es war, als ich aufwachte, aber ich merkte, dass ich ziemlich bequem lag. Ich streckte mich mit geschlossenen Augen, rieb mir mit den Händen über das Gesicht und öffnete dann meine Augen. Nach einer Reaktionszeit von circa drei Sekunden saß ich kerzengerade im Bett und sog scharf Luft ein.

Ich tastete mir über den nackten Oberkörper und wurde quietschrot im Gesicht.

Ich war bis auf die Unterwäsche entblößt.
 

Mein Herz raste, denn ich bemerkte dann auch noch, dass ich mich nicht im Gästezimmer, sondern in Kamijos Schlafzimmer befand. Der Blick zur Seite sollte mir zeigen, dass tatsächlich jemand neben mir gelegen hatte, da die Decke und das Kopfkissen unordentlich waren. Natürlich nicht irgendjemand, sondern Kamijo.

Ich bekam einen riesigen Kloß im Hals und schmiss mich wieder nach hinten, während ich die Decke über den Kopf zog, um mich zu ‚verstecken’.
 

„Oh nein. Er ist bestimmt nur im Bad und kommt gleich wieder! Oh Gott. Nun haben wir auch noch in einem Bett geschlafen und er… er hat mich ausgezogen! Oh Gott, was mach ich denn jetzt?“, dachte ich mir panisch, während mir das Herz bis zum Halse schlug.
 

Doch ich wartete und wartete und wartete.

Kamijo kam nicht zurück.

Irgendwann traute ich mich doch aufzustehen und zog mir hektisch mein Kleid an. Der Blick in den Spiegel ließ mich seufzen. Ich sah schlimm aus mit meinem hübschen Prinzessinnenkleid, den zerzausten Haaren und der verwischten Schminke.

Aber das war egal gewesen, ich wollte wissen, wo Kamijo war.

Vorsichtig schlich ich mich aus dem Zimmer und musste dann aufpassen, dass ich mich nicht verlief. Ich schlenderte unsicher ins Wohnzimmer, da ich mich erinnern konnte, dass die Küche dort in der Nähe war und vielleicht machte er ja Frühstück?
 

„Ähm… Kamijo?“, rief ich also unsicher und erschrak, als plötzlich ein fremder Mann im Anzug vor mir stand. Er lächelte sehr freundlich und sagte:

„Guten Morgen, Hizaki-san! Haben Sie gut geschlafen? Kamijo-san ist leider bereits außer Haus, aber ich soll Ihnen ausrichten, dass Sie sich so lange Sie wollen hier aufhalten dürfen und ich Sie dann nach Hause fahre, wenn es Ihnen beliebt.“

Ich blinzelte mehrmals verwundert und starrte den jungen Mann aus allen Wolken gefallen an. War das so etwas wie ein Butler oder so gewesen?

„Kamijo ist… schon weg? Oh. Ich… Na ja, ich mache mich nur etwas frisch und dann… würde ich ganz gern nach Hause.“, murmelte ich mit sichtlicher Enttäuschung darüber, dass Kamijo einfach gegangen war.
 

Gut, er war viel beschäftigt, das wusste ich ja, aber er hätte sich doch trotzdem verabschieden können, oder nicht?

Das zerstörte dieses gänzlich schöne Gefühl, welches ich vom Abend zuvor mitnahm. Es kam mir doch wieder wie ein Traum vor.

Der Mann verbeugte sich vor mir und sagte: „Wie Sie wünschen, ich warte draußen auf Sie.“

„Danke.“, seufzte ich und suchte das Bad.
 

Es gab wohl mehrere im Haus, aber ich landete in Kamijos Bad, welches wahrscheinlich eigentlich nicht für Gäste bestimmt gewesen war.

Überall standen Kosmetika herum und dicht neben dem Waschbecken eine kleine Parfumflasche. Ich sah mich misstrauisch um.

„Eigentlich gehört sich das ja nicht, aber…“, murmelte ich vor mich hin, während ich zögernd nach dem Fläschchen griff. Ich schloss die Augen und schnupperte an dem Parfum, während ich sanft lächelte.
 

Ja, genau so roch Kamijo.

Es war ein angenehmer Geruch. Ein wenig süßlich vielleicht. Ich konnte nicht anders, als mir ein wenig von dem Parfum an den Hals zu sprühen. Ein bisschen kam ich mir ja schon wie ein Stalker vor…

Ich griff nach Kamijos Bürste und kämmte mir die Haare.
 

Ich betrachtete mich im Spiegel, gefror plötzlich zu Eis und schrie dann laut auf.

„NEIN!!“, rief ich und presste meine Nase fast gegen den Spiegel.

Ich konnte es nicht glauben.

Ich drehte meinen Kopf etwas zur Seite und legte meine Hand leicht an den Hals, wo sich ein riesiger Knutschfleck befand. Verzweifelt musterte ich Kamijos ‚Andenken’ und bekam wieder Herzrasen.

„Verfluchte Fledermaus!“, fluchte ich leise über ihn und seufzte schwer. Nicht nur, dass es weh tat, es sah auch noch blöd aus und… was, wenn einer meiner Freunde diesen Knutschfleck sehen würde?
 

Das konnte ich nicht erklären. Eilig schminkte ich mich ab, änderte nichts weiter an meinem kläglichen Äußeren und ging raus zu meinem ‚Chauffeur’.

Ich hoffte, dass er meinen Knutschfleck nicht sah, aber den konnte man wohl kaum übersehen. Ich versuchte meine Haare etwas darüber zu legen und stieg beschämt in das teure Auto ein.
 

Ich wusste selbst nicht so genau, warum mir das eigentlich so peinlich gewesen war. Vielleicht, weil ich nie zuvor so etwas an meinem Körper hatte und Angst bekam, dass sich jemand darüber lustig machen würde.

Ich seufzte immer wieder traurig während der Autofahrt. Der Abend mit Kamijo war wunderschön gewesen, zweifellos, doch hatte ich mir gewünscht, dass unser Beisammensein schöner ausklingen würde.
 

Zuhause angekommen zog ich mich erst mal um und warf mich wieder auf die Couch. Es war viel zu viel auf einmal geschehen. Ich ließ den Abend in meinem Kopf erneut Revue passieren.

Ich fühlte Kamijos angenehmer Wärme nach, ließ seine Stimme in meinem Kopf widerhallen und seufzte schwer.
 

Es wirkte so irreal, obwohl es doch wirklich geschehen war. Er hatte mich wie eine richtige Prinzessin behandelt. Er war so lieb zu mir gewesen!

Ich kam nicht drum herum zu überlegen, ob er Kaya genau so behandelt hätte. War er vielleicht immer so gastfreundlich gewesen? Nein, das konnte ich mir nicht vorstellen. Schließlich hatte ich in seinen Armen gelegen und in seinem Bett geschlafen! Das tat er wohl kaum mit all seinen Gästen. …Oder doch? Ich war schrecklich verunsichert.

Nach und nach bekam ich das Bedürfnis mit irgendwem darüber reden zu müssen. Wieder kam nur einer dafür in Frage: Tomozo.
 

Und wieder trafen wir uns in jenem Café, wie bereits ein paar Wochen zuvor. Ich schüttete mein Herz aus, erzählte alles detailliert und voller Verzweiflung. Und wie reagierte er?

Er bot mir wieder eine Zigarette an.

„Er is’ danach einfach abgehauen?“, fragte Tomozo und sah mich ernst und eindringlich an. Ich nickte und pustete Rauch aus.

„Arschloch.“, brummte Tomozo und schüttelte verständnislos den Kopf. Ich zog eine Augenbraue hoch.

„Irgendwie habe ich gerade ein Déjà-vu.“, murmelte ich, woraufhin Tomozo leicht grinste.
 

„Deine Lover scheinen sich eben ähnlich zu sein.“, sagte er und trank einen Schluck seines Kaffees. Ich bekam große Augen und wurde rot.

„Sie sind nicht meine… meine Lover!“, entgegnete ich schnell und schluckte schwer.

„Wie ist es mit seinem Chef zu schlafen?“, fragte Tomozo mich trocken und stützte seinen Kopf mit einer Hand ab. Meine Augen wurden noch größer.

„Nun ist aber mal gut! Wir… wir hatten keinen Sex!!“, rief ich unbemerkt laut und sah aus den Augenwinkeln, wie sich ein paar Leute zu uns umdrehten. Ich sank etwas im Sitz zusammen und sah beschämt auf meinen Schoß. „Und erinnere mich nicht auch noch daran, dass er mein Chef ist. Das habe ich bis jetzt gekonnt in den Hintergrund gedrängt.“, murmelte ich und seufzte wieder.
 

Ja, Yuuji Kamijo war mein ‚Chef’.

Er war nämlich nicht einfach nur Musiker, nein, er war auch der Kopf des Indie Labels Sherow Artist Society, bei dem meine Band unter Vertrag war.

Deswegen war er auch immer so viel beschäftigt gewesen. Und obwohl er mein Chef war, hatten wir vorher nie so engen Kontakt, wie es seit dem Treffen im Proberaum der Fall war.
 

„Mach mal dein blödes Halstuch ab, ich will deinen Knutschfleck fotografieren. Das muss man doch festhalten.“, grinste Tomozo fies und richtete seine Handykamera auf mich. Ich legte eine Hand reflexartig an meinen Hals und zischelte mit riesigen Augen und roten Wangen:

„Lass das! Du bist gemein. Ich find das alles gar nicht witzig!“ Tomozo lachte kurz auf.

„Du hast dich Hals über Kopf in ihn verguckt, oder?“, fragte er mich und lächelte dabei sanft. Ich sah ihn mit großen Augen an und mein Herz rutschte in den Keller.
 

„Ich, also, na ja, wie soll ich sagen, er ist… ich…“, stammelte ich und ließ dann seufzend den Kopf hängen. „Ich glaube schon.“, murmelte ich dann ganz kleinlaut und hörte Tomozo leise lachen.

„Du brauchst dich nich’ so dafür zu schämen.“, sagte er und wuschelte mir durch die Haare. Dann verschwand sein Lächeln aber plötzlich.

„Darf ich die Geschichte mal etwas weiter spinnen? Nachdem ich jetzt schon die Geschichte mit Juka kenne und auch Kaya live erleben ‚durfte’… Du hast Angst davor Stress mit Kaya zu kriegen, falls es mit dir und Kamijo klappen sollte, nicht wahr? Übrigens: Nachdem du weg warst letzt in der Bar, fragte ich ihn, ob er denn nicht an Juka mehr interessiert sei als an Kamijo. Was glaubst du, hat er geantwortet?“, fragte er mich und ich sah Tomozo hoffnungsvoll an.
 

„Er hat sich besinnt und gemerkt, dass er Juka lieber mag?“, fragte ich aufgeregt zurück und lächelte Tomozo an. Das wäre ja großartig gewesen.

„Mh-Mh.“, verneinte Tomozo leider und schüttelte langsam den Kopf. „Er will nichts anbrennen lassen. Er hält sich Juka und Kamijo warm. Das dürfte es für dich nun schwierig machen.“, seufzte er und ich ließ wieder geknickt meinen Kopf hängen.
 

„Das, das darf doch nicht wahr sein! Wie kann man denn zwei Menschen gleichzeitig lieben?! Das geht doch nicht. So viel er auch darüber reden mag, ich glaube so langsam, dass Kaya eigentlich gar keine Ahnung von Liebe hat! Ich bin jetzt zwar auch nicht der Superexperte, aber trotzdem. Verdammt.“, ärgerte ich mich und versank wieder in Verzweiflung. Ich hörte, wie Tomozo schwer seufzte und sah, wie er wieder den Kopf schüttelte.
 

„Ach Hizaki, das ist doch alles verrückt. Es kann doch nicht angehen, dass du zwischen Freundschaft und Liebe wählen musst! Kaya sollte sich schämen, dass er dich so unter Druck setzt. Sorry, aber in meinen Augen ist das kein wahrer Freund, wenn er dir echt die Freundschaft kündigt, nur weil du mit seinem Schwarm glücklich bist. Aber von all dem mal abgesehen… Pass bitte auf, dass du dir an Kamijo nicht die Finger verbrennst.“, sagte er und sah mich eindringlich an. Ich schaute etwas fragend und auch verunsichert.
 

„Wieso sollte ich?“, wollte ich wissen und schluckte schwer.

„Hizaki, er ist ein Geschäftsmann und das durch und durch. Dieses Charmante und so weiter, das ist doch nur Mittel zum Zweck. Liebschaften sind Spielereien von ihm, er hätte doch niemals die Zeit, geschweige denn den Kopf für eine ernsthafte Beziehung. Ich will ihn dir nich’ all zu schlecht reden, aber behalt das im Hinterkopf.“, sagte Tomozo und es traf mich wie ein Schlag ins Gesicht.
 

Spielereien?
 

Spielte er wirklich nur mit mir?

Von da an hatte meine Verunsicherung ihren Höhepunkt erreicht. Ich wusste doch so schon nicht, was ich tun sollte. Aber vielleicht kannte Tomozo einfach den wahren Kamijo nicht! Das passte nicht zu ihm mit Menschen zu spielen. Ich redete mir also ein, dass ich es besser wüsste als Tomozo und lächelte ihn an.

„Keine Sorge, ich werde mir nicht die Finger verbrennen. Außerdem… will ich nach wie vor alles mit Vorsicht genießen, mir ist Kaya nun mal wichtig. Er ist halt so. Er ist eine Diva und hat bisher immer bekommen, was er wollte.“, sagte ich und seufzte leise.
 

„Das is’ trotzdem bescheuert. Dann wird er glücklich mit Kamijo und du sitzt todunglücklich zuhaus’, oder was?! Ich finde das absolut bescheuert.“, ärgerte sich Tomozo mit wutverzerrtem Gesicht und zündete sich eine neue Zigarette an. Ich senkte meinen Kopf etwas und lächelte weiter traurig vor mich hin.

„Tja. Einer von uns beiden wird halt so oder so unglücklich sein, egal wer nun mit Kamijo glücklich wird oder nicht. Und da Kaya so etwas nicht so gut wegstecken kann, will lieber ich der Unglückliche sein. Ich meine, was soll das denn? Ich kam auch vorher ganz gut ohne Kamijo klar. Liebe hin oder her, wenn es denn überhaupt Liebe ist, ich hab’ doch keine Ahnung davon.“, versuchte ich zu erklären und spürte ein leichtes Stechen in meiner Brust. Mein Inneres war zerrissen.
 

„Ach, verdammt, deine aufopfernde Art macht mich krank! Aber du weißt selber, was das Beste für dich ist. Hoffe ich zumindest.“, seufzte Tomozo und wuschelte mir wieder durch die Haare.
 

Nach dieser Diskussion, die zu dem Ergebnis kam, dass ich meine Gedanken mich an Kamijo zu heften vom Abend zuvor in den Müll warf und das Feld für Kaya räumte, redeten wir wieder über schönere Dinge des Lebens. Über neue CDs, die auf den Markt kamen, über unsere musikalischen Pläne und über Gitarren.
 

Auf dem Nachhauseweg redete ich mir die ganze Zeit ein, dass es die richtige und endgültig letzte Entscheidung gewesen war.

Kamijo und Kaya gehörten zusammen.

Fertig.

Irgendwie vergaß ich allerdings bei meinen ganzen Überlegungen und Plänen daran zu denken, was Kamijo eigentlich wollte. Wie sollte er denn mit Kaya glücklich werden, wenn er vielleicht bereits mich wollte?
 

Diese Vorstellung bereitete mir Schmetterlinge im Bauch und Herzrasen. Wir waren uns am Tag zuvor so oft näher gekommen und er schien alles andere als abgeneigt.

„Oh nein!“, murmelte ich mit großen Augen und blieb kurz geschockt stehen. Wäre es dann nicht wirklich bescheuert gewesen, wie Tomozo es so schön gesagt hatte, wenn ich Kamijo abweisen würde? Ich atmete tief ein und aus.
 

Daran war noch gar nicht zu denken, denn Gewissheit über Kamijos Gedanken zu dem ganzen Thema hatte ich absolut nicht. Ich wusste schließlich auch nur ein kleines bisschen von Kayas Erzählung, wie sie zueinander standen. All dies galt herauszufinden, vorher konnte ich wohl kaum eine von Herzen ehrliche Entscheidung treffen.

Part 11

Einige Wochen später wurde es stressig. Wir begannen unsere Tour, somit war es also eigentlich angenehmer Stress, denn unsere ersten Konzerte schlugen ein wie eine Bombe. Ich hatte das Gefühl, dass wir von Konzert zu Konzert fortlaufend besser wurden und die Begeisterung der Fans bei meinem Gitarrensolo rührte mich immer wieder fast zu Tränen. Alles lief gut, doch kurz vor unserem letzten Auftritt bekam ich es mit der Angst zu tun.

Ich wusste, dass Kamijo da sein würde.
 

Seit ich bei ihm gewesen war, herrschte völlige Funkstille zwischen uns, was mich wieder schrecklich verunsicherte und mich eigentlich nur wieder zu dem Gedanken trieb ihn abzuschreiben. Tomozo hatte wohl Recht gehabt, dachte ich mir und Kamijo schien nur mit mir ein bisschen gespielt zu haben.

Während ich mir von Kaya die Haare machen ließ, dachte ich sogar, dass er bestimmt gar nicht kommen würde.
 

Aus diesem Grund zog ich auch nicht das Kleid an, welches er mir geschenkt hatte.

Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich es bereuen würde, aber ich glaubte, dass Kamijo ja wohl auch Backstage herumlungern würde, wenn er schon zu unserem Konzert käme. Doch er war nirgends zu sehen.
 

„Was ist los, mein Herz? Du ziehst ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Bist du traurig, weil eure Tour bald zu Ende ist? Freu dich lieber über euren grandiosen Erfolg!“, sagte Kaya und lächelte, ich sah es im Spiegel. Ich versuchte mich ebenfalls an einem Lächeln und murmelte: „Ja, ein bisschen traurig bin ich schon.“

Ich log ihn bewusst an, schließlich konnte ich ihm nicht sagen, dass ich wegen Kamijo traurig gewesen war. Juka setzte sich neben mich und lächelte mich fröhlich an.
 

„Heute geht’s ums Ganze! Die Cure, die Shoxx, alle sind da, um Berichte zu schreiben und Fotos zu machen! Das wird super! Endlich bekommen wir die Aufmerksamkeit, die wir verdient haben. Ich finde, wir sollten ein Lied mehr als Encore spielen, oder?“, sagte er aufgeregt, woraufhin Kaya mit den Augen rollte.

„Ach Juka, das hättet ihr wohl eher als 20 Minuten vor eurem Auftritt besprechen sollen! Das geht doch nun nicht mehr und die Leute von der Technik bringen euch um, wenn ihr so spontane Dinger reißt.“, entgegnete er und werkelte weiter an meinen Haaren herum.
 

„Halt dich da raus, Kaya, du bist doch nur neidisch.“, brummte Juka. Sowohl Kaya als auch ich bekamen große Augen.

Ich schluckte schwer. Die zwei sollten bloß nicht auch noch anfangen zu streiten!

„Er hat Recht, Juka. Das ist leider zu kurzfristig, aber wir werden auch so ausreichend die Halle zum Beben bringen, keine Sorge.“, sagte ich lächelnd und Juka senkte seufzend den Kopf.

„Schade.“, murmelte er und stand auf, um mit Bikei unruhig durch den Backstagebereich zu laufen.
 

„Was hat den denn bitte gestochen?! Seit wann zickt er mich so an? Darf doch nicht wahr sein.“, ärgerte sich Kaya und sprühte etwas Haarspray in mein Haar.

„Ach, er ist sicher nur angespannt wegen dem Auftritt. Nimm’s nicht persönlich.“, versuchte ich Kaya zu beruhigen und stand auf, als ich endlich fertig war. Kaya stemmte die Hände in die Hüften und musterte mich skeptisch von oben bis unten.

„Hmmm.“, machte er nachdenklich und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Lippen.

„Stimmt etwas nicht?“; fragte ich irritiert, weil ich eigentlich fand, dass ich ganz gut aussah.

„Irgendwas fehlt, aber ich hab keine Ahnung was.“, grübelte Kaya und musterte mich weiter mit strengem Blick. Teru umarmte mich plötzlich stürmisch von hinten und legte seinen Kopf auf meiner Schulter ab.
 

„Seine Gitarre fehlt!“, grinste er und lachte kurz auf. Ich musste ebenfalls schmunzeln und nickte.

„Das wird es sein. Hör auf dir den Kopf zu zerbrechen, Kaya, ich gefalle mir so, wie ich aussehe.“, lächelte ich meinen Freund an, der daraufhin tief ein und aus atmete.

„Na schön, na schön, dann geh halt so auf die Bühne. Viel Glück und vor allem viel Spaß.“, wünschte er mir und gab mir einen Kuss auf die Wange, bevor Teru mich zu den anderen zog.
 

Keine zehn Minuten später ging es auch schon los. Ich brauchte immer meine Zeit, um auf der Bühne warm zu werden, aber der Anblick des vollen Saals bereitete mir aufgeregtes Herzrasen. Sie riefen unsere Namen, sie feierten uns und sie tanzten zu unserer Musik. Das war so schön!
 

Ich sparte mir mein Gitarrensolo bei diesem Konzert für die Zugabe auf und es juckte mir schrecklich in den Fingern. Gleichzeitig erinnerte mich mein Solo aber natürlich an Kamijo, doch ich verdrängte meine Enttäuschung über diese komische Wendung nach unserem gemeinsamen Abend.
 

Juka kündigte den letzten Song vor der Zugabe an und wir gaben noch ein Mal unser Bestes. Wir waren alle schon recht verschwitzt und etwas aus der Puste, schließlich waren wir dick eingepackt in aufwendigen Outfits und die Scheinwerfer brachten mich irgendwann noch mal um.
 

Dann war es soweit: Uns wurde eine ganz kurze Pause gegönnt, das Make Up aufgefrischt und uns Zeit gegeben mal etwas auszukühlen. Ich wollte gerade hinter den anderen entlang laufend den Umkleideraum betreten, als plötzlich jemand nach meinem Handgelenk griff und mich hart nach hinten zurückzog.

Ich fiepte kurz auf vor Schreck und drehte mich zu der Person um, während ich sie mit großen Augen anschaute.
 

Mein Schreck wurde noch größer, als ich in die sehr böse schauenden Augen von Kamijo sah.

„Oh nein. Er ist doch da!“, dachte ich mir und starrte ihn nur wie versteinert an. Er hielt mein Handgelenk weiter mehr als fest und ich schluckte schwer.

„Du hattest es versprochen.“, sagte er nur und seine Enttäuschung war deutlich aus der Stimme zu hören, jedoch machte mir die hörbare Wut noch viel mehr Angst. Es ging um das Kleid, das war mir klar gewesen.

„Ich… Kamijo, du…Es…“, konnte ich nur stammeln und sah ihn verzweifelt an.

„Hizaki, wo bleibst du denn?“, hörte ich plötzlich Juka aus der Umkleide nach mir rufen.
 

„Du wusstest, dass ich zusehen würde. Ich habe es dir extra für diesen Anlass geschenkt! Hast du es vergessen?!“, fragte Kamijo mich und sah mich weiter eindringlich an. Sein Blick durchbohrte mich gnadenlos. Scheinbar unkontrolliert packte er mein Handgelenk noch fester, woraufhin ich die Augen kurz zukniff und murmelte:

„Auu, Kamijo, du tust mir weh!“ Dann sah ich zu ihm auf und entgegnete: „Nein, ich, ich habe es nicht vergessen, ich dachte nur…!“
 

„Hizaki!“, rief Juka wieder nach mir und ich drehte meinen Kopf kurz verzweifelt zur Tür des Umkleideraums.

Kamijos Augenbrauen schoben sich dicht zusammen und er ließ mein Handgelenk los.

„Das ist also dein Dank. Ich verstehe.“, sagte er leise mit geradezu bedrohlicher Stimme, die mich schwer schlucken ließ. Meine Verzweiflung wuchs.

„Hör mir bitte zu, ich ging davon aus, dass du nicht kommen würdest! Du hast dich die ganzen letzten Tage nicht gemeldet und ich, ich dachte, dass du…“, redete ich aufgeregt, bis Juka aus der Umkleide kam und uns verdutzt ansah.
 

„Oh, hi Kamijo! Du auch hier? Komm Hizaki, wir haben nicht mehr viel Zeit, dann müssen wir wieder raus!“, drängelte er, doch ich sah weiter tief in Kamijos Augen und er in die meinen.

„Hast du es dabei?“, fragte er und ich nickte. Dann packte er wieder mein Handgelenk und zog mich eilig in den Umkleideraum. Meine Freunde sahen uns genau so verdutzt an, wie Juka zuvor, doch Kamijo ließ sich nicht beirren. Er stellte sich hinter mich und öffnete den Reißverschluss meines Kleides.
 

„Kamijo!! Oh, das ist ja schön, dass du auch da bist! Wie geht es dir?“, rief Kaya mit einem Strahlen im Gesicht, welches wohl heller als die Sonne schien.

„Jetzt nicht, Kaya!“, fauchte Kamijo und Kaya zuckte erschrocken zusammen. Dann sah er ihn kurz geschockt an und stampfte anschließend beleidigt aus dem Umkleideraum.

„Oh nein, auch das noch…“, dachte ich mir verzweifelt, während Kamijo mich auszog.
 

„Soll Hizaki nun halbnackt auf die Bühne? Das zerstört aber sein Image.“, grübelte Bikei und kratzte sich nachdenklich schauend am Kopf.

Wir antworteten ihm nicht. Kamijo fand die Schachtel mit dem Kleid selbst, holte es schnell heraus und ich schlüpfte hinein.

„Teru, kannst du mir die Haare etwas richten?“, fragte ich ein wenig gestresst, während Kamijo wieder den Reißverschluss zu machte. Teru nickte eifrig, zupfte meine Haare zurecht und schminkte mich sogar in Windeseile ein wenig nach.

Ich drehte mich zu Kamijo um und atmete tief ein und aus.
 

„Und?“; fragte ich und sah ihn abwartend an. Dann lächelte er endlich wieder und ich seufzte erleichtert, bevor ich das Lächeln erwiderte.

„Eine Kleinigkeit fehlt noch.“, sagte er und zog vorsichtig aus seiner großen Manteltasche ein

kleines, aber trotzdem wunderschön funkelndes Diadem heraus, welches er mir auf den Kopf setzte.
 

„So. Nun bist du eine richtige Prinzessin.“, hauchte er mir zu und ich lächelte überglücklich.

Ich war glücklich, weil er mir nicht mehr böse war, weil er einfach da war und weil er mich wieder so liebevoll behandelte.

„Jetzt aber schnell!“, sagte Teru, nahm mich an die Hand und wir rannten zur Tür. Ich blieb allerdings noch mal kurz stehen, drehte meinen Kopf zu Kamijo und rief lächelnd:

„Mein Solo! Das ist mein Dank, also hör es dir an!“

„Dein Solo?“, fragte Kamijo und ich konnte nur noch nicken, bevor ich weiter zur Bühne gezerrt wurde.
 

Wir waren viel zu lange draußen geblieben und ich hatte schon Angst, dass viele gegangen waren, doch unsere Fans waren noch da.

Sie jubelten uns zu, wir spielten noch einen Song und dann kam zum Abschluss mein Solo.

Ich spielte es voller Leidenschaft und voller Gefühl. Ich wollte es so schön spielen, wie ich es nie zuvor gespielt hatte.
 

Nur für Kamijo.

Es sollte ihm den Atem rauben, es sollte ihn meine Gedanken und Gefühle spüren lassen, es sollte ihn einfach berühren. Ich hoffte innig, dass nichts schief gehen würde und schaffte es schließlich.
 

Viele Fans im Publikum weinten und ich fragte mich, was sie dachten, während sie meinen Song hörten. Ich suchte mit etwas hektischem Blick im Publikum nach Kamijo, während mir applaudiert wurde, doch es war unmöglich gewesen ihn zu finden. Das Licht war zu schlecht und es waren zu viele Leute da gewesen.

Ich verneigte mich tief vor meinen Fans, holte die anderen auf die Bühne zurück und Juka flüsterte mir zu:
 

„Ein Lied noch, Hizaki. Bitte, wir können jetzt nicht einfach aufhören! Die Geräte stehen alle noch unter Strom, wir könnten sofort loslegen! Du musst nur zustimmen.“

Ich lächelte weiter ins Publikum und hörte unseren Fans dabei zu, wie sie unsere Namen riefen, damit wir ihnen auch ja weiter Aufmerksamkeit schenken und nicht gehen würden. Einige konnten gar nicht aufhören zu weinen, schließlich war unsere Tour zu Ende gewesen und ich bekam also einen entschlossenen Blick. Ich nickte Juka zu und lief grinsend zu meiner Gitarre.
 

Er kündigte an, dass wir noch ein allerletztes Lied spielen würden und die Menge brach in laute Jubelschreie aus. Ich bereute diese Entscheidung nicht, denn ich wusste, dass die Fans es uns danken würden.
 

Danach waren wir aber auch fix und fertig. Ich eilte allen voraus zur Umkleide, da ich es nicht abwarten konnte Kamijos Meinung zu meinem Solo zu hören. Ich fand Kamijo allerdings nicht in unserer Garderobe und dachte mir, dass er sich bestimmt noch durch die Menge in Richtung Backstagebereich kämpfen würde.

Mein Herz tanzte aufgeregt und meine Lippen zierte ein Lächeln. Endlich hatte ich es ihm vorgespielt. Mein Solo. Meine Gefühle für Kamijo umgewandelt in melodische Töne.
 

Würde er mich loben?

Würde ihn vielleicht sogar meine Nachricht erreicht haben?

Ich kam nicht drum herum mir die ganze Zeit solche Fragen zu stellen. Deshalb beteiligte ich mich auch nicht an den Lobgesängen meiner Bandmitglieder, die alles noch mal Revue passieren ließen, während sie sich abschminkten und umzogen.
 

Ich atmete tief ein und aus und beschloss, Kamijo etwas entgegen zu kommen. Wo blieb er denn nur so lange?

Kaum, dass ich die Umkleide verlassen hatte, hörte ich plötzlich Kayas lieblich-feminines Kichern aus einem der Nebenzimmer. Verdutzt blinzelte ich mehrmals und folgte seiner Stimme. Mein Lächeln wurde breiter. Vielleicht hatte er ja Kamijo gesehen?
 

Die Tür des Raumes, in dem Kaya sich befand, stand einen Spalt offen und wieder hörte ich ihn kichern.

Ohne die Tür weiter öffnen zu müssen, sah ich dann auch den vermeidlichen Grund dafür:

Ich sah, wie Kaya auf der Tischkante saß und mit Armen und Beinen den vor ihm stehenden Kamijo fest umschlungen hielt.
 

Mein Herz machte einen riesigen Sprung und schien dann in tausend Splitter zu zerbrechen. Kamijo biss anscheinend voller Genuss in Kayas Hals, weshalb dieser eben immer wieder kicherte.

Ein riesiger Kloß formte sich in meinem Hals.

Mir wurde schwindelig.

Mir wurde schlecht.

Es war ein Alptraum. Ein schlimmer Alptraum.
 

„Kamijo! Nun hör schon auf… Die Jungs sind sicher schon fertig, wir sollten zu ihnen.“, hörte ich Kaya mit einem verspielten Unterton sagen und wusste genau, dass er seine Worte nicht ernst meinte.

Hatte Kamijo mein Solo also gar nicht gesehen? Es gar nicht gehört? War er so sehr mit Kaya beschäftigt gewesen?!
 

Alles in mir zerbrach.

Meine Atmung wurde schwerer.

Ich wollte schreien.

Unkontrolliert rannten mir die Tränen plötzlich über das Gesicht und ich presste mir beide Hände an den Mund. Ich konnte es nicht länger mit ansehen und rannte zur Umkleide zurück, um hastig innerhalb weniger Sekunden meine Tasche zu schnappen und wieder weg zu rennen.
 

Ich weiß nicht, ob die anderen meine Tränen registriert hatten, aber auf jeden Fall hörten sie auf sich zu unterhalten, nachdem ich wieder raus gerannt war. Das hatte ich gehört.
 

Ich eilte durch die Hintertür zum Parkplatz, kam allerdings nicht weit, da Juka mir gefolgt war und aufgeregt rief: „Hizaki! Warte!“

Da mir sowieso die Puste ausging, blieb ich also mit zitterndem Körper stehen, schluchzte immer wieder leise und ließ Juka den Rücken zugedreht.

Er holte mich ein und drehte mich um. Ich sah in sein verzweifeltes Gesicht und konnte noch immer nicht aufhören zu weinen.
 

„Hizaki, was, was ist denn passiert?“, fragte Juka sichtbar verwirrt und besorgt. Er legte seine Hände an meine Oberarme und sah mir tief in die Augen. Ich wusste, dass ich es ihm nicht sagen konnte. Ich wollte ihn nicht auch noch verletzen, es reichte schließlich, wenn ich verletzt gewesen war.

Aber in diesem Moment, wo er mir so aufrichtig und besorgt in die Augen schaute, mich festhielt…
 

In diesem Moment war ich so unglaublich froh gewesen, dass er da war.

Ich sagte nichts und presste einfach plötzlich meinen Körper an den seinen. Dann fing ich erst richtig an zu weinen. Ich vergrub mein Gesicht an Jukas Oberteil und schloss meine Augen fest zu, während mein Körper mit jedem Schluchzen zuckte.
 

„Es, es ist so schrecklich! Ich, ich mag nich’ mehr, Juka. Ich… Ich kann nicht mehr!“, wimmerte ich kaum verständlich. Juka legte seine Arme behutsam um mich und atmete tief ein und aus.

„Ach Hizaki… Beruhig dich. Bist du so traurig, dass unsere Tour vorbei ist? Es geht doch trotzdem alles weiter. Wir können ja bald wieder auf Tour!“, versuchte er mich aufzumuntern, da er vermutete es ginge um das Ende unserer Tournee. Ich ließ ihn in diesem Glauben, denn so musste ich nichts erklären.

Ich wich vom Thema ab und hörte mich irgendwann unüberlegt murmeln:
 

„Juka… Ich…ich möchte nicht allein sein heute. Darf ich vielleicht…?“

Ich sprach meine Frage nicht weiter aus. Da mein Kopf an Jukas Brust ruhte, hörte und spürte ich, wie sein Herz schlagartig schneller schlug. Er sagte nichts und schloss seine Arme fester um mich.

Es hatte etwas Aufregendes seinem Herzschlag zuzuhören, denn ich wusste schließlich, dass ich der Grund dafür gewesen war.
 

„Du kannst gern bei mir bleiben. Wenn du möchtest.“, sagte Juka leise und ungewohnt zögerlich, als wenn er es gar nicht richtig glauben konnte, was er da von sich gab.

„Danke.“, hauchte ich, da meine vom Weinen angeschlagene Stimme mich verließ und schloss langsam meine Augen. Ich genoss still schweigend Jukas Trost, doch bald löste er sich wieder von mir mit den Worten:

„Warte kurz hier. Ich hole eben meine Tasche und dann können wir los.“
 

Ich nickte und sah noch kurz in sein sanft lächelndes Gesicht, bevor er sich umdrehte und zurück in den Backstagebereich rannte.

Kaum, dass er weg war, kam ein herzzerreißendes Seufzen über meine Lippen und ich senkte tief meinen Kopf.

Was war nur in mich gefahren?

Ich wischte mir die Tränenreste schnell aus meinem Gesicht und versuchte zum wahrscheinlich 100. Mal diesen widerlichen Kloß in meinem Hals hinunter zu schlucken.
 

Er schien mir die Luft abzuschnüren, schien mich erdrücken und erdrosseln zu wollen, doch ich kam halbwegs dagegen an.

Ich war mir nicht ganz sicher gewesen, ob ich mich nicht wieder von der einen Katastrophe in die nächste beförderte.

Ich hatte mir vorgenommen Juka keine Hoffnungen zu machen, das wusste ich noch und nun gab ich ihm die Möglichkeit in die Rolle des fürsorglichen, liebevollen und beschützenden Prinzen zu schlüpfen, der mir Trost spendete und mich auffing.
 

Juka witterte mit Sicherheit seine Chance. Er deutete es mit Sicherheit falsch, dass ich ausgerechnet ihn zum Trösten suchte!

Und dabei war es nur Zufall gewesen. Ein dummer Zufall.

Oder vielleicht Schicksal?

Ich legte meine Hand an meinen schmerzenden Kopf und atmete wieder tief ein und aus.
 

„Hizaki!“, hörte ich Juka plötzlich rufen und schreckte aus meinen Gedanken auf. Er winkte mich zu sich und sagte mir, dass uns ein Taxi bald zu ihm nach Hause bringen würde.

Ich schaffte es nicht mehr den Mut aufzubringen ihm klar zu machen, dass ich doch nicht bei ihm bleiben wollte und somit saßen wir kurz darauf im Taxi.
 

Je weiter wir uns von der Halle entfernten, umso mehr verschwand tatsächlich dieser Kloß in meinem Hals, bis er sich schließlich ganz auflöste und meine Gefühle sich kurzzeitig von Trauer und Wut in Gleichgültigkeit verwandelten. Ich war zu erschöpft, um noch über irgendetwas, egal was, intensiver nachzudenken.

Juka und ich schwiegen die Taxifahrt über.
 

Ich fragte mich wirklich, was wohl in seinem Kopf vor sich ging. Malte er sich bereits irgendwelche romantische Szenen zwischen ihm und mir aus?

Dachte er an den seltsamen Verlauf des Abends?

Oder machte er sich vielleicht sogar weiterhin Sorgen um mich und überlegte, wie er mich aufheitern konnte?

Sein Pokerface verriet nichts. Gar nichts. Ich dachte mir aber, dass ich bestimmt noch erfahren würde, worüber er nachdachte.
 

Nach einer Weile schien er meine forschenden Blicke zu spüren, drehte seinen Kopf in meine Richtung und lächelte sanft. Ich kam nicht drum herum das Lächeln zu erwidern.

Was hätte ich wohl in diesem Moment gemacht, wenn ich nicht zu Juka gefahren wäre?

Ich hätte mich höchstwahrscheinlich in einen tiefen Abgrund gestürzt. Freiwillig. Gelandet wäre ich nach dem Sturz in dem tiefen Sumpf der Verzweiflung, des Selbstmitleids und der Hoffnungslosigkeit. Eine zähe Suppe, aus der man nur schwer herauskommt.
 

Ich atmete tief ein und aus und nickte stumm vor mich hin.

Ja, zu Juka zu fahren war vielleicht doch die bessere Alternative gewesen.

Part 12

Jukas Wohnung war genau so, wie ich sie mir vorgestellt hatte: Chaotisch, vollgestopft mit allem möglichen Schnickschnack und trotzdem dabei irgendwie noch romantisch und gemütlich. Und dunkel war sie mit ihren vielen Gothicaccessoires.

Interessiert sah ich mich um und lief Juka hinterher ins Wohnzimmer. Ich ließ mich auf die dunkelblaue Couch fallen und musterte neugierig Jukas DVD-Sammlung in dem offenen Schrank, auf dem Jukas Fernseher stand.
 

„Sorry, dass es so unaufgeräumt hier ist, aber ich bin immer schrecklich wühlig vor einer Tournee.“, entschuldigte Juka sich schief lächelnd, doch ich glaubte ihm nicht, dass es ohne Tournee anders bei ihm aussah.

Ich lächelte und sagte: „Achwas, ist schon okay.“

„Willst du was trinken oder was essen oder so?“, fragte er und wirkte ungewohnt aufgeregt und hibbelig. War ich der Grund dafür gewesen?

„Was hast du denn da?“, wollte ich wissen. Ich stand einfach wieder auf und folgte Juka in dessen Küche.
 

Dort herrschte das Chaos in Perfektion. Überall überfüllte Aschenbecher, lediglich kurz mit Wasser abgespülte Teller und ein paar leere Verpackungen. Aber eine einsame Blume in einer Vase auf der Fensterbank!

Es amüsierte mich schrecklich wie Juka wohnte.

„Ähh… Na ja… Viel bietet mein Kühlschrank leider nicht…“, murmelte Juka verlegen, nachdem er die Tür des Kühlschranks geöffnet hatte.

Nun konnte ich mir ein Kichern nicht verkneifen und Juka sah mich verwundert an.
 

„Ach Juka, mach dir nicht so einen Stress! Du hast Bier da, also lass uns Bier trinken. Wir müssen wohl beide mal runter kommen.“, sagte ich lieb lächelnd und sah, dass sich nun auch auf Jukas Gesicht ein Lächeln abzeichnete.

„Du hast wohl Recht…“, seufzte er und holte also zwei Bierflaschen aus dem Kühlschrank, um dann wieder mit mir ins Wohnzimmer zu laufen.
 

Wir setzten uns diesmal gemeinsam auf die Couch und Juka schaltete mit der Fernbedienung leise Musik an.

„Prost!“, kam es von ihm, wir stießen kurz mit den Flaschen an und tranken beide einen großen, wohlverdienten Schluck. Dann presste Juka aber seine Hand an den Mund, da er scheinbar lachen musste, bevor er das Bier herunter geschluckt hatte.
 

„Was hast du??“, fragte ich verwundert und Juka kicherte einen Moment später:

„Du müsstest dich selbst sehen! Eine schöne Prinzessin mit einer Bierflasche in der Hand sieht man nicht alle Tage! Noch eine Zigarette und Pizza dazu?“ Er lachte wieder und auch ich musste etwas grinsen.

„Gerne, nur her damit!“, sagte ich, woraufhin Juka sich plötzlich zu seinem Telefon streckte und tatsächlich Pizza bestellte. Interessanterweise schien er die Nummer des Pizzadienstes auswendig zu kennen.
 

Nach einem Moment der Ruhe und des entspannten Biertrinkens, fragte Juka mich:

„Willst du irgendwie mal Klamotten von mir haben? Das Kleid wird sicher unbequem, oder?“

Ich schluckte schwer und sah an mir herunter.

Dieses verdammte Kleid von diesem verdammten… Biest.

Ich hätte auf Tomozo hören und mich nicht auf dieses gewagte Spiel von Kamijo einlassen sollen!
 

Ich lächelte Juka entschlossen an und sagte: „Oh, liebend gern ziehe ich dieses Kleid aus!“ Ich sah ihm an, dass er ein wenig irritiert schien, doch er sagte nichts weiter dazu, sondern eilte lieber in sein Schlafzimmer, um mir dann eine Jogginghose und ein T-Shirt zu reichen.

„Das Bad ist dahinten. Kannst auch gerne duschen, wenn du magst, die Pizza kommt sicher erst in 20 Minuten.“, lächelte er und ich nahm ihm dankend die Sachen ab, um anschließend ins Badezimmer zu verschwinden.
 

Ich erschrak über meinen zerzausten Anblick im Spiegel und musste unfreiwillig daran zurückdenken, wie schön ich an jenem Tag in diesem Kleid aussah, als ich es das erste Mal trug. Als Kamijo es mir anzog und mich so liebevoll berührte und…

Ich schüttelte eifrig den Kopf, warf dem Spiegelbild des Kleides böse Blicke zu und zog es aus, um es dann symbolisch auf den Boden zu werfen und es dann mit den Füßen in die Ecke zu treten.
 

Wie konnte ich nur so naiv sein?

Ich hätte wohl alles für diesen Mann gemacht. Doch es hatte auch Positives, was geschehen war: Ich hatte Klarheit. Alles war glasklar wie nie zuvor.

Und diese bittersüße Erfahrung hatte meine Kreativität angekurbelt und ließ mich dieses Gitarrensolo komponieren, welches voll sehnsüchtiger Gefühle steckte.

Gefühle, die ihren eigentlichen Empfänger nicht erreichten, aber meine Fans berührten und dies allein bedeutete mir unheimlich viel.

Somit sollte dieses leidenschaftliche Lied ihnen gehören und nicht mehr Kamijo.
 

Nachdem ich mich gänzlich ausgezogen hatte, stieg ich unter die Dusche und genoss das warme Wasser auf meiner Haut, welches endgültig die letzten schlechten und traurigen Gedanken weg zu spülen schien.

Was nützte es sich noch weiter verrückt zu machen? Sich weiter Vorwürfe oder gar Hoffnungen zu machen?

Das Kapitel, nein, das gesamte Buch war abgeschlossen.
 

Sowohl innerlich als auch äußerlich erfrischt, kehrte ich zu Juka zurück, der nun auch völlig anders als auf der Bühne aussah: Er hatte seinen Pony auf seinem Kopf mit einer Spange befestigt, sodass ihm keines der Haare mehr vor der Stirn herumbaumelte, war abgeschminkt, in bequemer Kleidung und mit Brille.

Ich musste über Jukas Anblick ein wenig schmunzeln und setzte mich zu ihm.
 

„Es riecht nach Pizza!“, freute ich mich und Juka erwiderte mein Lächeln.

„Ja, ist gerade angekommen! Fühlst du dich etwas besser?“, wollte er wissen und lief ohne meine Antwort abzuwarten in die Küche, um die Pizzas zu holen.

„Japp! Die Dusche tat gut!“, rief ich ihm aber hinterher und er kam auch schnell zurück mit unserem Essen und einer großen Flasche Cola, die er sich gleich hat mitliefern lassen.

„Das freut mich! Lass es dir schmecken.“, lächelte Juka und begann zu essen. Ich griff ebenfalls nach einem Stück der geschnittenen Pizza, zog meine Beine an und knabberte an dem leckeren Essen.
 

„Es gibt nichts Besseres als Fast Food nach einem Konzert!“, grinste ich und merkte, wie Juka mich immer wieder aus den Augenwinkeln musterte.

„Hizaki…“, murmelte er irgendwann und sah mich nachdenklich an. Ich schluckte das Stück Pizza in meinem Mund schwer herunter. Ich hörte an seiner Stimme, dass ihm etwas Schweres auf dem Herzen lag und wurde etwas angespannter.

„Darf ich dich etwas fragen?“
 

Ich hasste es, wenn er das sagte, denn darauf war bisher noch nie etwas Gutes gefolgt. Doch um völlig Frieden mit meiner Seele und meinem Gewissen zu schließen, wollte ich mich auch dem ‚Problem Juka’ hingeben und alles aufklären, was es zu klären gab, damit auch in diesem Bereich wieder Ordnung herrschte.

Ich nickte also eifrig und sah ihn nur aus den Augenwinkeln an, während ich wieder von meinem Stück Pizza abbiss.

Es dauerte einen kleinen Moment, doch dann hörte ich Juka fragen:
 

„Liebst du Kamijo?“
 

Meine Augen weiteten sich schlagartig und ich verschluckte mich an meiner Pizza.

Hustend und röchelnd hielt ich mir eine Hand vor den Mund und wedelte mir mit der anderen Luft zu. Juka klopfte mir auf den Rücken und schluckte schwer.

Diese Reaktion war wohl Antwort genug gewesen, aber dennoch antwortete ich mit einer Gegenfrage:

„Wie… wie kommst du darauf?“, wollte ich wissen, da ich wirklich nicht mit dieser Frage gerechnet hatte.
 

Woher wusste er es? Kannte und durchschaute er mich etwa so gut? Oder hatte Tomozo getratscht? Vielleicht hatte aber auch Kamijo von unserem Ball erzählt, schließlich verstanden er und Juka sich gut!?

Mein Herz raste vor Nervosität. Das war alles nicht geplant gewesen und ich hatte gehofft das Thema Kamijo zumindest für diesen Abend ruhen lassen zu können.

Ich sah wie Juka seinen Kopf etwas senkte und er wirkte ziemlich betrübt. Dennoch versuchte er zu lächeln, doch es sah unheimlich traurig aus.
 

„Als er kurz vor der Zugabe hinter die Bühne kam… Ich… ich sah wie du ihn angesehen hast. Ich sah wie er dich angesehen hat! Und dann… dieses Kleid und… na ja… In meinen Augen bot sich mir da eine mehr als offensichtliche Szene, wenn du verstehst, was ich meine.“, murmelte er und seufzte.

Ich sog scharf Luft ein vor Schreck und legte eilig die Pizza aus der Hand, um Jukas Handgelenk fest mit beiden Händen drücken zu können. Er sah mich verwundert an und blinzelte mehrmals hinter seiner Brille.
 

„Nein, nein, nein!! Denk das bloß nicht! Wir.. wir sind kein Paar oder so! Alles Blödsinn, okay?? Das war… Er hat… BLÖDSINN, okay???“, rief ich aufgeregt und schluckte schwer. Ich sah ihn eindringlich an und spürte wie mir das Herz bis zum Hals schlug.

Wieder lächelte Juka traurig und tätschelte mir vorsichtig den Kopf.

„Lügst du, um mich nicht zu verletzen? Und selbst wenn ihr kein Paar seid… Du liebst ihn. Und ich weiß auch, wieso du so geweint hast nach dem Auftritt.“, sagte er und schluckte schwer.
 

Und plötzlich schien es still zu stehen. Mein Herz stand für einige Sekunden still und ich starrte Juka aus aufgerissenen Augen an, während ich ganz langsam sein Handgelenk los ließ.
 

Er wusste es.

Er wusste es! Aber wie konnte das nur sein?

Ich verstand die Welt nicht mehr und plötzlich schien mich alles wieder einzuholen, was ich so sorgfältig von mir gestoßen hatte. Die Wut, die Trauer, die Verzweiflung… Die Liebe.
 

Nein, sie waren nie weg gewesen, ich hatte sie nie von mir gestoßen, sondern lediglich versucht sie in mir zu vergraben, zu verstecken, doch so etwas klappte nie.

Aber dass ausgerechnet Juka sie ausgraben und finden würde, damit hatte ich nicht gerechnet.

Nun stiegen mir unkontrolliert Tränen in die Augen, doch mit einem festen Biss auf die Unterlippe kämpfte ich gegen sie an. Verzweifelt sah ich Juka in die Augen und wisperte kaum hörbar:

„Aber… woher…?“
 

Jukas Lächeln verschwand und sein Gesichtsausdruck hatte nun etwas Bemitleidendes. Er bemitleidete mich.

„Es galt nur eins und eins zusammen zu zählen, Hizaki. Ich bin nicht dumm. Ich fing schon an mir Gedanken zu machen, als du nach Kamijos Handynummer fragtest. Als er dann aber noch hinter die Bühne kam, ihr euch so angesehen habt und du ihm sagtest, dass dein Solo dein Dank sei für was auch immer… da wurde mir alles klar. Umso verwirrter war ich dann, als ich Kaya in Kamijos Armen sah. Du hast… sie auch gesehen, nicht wahr? Womöglich sahst du noch ganz andere Dinge… Und das riss dir das Herz aus der Brust.“, erklärte er und seufzte wieder.
 

Von da an verlor ich den Kampf gegen die Tränen und senkte den Kopf tief und beschämt.

Wie konnte ich nur so dumm sein?

Diese Frage stellte ich mir immer und immer wieder. Und gleichzeitig war ich erstaunt über Jukas Auffassungsgabe und darüber, dass er sich so lieb um mich kümmerte, obwohl ich ihn angelogen und für so dumm gehalten hatte.

Ich war der Dumme in allerlei Hinsicht.
 

Mein Bauch kribbelte aufgeregt und ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Ich war völlig überwältigt gewesen. Mein Körper zuckte wieder mit jedem Schluchzen stark zusammen und ich starrte auf meine Füße.

Wie jämmerlich ich mich fühlte.

Und dennoch zog Juka mich nach einer Weile in seine Arme und streichelte mir langsam und unheimlich beruhigend über den Rücken. Ich schmiegte mich einfach an ihn, doch ich schaffte es nicht die Tränen zu stoppen.
 

„Warum… bist du so lieb zu mir?“, wollte ich irgendwann wissen und schluckte schwer. Ich hörte Juka ganz leise auflachen.

„Das weißt du doch. Du bist meine Prinzessin, ob du willst oder nicht. Und daran wird sich auch nichts ändern. Soll ich dir was sagen? Es macht mich schrecklich wütend, dass Kamijo dich so zum Weinen bringt. Ich hätte dich warnen sollen… Er… meint es nur selten ernst.“, seufzte er und ich musste schmerzlich an Tomozos Worte denken, der etwas Ähnliches gesagt hatte.
 

Mann, muss ich blind gewesen sein!

„Ich hätte dir wahrscheinlich eh nicht geglaubt.“, murmelte ich leise und ehrlich, da ich Tomozo schließlich auch nicht geglaubt hatte.

„Wahrscheinlich.“, stimmte Juka leise zu und drückte mich etwas von sich, um mir die Tränen aus dem Gesicht wischen zu können.

„Aber.. weißt du… ich hatte mir eh keine großen Hoffnungen gemacht und… irgendwo geahnt, dass es so weit kommen würde.“, gestand ich und senkte wieder den Kopf geknickt. Juka nahm allerdings mein Kinn sanft zwischen Daumen und Zeigefinger, um meinen Kopf wieder leicht anheben und mir wieder in die Augen sehen zu können.
 

„Wieso?“, fragte er merklich verwundert und sah mich abwartend an. Ich atmete tief ein und aus.

„Kamijo… hat nicht umsonst von mir zu Kaya gewechselt. Ich meine… Kaya… Er ist… wie soll ich sagen… auf jeden Fall viel erfahrener und nicht so ein Fettnäpfchen-Fetischist, wie ich es bin. Er stellt sich sicher nie so dumm an, wie ich es immer tue. Ich habe… einfach keine Ahnung von allem.“, versuchte ich zögerlich und noch an meinem Gedanken festhaltend zu erklären und seufzte schwer.
 

„Ach Hizaki.“, hörte ich Juka seufzen und er streichelte mir kurz über die Wange, bevor er mir meine angebrochene Bierflasche reichte. Dankbar trank ich einen großen Schluck und hörte ihm weiter zu:

„Mag vielleicht sein, dass Kaya erfahrener ist, aber die Art wie er seine zahlreichen und nahezu wöchentlich neuen Erfahrungen sammelt, finde ich persönlich nicht gerade schmeichelhaft. Und es macht dich niedlich, dass du eine Vorliebe für Fettnäpfchen hast!“, lächelte er und lachte kurz auf. Ich wurde etwas rot und sah Juka ungläubig an.
 

„Trotzdem wäre ich für ein wenig mehr Erfahrung dankbar. Dann könnte ich sicherer agieren und reagieren und… und käme mir nicht immer so unglaublich dumm vor, weißt du? Und vielleicht hätte mehr Erfahrung mich davon abgehalten auf Kamijo herein zu fallen.“, seufzte ich, doch Juka schüttelte den Kopf und lächelte mich sanft an.

„Tja, aber nun bist du doch um zumindest eine Erfahrung reicher, nicht wahr? Auf Kerle wie Kamijo fällst du sicher nicht mehr herein. Sieh es doch mal so!“

Wieder sah ich Juka ungläubig an, doch dann schien es ‚Klick’ in meinem Kopf zu machen.
 

„Ja! Du… du hast vollkommen Recht. Darauf trinken wir! Hast du Schnaps da?“, fragte ich aufgeregt und war von einer Sekunde auf die andere wie ausgewechselt.

Ich kann es selbst nicht erklären, aber wieder schien mir alles so glasklar und ich fand, dass dies gebührend gefeiert werden musste.

„Ähm… Hältst du das für eine gute Idee?“, fragte Juka unsicher und kratzte sich am Hinterkopf. Ich seufzte wieder schwer und legte meine Hände an Jukas Wangen.

„Juka…“, begann ich und sah ihn verzweifelt an. „Ich wäre wirklich froh, wenn ich zumindest für ein paar Stunden mal alles vergessen könnte. Und ich weiß, dass morgen sicher alles wieder ganz anders aussieht. Und ich… bin dir unheimlich dankbar, dass du für mich da bist! Und wenn ich mich bei dir betrinke, weiß ich, dass mir nichts passiert.“, erklärte ich ihm und lächelte dann, doch Juka sah mir erschreckend ernst in die Augen.
 

„Achja?“, fragte er und ich schluckte schwer, bevor ich meine Hände langsam von seinen Wangen löste. Sein Blick haftete auf mir und ich erwiderte ihn mit großen Augen. Mein Herz raste. Was war denn nur los mit ihm gewesen?

„So langsam… mutest du mir etwas viel zu, Hizaki.“, fing er an, worauf ich nur wieder trocken schluckte und ihn weiterhin aus großen Augen verunsichert ansah.
 

„Ich kümmere mich liebend gern um dich und habe ein offenes Ohr für alles, was dich bedrückt, das weißt du, aber… du kannst nicht von mir verlangen, dass ich mich zügle, wenn du willenlos bei mir liegst oder ich selbst betrunken bin, Hizaki.“, wisperte er, woraufhin mir das Blut ins Gesicht schoss. Eine ganze Zeit lang starrte ich ihn einfach weiter so an, wie ich es schon eine Weile getan hatte, bis ich tief ein und aus atmete und innerlich einen Entschluss fasste.
 

Einen Entschluss, den ich womöglich noch bereuen sollte…

Part 13

Ich stand wortlos auf und lief etwas zitternd in die Küche. Ich erinnerte mich neben Jukas Kühlschrank eine Flasche Whiskey entdeckt zu haben und nahm sie also mit ins Wohnzimmer. Ich stellte sie auf dem Wohnzimmertisch ab und sah, dass Juka ausdruckslos jeden meiner Handgriffe und Schritte scheinbar abwartend beobachtete.

Ich sah ihm kurz in die Augen, bevor ich zur Vitrine lief und zwei kleine Gläser herausholte.
 

Anschließend setzte ich mich wieder neben Juka, stellte ein Glas vor ihm hin und das andere daneben. Dann atmete ich wieder tief ein und aus und sah ihm erneut in die Augen. Er schien noch etwas skeptisch und ungläubig, weshalb er wohl versuchte zu fragen:
 

„Hast du gerade verstanden, was ich versuchte dir zu -…?“

„Prost, Juka.“, unterbrach ich ihn mit fester Stimme und schenkte uns beiden den Whiskey ein. Juka schien nicht minder überrascht über mich als ich selbst.

Ich hob mein recht volles Glas und sah ihn abwartend an. Er hatte ja keine Ahnung wie aufgeregt ich war und wie schnell mein Herz in diesem Moment schlug…

Er legte seine Brille ab, nachdem er mich noch einmal skeptisch gemustert hatte und hob ebenfalls sein Glas.
 

„Prost… Hizaki.“, sagte er, wir stießen an und tranken in einem Zug synchron das erste Glas leer.

Wir wussten wohl beide, dass man Whiskey eigentlich nicht so schnell trank, doch schließlich hatten wir beide die Absicht uns hemmungslos zu betrinken.

Auch wenn Juka die ganze Zeit den wirklich fürsorglichen und verständnisvollen Prinzen gespielt hatte, war ich der festen Überzeugung, dass es ihn dennoch mitnahm damit konfrontiert zu werden, dass ich Kamijo liebte und nicht ihn. Doch für mich versteckte er es und blieb tapfer.
 

Ach, dieser Engel…
 

Ich hatte seine Fürsorge gar nicht verdient und trotzdem war ich mehr als dankbar dafür und vielleicht war es auch eine Art Dank meinerseits, dass ich mich mit ihm betrank und mich ihm ‚willenlos’ hingab, wie er es beschrieben hatte. Natürlich hatte es einen bitteren Beigeschmack, denn in ihm müsste sich mittlerweile das Bild manifestiert haben, dass er nur mithilfe von Alkohol an mich heran kam, doch er schien dies in Kauf zu nehmen.
 

Während ich den Moment des Vergessens genießen wollte, wollte er wahrscheinlich die Illusion genießen, die ich ihm schenkte. Die Illusion, dass ich ihm gehörte, wenn auch nur für einen kurzen Moment.

Gleichzeitig kam ich nicht drum herum meinen Egoismus zum Zuge kommen zu lassen. Scheinbar ohne Konsequenzen bot sich mir die Gelegenheit Erfahrungen zu sammeln, die ich vielleicht noch gebrauchen könnte.
 

Aber was erhoffte ich mir bloß? Hoffte ich, dass ich dann gestärkt und reifer vor Kamijo treten könnte?

Und wer hatte gesagt, dass diese Nacht keine Konsequenzen haben sollte..?
 

Wir tranken ein Glas nach dem anderen, drehten irgendwann die Musik lauter und landeten schließlich auf dem Fußboden, während wir betrunken an die Decke starrten. Ich weiß noch, wie mir schwindelig davon wurde dem Ventilator an der Decke bei seinen Drehungen zuzusehen. Es kam mir vor, als würde ich mich drehen und nicht der Ventilator.
 

Juka rauchte genüsslich und reichte mir die Zigarette, während auch er dem Ventilator zusah. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich die Zigarette aus seiner Hand greifen konnte, denn ständig griff ich grobmotorisch ins Leere.

„Und? Kamijo vergessen?“, fragte Juka irgendwann leicht nuschelnd und drehte seinen Kopf zu mir hin. Ich boxte ihn leicht und beschwerte mich unkontrolliert laut:
 

„Vollidiot!! Wie soll ich ihn vergessen, wenn du…du… hier, Dings!...Wenn du ständig nach ihm fragst?!“

„Scheiße, stimmt. Okay, ich frag nich’ mehr.“, stimmte Juka zu und ich lachte:

„Das sagst du schon zum dreihunderttrillionensten und siebenhundertachtundfünfzigtausend-… hundertsten… Mal!“ Dass ich meine erfundenen Zahlen kaum aussprechen konnte, war mir egal gewesen.
 

„Die Zahl gibt es gar nich’, du Dummerchen!“, stellte Juka intelligent fest und lachte ebenfalls.

„Sollen wir spazieren gehen?“, fragte ich aus heiterem Himmel und rollte mich halb auf Juka, zog noch ein Mal an der Zigarette und pustete ihm langsam den Rauch ins Gesicht. Er blinzelte mehrmals, da der Qualm wohl etwas brannte, entgegnete sonst aber nur:
 

„Spazieren?! Jo, aber höchstens ins Bett, es is’ schon… es is’… woah, das kann ich nich’ lesen!“ Er versuchte verzweifelt seine Wanduhr zu entziffern, doch auch ich konnte ihm da nicht helfen, da ich mich noch sehr gut an meinen Tunnelblick erinnere.

„Is’ noch früh! Lass uns spazieren gehen…“, quengelte ich und drückte die Zigarette ungewollt hart im Aschenbecher aus, der neben uns auf dem Boden lag. Dann versuchte ich Jukas Haarspange aus dem Haar zu fummeln und schaffte es schließlich mit Mühe und Not. Vorsichtig streichelte ich ihm seinen Pony über die Stirn und lächelte ihn dann an.
 

„Ich hab dich lieb, Juka.“, flüsterte ich einfach wie schon die ganze Zeit über, was mir so im Kopf herum schwirrte.

„Ich dich mehr.“, flüsterte Juka zurück und lächelte wohl eher traurig als glücklich, aber so ganz genau weiß ich das nicht mehr…

Er setzte sich auf und hob mich etwas wackelig auf seine Arme. Ich hielt mich an ihm fest und fragte wieder aufgeregt: „Gehen wir spazieren?“

„Ein Stückchen.“, grinste Juka und trug mich wie angekündigt ins Schlafzimmer.
 

„Aahh, nein, die Party is’ noch gar nich vorbei!“, quakte ich herum und zappelte wild, damit Juka mich herunter ließ, doch ich hatte keine Chance.

Er legte mich in seinem Doppelbett ab und deckte mich zu. Da draußen bereits die Sonne langsam aufging, konnte ich ihm ins Gesicht schauen und schob beleidigt meine Unterlippe vor.
 

„Was soll das? Die Flasche is’ noch gar nich’ leer!“, beschwerte ich mich.

Wir sind dafür aber voll genug!“, erklärte Juka und streichelte mir über den Kopf. „Schlaf schön. Mein’se, du musst kotzen?“, vergewisserte er sich wohl lieber noch mal und ich schüttelte eifrig den Kopf.

„Alles klar. Gut’ Nacht!“, sagte er und lief zur Tür. Ich bekam große Augen.

„Hey! Wo willst du hin? Gib’s zu, du säufst alleine weiter, weil ich dir zu nervig bin!!“, rief ich und setzte mich etwas schwerfällig wieder auf. Plötzlich drehte sich alles wieder und ich hielt mir kurz den Kopf.
 

„Nein! Ich penn auf der Couch!“, erklärte Juka und ich schluckte schwer.

„Das will ich aber nich’!“, hörte ich mich rufen und versuchte Juka ein Kissen an den Kopf zu werfen, doch es landete drei Meter neben ihm an der Wand. Dabei hatte ich ihn ganz genau anvisiert…

„Das willst du nich’?“, wiederholte Juka sichtlich irritiert und lehnte sich mit einer Schulter gegen den Türrahmen, während er die Arme verschränkte.
 

„Mh-mh!“, verneinte ich und schüttelte wieder eifrig den Kopf. „Und ich bin auch noch hammer nich’ müde!“, sagte ich, gähnte aber mehr als unpassend im nächsten Moment. Juka lachte kurz auf.

„Jaja, genau…“, kicherte er und lächelte wieder: „Gute Nacht, Hiza-…“

„JU-KA!“, rief ich wieder ungewollt laut, woraufhin eben jener zusammen zuckte und wieder überrascht schaute.
 

„Komm her!“, befahl ich schon regelrecht und war schon längst nicht mehr Herr aller meiner Sinne. Ich hörte Juka seufzen.

„Warte…“, murmelte er, wankte wieder ins Wohnzimmer, um alles auszuschalten und kehrte dann ins Schlafzimmer zurück.

Er krabbelte ins Bett und legte sich neben mich.

„Mistkerl…“, fluchte er leise und ich verstand in diesem Moment noch gar nicht, was denn eigentlich sein Problem war. Ich schien nicht nur Kamijo, sondern auch Jukas ‚Warnung’ vergessen zu haben…
 

Ich erinnere mich gut daran, wie ich Juka lange, lange Zeit mit allem möglichen Blödsinn zublubberte, der mir in den Sinn kam und er schien sehnlichst zu erwarten, dass ich endlich einschlief. Allerdings redete ich mich nicht nur wach, sondern auch ein wenig nüchterner. Nicht unbedingt merklich nüchterner, aber nüchterner.
 

„…Meine Tante hatte einen Papagei, weißt du? Wie hieß der noch gleich… Is’ ja auch egal, auf jeden Fall hat der dann immer total ulkige Sachen gebrabbelt, wenn man ihm einen Keks gab und der hatte so… hier, Dings… Weißt du, was ich mein? Er hatte immer so -…“

„Hizaki… Willst du nicht endlich schlafen? Dir muss doch schon der Kiefer vom Reden weh tun und ich kenne mittlerweile nicht nur deine gesamte Familie, sondern auch deren Haustiere!!“, klagte Juka verzweifelt und seufzte schwer. „Ich höre dir liebend gern zu, aber nich’… nich’ jetzt, okay?“, jammerte er weiter.
 

„Oh! Is’ gut, ich bin ruhig. Versprochen.“, sagte ich schnell und legte einen Finger an meine Lippen. Lange hielt ich das allerdings nicht durch und fragte nach einem kurzen Moment flüsternd: „Schläfst du schon?“

„Hizaki!!!“, rief Juka erneut verzweifelt und seufzte diesmal genervter. Er drehte mir den Rücken zu, zog sein Kissen unter seinem Kopf hervor und drückte es an sein Ohr.

„Ich fand’s schön heute.“, redete ich einfach weiter und lächelte dabei.
 

Vorsichtig schmiegte ich mich an Jukas Rücken und schlüpfte dafür sogar unter seine Bettdecke. Ich spürte, wie Jukas Körper leicht zusammen zuckte, als ich ihn berührte und ganz langsam löste er das Kissen von seinem Ohr, um es wieder unter seinen Kopf zu legen. Er sagte nichts, aber ich konnte seinem Herzschlag wieder zuhören.

Mit jedem Schlag schien es schneller zu werden und ich lächelte vor mich hin.
 

„Ich glaube… wenn ich dich lieben würde, wäre alles viel einfacher. Wir… wir wären sicher glücklich! Du verstehst mich so gut und… bist immer so lieb zu mir. Ja. Ich sollte dich lieben, damit -…“

„Sei endlich still!“, raunte Juka fast schon wütend, während er sich plötzlich zu mir umdrehte und seine Lippen auf die meinen presste.

Part 14

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Part 15

Am darauf folgenden Tag fasste ich erneut einen Entschluss: Ich beschloss für eine Weile bei Juka einzuziehen!

Obwohl wir von der Nacht davor noch völlig verkatert waren, fuhren wir zu mir, sammelten alles Nötige ein, was ich so brauchen würde – ganz wichtig war hierbei natürlich meine Gitarre gewesen – und ab ging’s zu Juka zurück.
 

Ich wollte für niemanden erreichbar oder auffindbar sein und ganz besonders nicht für Leute wie Kamijo oder Kaya.

Sollten sie doch alle beide meine Mailbox zublubbern, bis sie explodieren würde oder Millionen von Rosen und Kärtchen in meinen Briefkasten stopfen, bis er aussah wie eine kunstvolle Blumenvase!
 

Davon würde ich vorerst nichts mitbekommen und ich beschloss erst wieder nach Hause zu gehen, wenn ich über alles hinweg war.

Juka half mir liebend gern dabei und freute sich riesig, dass ich ihm Gesellschaft leistete. Am meisten freute er sich wohl darüber, dass ich es mir zur Aufgabe machte seine Wohnung mal gründlich zu reinigen…

Aber gut.
 

Nach zwei Wochen waren wir zu einem absolut eingespielten Team geworden. Juka fuhr einkaufen und kochte, während ich den Haushalt schmiss. Jeder hatte seine kleinen Aufgaben und das Beisammensein funktionierte prächtig.

Das einzig Blöde daran: Wir schafften es beide nicht uns von der Illusion zu lösen, die wir kreiert hatten und ich wusste, dass Juka irgendwann mit einem gebrochenen Herzen aus der Sache heraus gehen würde.
 

Denn während ich bei ihm wohnte, lebten wir wie ein alteingesessenes Pärchen: Wir küssten uns zur Begrüßung und zum Abschied, neckten uns immer wieder liebevoll und wenn wir gemeinsam abends einen schlechten Film im Fernsehen guckten, kuschelten wir miteinander. Irgendwie war es ja wirklich wunderschön, aber dennoch so… irreal.
 

Ich genoss Jukas Nähe natürlich und ich mochte ihn sehr, aber eben nicht so sehr, dass ich von Liebe sprechen konnte. Deswegen fühlte es sich insgeheim wohl auch so falsch an. Ich besaß allerdings nicht die Courage ihm meine Gedanken ins Gesicht zu sagen, denn er schien so unheimlich glücklich. Wahrscheinlich war er in seinem hübschen Kopf nun schon so weit gekommen, dass er sich sicher war mich herum bekommen zu haben.
 

Er glaubte, dass ich ihn lieben würde.

So meine Theorie. Aber vielleicht glaubte er es auch nicht, weil ich es ihm schließlich nie so direkt gesagt hatte…

Ich wusste es nicht und vorerst war es mir auch egal gewesen.
 

Somit genoss ich weiter diese schöne heile Welt und fiel Juka in die Arme, als er nach Hause kam.

Ich küsste ihn und lächelte ihn fröhlich an.

„Na? Wie war’s in der Stadt?“, fragte ich und schlenderte Hand in Hand mit ihm ins Wohnzimmer. Dort zog Juka erstmal seine Jacke aus und legte sie über die Lehne der Couch.

„Ich hab’ Teru getroffen. Es machen sich wieder mal alle furchtbare Sorgen um dich, weil du weder die Tür aufmachst, noch ans Telefon gehst.“, erzählte er und streckte sich. Ich bekam riesige Augen.
 

„Du hast ihm aber nicht erzählt, dass ich hier -…?!“, fragte ich nervös, doch Juka unterbrach mich:

„Nein, keine Sorge! Ich sagte, dass du bei einem Freund seiest, den ich aber nicht kenne. Damit gab er sich auch zufrieden und wird es wahrscheinlich bald den anderen erzählen.“

Ich legte eine Hand an meine Brust und seufzte erleichtert.
 

„Na Gott sei Dank!“, lächelte ich, doch Juka zog eine Augenbraue hoch und sah mich etwas skeptisch an.

„Sag mal… Wann hört das Versteckspiel eigentlich auf? Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass Kamijo oder Kaya auch nur einen Fuß in die Nähe meiner Wohnung setzen, wenn sie es wüssten, oder?“

Kaya bestimmt!!“, entgegnete ich mit großen Augen, woraufhin Juka seufzte.

„Komm schon! Das ist doch Blödsinn. Du hast nun schon zwei Wochen das Haus nicht verlassen.“, sagte er ruhig und griff nach meiner Hand. „Sollen wir nicht mal wieder zusammen in die Stadt? Oder einfach nur mal raus?“, fragte er und sah dabei fast schon verzweifelt aus. Ich atmete tief durch und senkte nachdenklich meinen Blick.
 

Irgendwo hatte er ja Recht, das war total albern gewesen, was ich tat.

Und vielleicht war dieser Stadtbummel ein erster Schritt weg von der Illusion und zurück in die Realität.

Also hob ich meinen Kopf wieder an und lächelte.
 

„Na schön! Lass uns in die Stadt gehen. Ich zieh mich nur um und dann gehen wir irgendwo essen, ja?“, sagte ich, während ich mich schon halb auf den Weg ins Schlafzimmer machte.

Apropos Schlafzimmer…
 

In diesen zwei Wochen, die ich bei Juka verbracht hatte, kamen wir uns kein weiteres Mal so nah wie bei unserem ersten Abend. Ich wusste nicht, ob ich froh oder traurig darüber sein sollte. Nichtsdestotrotz blieben die schönen Erinnerungen an diese Nacht und ich musste jedes Mal, egal ob kurz oder lang, an diese Augenblicke zurückdenken, wenn ich das Schlafzimmer betrat.

Schnell zog ich mich also um, kämmte mir noch mal die langen Haare und setzte meine Sonnenbrille auf, bevor ich mit Juka die Wohnung verließ.
 

Wir liefen ganz normal nebeneinander her und ich genoss das schöne Wetter, welches es wirklich gut mit uns meinte.

Wenn man mal eine ganze Weile nicht in der Stadt war, kam einem alles plötzlich viel bunter und aufregender vor! Ich entdeckte überall neue Sachen in den Schaufenstern und fragte mich manches Mal, was nur in den verrückten Köpfen der Modedesigner vor sich ging, aber ich musste ja den Kram nicht kaufen, den sie da ausstellten.
 

Irgendwann kreuzte eine Eisdiele unseren Weg und wir konnten nicht an ihr vorbeigehen, ohne uns einen schönen Eisbecher mitzunehmen.

Um in Ruhe zu essen, setzten wir uns auf eine Bank, die in der Nähe eines großen, gut besuchten Brunnens stand.
 

„Erdbeere?“, fragte Juka mich und hielt mir die süße Frucht unter die Nase.

„Ich hab’ doch eigene!“, kicherte ich und sah Juka verwirrt an.

„Oh, ich wette, dass meine besser schmecken.“, grinste er.

„Jaja, wahrscheinlich.“, kicherte ich wieder, ließ mich aber von Juka füttern und spürte seinen sanften Blick, der auf mir haftete. Ich fütterte ihn anschließend mit den Erdbeeren aus meinem Eisbecher und hatte sichtlich Spaß daran.
 

Ich erschrak allerdings fast zu Tode, als ich ein grelles Quietschen hörte, gefolgt von einem hysterischen: „Hizaki, Hizaki, Hizaki, Hizaki!!“

Kaya rannte in einem bildhübschen Kleid auf uns zu und zerrte ausgerechnet Kamijo hinter sich her.

Ich starrte alle beide mit riesigen Augen und leicht offen stehendem Mund an und gefror zu Eis.
 

„Na klasse.“, seufzte Juka leise, bevor Kaya bei uns ankam und atmete tief ein und aus. Sein Lächeln verschwand.

Kaya löste sich kurz von Kamijo, um mich stürmisch zu umarmen und ich sah aus den Augenwinkeln, dass Kamijo dies auszunutzen schien und schnell seine Hände in die Manteltaschen steckte.

Täuschte ich mich oder sah er ein wenig genervt und müde aus?

Auch sein sonst so charmantes Lächeln fehlte und er sah mich nicht einmal richtig an. War ich mittlerweile unsichtbar für ihn geworden?
 

Kaya löste sich wieder von mir, suchte Kamijos Hand, klammerte sich dann aber an Kamijos Arm, da seine Hand nicht greifbar war. Ich beobachtete irritiert hinter meiner Sonnenbrille wie Kamijo die Augen verdrehte.

„Mensch, Hizaki! Ich versuche schon seit Ewigkeiten dich zu erreichen! Bitte sag mir nicht, dass du wieder an irgendeinem Song bastelst! Dann sehe ich dich wohl erst in ein paar Monaten wieder, haha!“, lachte Kaya und lächelte lieblich.

Er war gar nicht böse? Musste an Kamijo gelegen haben.
 

„Ja, ich… na ja… So ähnlich.“, murmelte ich und schluckte schwer. Mein Herz raste. Konnten sie nicht einfach wieder verschwinden?

Aber ich muss sagen, dass mich ihr gemeinsamer Anblick nicht so sehr verletzte, wie ich es befürchtet hatte. Dies lag womöglich daran, dass Kamijo so ungewohnt genervt wirkte und alles andere als glücklich. Vielleicht hatte er auch nur einen schlechten Tag gehabt, aber irgendwie kam es mir dennoch komisch vor.
 

„Wie findest du mein neues Kleid?“, fragte Kaya und rückte sich relativ schnell wieder in den Mittelpunkt. Diesmal war ich ihm sogar dankbar dafür gewesen, so musste ich nichts weiter erklären. „Kamijo hat’s mir eben gekauft und ich musste es gleich anbehalten! Es ist wunderschön oder? Und ein Einzelstück. An irgendeiner Frau hätte es wohl eh langweilig ausgesehen, aber an mir wird es zu einem Juwel, findest du nicht?“
 

Normalerweise hätte ich ihm wohl zugestimmt, er sah wirklich toll darin aus, aber seine bloße Anwesenheit nervte und frustrierte mich fürchterlich.

Warum konnte ich nicht an seiner Stelle sein?

„Mhm.“, machte ich also nur und setzte ein zaghaftes Lächeln auf. Ich sah, dass Kamijo immer wieder mit einem skeptischen Blick zwischen mir und Juka hin und her sah.

Juka schwieg die ganze Zeit über, bis er sein Eis aufgegessen hatte und den Becher in den Mülleimer neben sich warf. Anschließend legte er einen Arm um mich und zog mich enger an sich heran. Ich bekam kurz große Augen und schluckte dann schwer.

Was tat er denn da nur?!
 

Auch Kaya schien kurz irritiert, ließ sich in seiner Euphorie aber nicht beirren und redete weiter wie ein Wasserfall über alles, was er so Schönes mit Kamijo gemacht hatte.

Nach einer Weile blieb Kamijos Blick auf mir haften und es fühlte sich an wie ein Dolch, der mich langsam zu durchbohren schien. Hinter meiner Sonnenbrille sah ich ihm direkt in die Augen, aber das konnte er wohl nicht sehen.

Warum sah er mich so eindringlich an?
 

Plötzlich unterbrach er Kayas sinnloses, aufgeregtes Reden und fragte mich relativ ruhig: „Wie geht es dir?“

Kaya stoppte mitten im Satz und drehte seinen Kopf verwirrt schauend zu Kamijo. Dann schob er etwas beleidigt seine Unterlippe vor und schmiegte sich enger an ihn.

Ich wusste, dass Kaya nun eingeschnappt war, denn er hasste es unterbrochen zu werden.
 

Kamijos Frage traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Er besaß tatsächlich die Dreistigkeit zu fragen, wie es mir denn ging. War er wirklich so dumm?! Sollte er tatsächlich nichts, aber auch gar nichts gemerkt haben?

Ich weiß nicht genau, welche treibende Kraft in mir mich dazu brachte, doch ich griff zielsicher nach Jukas Hand, verhakte sie mit meiner und lächelte Kamijo lieblich an.
 

„Es geht mir gut! Sehr gut.“, antwortete ich mit fester Stimme und konnte wieder froh über meine Sonnenbrille sein, denn meine Augen, mein Blick hätte ihm wohl die Wahrheit verraten.

Ich konnte sehen, dass er etwas schwerer schluckte und sich an einem Lächeln versuchte.

„Schön.“, sagte er leise und nickte langsam.
 

Juka drückte meine leicht zitternde Hand fest und stand schließlich mit mir auf, da er anscheinend merkte, dass das Zittern schlimmer wurde.

„Wir müssen dann auch mal weiter! Wir haben Hunger. Euch noch viel Spaß beim Geld zum Fenster Rauswerfen!“, wünschte Juka nicht ernst gemeint nett, ließ es aber so klingen, was sowohl Kaya als auch Kamijo etwas verdutzt schauen ließ.
 

Lange spürte ich noch Kamijos Blick und war froh, als wir endlich weit, weit weg von ihnen waren.
 

In einem kleinen, gemütlichen Restaurant atmeten wir beide erst einmal tief durch.

„Wow. Das muss Schicksal oder so gewesen sein. Aber… du hast mich wirklich überrascht, Hizaki!“, sagte Juka und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.

Ich seufzte schwer und senkte meinen Kopf etwas.

„Das war schrecklich!“, murmelte ich.

Aber überzeugend. Meinst du, du bist über ihn hinweg?“, wollte Juka wissen und stützte seinen Kopf mit einer Hand ab, während er mich eindringlich musterte. Nur zaghaft sah ich ihm in die Augen.
 

„Gute Frage. Ich… wenn ich ehrlich sein soll, ich weiß es nicht. Es war natürlich nicht gerade schön sie so zusammen zu sehen, aber… findest du nicht auch, dass Kamijo komisch war?“, fragte ich und sah Juka nachdenklich an. Er blinzelte mehrmals und setzte sich gerader hin.

„’ Komisch’? Inwiefern?“, hinterfragte er.
 

„Na ja… Auf jeden Fall nicht glücklich! Und wenn es zwischen Kaya und ihm wirklich was Ernsteres ist, sollte er dann nicht… also… er sollte doch glücklich sein, oder?“

Ich sah ihm beinahe verzweifelt darüber ins Gesicht und registrierte seinen mehr als strengen Blick.

„Hizaki?“, sagte er mahnend und verschränkte die Arme. Ich schluckte schwer.

„Was denn?! Ist doch so, oder nicht? Und… und er fragte wie es mir -…“
 

„Hizaki!“, unterbrach er mich verzweifelt und beugte sich etwas über den Tisch zu mir vor. „Sag mir, dass das nicht wahr ist! Sag mir, dass du nicht schon wieder dabei bist diesem Kerl zu verfallen, nur weil er dich fragt, wie es dir geht! Und dass er so ‚unglücklich’ aussah, kann auch daran liegen, dass ihm Kaya auch mal auf die Nerven geht, so was kann schnell passieren. Deshalb meint er es nicht ernster mit dir! Oder hat er sich mal wieder bei dir gemeldet? Nein, hat er nicht!“

„Das weißt du gar nicht!!“, entgegnete ich ungewollt laut und schluckte dann schwer. Wieso verteidigte ich Kamijo plötzlich?
 

Juka seufzte schwer.

„Kaya wird ihn wohl aber kaum gezwungen haben sich mit ihm zu treffen. Verstehst du, was ich meine? Er hätte auch jede seiner raren freien Minuten mit dir verbringen können, wenn er es wirklich wollte. Hat er aber nicht! Er verschwendet seine Zeit mit Kaya, also mach doch bitte endlich die Augen auf, Hizaki. Ich will dir doch nichts Böses, ich will nur nicht, dass du nach den ganzen, schönen letzten Tagen wieder in ein Loch fällst, weißt du? Und ich -…“

„Ist doch gut jetzt!!“, fuhr ich ihn lautstark an und biss mir auf die Unterlippe.
 

Jedes einzelne Wort aus Jukas Mund schmerzte wie tausend Messerstiche und je länger er sprach, desto schlimmer wurde es. Es tat unendlich weh und riss alte Wunden wieder auf. Und ich wollte nicht hören, was er da alles sagte…

„Weißt du, dass du Kamijo schlecht redest, okay, das muss von deiner scheiß Eifersucht kommen, aber Kaya ist immer noch mein Freund, also lass ihn da raus!“, entgegnete ich Juka wütend und aufgebracht.
 

„Einen tollen Freund hast du da. Wirklich, Hizaki. Wie oft hat er dir ein offenes Ohr geboten, wenn es dir mal schlecht ging? Wann ist er mal nicht das Gesprächsthema? Und vor allem: Wie oft war er nun schon Schuld daran, dass du dich selbst unglücklich gemacht hast, huh? Oh ja, einen tollen Freund hast du da.“

Ich bekam riesige Augen und einen noch riesigeren Kloß im Hals. Warum tat Juka mir nur so weh?!
 

Aber viel mehr war es wohl die Wahrheit gewesen, die so unendlich weh tat.

„Du… Du hast doch keine Ahnung!“, fuhr ich ihn wieder an und argumentierte recht schwach damit. Deswegen stand ich wohl auch auf und eilte aus dem Restaurant.

Ja, das war wohl wieder typisch für mich. Mein typisches Fluchtverhalten, wenn ich nicht mehr weiter wusste oder nicht mehr weiter wollte.

„Hizaki!!“, hörte ich Juka noch rufen, doch ich lief einfach weiter.

Part 16

Er war mir nicht gefolgt, sodass ich alleine vor seiner Wohnung ankam. Gott sei Dank hatte ich einen Zweitschlüssel bekommen, sonst hätte ich dort wohl blöd vor der Tür gesessen.

Mit dem Schlüssel konnte ich drinnen blöd sitzen, das war doch viel besser!
 

Ich seufzte mehr als schwer und ließ mich erschöpft auf die Couch sinken.

Wäre ich nicht raus gegangen, wäre das alles gar nicht passiert, aber für solche Gedanken war es wohl wirklich zu spät gewesen.

Erst musste ich Kamijo und Kaya ertragen und dann stritt ich auch noch mit Juka. Das war wirklich schier unerträglich gewesen.

Ich bekam das Bild von Kamijo und Kaya nicht aus dem Kopf. Aber dieses Bild schmerzte weniger als Jukas Worte.
 

Die Türklingel riss mich aus meinen Gedanken und ich zuckte stark zusammen. Ich dachte mir, dass es sicher Juka gewesen war und bekam etwas aufgeregtes Herzrasen.

Ich wollte nicht mit ihm streiten, schließlich war es wirklich schön gewesen die Tage zuvor. Während ich also zur Tür lief, überlegte ich schon mal, was ich ihm alles sagen wollte, damit wir uns wieder vertragen konnten und atmete tief ein und aus.
 

Je weiter ich die Tür öffnete, umso größer wurden meine Augen.

Ich wollte die Tür schnell wieder zu knallen, doch Kamijo schien darauf vorbereitet zu sein und drückte blitzschnell die Tür in die entgegengesetzte Richtung, sodass ich sie nicht schließen konnte. Einen kurzen Moment lieferten wir uns einen kleinen Kampf, wer sich denn wohl länger gegen die Tür stemmen konnte, doch Kamijo gewann und ich musste ihn wohl oder übel herein lassen.

Ich sah ihn nicht an, sondern lief ein paar Schritte in die Wohnung. Ich hörte wie Kamijo die Tür schloss und mir folgte.
 

„Wusste ich’s doch.“, sagte er leise und ich drehte mich zu ihm mit verschränkten Armen um.

„Was willst du hier?“, fragte ich mit relativ fester Stimme und schluckte schwer. Mein Herz raste, denn darauf war ich wieder nicht vorbereitet gewesen.

„Ich wollte zu dir und ich wusste, dass du hier bist.“

Wollte er vielleicht noch Applaus und Lob dafür, dass er es wusste?!
 

„Und?“, fragte ich und sah ihn gleichgültig an, auch wenn mir seine Anwesenheit alles andere als gleichgültig war. Denn wenn ich weiter darüber nachdachte, musste er ja Kaya sitzen gelassen haben, um allein her zu kommen!

„Wollen wir uns nicht setzen?“, schlug Kamijo vor und ich glaube, dass er meine gespielte Gleichgültigkeit und mein relativ unfreundliches Auftreten einfach ignorierte.

„Wenn’s denn sein muss.“, murmelte ich und lief also mit Kamijo ins Wohnzimmer.
 

Ich setzte mich mit größtmöglichem Abstand neben ihn und ließ meine Arme wie eine schützende Wand vor mir verschränkt. Ich konnte meine Neugier nicht zügeln und fragte so desinteressiert klingend wie nur irgendwie machbar: „Woher wusstest du es?“

Kamijo schien auf diese Frage gewartet zu haben, denn plötzlich grinste er leicht und schien sich darüber zu freuen, dass er seine grenzenlose Intelligenz unter Beweis stellen konnte:

„Es war nicht allzu schwer darauf zu kommen.“

Natürlich war es das nicht. Für einen Yuuji Kamijo war doch nichts schwer!
 

„Zunächst seid ihr beide nach eurem Konzert verschwunden und nicht mehr mit den anderen feiern gegangen. Dann seid ihr beide nicht erreichbar gewesen und dass Juka mich jedes Mal wegdrückte, wenn ich ihn auf dem Handy anrief, machte mich schrecklich stutzig. Ich wollte ihn nämlich fragen, wo du bist, denn ich machte mir Sorgen um dich, aber deine anderen Bandkollegen vermuteten, dass du wieder komponieren würdest und sagten, dass es dann normal sei, dich nicht zu erreichen. Somit war aber noch nicht geklärt, warum Juka genauso wenig erreichbar war wie du. Tja, und dann trafen wir uns heute in der Stadt und alles kam auf einen Nenner.“
 

Fast hätte ich ihm wirklich applaudiert, da er ernsthaft stolz darüber schien wie schlau er war, doch so frech wollte ich dann doch nicht sein.

Ich ließ seine Worte kurz noch mal in meinem Kopf Revue passieren und bekam dann einen riesigen Kloß in meinem Hals.

Hatte er wirklich gesagt, dass er sich Sorgen um mich machte und dass er auch über Juka versucht hatte mich anzurufen?

Dann hatte Juka ja im Restaurant gelogen! Er wusste mehr als er sagte und verdrehte die Tatsachen. Kamijo hatte tatsächlich versucht mich zu erreichen.
 

Doch bevor ich wieder gänzlich meinen Verstand verlor, musterte ich Kamijo skeptisch.

Wer sagte mir denn, dass Kamijo die Wahrheit sprach? Der konnte mir ja das Blaue vom Himmel reden.

..Juka allerdings auch.

Ich schluckte schwer. Da saß ich nun vollkommen verloren zwischen den Stühlen.

Plötzlich quälte mich aber eine ganz andere Frage, die ich Kamijo stellte, ohne ihn anzusehen:
 

„Kamijo. Hast du mein Gitarrensolo gehört?“, fragte ich leise und vorsichtig und begann etwas zu zittern.

„Dein Gitarrensolo?“, wiederholte Kamijo etwas verwundert. Dann griff er plötzlich nach einer meiner Hände und drückte sie fest. „Oh, aber ja! Es war wunderschön und es schmeichelte mir unaufhörlich, dass du es mir gewidmet hattest! Das hatte ich stets im Kopf während du spieltest.“

Ich musste etwas grinsen. Es war zwar ein trauriges Grinsen, aber dennoch musste ich darüber grinsen, dass Kamijo mir gerade eine Antwort auf alle Fragen gab.
 

Er log mir in diesem Moment mitten ins Gesicht, also stimmte das, was er davor so von sich gegeben hatte wahrscheinlich auch nicht.

„Lügner.“, flüsterte ich und riss meine Hand von ihm los. Ich sah ihn böse aus den Augenwinkeln an und sah die Verwirrung in seinem Gesicht. Fühlte er sich wohl ertappt?

Dann atmete er tief ein und aus und senkte den Kopf etwas.
 

Was habe ich dir getan, dass du nun so zu mir bist…“, säuselte er leise und betrübt.

Für diese Frage hätte ich ihn am liebsten geohrfeigt. Mitten ins Gesicht. Dieser herzlose Kerl, dass er nach seinen Lügen auch noch die Frechheit besaß sich so dumm zu stellen! Ich hatte mit den Tränen zu kämpfen, doch vor Kamijo wollte ich auf gar keinen Fall weinen.

„Wenn du… doch so schlau und gut im Kombinieren bist… wieso kommst du dann nicht selbst drauf, hm?“, fragte ich leise und mit leicht zitternder Stimme. Sie zitterte vor Wut, vor Enttäuschung und auch vor Verzweiflung. Kamijos Gesichtsausdruck wurde plötzlich unheimlich traurig und hatte fast schon etwas Ängstliches und Verunsichertes.
 

„Hizaki, ich - …“, begann er vorsichtig und streckte seine Hand nach meiner Wange aus, doch ich schlug sie weg und stand auf. Ich wusste, dass wenn er mich ein weiteres Mal berühren würde, die Tränen nicht mehr aufhaltbar wären.

„Geh jetzt bitte.“, zischelte ich und schluckte trocken. Ich hörte, wie Kamijo tief durchatmete und sah, dass er dann ebenfalls langsam aufstand.
 

„Ich habe es alles nicht vergessen, Hizaki.“, fing er leise an, woraufhin ich nur meinen Kopf zur Seite drehte und weiter den Fußboden betrachtete. „Ich habe es nicht vergessen. Ich habe unseren gemeinsamen Tag im Kopf, als wenn er gestern gewesen wäre und dein Solo… ich kann es auswendig. Es verfolgt mich regelrecht. Auf Schritt und Tritt. Die ganzen letzten Wochen warst du bei mir. Aber irgendwas ist passiert, ich weiß noch nicht ganz genau was, aber ich verspreche dir, dass ich es herausfinden werde und ich werde es ändern. Ich will, dass es wieder so zwischen uns ist wie an jenem Tag.“, fuhr er weiter mit sanfter Stimme fort. Mit jedem Wort aus Kamijos Mund schien mein Körper mehr zu zittern und eine Träne schlich sich langsam über meine Wange.
 

Ich wünschte mir so sehr, dass Kamijo es ernst meinte, was er da sagte, denn es klang so schön… Und ich wollte auch, dass es wieder so zwischen uns sein würde, wie an jenem Tag. So unbeschwert, so liebevoll, so… harmonisch.

Er legte nun doch eine Hand an meine Wange und strich mir die Träne mit seinem Daumen weg.
 

Langsam und vorsichtig zog er mich in seine Arme und ich wollte mich auch gar nicht mehr wehren, doch plötzlich hörten wir, wie sich ein Schlüssel in der Haustür drehte und Juka schließlich die Wohnung betrat.

Ich stieß mich von Kamijo ab und sah betreten zu Boden. Hektisch wischte ich mir die letzten Tränenreste aus den Augen und bekam wieder nervöses Herzrasen.

Das hatte mir noch gefehlt…

„Kami-… was…“, konnte Juka vorerst nur verwirrt hervorbringen und lief langsam zu uns hin.

„Reg dich nicht auf, ich wollte sowieso gerade gehen.“, seufzte Kamijo und ging an Juka vorbei. Ich sah ihm etwas verzweifelt nach und tauschte noch ein Mal kurz Blicke mit ihm aus, bevor er wirklich die Wohnung verließ.
 

Juka schien noch immer sprachlos und sah aufgeregt zwischen der Tür und mir hin und her.

„Was zum -..?!!“ Weiter kam er wieder nicht, seufzte dann genervt und stampfte in die Küche, um sich ein Bier zu holen. Ich setzte mich wieder auf die Couch und versuchte zu erklären, nachdem er wiedergekommen war:

„Ich dachte, dass du vor der Tür standest, als es geklingelt hat! Und dann konnte ich ihn nicht mehr abwimmeln.“, sagte ich und sah ihn etwas verzweifelt an.
 

„Was wollte er? Was hat er gesagt?!“, wollte Juka wissen und schien wirklich innerlich zu kochen. Ich spürte das.

„Ach, er… Nicht viel! Nichts Wichtiges.“, log ich in Ermangelung irgendwelcher schlauen Worte. Ich war noch viel zu aufgewühlt gewesen.

„Aha.“, machte Juka ungläubig und schmollte seine Bierflasche an.

„Ich war grad erst rein gekommen, da stand er vor der Tür. Wir waren auch nicht lange hier.“, erzählte ich weiter und seufzte leise. Mein Herz raste noch immer und Kamijos Worte hallten immer wieder in meinem Kopf.
 

„Mhm.“, machte er wieder desinteressiert und ungläubig wirkend. Dann drehte er seinen Kopf aber zu mir hin und sah mich aus seinen wütenden Augen an. „Und? Konnte er dich wieder um seinen Finger wickeln?“, fragte er patzig. Ich schluckte schwer.

Ja, konnte er.

Aber viel musste er dafür auch gar nicht tun, denn ich war nie komplett über ihn hinweg gekommen, wenn ich ehrlich war. Ich war so schrecklich verwirrt. Wenn ich ihn nicht mit Kaya zusammen gesehen hätte am Konzerttag, dann wäre wohl alles in bester Ordnung gewesen. Das war das einzige, was ich mir noch nicht erklären konnte.
 

Aber es gab jemanden, der mir die Erklärung liefern konnte und dieser jemand war Kamijo selbst.

Ich atmete tief ein und aus und murmelte:

„Vielleicht… sollte ich wieder nach Hause.“

Juka bekam riesige Augen. Unsere Illusion war beendet und das musste auch er nun schmerzlich feststellen. Es war vorbei.
 

„Nach… Hause…“, wiederholte er leise und ich sah ihn schwer schlucken. Er tat mir unheimlich Leid, aber ich wusste von Anfang an, dass es zu diesem Tag kommen würde. Auch ohne Kamijos ‚Hilfe’ wäre es dazu gekommen, denn ich war die ganze Zeit über nicht ehrlich gewesen.

War überhaupt irgendwer von uns Dreien mal ehrlich gewesen?!

Das musste aufhören.

Ich wollte die Wahrheit, ich wollte alle Wahrheiten und da war es doch schon mal gut, wenn ich selbst anfing ehrlich zu sein.
 

„Na klasse. Großartig! Er hat’s also tatsächlich wieder geschafft. Ich pack’s nicht…“, regte Juka sich auf, erhob sich von der Couch und wollte wohl wieder in die Küche eilen, doch ich stand ebenfalls schnell auf und umklammerte ihn fest von hinten.

„Juka.“, murmelte ich leise und traurig. Er atmete tief ein und aus und senkte den Kopf. Sein Herz raste unaufhörlich. Ich lauschte seinem Herzschlag kurz, bevor ich weiter murmelte: „Ich muss unheimlich undankbar wirken und du musst dich schrecklich verarscht fühlen, aber es war wirklich schön die letzten Tage und es hat mir mehrfach die Augen geöffnet! Dafür steh ich unendlich tief in deiner Schuld. Ich glaube aber, dass es besser ist, wenn ich wieder gehe. Ich mag aber nicht in so einem Streit mit dir auseinander gehen, verstehst du?“
 

Sein Herz raste weiter und er atmete wieder tief ein und aus.

„Ich ja auch nicht, aber… Gib es zu, ich habe mal wieder gegen Kamijo verloren.“, seufzte er.

„Hör auf damit.“, bat ich ihn ruhig und seufzte ebenfalls. Ich drückte mich fester an ihn und sagte: „Hör auf dich ständig mit Kamijo zu vergleichen oder messen zu wollen. Du… machst dich nur selbst unglücklich.“

Er lachte verachtend auf.

„Was bleibt mir übrig, du Witzbold?! Ich liebe dich.“, sagte er und löste meine Arme von seinem Körper.
 

Wieso nur berührten diese Worte mein Herz so erschreckend wenig…

Viel mehr lösten sie das Gefühl von Mitleid und das Gefühl eines schlechten Gewissens in mir aus. Es freute mich nicht, dass Juka mich liebte, es tat mir Leid. Unsagbar Leid.

Und gleichzeitig erschreckte es mich.

Juka zeigte mir, wie schwer es war die Liebe wieder los zu werden, wenn sie einen erst einmal ergriffen hatte. Ich konnte ihn verletzen so oft wie ich wollte, er hing an seiner Liebe fest. Gott, war das traurig…
 

Und es war nur ein weiterer Beweis für mich, dass meine Gefühle für Kamijo nicht so leicht klein zu kriegen waren, wie ich es mir die ganze Zeit über erhofft und vorgestellt hatte.

Ich konnte mir einreden, was ich wollte.

Ich konnte ihn mit Kaya sehen, ich konnte ihn in seiner grenzenlosen Dummheit und Verblendung erleben… Ich konnte stillhalten, während er mir das Herz aus der Brust riss.
 

Aber meine Gefühle blieben und manchmal gab es diese Momente, wo er mir das Herz vorsichtig wieder in die Brust legte und ein Pflaster auf die Wunde klebte.

Das waren wohl mehr als entscheidende Momente.

Je länger ich über meine Gefühle nachdachte, umso stärker wurde das Bedürfnis in mir so schnell wie möglich von Juka weg zu kommen. Es konnte nicht so weiter gehen. Es durfte nicht so weiter gehen.

Part 17

Wir redeten auch nicht weiter über diese schwerwiegenden Themen und schon am Abend befand ich mich wieder zuhause.

Wie still und leer mir meine Wohnung plötzlich vorkam…

Doch schnell lebte ich mich wieder ein und verbrachte die folgenden Tage relativ normal. Ich traf mich sogar öfter mal mit Teru, um gemeinsam mit ihm Gitarre zu spielen oder einfach nur durch die Stadt zu schlendern und die Musikgeschäfte abzuklappern.
 

Ich versuchte so unbeschwert wie möglich zu leben, aber der Kamijo-Virus oder vielleicht sogar schon Kamijo-Fluch lag weiterhin auf mir.

Ein Mal hatten wir sogar telefoniert. Er erzählte mir von seinem Bürostress und ärgerte sich über alle möglichen Leute. Er sagte mir sogar, dass er viel lieber mit mir einen Tee trinken als im Büro sitzen würde. Das schmeichelte mir. Ich hörte ihm gerne zu bei seinen Alltagsgeschichten, auch wenn längst nicht alles zwischen uns geklärt war.
 

Ich nahm mir aber fest vor, dass ich eines Tages alle Unklarheiten beseitigen würde, die zwischen uns waren.

Und ich wollte ihm ehrlich sagen, was ich für ihn empfand. Ich musste seine Reaktion darauf erforschen und na ja… Vielleicht würde es ja auch eine positive Reaktion sein?
 

Immer wieder träumte ich davon, wie er mich in seine Arme schließen und sanft küssen würde. Hach, da flatterten mir wieder die Schmetterlinge im Bauch umher!

Verliebt zu sein, hatte doch wirklich etwas Wunderbares an sich.

Mit all seinen Höhen und Tiefen. Ich schien sämtliche Spektren der Gefühle zu durchlaufen und es war… aufregend.
 

Ich hasste allerdings Geschichten mit einem offenen Ende. Also lag es an mir mich dem Happy oder Unhappy End zu stellen. Was auch immer es sein würde.
 

Unglaublich, aber wahr: Eines Tages fand ich mich mit Kaya in unserem Stammcafé wieder.

Es war fast schon gruselig, wirklich. Er redete kein Wort, war nur halbherzig geschminkt und stocherte gedankenverloren und betrübt in seinem für seine Verhältnisse und für seinen sonst so strammen Diätplan riesigen Eisbecher herum.

Ich blinzelte immer wieder mehrmals ungläubig und schwieg eine ganze Weile, bis ich vorsichtig fragte:
 

„Ähm… Kaya? Was ist los mit dir?“

„Haaaach…“, kam es nur theatralisch seufzend von Kaya. Ich legte meinen Kopf etwas schief.

„Achso. Na dann!“, sagte ich ironisch und tat, als wären alle meine Fragen damit beantwortet.

„Ich fühle mich schrecklich.“, seufzte das Häufchen Elend vor mir wieder.

„Was du nicht sagst. Und wieso?“, hakte ich weiter nach und blinzelte wieder mehrmals. So schlecht war es Kaya noch nie gegangen.

„Die letzten Wochen waren schrecklich. Haaaach…“
 

Geduldig schlürfte ich meinen Kaffee und wartete darauf, dass Kaya mal Genaueres von sich geben würde. Ich drängelte ihn aber nicht, obwohl ich gespannt war, was denn für ihn die letzten Wochen so schrecklich gemacht hatten.

Was sie für mich schrecklich gemacht hatten, fasse ich seit Stunden schon hier ausgiebig zusammen! Von daher glaubte ich auch nicht daran, dass er schlimmer dran sein würde als ich. Trotzdem entwickelte ich schon so etwas Ähnliches wie Mitleid für ihn.
 

Er schaufelte eine Weile seinen Eisbecher in sich hinein und fuhr irgendwann fort:

„Die ganzen letzten Wochen… Ich weiß gar nicht, wo ich da anfangen soll, Hizaki! Aber eins steht fest.“ Er hob seinen Kopf und sah mich überraschend traurig an. „Wir hatten viel zu wenig Kontakt, Hase.“

Ich bekam kurzzeitig große Augen und sah Kaya überrascht an. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Es kam ja aber nur noch besser:

„Und es gibt da etwas, was ich dir erzählen muss.“, seufzte er und mein Herz machte vor Aufregung einen großen Sprung.
 

„S-So? Was denn?“, stammelte ich und schluckte schwer.

„Es geht um Kamijo.“

Ich hatte es geahnt.

„Ich hatte dir doch mal erzählt, dass ich ihn so schrecklich heiß finde und so, ne? Tja… Fast hätte ich ihn sogar herum bekommen. Ich war ganz, ganz nah dran.“ Wieder seufzte er schwer und mein Herzschlag beschleunigte sich weiter.

„Aber?“, hakte ich aufgeregt nach und sah Kaya gebannt an. Plötzlich erwiderte er wieder meinen Blick, nachdem er kurz erneut in seinem Eisbecher herumgestochert hatte.
 

„Du warst das Problem.“, sagte er leise und ich zuckte leicht zusammen.

„I-ich? Ich verstehe nicht ganz.“, murmelte ich ehrlich meine Gedanken und sah Kaya etwas verzweifelt an. Meine Wangen färbten sich rot und die Schmetterlinge tanzten wieder hoffnungsvoll in meinem Bauch.

„Tja. Ich war selber überrascht, aber er redete ständig von dir. So oft, dass ich… so Leid es mir auch im Nachhinein tut, Hase… So oft, dass ich wirklich heimlich böse auf dich war!“, gestand er und sah mich verzweifelt an.

Ich konnte kaum glauben, was ich da hörte. Kamijo hatte oft von mir in Kayas Beisein geredet?
 

„Er schwärmte von deiner Musik und erzählte mir, wie ihr mal gemeinsam Musik gemacht hattet und all so ein Krams! Meine Gefühle waren ihm völlig egal und nur für einen kurzen Moment konnte ich ihn mir wirklich krallen! Das war… während deines Konzerts, es tut mir Leid. Deswegen habe ich dir auch nicht bei deinem Gitarrensolo zugesehen, obwohl ich eigentlich wusste, dass es dir viel bedeutete! Ich hatte Kamijo gesucht und fand ihn kurz nach deinem Solo. Fast hätte ich ihn verführt, aber irgendwie… keine Ahnung… schien er ein schlechtes Gewissen oder so gehabt zu haben. Als du dann auch noch so schnell weg warst nach dem Konzert, war er richtig schlecht drauf! Das war alles so verrückt, Hizaki… Und dann war ich fast schon froh gewesen, dass du dich die Wochen darauf so verkrümelt hattest. So konnte ich viel Zeit mit Kamijo verbringen, da ich genau wusste: Wenn ich dich nicht erreiche, tut Kamijo es auch nicht. Tja… ‚Viel Zeit’ ist bei Kamijo natürlich relativ, aber er ließ sich auf die Treffen mit mir ein und wenn ich ehrlich sein soll… Ich glaube, er nutzte sie nur aus, um irgendwie heraus zu bekommen, wo du warst. Er wollte wissen wie es dir geht und die Geschenke, die er mir machte… Pah, die bekam ich doch nur zur Besänftigung. Verstehst du, was ich meine?“
 

Ich hörte Kaya bis dahin aufmerksam zu, doch ich hielt es nicht mehr aus, stand von meinem Platz auf und rutschte auf die Sitzbank von Kaya, um ihn fest umarmen zu können.

Er beantwortete mir so viele meiner Fragen und war so unglaublich ehrlich zu mir, dafür war ich ihm schrecklich dankbar gewesen.

Wieder hatte Juka Unrecht: Kaya war ein guter Freund. Natürlich hatte er seine Eigenarten und zahlreiche Macken und trotzdem hatte er ein gutes Herz.
 

Er erwiderte die Umarmung fest und seufzte.

„Es tut mir so Leid, Hizaki. Ich schäme mich, dass ich so blöd zu dir war. Ich hätte gar nicht erst daran denken dürfen böse mit dir zu sein! Kannst du ja nix für, wenn er dich toller findet als mich. Und eigentlich… solltest du das ausnutzen, Hizaki. Ich glaube, dass er… ernsthaft an dir interessiert ist. Und lieber würde ich dich an seiner Seite sehen als irgendeinen Vollspacko, der es nicht verdient hat!“, murmelte er und ganze Felsbrocken fielen mir vom Herzen.
 

„Meinst du... meinst du das wirklich ernst?“, fragte ich und hätte Wasserfälle heulen können vor Glück. Kaya nickte und streichelte mir über den Rücken.

„Ja, ich glaub schon. Hat eine Weile gedauert, aber… ja, ich glaube schon. Und du kennst mich doch: Ich laufe niemals jemandem hinterher, eher lasse ich die Männer hinter mir herlaufen.“, sagte er mit einem hörbaren Grinsen und ich lachte leise auf.
 

„Ach Kaya.“, seufzte ich und schmiegte mich überglücklich an ihn.

„Du bist nicht sauer auf mich?“, fragte er vorsichtig, woraufhin ich eifrig den Kopf schüttelte.

„Nee, bitte lass uns das vergessen! Es ist alles in bester Ordnung.“, antwortete ich und war sogar mehr als überzeugt davon.

Wir lösten uns wieder voneinander und lächelten uns gegenseitig erleichtert und froh an.
 

„Gott, nun ist mir aber ein Stein vom Herzen gefallen! Ich glaube, ich brauche einen Sekt. Magst du meinen Eisbecher haben? Ich übergeb’ mich gleich davon.“, seufzte er und wedelte sich mit einer Hand Luft zu, während er sich nach einem Kellner für seinen Sekt umsah.

Ich zog den Eisbecher grinsend zu mir hin und aß ihn also für Kaya auf.

Nachdem Kaya seinen Sekt hatte, fragte er nach einer Weile grinsend, während er seinen Kopf mit einer Hand abstützte: „Aber aus dir und Kamijo wird wohl auch nix, was, Liebes?“
 

Ich gefror in sämtlichen Bewegungen und starrte Kaya mit großen Augen an.

„W-was? Wieso?“, fragte ich und Kaya rollte mit den Augen.

„Hallooo? Meinst du, ich bin blind? Du kannst mir nich’ erzählen, dass das bloß Ringelpietz mit Anfassen zwischen dir und Juka ist. Ich hab euch doch genau gesehen.“, grinste er breit und ich schluckte schwer.

„Ringel-…Was?!! Oh Gott, hör auf! Wir, wir sind nicht zusammen!“, entgegnete ich schnell und bekam wieder einen leichten Kloß im Hals beim Gedanken an Juka. Wie es ihm wohl ging?
 

Kaya blinzelte mehrmals.

„Achwas? Seid ihr nicht? Dafür habt ihr aber ziemlich viel aufeinander gehockt und als wir euch in der Stadt trafen… Hm. Aber gut! Dann stünde dir und Kamijo ja doch nix im Wege!“, grübelte er, grinste mich dann aber wieder an. „Wehe, Hizaki!“, fauchte er im nächsten Moment und sah mich aus böse funkelnden Augen an.
 

„Nun geht’s aber los hier!? Was denn??“, rief ich mit großen Augen und schluckte schwer.

„Du musst mit Kamijo zusammen kommen, sonst bin ich doch wieder sauer.“, knurrte Kaya und sah mich eindringlich an.

„I-ich muss?“

„Mhm!“, machte er nickend und fuhr dann fort: „Ist mir jetzt egal, ob du ihn magst oder nicht. Du musst meine Position vertreten! Und mir alles im kleinsten Detail erzählen, hehe…“

„Kaya?“, versuchte ich ihn vorsichtig zu unterbrechen, doch keine Chance:

„..Und wenn ihr dann erst einmal zusammen seid, will ich all seine schmutzigen Geheimnisse hören, die du herausfinden wirst, oh ja! Der Plan ist gut…“

„Kaya??“

„Das wird meine Art Rache, weil so ganz ungeschoren, kann ich ihn ja auch nicht davon kommen lassen, oder? Diesen blöden, alten…“

„Kaya!!“

„Hm??“, machte er endlich aus seinen Gedanken gerissen und kicherte dann. Er winkte mit der Hand ab und trank einen großen Schluck Sekt. „Schon gut, schon gut, ich lass euch ja in Ruhe.“, grinste er dann und ich seufzte erleichtert. Für einen Moment dachte ich, dass er das ernst meinen würde.
 

„Und Hizaki?“, hörte ich ihn dann fragen und sah ihn abwartend an.

„Und was?“, wollte ich wissen und schluckte leicht.

„Magst du Kamijo?“, fragte Kaya mich schließlich und an seinem milden Lächeln konnte ich endgültig ablesen, dass ihn das wirklich von Herzen interessierte und er mir wirklich nicht mehr böse war. Ich wurde etwas rot um die Nase, senkte meinen Kopf leicht und nickte dann.
 

Kaya lachte leise.

„Erinnerst du dich noch daran, wie ich dich hier mal nach deinem Traumprinzen fragte?“

Ich grinste ihn schief an und nickte erneut.

„Ja.“, murmelte ich und wusste eigentlich schon, worauf er hinaus wollte.

„Er ist es, oder?“, fragte Kaya flüsternd und breit grinsend. Auch ich konnte ein breites Lächeln nicht verhindern und nickte wieder eifrig ohne Kaya anzusehen. Mein Herz tanzte aufgeregt und nach einem Moment schob Kaya mir einen Zettel zu.

Ich musterte ihn ausgiebig und sah Kaya dann fragend an.
 

„Kamijos Adresse. Vielleicht… solltest du ihn mal besuchen? Donnerstags bleibt er meist nur bis acht im Büro, länger nicht.“, erklärte Kaya lächelnd und ich biss mir auf die Unterlippe, um nicht zu breit zu grinsen. Ich kannte Kamijos Adresse zwar bereits, aber das ließ ich Kaya besser nicht wissen…

„Danke.“, flüsterte ich und umarmte ihn wieder fest.
 

Es hätte alles anders laufen können, aber irgendwie… ich bin froh, dass es so gelaufen ist. Ich hatte Juka voll gequengelt, dass ich so erfahrungslos sei, aber im Nachhinein weiß ich, dass dieses ganze Theater mich um etliche Erfahrungen reicher gemacht hat.

Und nicht nur das…

Ich bin nicht nur zu einer Prinzessin geworden, wie ich es immer wollte, sondern habe nun auch den perfekten Prinzen an meiner Seite.

Dafür hat sich das Theater wirklich gelohnt!

Und endlich durfte ich die Liebe, mit all ihren Höhen und Tiefen erfahren und weiß, was Kaya meinte, als er sagte:
 

Sie ist das Feuer, an dem man sich die Finger verbrennt und welches gleichzeitig deine Leidenschaft entflammt…

Sie ist wie ein guter Wein, der lange Zeit reifen muss, um wirklich gut zu sein…

Sie ist die Satinbettwäsche, die dich so weich und kuschelig liegen lässt, dass du einschläfst und niemals wieder aufwachen willst!
 

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Kommentare zu dieser Fanfic (36)
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Von:  Astrido
2010-08-19T19:19:47+00:00 19.08.2010 21:19
ich fand die geschichte total süß.
so ein schüchterner hizaki is niedlich. und kamijo is lustig, auf seine charmante art.
nur juka tut mir total leid. der hat jetzt niemanden. nur die restlichen band mitglieder sind vllt ein klitzekleines bisschen zu kurz gekommen.

kaya is ne klasse für sich. ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie er ohne punkt und komma labert, weil ich mal nen konzert ausschnitt gesehen habe, wo er auch wie ein wasserfall redet..

tja...
alles gute.
astrido
Von:  sama_su
2010-07-14T23:17:09+00:00 15.07.2010 01:17
Du bist ein Genie^^!!
Ich musste die ganze Zeit über lächeln, als ich die Story gelesen hab-weil all die Charaktere so liebenswürdig sind und der ganze Verlauf so realitätsnah gebaut ist. Ich hatte so ein ähnliches Bild von Teru, Jasmine You und Kamijo-beim Letzteren war ich von der Charakterbeschreibung vor Begeisterung ziemlich baff (; (an dieser Stelle möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass Kamijo nicht mein Lieblings-Versailles-Member ist :P )

Das erste Kapitel ist so mega niedlich <3

Aber mir tut Juka im letztem Kapitel leid... Ich war etwas irritiert, das Hizaki so gut wie gar nicht mehr über die Nacht mit ihm zurückgedacht oder darüber gesprochen hat (den Teil konnte ich leider nicht lesen...adult... aber es ist ersichtlich, worum es da geht :) )
Es wäre toll, wenn er noch eine andere "Prinzessin" finden würde neben Hizaki (;

Alles in allem eine super tolle Fanfiction. (weiteres Stimmungshoch nach dem Versailles-Konzert in Hamburg x) *hüpf* )

Ganz liebe Grüße
sama_su




Von:  _pineapple_
2010-07-09T01:46:56+00:00 09.07.2010 03:46
Okeeee *auf Uhr guck*
Whohooo glanzleistung: 3:24...
Und ich muss wieder früh raus und dank DIESER gottverdammt GENIALEN FF, die ich natürlich von Anfang bis Ende an einem Stück durchlesen musste, hab ich morgen Augenringe bis zum Erdkern...*grummel* >->

ABER egal!!

Weil das ist sowas von rührend...
ich weiß noch gar nicht, wie ich das beschreiben soll...


Erstmal ist es unglaublich gut geschrieben!!

man liest und liest... und man wird nicht müde dabei...
(ich gehör ja manchmal zu den Kanidaten, die dann nen paar Zeilen überspringen...*hust*) aber hierbei...gar nicht...*jede Zeile aufgesogen*

Und man bekommt einfach dieses Prinzessinen-Feeling...
Man taucht ein, die Suche nach dem richtigen Prinz...und... AAAARGH....unbeschreiblich...ich bin noch total benebelt...*schrott text*
Liegt vielleicht auch an der Uhrzeit...

Aber es passt einfach zu PERFEKT nach dem Versailles-Konzert am Mittwoch...

Das Beste: Die Liebe~
*seufz*
Du weißt gar nicht, wie du mir eigentlich aus der Seele gesprochen hast...
Ich hab bis jetzt einfach noch keine FF gelesen, die das so realistisch beschreibt...so nah...so verständlich...
Ich hab mich einfach wieder gefunden...

Die meisten Anderen FFs sind halt so typisch... ich sag mal: Happy End... Friede-Freude-Eierkuchen... und alle nach dem gleichen Schema, irgendwie...(deine FF hat mir mal wieder gezeigt, wie grotten schlecht ich eigentlich schreibe...^^)



Einen kleinen Kritikpunkt hab ich noch: Das letzte Kapi...das ging iwie so...hopplahopp... eine aufs andere. Hatte ich jedenfalls das gefühl...
ich kann nicht mal genau beschreiben, woran es lag...O.O

und dann stört mich da noch son klitzekleines Wort, das sich ENDE nennt...

BITTEE!!

du musst eine Fortsetzung schreiben...
Ich will Kamjo in dieser Geschichte noch LEIDEN sehen X-X *todesblick*
Schon allein dafür, wie er Hizaki behandelt hat und ihn trotzdem bekommt...das ist..ich könnte den...*mordgedanken*

Und dass er nicht zu Juka gegangen ist...TT^TT
Aber was sag ich: die Liebe eben~...wie schon erwähnt, du schreibst mir aus dem Herzen...man rennt doch immer dahin, was schlecht für einen ist...*seufz*

*zulaber*

Wie auch immer... es wird immer später~... :D


Also wirklich...eine herzergreifende Geschichte, wo einfach alles zusammen passt...


weiter so, weiter so!!

Ich warte auf eine Fortsetzung...^.~




Anmerkung am Rande:
Und JEDER, der hier ernsthaft noch kein Kommi geschrieben hat, soll sich GEHÖRIG was schämen...unglaublich -.-....


*Romankommentar beendet*



gaaaaanz liebe grüße


Peko♥


3:46... ich hau mich mal schlafen...
Von:  Kanji
2009-12-14T18:05:56+00:00 14.12.2009 19:05
Neeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeein ;_____________;
-erstmal flennt-
... Juka! D'x
Hizaki, warum? (; ;)
Warum Kamijo? D:
Ich finde immer noch, Hizaki gehört zu Juka! :D♥

Das letzte Kapitel ;___________;
Das ist so schade >//<
Die FF ist sooo wahnsinnig toll, ich liebe sie total <3
(Das ist auch die einzige FF im MOment, die ich gerne lese♥)

Ich würde mich über eine Fortsetzung freuen, aber naja, wie Kaylean schon schrieb - du musst es selbst mögen.♥
Die ganze FF war ein supertolles Schriftstück und du weißt gar nicht, wie oft ich mir die Kapitel noch mal durchgelesen habe... Vor allem das Adultkapitel~
hrrrrr♥
Du weißt schon, weil wegen Juka ♥____♥;
-fangirl squeel-

Okay, auch wenn ich jetzt nicht soo großer Fan vom Pairing Kamijo x Hizaki bin, ich finde das Ende schön♥
Es passt einfach x3
Du bist so eine talentiere Schreiberin ;___;
-knuddel-
Würde mich freuen, eine weitere FF von dir zu dem Thema zu lesen♥
-knuffl-
Hrrrm <3
Auch wenn die FF vorbei ist - wollen wir vllt. Kontakt halten? <3
Finde dich total liebenswert <3~
-herzl-


Liebe Grüße,
Kanji♥
Von:  Lacrima_de_Romana
2009-12-14T06:25:44+00:00 14.12.2009 07:25
Also ich bin für einen zweiten Teil ^-^
Allein weil ich wissen will wie es mit Juka und Kaya weiter geht. Ob Kaya doch endlich mal sich binden kann, und vor allem ob Juka alles verkraftet.
Naja und juka und Kaya geben auch so ein hübsches Paar ab ^-^
Von:  Kaylean
2009-12-13T20:43:32+00:00 13.12.2009 21:43
Bevor ich es vergesse: Du hast einen Rechtschreibfehler, einmal trinkt Kaya Sekte statt Sekt!

und jetzt... Ich habs geahnt!! *mit dem Armen rumwedel-
Ich hab es geaaahaaaant~ ich habs geahant~ XD
...
*räusper*
okay, gut XD
Genug gefreut.

Ein gelungenes Kapitel, wie ich finde.
Es war also, wie geahnt, die Kayalösung~ XD Kaya haut also alles raus und endlich lichtet sich der Nebel~

und darf ich an dieser Stelle sagen: Kaya ist LIEBE!
Kaya ist so großartig~ XD Einerseits soooo einnehmend, andererseits so Herzensgut~ Hizaki-Hase, du hast so ein Glück!

Mir gefällt das Kapitel einfach~
Mir gefällt vor allem der Abschluss mit dem "Traumprinzen an meiner Seite" das klärt so vieles~ und doch lässt das Fragezeichen wirklich Raum für noch einen zweiten Teil. Lass dir auch ruhig Zeit dafür. Hauptsache es gefällt dir ♥
Und was dir gefällt, gefällt uns Lesern sicher auch =)

Ich wäre aber wirklich noch für eine Fortsetzung.
Die Klärung wie es z.B mit Juka ausging (Kaya ist doch auch noch Single, oder? XD) fehlt mir noch.

Ich hoffe einfach, dass noch was kommt. Einfach weil ich deinen Hizaki so toll finde =)

Kaylean
Von:  Kanji
2009-12-13T17:08:35+00:00 13.12.2009 18:08
Hrrrr! *__*
Ein wirklich schönes Kapitel, das stimmt <3
Ich muss hier Kaylean zustimmen: Die Sätze, die sie in ihrem Kommentar aufgeführt hat, stimmen so wunderschön und passen so wunderschön zur Liebe! <3
Jetzt kullern mir sogar die Tränen! T____T
Das Kapitel war unheimlich traurig, und doch so wunderschön.
Ich finde die Gedankengänge von Hizaki wunderschön, wie er beschreibt, dass die Illusion beendet sei und wie er über Jukas Gefühle für ihn nachdenkt.
(Natürlich gefällt es mir nicht, dass Hizakis Herz an Kamijo geht... Er gehört zu Juka! >/o\<)
Aber dennoch - dein Schreibstil ist wahrlich beneidenswert *A*
Große Liebe <3

Hrrrm `____________´
Ich freue mich aufs nächste Kapitel <3
Und ich bin gespannt, wie es mit Juka, Kamijo, Hizaki und Kaya weitergeht :3
Was ist eigentlich mit Tomozo? o.o
Von:  Kaylean
2009-12-13T13:24:45+00:00 13.12.2009 14:24
Ein schönes Kapitel!

Ich mag vorallem diese Sätze: >>Ich konnte stillhalten, während er mir das Herz aus der Brust riss.

Aber meine Gefühle blieben und manchmal gab es diese Momente, wo er mir das Herz vorsichtig wieder in die Brust legte und ein Pflaster auf die Wunde klebte.<<

Das beschreibt die Liebe einfach sehr, sehr gut. Sowieso hast du es einfach drauf, sehr gute Vergleiche zu finden und Bilder zu malen, indem du einfach schreibst.
Ich finde das wirklich großartig~

Nun mal Richtung Inhalt.
Wenn ich Hizaki wäre, ich würde es auch nicht können XD ich würde Kamijo einfach nicht abweisen können. Das geht einfach nicht~
Aber Hizaki hat Recht, er kann das Blaue vom Himmel lügen und Juka auch. Aber wieso kommt Hizaki eigentlich nicht auf den Trichter mal Kaya anzurufen und ihn zu fragen, was wirklich mit ihm und Kamijo ist.
Auch wenn Kaya wirklich kein guter Freund ist [obwohl er wahrscheinlich einfach nicht merkt wie einnehmend seine Persönlichkeit wirkt/ist], so denke ich schon, dass er die Wahrheit sagen würde~

Ach ich bin so gespannt~
|D Go Hizaki! Auf den Pfaden der Liebe - finde den Richtigen *anfeuer*
Von:  Asmodina
2009-12-12T14:32:18+00:00 12.12.2009 15:32
Jaa, das nenne ich mal ein Wechselbad der Gefühle. Und wie ich Hizaki verstehen kann. Ich warte auf das nächste Kapitel.
Von:  Kaylean
2009-12-12T14:23:52+00:00 12.12.2009 15:23
so~
nachdem ich sage und schreibe 4 Stunden gebraucht habe, um dieses Kapitel zu lesen [zwischendurch Kaffee~ dann noch Klatsch hinterher, dann weiterlabbern]

|D Ich will auch einen Putzhizaki für meine Wohnung. Hizaki flüchte zu mir, ich zwing dich auch nicht raus. muhahahaha! òó die Prinzessin bleibt dann hier!

so XD genug stuss gelabbert~

Ich bin gespannt, wie es weitergeht~

Mir gefällt es, dass Hizaki bei Juka praktisch einzieht und sie sich wie ein Ehepaar verhalten. Irgendwie gefällt es mir einfach~
auch, dass Hizaki auch erwähnt, dass es sich falsch anfühlt.

Ich bin wirklich gespannt, wegen der Szene mit Kamijo und Kaya.
Hizaki sollte Kaya wirklich mal die Meinung geigen! Da stimme ich Juka zu XD

So~ Hizaki lauf zu Tomozo und versteck dich da [und ja, ich gebe die Hoffnung auf XD]


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