Sie sah sie. Sah sie dort stehen am anderen Ende des Schulhofs. Die lange Locken flatterten im Herbstwind. Das schwache Sonnenlicht reflektierte auf dessen schwarz und gab ihm ein Glühen. Sie lachte. Wie himmlisch das war. Ihr wurde warm, so warm ums Herz, als sie das helle Geräusch vernahm und plötzlich schien ihr der triste Schulhof viel heller, die Leute viel leiser. Das intensive Rot ihrer Strickjacke unterstrich ihre dunkle Haut und die ebenso dunklen Augen perfekt.
Und diese Jeans. Sie schmiegte sich an ihre Beine und ihre Hüften, wie eine zweite Haut. Betonte ihre Vorzüge, ihren knackigen kleinen Hintern, die dunklen Stiefel ließen ihre langen Beine endlos erscheinen.
Wie gut es doch wäre, würde sie diese Beine um sie schlingen, könnte sie doch nur ihre Hände in ihren Locken vergraben und ihre Lippen langsam diesen Körper hinunter wandern würden, bis hin zu...
„Sara!“
Sie fuhr erschrocken hoch, hatte jemand ihre Gedanken gehört? Vor ihr stand ein Mädchen und fuchtelte mit der Hand durch die Luft.
„Sara, wo bist Du mit Deinen Gedanken? Wir haben Bio. Hast Du die Hausaufgaben?“
Es war Marie. Erleichtert fuhr sie sich durch die blonden Haare. Alles war in Ordnung.
„Nein, habe ich nicht. Du?“
„Würde ich sonst fragen? Steffi hat sie aber. Wenn wir uns beeilen, können wir vielleicht noch abschreiben.“
Und sie zog die Blondine mit sich, ohne dass die noch protestieren konnte.
Einen letzten Blick warf sie aber noch zurück. Auf sie, Fernanda, die in dem Moment ihren Badmintonschläger schulterte und zu Sport ging.
Natürlich hatte sie sie nicht gesehen. Wie auch? Sie hatten nichts miteinander zu tun. Verschiedene Leistungskurse, verschiedene Freunde.
Nur Latein und Religion hatten sie zusammen. Nicht wirklich Fächer bei denen man sich näher kommen könnte.
Sara seufzte. Und als Mädchen schon gar nicht...
