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Ai shite iru

Eine Reise, die ihr Leben veränderte
von

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Der Brunnen

Der Brunnen
 

Es hatte nur wenige Tage gedauert, bis Sarah wieder in Japan war. Wieder? War sie jemals dort gewesen? Sie schüttelte ungläubig den Kopf. Alle hatten ihr versichert, sie sei niemals da gewesen. Der Unfall wäre in den heimatlichen Bergen passiert, fast vor ihrer Haustüre. Ein Wanderer hätte sie gefunden, bewusstlos am Fuße einer Felswand. Er hatte die Bergwacht informiert, die sie dann abgeholt und ins Krankenhaus gebracht hatte.

Japan hätte sie nie gesehen, hatte ihr Christine versichert. Aber sie wollten hinfliegen, hätten sich schon seit Wochen riesig auf die Reise gefreut. Der Boden ihrer Wohnung war übersät gewesen mit Prospekten, als sie wieder zurückkam. Sie erkannte ihr Appartement sofort wieder, fühlte sich sofort vertraut, und trotzdem konnte sie sich nicht genau an ihre Reisevorbereitungen erinnern. Ein seltsames Gefühl. Die Ärzte im Krankenhaus hatten sie noch darauf vorbereitet, dass bei partiellem Gedächtnisverlust das Kurzzeitgedächtnis total gelöscht sein würde. Auch Erinnerungen an die Wochen vorher könnten durchaus lückenhaft sein und vielleicht nie mehr wieder kommen.

In einem seltsamen Nebel aus Tagträumen, Erinnerungsfetzen und trostloser Einsamkeit durchlebte sie die nächsten Tage. Das lebhafte Auftreten ihrer Freundin Christine tat ihr gut Sie wirbelte in ihrer Wohnung herum und trieb sie an, ihre Sachen zu packen und sich für die große Reise zu rüsten. Sie hatte schon Angst gehabt, dass sie wegen des Unfalls auf ihren Trip verzichten müssten.

Bald schon standen sie am Flughafen in der Schlange am Schalter um einzuchecken, nahmen ihre Plätze im Flugzeug ein, aßen aufgeregt ihre servierten Menus. Stundenlang blickte sie auf die silbernen Wolken unter ihr, wobei sie im Spiegelbild des kleinen Fensters immer wieder die Silhouette eines jungen, dunkelhäutigen Mannes zu sehen glaubte, dessen schwarzes Haar von einen ledernen Stirnband gebändigt wurde. Bald ertrug sie dieses Bild nicht mehr und sie schloss die Augen und suchte die Erlösung im Schlaf. Der überfiel sie auch, und sie erwachte erst kurz vor der Landung.

Hektisch war die Fahrt im Taxi zu ihrem Hotel, einem anderen als sie in wager Erinnerung hatte. Unruhig und gehetzt wandelte im gemeinsamen Hotelzimmer auf und ab. Dann bat sie die Freundin, sie noch auf einen ersten Ausflug zu begeleiten.

„Was, jetzt noch? Ich bin eigentlich total erledigt. Und es wird auch schon bald dunkel. Aber, weil du es bist, warum nicht? Schlafen werde ich eh nicht können bei dem Jetlag.“

Also schnappten sie sich ihre Taschen mit den nötigen Utensilien und Christine musste fast rennen, um der Freundin folgen zu können. Wie in Trance machte Sarah sich auf den Weg, mit U-Bahn und Bus, dann zu Fuß eine lange Straße entlang. Christine stand stöhnend vor einer endlos langen Treppe, die einen Berg hinauf führte und oben von einem großen, asiatischen Torbogen gekrönt wurde. Sie sah Sarah die Stufen hinauf hasten, sie hatte schon beinahe das exotische Tor erreicht und sie spurtete schnell hinterher, um sie noch zu erreichen. Als sie völlig außer Puste oben angekommen war, blickte sie sich schnell um: ein großer Baum, ein freier, offener Platz, ein Wohngebäude und ein kleiner Schuppen quer gegenüber. Und Sarah schritt zielsicher auf den kleinen Holzverschlag zu. „Warte doch!“ rief sie der Freundin hinterher, aber diese war schon im Innern des kleinen Häuschens verschwunden. Schnell rannte Christine los. So sportlich war sie eigentlich nicht, und sie wunderte sich, dass Sarah nun so schnell unterwegs war, wo sie selbst doch sonst immer diejenige war, die vorne weg zog. Ihre Augen gewöhnten sich gerade an die Dunkelheit als sie eine Silhouette erkannte, die sich bewegte. Sie stand am Beginn einer kleinen Treppe, die im Schuppen hinab in die Tiefe führte, zu einem Brunnen, wie ihre Augen so langsam erkennen konnten. Und die schemenartige Bewegung stammte von ihrer Freundin, die gerade auf dem Rand des Brunnen saß…und sich hinab stürzte.

„Sarah!!!“ gellte noch ihre Stimme als sie die Stufen hinunter rannte. Noch bevor sie unten ankam, hörte sie das Geräusch, das verursacht wurde als ihre Freundin auf dem steinigen Boden des tiefen Brunnen auftraf, das Geräusch von brechenden Knochen.



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