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Die vier Phasen

von

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Wenn die Hoffnung stirbt

Mit brennenden Augen starre ich in die Dunkelheit. An Schlaf ist nicht zu denken.

Immer wieder ziehen die Erinnerungen der letzten Stunden wie Filmausschnitte an mir vorüber. Pascal, wie er sich selbstgefällig auf dem Bett fläzt. Florence, die mich kurz und tapfer anlächelt. Florence mit verzerrtem Gesicht, ihr Körper voller Blut ... Es ist wie ein Alptraum. Nur dass ich nicht aufwachen kann.

Dieser furchtbare silbern glänzende Dildo.

Meine Unfähigkeit, mich zu widersetzen.

Hinter mir höre ich Pascal leise schnarchen. Ich habe mich von ihm weg gedreht. Seinem Arm, der schwer auf mir liegt, entkomme ich damit nicht. Seinem Atem, der über meine Haut streicht, auch nicht.

Viel zu nah.

Aber ich kann nicht weg. Nicht einmal weg schlafen kann ich mich. Ich möchte Pascal verachten, doch ich verachte nur mich selbst. Warum bin ich so schwach? Warum kann er alles von mir verlangen?

Dabei war ich mir sicher, dass ich diesmal nicht nachgeben würde! Doch dann ...

Noch immer durchlaufen mich kaltheiße Schauer, wenn meine Gedanken zu diesem Moment streifen, diesem Moment, in dem alles vorüber war. Dieser bemerkenswerte Augenblick, in dem nicht die Angst überwog, sondern unendliche Erleichterung. Erleichterung, diesem Irrsinn ein Ende zu bereiten. Ich erwartete den letzten entsetzlichen Schmerz, äußerlich zitternd, doch innerlich erstaunlich ruhig. Diesen Dildo in mir hätte ich nicht überlebt.

Und dann die bittere Erkenntnis: Der war gar nicht für mich! Und so hat Pascal mich dann doch wieder in seine Gewalt bekommen. Bloß eine weitere meiner unzähligen Niederlagen.

Wie schon so oft hasse ich mich dafür, nachgegeben zu haben. Plötzlich bin ich sicher, dass er mich hereingelegt hat. Die Muskatreibe muss ein Bluff gewesen sein! Von wegen, ich hätte Florence gerettet, pah! Abscheuliches habe ich ihr getan, Unverzeihliches ...

Mein Arm brennt, wo die Haut offen ist. Geschieht mir recht.

Wie es Florence jetzt wohl geht? Liegt sie wach wie ich, starrt sie in die Dunkelheit, kann nicht vergessen; hasst sie mich, so wie ich?

Ist sie schwanger? Kann man schwanger werden von einmal Sex?

Man kann.

Ihr Kind, unser Kind, ausgeliefert an ein Monster wie Pascal. Mir wird kalt. Die Vorstellung ist so undenkbar, dass ich sie fallen lassen muss.

Ich muss fort.

Zu lange schon bin ich hier.

Niemand findet mich. Niemand sucht mich. Niemand vermisst mich.

Patrick ist nur eine ferne Erinnerung. Meine Botschaft an ihn eine Nachricht ins Nichts. Meine Abwesenheit an unserem Hochzeitstag spricht eine eigene Sprache.

Unwiederbringlich.

Der Arm, der auf mir liegt wird zu einer dicken schweren Python, die mich zu ersticken droht.

Jetzt.

Ich kann nicht mehr warten.

Ich kann nicht weiter machen, ohne es wenigstens versucht zu haben.

Vorsichtig, unendlich vorsichtig, streife ich Pascal ab und erhebe mich langsam. Bloß kein Geräusch machen. Dann stehe ich vor dem Bett, den weichen Teppich unter den Fußsohlen, und weiß nicht, was nun. Ich habe keinen Plan. Nur weg, weg, weg und die Bilder aus meinem Kopf spülen. Mit angehaltenem Atem schleiche ich auf Zehenspitzen aus dem Zimmer. Die Tür öffnet und schließt leise, ohne Pascal zu wecken.

Alles geschieht wie im Traum, ganz natürlich, es muss gelingen.

Das Haus liegt dunkel vor mir. Ich höre das Ticken der Standuhr, sonst ist alles still. Wie komme ich hinaus? Meine Füße finden von allein den Weg zur Treppe. Die Stufen sind kühl. Durch die Fenster fällt das Mondlicht und erfüllt die Eingangshalle mit fahlem Licht. Da ist die Tür, ich lege die Finger auf das glatte Metall der Klinke, drücke sie hinunter.

Die Tür ist verschlossen.

Es braucht eine Weile, bis diese Information in mein Bewusstsein dringt. Plötzlich bröckelt der tranceähnliche Zustand von mir ab. Bin ich wahnsinnig? Wenn Pascal mich erwischt ... Mein Herz beginnt laut zu hämmern. Meine Gedanken rasen, ohne dass ich einen einzigen zu fassen bekomme. Ich starre auf meine Hand, die noch immer die Klinke umklammert hält. Nur so ein dämliches Türschloss und ein paar Zentimeter Holz trennen mich von der Freiheit.

Ich wirbele herum und renne los. Das Haus ist riesig, aber ich kenne den Weg von der Treppe in den Salon, wo die Terrassentür ist. Im Salon angekommen, verharre ich kurz und schreite langsam weiter. Wie oft habe ich hier getanzt. Eigentlich kann ich sagen, dass dies der einzige Ort im Haus ist, wo ich für kurze Zeit ein wenig Glück gefunden habe.

Bitte, lass mich auch jetzt Glück haben!

Doch auch die Terrassentür lässt sich nicht öffnen.

Wie dumm von mir. Ich dachte doch nicht ernsthaft, dass ich einfach hinaus spazieren kann, nur weil Pascal schläft? Mein Blick schweift durch den mondbeleuchteten Garten, mein Atem lässt die Scheibe beschlagen, draußen bewegt sich ein Schatten. Erschrocken weiche ich zurück. Die Hunde – ich habe die Hunde ganz vergessen! Selbst wenn ich das Haus verlasse, muss ich an den Hunden vorbei, große schwarze, gefährlich aussehende Hunde. Und die Gartenmauer. Das automatisch schließende Tor mit dem Bewegungsmelder, der den Eingangsbereich in gleißendes Licht taucht. Nicht umsonst fand ich eine Flucht bislang unmöglich. Außerdem ... bin ich nackt und draußen ist Ende März.

Ich muss nachdenken, mir muss etwas einfallen, bevor Pascal aufwacht, vielleicht kann ich mich verstecken, ich muss ...

Ein Geräusch lenkt meine Gedanken ab. Ich schleiche auf den Flur hinaus und lausche. Es kommt nicht von oben, dem Himmel sei dank, es kommt aus dem Bereich des Hauses, den ich nicht kenne, dort, wo auch die Küche sein muss. Es ist ein Weinen. Ist das ...?

Florence!

Ich zögere. Vielleicht will sie auch fort, wie ich. Vielleicht können wir es zu zweit schaffen. Sie kennt dieses Haus besser als ich. Es ist so alt, sicher gibt es hier Geheimgänge. Oder bringe ich sie nur unnötig in Gefahr? Wieso sollte Florence geheime Gänge kennen, sie ist genauso gefangen wie ich es bin. Plötzlich habe ich Laurins Stimme im Ohr. Es ist unmöglich, sie kommen alle wieder. Wie oft hat er mich eindringlich davor gewarnt, zu fliehen. Du weißt nicht, was mit Sklaven passiert, die weg laufen.

Ach, Laurin. Du weißt ja nicht, wie es ist, in Monsieurs Haus zu leben.

Für Florence muss es auch schlimm sein. Wie lange mag sie schon hier sein? Und woher hat Pascal sie? Sehnt sie sich auch nach jemandem, den sie zurück lassen musste? Seltsam, dass ich mir vor dieser grauenvollen Nacht noch nie Gedanken über sie gemacht habe.

Das Weinen hat aufgehört, aber ich gehe in die Richtung, aus der es kam. Warum weiß ich nicht. Ich muss sie sehen, mit ihr sprechen. Der Flur, den ich entlang schleiche, ist dunkel, kein Fenster, das den Mond herein lässt. Aber eine der vielen Türen ist nur angelehnt, und ein schwacher Lichtschein lenkt meine Schritte. Bilde ich mir das ein oder schmerzen meine Fußsohlen mal wieder? Wahrscheinlich ist es nur die Kälte. Im gesamten Erdgeschoss ist kein Teppichboden, und ich beginne zu frösteln.

Die offene Tür ist nur noch ein paar Schritte entfernt, da werde ich plötzlich von hinten an den Haaren gepackt. Es fühlt sich an, als würde mir die Kopfhaut vom Schädel gerissen werden, mein Schrei wird erstickt durch eine Hand, die sich auf mein Gesicht presst. Ich kann nicht atmen! Panisch versuche ich, den Griff auf Mund und Nase zu lockern, während der reißende Schmerz an den Haarwurzeln mir die Tränen in die Augen treibt. Ich werde rückwärts gezerrt, dann losgelassen und hart nach vorn gestoßen. Ich stolpere, torkel gegen eine Wand, schaffe es aber irgendwie, auf den Beinen zu bleiben.

Jetzt werde ich erfahren, was mit Sklaven geschieht, die zu fliehen versuchen. Pascal sagt kein Wort, aber das verheißt nichts Gutes.

Das Licht geht an, und ich bin geblendet von der Helligkeit. Pascal packt mich am Arm, zieht mich heran und gibt mir mehrere Ohrfeigen, nicht besonders stark. Er gibt ein knurrendes Geräusch von sich. Moment, das ... das ist gar nicht Pascal! Die hünenhafte Gestalt vor mir, die mich wütend ansieht, das ist Ivan.

Ivan mit seinem vernarbten, fratzenhaft grinsenden Gesicht, das mir beinahe mehr Angst einjagt als seine brutalen Hände. Ivan ist es, der für Pascal die Drecksarbeit erledigt. Er entsorgt meine Exkremente, wenn ich im Käfig hocke, er säubert den Folterkeller mit den „Spielgeräten“ von Schweiß und Blut und den ganzen Ausscheidungen, die mein Körper von sich gibt, wenn nichts mehr unter Kontrolle ist. Auch mich reinigt er oftmals, wenn Pascal mit mir fertig ist. Ivan ist Pascals rechte Hand. Er spricht nicht, er gehorcht nur.

Es macht keinen Unterschied, dass er mich erwischt hat und nicht Pascal.

„Ich konnte nicht schlafen“, stammele ich eine Erklärung, auch wenn ich nicht glaube, dass mir das hilft. „Ich wollte nicht weg laufen, ich konnte nicht schlafen, und dann hörte ich jemand weinen, ich wollte nach Florence sehen, mehr nicht, wirklich ...“

Ivan unterbricht mich mit einem zischenden Laut und schlägt mir mit der flachen Hand auf den Mund. Leicht nur, er weiß genau, wie stark er zuschlagen darf, um keine Spuren zu hinterlassen. Ich wehre mich nicht. Nur ganz kurz schweifen meine Augen umher auf der Suche nach etwas, das sich als Waffe eignet. Doch selbst wenn ich die Vase dort hinten auf der Kommode erreichen könnte, hätte ich keine Chance gegen Ivan. Irgendwann in der Anfangszeit habe ich mir verzweifelte Kämpfe mit ihm geliefert und war immer der Unterlegene, also habe ich schließlich damit aufgehört. Es brachte nichts außer zusätzlichen Schlägen und Schmerzen.

Jetzt ist alles aus.

Zum zweiten Mal in dieser Nacht blicke ich dem Tod ins Auge. Einem gewaltsamen, qualvollen Tod. Und auf einmal sehe ich mit neuer Klarheit, was ich doch schon von Anfang an gewusst habe: Egal, wie ich mich verhalte, ob ich gehorsam oder widerspenstig bin, ob ich zu fliehen versuche oder nicht – Pascal hält einen grausamen Tod für mich bereit. Niemals wird er mir meine letzten Minuten erträglich gestalten. Ein friedliches Einschlafen im Kreise der Lieben, wie es sich alle Menschen wünschen, ist mir nicht gegeben.

Schicksal.

Und auf einmal sehe ich mit dieser Klarheit die Konsequenz, die sich daraus ergibt. Ricardo hat es mir gesagt. Ich muss mein Schicksal annehmen. Oliver hat auch schon, viel früher, davon gesprochen. Und sie haben recht, es fühlt sich besser an jetzt.

Diese Gedanken gehen durch meinen Kopf und geben mir ein schwebendes Gefühl, während Ivan meinen Körper zur Eingangshalle und dann die breite Treppe nach oben schleift. So eilig hat er es, mich Pascal auszuliefern, dass er nicht einmal das Licht im oberen Stockwerk anmacht. Ich weiß genau, welche der vielen Türen die zu Pascals Schlafgemach ist, und ihr Anblick beendet mein körperloses Gefühl und maßlose Angst bemächtigt sich meiner und vertreibt jeden klaren Gedanken.

Fünf Schritte von der Tür entfernt, bleibt Ivan völlig unerwartet stehen und lässt mich los. Fast wäre ich gestürzt, hätte Ivan nicht erneut nach mir gegriffen. Stützend diesmal. Eindringlich legt er den Finger über die Lippen und schiebt mich vorwärts, von sich weg auf die Schlafzimmertür zu.

Ich verstehe nicht. Kommt er denn nicht mit? Oder soll ich Pascal selbst alles beichten? Die Hand über der Klinke drehe ich mich zu Ivan herum. Er ist mir nicht gefolgt. Noch einmal macht er die Schweigegeste, dann geht er zurück. Auf halbem Weg zur Treppe dreht er sich um und bleibt abwartend stehen.

Ich verharre reglos, kann noch immer nicht begreifen, was gerade geschieht. Es ist das erste Mal, dass Ivan so etwas wie nett zu mir ist. Oder habe ich die anderen Male nur nicht bemerkt?

Und will er später eine Gegenleistung für seine Nettigkeit? Und will ich das überhaupt, ihm etwas schuldig sein?

Meine Gedanken schwirren mir durch den Kopf, mein Herz pocht in meinen Ohren, kalter Schweiß legt sich auf meine Haut. Ich will nicht in dieses Zimmer, in dem Pascal lauert. Nicht eine einzige Zelle in meinem Körper möchte zurück in dieses Zimmer.

Doch Ivan erwartet genau das von mir. Er beobachtet mich. Ich nehme an, meine Alternative ist, dass er mich bei Pascal abliefert.

Das kleinere Übel wähle ich. Wie schon so oft.

So leise ich kann öffne ich die Tür und schlüpfe hinein. Pascals Atemzüge sind lang und gleichmäßig. Er schläft! Jetzt muss ich nur noch unbemerkt zurück an seine Seite gelangen. Keinen Augenblick lasse ich die schlafende Gestalt unter der Bettdecke aus den Augen, und so gebe ich nicht genug auf meine Füße acht und stoße gegen den großen Hundekorb vor dem Bett. Ich kann einen Schrei unterdrücken, aber Pascal regt sich jetzt! Sein Arm tastet zur Seite, wo ich liegen sollte, und findet nichts. Ich halte den Atem an, hoffe, bete …

Doch umsonst.

Ich höre, wie er ein unwilliges Knurren von sich gibt. Schon richtet er sich auf: „Toshio?“

Mein Blut verwandelt sich in Eis. Mit einem kläglichen Winseln lasse ich mich in den Hundekorb vor meinen Füßen fallen. Das Licht geht an.

„Was machst du da?“

Ohne einen klaren Gedanken fassen zu können, rede ich los. „Herr, Verzeihung, ich wollte Euch nicht wecken, ich … ich konnte nicht schlafen, und ich … bitte, ich ...“ Ich zitter mal wieder so stark, dass ich nicht weiter sprechen kann.

Zum Glück versteht Pascal nicht. „Warum bist du denn so aufgelöst? Hast du schlecht geträumt?“

„Ja … Nein … Ja! Genau – schlecht geträumt!“

Pascal runzelt die Stirn und klopft gebieterisch neben sich. Ich presse hart die Lippen aufeinander und stehe wieder auf. Meine Beine wollen mir nicht gehorchen, aber ich zwinge mich, aufzustehen und mich auf das Bett zu knien. Ich wage nicht, den Blick zu heben.

Unerwartet sanft greift er nach meiner Hand. „Was hast du denn gemacht, mon matou“, fragt er. „Das muss ich dir neu verbinden.“

Jetzt erst merke ich, was er meint: Die Kompresse, die er über meine Wunde geklebt hat, ist völlig durchgeblutet. Das muss passiert sein, als Ivan mich gepackt hat. Mein Mund ist ganz trocken, darum nicke ich nur. Und als sei das das Stichwort für den Arm, beginnt die Wunde jetzt zu brennen.

Pascal steht auf, holt frisches Verbandszeug, versorgt mich, streichelt mich, murmelt tröstende Worte, und ich darf sogar noch ein paar Tropfen von dem Schmerzmittel nehmen.

Wenn er wüsste, was für eine skurrile Situation das nach meinem dilettantischen Fluchtversuch ist! Ich kann noch gar nicht richtig begreifen, dass ich wirklich davon geschlichen bin. Und dass Ivan mich nicht verraten hat, begreife ich auch nicht.

Der Morgen ist noch fern, und bald ist Pascal wieder eingeschlafen. Ich liege wieder neben ihm, sein Pythonarm über mir, als wäre nichts gewesen.

Ich würde auch gern schlafen, aber ich kann nicht. Florence' Weinen klingt mir noch in den Ohren. Wahrscheinlich ist es ganz gut, dass ich nicht bis zu ihr gekommen bin. Ich bin wahrscheinlich nicht der Richtige gerade, um ihr Trost zu spenden.

Nachdem sich meine Aufregung wieder gelegt hat, schieben sich wieder die Szenen der Vergewaltigung vor mein inneres Auge. Obwohl Pascal mich streng genommen nur benutzt hat, um ihr weh zu tun, fühle ich mich schuldig. Wenn ich nur die Zeit zurück drehen könnte, dann … Ja, was dann?

Pascal hat nicht geblufft!

Er hätte Florence die Reibe in den Leib gerammt, und dann hätte er sie einfach ersetzt. So wie er eines Tages auch mich ersetzen wird, nachdem … nachdem er mit mir fertig ist.

Ich zwinge mich noch einmal, den Gedanken zu Ende zu denken. Mir wird die Flucht nicht gelingen. Pascal würde mich nicht ungefesselt lassen, wenn ich ihm entfliehen könnte, so dumm ist er nicht. Zu lange schon warte ich auf eine Gelegenheit, fortzulaufen. Sie wird nicht kommen.

Und Patrick? Völlig unrealistisch sind meine Hoffnungen, er könne mir helfen. Er hat gegen einen Menschen wie Pascal genauso wenig Möglichkeiten wie ich. Der Brief, selbst wenn Patrick die versteckte Botschaft versteht, war sentimentaler Quatsch, völlig nutzlos.

Bleibt mir also nur, mich in mein Leben als Lustsklave endlich zu fügen?

NEIN, schreit alles in mir.

Er wird es wieder tun. Wenn Florence nicht schwanger geworden ist, dann wird er mich wieder dazu zwingen. Und wieder und immer wieder. Und danach fällt ihm eine neue Grausamkeit ein.

Ich will das nicht.

Ich kann nicht mehr.

Ich möchte nur noch, dass es vorbei ist.

Am liebsten wäre ich tot.

Wie so oft, wenn ich solche Gedanken hege, vermeine ich die mystische Gegenwart der Hirschgestalt wahrzunehmen. Doch diesmal schiebe ich sie beiseite. Ich will keinen Trost spüren und keine Kraft sammeln zum Überleben! Ich will nur fort, fort, fort. Egal wie.

Nur wie bloß?

Flucht – unmöglich.

Rettung – unwahrscheinlich.

Ich bekomme Kopfschmerzen von diesen ganzen drängenden Gedanken, die sich doch nur im Kreise drehen. Ich beiße an meiner Wange herum. Da ist so eine Stelle an der Innenseite, wo schon eine richtige Verdickung ist, weil ich dort ständig herum knabber, wenn ich nichts mit mir anzufangen weiß. Eine blöde Angewohnheit, die ich mir in den letzten Monaten zugelegt habe. Ich nage, bis es blutet und weh tut, aber das ist wenigstens ein Schmerz, der Pascal keine Freude bereitet, das ist mein eigener Schmerz.

Als sei ein Schmerz, den ich mir selbst zufüge, irgendwie besser. Ich werde wirklich langsam verrückt. Ich muss etwas tun, mich bewegen, tanzen wäre jetzt gut. Sowieso ist tanzen der einzige Lichtblick. Aber selbst das werde ich in Zukunft nicht mehr haben.

Ich werde nicht mehr tanzen.

Und was passiert dann? Was ist ein Leben ohne das Fallenlassen in die Musik?

Das ist kein Leben.

Mein Leben ist schon lange kein Leben mehr. Keins, das sich zu leben lohnt.

Es ist besser, ich sehe das endlich ein und begrabe die Hoffnung auf Flucht, auf Rettung, auf Besserung meiner Situation. Es ist besser, ich füge mich in mein Schicksal. Mein Leben endete an dem Tag, als ich mit Pascal ging.

Aufgeben.

Annehmen.

Loslassen.

Gut. Ich werde sterben, bevor ich Patrick wiedergesehen habe. Ich werde nicht mehr in Freiheit sein in diesem Leben.

Eine tiefe Traurigkeit kommt über mich. Ich trauere um die vielen ungetanzten Tänze. Ich trauere um das ungelebte Glück mit einem Mann an meiner Seite, den ich liebe. Trauere um die Jahre mit Patrick, um die ich betrogen wurde, um die nicht gefeierte Hochzeit. Ich lasse die Tränen kommen und weine um meine Schwester, die ich nie mehr treffen werde. Ich werde nicht erfahren, was für ein Leben sie leben wird. Ich weine sogar um meine Eltern. Und um das Altwerden und Altsein, das ich nie erleben darf.

Ich weine so heftig, dass Pascal wieder wach wird. Aber er umschlingt mich nur und raunt beruhigende Worte. Und ich drücke mich an ihn, an seinen warmen starken Körper und nehme seinen Trost an, denn das ist alles, was ich habe.

Und dann werde ich ganz ruhig.

Ich bin jetzt bereit, den Kampf wieder aufzunehmen. Meinen letzten Kampf. Und diesmal werde ich siegen, das weiß ich. Bislang hatte ich das falsche Ziel vor Augen. Ich werde Pascal meinen Körper schenken, dieses verräterische Stück Fleisch, das er so begehrt, und das ihm sowieso besser gehorcht als mir. Ich will ihn nicht mehr.

Ich schenke Pascal meinen Körper. Meine Seele, die bekommt er nicht.

Meine Seele lasse ich frei.
 

Während der nächsten Tage bin ich viel entspannter. Weil ich weiß, dass ich nicht mehr lange hier sein muss. Ich betrachte die Welt mit ganz neuen Augen.

Zum Beispiel die Höhe der Fenster im oberen Stockwerk. Bislang waren sie zu hoch, um unverletzt hinaus in den Garten zu springen. Jetzt sind sie plötzlich zu niedrig, um sicher in den Tod zu führen. Genauso ungeeignet, doch auf völlig andere Art.

Aufmerksam durchleuchte ich alle Situationen und erreichbaren Gegenstände auf die Möglichkeit, meinem Leben ein Ende zu setzen.

Und gelange innerhalb kürzester Zeit zu der gleichermaßen überraschenden wie deprimierenden Erkenntnis, dass das weniger leicht sein wird als ich dachte. In Pascals Gegenwart und in seinem Haus habe ich mich nie gut behütet und beschützt gefühlt, doch genau das ist der Fall. Es ist erstaunlich, dass ich monatelang von ihm gequält und misshandelt werde, und er gleichzeitig sorgfältig darauf achtet, dass ich selbst mich nicht verletzen, geschweige denn töten kann.

Nun muss ich aufpassen, nicht wieder in mutloser Passivität zu versinken. Pascal hat leider viel mehr Erfahrung mit der Sklavenhaltung als ich, und wie immer sitzt er am längeren Hebel. Mein Leben liegt in seiner Hand. Mein Körper gehört ihm tatsächlich, wie wahr.

Mein einziger Vorteil ist, dass ich bislang noch nie selbstzerstörerisches Verhalten gezeigt habe und Pascal keine Ahnung hat, dass sich meine Neigungen diesbezüglich geändert haben. Wie gut, dass ich ihn in den letzten Wochen, seit wir aus Japan wieder da sind, richtiggehend eingelullt habe mit meiner Fügsamkeit. Nicht aus Berechnung natürlich, ich bin nur einfach so müde. Aber habe ich dadurch nicht mehr Freiraum gewonnen? Habe ich es nicht geschafft, ihn so weit in Sicherheit zu wiegen, dass er nachlässig wird? Ich konnte sogar nachts unbemerkt durch das Haus schleichen!

So ganz unbemerkt war das ja leider nicht geblieben. Aber Ivan benimmt sich genauso wie vorher. Bislang hat er noch keinen Versuch unternommen, mich mit seinem Wissen irgendwie zu erpressen oder Ähnliches.

Auch Florence lässt sich nichts von dem Vorgefallenen anmerken, wenn sie das Essen serviert. Vielleicht sind die Ringe unter ihren Augen früher nicht so dunkel gewesen, vielleicht hat ihre Hand früher nicht gezittert, wenn sie die Getränke einschenkt. Doch ich habe sie in der Vergangenheit zu wenig beachtet, um sicher zu sein, dass das wirklich Veränderungen sind. Ich ertappe mich dabei, mir einzureden, dass gar nichts Ungewöhnliches geschehen ist. Leider belehrt mich der Schorf auf meinem Arm schnell wieder eines Besseren.

Es ist geschehen.

Und es wird wieder geschehen.

Aber ohne mich.

Bis dahin muss ich weg sein.

Die Zeit drängt.

Nur wie soll ich es bloß anstellen? Ich bin kaum allein, entweder Pascal oder Ivan sind in meiner Nähe. Wenn sie nicht anwesend sind, werde ich festgebunden. An langer Leine zwar, aber dennoch schränkt der begrenzte Bewegungsradius auch meine Möglichkeiten ein. Und so viele Möglichkeiten, sich umzubringen, fallen mir sowieso nicht ein. Ich kann mir die Pulsadern aufschneiden. Aber womit? Warum ist mir vorher nie aufgefallen, dass keine spitzen oder scharfen Gegenstände in meiner Reichweite sind? Selbst beim Essen sind Messer und Gabel stets in Pascals Händen.

Erhängen? Aber wie, womit? Und wann, verdammt?

Ich erwäge, es Pascal tun zu lassen. Ihn so sehr zu reizen, dass er sich nicht mehr unter Kontrolle hat und mich tötet. Doch auch den Gedanken verwerfe ich wieder. Habe ich ihn nicht schließlich schon oft genug provoziert? Mehr als einmal fühlte ich mich schon dem Tod nahe. Aber Pascal ist ein Meister seines Fachs. Solange er mich lebend will, wird er mich am Leben halten und nicht töten.

Ich weiß nicht weiter, und frage sogar den Hirschen um Rat. Er sieht mich nur mit großen sanften Hirschaugen an. Wenigstens kommt kein altkluger Ratschlag von wegen Durchhalten. Er spürt vielleicht, dass mich das nicht mehr tröstet, sondern wütend machen würde. Ich hab genug durchgehalten. Genug nachgegeben.

Genug ist genug.

Ich hätte in das Licht gehen sollen, bei meiner ersten Gehorsamsübung, ganz am Anfang, als ich noch die Gelegenheit dazu hatte. Wo ist dieser blöde weiße Drache denn jetzt, der mich von dem freundlichen Licht fortgeführt hat? Ich kann mich an den Traum erinnern, als wäre er gestern gewesen. Sterben kannst du später noch, hat der Drache gesagt. Von wegen!

Was ist das nur für eine Welt, in der selbst auf Drachen kein Verlass mehr ist, denke ich, und muss plötzlich kichern. Ivan, der gerade meinen Käfig reinigt, sieht zu mir herüber, als hätte ich den Verstand verloren.

Das habe ich auch, Ivan. Das und noch viel mehr habe ich verloren.
 

Ein paar Tage später, als ich für Pascal tanzen soll, lebe ich noch immer.

Er hat mich in den Salon geführt, langsame und melodiöse Musik eingelegt und sich in einen der Sessel gesetzt. Lässig hat er die Beine übereinander geschlagen und wippt mit dem Fuß.

„Tanz für mich.“

Ich rühre mich nicht. Habe ich gerade gedacht, ich lebe noch? In mir ist alles tot. Nicht einmal Angst empfinde ich in diesem Moment.

„Toshio.“

„Ich sagte doch, ich tanze nicht mehr.“

„Doch, wirst du. Du tust, was ich dir sage. Was ist daran so schwer zu verstehen?“

Ich brauche nicht den Blick heben, um das Amüsement in seinen Augen blitzen zu sehen. Ich höre es in seiner Stimme. Oh ja, er freut sich darauf, mich zu zwingen, mich nachgeben zu sehen. Egal, wie sehr ich mich weigere, am Ende werde ich tanzen, und er weiß es. Und ich weiß es auch. Das Spiel hatten wir schon so oft, das Vergnügen dabei ist stets auf seiner Seite. Ich bin es leid, dieses Spiel, bei dem es nur einen Gewinner gibt. Aber ich spiele nicht mehr mit, Pascal.

„Also gut. Wie Ihr wünscht, mein Herr.“

Ich lasse es mir nicht nehmen, aus den Augenwinkeln einen Blick auf seine Enttäuschung zu werfen, als ich ein paar Schritte zurücktrete und mich in Position stelle. Ein leises Lächeln umspielt meine Mundwinkel. Sicher hat er nicht damit gerechnet, dass ich so schnell kapituliere. Dabei habe ich das gar nicht vor. Diesmal bleibe ich bei meinem Wort. Pascal hat zwar recht – ich muss tun, was er mir sagt. Wenn er sagt „Tanz!“, dann muss ich tanzen. Aber er kann nicht bestimmen, wie ich tanze!

Ich lasse mich nicht von der Musik leiten wie sonst. Ich gebe mir keine Mühe. Ich bewege meinen Körper zu der Musik, doch ohne Hingabe, ohne Leidenschaft, ohne Spannkraft. Ich bleibe nicht einmal richtig im Takt. Es kommt mir vor wie eine Vergewaltigung an der Musik, aber der Musik tut das schließlich nicht weh. Pascals Augen dagegen hoffentlich schon!

Und es klappt.

Pascal besitzt genügend ästhetisches Empfinden, um meine Darbietung unschön zu finden, aber nicht genug Sachkenntnis, um benennen zu können, woran es liegt. Ich bin nicht so dumm, mich allzu offensichtlich plump anzustellen. Aber ich kenne die vielen Kleinigkeiten, ohne die einem Tanz das gewisse Extra fehlt. Nanao-sensei hat mir all diese Fehler ausgetrieben, die ich nun bewusst in meine Bewegungen einbaue: keine Spannung bis in die Fingerspitzen, die Ellbogen einen Tick zu weit gebeugt, die Knie auch, oder aber zu sehr gestreckt, den Fuß zu locker, die Handgelenke führen die Bewegung statt der Ellenbogen, die Wirbelsäule ist nicht genug aufgerichtet, zu wenig Spannkraft hier, zu viel Spannung dort, die Schultern etwas hängen lassen oder unangemessen hochziehen ...

Pascal beginnt, an meiner Vorführung herum zu nörgeln, ohne wirklich etwas am Ergebnis verbessern zu können. Ich gebe mich arglos und genieße innerlich meinen kleinen Triumph. Doch der währt nicht lange. Nachdem ich meinem Herrn den Abend verdorben habe, hat er richtig schlechte Laune, und das ist nie gut für mich.

Dieses Mal büße ich es mit Klammern, die er über meinen Körper verteilt, und erst als ich nur noch um Gnade winseln kann, verschafft er sich an mir Befriedigung und lässt dann endlich von mir ab.

Bald darauf schläft er neben mir, und ich starre wieder einmal in die Dunkelheit, wund an Körper und Seele. Vielleicht, wenn Pascal meine Tanzdarstellungen nicht mehr gefallen, wird er mich entsorgen, und ich muss mich gar nicht selbst um mein Ende kümmern. Oder er verkauft mich, und der neue Herr ist nachlässiger, und dann kann ich es tun. Vielleicht könnte mir bei einem anderen Herrn sogar die Flucht gelingen.

Doch nein. Ich verbiete mir diese Gedanken, die nur wieder Hoffnung in mir wecken, und mich davon abbringen, das Notwendige vor mir her zu schieben.

Morgen, nehme ich mir vor. Morgen wird sich eine Möglichkeit finden. Wenn nicht, werde ich mir eine schaffen. Ich kann nicht ewig warten. Nur leider weiß ich immer noch nicht, wie. Ich kann mir schließlich nicht mit den Fingernägeln die Pulsadern aufreißen.

Oder doch?

Nein. Andere können das vielleicht, ich sicherlich nicht. Ich mag es mir nicht einmal im Detail vorstellen.

Mit dem Gedanken daran, dass ich endlich aktiv werden muss, schlafe ich ein.
 

Am nächsten Morgen bin ich besonders wachsam. Ich beobachte, wie sich Pascal sein Brötchen aufschneidet. Das Frühstücksmesser ist nicht spitz, hat aber eine geriffelte scharfe Schneidefläche. Scharf genug. Kritisch überprüfe ich noch einmal die Vorgehensweise, die ich schon so oft im Kopf hin und her gewälzt habe: Mit einer raschen Bewegung springe ich auf und greife das Messer. Ein paar Sätze fort von Pascal, der vor Überraschung nicht schnell genug reagieren kann. Dann ramme ich mir das Messer in den Körper. Ich habe mich für die Halsschlagader entschieden, alles andere ist zu unsicher. Nur – schaffe ich das schnell genug? Selbst in Gedanken zögere ich, mir die Klinge in den Hals zu stechen. Und dann muss ich möglichst viel Gewebe zerfetzen, damit Pascal, der natürlich sofort zu mir geeilt kommt, mich nicht mehr retten kann.

Der Plan hat mehrere Schwachstellen. Was, wenn ich nicht schnell genug bin? Wenn die Verletzung nicht tödlich ist, weil ich es nicht geschafft habe, das Messer tief genug durch die Haut zu bohren? Schaffe ich es, gleich beim ersten Versuch fest genug zuzustoßen? Bin ich wirklich verzweifelt genug?

Wenn mich Pascal dabei erwischt, dass ich mir das Leben nehmen will, kann ich jeden weiteren Versuch in Zukunft vergessen.

Trotz meines Vorsatzes, kann ich mich wieder nicht entschließen, und das Frühstück ist beendet, ohne dass ich den Versuch unternommen habe.

Pascal bringt mich in den Keller und verabschiedet sich von mir.

„Heute Abend tanzt du wieder“, sagt er und hält mich dabei zärtlich im Arm. „Und diesmal gibst du dir mehr Mühe als gestern.“

Ich nicke geistesabwesend. „Ja, Herr.“ Dann habe ich eine Idee. „Darf ich in den Trainingsraum? Vielleicht muss ich härter trainieren. Meine Kondition lässt nach.“

„Na gut. Ich sage Ivan Bescheid.“

Erleichtert lasse ich mich küssen und krieche in meinen Käfig. Mir steht also kein Tag mit Langeweile und ohne Gelegenheiten bevor. Vielleicht sehe ich Pascal gerade zum letzten Mal. Der Gedanke gibt mir Kraft.
 

Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, bis Ivan kommt und mich abholt. Schweigend und mürrisch wie immer geleitet er mich in den Trainingsraum. Erleichtert ziehe ich mir rasch die Trainingshose über, die für mich bereit liegt.

Da mir keine neuen Einfälle gekommen sind, deute ich auf das Laufband. Mein Herz pocht jetzt laut vor Nervosität, und ich muss mir Mühe geben, weiterhin ruhig zu erscheinen. Ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel und betrete das Laufband. Als Ivan sich anschickt, meine Handfesseln an den Griffen des Gerätes zu befestigen, weiche ich unwillkürlich zurück.

Ist klar, dass Gebete nicht funktionieren.

Ivan brummt verärgert und zerrt an den Seilen.

„Bitte, nicht“, flehe ich. Ich wage nicht, ihn anzusehen und schaue demütig auf meine nackten Füße. „Ich muss die Arme frei haben. Gestern war Pascal unzufrieden mit meiner Vorführung, und ich möchte meine Schultern lockern. Ich möchte den Monsieur nachher nicht verärgern.“

Ich wage kaum zu atmen, aber Ivan entfernt nach kurzem Zögern tatsächlich die Seile von den Handfesseln. Stattdessen zieht er eines durch die Schlaufe am Halsband und bindet mich so auf dem Gerät fest.

„Danke“, bringe ich gepresst hervor.

Ich stelle eine niedrige Geschwindigkeit ein und beginne in einem flotten Schritt zu gehen. Ivans Anwesenheit ist mir bewusst, und ich kreise mit den Schultern und schüttel die Arme aus. Ich bin wirklich völlig verspannt. Aber jetzt bin ich da, wo ich hin wollte. Ich atme ein paar Mal tief ein und aus.

Leider habe ich das Halsband um und keine Schlinge um den Hals. Aber ich habe gehört, dass beim Erhängen, wenn man es richtig macht, der Tod nicht durch Ersticken, sondern durch Genickbruch eintritt. Nun bin ich nicht gerade der Fachmann für die richtige Technik beim Erhängen. Trotzdem rechne ich mir gute Chancen aus. Davon abgesehen ist mir einfach nichts Besseres eingefallen. Und wenn es schief geht, sieht es wenigstens wie ein Unfall und nicht wie ein Suizidversuch aus, und ich kann es erneut versuchen.

Ich erhöhe die Geschwindigkeit. Langsam komme ich außer Atem. Ich spüre meine Muskeln, spüre mein Herz schlagen. Ganz bewusst nehme ich all dies wahr und verabschiede mich von meinem Körper. Es tut mir leid, dass ich ihm kein besseres, längeres Leben bieten konnte.

Ivan tritt heran und deutet auf seine Armbanduhr. Eine Stunde habe ich Zeit auf dem Laufband, sagt er mir damit. Ich nicke knapp. Pascal hat ihm genaue Anweisungen gegeben, seit er gemerkt hat, dass ich sonst bis zur totalen Erschöpfung trainiere.

Dann bin ich allein.

Ich laufe noch schneller.

Von allen Menschen, die mir etwas bedeuten, nehme ich Abschied. Und ich entschuldige mich bei allen. Meiner Mutter, dass ich ihr kein Geld mehr schicken kann. Meiner Schwester, dass sie nun ohne großen Bruder weiterleben muss. Ich hätte sie gerne unterstützt. Sogar an meinen Vater richte ich einen Gedanken. Dass ich mich nicht mehr bemüht habe, ihn zu verstehen. Laurin wird traurig sein. Wie gern wäre ich mit ihm fortgelaufen. Hätte ihm die Freiheit gezeigt.

Noch schneller. Meine Füße fliegen über das Laufband.

Patrick. Ich habe nicht nur mir meine Zukunft geraubt, als ich mit Pascal ging. Verzeih mir, Patrick. Ich wünsche dir jemanden, der dich glücklich macht. Du bist noch jung genug dazu.

Ich stelle das Laufband auf maximale Geschwindigkeit und renne, so schnell ich kann. Meine Muskeln protestieren, mein Atem brennt in meiner Kehle. Gleich kann ich nicht mehr, gleich ...

Ich lasse mich fallen.

Meine Füße werden nach hinten gerissen, ein Ruck geht durch meinen Körper, etwas knackt.

Geschafft, denke ich noch. Dann wird alles dunkel.
 


 

Er hält inne.

Ich kann es doch nicht , denkt er.

So schlecht er sich auch behandelt fühlt, er kann sich einfach nicht von allem trennen. Und Piku kann ja schließlich nichts dafür.

Er lässt den Deckel der Mülltonne wieder sinken und drückt den Stoffhasenelefanten fest an sich.

Du bleibst bei mir. Toshi hat uns beide sitzen gelassen.

Piku wird in seinem Zimmer bleiben, aber von nun an nicht mehr als Symbol der Hoffnung und der Treue, sondern als bloße Erinnerung an einen schönen Zeitabschnitt in seinem Leben. Die anderen Sachen von Toshi beschließt er, auf den Dachboden zu bringen.

Habe ich die Hoffnung doch noch nicht aufgegeben?

Vielleicht hat Elin ja doch recht mit ihrer obskuren Interpretation von Toshis Brief. Aber eigentlich glaubt Patrick nicht daran. Ihn plagt ein schlechtes Gewissen, dass Pans Lieder ihren gesamten Tourplan umgestellt haben für ihn und seinen verrückten Spleen, dass Toshi entführt worden sein muss. Bloß weil er sich nicht eingestehen kann, dass Toshi jetzt ein Leben in Saus und Braus mit einem superreichen Liebhaber verbringt. Statt mit ihm.

Moskau! Wahrscheinlich reisen die beiden kreuz und quer durch ganz Europa, um zu shoppen und sich zu vergnügen. Toshi ist sich ja sogar zu fein, um schnödes Deutsch zu schreiben. Die europäische Highsociety spricht wohl Englisch.

Wenigstens scheint ihn der geplante Hochzeitstag dann doch noch genug an seinen Verflossenen zu erinnern, um endlich endgültig Schluss zu machen.

Obwohl ... Wenn Patrick ehrlich mit sich ist, hat Toshi von Anfang an keinen Zweifel an seinen Absichten gelassen: „Mein Entschluss steht fest. Es ist aus. Ich komme nicht zurück.“ Toshi kann schließlich nichts dafür, dass Patrick die SMS nicht geglaubt hat, weil er sich einfach nicht vorstellen wollte, dass Toshi sich so herzlos aus dem Staub machen konnte. Vielleicht hat Toshi ja geahnt, dass Patrick die Hoffnung auf Versöhnung nicht so leicht aufgeben würde – immerhin sind sie nur durch Patricks Beharrlichkeit überhaupt ein Liebespaar geworden – und hat deswegen noch einmal zum geplatzten Hochzeitstag geschrieben.

Dem Brief jedenfalls kann Patrick glauben. Trotz englischer Worte ist das ganz eindeutig Toshis Schrift. Und keine eingebildete Träne dazu wie auf der Rückseite des Fotos. Olivers und Elins Interpretation, dass die verwendeten Verneinungen in dem Brief bedeuten sollen, dass Toshi eigentlich genau das Gegenteil von dem meint, was da steht, klingt für Patrick doch etwas weit her geholt. Auch wenn er zugegeben muss, dass der Brief – von dem Englisch mal ganz abgesehen – merkwürdig formuliert ist. Denk nicht mehr an mich, und suche mich nicht. Warum bildet sich Toshi eigentlich ein, dass er ihn nach den abweisenden SMS und nach so langer Zeit noch suchen würde. Außerdem weiß er ja, wo er ihn finden würde. In den Armen eines reichen Franzosen.

Es ist mein ausdrücklicher Wunsch, hat Toshi geschrieben.

Was denn, Toshi? Wünschst du dir nur, mich nicht mehr zu lieben?

Patrick reibt sich über die Stirn. Er merkt inzwischen sogar selber, dass seine Gedanken sich nur im Kreis drehen. Hinter all das wollte er doch einen Schlussstrich ziehen, als er mit Toshis Sachen zur Mülltonne gegangen ist.

Entschlossen strafft er seinen Rücken und geht langsam zurück zum Haus. Eigentlich ist ein schöner Tag; die Sonne hat schon Kraft, auch wenn die Schatten noch kühl sind. Überall sprießt schon das frische Grün des Frühlings. Er beschließt, am Abend doch Markus' Einladung zu folgen und mit der Clique loszuziehen. Und diesmal, ohne sich zu besaufen. So kann das schließlich nicht endlos weiter gehen.

Inzwischen ist er auch davon überzeugt, dass es nur seine eigenen Ängste gewesen waren, die sich in seinen Träumen von Toshi spiegelten, in denen er ihn um Hilfe anflehte, und nicht eine übersinnliche Wahrnehmung. Es gibt wohl Schlimmeres auf der Welt, als sich einen reichen Liebhaber zu suchen und mit ihm alle Geldsorgen hinter sich zu lassen.

Selbst Toshis Familie ist nicht beunruhigt. Schon gar nicht, weil Toshi ihnen regelmäßig ein wenig Geld überwiesen hat, und diese Überweisungen seitdem keineswegs abgebrochen sind, sondern im Gegenteil der Betrag sich erhöht hat.

Nami ist so nett gewesen und hat sich bereit erklärt, mit Toshis Familie in Verbindung zu treten. Dass sich ihr Sohn oder Bruder nicht mehr persönlich bei ihnen meldete, machte ihnen allem Anschein nach keine Sorgen, auch wenn es sie bedrückte. Der Kontakt war ja auch schon vorher nicht besonders gut gewesen. Toshi hat sich ja sogar geweigert, ihnen von der bevorstehenden Hochzeit zu erzählen!

Vielleicht war er ja nie sicher gewesen, ob die überhaupt stattfinden würde, dachte Patrick verbittert. Aber er hat endlich begriffen, dass er Toshi loslassen muss. Und den Traum einer gemeinsamen Zukunft.

Dass Toshi ihn nicht geliebt hat, kann er nicht glauben. Aber er hat sich nun einmal anders entschieden. Wie gut kennt man schon einen anderen Menschen? Und objektiv betrachtet hat Toshi auch nicht wirklich viel von sich erzählt, von seiner Vergangenheit, von seiner Familie, seiner Herkunft. Und hat er ihn nicht am Anfang sogar gewarnt gehabt?

Und Yoko, seine Schwester, hatte Nami erzählt, dass Toshi schon einmal wochenlang verschwunden gewesen ist. Irgendeine Geschichte mit einer Chinesin, von der er Patrick auch nie etwas erzählt hat. „Wenn es um sein Tanzen geht, ist ihm alles andere gleichgültig. Dafür würde er alles tun“, hat Yoko gesagt.

Soviel zumindest weiß auch Patrick. Selbst die Arbeit im Spotlight hat Toshi geliebt, denn dort bekam er Geld für etwas, das er liebte, und das Publikum liebte ihn. Liebte ihn mehr als Patrick lieb gewesen war.

Und dann war er mit einem aus dem Publikum mitgegangen. Einem mit Geld, viel Geld. Bezahlte ihm Pascal Remarque einen privaten Tanzlehrer? Finanzierte er ihm eine professionelle Tanzausbildung? Wahrscheinlich kann Patrick ihn bald auf der Bühne bewundern oder im Fernsehen. Toshi hat enormes Talent und Patrick zweifelt nicht daran, dass er es weit bringen kann mit der entsprechenden Förderung.

Aber er will nicht auf der Strecke bleiben, während Toshi an seiner Karriere arbeitet. Er ist nicht der erste und wird auch nicht letzte Mensch auf der Erde sein, der verlassen worden ist.

Und auch wenn er sich das im Moment noch überhaupt nicht vorstellen kann, weiß er ganz genau, dass er sich irgendwann wieder neu verlieben kann.

Nicht so wie in Toshi. So wie Toshi wird er keinen anderen Mann lieben können.

Aber es gibt andere Arten von Liebe.

Man muss nur wollen.
 


 

Der Hund aus dem Vorort zerrt an meinen Beinen. Er hat auf mich gewartet, um Rache zu üben, weil er mir gleichgültig gewesen ist. Ich bin sicher, dass ich im Jenseits bin. Jetzt ist er ein wütender Hundegeist, der über mir hockt und seine Zähne in mein Genick schlägt. Er gibt knurrende Laute von sich. Ich werde nach hinten gezogen.

Ich komme zu mir. Ich öffne die Augen und schaue in ein helles Licht. Die Deckenlampe. Da ist kein Hund.

Das ist Ivan. Die Laute kommen von ihm. Er beugt sich über mich mit seinem grotesken Clownsgesicht. Ich muss in der Hölle sein, und der Gehilfe des Teufels hat Ivans Gestalt. Wie passend. Und die Hölle hat die Gestalt von Pascals Trainingsraum. Das passt nicht so richtig, denn dies ist einer der zwei Räume in Pascals Haus, in denen ich einigermaßen gerne bin. Das einzig teuflische hier ist die Hantelbank, die Pascal immer benutzt, und die mich an ihn denken lässt.

Ihn, den Teufel in Person.

Den Teufel auf Erden.

Dies ist nicht die Hölle im Jenseits. Dies ist meine persönliche und ganz irdische Hölle.

Es hat nicht geklappt, ich lebe noch.

Ivan dreht mich herum, und der Schmerz in meinem Nacken raubt mir den Atem. Der Hund hat sich dort festgebissen. Habe ich mir die Wirbelsäule gebrochen?

Der Gedanke schwirrt durch meinen Kopf, aber es ist mir egal. Ich möchte nur tot sein. Warum darf ich nicht sterben?

„Was ist passiert?“ Florence' Stimme.

Damit ist der letzte Zweifel verschwunden, dass ich noch am Leben bin, denn was hätte Florence in der Hölle zu suchen?

Ivan grunzt und gestikuliert, und Florence kommt näher.

„Oh Gott, Toshio, hast du dich verletzt?“

„Ich ... ich weiß nicht ...“ Es interessiert mich wirklich nicht. Ich bin am Leben, das allein ist schlimm.

„Kannst du aufstehen?“

„Keine Ahnung.“

Ich versuche es, Ivan hilft mir, aber sofort schießt ein scharfer Schmerz meinen Rücken hinunter, der mich aufschreien lässt.

„Nein! Es geht nicht ... tut zu weh ...“

Warum, warum, warum nur? Täglich sterben so viele Menschen. Menschen, die leben wollen. Nur ich nicht. Ich krieg es nicht hin.

„Bleib ganz still liegen“, sagt Florence. „Wo hast du Schmerzen?“

„Mein Rücken. Oben, zwischen den Schultern.“

Meine Beine merke ich auch, aber der Rücken ist schlimm. Selbst das Atmen tut jetzt weh. Noch immer macht mir das keine Sorgen. Dann kann ich wenigstens wirklich nicht mehr tanzen, dann kann Pascal mich nicht mehr dazu zwingen. Auch nicht zu anderen Sachen. Das ist gut.

„Ich hole Hilfe. Du rührst dich nicht, verstanden?“

„Florence ...“

„Ja?“

„Wie geht es dir? Wegen ... du weißt schon.“

Sie beugt sich über mich und lächelt. Sie lächelt tatsächlich. „Mach dir jetzt um mich keine Gedanken. Mir geht es gut.“

Sie lügt. Aber sie sieht schön aus, wenn sie lächelt. Sie beugt sich noch tiefer hinab und berührt mit ihren Lippen mein Ohr. „Toshio“, sagt sie. Nur dieses eine Wort. Und doch weiß ich, dass sie mir verzeiht, was ich getan habe.

Mein Herz wird ein wenig leichter.

„Deck ihn zu, damit er warm bleibt. Und sorge dafür, dass er still liegt“, sagt sie zu Ivan, und dann ist sie fort.

Ivan holt eine Decke und breitet sie über mich. Er geht ungewöhnlich sanft dabei vor. Mir fällt auf, dass er sehr blass ist. Ich glaube, zum ersten Mal wird mir wirklich bewusst, dass wir das selbe Schicksal teilen. Obwohl er immer so grob zu mir ist, ich Angst vor ihm habe und ihn manchmal genauso hasse wie Pascal, haben wir doch gemeinsam, dass wir beide Gefangene sind. Immer habe ich in ihm nur Pascals Handlanger, Pascals Komplizen gesehen. Für Florence bin ich genau das ebenfalls gewesen. Nur, dass sie viel souveräner damit umgeht als ich das je könnte. Ich kann ihn nicht mehr ansehen und schließe die Augen.

Es dauert nicht lange, dann ist Florence schon wieder da.

„Doktor Connor kommt sofort. Der Monsieur ist gerade nicht zu sprechen“, sagt sie, und es ist ihr anzumerken, wie erleichtert sie darüber ist.

Auch Ivan wirkt erleichtert. Nur ich hätte ausnahmsweise gerne Pascal hier gehabt, um seinen Gesichtsausdruck zu genießen, wenn der Arzt ihm meine Querschnittslähmung verkündet und ihm klar wird, dass er mich nicht mehr gebrauchen kann. Wenn ich Glück habe, schlägt Connor vor, mir den Gnadenschuss zu geben wie einem lahmen Gaul.

Einziger Wermutstropfen ist die Vorstellung, wie Laurin darauf reagieren wird. Der Kleine hängt an mir, und ich möchte nicht, dass er traurig ist. Ich hoffe, dass Laurin nicht dabei sein wird.
 

Er ist aber natürlich dabei, als der Doktor nur kurze Zeit später herein gerauscht kommt. Florence tritt sofort in den Hintergrund, und Connor kniet sich neben mich. Wie immer beginnt er seine Arbeit, indem er meine Arme greift und meinen Puls fühlt.

„Wo hast du Schmerzen?“ fragt er, sachlich und kühl.

„Mein Rücken. Unterer Nacken“, antworte ich, aber blicke an ihm vorbei zu Laurin, der schräg hinter ihm steht und mit besorgtem Gesichtsausdruck zu mir sieht.

„Sonst noch irgendwo?“ fragt Connor weiter.

„Nein … doch. Meine Beine. Die Knie.“

„Was genau ist passiert?“

„Bin gestolpert. Auf dem Laufband.“

„Und warst mit dem Halsband am Laufband fixiert?“ Er hebt das Seil an, das anscheinend noch an meinem Halsband hängt.

„Ja“, antworte ich. „Ist mein Genick … gebrochen?“ Ich versuche, meine Stimme nicht allzu hoffnungsvoll klingen zu lassen. Dennoch sehe ich, wie sich Laurins Augen nachdenklich verschmälern. Ich weiche seinem Blick aus.

„Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Aber dass du deine Beine merkst, ist ein gutes Zeichen.“

Doktor Connor greift in meine Hände. „Drück mal zu, so fest du kannst.“

Mich streift kurz die Idee, eine Querschnittslähmung zu spielen. Doch dann lasse ich den Gedanken gleich wieder fallen. Es ist schwer, Connor etwas vorzumachen. Auf Playpartys ist er dafür zuständig, die Sklaven spielfähig zu halten. Dabei habe ich nie das Gefühl, dass er auf Seiten der Sklaven steht. Und Pascal hat seine ganz eigene Art, die Wahrheit aus mir herauszukitzeln. Also drücke ich, und Connor nickt zufrieden.

„Spürst du das?“ Er streicht erst meine Arme entlang, dann schiebt er die Hosenbeine hoch und prüft bis zu den Füßen, ob ich seine Berührung fühlen kann.

Ich spüre alles. Ich ringe die Enttäuschung nieder, ich will nicht schon wieder anfangen zu heulen.

„Jetzt beweg deine Zehen, Toshio.“

Auch das geht. Verdammter Mist.

„Du bekommst jetzt ein Schmerzmittel. Dazu lege ich dir einen Venenkatheter. Dann versorge ich deine Schürfwunden. Und danach muss ich dich noch genauer untersuchen, deine Wirbelsäule muss geröntgt werden. Ich werde dich also auf die Krankenstation bringen. Und jetzt bleib ganz ruhig liegen.“

Er telefoniert mit seinem Handy, und anschließend lasse ich den Einstich der Nadel über mich ergehen und genieße das betäubende Gefühl, als das Schmerzmittel zu wirken beginnt. Er hat wohl auch ein Beruhigungsmittel dazugegeben, denn ich spüre, dass ich mich entspanne. Vielleicht liegt das aber auch nur an Laurin, der auf Knien neben mich gerutscht ist und jetzt meine Hand hält.

„Da hast du ja einen schönen Sturz hingelegt“, kommentiert Connor die Blessuren an meinen Beinen. „Hat der Notstop nicht funktioniert?“

Ich sage nichts dazu, aber Connor hat schon gesehen, dass der Clip, den man sich eigentlich an die Kleidung heften soll, unbenutzt am Gerät heftet. Er wendet sich an Ivan: „Ist es nicht deine Aufgabe, ihn zu beaufsichtigen, wenn der Monsieur nicht da ist? Warum hast du ihn nicht gesichert?“

„Das war bisher nie nötig“, antworte ich. Ich will nicht, dass Ivan bestraft wird, weil ich absichtlich gestolpert bin. Aber da hätte ich mir besser vorher Gedanken drüber gemacht, jetzt ist es dazu zu spät.

„Das sieht man ja“, schnaubt Connor. „Genau dafür sind diese Sicherheitsvorrichtungen – dass man sie nie braucht. Aber dass sie dann da sind, falls doch etwas passiert. Du kannst froh sein, dass du dir nicht dein Genick gebrochen hast, so wie du ...“ Er unterbricht sich mitten im Satz und sieht mich eindringlich an.

Rasch senke ich die Lider. Manchmal ist es ganz nützlich, dass es einem Sklaven nicht gestattet ist, einem Herrn ohne Aufforderung ins Gesicht zu sehen. Connor schweigt und macht sich wieder an die Arbeit, die aufgeschürfte Haut an den Knien zu desinfizieren und zu verbinden.

Kurz darauf kommen auch schon die Sanitäter. Sie sehen anders aus als die, die uns zum Flughafen gefahren haben, und dieses Mal bin ich sicher, dass es keine ahnungslosen Außenstehenden sind, sondern welche von Pascals Männern. Sie erinnern mich an Skin Heads mit ihren kurzgeschorenen Schädeln, und sie tragen helle Anzüge, die mich an Pyjamas denken lassen. Sie sehen aus wie Schlägertypen, und sie sehen aus wie Sträflinge, jedenfalls nicht wie Sanitäter.

Ich spüre leise Enttäuschung bei ihrem Anblick, und merke daran, dass ich immer noch auf eine Gelegenheit zur Flucht hoffen kann. Das erstaunt mich.

Aber es ist wie immer: vollkommen aussichtslos. Sie schieben vorsichtig von beiden Seiten eine schmale Trage unter mich und heben mich damit auf eine Vakuummatratze. Die Matratze ist ein Sack, der mit Kunststoffkügelchen gefüllt ist, die sich der Körperform anpassen. Dann wird die Luft abgesaugt, wodurch die Matratze fest wird und meinen Körper fixiert. Zusätzlich werde ich noch festgeschnallt. Damit sollen weitere mögliche Schäden an meiner Wirbelsäule vermieden werden. So bewegungslos bin ich selbst in Pascals Hand nur selten, und obwohl Connor mir alles erklärt, fühle ich mich beklommen.

Laurin beugt sich zu mir. „Bestimmt ist es nicht so schlimm. Raven ist ein guter Arzt, du wirst sehen, er kann fast alles heilen.“

Laurin nennt ihn immer Raven. Diesen Namen gibt er sich auf den Partys, wo die Herren anonym sein wollen, und sich nur mit Pseudonym ansprechen. Laurin redet auch immer mit einer Bewunderung von ihm, die ich nur schwer nachvollziehen kann. Aber er kennt seinen Raven ja nicht auf eben diesen Playpartys, wo Menschen bis aufs Blut zum Vergnügen ihrer Herren gepeinigt werden und Raven stets zur Stelle ist, um die Sklaven spielfähig zu halten und das Leid dadurch oftmals noch zu verlängern. Zu diesen Partys nimmt er Laurin wohlweislich nie mit.

Was natürlich ein Glück für den Jungen ist.

„Laurin“, sage ich matt, „halt einfach die Klappe.“ Doch ich drücke seine Hand, um die Worte abzumildern.
 

Ich weiß nicht viel über das französische Rettungswesen, aber das Krankenhaus, in das ich gebracht werde, ist auf keinen Fall ein normales Krankenhaus. Sie fahren den Wagen, der außen schlicht wie ein normaler Lieferwagen aussieht, aber innen hochmodern medizinisch eingerichtet ist, in eine große Halle. Ich werde ausgeladen und meine Liege auf einem Rollengestell befestigt. So schieben sie mich in einen Aufzug, und dann geht es abwärts. Ich habe keine Ahnung, wie viele Stockwerke es in die Tiefe geht, aber mir kommt es sehr lang vor, bis sich die Fahrstuhltüren wieder öffnen.

„Bring ihn zum MRT“, befiehlt Connor dem Sanitäter, der die Trage schiebt. Der andere Mann ist bei dem Lieferwagen zurück geblieben. „Ich rufe dort an, damit sie Bescheid wissen. Laurin, du bleibst bitte bei ihm.“

„Jawohl.“

Obwohl sich Connors autoritärer Tonfall nicht geändert hat, und Laurins Antwort einem Salutieren gleicht, fällt mir auf, dass Connor ihm nicht befohlen, sondern ihn gebeten hat. Vielleicht ist der Raven, den Laurin kennt, tatsächlich ein anderer als der Doktor Benjamin Connor, den ich kenne.

Ich bin froh, dass Laurin an meiner Seite bleibt. Obwohl ich mich nicht wirklich umsehen kann, weil ich den Kopf nicht heben oder drehen kann, ergreift mich ein beklemmendes Gefühl. Alles hier ist so trist und beunruhigend. Die Gänge werden von Neonröhren grell beleuchtet, die Wände sind aus rohem grauen Beton, und die Vorstellung, mehrere Stockwerke unter der Erde zu sein, lässt mich gegen aufkeimende Platzangst ankämpfen. Alle Menschen, die ich sehe, tragen dieselbe einheitliche Häftlingskleidung und haben alle kurzgeschorene Haare, selbst die Frauen.

Wo bin ich hier gelandet? Was ist das für ein Ort?

Eine dunkle Ahnung überkommt mich, dass es vielleicht eine sehr dumme Idee gewesen war, sich am Laufband zu erhängen. Nur dass Laurin neben mir so ruhig bleibt, bewahrt mich davor, panisch zu werden.

„Was ist MRT?“ frage ich ängstlich.

Zum Glück ist Laurin überhaupt nicht nachtragend und spricht sofort wieder mit mir. „Das ist nur eine spezielle Untersuchungsmethode. Dazu wirst du in eine Röhre geschoben. Es ist sehr laut da drin, aber es tut nicht weh, du brauchst keine Angst zu haben. Ich bleibe die ganze Zeit dabei, versprochen.“
 

Die Untersuchung ist dann tatsächlich gemessen an der gruseligen Umgebung nicht besonders schlimm. Eine Ärztin ist dabei, und sie sieht auch aus wie eine normale Ärztin mit normaler Frisur und einem weißen Arztkittel. Mich beachtet sie nicht sonderlich, was mir nur recht ist, aber Laurin begrüßt sie freundlich.

Die Röhre, in die ich geschoben werde, ist eng, und es ist wirklich laut da drin, aber ich habe Ohrenschützer bekommen. Mit Enge habe ich dank Pascal ein Problem, doch es gelingt mir, einigermaßen ruhig zu bleiben. Das Wissen um Laurin vor der Maschine hilft mir dabei.

Anschließend werde ich einfach zur Seite geschoben, und dann warten wir, Laurin und ich. Worauf, weiß ich nicht so genau, ob auf das Ergebnis der Untersuchung, auf Connor oder einfach darauf, was als nächstes geschieht. Laurin wagt anscheinend ohne Aufforderung kein Gespräch mit mir anzufangen und steht einfach stumm an meiner Seite. Ohne ihn würde ich durchdrehen. Jetzt kommen mir auf einmal Gedanken an Pascal, und wie er auf meinen Unfall und dessen Folgen reagieren wird. Sicher wird er wütend auf mich sein, auch wenn er nicht weiß, dass ich absichtlich gestürzt bin. Wird Connor mich vor ihm schützen, falls ich ernsthaft verletzt bin? Wie lange wird Pascal auf Spielchen mit mir verzichten, wenn ich mir die Wirbelsäule gebrochen habe? Vier Wochen? Sechs? Oder acht? Oder gar nicht …?

Die Aussicht auf acht Wochen Urlaub von Pascal ist verlockend.

Aber sicherlich wird er mich dafür bestrafen. Wie? Die wohlbekannte Angst vor ihm kriecht mir in die Knochen.

„Laurin?“

„Hm?“

„Was ist das hier? Wo sind wir?“

„Hat Raven doch gesagt. Das hier ist die Krankenstation.“

„Aber ...“ Langsam dämmert es mir. Eigentlich ist es offensichtlich; weil sich Laurin hier bestens auskennt, genau wie auf dieser Sklaven-Verkaufsveranstaltung, wo wir vor einiger Zeit waren. Laurin, der seit seiner Kindheit bei Connor lebt, kennt sich in der Sklavenwelt schließlich besser aus als in der Freiheit. „Die Krankenstation … für die Sklaven?“

„Ja.“

Und ich dachte, mich könnte nichts mehr schocken. Ein weiterer Irrtum auf meiner Liste

„Und diese kahlköpfigen Leute, sind das auch alles Sklaven?“ Ich kann es einfach nicht glauben.

„Ja. Sie arbeiten gerne hier. Hier geht es ihnen gut.“ Laurins Gesicht bekommt einen wachsamen Ausdruck. Wahrscheinlich darf er mir nicht alles sagen.

Ich will auch gar nicht alles wissen. Dennoch frage ich: „Und wem … wem gehören diese ganzen Sklaven?“

„Dem Monsieur. Alles hier gehört ihm.“

„Oh.“ Einen kurzen Moment wanken die Betonwände um mich herum. Hat Pascal hierfür die ganzen Menschen gekauft auf dieser Auktion? Seit Japan weiß ich ja, dass er richtig mit Menschen handelt. Schlimm genug. Aber dass er so tief verwoben ist in dieses ganze Menschenhandelsmilieu habe ich mir nie vorzustellen gewagt. Ein Fehler, wie mir jetzt klar wird. Mein sentimentaler verschlüsselter Brief an Patrick, meine ganze Hoffnung, die ich auf Rettung hatte, kommt mir jetzt lächerlich vor. Wie soll mich denn ein einfacher Student aus den Händen eines so mächtigen Mannes befreien können? Selbst wenn Patrick mich suchen und ausfindig machen würde, was könnte er schon ausrichten?

„Gibt es denn so viele Sklaven hier in der Gegend, dass sich so eine Station für die Kranken lohnt?“ frage ich, und meine Stimme klingt dünn und verzagt. Wo bin ich da nur hinein geraten? Wieso musste ich nur mit Pascal mitgehen, damals, vor langer, langer Zeit?

Laurins Gesicht verschließt sich. „Es ist gut, dass wir diese Station haben. Hier werden die Kranken gut versorgt“, sagt er nichtssagend, und ich frage nicht weiter.

Wir schweigen wieder.

Die Ärztin kommt zu uns in Begleitung einer dieser Sanitätersklaven. Ich bin nicht sicher, ob es derselbe ist, der mich hergebracht hat, für mich sehen sie alle gleich aus. Ich erwarte, dass sie mir nun die Ergebnisse der Untersuchung mitteilt, doch sie bellt nur den Sklaven an: „Bring ihn auf Station acht, und sei ja vorsichtig mit ihm, er ist der Favorit von Monsieur Remarque.“

Es ist merkwürdig, als Patient so völlig ignoriert zu werden. Aber wenn die anderen Ärzte alle so sind, verstehe ich langsam, was Laurin an Doktor Connor so besonders findet. Ich schließe die Augen und bete, dass ich möglichst schwer verletzt bin.
 

Leider zerstört Connor meine Hoffnungen. Kurz nachdem ich in ein Einzelzimmer gebracht werde, kommt Connor zu uns. Der Raum würde aussehen wie ein normales Krankenzimmer, wenn er Fenster hätte, die Wände gestrichen wären und die Zimmerseite zum Flur nicht aus einer riesengroßen Glaswand bestehen würde.

Ich könnte heulen, als er sagt: „Glücklicherweise ist nichts gebrochen, Toshio, und dein Rückenmark scheint auch intakt zu sein. Trotzdem bleibst du heute Nacht hier, zur Sicherheit. Es kann sich eine Schwellung bilden oder doch noch zu Einblutungen in den Rückenmarkskanal kommen. Also ruf sofort jemanden, wenn du irgendwo Taubheit oder Kribbeln spürst, oder du Hände oder Füße nicht mehr richtig bewegen kannst.“

Das werde ich natürlich nicht tun.

Er löst die Schnallen und hilft mir, mich aufzusetzen. Er untersucht mein Genick und tastet die Wirbelsäule ab. Es tut weh, und ich kann kaum den Kopf bewegen.

„Hier ist es gezerrt und überdehnt. Damit hast du ein paar Tage zu tun.“

Tage? Nur Tage? So wie das schmerzt, müssten doch ein paar Wochen Kranksein für mich drin sein!

„Es hat furchtbar geknackt, als ich gefallen bin“, sage ich. Vielleicht ist das ja eine nützliche Information in Bezug auf weitere mögliche Verletzungen.

Bitte, bitte!

„Hier sind zwei Wirbel blockiert“, sagt Connor und drückt so fest zu, dass ich unwillkürlich aufschreie. „Aber das ist nichts, was der Knochenbrecher nicht wieder in Ordnung bringen kann.“

„Der Knochenbrecher?“ wiederhole ich entsetzt.

Sogleich ist Laurin da. „Das ist nur der Chiropraktiker, das hört sich schlimmer an als es ist.“
 

Er soll recht behalten.

Der Knochenbrecher sieht zwar seinem Namen entsprechend aus, er ist ein bulliger Kerl, und auch kein Arzt, sondern einer von den Sklaven der Krankenstation, aber das Einrenken geht schnell, und danach kann ich gleich den Kopf wieder besser drehen.

Jetzt habe ich eine Halskrause um, sitze im Bett und warte bange auf Pascals Eintreffen. Durch das Panoramafenster beobachte ich die Menschen, die auf dem Gang vorbei gehen. Es sind nur Sklaven, die ich sehe. Und sie werfen mir scheue neugierige Blicke zu, als hätten sie noch nie einen Mann mit asiatischen Gesichtszügen gesehen.

Haben sie vielleicht auch tatsächlich noch nicht.

Müde schließe ich die Augen und lasse mein Bewusstsein weg dösen. Fort aus dieser bizarren, unheimlichen Welt. Laurin ist immer noch bei mir, er hat sich einen Stuhl neben das Bett gestellt und leistet mir schweigend Gesellschaft. Obwohl ich weiß, dass er mich nicht schützen kann, beruhigt mich seine Gegenwart.

Ich muss richtig eingeschlafen sein, denn ich schrecke auf, als Laurin mich am Arm greift. Das Zimmer liegt im Halbdunkel, nur der Flur draußen ist hell erleuchtet.

„Toshio, wach auf, der Monsieur ist da“, flüstert Laurin nervös.

Ich weiß, dass seine Furcht vor Pascal fast noch größer ist als meine, und unser beider Angst steht greifbar wie eine dritte Person im Raum. Draußen stehen Doktor Connor und Pascal und diskutieren auf Französisch. Schade, dass ich nicht verstehen kann, was sie sagen. Aber sie scheinen unterschiedlicher Meinung über irgendetwas zu sein. Da es höchstwahrscheinlich um mich geht, hoffe ich, dass Doktor Connor sich durchsetzen kann.

„Dann solltest du jetzt gehen“, sage ich zu Laurin, doch es ist schon zu spät, in dem Moment geht schon das Licht an, und Pascal betritt das Zimmer.

Laurin weicht sofort von mir zurück, und ich muss blinzeln wegen der plötzlichen Helligkeit und versuche, eine möglichst gelassene Miene zur Schau zu stellen, während mein Herz aufgeregt pocht.

Einen langen Augenblick steht Pascal einfach nur da und schaut auf mich herab, und ich wage nicht, ihm ins Gesicht zu sehen.

„Morgen hole ich dich wieder nach Hause, so oder so“, sagt er dann. Seine Stimme ist ruhig und leise, dadurch aber nicht weniger bedrohlich. „Du brauchst also nicht auf die Idee zu kommen, irgendwelche Symptome zu simulieren, Toshio.“

Und dann geht er auch schon wieder, und ich bin zwar erleichtert darüber, aber seltsamerweise auch gleichzeitig enttäuscht. Ich denke an Ricardos liebevollen und besorgten Umgang mit Myro, und ertappe mich dabei, mir ein wenig Trost von meinem eigenen Herrn erhofft zu haben.

Verrückt.
 

Gleichzeitig beginne ich jetzt doch zu hoffen, dass keine weiteren Beschwerden auftreten werden. Ich möchte nicht erleben, was passiert, wenn ich gelähmt bin und Pascal mich der Simulation überführen möchte.

Doktor Connor kommt herein, stellt sich neben mein Bett und blättert wie der Arzt in einer billigen Krankenhausserie in meiner Krankenakte.

„Bist du wirklich nur gestolpert vorhin?“ fragt er betont beiläufig, ohne von den Seiten aufzusehen.

Ich fühle mich ertappt und schlucke hörbar in der darauf folgenden Stille. „J-ja. Natürlich. Warum sollte ich lügen?“

Jetzt blickt er mich forschend an. „Ich weiß nicht. Der Monsieur hat mir erzählt, dass du gestern Abend beim Tanzen auch schon Probleme hattest.“

Worauf will er hinaus? Ich schweige lieber, bevor ich etwas Falsches sage.

„Wolltest du nicht vernünftig tanzen oder konntest du nicht?“ bohrt er weiter. „Ich frage, weil ich nichts übersehen möchte. Es könnte eine neurologische Ursache haben, dass du gestolpert bist. Also?“

Ach so, denke ich erleichtert, dass er nicht hinter meine wahren Absichten gekommen ist. Kurz überdenke ich die Option, den Doktor nach einer neurologischen Ursache suchen zu lassen, und verwerfe den Gedanken genauso rasch wieder. Ich kann damit keinen Aufschub gewinnen. Pascals Worte sind unmissverständlich gewesen.

„Ich wollte nicht tanzen“, sage ich also ehrlich und mit so viel Trotz in der Stimme, wie ich noch aufbringen kann. „Und ich will auch nie wieder tanzen. Ich habe mit Tanzen aufgehört.“

Hinter mir höre ich Laurin erstaunt die Luft einziehen. Connor runzelt die Augenbrauen.

„Das ist deine Entscheidung.“ Er klappt meine Akte zu. „Ich sehe nachher noch einmal nach dir. Laurin, du bleibst bitte bei ihm.“

Kaum schließt sich die Tür hinter ihm, fange ich an zu heulen. Ich weiß selbst nicht genau, warum. Vielleicht ist es nur die Anspannung, die von mir abfällt. Oder die Endgültigkeit, mit der ich den letzten Satz ausgesprochen habe. Oder die völlig unnatürliche Enttäuschung, von Pascal nicht mehr Zuwendung nach meinem Unfall erhalten zu haben? Vielleicht auch einfach nur die Erkenntnis, meinem Ziel keinen Schritt näher gekommen zu sein.

Laurin dimmt das Licht und kriecht zu mir ins Bett. Arm in Arm warten wir, bis meine Tränen wieder versiegt sind.

„Willst du darüber reden?“ fragt Laurin.

„Da gibt es nichts zu reden. Es ist alles gesagt. Es ist einfach vorbei.“

„Nichts ist vorbei. Ich weiß, ich kann nicht viel für dich tun, aber manchmal hilft reden. Das weißt du doch.“

„Aber nicht mir dir, kleiner Laurin. Du erzählst doch alles deinem Raven, und der gibt es dann an den Herrn Monsieur weiter, und der … Vergiss es einfach.“

Laurin setzt sich auf. „Ich erzähle Raven nicht alles. Und ich kann dir versprechen, ihm diesmal ganz bestimmt nichts zu sagen. Ehrenwort.“

Ich seufze lautlos. „Schön. Dein Ehrenwort. Aber ich möchte wirklich mit dir nicht sprechen. Du bist zu jung, glaub mir. Dafür bist du wirklich zu jung. Komm, leg dich wieder hin.“

Meine Finger spielen mit seinem Haar. Diesmal seufzt er.

„Ich bin froh, dass du dich nicht ernsthaft verletzt hast bei deinem Sturz“, sagt er. Soll wohl ein Themenwechsel sein.

„Ich nicht“, entgegne ich leise. „Mir wäre es lieber, ich hätte mir das Genick gebrochen.“

„Sag so etwas nicht. Du hast starken Schutz an deiner Seite, dein Hirsch ...“

„Ich pfeife auf den Hirsch! Der soll weggehen! Ich … Laurin, ich kann einfach nicht mehr. Ich will auch nicht mehr. Ich will nur noch weg. Egal wie.“

„Aber ...“

„Nichts aber! Du weißt es doch besser als ich – wie viele wie mich hat der Monsieur schon vor mir gehabt? Und was ist aus den anderen geworden?“

Laurin gibt einen gepressten Laut von sich und drückt sich an mich. „Mit dir ist es anders. Der Monsieur mag dich. Du bist etwas besonderes, selbst für ihn, das weiß ich.“

„Selbst wenn das stimmt, begreifst du nicht, dass das alles noch schlimmer macht für mich?“ sage ich sanft und streichel weiter sein Haar. Es ist so weich, es erinnert mich an das seidige Fell einer Katze. „Ich möchte dich um nichts bitten, was dich in Schwierigkeiten bringen kann, Laurin. Aber dieses Gespräch bleibt wirklich unter uns, ja?“

„Ja. Habe ich dir doch schon versprochen. War das vorhin auf dem Laufband jetzt tatsächlich ein Unfall?“

„Ich bin gestolpert. Nichts weiter.“
 

Wie angekündigt holt mich Pascal am nächsten Tag nach Hause.

Das ist kein freudiges Ereignis, auch wenn Doktor Connor empfohlen hat, dass ich mich noch schonen soll. Was ja eher heißt, dass Pascal mich schonen soll. Er hält sich sogar daran, auch wenn er noch immer wütend auf mich ist, weil ich unachtsam war und mich verletzt habe. Natürlich werde ich dafür bestraft, aber im Schongang, nicht so schlimm. Kein Vergleich zu dem, was mir geschehen wäre, wenn er gewusst hätte, dass es Absicht gewesen ist.

Ivan hatte nicht so viel Glück; ich bin sicher, dass Pascal auch ihn dafür hat büßen lassen, dass sein Eigentum beschädigt worden ist. Ich tippe auf Peitschenhiebe, denn er hält den Rücken ganz steif. Auf dem Gebiet bin ich inzwischen Experte.

Ansonsten darf ich feststellen, dass mein Unfall dazu geführt hat, dass noch besser auf mich aufgepasst wird. Ich darf fast gar nichts mehr, und alles nur noch unter Aufsicht. Wenn die Fürsorglichkeit nicht bald wieder nachlässt, sehe ich schwarz für meinen Plan, diesem Leben ein Ende zu setzen.

Doch was soll ich dann tun? Mit Argusaugen durchleuchte ich noch einmal den Alltag nach Möglichkeiten, doch nichts scheint geeignet, erfolgreich zu sein.

Nachts darf ich in Pascals Bett schlafen, ein zweifelhaftes Privileg. Ich wäre lieber allein, aber für meinen noch immer schmerzempfindlichen Nacken ist das Bett sicherlich die bessere Wahl als das Körbchen oder der Käfig. Ich habe sogar ein Kissen bekommen! Allerdings fesselt mich Pascal neuerdings wieder beim Schlafen, vielleicht hat er ja doch Verdacht geschöpft. Aber woher soll ich wissen, was in seinem kranken Gemüt vor sich geht? Meiner Verletzung wegen lässt er mir die Arme frei und bindet nur die Füße am Bett fest.

Trotz dieser Vergünstigungen kann ich nicht schlafen. Seine ruhigen Atemzüge neben mir halten mich wach. Wie ich ihn hasse!

Zumindest in solchen Augenblicken, wo ich keine Angst vor ihm haben muss.

Der Mond scheint durch die Vorhänge, und ich betrachte Pascals Gesicht. So friedlich sieht er aus im Schlaf. Eigentlich ist er ein attraktiver Mann. Wenn man auf muskuläre Typen steht. Mein Fall ist das nicht. Ich versuche, mir Patricks Gesicht stattdessen vorzustellen. Es will mir nicht recht gelingen. Ich begreife nicht, warum es mir manchmal nicht gelingt, mich zu erinnern. Als würde mein Hirn nicht mehr richtig funktionieren.

Alles, alles hat Pascal mir genommen. Alles, was mein Leben lebenswert gemacht hat. Erst meine Freiheit. Meinen Tanz. Und Patrick. Jetzt sogar schon die Erinnerung an Patrick.

Der Hass auf ihn lodert zerstörerisch durch mein Herz. Ich werde noch verrückt! Es kann doch nicht sein, dass ich ihm nicht entkommen kann, nicht einmal in den Tod!

Er atmet ein, er atmet aus. Ganz ruhig schläft er und verhöhnt meinen inneren Aufruhr.

Ich ertrage es einfach nicht mehr, nicht einen Tag länger. Nie wieder soll er mich anfassen, nie wieder zwingen zu tun, was ich nicht tun will.

Ich bin nicht dein Eigentum, du Arschloch!

Meine Hände sind frei.

Mit einem Mal wird mein Verstand ganz ruhig. Ich weiß jetzt, was ich zu tun habe.

Solange er lebt, wird er über mich bestimmen. Solange er lebt, wird er mich nicht hergeben, nicht an Tod und Teufel und nicht an die Freiheit. Solange er lebt, habe ich keine Chance gegen ihn. Solange er lebt, kann ich nicht leben. Und nicht sterben.

Solange er lebt.

Ich setze mich vorsichtig auf.

Er schläft. Ich bin wach.

Ich nehme mein Kissen.

Und drücke es ihm auf sein schönes, schlafendes, friedliches, verhasstes Gesicht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (11)
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Von:  Liescha
2014-11-18T22:57:57+00:00 18.11.2014 23:57
Oh böser cliffhanger!
hab deine geschichte neulich entdeckt und seit dem in jeder freien Minute gelesen und gerade an dieser Stelle heißt es warten *seufz*
Ich bin schwer begeißtert und hoffe es geht ganz bald weiter!
Von:  night-blue-dragon
2014-04-01T14:20:08+00:00 01.04.2014 16:20
Hallo^^

es hat lange gedauert, bis ich mich durchgerungen habe deine Geschichte weiter zu lesen. Ich konnte sie auch nicht in einem Rutsch durchlesen, dafür haben mich die Kapitel zu sehr aufgewühlt.

Du hast einen tollen Schreibstil und schaffst es mühelos, den Leser in den Bann zu ziehen. Ich habe mit Toshi mitgelitten, als Pascal seine Schmerzfähigkeit ausgetestet hat. Mir taten direkt die Finger weh, als die Nadeln unter Toshis Nägel geschoben wurden. Es ist erstaunlich und irgendwie bewundernswert, wie lange sich Toshi gegen seinen Peiniger wehrt.
Es gibt soviel was mich beschäftigt hat, ich kann das gar nicht alles in Worte fassen. Der Besuch in Japan, auf dieser Party, als er sich dem Blowjob auf die einzige Art entziehen konnte, in dem er seine Herkunft 'gebeichtet' hat. Was wäre gewesen, wenn er das nach dem Job getan hätte? Was macht dieser Anfängermaster, der sich in Toshis Mund hatte befriedigen dürfen?

Überrascht hat mich dieser mystische Teil, der – jedenfalls für mich – nicht wirklich in diese Geschichte passt und es doch wieder tut. Nur so kann der Leser ein bisschen verstehen, woher Toshi die Kraft nimmt, sich gegen Pascal zu wehren. Als der Rabe das erste Mal erwähnt wurde, dachte ich mir schon, dass es sich um Raven handelte. Ich stell mir im Grunde immer einen Indianer vor, wenn von Stamm und Schamanen die Rede ist. Er scheint nicht so böse zu sein, aber ich glaube, dass er Toshi sehr schaden könnte... wenn nicht in der realen Welt, doch dann in dieser Geisterwelt.
In Wahrheit ist er keinen Deut besser als Pascal, die Skrupellosigkeit, mit der sie die Menschen behandeln, die sie für ihre Tests und Experimente brauchen ist erschreckend.
Du hast das dritte Reich angesprochen, in dem sich diese Leute sicher sehr wohl gefühlt hätten. Leider ist es nicht auszuschließen, dass es im hier und jetzt ebensolche, sogenannte Wissenschaftler gibt, die meinen, dass sie das Recht haben Menschen wie Vieh zu behandeln.
Bei der 'feuerigen' Rede die Raven seinem Sklaven gehalten hat, dachte ich nur... was für ein widerwärtiges Arschloch. Raven hat sich mit dem Teufel verbündet, einem selbstgefälligem, überheblichen Ausgeburt der Hölle – Pascal.
Pascal wünsche ich – man soll nicht gleiches mit gleichem vergelten, ich weiß – aber dem Kerl wünsche ich, dass er in die Fänge eines genauso schlimmen Sadisten gerät und das alles durchleben muss, was er Toschi und den vielen anderen jungen Männern angetan hat. Das würde ihm sicher nicht gefallen und er würde sicher auch wesentlich schneller brechen, als seine Opfer. Nimm ihm die Macht... nimm ihm das Geld und den Einfluss... nimm ihm alles, was er hat... schon allein damit dürfte er nicht fertig werden.

Aber ich schweife ab.... das letzte Kapitel ist besonders bedrückend... Toshi gibt in gewisser Weise auf. Es gibt nur zwei Möglichkeiten... er schafft es Pascal zu töten oder dieser tötet ihn. So traurig es klingt, Toshi hätte in beiden Fällen gewonnen, aber was erreicht? Nichts... Selbst wenn er in sein altes Leben zurückkehren dürfte, würde er sich wohl kaum noch darin zurechtfinden. Solche Tortour bleibt nicht ohne seelischen Schaden. Krafttiere hin oder her...

Jetzt hab ich doch mehr geschrieben als ich wollte, ich hätte noch mehr schreiben können, aber es würde nur noch konfuser werden, als es eh schon ist.^^

Ich bin gespannt auf das nächste – womöglich letzte – Kapitel.

Bis dahin glg

night-blue-dragon
Von:  me-luna
2014-03-08T21:45:21+00:00 08.03.2014 22:45
Ok, jetzt fehlen mir ein bisschen die Worte. Das ganze Kapitel war wieder genial geschrieben, düster ohne Ende und ja, das Ende. So packend, so dunkel und so unendlich fies. Du hast mit deinen letzten Zeilen noch mal eine ganz besonders beklemmende Stimmung erzeugt. DIe Worte vermischen sich mit der grausamen Szene. Toshio ist inzwischen wirklich verzweifelt, er geht notgedrungen über sich heraus und erschreckend weit. Wirklich schlimm, ihn so zu erleben, gefangen und ein Stück weit zum Sterben bereit und gleichzeitig will er weiterleben. Der Sturz war wirklich übel, man hält vor lauter Schock den Atem an und dann kamen in dem Kapitel auch Ivan und Laurin und Raven wieder ins Spiel. Über Ivans Geschichte möchte man unbedingt mehr erfahren, vielleicht bist du so lieb und löst seine Geschichte ein bisschen auf. Was hat ihn wohl bewogen, Toshios Fluchtversuch zu decken? Was für ein Mensch ist er und was ist zwischen ihm und Pascal passiert? Und natürlich bin ich so gespannt, wie es zwischen Laurin und Raven weitergeht. Laurin wünscht man ja nur das Beste und von Raven, den Toshio von einer ganz anderen Seite als Laurin sieht, möchte man auch wieder so gerne mehr lesen und insgeheim hoffe ich immer noch, dass es Laurin so lange wie möglich gut (bei ihm) geht.
Bei Toshio verschlägt es am Ende den Atem, wieder eine neue Form der Grausamkeit. Toshio bleibt nichts mehr anderes übrig, als mit seinen eigenen Händen zu töten. Bin da kein Experte, aber es gibt sicher x-Berichte darüber, wie es einen Menschen verändert, wenn er mit eigenen Händen einen anderen Menschen töten muss. Bei Toshio kommt ja noch dieses ungesunde Verhältnis zwischen Pascal und ihm dazu. Ein Stück weit kann man schon von Stockholm sprechen. Ob das je wieder richtig in Ordnung kommt? Oder vielleicht ist Toshio in der Geschichte dieser Weg, aus welchen Gründen auch immer vorbestimmt? Wird er Schwäche zeigen, wird er zögern? Wäre Pascals Tod seine Heilung? Fragen über Fragen und ich muss erst mal eine Tasse Kamillentee trinken gehen. Und danach für eine sehr lange Zeit an den Fingernägeln kauen. Mag und darf dich nicht hetzen, aber die Spannung nach diesem Ende ist schier unerträglich. Hoffe, alle im nächsten Kapitel möglichst bald wiederzusehen. Und vielleicht darf ich im Laufe der Geschichte auch noch einmal Ricardo und Myro von deiner Warte aus erleben. Wobei Toshios Überleben und sein Überlebenskampf die mit Abstand quälendste und eindringlichste Frage bleibt. Ich wünsche dir ein schönes Wochenende.
Von:  Touki
2014-03-08T14:08:35+00:00 08.03.2014 15:08
Yay ein neues Kapitel. Die ganze Zeit habe ich zwar immer mal reingeschaut ob was neues online ist. Nun habe ich mal eine Woche lang gar nicht nachgesehen und schon ist ein neues Kapitel da :)

Ich weiß nicht so recht wie ich darüber urteilen soll. Ich kann Toshio verstehen und würde wohl auch nach jedem Strohhalm greifen um einen Ausweg zu finden. Vielleicht ist dieser Ausweg ja wirklich Pascals Tod aber ich glaube eher weniger das er es schafft.
Die Strafe die wohl Toshio bekommt möchte ich mir nicht ausmalen aber vielleicht kommt ja doch alles anders als ich denke.
Wobei ich nicht glaube das Pascal stirbt denn dann wäre ja irgendwie die Story zu Ende. Ich bin jedenfalls sehr gespannt wie es weiter geht. Vielleicht kann ja Toshio doch irgendwann flüchten mit Hilfe von Ivan. Irgendwie habe ich ihn ins Herz geschlossen und er tut mir so Leid das er an diesen Ort sein muss. Genauso wie Florence. Ich hoffe auch das sie nicht schwanger geworden ist, weil ich mir Pascal nicht mit einem Baby vorstellen kann. Vor allem nicht was er damit eigentlich möchte.

Ich hoffe das du bald wieder Lust und Zeit dazu findest weiter zu schreiben aber es ist und bleibt auf jeden Fall sehr spannend <3

Lg Winterzauber
Von:  Samantha_Josephine
2014-03-07T20:04:54+00:00 07.03.2014 21:04
JUHUU ein neues Kapitel habs ja gestern schon gelesen, 90 min saß ich dran xD lol... aber ich muss sagen das ich mit gefiebert habe, ob es Toshi wirklich gelingt zuerst wegzulaufen, sich dann umzubringen und zum Schluss Pascal zu erdrosseln, doch leider kam da ein richtig gemeiner Cliffi, maaahhh mach ihn weg!!! xDD
wunderbar geschrieben, ich freue mich jedes Mal auf ein neues Kapitel von dir , wirklich! ich liebe diese FF und bin gespannt wie sie ihr ende nehmen wird. Ich habe da verschiedene Varianten.
Zum ersten könnte es ein Traum sein, was ich aber ziemlich unrealistisch finde, wenn man am Ende plötzlich erfährt das es ein Traum war, dann fragt man sich ob der kleine Toshi umsonst gelitten hat xD Deswegen hoffe ich einfach das er es schafft und Pascal umbringen kann. Denn er hat recht solange er lebt wird Toshio niemals leben können. Es ist einfach so, dieser Mann steht zwischen allem was Toshio glücklich machen würde. vor Freiheit und Tod steht Pascal und nichts kann Toshio gelingen wenn Pascal im Weg steht.
Ich hoffe für Toshio das er es schafft und er Patrick wiedersehen kann. Er ihm alles erklären kann und Patrick ihm verzeiht, aber irgendwie hab ich das Gefühl du wirst mich da auch noch leiden lassen und es Toshi nicht so einfach machen, sodass er weiterhin bei Pascal leben muss. Toshi ist nicht dumm und daher wünsche ich ihm das ihm die Flucht gelingt.

Uff, bis hier hin erst mal und viel Motivation zum weiterschreiben wünscht

Samy :)
Von:  ReinaDoreen
2014-03-07T18:47:52+00:00 07.03.2014 19:47
An ein "Happy End" glaube ich bei dieser Geschichte eher nicht. Schon gar nicht an ein glückliches Ende zwischen Toshio und Patrick. Das ist für mich bei dieser psychischen Folter von Toshio gar nicht mehr drin. (jedenfalls nicht für mich)
Dieses Kapitel endet wie eine Vorstufe zur folgenden Katastrophe. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie Pascal reagiert, gehe aber davon aus, das er Toshios Angriff abwehren kann. Auf alle Fälle ist neben der körperlichen Folter, mit hoher Wahrscheinlichkeit eine weitere psychische dabei.
Ich denke jedoch nicht, das Pascal Toshio umbringen lässt. Aber mehr will ich mal nicht spekulieren
reni
Von:  SakuraxChazz
2014-03-07T13:53:12+00:00 07.03.2014 14:53
Das kam wirklich überraschend. Das Toshio den Mut hat und sich Pascal so entgegenstellt. Ersticken ist kein schöner Tod. Ich glaub auch nicht das der Mordversuch erfolgreich sein wird. Hab mir die Nacht schon Gedanken gemacht, was wohl passieren würde, wenn Toshio doch erfolgeich ist. Er hat ja über seine Finanzen und das alles keine Verfügung mehr, die hatte Pascal. Würde er die zurück bekommen? Wie sieht das Erbe überhaupt aus? Wer bekommt dann alles? Was passiert mit den ganzen Sklaven? Toshio weiß immerhin wie es ist in Freiheit zu sein, allerdings dürfte er dann wegen Mordes wieder wo einsitzen, dann allerdings mehr doer weniger selbstbestimmt. Ich weiß wirklich nicht, ob das so klug war... Besser als nichtstun aber wohl auch.
Es hat mir gefallen, das du das Kapitel aus Toshios Sicht geschrieben hast. Es war so schön eindringlich. Hat mir wirklich gut gefallen.
So und was wenn Pascal jetzt wach wird und ihn niederringt? Ich weiß gar nicht ob das möglich ist... Wenn seine Reflexe gut genug sind und er ist ja nunmal auch stärker als sein Sklave... Das wird so oder so nicht gut ausgehen.
Und Ivan hat mich überrascht. Ich hätte auch gedacht, das er Toshio verrät. Was wohl der Grund war? Vielleicht finden die drei ja zueinander und können sich gemeinsam gegen ihren Herrn wehren. Gemeinsam ist man stärker als allein. Alle gleich zu ersetzen dürfte schwer sein. Vorausgesetzt Pascal überlebt das Attentat. Ich hab ja auch schon die Vermutung, das vielleicht Ivan reinkommt und ihn aufhält. Ich lass mich einfach mal überraschen. Wie immer also xD
Hat mich sehr gefreut das neue Kapitel lesen zu können.
Ah und das kleine Intermezzo mit Patrick war auch sehr gelungen. Das er die Erinnerungen an Toshio nicht wegwerfen konnte und wie er so darüber denkt. Ich hoffe das die Story irgendwie gut für alle ausgehen wird. Aber ich glaube da hoffe ich umsonst. Zumindest wenn es für alle sein soll...
Bis zum nächsten Kapitel^^

LG Saku^^
Von:  La-Renarde
2014-03-07T13:33:04+00:00 07.03.2014 14:33
Oh man, oh man, oh man! Du hast mir mit diesem Kapitel echt eine schlaflose Nacht beschert! Aber was muss ich auch nochmal aufstehn, den PC anmachen und nachsehen ob's auf Animexx was neues gibt, wenn ich nicht schlafen kann? Naja, jetzt konnte ich natürlich erst Recht nicht schlafen! Ich hab mich so mega gefreut, als ich gesehen hab, dass meine Lieblingsfanfiction ein neues Kapitel hat! Das musste ich natürlich sofort lesen. Mein Mann hat mich am Morgen zwar für Verrückt erklärt, weil ich die ganze Nacht nicht geschlafen hab, aber der kennt mich ja ^^.

Das Kapitel ist so .... WOW. Was anderes kann ich gar nicht sagen. Da wundert's mich nicht, dass das Kapitel so lange auf sich warten ließ. Mir wäre es unendlich schwer gefallen Toshios Gemütszustand so (und dann so ausführlich) zu beschreiben. Mir sind beim Lesen die ganze Zeit die Tränen runter gelaufen.

Toshi tut mir so Leid. Es ist so traurig, wenn jemand sich selbst und sein Leben so komplet aufgegeben hat, dass er gar nicht mehr Leben möchte. Mir war zwar von Anfang an klar, dass das nicht klappen wird, aber mitgefiebert, ob er schwer verletzt ist hab ich natürlich trotzdem. Schön, dass dann wenigstens kurzzeitig Laurin bei ihm war und ihm ein bisschen beistehen konnte. In manchen Situationen ist es einfach nur toll, wenn jemand da ist, den man gern hat. Der einem die Hand hält und einfach da ist auch wenn Laurin natürlich nichts an Toshios Situation verbessern oder ändern kann. Der Kleine ist einfach ein Goldstückchen. Ich mag ihn so sehr!

Jetzt hab ich auch endlich ein etwas klareres Bild vom Labor und der genannten Krankenstation. Aber ich hätte nicht gedacht, dass Sklaven dort auch auch ausgebildet werden und arbeiten. Aber wenn man drüber nachdenkt, dann ergibt das natürlich Sinn. So muss man nicht 1000 Außenstehende Arbeitskräfte von den vorgängen da unten in Kenntnis setzen und bezahlen muss man sie dann ja auch nicht. Und die Sklaven, die da arbeiten sind vermutlich einfach froh unter nicht allzu schlechten Bedingungen arbeiten zu müssen. Immerhin arbeiten die ja nicht in nem Bergwerk oder so.

Dass Patrick schon so aufgegeben hat ist zwar schade, wundert mich unter den gegebenen Umständen aber gar nicht. Irgendwie muss Patrick ja seelisch damit abschließen, auch wenn's weh tut und er ihn wahrscheinlich immer noch liebt. Aber so eindeutig wie die Situation für ihn aussieht, kann ich seine Reaktion durchaus nachvollziehen, auch wenn ich ihm am Liebsten ins' Ohr schreihen würde "Gib nicht auf du Trottel!" Ich hoffe für die beiden sehr, dass die Geschichte ein Happy-End hat. (Wenn auch nicht zu bald ^^)

Ich hatte mich ehrlich gesagt schon gefragt, wann Toshio auf die Idee kommt zu versuchen Pascal zu ermorden. Immerhin ist er Zielscheibe seines Hasses und der, dem er die ganze verhasste Sklaven-Situation zu verdanken hat. Und die Schmerzen. Und die Trennung von Patrick .... Außerdem liegt er ja fast jede Nacht neben Pascal im Bett, da wäre sowas ja naheliegend. Auch wenn ich zugeben muss, dass es wie - Tokio schon gesagt hat- echt ne saublöde Idee ist. Zumindest wenn's nicht klappt und davon gehe ich jetzt mal nicht aus. Pascal ist wesentlich stärker als Toshio und Toshio ist ja auch gerade körperlich nicht auf der Höhe. Pascal fühlt sich zwar wahrscheinlich in seinem eigenen Schlafzimmer sicher, aber ich denke mir, dass Toshio wahrscheinlich auch nicht der erste Sklave ist, der auf so eine Idee kommt (wenn es dann auch vermutlich deren letzte Idee war) und Pascal schnell aufwacht. Und dann ...

Jetzt bin ich aber erst richtig gespannt wie es weiter geht. Du schaffst es aber auch jedes Mal. Aber diesmal gab's ja echt einen hundsgemeinen Kliffhanger! Mich so auf die Folter zu spannen. Oh man, ich schreibe mir hier ewig lang. Kann mich wieder mal nicht kurz fassen.Ich hoffe, da stört dich nicht.
Ich hoffe deine Muse küsst dich umso doller diesmal, damit das nächste Kapitel nur so auf's Papier fließt. Ich hoffe du findest Zeit zum Schreiben und es geht dir gut!

Ganz liebe Grüße,
Matou <3


Von:  Tokio
2014-03-07T12:21:31+00:00 07.03.2014 13:21
Ich bin ja sowas von fertig dieses Kapitel war echt riesig da hast du ja ewig lange dran gesessen.
Das Ivan ausgerechnet bei Toshios Fluchtversuch da war und ihn nicht ausgeliefert hat ,ich kann es kaum glauben.Das er über Selbstmord nachdenkt ist auch verständlich bei so einer ausweglosen Lage kann man ja nur verrückt werden.Ich glaube das dieser Doktor schon ahnt das der Sturz auf dem Laufband Absicht war und zwar bei der Stelle hier
„Das sieht man ja“, schnaubt Connor. „Genau dafür sind diese Sicherheitsvorrichtungen – dass man sie nie braucht. Aber dass sie dann da sind, falls doch etwas passiert. Du kannst froh sein, dass du dir nicht dein Genick gebrochen hast, so wie du ...“ Er unterbricht sich mitten im Satz und sieht mich eindringlich an.
Ich glaube der Ahnt was.

Das mit dem Kissen ist ja jetzt so ne saublöde Idee wo Pascal doch so viel stärker und kräftiger ist, das ist ja so als ob ein Zwerg es mit nem Sumo Ringer aufnimmt .Das geht für Toshio nicht gut aus.



Von:  Tesla
2014-03-07T07:04:10+00:00 07.03.2014 08:04
Ich hab zwischendrin so heulen müssen. Aber endlich kommt er auf die Idee die mir schon lange im Kopf rum geistert. Auch wenn ich mich immer noch frag wo das alles enden soll. Bleibt auf jeden Fall sehr spannend.


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