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Ta Sho

erste Schritte
von

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Zwischenbilanz

„Pfuideibel noch eins! Das kriegt man ja nie runter, ohne mit ordentlich Bier nachspülen zu müssen!“, ungeachtet dieser Worte sprach das Benehmen des Kuhhirten eine ganz andere Sprache. Er schaufelte nämlich alles, was rein ging, in sich hinein.

Er war mit Saber in Yuma noch einkaufen gewesen bevor sie an diesem Morgen aufgebrochen waren, dafür waren April und Alex, die beiden Big A und neues Pilot-Navigator-Dreamteam, zum Kochen verdonnert worden. Den Schotten hatte ein anderes Schicksal ereilt. Er war zum Telefon beordert worden noch ehe der Tisch richtig gedeckt gewesen war.

Alessandro setzte sich mit den Beilagen an den Tisch und schnaubte verächtlich. Er konnte nicht leugnen, dass ihm Colts Gehabe so manches Mal mächtig gegen den Strich ging. Der schmatzende Kuhhirte nörgelte in einer Tour wegen des schlechten Essens, stopfte aber gleichzeitig alles, was Alex ihm vorsetzte, in sich hinein. Manchmal wirkte er dabei schon wie ein Eichhörnchen, das sich habgierig die Nüsse in die Bäckchen schob und so für den Winter vorsorgen wollte. Gerade eben allerdings sah er schon wie ein verfressener kleiner Hamster aus. Alex schob ihm mit einem hämischen Grinsen auch noch die Kartoffeln hin und stichelte: „Hier. Ich will ja nicht, dass du mir vom Fleisch fällst, Schweinchen Dick.“

Große blaue Augen sahen Alex an. Colt stierte von seinem Teller zu Alex hinüber, ließ die Gabel sinken und hörte zu kauen auf. Er wirkte bedrohlich und April hätte schwören können, dass sie gleich nach Saber rufen musste. Aber Colt blieb ruhig. Er hatte zwar noch einen langen, herausfordernden Blick für Alessandro übrig, doch dann grinste er spitzbübisch und langte nach dem Teller Karotten: „Da mümmel ich mir lieber ein Karotti. Bin eher Mümmelmann als Schweinchen.“

Alex biss sich auf die Lippen. Okay, spätestens jetzt hatte er mit Colt schon wieder seinen Spaß. Er musterte den Cowboy und zeigte dann auf sein Essen: „Das da ist übrigens keines deiner Artgenossen. Das war mal ne stattliche Kuh.“

Auch darauf wusste der Cowboy wieder eine Antwort. Mittlerweile hatte er den seltsamen Italiener in sein Herz geschlossen. Im Endeffekt war Alex genauso ein Pilot wie ihr Matchbox auch. Sie waren eben ein eigenes Völkchen, das war so. Und höchstwahrscheinlich glaubten alle Piloten, Scharfschützen oder Navigatoren wären seltsame Kauze. Das war normal. Colt stach also die Gabel ins Fleisch und hob den Klumpen hoch. Er begutachtete es eingehend und zog dann die Augenbrauen hoch: „Stimmt. Wenn ich ganz genau hinhöre, hör ich sie noch zufrieden widerwürgen.“

„Widerkäuen, Colt“, April schüttelte den Kopf. Alex‘ Trost hatte der Blondine am Nachmittag sehr geholfen. Er war ein guter Freund und auch Vertrauter für April geworden. Sie musste Alex nicht sagen, was sie genau bedrückte. April war dahingehend sogar schon zu der Erkenntnis gelangt, dass sie den sturen Italiener ohnehin nicht davon überzeugen könnte, ihr Freund wäre nicht verheiratet.

„Hühnchen sind keine Klugscheißer, Prinzessin. Die brüten eher über Eiern. Das wär vielleicht mal was für dich“, dabei konnte sich Colt sein Grinsen nicht mehr verkneifen. Er wusste, was gleich kommen würde. Ihre herzallerliebste April würde explodieren.

Doch April stieg auf Colts Provokation nicht so ein, wie er das gerne gehabt hätte. Die Blondine verzog etwas mürrisch das Gesicht und brummte: „Was sollte ich über Eiern brüten? Vor allem über welchen denn?“

Sie hatte Colt nicht ganz verstanden. Aber das lag vielleicht auch eher daran, dass April einfach nicht auf die Idee kam, dass Colt damit wirklich Familie gemeint haben könnte. Sie brütete momentan lieber über anderen Dingen. Ramrod und ihre heimliche Affäre nämlich.

Alex allerdings hatte ziemlich schnell mitbekommen, was der Cowboy meinte. Er stieß die Navigatorin mit einem sanften Lächeln an und erörterte Colts verbalen Erguss: „Er meint die Eier, die er seiner Robin ins Nest gelegt hat. Würde dir auch ganz gut stehen. Obwohl ich eher glaube, du wärst mehr eine Entenmami als eine Hühnermami.“

Mit einem unterdrückten Lachen schaltete sich auch Colt dazwischen ehe April etwas erwidern konnte. Er schob schon mal vorsorglich den Teller mit dem Besteck weg und grinste April an: „Der Gockel da neben dir würde sich aber unverschämt gut als solcher machen. Hkm… Macht er sich doch.“

„Bist du wahnsinnig oder was?!“, April fuhr von ihrem Platz hoch. Ihr Kopf war dabei mindestens so rot geworden, wie bei jedem anderen Mal, wo Colt ihr solche Sprüche mit Fireball als Gegenpart entgegen geworfen hatte.

Die Tochter von Commander Eagle wusste nicht, was sie an dem Debakel gerade mehr aufregte. Die Tatsache, dass Colt ihr jetzt Alex zuschanzen wollte oder aber dass sowohl der Cowboy als auch der Italiener ihr Kinder schmackhaft machen wollten. Also, das war doch echt die Höhe. Sie war Star Sheriff. Ramrod war ihr Baby. Ihre Familie war hier. Während sich ihre Gedanken rasend überschlugen, stellte sie fest, dass ein entscheidender der Teil ihrer Familie eben nicht hier war. Das nahm ihr sofort wieder den Wind aus den Segeln. Weder ihr Vater noch Fireball waren hier an Bord. Fireball war nicht mehr da, wenn sie ihn brauchte.

Aber auch der Italiener protestierte sofort. Nur nicht so, wie Fireball es getan hätte. Colt hatte besonderes Augenmerk darauf gelegt. Alessandro war älter und das zeigte sich auch in seiner Reaktion. Der Pilot war reifer als Fireball. Deswegen war auf dessen Gesicht nicht viel von Röte zu sehen. Alex grinste, während er April wieder auf ihren Platz zurückdrückte: „Dein Ei ist groß und schwarz, süße Prinzessin. Und über alles andere musst du dir keine Sorgen machen. Der richtige Erpel kommt schon noch.“

April begann sich halbherzig zu verteidigen: „Hey! Ich darf doch wohl sehr bitten. Wer sagt, dass ich einen Erpel haben will?“

Doch da war es schon zu spät. Die beiden Männer hatten sich zu einer gemeinsamen Front zusammen getan und schon entschieden. Colt grinste breit und nickte Alex zu: „Egal, ob Erpel, Gockel oder sonst was. April hat ein gutes Herz. Sie würde jeden nehmen.“

Das gute Herz konnte ihr auch Alessandro nicht absprechen. Seit er nun wusste, dass April einen verheirateten Freund hatte, sorgte er sich beinahe schon vierundzwanzig Stunden am Tag um die hübsche Navigatorin. Er kam allerdings auch nicht umhin, einen gewissen Groll gegen den Herren zu empfinden, der ihr den Kopf verdreht hatte und wo es doch keine Aussicht auf Besserung ihrer Lage gab. Etwas bissiger gab er Colt deswegen Recht: „Sie würde sogar einen räudigen Straßenköter bei sich aufnehmen.“

„Aber nur, wenn er schöne, treue Augen hat“, ergänzte Colt. Er wusste, dass die Blondine einen Faible für ein bestimmtes Paar dunkler Augen hatte. Er wusste nicht mehr, wann ihm das zuerst aufgefallen war, aber bei diesem Augenpaar wurde April regelmäßig schwach. Sprach man sie darauf an, wurde sie rot und fühlte sich ertappt. So, wie in diesem Moment. Jaja, das war die heutige Jugend, dachte Colt, verknallt bis über beide Ohren, aber nichts zugeben wollen!

„Ich bin vielleicht noch anwesend!“, damit teilte April je einen kräftigen Stoß an Alex und Colt aus. Das war doch nicht zu fassen. Sie war hier, saß direkt im Blickfeld der beiden Jungs und die redeten, als wäre sie nicht im Raum. Mit zornig in Falten gezogener Stirn ließ sie die beiden Scherzkekse wissen: „Noch mal. Ich suche mir selbst aus, wer mein Erpel oder Kater oder sonst was sein wird.“
 

Er hatte lange genug in der Tür gestanden und sich das Geplänkel seiner Freunde angehört. Es tat ihm gut, dass die drei fröhliche Laune versprühten. Saber hatte mit Fireball telefoniert. Hörte er nun seine Freunde über Tiere reden, machte er gedanklich einen geprügelten Hofhund aus Fireball. Denn so hatte er geklungen. Saber machte sich Sorgen um den Hitzkopf. Seit dieser Ramrod verlassen hatte, sah er mit jedem Mal schlechter aus.

Aber er wollte nicht mehr länger darüber nachdenken und sich Sorgen machen müssen. Ihm war klar, dass er von hier aus nicht anders helfen konnte, als ihm in regelmäßigen Abständen am Telefon Ablenkung zu bieten. Nun stieß sich Saber vom Türrahmen ab und trat mit einem Räuspern in die Küche. Über den Frohsinn seiner Freunde schüttelte er den Kopf: „Ja, bin ich denn auf einem Bauernhof gelandet? Ich komm mir vor wie Farmer Fred. Dort ne Kuh, da Gockel und haufenweise Enten.“

Colt lachte hell auf: „Eher Old McDonald.“

„And an oink oink here, an oink oink there…“, Alex grölte mehr als er sang, aber die Lacher, die er dafür kassierte, waren es wert.

Sofort stimmte auch Colt in das heitere Bauernliedchen ein und sogar Saber machte mit. Solange, bis sich April die Ohren zuhielt und leidig das Gesicht verzog. Sie flehte ihre drei Jungs an: „Oh, bitte. Aufhören. Sonst geht der Tinitus im Leben nicht mehr weg.“

Saber lächelte, alles war wie immer auf Ramrod. Es war nicht gerade Friede Freude Eierkuchen, aber zumindest alles lachend. Der Schotte war unheimlich froh, dass sich nach dem anfänglichen Chaos und Frust hier alles so schnell bereinigt hatte. Viel dazu beigetragen hatte nicht zuletzt der klitzekleine Fakt, dass die vier hier zusammen wohnten und sich nicht so oft aus dem Weg gehen konnten, wie man es gerne hätte. Natürlich, das hätte auch schneller als gedacht zur Eskalation führen können, doch zu guter letzt hatte es ein Team aus den vieren gemacht. Und langsam wurden auch Freunde aus ihnen. Schon jetzt wusste Alex, was sein Platz auf Ramrod war, Saber brauchte ihm genauso wenig Anweisungen geben, wie April oder Colt. Das war ein echter Gewinn. Der Highlander hatte somit mehr Zeit um sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können. Er hatte einige harte Verhandlungen mit dem Bürgermeister von Laramy geführt und kümmerte sich vor allem um seine Aufgaben als befehlshabender Offizier. Alles hätte schöner nicht sein können, wäre da nicht die kleine Gewitterwolke am Himmel, die Saber Sorgen bereitete. Die Gewitterwolke kam aus dem asiatischen Raum und war jedes Mal, wenn sie sich wieder sahen, mit noch mehr Regen beladen. Irgendwann würde deswegen noch ein gewaltiger Sturm aufziehen.

Um April einen Gefallen zu tun verstummten die drei Männer schließlich. Was nicht hieß, dass es deswegen leise in Ramrods Küche wurde. Colt und Alex hatten immer noch viel zu lachen, als der Schotte nach dem Teller griff und sich unschuldig erkundigte: „Ist das da noch für mich?“

Colt langte in diesem Moment nach dem Teller, um Saber eins auszuwischen. Er wollte den Schotten mal richtig schön aufziehen. Das gelang ihm leider nur zu selten, denn Saber war in der Hinsicht ausgebufft. Der roch bereits noch vor dem eigentlichen Tricks die Verschwörung und ging gar nicht erst darauf ein.

„Nö, das ist mein Nachschlag. Wonach sieht’s denn sonst aus?“

Noch während Saber fester an seinem Teller zog und sein Magen schon lautstark verkündete, dass er Hunger hatte, schaltete sich auch Alessandro dazwischen. Er hatte sich an die gemeinsamen Abendessen schnell gewöhnt. Für ihn war Ramrod bereits zu so etwas wie einer kleinen Familie geworden. Der Italiener war sehr stark verwurzelt und für ihn galten immer noch die alten Werte. Zumindest einmal am Tag sollte die ganze Familie zusammen am Tisch sitzen und gemeinsam essen. In dieser seltsamen Familie hatte es dieses Mal nicht so geklappt, weswegen Alex den Schotten auch noch tadelte: „Wärst du mal da gewesen, als es Essen gegeben hat, wäre auch noch was vom Ragout für dich übrig geblieben. Mit wem hast du denn überhaupt solange telefoniert?“

Er klang wie ein strenger Familienvater. Alessandro schmunzelte allerdings, er wollte sich nicht ernsthaft mit dem Boss anlegen. Aber ungewöhnlich war es schon. Immerhin hatte der Anruf Saber eine gute halbe Stunde aufgehalten. Ob er mit seinen Eltern telefoniert hatte?

Es war klar gewesen, dass früher oder später die Sprache auf den Anruf kommen würde. Saber nahm sein Besteck in die Hand, klopfte Colt mit dem Messerrücken noch mal auf die Finger, als dieser ihm das Essen wieder wegziehen wollte und begann zu essen. Es war kein guter Zeitpunkt darüber zu reden. Saber hatte selbst keine Ahnung, was in Yuma los war. Alles, was er wusste war lediglich, dass es Fireball mit was auch immer nicht sonderlich gut zu gehen schien. Fragte er den Hitzkopf danach, erhielt er bisher immer nur die nichtssagende und einsilbige Antwort ‚Stress‘. Beim nächsten Besuch auf Yuma musste sich Saber eine Stunde freischaufeln, wenn es irgendwie möglich war.

Colt zog seine geschundene Hand an den Körper und rieb sich mit der anderen über die Stelle, auf die Saber geklopft hatte. Er warf dem Schotten noch einen grummelnden Blick zu. Der verteidigte sein Essen wie ein wildes Tier. Aber er war nicht wirklich böse auf Saber. Ganz so fest, wie er ihm mit seinen Blicken weis machen wollte, war der Schlag nicht gewesen. Er jammerte: „Wildkatzen hauen einem auch die Pranken so drauf, wenn sie ihr Essen in Gefahr sehen.“

Allerdings, und das blieb niemanden unbemerkt, war die Stimmung untereinander wieder anders geworden. Saber hatte etwas Bedrücktes von der Brücke mitgebracht und das schlug sich unweigerlich auf alle anderen. April spürte es am Meisten. Nicht nur, weil sie neben Saber saß, sondern auch, weil sie eine Frau war und ihre feinen Fühler so etwas sofort erkannten. Etwas sagte ihr, dass zuhause etwas nicht in Ordnung war. Der Spaß war eindeutig vorbei. Die Blondine klang unsicher, als sie wissen wollte: „Ist in Yuma alles in Ordnung?“

Saber schluckte unweigerlich nicht nur das Essen hinunter. Um dieses Gefühl auch irgendwie weg zu kriegen, griff er nach seinem Glas und spülte nach. Unbestimmt und ohne April wirklich anzusehen gab er Auskunft: „Alles okay. Die sind dort bestens aufgestellt.“

Es herrschte immer noch Krieg im Neuen Grenzland, deswegen war Ramrod auch im Augenblick wieder öfter unterwegs. Die fünf Monate, in denen der Friedenswächter als verschollen galt, hatten viele Ganoven und auch Outrider auf den Plan gerufen. Saber versuchte damit auf eine eher berufliche Basis zu springen, obwohl er wusste, dass April auch und vor allem um ihren Vater besorgt war. Aber sie vermisste auch den jungen Hitzkopf hier an Bord und machte sich bestimmt auch so genug Sorgen um ihn, deswegen wollte er April gar nicht erst unnötig beunruhigen.

„Ist etwas vorgefallen?“, April ließ nicht locker. Es roch hier verdächtig nach Verschwörung, sie kannte Sabers Verhalten, wenn er über etwas keine Auskunft geben wollte oder konnte. Dann verhielt er sich mit Vorliebe so wie gerade eben. Saber sah niemanden direkt an, lenkte mit anderen Gesprächsthemen ab und verteilte fleißig Aufgaben.

Hastig biss Saber in das Fleisch. So musste er der Blondine keine Antwort geben. Er wusste doch selbst nichts. Es reichte, wenn sich hier einer wahnsinnig machte, wie Saber fand. Er bemühte sich, so viel und schnell zu essen, dass er nicht reden konnte. Hatte er den Mund einmal doch frei, griff er nach dem Wasserglas und gurgelte geradezu die Worte, die ihm auf der Zunge lagen, hinunter. Es sollte niemand hier Grund bekommen, sich Sorgen zu machen.

Als er satt war, schob er sich aus der Bank, brachte sein Geschirr und das der anderen zum Geschirrspüler hinüber und wandte sich dann zum Gehen. In der Tür blieb er noch kurz stehen: „Ich muss noch einige Dinge recherchieren. Macht nicht mehr allzu lange, okay?“

Enttäuscht und auch alarmiert ließ sich April zurücksinken. Sie versuchte es noch ein letztes Mal, an Informationen zu kommen: „Saber, ist in Yuma etwas passiert? Geht es ihnen gut?“

Saber ließ indes die Schultern fallen. Er blickte mitten in den Raum, aber niemanden direkt an. Man hätte schon ein besonderer Trottel sein müssen, um nicht zu wissen, dass April mit ihnen nur ihren Vater und Fireball gemeint hatte. Alle anderen waren ihr im Augenblick egal. Saber nickte, bevor er endgültig ging: „Es geht ihnen gut. Alle mit Arbeit eingedeckt und zufrieden.“

April konnte nicht sagen, woher sie das wusste, aber es war tatsächlich so. Sie konnte nicht anders. Bestimmt verheimlichte ihr Saber etwas. Er war ihr so vehement ausgewichen. Etliche Minuten starrte die einzige Frau an Bord die Tür an, die sich hinter Saber wieder zischend geschlossen hatte. Ihr war anzusehen, wie sie sich gerade fühlte.

Deshalb rutschte Alex auch zu ihr auf und strich ihr über die Schultern: „Hey, süße Prinzessin. Wenn Saber sagt, es ist alles in Ordnung, dann ist es das auch.“

Sie wischte die Hand ihres Kollegen von ihren Schultern. Es reichte, wenn er sie jedes Mal heimlich tröstete, wenn sie wieder eines dieser Tiefs hatte. Sie wollte Colt nicht noch mehr Grund für Spötteleien geben. Der Fiesling mit Hut fand auch ohne offensichtliche Einladungen immer wieder Schwachpunkte.

Aber auch er wollte April dieses Mal ihre Sorgen nehmen. Sie war in letzter Zeit ohnehin immer etwas angespannt, wenn es um Yuma ging. Deswegen strich Colt ihr über die Wange: „Alles gut, Prinzessin. Ganz sicher.“
 

Er hatte kaum aufgelegt und noch einen kurzen Blick ins Büro geworfen, zog er die Tür hinter sich zu. Fireball hätte es nicht tun sollen, denn weder fühlte er sich deswegen besser, noch war er sicher, dass Saber ihm geglaubt hatte, dass alles in Ordnung war. Seine Füße waren schwer, traten laut auf den Metallstufen auf, als er sie hinunter ging. Fireball hielt sich am Treppengeländer fest, der einzige Halt, den er momentan überhaupt hatte.

Ruhig war es im Hangar nach Sonnenuntergang. Die mehr als dreißig Jets standen da, allesamt in Reih und Glied. Aufgefädelt wie eine Perlenkette. Sie glänzten im Scheinwerferlicht der Halogenlampen, als ob sie gerade erst gekauft worden wären. Dunkles Grün spiegelte weiß. Jeder Jet trug einen Identifikationscode auf den Flügeln. Der erste Teil bestand aus einer Buchstaben- und Nummernkombination. Sie kennzeichneten die Staffel, zu der der Jet gehörte. Im Fall dieses gesamten Hangars zierten die Unterseite des rechten Flügels drei Buchstaben und römische Ziffern. ASB I, sie standen für die Air Strike Base 1. Seine Staffel. Fireball schritt von einem Jet zum anderen. Die arabischen Ziffern ordneten den Jet seinem Besitzer zu. 32, 25, 4, 3, 2. Die letzten drei Jets gehörten Oliver, Stan und Martin.

Oliver machte nur Dienst nach Vorschrift, nahm allerdings keinerlei Befehle von Fireball entgegen. Martin war derjenige, der Oliver immer wieder dazu brachte, endlich seinen Hintern zu bewegen. Von Stans Jet wandte sich Fireball schnell wieder ab. Der beste Pilot seiner Staffel. Niemand konnte dem blonden Sturkopf das Wasser reichen. Aber Stan erkannte genauso wenig wie der Rest der Einheit, wie wichtig der Zusammenhalt zwischen Captain und Staffel war. Martin hatte das erkannt. Doch Fireball dachte manchmal, er half ihm nur deswegen immer wieder, weil ihre beiden Väter zusammen geflogen waren. Fireball schluckte die Gefühle hinunter und kletterte auf den Jet, der die Nummer 1 auf dem Flügel trug. Er setzte sich auf die Tragfläche, kauerte sich dort oben zusammen und legte schließlich den Kopf in den Nacken. Das Metall des Jets war glatt und kalt, aber hier fühlte sich der Wuschelkopf wohl. Es hatte etwas Vertrautes. Das Metall ähnelte dem des Friedenswächters und gab ihm zumindest das Gefühl, hier nicht ganz verkehrt zu sein. Fireball schloss die Augen, krallte die Hände in die Haare und stieß keuchend die Luft aus. Alles war eine einzige Katastrophe.
 

Hoffentlich war er noch da. Er war so schnell wie möglich von zuhause aufgebrochen. Alessa hatte ihm noch ein kleines Carepaket eingepackt. Eigentlich hatte sie mitkommen wollen, doch Martin hatte es ihr aus dem Kopf geschlagen. Stan hätte nicht angerufen, wenn es nicht dringend gewesen wäre. Was hatte der blonde Vollpfosten bloß angestellt?

Martin lief eilig in den Hangar. Er wusste nicht, wie lange Stan mit seinem Anruf gewartet hatte. Der Brasilianer stieß die Tür auf. Gut, es brannte noch Licht. Er hetzte ins Büro hoch, weil er auf die Schnelle niemanden im Hangar entdecken konnte. Doch dort oben war schon verschlossen. Wo war der Kleine hin? Er flog beinahe schon die Treppen hinunter.

Wo war der Japaner? Aber wenn doch noch Licht hier brannte. Irgendjemand musste noch hier sein. Am Treppenabsatz blieb Martin stehen. Verdammt, hoffentlich war nichts passiert. Wo lag die Wohnung des Jungen? Gute Frage. Nächste Frage bitte. Martin hatte keine Ahnung, wo sie Fireball einquartiert hatten. Ja, toll. Jetzt gesellten sich zu den Sorgen auch noch andere ätzende Gedanken. Martin hasste es. Wieso hatte er den Bengel nicht gleich mitgeschleift, als der Feierabend verkündet worden war? Er mochte Fireball. Und jetzt das.

Stan hatte am Telefon nichts weiter gesagt als: „Kümmer dich bitte ums unseren Babyboy.“

Und jetzt bekam Martin das nicht mehr aus dem Kopf. Himmel, was hatte Stan bloß gemacht? Er wusste, dass der blonde Fiesling der letzte gewesen war, der Fireball noch gesehen hatte. Mit ein wenig Fantasie und dem nötigen Wissen über Stans feines Gespür für Schwäche konnte man sich auch zusammen reimen, was Stan noch alles vom Stapel gelassen hatte.

„Babyboy! Hey, Shinji! Wo steckst du?“, es war zumindest noch einen Versuch wert, ihn zu rufen. Martin schritt suchend zwischen den Gleitern durch. Da hörte er aus der anderen Ecke des Hangars etwas auf dem Metall klopfen.
 

Das war Martin! Oh, Mist! Er hatte vergessen, das Abendessen bei ihm abzusagen. Fireball schoss in die Höhe, erschrocken von dem Ruf. Er wischte sich schnell mit beiden Handflächen über das Gesicht, ehe er sich vom Gleiter herunter hangelte und geschickt mit beiden Beinen auf dem Boden landete. Sein Herz raste, als wäre er direkt in eine Falle der Outrider geraten. Und das alles nur, weil Martin ihn aus seinen Gedanken gerissen hatte.

„Hier“, antwortete Fireball verstört. Er konnte sich gerade nicht sammeln. Zum Glück kannte Martin den Zustand schon zur Genüge. War immerhin nicht das erste Mal, dass der Brasilianer ihn in die Realität zurück holte.

Zumindest hatte er jetzt eine Richtung. Martin, der gerade wieder aus dem Hangar wollte, schlug einen Haken und steuerte direkt auf die Quelle des Lärms zu. Er war noch hier. Martin sah kurz auf das Ziffernblatt seiner Armbanduhr. Eigentlich wären sie schon längst mit dem Essen fertig und säßen wahrscheinlich bei einer Tasse Kaffee und Nachtisch. Einerseits war der Brasilianer erleichtert, denn immerhin wusste er nun, dass es ihm gut ging. Naja, halbwegs zumindest. Aber andererseits ärgerte sich Martin nach wie vor maßlos darüber, dass er ihn nicht gleich mitgenommen hatte. Mit einigen schnellen Schritten war Martin bei seinem Arbeitsgerät angelangt. Er beugte sich unter der Tragfläche durch und richtete sich zwischen den beiden Jets wieder auf. Gesuchter Captain stand nun vor ihm. Ziemlich abgekämpft, wie der gestandene Pilot schnell merkte.

Sein Vater hatte ihn noch gewarnt! Als Martin kurz nach Fireballs Dienstantritt mit seinem Vater ein Gespräch geführt hatte, hatte Emilio schon gelacht. Es wäre nicht immer einfach mit einem Hikari. Die hätten eine etwas andere Mentalität. Das wusste Martin inzwischen auch. Nur saß er mittlerweile mittendrin statt nur dabei. Seine Augen überflogen kurz den Captain. Das genügte völlig. Der Brasilianer machte noch einige Schritte auf Fireball zu. Er wusste auf die Schnelle nicht, was er sagen sollte, er konnte schlecht mit der Tür ins Haus fallen und fragen, was Stan gemacht hatte. Also beschränkte er sich auf ein erstauntes und auch leicht besorgtes: „Du wolltest doch um halb zum Essen nachkommen.“

Fireballs Hand ruhte auf dem Flügel, von dem er gerade noch herunter gesprungen war, als er sich verlegen räusperte: „Hi… Hkm… Ja, ähm, ich wollte dich noch anrufen. Ich schaff’s nicht.“

„Seh ich, ja“, seine Stimme klang fast väterlich. Martin hatte sofort gemerkt und vor allem herausgehört, wie angegriffen der jüngere Pilot war. Er war vollkommen fertig. Zwar gesund, aber nicht unbedingt munter. Martin lehnte sich gegen den Gleiter. Sollte er jetzt schon etwas sagen? Himmel, er brannte auf die Beantwortung seiner Fragen.

Martin wagte zaghaft einen Vorstoß. Ruhig stellte er fest: „Dank Stan sehe ich das.“

Wie?! Shinjis Augenbrauen schossen förmlich in die Höhe. Noch ein bisschen mehr durch den Wind als ohnehin schon versuchte Fireball sich zu erklären: „Oh, Stan… Ja, der hat…“, er senkte den Blick.

Jetzt kannte Martin kein Halten mehr. Bei nächster Gelegenheit würde er dem blonden Überflieger anständig auf die Finger klopfen. Martin beschlich nicht nur die üble Vorahnung, sie überrannte ihn geradezu. Ganz sicher hatte dieses Stinktier seine Prüfung durchgezogen! Man sah und hörte es dem Neuen an. Martin konnte sich nicht länger zurückhalten: „Was war los?“

Fireball wollte nicht reden. Er kämpfte immer noch dieses schwarze Loch nach unten. Das Loch hatte in erster Linie die Blondine verursacht, Stan hatte es meisterhaft aufgerissen und mit seinen Bemerkungen über seinen Vater schön genährt. Zwei Wochen noch, dann hatte es Fireball hinter sich. Nur die Gedanken, die Stan wieder sehr gut geschürt hatte, die würden länger nicht verstummen. Er würde seine Arbeit so gut als möglich machen. Nur eben nicht mehr heute. Er murmelte, während er sich abwandte: „Wir hatten ein interessantes Gespräch.“

„Auch das sehe ich“, platzte Martin heraus. Das sah man dem ansonsten quirligen Piloten nämlich wirklich an. Nach der nichtssagenden Antwort war sich Martin sicher, diesen Anblick hatte alleine Stan verursacht.

Martin setzte Fireball deswegen sofort nach. Jetzt waren klar Worte gefragt. Aber nicht nur. Mindestens ebenso wichtig waren nun Taten. Er klopfte Fireball auf die Schulter. Martin wollte helfen. Nur musste er das bei diesem Hikari genauso unorthodox machen, wie es sein Vater getan hatte. Im Augenblick galt es deswegen, ihm klar zu machen: „Du brauchst Freunde hier, Babyboy.“

Shinji hielt inne und horchte auf. Er drehte sich um und sah zu dem Brasilianer auf. Wieder schimmerten seine Augen dunkel, seine Stimme jedoch klang fest und sicher: „Keine Freunde. Aber Verbündete und eine Einheit.“

Verzagt biss sich Martin auf die Lippen. Er verzog das Gesicht. Mit dieser Aussage war der Pilot mit der Nummer 2 auf seinen Tragflächen des Jets nicht glücklich. Das signalisierte Martin nun auch deutlich: „Falsch. Du brauchst Freunde, die den Sauhaufen hier kennen und die da sind, wenn was ist. Fakt ist, deine Freunde von Ramrod sind weder da, noch kennen sie einen so disziplinlosen Haufen wie den unseren hier. Wer von ihnen ist denn schon Pilot?“, Martin brachte es schließlich auf den Punkt: „Und wenn Stan was von Geburtsfehler gesagt hat, dann ist das ein Beweis für seine Dummheit und Ignoranz.“

„Geburtsfehler“, wiederholte Fireball mit einem getroffenen Gesichtsausdruck. Er strich sich die Stirnfransen mit der rechten Hand aus den Augen, richtete gleichzeitig aber den Blick auf seine Füße. So klein, wie er sich gerade fühlte, passte er ohne sich ducken zu müssen in eine Rille zwischen Martins Schuhsohlen. Fireball brach die Stimme: „Auch `ne nette Umschreibung dafür.“

Er wollte es mit Humor nehmen. Das wollte er wirklich, nur leider standen ihm eine Einheit und dessen Captain im Weg. Genauer gesagt waren es die Air Strike Base 1 vor gut zwanzig Jahren und der Captain mit Namen Shinji Hikari. Er hatte Dinge dort gesehen, Situationen miterlebt, die es ihm unmöglich machten, darüber lachen zu können.

Martin verzog düster die Augenbrauen. Wenn er Stan zu fassen bekam, konnte der sich einen Grabstein aussuchen gehen. Dabei übersah der Brasilianer allerdings, dass er für das bitterböse Wortspiel mit dem Geburtsfehler verantwortlich war. Martin hielt Fireball an der Schulter fest, flüchten sollte ihm der junge Hüpfer gerade nicht. Er wollte unbedingt wissen: „Wofür ist es eine nette Umschreibung? Was hat Stan verzapft? Hat er gemeint, du wärst nicht so gut wie dein Vater?!“, kurz entschlossen holte Martin sein Telefon aus der Jackentasche: „Warte! Das haben wir gleich.“

Martin wandte sich ab, sprach mit jemandem ein paar kurze Wort auf Spanisch und kam anschließend wieder auf den Hitzkopf zu: „Stan weiß das genauso wenig wie du oder ich. Aber ich kenne da jemanden, der es weiß.“

Fireball zuckte mit den Schultern. Er wollte damit seine Gleichgültigkeit andeuten, doch so war es nicht. Der ehemalige Ramrodpilot hatte sich sofort über Martin Rubario schlau gemacht. Natürlich war er dabei zwangsläufig auf den Namen Emilio Rubario gestoßen. Er wusste, woher Martin kam, wer er war und welchen Weg er einschlagen würde. Karma war schließlich das halbe Leben und wer wusste das besser, als er selbst? Fireball wollte etwas anderes und hoffte, somit weiteren bohrenden Fragen zu entgehen: „Tu mir einen Gefallen. Telefonier in meiner Gegenwart in einer Sprache, die ich auch verstehe, das gebietet der Anstand, den du mit Sicherheit hast.“

Starkes Stück. Martin hatte Mühe seinen Mund zu zu bekommen. Wo war der Schalter bei Fireball?! Der machte so abrupt einen Themen- und Gemütswechsel, dass Martin aus dem Staunen nicht mehr heraus kam. Das war schon nicht mehr schön mit an zu sehen. Seine Fragezeichen auf der Stirn wahrscheinlich aber auch nicht mehr.

Er war nicht der einzige, der manchmal seltsam aus der Wäsche guckte, diese Feststellung beruhigte Fireball. Aber er konnte sich denken, weshalb Martin gerade wie vom Bus angefahren drein schaute. Also entspannte sich seine Mimik, als er Martin erklärte: „Sieh mal. Wieso sollten mich Aussagen über Menschen kümmern, die ich nicht kenne und derjenige, der die Aussagen trifft, auch nicht? Das Gleiche ist mit Aussagen über Ereignisse, die so weit in der Vergangenheit liegen, dass ich sie nicht miterlebt haben kann. Keiner der heutigen Generation von Piloten war dabei und ganz davon abgesehen hat keiner jemals Captain Hikari persönlich gekannt oder ertragen müssen.“

Na, das war so betont sachlich über Fireballs Lippen gekommen, dass es alles an Glaubwürdigkeit eingebüßt hatte. Der gesunde Menschenverstand sagte Martin, dass es gelogen war. Kein Kind sprach derart emotionslos über seinen Vater, denn niemandem waren seine Eltern egal. Auch dem Exemplar vor ihm nicht. Wie sollte Martin aber jetzt weiter vorgehen? Er konnte da nicht dagegen reden oder ihm gar sagen, dass er ihm nicht glaubte. Denn neben der Tatsache, dass Martin glaubte, Fireball spielte ihm diese Gleichgültigkeit vor, hatte er auch noch gewaltige Probleme damit ihm Glauben zu schenken, er wäre nicht dabei gewesen. Was rational betrachtet einfach Blödsinn war. Babyboy konnte nicht dabei gewesen sein, der machte ja noch nicht mal die zwanzig Jahre voll! Martin schüttelte über sich selbst den Kopf. Er musste sich das einbilden! Bestimmt hatte ihn sein Job schon den Verstand gekostet.

Martin trat von einen Fuß auf den anderen. Was sollte er tun? Er kam nicht ran an den Captain. Aber Martin würde weder gehen noch Fireball hängen lassen. Das konnte er ganz einfach nicht. Deswegen wurde Fireball mit dieser Freundschaft erst einmal zwangsbeglückt. Er versuchte ein stinknormales Gespräch in Gang zu bringen. Martin steckte die Hände in die Hosentaschen. Da standen sie also. Wie bestellt und nicht abgeholt. Das war ihm unangenehm. So fremd sollten sich Captain und Crew normalerweise nicht sein. Der Brasilianer rettete sich also irgendwie hinüber: „Hey, sag mal, Babyboy. Wo hast du denn eigentlich deine Wohnung?“

Überrascht sah Fireball auf: „Was soll die Frage jetzt, Martin?“

Jetzt hatte er aber doch nicht ernsthaft einen Fettnapf mitgenommen, oder doch? Martin musterte Fireball erstaunt und wollte erklären: „Wäre nicht schlecht zu wissen, wo man dich findet, wenn du mal verpennst und kein Telefon hörst.“

Charmant hinaus geredet. Gedanklich wischte sich Martin den Schweiß von der Stirn. Da hatte er den Argwohn gerade noch mal so eliminieren können. Wenn der Kleine jetzt wenigstens einen klitzekleinen Schritt auf ihn zu machte, würde er ihn aus seinem Schneckenhaus ziehen.

Der Hobbyrennfahrer steckte ebenfalls die Hände in die Hosentaschen. Er legte den Kopf leicht schief und sah zu Martin auf: „Gleich hier hinten auf dem Stützpunkt.“

Shinji hatte seine Hand, die er ihm symbolisch gereicht hatte, zumindest mal zaghaft angenommen. Martin würde sie nun fester greifen. Der Brasilianer schmunzelte und nickte leicht: „Ach echt? Wo denn genau? Kann ja schlecht alle fünfzehn Wohnhäuser nach dir abklappern, wenn der Hut brennt, Babyboy.“

„Du bist im Suchen doch schon beinahe brillant. Rate doch mal, wo sie einen alleinstehenden, jungen Captain hinstecken“, Fireball scharrte mit einem Fuß auf dem Boden, schmunzelte aber ebenfalls leicht. Er war dankbar für den Themenwechsel. Martin war nicht übertrieben hartnäckig in seinen Fragen. Da kannte der junge Pilot ganz andere Folterknechte. Als er von Martin keine Antwort erhielt, beantwortete Fireball seine Frage selbst. Er gab dem Brasilianer Hausnummer und Wohnungsnummer. Unrecht hatte der Ältere schließlich nicht. Der Captain kannte sich selbst nur zu gut. Auf Ramrod hätte er so manches Mal einen Alarm verschlafen, wenn Colt und Saber nicht so penetrant gewesen wären. Ein bisschen Rückendeckung konnte in der Hinsicht nicht schaden.
 

Lange war er hier schon nicht mehr gewesen. Schon gar nicht nach Sonnenuntergang. Der ältere Pilot war nach Ausbruch des Krieges nicht mehr lange im Dienst geblieben. Er hatte sich um seine Familie kümmern wollen. Es hatte genug tragische Schicksale an jenem Tag, als das Königreich Jarr überfallen worden war, gegeben. Viel zu viele.

Er suchte nach dem Hangar, in dem die Maschinen der Air Strike Base 1 geparkt waren. Hatten sie den irgendwann mal verlegt? Das wäre ihm neu. Sein Junge hatte ihn hier her gebeten, er solle seine Geschichten aus vergangenen Zeiten mitbringen. Weshalb genau, das hatte ihm Martin am Telefon nicht sagen wollen. Ah, hier brannte noch Licht. Die Jets übernachteten also immer noch am selben Fleckchen Erde. Schnellen Schrittes betrat Emilio den Hangar. Martin unterhielt sich mit dessen Captain.
 

… „Emilio! Jetzt mach endlich! Ich will heute noch hier rauskommen“, diese Stimme hallte durch den Hangar. Sie war fest, klang aber bei weitem nicht so streng, wie man von einem Captain hätte annehmen können. Shinji war einfach schon ein bisschen zappelig an diesem Tag. Nun wollte der nichts anderes, als endlich die geheiligten Fliegerhallen endlich dicht zu machen und dann noch ein schnelles Feierabendbierchen zu trinken.

Emilio band die Ärmel seines Anzugs um die Hüften und drehte sich zu seinem Captain um. Er lachte dem Japaner entgegen: „Eile mit Weile, Shinji. Deine Hübsche läuft dir schon nicht davon.“

Shinji ging auf den Jet zu und stieß seinen Kollegen frech grinsend an: „Das soll auch so bleiben, du Könner! Jetzt komm schon, ich hab einen knappen Zeitplan.“

„Freizeitstress, was?“, Emilio dachte nicht einmal daran, sein Lachen zu unterdrücken. Gott, dieser Captain war ein Unikat. Der war seiner Frau so hörig wie nur sonst was. Emilio durfte das denken. Schließlich war es bei ihm nicht anders. Er hatte neben den kleinsten Fesseln der Welt auch noch den besten Grund, weshalb man halbwegs pünktlich zuhause sein sollte. Einen kleinen Jungen, der bewundernd zu seinem Vater aufsah.

Aber deswegen in Stress zu verfallen kam Emilio nicht in den Sinn. Betont langsam erledigte er noch seine restlichen Aufgaben, hielt den Captain somit absichtlich auf und unterhielt sich mit ihm. Die beiden redeten oft über Frau und Kind, wenn sie alleine waren. Es waren vertraute Gespräche, die niemals diese Hallen verlassen würden. Die beiden Männer waren mehr als Kollegen, sie waren auch gute Freunde. Emilio war klar, dass Shinji ihm nicht alles anvertraute, der Captain kannte keine Schwäche. Aber er war mit seinen Geschichten und Scherzen ein Mensch wieder jeder andere auch. Sie verstanden sich gut, das hatten sie immer…
 

Noch bevor er begriff, dass er nicht bei Captain Hikari im Hangar stand, sondern bei der nächsten Generation Piloten, hatte Emilio ehrfurchtsvoll salutiert: „Captain Hikari!“

Seine Sinne und die Erinnerung hatten ihm einen Streich gespielt. Das war Emilio klar geworden, als er salutiert hatte. Wie allerdings hätte er nach Martins Schilderungen wissen sollen, dass der Sohn von Captain Hikari derjenige war? Alles an dem jungen Captain von Martin erinnerte an den Befehlshaber vor zwanzig Jahren. Es raubte Emilio beinahe den Atem. Spätestens jetzt begriff er die Problematik, mit der Martin und Fireball kämpften.

Martin fuhr herum, Fireball hingegen zuckte zusammen. Der Brasilianer ging auf seinen Vater zu, umarmte ihn kurz, tadelte ihn aber gleich noch: „Lass das, Padre. Die Bezeichnung wird er nicht zu hören bekommen.“

Fireball sah Emilio groß an. Er hatte sich kaum verändert. Der ältere Brasilianer sah bis auf ein paar Falten mehr und graue Schläfen aus wie damals. Hoffentlich sah er ihm nicht an, dass Fireball ihn erkannte, denn offiziell hatten sie sich noch nie getroffen. Er streckte ihm die Hand entgegen: „Mister Rubario“, er unterdrückte den Impuls, ihn einfach Emilio zu nennen.

Emilio löste sich aus der Umarmung seines Sohnes, ließ den Tadel mal mit Sicherheit nicht gelten. Er reichte Fireball die Hand, während er Martin erklärte: „Sei nur so dumm, das zu glauben, Sohne. Sieh ihn dir doch mal genau an. Wie sein Dad, aber haargenau.“

In dem Moment stellte sich Martin mit einem sehr kritischen Blick an seinen Vater die Frage, was für den Neuen wohl schlimmer war. Nicht so zu sein wie sein Vater, oder aber genau so zu sein. Beides schien Martin ein zu großes Spiel mit den Extremen, und nicht sehr hilfreich. Wer wusste es denn wirklich? Martin kannte den alten Captain Hikari kaum bis gar nicht, Fireball überhaupt nicht. Mit diesen Vergleichen war keinem geholfen.

Martin zog am Ärmel seines Vaters: „Sei nicht so taktlos. Glaubt man ja kaum, dass du älter und reifer bist als ich.“

„Sowohl als auch“, konterte Emilio trocken.

Ehe die beiden Rubarios zu diskutieren anfangen konnten, wollte Fireball die aufkommenden Wogen glätten. Seinetwegen auch noch Streit zu sehen, war ihm dann doch zu viel. Deswegen ging er verzweifelt aber auch unsicher dazwischen: „Martin! Emilio, bitte. Hört doch auf ihr zwei. Ist doch egal.“

Man sah, wie unangenehm es Fireball tatsächlich war. Die beiden Rubarios sahen sich kurz groß an. Aber sein Ziel hatte es nicht verfehlt. Vater und Sohn verschoben ihre Reifediskussion auf ein Andermal.

Emilio nahm sich die Zeit, Fireball noch einmal eingehend von oben bis unten zu mustern. Auch das Verhalten des jungen Captains ließ sich Emilio durch den Kopf gehen. Er war seinem Vater sehr ähnlich. Der ältere Brasilianer holte tief Luft. Weshalb sonst hätte ihm die Erinnerung einen Streich gespielt, als er eingetreten war?

Sofort hielt Martin seinem Vater den Mund zu: „Du bist nicht zum Vergleiche machen hier, Padre! Das haben schon andere übernommen. Siehst du das nicht?!“

Au weia, Martin schämte sich manchmal für seinen Vater in Grund und Boden. Gerade jetzt tat er das auch wieder. Wie blind konnte ein Mann in Emilios Alter schon sein um nicht zu bemerken, dass Babyboy mit der Welt gerade am Ende war? Der jüngere Rubario schnaubte. Er hätte seinem Vater doch mehr sagen sollen.

Fireball seufzte. Erschlagen von diesem Tag stieß er Martin sachte an: „Option A: Du zahlst mir ein Bier. Oder Option B: Du gehst bitte wieder zu deiner Freundin zurück.“

Während Martins Augenbrauen verdattert nach oben schossen und er gerade nicht wusste, welche Antwort er geben sollte, lachte sein Vater freudig auf. Er schob seinen Jungen zum Ausgang, während er Fireball einen Arm die Schulter legte und eifrig nickte: „Für das obligatorische Feierabendbier bin ich allemal zu haben. Überhaupt, wenn mein Bursche zahlt. Ich kenn da übrigens ein paar nette Geschichten über deinen Vater.“
 

Damit war es fix. Die drei Männer landeten in der nächsten Bar. Als Fireball die beiden Rubarios alleine ließ, klärte Martin seinen Vater noch einmal eindringlich auf, er sollte keine weiteren Vergleiche bringen. Seine Kollegen hatten dies schon hinreichend übernommen und Martin hatte in seiner Verzweiflung Emilio angerufen. Er sollte Fireball von seinem Vater erzählen, aber tunlichst nichts von Ähnlichkeiten oder Verschiedenheiten sagen.

Das hatte Emilio dann sehr schnell verstanden. Er tadelte seinen Jungen aber noch einmal ausführlich dafür, dass er das nicht gleich gesagt hatte. Dafür hatte er nun amüsante und so manch ernste Geschichte über Shinji Hikari auf dem Lager.

Martin hörte aufmerksam zu. Dabei beobachtete er Fireball. Wie reagierte der Hitzkopf auf Schwächen des legendären Captain Hikari? Er bemerkte, wie Fireball hin und wieder in sein Glas Bier starrte. Er zeigte keinerlei Reaktion auf Geschichten, die er unmöglich kennen konnte. Es schien, als wüsste es Shinji bereits.

Auch Emilio fiel das irgendwann auf. Er beendete seine Erzählung, hatte mit Wohlwollen zwar festgestellt, dass die beiden Jungs zugehört hatten. Sein Martin war damit um viele kleine Tipps reicher geworden, wie man mit einem Hikari umging. Aber Fireball schien das alles schon von seinem Vater gewusst zu haben. Auch Dinge, die Shinjis hinterbliebene Frau nicht hatte wissen können. Ein wenig irritiert wollte er deswegen wissen: „Hab ich dir nichts Neues erzählt, Shinji?“

Automatisch schüttelte Fireball den Kopf und verneinte. Ansehen konnte er Emilio dabei aber nicht: „Nein. Das nicht…“, er wand sich irgendwie heraus: „Nur etwas viel auf einmal.“

In Wahrheit hatte Fireball deswegen kaum auf die Erzählungen reagiert, weil er es bereits gewusst hatte. Auf dem Schaum des Alkohols hatte er das Gesagte in Bildern gesehen. Völliger Schwachsinn, wenn man seinem gesunden Verstand trauen durfte. Aber mit dem Wissen seines Vaters in sich leider nur allzu reale Erinnerung, wie der Abschied von April heute Morgen.

Martin sah seinen Vater daraufhin bedeutungsvoll an. Es sollte so viel heißen, wie ‚Das meinte ich damit‘. Seltsam unberührte Reaktionen auf das Leben seines Vaters und so manch lahme Ausrede, er könne nichts davon wissen. Der junge Brasilianer kaufte das so nicht ab. Auch, wenn es jeglicher Logik entbehrte, es widersprach sich. Irgendwann würde Martin wohl nicht drum herum kommen, ihn darauf anzusprechen. Aber das konnte er jetzt noch nicht. Dazu kannten sie sich zu wenig, vertrauten sie einander zu wenig.
 

Ramrod war zwar nach wie vor in erster Linie ein Kampfschiff, doch daneben auch ein Wohnbereich, in dem sich ständig Menschen aufhielten. Ständig bedeutete im Fall der Star Sheriffs, dass zumindest immer einer an Bord war. Da der große Cowboy seit seinem fünfmonatigen Verschwinden für diplomatische Missionen eingeteilt worden war, stand er seit einigen Wochen auf dem Raumhafen Laramy’s. Der Planet war erst nach den ersten schweren Angriffen der Allianz beigetreten und so gehörte es zum guten Ton, sich mit Ramrod öfter dort zu zeigen. Zudem verstanden sich die Star Sheriffs gut mit dem Bürgermeister der Hauptstadt. Alex war bei ihrem ersten Einsatz vor mehr als einem Jahr zwar noch nicht dabei gewesen, dennoch hatte zumindest der Bürgermeister keinerlei Bedenken gehabt. Die Tochter, Snowcone, war im ersten Moment enttäuscht gewesen, doch mittlerweile fand sie auch am neuen Piloten Gefallen. Alles lief wie gewünscht, nur der Abflug verzögerte sich.

An diesem Morgen hatten die vier Star Sheriffs miteinander gefrühstückt, wieder mehr lachend als essend, aber das war inzwischen fixes Ritual. Ebenso wie es Saber im Augenblick vorzog, sich aus allen möglichen Diskussion herauszuhalten. Gerade beim Frühstück verkroch sich der blonde Highlander liebend gerne hinter einer Tageszeitung, die Colt jeden Morgen mit den frischen Brötchen von seinem Spaziergang vor Sonnenaufgang mitbrachte.

Den Cowboy beschäftigten im Augenblick mehr Vatersorgen, als ihm lieb waren. Colt war nicht zuhause, nicht dort, wo er eigentlich sein sollte. Das Bäuchlein von Robin war nicht mehr zu übersehen, die Geburt war auch nicht mehr weit weg und Colt konnte nicht sagen, ob er überhaupt da sein würde. Es nagte ganz einfach an ihm. Gerade den Gedanken, dass er in dieser Zeit nicht bei seiner Liebsten sein konnte, machte dem fürsorglichen Lockenkopf zu schaffen. Er hatte Robin schon zum zweiten Mal in ihrer Schwangerschaft alleine zurückgelassen. Beim ersten Mal hatte sie sogar befürchten müssen, dass er zusammen mit seinen Freunden gestorben war. Und nun kamen sie, vor lauter Gastfreundlichkeit der Bewohner, nicht von diesem Planeten! Man konnte es auch übertreiben, wie Colt schwer missfiel. Gastfreundschaft war nichts Schlechtes, nur gerade wollte er lieber bei Robin sein. Er hatte schon fünf Monate ihrer Schwangerschaft komplett verpasst, nun bekam er zwar zwei Mal täglich einen Statusbericht von seiner Freundin, aber das war nicht das selbe, wie die Entwicklungen selbst mitzuerleben. Man sollte es kaum glauben, aber er war mit jedem Tag ein bisschen dankbarer für die Tatsache, dass Alex ihn auf Trab hielt und ihn ablenkte. Und sei es nur deswegen, weil er in Colts Augen ein bisschen zu sehr mit der Navigatorin liebäugelte.

Der Italiener war morgens ein überzeugter Espressotrinker, etwas anderes kam ihm für gewöhnlich nicht in die Tasse. Sich über Ramrods Kaffeeautomaten zu beschweren, hatte er sich schon relativ früh getraut. Das hatte er allerdings genauso so schnell wieder zutiefst bereut. Wie aus einem Mund hatten ihm die drei eingesessenen Bewohner Ramrods mitgeteilt, dass der Kaffee an Bord vor allem nur eines können musste: Groß sein und munter machen! Da waren sich alle einig gewesen und damit total gegen Alex. Das hatte den dunkelhaarigen Mann aber auch nicht davon abgehalten im nächsten Laden eine Espressomaschine für den Herd zu kaufen. Die paar Mäuse konnte er selbst noch abdrücken.

Der Frühstückstisch auf Ramrod war für gewöhnlich reich gedeckt, denn irgendjemand hatte prinzipiell immer Hunger. Die frischen Brötchen grenzten dabei allerdings schon fast an Luxus. Das höchste der Gefühle waren eigentlich Tiefkühlbrötchen, die sie auftauten.

Saber lugte hin und wieder von seiner Zeitung hervor und kontrollierte mit einem prüfenden Auge, ob auch noch alles in Ordnung war. Das hatte er früher schon gemacht, das hatte sich immer noch nicht geändert. Momentan warf er allerdings wieder verstärkt ein kritisches Auge auf seine Mannschaft, denn Colt und Alex konnten mitunter beim Frühstück schon ziemlich laut in ihren Diskussionen werden. Daran erkannte man eben das hitzige Gemüt eines Südländers, denn Alex wurde schnell mal laut, wenn er sich von Colt ungehört vorkam. Was Saber zumindest einen unvermeidlichen Teil seiner Sorge abnahm war die Tatsache, dass er nie ernsthafte Streits erlebte. Die beiden Männer hatten sich für Colts Verhältnisse dann doch ziemlich flott angenähert und beschnuppert.

Manchmal sehr zum Leidwesen von April. Die beiden Rüpel kannten so manches Mal kein Tabu, zu keiner Tages- und Nachtzeit. April musste das zwangsläufig aussitzen, sie konnte schlecht jedes Mal schimpfen oder gar aufstehen und den Raum verlassen, wenn die beiden anzüglich wurden. Da wäre sie schon längst verhungert. Wurden ihr die Anspielungen aber dann doch zu viel, warf sie den Jungs meistens ein aufgebrachtes: „Denkt ihr immer nur daran?!“ entgegen.

An diesem Morgen war es kaum anders, das hatte auch Saber hinter seiner Tageszeitung schnell bemerkt. Die zwei waren unverbesserlich. Da fragte man sich unweigerlich, ob die Kombination Fireball und Colt nicht der Kombination Alex und Colt vorzuziehen war. Obwohl, und den fiesen Gedanken erlaubte sich Saber ungeniert, die einzige Konstante bei den Kombinationen war immer Colt. Wäre es also vielleicht sinnvoller, beim nächsten Mal den Scharfschützen auszutauschen? Sein Schmunzeln bemerkte niemand, dazu versteckte es Saber zu gut.
 

„April? Das Mistding blinkt und ich find den Ausknopf nicht!“, schlichtweg genervt stand Alessandro im Badezimmer vor einer leicht bekleideten Blondine, die noch die Zahnbürste im Mund hatte.

April war gerade dabei gewesen, sich fertig zu machen. Deswegen stand sie auch nur in Jeans und BH im Bad, die Haare zu einem schnörkellosen Knoten zusammengebunden und besagte pinkte Zahnbürste im Mund. Erschrocken drehte sie sich zu dem Eindringling, er hatte sie eben aus ihren Gedanken gerissen.

Alex gingen bei dem Anblick beinahe die Augen über. Das gefiel ihm außerordentlich gut. Gleichzeitig erinnerte es ihn aber daran, dass er wohl in der seltsamsten WG seines Lebens gelandet war. Er war in seine Arbeit vertieft gewesen und normalerweise lief niemand halbnackt in der Arbeitszeit irgendwo herum. Auf Ramrod war das naturgemäß anders. Wieder mal zu Aprils Leidwesen. Schlimmer jedoch war, dass Alex jetzt nichts besseres zu tun hatte, als April zuzuzwinkern und mit der offenen Hand auf ihre Gestalt zu zeigen: „Hätt ich das mal früher gewusst, hätt ich mich eher mal für die Eliteeinheit beworben. Da macht das Arbeiten doch Spaß.“

April ließ die Zahnbürste ins Waschbecken fallen und stieß einen lauten, vor allem aber spitzen Schrei aus. Abgesehen davon lief sie hochrot an. Es war ihr unheimlich unangenehm, dass Alex sie so sah. Denn so, und das wäre ihr beinahe auch noch rausgerutscht in ihrer Aufregung, durfte sie nur ein einziger Pilot sehen.

Wie nicht anders zu erwarten war die nächste logische Konsequenz dieser Szene und der Lautstärke, die Aprils Schrei erreicht hatte, dass noch ein weiterer männlicher Star Sheriff das Feld betrat. Dieser war Colt, der natürlich, übertrieben besorgt und sensibel, wie er als mitschwangerer, werdender Vater war, nach dem Ursprung sehen wollte. Er kam ins Bad gestürzt. Mit einer Hand im Türrahmen, der anderen an der Türklinke stand er nun da und überflog die Situation. Grundgütiger, was hatte er denn da all die Jahre eigentlich verpasst?! Colt war und blieb ein Kerl, der gerne andere Frauen ansah, aber eigentlich, und da waren sich sein Trieb und sein Gewissen ausnahmsweise mal einig, sollte die Kollegin doch bitte eingehüllt bleiben. Dabei entging Colt aber auch nicht, wie wenig das Alex juckte. April schämte sich unendlich und Alex gefiel das auch noch. Colt trat schnurstracks auf Alessandro zu und packte ihn am Kragen: „Wirst du gefälligst deine Patschehändchen von April lassen?!“

Alex eiste seinen Blick endlich von April los. So wenig unangenehm, wie ihm die Situation gerade war, konnte er auch Colt nicht ernst nehmen. Er grinste den Cowboy deswegen an und hob unschuldig beide Hände: „Patschehändchen sind bei mir, siehst du doch.“

Das war Colt dann gleich zu viel gewesen. Keiner vergriff sich ungeschoren an seiner Prinzessin. Das durfte im Augenblick in Colts Augen gar keiner. Auch nicht der Rennfahrer mit Namen Fireball. Klar, Fireball war immer noch sein bester Freund, aber Colts Gedächtnis war ein gnadenloser Elefant, und so hatte der Cowboy auch nicht vergessen, was in der Vergangenheit zwischen April und Fireball vorgefallen war. Seine Prinzessin hatte so herzzerreißend geweint. Nein, das hätte auch sonst niemand vergessen können. Deswegen wollte Colt nichts und niemanden an Aprils Seite sehen, der ihr gerade gefährlich werden konnte. Keine kleinen Captains und gleich noch weniger Piloten mit Höhenflug. Die taten April einfach nicht gut. Er schrie Alex an: „Und was ist mit den Stielaugen und der Sabberrolle da?! Los, einfahren, sonst werde ich ungemütlich, werd‘ ich doch!“

Vergessen war die Blondine, wegen der sie hier her gekommen waren. Colt und Alex gerieten in einen lauten, wie auch drohenden Streit. Immerhin hörte der Spaß für Colt bei April auf und für Alex, wenn ihm jemand Vorschriften machte. Die beiden waren bei ihrem Wortgefecht ordentlich laut, die Vermutung, man könnte sie durch das gesamte Schiff hören, lag mehr als nur nahe.

Saber war gerade im Kontrollraum gestanden und hatte versucht, das Blinken an Alex‘ Satteleinheit abzustellen, als er Colt und besagten Piloten schreien hörte. Blitzschnell erhob sich der Schotte und suchte die Quelle dieser Unruhe. Kurze Zeit später stand auch der Blonde im Badezimmer. Ohne auf April zu achten, schritt Saber auf Colt und Alex zu. Er griff schlichtend ein und zog die beiden auseinander: „Hört auf! Was ist denn los, Himmel noch eins?“

Schon schwappte Saber ein Wortschwall entgegen. Verstehen konnte er allerdings nichts, denn die beiden Jungs redeten gleichzeitig. Das war ein einziger Kauderwelsch für ihn, mehr nicht. Immer wieder sah er ratlos zwischen Colt und Alex hin und her.
 

Ihr Kopf konnte röter nicht mehr werden. Zu guter letzt war nun auch noch Saber ins Bad gekommen. Das einzig Positive daran war jetzt allerdings, dass niemand sie beachtete. Die drei waren so in ihre Debatte vertieft, dass sie auf den Grund für ihr Kommen vergessen hatten.

April atmete tief durch und beugte sich schließlich über den Waschbeckenrand. Sie spülte sich den Mund aus, denn sie war von Alex beim Zähneputzen ertappt und unterbrochen worden. Nachdem sie ihr Gesicht abgetrocknet hatte, zog sie schnell das weiße Shirt über, das sie sich kurz zuvor zurecht gelegt hatte. Danach drehte sie sich wieder ihren Mannen zu, den Schrecken hatte sie endlich verarbeitet. Das war schon haarscharf an einem Herzinfarkt vorbei gewesen. Nun verschränkte sie die Arme vor der Brust und warf einen skeptischen Blick auf die Szene.

Die drei standen dicht zusammen, in eine eifrige und hitzige Diskussion verstrickt. Zumindest Alex gestikulierte wild und fuchtelte mit den Händen herum. Der war ein waschechter Italiener. Aber Colt war auch nicht weniger wild. Nur Saber sah etwas überrumpelt aus. Der schien noch nicht so begriffen zu haben, wieso und weshalb hier so gestritten wurde.

April schüttelte den Kopf und schmunzelte leicht. Doch ihr Lächeln wurde dabei wehmütig. Etwas fehlte an dieser Szene. Sie seufzte und dachte an etwas anderes. Immerhin war sie noch nicht wirklich vorzeigbar. Sie räusperte sich: „Jungs?“

Keine Reaktion. Das Theater vor ihr ging ungerührt weiter. Fast kam es April so vor, als würden sie noch etwas lauter werden, nachdem sie sie angesprochen hatte. Das war jetzt aber nicht ihr Ernst, oder doch? April sah sich das nicht allzu lange an, dann ergriff sie die Initiative. April pfiff einmal so laut sie konnte und schrie ihre drei dann an: „Jungs!! Raus hier!“

Drei Paar großer, unterschiedlich blauer, Augen sah sie an. Dann deutete sie auf die Tür, damit sie auch ja nicht missverstanden werden konnte: „Da geht’s raus. Das nächste Mal sperr ich die Tür ab“, sie ging zu Alex und schlug ihm die Faust auf die Schulter: „Und um dein blinkendes Etwas kümmere ich mich später!“

Colt ließ ebenfalls noch eine Warnung vernehmen: „Mach das noch mal, Pate, und ich verspreche dir. Der Knopf in deiner Satteleinheit bleibt nicht das einzige, das alle Farben spielen kann.“

Saber schüttelte lediglich peinlich berührt den Kopf. Er packte mit einer Hand Colt an der Schulter, mit der anderen Alex und schob die beiden vor sich her. An der Tür bekamen beide noch einen mahnenden Tritt in den Allerwertesten und dementsprechende Worte: „April ist zwar unsere Kollegin, aber sie ist und bleibt eine Frau. Lernt endlich mal Anstand.“

Und als wäre es nicht genug gewesen, eilte ihnen nun April hinterher, trat ebenfalls noch mal nett nach und verteilte eine Kopfnuss an Saber: „Du bist auch nicht besser, Säbelschwinger!“
 

Es war schwer an diesem Morgen gewesen, überhaupt aus dem Bett zu kommen. Die beiden Männer, die mit etwas kleinen Augen nebeneinander im Hangar standen, waren verdammt spät ins Bett gekommen. Dieses Mal aber nicht wegen der Arbeit, sondern wegen der losen Zunge von Martins Vater. Die drei Männer waren erst mit der aufgehenden Sonne aus der Bar gekommen. Unverantwortlich, wie Martin und Fireball feststellen durften. Die beiden sahen sich kurz an und schüttelten den Kopf. Martin murmelte: „Sollten wir in die Luft?“

„Wir beide nicht!“, stellte Fireball postwendend klar. Er warf einen Blick in den Hangar. Alle waren da, nur einer fehlte wieder. Stan. Dieses Mal war Fireball sonnenklar, weshalb der Blondschopf nicht pünktlich war. Es lag einzig und allein an dem Verbot, das er Stan gestern ausgesprochen hatte. Er stieß Martin mit einem leidigen Gesichtsausdruck an: „Du bist doch meine rechte Hand? Wieso schreist du nicht ‚Stopp!‘, wenn wir im Begriff sind, Blödsinn zu machen?“

„Weil’s geschmeckt hat, Babyboy“, auch Martin verzog das Gesicht. Gott, er war hundemüde und ein bisschen Kopfweh hatte er auch. Er lächelte den schweigsamen Captain an: „Und außerdem hat’s gut getan, oder nicht?“

Martin stieß Fireball leicht an. Der gemeinsame Abend mit Martins Vater hatte beiden gut getan. Das Bier hatte den beiden die Zunge gelockert und später waren sie auch ohne Emilios Anregungen ins Gespräch gekommen. Allerdings rächte sich der lange Abend mit Kopfschmerzen, einem flauen Gefühl und totsicherem Flugverbot für die beiden. Sie wussten, dass ein ordentliches Frühstück ihnen nicht helfen würde. So mussten sie den Piloten in die Augen sehen und ihnen gestehen, dass das Flugtraining an diesem Morgen entweder ausfiel, oder unter der Leitung von Oli stattfinden würde.

Letztendlich blieb die gesamte Mannschaft im Hangar, teils lehnten sie an ihren Maschinen, teils saßen sie auf dem Boden. Aber alle hatten die Augen auf ihre zwei Übeltäter gerichtet. Kamen die einfach blitzblau zum Dienst! Die ersten Zwischenrufe mussten sich die zwei schon gefallen lassen, kaum hatten sie den Trainingsflug abgesagt. Vor allem auf Fireball hatten sie es wieder abgesehen. Es wäre klar gewesen, dass ihr Babyboy nichts vertragen würde. Aber das juckte Fireball nicht sonderlich. Er konterte ungerührt auf Olis Ausbruch: „Ich setze mich nicht in meine Maschine, wenn ich selbst genau weiß, dass ich nicht flugtauglich bin. Und jeden, den ich jemals dabei erwischen sollte, wie er trotzdem in den Himmel aufsteigt, darf keine Gnade erwarten. Wir arbeiten bereits in einem Selbstmordkommando, da müssen wir Gevatter Tod nicht auch noch ne Sondereinladung geben.“

„Das macht Ramrod!“, schrie Stan vom Eingang herüber. Er stand mit verschränkten Armen an den Türrahmen gelehnt da und funkelte ihren Captain an. Ja, er war ein kleines Stehaufmännchen, stärker, als er auf den ersten Blick wirkte, aber seine Einheit konnte er nicht für blöd verkaufen. Dafür hatte sich auch Alex zu oft bei seinen ehemaligen Kollegen gemeldet. Zudem hörte man so einige Geschichten über die alte Besetzung der Einheit Ramrod. Sie flogen verletzt Angriffe, verteidigten das Neue Grenzland selbst dann noch, wenn sie außer Stande waren, sich auf den Beinen halten zu können. Alle vier der Stammbesatzung Ramrods waren von dieser Kategorie. Stan schüttelte den Kopf und kam in die Halle hinein. Seine Stiefel hörte man mit jedem Auftreten klacken.

Martin blieb einen Moment die Spucke weg. Er kannte Stans Blick. Er war mit seinem Test noch nicht fertig. Gestern hatte er Fireball alleine angegriffen. Es war ein fairer Schlagabtausch gewesen. Nun aber setzte sich der Showdown von gestern Abend fort. Stan wollte noch sehen, wie Fireball mit Anschuldigungen umging, die er vor versammelter Mannschaft aussprach.

Fireball biss sich auf die Zähne, kniff die Augen zusammen und kam auf Stan zu. Er würde das so schnell wie möglich abwürgen, indem er Stan gar keine Gelegenheit mehr gab, darauf loszugehen. Er reckte den Kopf zu dem großen Blonden hinauf und blieb hart: „Stan, wie spät ist es?“

„Viertel nach, wieso?“, das Ablenkungsmanöver war schneller aufgegangen, als Fireball gedacht hatte.

Er hielt dem groß gewachsenen nun eine Predigt über Pünktlichkeit, vor versammelter Mannschaft. Fireball hatte beim besten Willen nicht vor, dass man noch einmal auf seine Schwächen los ging. Dazu war er heute Morgen einfach noch nicht fähig. Als er mit Stan fertig war, der dann ausnahmsweise sofort die Klappe gehalten hatte, wandte sich Fireball an seine Mannschaft. Er war seit einigen Wochen hier, Besserung war kaum in Sicht und Ende des Monats mochte der Zauber vielleicht wieder vorbei sein, aber: „Ich weiß wie schwer es ist, sich auf einen neuen Captain einzustellen. Aber das ist kein Grund diese Einheit hier verkommen zu lassen. Ihr seid das Beste, was das Oberkommando an Piloten hervorgebracht hat, benehmt euch auch so! Seid pünktlich, macht eure Arbeit ordentlich und vor allem: verhaltet euch anderen gegenüber angemessen. Der nächste, über den ich eine Beschwerde auf den Tisch bekomme, kriegt von mir ein langes, persönliches Gespräch. Ist das klar?“

Während Stan die Arme vor der Brust verschränkte und Martin ratlos ansah, stieß sich Oli von seiner Maschine ab. Bedrohlich ging er auf Fireball zu. Oh nein! Er ließ sich von dem Krümel nichts sagen. Nie im Leben. Nicht einmal dann, wenn Shinji der Commander war. Oliver hatte viel gesehen, viele junge Spunde, die geglaubt hatten, der Himmel gehöre ihnen. Alle hatte er bisher noch von ihrem hohen Ross herunter geholt. Den Spross von Captain Hikari brachte er schon auch noch auf den Boden der Tatsachen. Er stieß Fireball unsanft gegen die rechte Schulter: „Erzähl du uns nicht was von fluguntauglich. Du hast keinen Tau von deinem Job, Bürschchen. Sieh zu, dass du endlich aus dieser Einheit kommst und in den Kindergarten zurück findest!“

Martin verzog noch mehr das Gesicht als zuvor. Das war gar nicht gut. Der kleine Hikari war nach wie vor angeschlagen, nicht bloß wegen letzter Nacht, auch etwas anderes zerfraß sein Nervenkostüm Stück für Stück, aber unaufhaltsam. Bevor Martin einen Schritt auf Fireball zumachen konnte, hielt Stan ihn an der Schulter zurück. Dieser schüttelte den Kopf.

Der blonde Pilot hielt Martin auf seinem Platz. Dieses Mal nicht. Er sollte dem Krümel nicht helfen. Stan hatte am vergangenen Abend etwas Entscheidendes gelernt. Es war an der Zeit, seine Meinung zu ändern. Fireball hatte seine Prüfung mit Bravur bestanden, war in keiner Sekunde ungerecht zu Stan geworden. Dafür sollte er jetzt die Belohnung bekommen. Es war an der Zeit, seinen neuen Captain zu akzeptieren und hinter ihm zu stehen. Stan schob Martin vorsichtshalber ein paar Schritte zurück und trat dann selbst hinter Fireball. Der Blonde überragte den Japaner und so wirkte es noch eher wie ein überdimensionaler Schutzschild, das sich hinter ihm aufbaute.

Fireball hatte von dem, was sich hinter seinem Rücken abspielte, nichts mitbekommen. Er schloss kurz die Augen und atmete tief ein. Also auf ein Neues. Mit diesen Auseinandersetzungen und Vorurteilen würde er irgendwann noch leben lernen müssen. Die dunklen Augen blickten zu Oliver hinauf und er setzte zu Worten an, die Olivers widerlegen sollten.

Doch in diesem Moment griff jemand nach seinen Schultern und schob ihn bestimmt zur Seite. Bedrohlich ruhig sprach Stan Oliver an: „Lass stecken, Oli. Es ist genug jetzt.“
 

Alle Augen waren auf die drei in der Mitte gerichtet. Anspannung machte sich unter allen Beteiligten breit. Die Situation hatte etwas Bedrohliches. Bisher hatten sich alle aus Streitigkeiten mit dem Captain heraus gehalten. Selbst Martin war nie eingeschritten, wenn jemand Fireball attackiert hatte. Nun aber schien sich einiges in der Einheit der besten Piloten zu ändern.

Oli schnaubte verächtlich und stieß nun auch Stan gegen die Schulter: „Ich lasse gar nichts! Misch dich nicht ein, Stan. Der Kleine gehört mir. Du kannst mit ihm machen was du willst, wenn ich mit ihm fertig bin.“

Stan hatte offenbar ein rotes Tuch für Oliver angefasst. Er hatte das ungeschriebene Gesetz gebrochen, dass jeder hier seine Streitigkeiten alleine mit dem Betreffenden klärte. Er hielt sich nicht an die Abmachung, denn inzwischen war zumindest neben Martin auch Stanley klar geworden, dass Fireball so falsch hier nicht war.

Der blonde Pilot wiederholte sich. Zischend dieses Mal: „Ich sagte, du sollst es lassen, Oliver. Es reicht jetzt.“

Dabei schob sich Stan demonstrativ vor den kleineren Fireball, der unvernünftig, wie er war, dazwischen gehen wollte. Ohne auf den Captain zu achten schob sich Stan zwischen ihn und Oliver. Nichts und niemand würde hier auf Babyboy losgehen. Der Blonde packte Oliver am Kragen und drückte ihn auf Armlänge von sich weg. Reine Vorsichtsmaßnahme, denn so stellte Stan sicher, dass Oliver maximal noch ihn erwischen konnte, den hinter ihm stehen Captain aber schon nicht mehr.

Viel hielt Oliver nicht davon, auf Distanz geschoben zu werden. Er schlug Stans Hände von sich und fuhr den Kumpel an: „Fängst du jetzt auch noch an mit dem Scheiß?! Spielst du jetzt auch den Babysitter für ihn? Reicht Martin noch nicht?“

In dieser Situation war Fireball machtlos. Er konnte nicht eingreifen, denn weder Stan noch Oliver würden ihm zuhören. Egal, wie er es geschafft hatte, klar war augenblicklich nur, dass er die Crew zweigespalten hatte. Fireball warf einen verzweifelten Blick zu Martin nach hinten. Für ihn roch es hier in den nächsten fünf Minuten nach Blutvergießen. Zwar maximal Nasenblut, aber das reichte dem Japaner.

Martin biss sich auf die Lippen und konnte Fireball lediglich ein Kopfschütteln als stummes Zeichen geben. Eingreifen war in diesem Moment nicht klug. Was auch immer am Vorabend geschehen war, es hatte Stanley so tief beeindruckt, dass er sich jetzt für Fireball stark machte. Das auch noch eindrucksvoll, wie Martin beobachtete. Niemand hatte sich bisher Oliver in den Weg gestellt, wenn der Hüne Rot gesehen hatte. Da hatte der ansonsten gemütliche Große was mit einem Bullen gemeinsam. Es gab für ihn kein Halten mehr.

Mit aller Kraft stemmte sich Stan gegen Oliver, hielt seine Hände am Handgelenk fest umschlossen. Nein, so leicht kam ihm der Hüne nicht davon. Die ganze Mannschaft war hier versammelt, eine bessere Gelegenheit, endlich ein klares ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ von allen zu hören, würde sich nie wieder bieten. Sie sollten Fireball als einen von ihnen akzeptieren, denn er war es. In dem Kleinen schlug ein Fliegerherz, stärker und lauter als in manch einem von ihnen. Stan hatte am Vorabend gemerkt, dass Fireball nicht bloß hinter seiner Mannschaft stand, weil er es als Captain musste, sondern auch, weil er sie als seine neue Familie ansah. Stan ordnete sich, wie zuvor Martin, dem neuen Leitwolf nun bedingungslos unter. Dabei würde er dafür sorgen, dass es die anderen auch taten. Ihr Rudel hatte einen neuen Chef. Zwar einen jungen Welpen, aber einen guten und fairen, sie sollten sich dankbar dafür zeigen.

Stan blaffte Oliver also an: „Du alter sturer Esel! Babyboy braucht keinen, der auf ihn aufpasst. Hast du nicht geschnallt, dass er uns davor bewahrt, von Eagle den Arsch aufgerissen zu bekommen?“

Das juckte Oliver nicht. Er wagte wieder einen Vorstoß auf Stan zu, packte den dabei unsanft an der Schulter und stieß ihn ein Stück nach hinten: „Aber klar doch! Der findet alleine doch nicht mal aufs Klo!“

Stan hatte sich gerade schwer getan, Oli war in Rage geraten eine Dampfwalze. Er rollte alles nieder, was ihm im Weg stand. Im Augenblick war es Stan und er hatte Oliver noch mehr provoziert. In den Augen des größeren spiegelte sich die Angriffslust wider. Bei der nächsten falschen Äußerung fing Stan eine.

Aber Stan wäre nicht er selbst gewesen, wenn er die Zeichen, die bei Oliver auf Weltuntergang standen, nicht einfach ignoriert hätte. Mit aller Kraft stemmte er sich gegen den Großen und maulte ihn an: „Sei froh, dass Babyboy gutmütig ist, sonst hätte er dich schon längst suspendieren müssen. Nicht nur für eine Woche, du Rindvieh! Schalt endlich mal dein Spatzenhirn ein, wozu hast du sonst so einen großen Kopf zwischen deinen Schultern?!“

„Das sagst du nicht noch mal!“, Oli ballte die Hand zur Faust und holte aus. Jetzt war es definitiv vorbei mit Lustig. Er würde Stan eine auflegen und sich dann weiter um Fireball kümmern. Olivers Faust stieß kraftvoll nach vor.
 

Eingefangen hatte jemand anderes den Schlag von Oliver. Martin hatte erschrocken einige Schritte nach vor gemacht, hatte es aber auch nicht mehr verhindern können. Stan taumelte dafür einige Schritte zurück, denn er hatte Fireball plötzlich abfangen müssen, den der Schlag voll erwischt hatte. Der Captain stützte sich an Stan ab, konnte aber nicht verhindern, dass er kurzfristig Sternchen tanzen sah. Groß und viel Kraft bedeuteten meistens auch einen anständigen Wums beim Schlagen. Das hatte Fireball fast vergessen. So schnell er konnte, suchte er wieder festen Stand zwischen Oliver und Stan. Er funkelte die beiden an, die Beule, die da mit Sicherheit gleich am Kopf auftauchen würde, ignorierte er. Nun polterte die Stimme eines aufgebrachten Captains durch die Hallen: „Aufhören, verdammt! Seid ihr jetzt komplett übergeschnappt?! Ihr Vollpfosten gehört zur selben Einheit“, er zog an den beiden Männern: „In mein Büro hoch, aber ZZ, ziemlich zügig!“

Als die Situation eskaliert war, war in Fireball etwas erwacht, das er bisher unterdrückt hatte. Es war die Erfahrung und die nötige Schärfe eines Captains der Air Strike Base 1. Es war die Erfahrung seines Vaters.

Oliver hatte noch gesehen, wie sich Fireball zwischen sie geschoben hatte, konnte den Schlag aber nicht mehr aufhalten. Nun fürchtete er zurecht um seinen Job. Er hatte den Captain geschlagen und wenn er die linke Backe und die Schläfe genauer betrachtete, das nicht zu knapp. Mit einer Suspendierung und einer Woche Schreibtischdienst war es damit nun nicht mehr getan. Oli wusste, wo das letztendlich enden würde: bei Commander Eagle.

Stan stieß im Gehen noch kurz Martin an, der sollte für die nächste Stunde hier für Ordnung sorgen, das Gespräch beim Captain könnte sich ziehen. Dann warf er Oliver einen wütenden Blick zu. Mit dem war er noch nicht fertig. Das hatte ein Nachspiel, aber fix.
 

Die Tür zum Büro schlug heftig ins Schloss, da hatten die beiden mit ihrem Streit eindeutig einen Vulkan zum Ausbruch gebracht. Fireball drückte die beiden Männer energisch auf jeweils einen Stuhl. Verflucht noch mal, das war doch nicht wirklich gerade alles passiert?! Aufgebracht atmete Fireball einige Male tief ein und versuchte so, seinen Hitzkopf, der einmal mehr volle Fahrt aufgenommen hatte, abzukühlen. Er wusste, wenn er jetzt nicht besonnen an die Geschichte heran ging, würde er ungerecht handeln und unnötig laut werden. Der Pilot ging zum Fenster hinüber, Martin hatte es zumindest in der kurzen Zeit geschafft, die Einheit vom Hangar nach draußen zu verschaffen.

„Was ist bloß in euch gefahren?!“, Fireball war wieder auf den Schreibtisch zu gegangen. Sein Blick fiel auf den kaputten Bilderrahmen, der mit dem Bild nach unten auf dem Schreibtisch lag, dann auf die beiden Streithähne. Der Japaner stemmte die Arme in die Hüften und schüttelte missbilligend den Kopf, ehe er mit einem harten Ton fortfuhr: „Ihr gehört zur selben Einheit, ihr zwei Schwachköpfe! Wie wollt ihr das Neue Grenzland verteidigen oder gar das Leben eurer Freunde retten, wenn ihr nicht einmal in der Lage seid, euch wie eine Mannschaft zu benehmen?! So ein idiotisches Benehmen erwartet man von einer frisch zusammengewürfelten Einheit, von unerfahrenen Soldaten, aber nicht von zwei gestandenen Kerlen wie euch.“

Oli verschränkte die Arme vor der Brust, folgte mit dem Kopf allerdings argwöhnisch jeder Bewegung von Fireball. Er schnaubte und warf immer wieder auch Stan einen stocksauren Blick zu. Er würde sich den blonden Helden nach der Arbeit noch einmal zur Brust nehmen. Nur wegen Stan saß er gerade hier und konnte sich von einem Grünschnabel anhören, wie sich erwachsene Menschen benahmen. Kurzerhand unterbrach er Fireball deswegen und knurrte ihn an: „Woher willst du das wissen, du bist ja noch nicht mal richtig aus dem Ei geschlüpft?!“

‚Aber klar ist wenigstens, dass er kein Kuckuckskind ist‘, schoss es Stan durch den Kopf. Der Wirbelwind hatte mehr von seinem Vater als einem lieb sein konnte. Für Olivers Worte allerdings konnte sich Stan nicht erwärmen. Wieder wollte er dem breiten Oli über den Mund fahren, aber dieses Mal kam ihm Fireball zuvor. Er drückte den blonden Piloten wieder auf seinen Platz, als dieser aufgesprungen war und schon zu Oliver hinüber langen wollte. Verdattert ließ sich Stan setzen. Allerdings umschloss er mit beiden Händen die Armlehnen. Er umschloss sie so fest er konnte, biss die Zähne zusammen und versuchte sich zu beruhigen. Noch so ein hirn- wie sinnloser Kommentar von Oliver und der Hüne flog. Aber nicht durch die Tür, sondern durch das Fenster, das zum Rollfeld hinaus ging!

„Punkt eins“, grollte Fireball. In diesem Augenblick war er mehr als seinem Vater nur ähnlich. Die beiden erhielten eine Standpauke, wie sie die Piloten vor zwanzig Jahren auch zu hören bekommen hatten, wenn sie Mist gebaut hatten. Der Captain ließ seine Hand sicherheitshalber auf Stans Schulter, während er sich Oliver widmete: „Frisch aus dem Ei geschlüpft hin oder her, Oliver. Alter hat mit Können nichts zu tun. Schreib dir das hinter die Löffel, bevor ich zu Ostern Hasenbraten aus dir mache. Und Punkt zwei: Ihr zwei Hirnis arbeitet in der besten Einheit des Oberkommandos. Da wird man wohl erwarten dürfen, dass ihr auch geistig so weit entwickelt seid, nicht gleich wegen jedem Blödsinn handgreiflich zu werden. Überhaupt nicht wegen etwas, was ihr zwei nicht bestimmen könnt und wo ihr nicht einmal gefragt werdet. Ich will so was wie gerade eben hier nicht noch einmal sehen, sonst werde ich richtig ungemütlich.“

Spätestens jetzt war auch Oliver ruhig. Stan krallte die Finger in das Holz und hatte sichtlich Mühe damit, keine Stielaugen zu machen. Die beiden Männer sahen sich überwältigt an, waren sich gleichzeitig aber stumm einig, dass sie nach Feierabend noch einmal ein Wörtchen miteinander wechseln würden. Oliver würde hier bestimmt keinen Schlussstrich darunter ziehen und es gut sein lassen. Er würde Stan ohne den kleinen Captain noch mal erwischen und dann war der fällig.

Selbigen Gedanken hatte auch Stan. Allerdings senkte er nun die Augen und murmelte: „Schuldigung.“

Er entschuldigte sich nur deswegen, weil er der Standpauke endlich ein Ende setzen wollte. Noch zwei Sätze und Stan fühlte sich wirklich schuldig. Und das war nicht Sinn der Sache. Er wollte sich nicht schuldig fühlen. Stan hatte Babyboy immerhin nur verteidigt, das würde man ja wohl noch machen dürfen!

Shinji entschied sich, keine Strafe zu verhängen. Dass er die zwei vor versammelter Mannschaft zum Rapport hochzitiert hatte, hatte genug Eindruck hinterlassen, das hatte Fireball aus den Augenwinkeln wahrnehmen können. Der Anschiss musste für die zwei Streithähne genügen.
 

Einige Tage später war Fireball nicht mehr der einzige in seiner Einheit, der über blaue Flecken im Gesicht verfügte. Der junge Hikari wusste, Stan und Oliver hatten es unter sich noch einmal unter vier Augen sozusagen ausgesprochen. Er konnte ihnen nicht verbieten, sich privat zu prügeln, aber zumindest würden sie es nicht noch einmal wagen, in der Arbeit so etwas zu tun. Einiges hatte sich an diesem Tag zwar geändert, jedoch nicht alles. Stan mochte offiziell auf Fireballs Seite stehen, doch Oliver war immer noch vom Gegenteil überzeugt. Das äußerte sich nun in verbocktem Schweigen und Dienst nach Vorschrift. Schärfer als zuvor. Oliver kam auf die Minute genau zum Dienstbeginn und war beinahe noch zwei Minuten vor Dienstschluss wieder weg. Befehle nahm er keine von Fireball an, die musste ihm Martin übermitteln. Allerdings freute sich der Captain still, zumindest einen ehemals erbitterten Widersacher auf seiner Seite zu wissen. Auch wenn er wieder gehen müssen sollte, ein kleiner Sieg war allemal besser als keiner.
 

Hier war einiges los, wie Saber feststellte. Sie waren gerade mit Ramrod gelandet. Wie er gleich bemerkt hatte, war ihre Landung an diesem Tag ausnahmsweise mal spurlos an den anderen Einheiten vorbei gegangen. Sie waren alle bis über beide Ohren mit Arbeit beschäftigt. Saber wollte nun sehen, ob er seinem schlechten Gefühl nicht endlich Erleichterung verschaffen konnte. Seit Fireball ihn vor gut zwei Wochen angerufen hatte, war er doch besorgt. Etwas war nicht in Ordnung. Gleich nach der Besprechung war Saber deswegen in den Hangar der Air Strike Base 1 aufgebrochen. Er würde den Hitzkopf mit Sicherheit hier finden und nicht in seinem Büro. Der Schotte hatte schnell den Arbeitsrhythmus von Fireball herausgefunden. Es war auch keine Kunst gewesen, immerhin rief der Japaner ihn immer nur dann an, wenn er über den Berichten brütete und das tat er nur abends.

Saber sah sich in der Fliegergarage um. Hm, eigentlich müsste es Fireball hier doch gut gefallen. Überall Maschinen, Kleinteile, Öle und Werkzeug. Saber schmunzelte in sich hinein, während er durch den Hangar ging, immer auf der Suche nach seinem Freund.

Fireball befand sich gerade in einer Diskussion mit drei seiner Angestellten, deutete immer wieder auf deren Maschinen und versuchte sich in seinen Anweisungen klar und deutlich auszudrücken. Als er Saber bemerkte, winkte er dem Schotten kurz zu und zwinkerte mit einem kleinen Lächeln in dessen Richtung. Im nächsten Moment hatte er den drei Piloten wohl gesagt, sie sollten sich um ihre Maschinen kümmern, denn sie verließen den Captain. Fireball setzte sich sofort darauf in Bewegung und kam mit großen Schritten und einem noch größeren Lächeln auf Saber zu.

Indes wurde es bei Saber wieder kleiner. Hatte er von seinem Standpunkt aus nur erahnen können, dass Fireball da eine Blessur im Gesicht hatte, bestätigte sich seine Ahnung nun. Verdattert grüßte er den Kurzen und hob fragend den Zeigefinger: „Was ist denn mit dir passiert?“

Verlegen tastete Fireball nach dem blauen Fleck und grinste: „Ach das“, er spielte es hinunter: „Man soll’s ja nicht glauben, aber selbst ich pass nicht aufrecht unter einer Tragfläche durch.“

„Ah ja“, Saber nickte zwar, aber er stand der Erklärung doch skeptisch gegenüber. Aber dass es nicht möglich wäre, dass Fireball mal gegen eine Tragfläche lief, bestritt Saber auch nicht. Dennoch besorgt streckte der Schotte deswegen auch die Hand nach der Blessur des Japaners aus. Fast väterlich fragte er: „Ich hoffe, du hast dir das ansehen lassen. Sieht nämlich nicht grad gesund aus.“

Fireball wich einen Schritt vor Saber zurück, lachte aber humorvoll auf: „Da hättest du mal die Tragfläche sehen müssen!“

Nein, es war eindeutig gut gewesen, dass Fireball dem Schotten nicht gesagt hatte, dass er quasi aus Versehen Bekanntschaft mit der Faust eines seiner Mitarbeiter gemacht hatte. Er freute sich über den unangekündigten Besuch seines Freundes. Es bedeutete nicht nur, dass auch April wieder für zumindest eine Nacht hier war, sondern auch, dass er den Schotten schnell fünf Minuten alleine sprechen konnte. Der jüngere der beiden setzte sich in Bewegung und wollte nebenher von Saber wissen: „Hast du noch Zeit für einen schnellen Kaffee, Säbelschwinger?“

Saber folgte dem Hitzkopf und sah sich immer noch aufmerksam im Hangar um. Hier war es ausgesprochen ruhig, eigentlich hatte der Schotte erwartet, dass es hier drunter und drüber ging. Zumindest sollte man davon ausgehen, wenn man von anderen Kollegen eben solches gesagt bekam. Hatte sich am Ende doch etwas in der Staffel verändert? Hie und da standen die Piloten in kleinen Gruppen zusammen, erledigten ihre Arbeiten gewissenhaft oder unterhielten sich noch ein wenig. Alles in allem wirkte es im Hangar eher ruhig und beschaulich.

Er warf einen Blick auf Fireball. Ganz konnte er dem Frieden nicht trauen. Ob das nicht nur eine seltsame Ausnahme war? Der Schotte ging deswegen auf das Angebot mit dem Kaffee ein, aber nur unter seinen Bedingungen: „Kein Kaffee für mich. Mir wäre eine Tasse Kakao lieber, Kurzer.“

Kaffee hätte bedeutet, die beiden setzten sich kurz zu Fireball ins Büro hoch, Saber aber hatte nicht wollen. Es schien dem Schotten, als brauchten die beiden einmal ein Gespräch unter vier Augen, fernab vom Lärm des Oberkommandos und der Hektik der Arbeit. Außerdem wollte der Schotte endlich wissen, was wirklich in den letzten Wochen losgewesen war und da wollte er keine Zuhörer haben. Einige Geschichten waren auch Saber über die neue Führung der Air Strike Base 1 zu Ohren gekommen und nicht zuletzt der doch zermürbte Gesichtsausdruck von Fireball manchmal machten für Saber ein etwas längeres Gespräch unentbehrlich.

Fireballs Blick verdüsterte sich einen Moment lang, als Saber ihn mit diesem Kosenamen angesprochen hatte. Die Bezeichnung, die sein Vater ihm in der Vergangenheit gegeben hatte, war nach wie vor ein rotes Tuch für den Piloten. Es war immerhin noch nicht lange genug her, als dass es Fireball bereits vergessen haben könnte. Aber er sah darüber hinweg. Fireball war froh, den Schotten wieder in seiner Nähe zu haben. Also nickte er schließlich mit einem Lächeln und teilte seiner Crew mit, dass er schnell mit dem Boss der Ramrodcrew in ein Café ging.
 

Wenig später saßen die beiden Männer bei jeweils einer Tasse heißem Kakao. Als Saber gerade umrührte, musste Fireball an einen der hoffnungslosen Abende denken, an denen sich der Schotte eher eine Tasse heißer Milch mit Honig gemacht hatte. Mit einem versonnen Lächeln stützte Fireball den Kopf auf seine linke Hand: „Ich sehe, die Zeiten an denen du heiße Milch mit Honig brauchst, sind wieder vorbei. Das sind doch mal erfreuliche Zustände auf Ramrod.“

Saber sah von seiner Tasse auf. Zuerst war sein Blick verwundert, dann aber formte sich ein Schmunzeln um seine Mundwinkel. Saber klopfte den Löffel am Tassenrand ab, legte ihn auf den Unterteller und hob die Tasse an. Während er trank, beobachtete er seinen jungen Freund aufmerksam. Fireball wirkte müde, abgekämpft. Nachdem er die bauchige, gläserne Tasse wieder auf den Teller gesetzt hatte, begann Saber leise: „Du scheinst sie momentan literweise zu brauchen, Shinji. Läuft’s nicht so, wie es soll?“

Bedächtig umschloss Fireball seine Tasse mit beiden Händen. Er blickte in das dampfende Getränk und berichtete Saber von den vergangenen Wochen. Es tat dem jungen Hitzkopf unglaublich gut, sich bei dem Highlander alles Mögliche von der Seele reden zu können. Klar, Martin war auch da, aber dieser Pilot war für Fireballs Geschmack viel zu sehr in diesen Geschehnissen eingebunden. Und er war nach wie vor kein Freund, wie Saber oder Colt für Fireball. Er hatte das Vertrauen zu dem Brasilianer einfach nicht. Er hatte nicht das erlebt, was seine Freunde mit ihm durchgestanden hatten. Martin kannte einen beträchtlichen Teil von Fireballs Leben nicht und der Captain wollte auch nicht, dass sich das in absehbarer Zeit änderte. Sie hatten Verrücktes in den letzten Monaten auf Ramrod mitgemacht, er wollte Martin daran auch nicht teilhaben lassen. Umso schonungsloser und ehrlicher redete sich Fireball allerdings bei Saber seinen beruflichen Kummer von der Seele. Mit trübseligen Augen berichtete der Japaner von Stanleys abendlichen Besuch und den Anfeindungen, die der blonde Pilot im Gepäck gehabt hatte.

Saber lauschte aufmerksam, war erstaunt, welches Vertrauen der Japaner in ihn hatte. Das war ihm auf Ramrod nie aufgefallen. Es konnte daran liegen, dass sie dort ohnehin zusammengewohnt hatten und man sowieso immer sofort alles Wichtige von ihnen erfahren hatte. Nun, sicherlich war das seit Fireballs Versetzung nicht mehr so. Sie trafen sich mehr als nur selten, am Telefon wollte vor allem der Japaner nie reden, was genau los war. Umso notwendiger schien es für Saber nun gewesen zu sein, den kleinen Wirbelwind mal aus dem Oberkommando zu entführen. Der schien seine Gesprächstherapie ja mehr als nötig zu haben. Saber konnte nicht wissen, dass Fireball auch noch was anderes belastete. Denn über April verlor Fireball kein Wort. Dafür aber beendete der Japaner seine Geschichte mit zumindest einer positiven Nachricht: „Stan scheint wenigstens seither keine Probleme mehr mit mir zu haben. Er streikt zwar nach wie vor, was die Pünktlichkeit morgens betrifft, aber ich muss ihm nicht mehr alles drei Mal sagen“, nun lächelte Fireball schwach: „Und meine Schonfrist wurde noch mal um zwei Monate verlängert. Die Crew hat sich anscheinend merklich gebessert.“

Aufgrund der anhaltenden Problemchen fühlte sich Fireball immer noch nicht dazugehörig in der Air Strike Base. Es war nicht seine Einheit. Für Fireball war es immer noch eine Einheit, zu der er nicht gehörte. Er sollte sie zwar befehligen, aber als einen Teil von ihnen sahen sie ihn nicht.

„Das ist doch erfreulich!“

Da hatte sich Fireball das Beste bis zum Schluss aufbehalten. Ehrlich gestanden, der Schotte hatte sich schon Sorgen gemacht, er würde es nicht in der anberaumten Zeit hinbekommen. Saber bestellte noch einmal nach und ließ den Rennfahrer weitererzählen. Dem brannte noch mehr unter den Nägeln, das sah man dem Krümel an der Nasenspitze an. Und Saber wäre kein Freund gewesen, wenn er nicht gut geraten hätte: „Mit Stan geht’s nun also besser. Was ist mit dem dritten im heimlichen Führungstrio?“

„Tja… der“, Shinji hob seine Tasse zum Mund und spülte damit kurzerhand genauere Auskünfte hinunter. Zum einen tat er das, weil ihm die Worte, die ihm auf der Zunge lagen, nicht die richtigen zu sein schienen und zum anderen, weil der Pilot mittlerweile lieber seine Erstkommentare schluckte und so unüberlegte Reaktionen umging. Fireball sank in den Stuhl und seufzte gedehnt. Nachdem er seine Tasse wieder abgestellt hatte, blickte er Saber aufmerksam an: „Der streikt. Und irgendwo versteh ich ihn ja. Mir würd’s auch nicht schmecken, wenn so ein junger Hüpfer daher kommt und plötzlich Befehle gibt. Oli hat verdammt viel wertvolles Wissen, aber er weigert sich, es sinnvoll zu nützen.“

Saber hob fragend und auch erstaunt die Augenbrauen. Reflexion war etwas, das der junge Rennfahrer bisher, wenn überhaupt, nicht laut gemacht hatte. Saber bemerkte so etwas wie Reife. Die Versetzung hatte Fireball nicht geschadet, auch, wenn er momentan eher darunter litt, so war sie doch ein Gewinn für den Hitzkopf. Er ließ sich Fireballs Worte durch den Kopf gehen, kam aber nicht auf Anhieb auf eine brauchbare Lösung für den Captain. Dafür fehlten ihm die Informationen, und verstand den Zusammenhang nicht.

Der Schwertschwinger bestellte sich kurzerhand noch einen kleinen Scotch und zog dem Japaner die Fakten aus der Nase, die er für eine vernünftige Antwort schließlich noch brauchte. So brachte er in Erfahrung, dass Oliver ein Vollwaise war und Pilot war, seit die Angriffe der Outrider vor einigen Jahren wieder eingesetzt hatten. Der große Hüne hatte jede Menge Erfahrung in der Luft, es gab nichts, das er noch nicht gesehen hatte. Das Wissen, das Oliver mit sich herumtrug, war mehr als Gold für den Japaner wert und er hätte wirklich viel von Olis Erfahrung mitnehmen können, aber der streikte tatsächlich. Saber kam zu guter Letzt zu dem Schluss, dass Fireball Oli bei seinem Ego packen sollte und den Großen einfach in die Planungen für die Übungsflüge einbinden sollte. Fireball sollte seine angeblichen Schwächen, die er mangels Alter durchaus haben konnte, zugeben und Oliver um Hilfe bitten.

Die beiden Männer saßen eine ganze Weile in dem Cafe und unterhielten sich hauptsächlich über die Staffel und Ramrod. Sie waren in ihr Gespräch so vertieft, dass sie alles um sich herum vergaßen. Zwei gute Freunde saßen dort an einem Tisch am Fenster, jeweils ein gefülltes Glas vor sich und diskutierten. Erst nach Einbruch der Dunkelheit begannen sie sich voneinander zu verabschieden. Fireball wollte wissen, während er den Kellner heranwinkte: „Wie lange seid ihr dieses Mal im Lande?“

Unwillig antwortete Saber: „Morgen Vormittag müssen wir wieder los.“

Der junge Hikari suchte nach seinem Portemonnaie und fand es zu guter Letzt in der Innenseite seiner Jackentasche. Er bezahlte für sich und Saber die Rechnung, ehe die beiden aufbrachen. Während er hinter Saber das Lokal verließ, murmelte er unglücklich: „Ihr könntet ruhig öfter hier vorbeischneien.“

Fireball war nie sehr lange von seinen Freunden getrennt gewesen seit sie sich kennen gelernt hatten, umso schlimmer war es nun für ihn, die drei kaum noch zu sehen. Von regelmäßig sprach da noch niemand. Er merkte oft und vor allem abends, dass sie fehlten. Niemand war nach Einbruch der Nacht noch hier, der sich mit ihm zusammen gesetzt hätte und den Tag mit ihm ausklingen ließ. Klar, Martin war da, aber wie gesagt, der Brasilianer zählte noch nicht zu dem erlesenen Kreis. Und auch, wenn das Feierabendbier mit einem Rubario bekömmlich war, so konnte sich der Wuschelkopf durchaus vorstellen, dass Alessa ihren Liebsten auch mal gerne eher zuhause hatte.

Die beiden Männer traten in den Spätsommerabend hinaus und machten sich gemeinsam auf den Weg zurück ins Oberkommando. Fireball hatte dort noch Arbeit liegen lassen und Saber musste von Ramrod noch etwas holen. Der Schotte musterte Fireball. Auch wenn er es nie laut zugeben würde, der kleine Japaner fehlte ihm. Es war mit Alex keinesfalls schlechter an Bord, nur eben anders und noch lange nicht so eingeschworen, wie früher. Saber dachte an ihre Reise in die Vergangenheit. Es war ein unfreiwilliger und langer Zwischenstopp in einer Zeit gewesen, in die sie nicht gehört hatten und das hatte seine Spuren hinterlassen. Sie hatten sich alle verändert. Der eine mehr, der andere weniger, aber durch die Bank waren sie alle reifer geworden. Ihre Freundschaft hatte sich weiterentwickelt. Besonders die zwischen ihm und Fireball. Saber konnte nicht sagen, ob es an der Reise in die ungewöhnliche Zeit lag oder an der Versetzung, er wusste lediglich, dass aus den ratsuchenden Gesprächen schleichend Erfahrungsaustausch geworden war.

Saber nickte, während er auf Fireball wartete, bevor sie Seite an Seite zurückgingen: „Wir wären gerne öfter hier.“

„Vieles wäre einfacher“, seufzend steckte Fireball seine Hände in die Hosentaschen und zog die Schultern hoch. Er genoss die Ruhe, die der Recke ausstrahlte, sie ließ einen Teil der Hektik der letzten Wochen verschwinden. Der Japaner war sich sicher, wenn Saber, April und auch Colt öfter und länger hier wären, er würde sich nicht so ausgebrannt fühlen, wie im Augenblick. Sie zerrten an allen Seiten an ihm, alles entzog ihm Kraft, aber nichts war hier, das ihn auf Dauer wieder stärkte. Nach einem kurzen Blick zu Saber fuhr er fort: „Mir macht die Arbeit hier keinen Spaß. Jeder Tag ist aufs Neue eine Qual. Ich sitze beinahe täglich bis spät in die Nacht an dem verfluchten Papierkram und trotzdem wird die Zettelwirtschaft auf meinem Schreibtisch nicht weniger. Meine Abende sind ziemlich eintönig geworden. Mir fehlt das allabendliche Zusammensitzen mit dir und den anderen.“

Saber lauschte abermals aufmerksam. Nun mehr noch als zuvor, denn das hier war noch wichtiger als die Probleme mit seiner Staffel. Der Schotte blieb eine Weile schweigsam. Seine Sorgen waren nicht unbegründet gewesen, sein Instinkt hatte ihn nicht im Stich gelassen. Allerdings fragte sich Saber nun, weshalb Fireball gar so einsam klang. Seine Informationen besagten etwas anderes: „Ich dachte, Martin würde das ein oder andere Mal mit dir um die Häuser ziehen.“

„Ja, schon“, gab Fireball wahrheitsgemäß zu.

Mittlerweile war er sogar schon bei Martin und Alessa zuhause gewesen, die junge Rothaarige hatte es nicht auf sich sitzen lassen, dass Fireball sie versetzt hatte und schon am nächsten Abend wieder für Martin und seinen Captain gekocht. Aber der Pilot fühlte sich nicht übertrieben wohl in der Wohnung der beiden. Alessa hatte ihn herzlich empfangen, ihn gleich ohne Scheu in eine warme Umarmung genommen, kaum war er hinter Martin eingetreten. Martins Lebensgefährtin hatte ihn in der Familie willkommen geheißen, und sich die größte Mühe gegeben, ihm das Gefühl der Fremde sofort zu nehmen. Aber Fireball hatte sich nicht sonderlich erwärmen können. Er war Fremden gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen und stand ihnen freundlich gegenüber, aber Distanz behielt der Japaner immer bis zu einem gewissen Grad. Fireball war erstaunt darüber gewesen, wie viel Alessa schon von ihm gewusst hatte und wie neugierig und wissbegierig sie dennoch war. Ihre Neugier und ihr Interesse an ihm als Mensch war ehrlich gewesen, das hatte er sofort bemerkt. So war auch Martin. Aber er kannte die beiden zu wenig, um sich auf vollkommene Ehrlichkeit einzulassen. Und dann war da beim Essen noch etwas vorgefallen, was Fireball im Moment absolut nicht vertrug. Das hätte er auch bei Colt und Saber nicht ausgehalten. Obwohl Martin und Alessa schon zehn Jahre ein Paar waren, turtelten die beiden bei jeder Gelegenheit miteinander als ob sie sich erst vor Kurzem kennen gelernt hätten. An sich war das nichts Schlechtes, nein, es war sogar wunderschön. Aber jemandem wie Fireball, dem das Herz langsam in Stücke bröckelte, wenn er April immer wieder nachsehen musste, tat das in der Seele weh. Zudem hatte sich dann immer das Gefühl eingeschlichen, er würde die ganze Zeit über dazwischen funken. Das tat Fireball seiner Meinung nach allerdings schon genug mit den erbärmlichen Arbeitszeiten, die Martin deswegen hatte.

„Oh, man“, Saber konnte sich ein schelmisches Schmunzeln nicht verkneifen. Er stieß Fireball leicht in die Seite und zwinkerte ihm zu: „Das hört sich für mich eher so an, als bräuchtest du dringend mal weibliche Gesellschaft. Du musst mal aus den Tretmühlen hier raus. Wieso verabredest du dich nicht mit einem netten Mädel aus der Gegend?“

Fireball sah verblüfft zu Saber auf. Moment, was war denn jetzt kaputt? Saber hatte wohl eindeutig zu viel Zeit mit Colt verbracht. Okay, gut, der Cowboy hätte es noch eindeutiger gesagt. Aber von Saber eine solche Aufforderung zu hören, war schon mehr als nur seltsam. Der Japaner spürte, wie ihm heiß wurde. Wie kam er aus der Nummer jetzt nur heil raus, ohne sich zu verraten? Fireball strich sich mit der rechten Hand die störrische Haarpracht aus den Augen und brummte frustriert: „Keine Nerven für so was. Außerdem kann man sowas keiner halbwegs vernünftigen Frau zumuten.“

Er musste dieses Gesprächsthema gleich im Keim irgendwie ersticken, Fireball fürchtete sich zu Recht davor, dass Saber in Windeseile herausfinden könnte, was wirklich Sache war. Saber war ein Freund, er und Colt waren seine besten Freunde, aber auch ihnen wollte er nicht sagen, dass er sich in April verliebt hatte. Er wollte Saber und Colt nicht in die Zwickmühle bringen. Sie waren alle vier Freunde, aber auch in der selben Einheit und wenn Saber nur halb so pflichtbewusst war, wie er immer tat, würde er mit blutendem Herzen bei Commander Eagle aufmarschieren und es melden. Das wollte Fireball ihm ersparen. Da war es allemal besser, den Säbelschwinger in dem Glauben zu lassen, die Unschuld vom japanischen Lande wüsste nicht, wie man ein hübsches Mädchen umgarnte. Und wenn es nur für eine Nacht war.

In der Tat. Saber zog die Augenbrauen hoch und versuchte sein Grinsen zu verbergen. Er hustete verlegen. Seine Augen allerdings blitzten schelmisch auf: „Du willst mir doch nicht weis machen, dass keine einzige hier bei deinen braunen Äuglein schwach wird? Ach, komm schon, Fireball. Was ist denn schon dabei, wenn du mal mit einem hübschen Mädchen Essen gehst? Du tust ja fast so, als müsstest du jemandem treu sein.“

Fireball stolperte fast, als er Sabers Worte hörte. Zu allem Überfluss wurde er jetzt auch noch rot im Gesicht. Er spürte es ganz deutlich, wie er heiß wurde. Verlegen sah er zu Boden: „Treu muss ich maximal meinen Befehlsverweigerern sein. Aber… Im Ernst, Saber. Ich kenn keine einzige Frau, die sich beim ersten Date schon versetzen lassen würde. Und nichts anderes wird passieren. Ich komm nie pünktlich aus meinem Büro.“

„Dann lass dich von ihr abholen“, Saber lachte leise. Da war offensichtlich Hopfen und Malz verloren. Immer noch schmunzelnd klopfte er Fireball auf die Schulter: „Himmel, Kurzer! Es sagt ja keiner, dass du das Mädel dann gleich heiraten musst! Sie soll dich doch nur mal auf andere Gedanken bringen.“

Eine Spur dunkler ging das Rot noch in Fireballs Gesicht. Er räusperte sich und wehrte doch lächelnd ab: „Will ich wissen, von welchen anderen Gedanken du sprichst, edler Schwertschwinger?“

Saber lachte amüsiert auf. Zumindest hatte er es geschafft, seinem Kumpel die trüben Gedanken zu verscheuchen. Allerdings wollte der Recke nicht verstehen, weshalb sich Fireball gegen weibliche Bekanntschaften zu wehren schien. Hatte der Schotte vielleicht etwas verpasst, oder hatte ihm Fireball nicht alles erzählt. Saber startete einen letzten Versuch, dem Japaner eine aufschlussreiche Aussage zu entlocken: „Sag mal, Fireball. Kann es sein, dass du da schon jemanden kennen gelernt hast? Ich meine, niemand sagt, dass es dich glücklich erwischt haben muss, aber die Vermutung liegt doch gerade ziemlich nahe.“

Wie auf Kommando blieb Fireball die Luft weg und er starrte Saber mit großen Augen an. Oh, wie er es hasste, wenn der Schotte ihn nach nicht mal fünf Minuten schon halb überführt hatte. Aus der Nummer kam er nun nicht mehr heil raus. Also musste sich der Pilot etwas anderes einfallen lassen. Schnell einen traurigen Gesichtsausdruck zur Schau gestellt und gehofft, dass Saber ihm das abkaufte. Obwohl, genauer darüber nachgedacht, das musste klappen. Den traurigen Ausdruck musste er nämlich nicht spielen. Fireball dachte einfach an den letzten Abschied von der Blondine. Er biss sich auf die Lippen und gönnte Saber den Sieg nach Punkten: „Sieht man mir das an? Ist ja einfach schrecklich. Es gibt da tatsächlich jemanden, nur… Naja“, Fireball seufzte und spielte seine Jugend und Unwissenheit aus, das musste jetzt einfach hinhauen: „sie interessiert sich nicht für mich. Es soll wohl nicht sein und vielleicht ist es besser so. Ich hätte ja doch keine richtige Zeit für eine Freundin.“

Saber nickte verstehend. Er legte Fireball einen Arm um die Schultern und gestand ihm zu: „Das muss nicht so bleiben. Vielleicht wird es besser, wenn du deine Staffel besser im Griff hast. Die Liebe kommt dann schon von ganz allein.“

Fireball nickte ergeben, wohlwissend, dass es nur besser werden würde, wenn einer von beiden kündigte. Aber das würde er Saber bestimmt nicht sagen. Die beiden Männer trennten sich vor dem Bürogebäude endgültig. Fireball umarmte Saber kurz und schmunzelte: „Mach’s gut, Major Rider. Pass auf deine drei Angestellten auf. Ich will keine Klagen über dich hören.“

Dabei zwinkerte er schelmisch. Man würde nie über Saber Beschwerden hören, denn es würde nie Grund zur Beschwerde geben. Der Recke war einfach zu perfekt.

Saber klopfte ihm lachend auf den Rücken: „Selbiges gilt für dich, Captain Hikari. Pass auf dich und deine Piloten auf. Ich möchte auch in Zukunft auf die Hilfe der Air Strike Base zählen können. Vernichte nicht zu viele Tragflächen mit deinem Betonschädel.“

„Ich geb‘ mir Mühe, Säbelschwinger, ich geb‘ mir Mühe“, er warf einen Blick zu seinem Büro hoch und murmelte mit hängen gelassenen Schultern: „Richte den anderen schöne Grüße aus. Ich befürchte, ich werde Colt und April auch dieses Mal nicht zu Gesicht bekommen.“

Saber schüttelte den Kopf: „Ich schick sie dir vorbei. Vorausgesetzt, Colt kann sich von Robin loseisen. Wir bringen morgen einfach Frühstück mit, bevor wir aufbrechen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Reblaus
2013-01-21T20:55:12+00:00 21.01.2013 21:55
Mir ist da wieder etwas aufgefallen , vielleicht hilft es das schon tolle Kapitel , perfekt zu machen :-)

Es kommt mir etwas Spanisch vor , wenn Martin und Emilio miteinander spanisch reden... Brasilianisch , brasilianisches Portugisisch oder auch einfach Potugisisch .... Muttersprache ginge auch ;-)
Ich hoffe Du verstehst was ich meine !?

Was ich allerdings vielleicht durcheinander bringe: war / Colt nicht pro Shinji und April? Warum dann der Gedankengang?
Nein, das hätte auch sonst niemand vergessen können. Deswegen wollte Colt nichts und niemanden an Aprils Seite sehen, der ihr gerade gefährlich werden konnte. Keine kleinen Captains und gleich noch weniger Piloten mit Höhenflug. Die taten April einfach nicht gut.
Von:  Kittykate
2009-12-28T18:28:10+00:00 28.12.2009 19:28
Oh weh, wenn Saber sich bei Colt über Fires angebliche Schwärmerei verplappert weiß April es keine Sekunde später auch und dann ist die Kacke richtig am dampfen.... Oh weh, ich mach mir schon wieder viel zu viele Gedanken über was wäre wenn... ^^

Also ich find das Kapitel große Klasse und freue mich bereits auf das nächste Kapitel :)

Weiter so!
Viele Grüße


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