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Zweifelhafte Unschuld

Stargate Atlantis
von

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Gegen jede Regel

Das dumpfe Dröhnen hallte gespenstisch durch den zerstörten Körper des Turmes, als die Tür schwungvoll gegen die Wand krachte, und zog eine Kaskade rutschenden und klickenden Schutts nach sich. Nur kurz blieben die beiden Männer unter der Zarge stehen und machten sich ein Bild von dem Innenleben. Das Gebäude war einsturzgefährdet und jeder Schritt führte sie über herabgefallene Trümmer und an tiefen Kratern vorbei, welche durch herabstürzende Deckenteile gerissen worden waren. In dem Staub waren deutlich frische Fußabdrücke zu erkennen.

Ronon knurrte, wohl wissend, dass Michael endlich in der Falle saß. Vorsichtig setzte er sich wieder in Bewegung, suchte sich und dem Colonel einen sicheren Weg durch die Trümmer. An einigen Stellen war erkennbar, wie das Gewicht des vor ihnen passierenden Wraith Schuttlawinen ausgelöst hatte, die diesem fast zum Verhängnis geworden waren.

Hastig wichen sie einigen herabfallenden Deckenfragmenten aus. Ein Blick durch das frisch entstandene Loch zeigte den Wraith, wie er mit selbstzerstörerischer Geschwindigkeit die Trümmerberge der über ihnen liegenden Etage erklomm, um in dem Turm noch weiter nach oben zu gelangen.

„Er ist verrückt.“ Ronon spuckte den pelzigen Staub auf seiner Zunge aus und verlieh seinem Unmut damit nur allzu deutlich Ausdruck. Dennoch machte er sich daran, seinerseits einen Weg hinauf zu finden. Sheppard durchmaß den Raum mit wenigen Schritten und versuchte sein Glück an anderer Stelle.

Ob er nun einfach einen ungünstigeren Aufstieg gewählt hatte oder aber der Krieger geschickter im Klettern war, jedenfalls erreichte Ronon ein gutes Stück vor ihm die nächste Etage und verschwand geduckt in den nächsten Schatten. John fluchte, sammelte sich und zog sich die letzten paar Meter hinauf und über die Bruchkante. Sein Körper brannte und jeder Atemzug verursachte stechende Schmerzen in seinem Brustkorb. Er konnte nur beten, dass Ronon den Anschluss an Michael halten konnte.

Nach zwei weiteren qualvollen Klettereinheiten hörte er den Krieger etwas Schreien. Er war nicht weit vor ihm und auf der selben Etage, so dass Sheppard sich nur durch einen schmalen Spalt zu zwängen brauchte, um in der selben, weitläufigen Halle anzukommen, in der sich Michael und der Sateder gegenüber standen.

Die Decke war hier beinah vollständig eingestürzt und Sheppard schätzte, dass sie sich fast am obersten Ende des Turmes befanden. Die abendliche Sonne schickte breite, warm schimmernde Strahlen durch die Lücken der Trümmer und verursachte ein unangenehmes Verhältnis zwischen Licht und Schatten. Irgendwo weiter hinten, fast unsichtbar in dem Zwielicht, konnte er den Umriss eines Wraith-Jägers erkennen. Michael hatte sein Ziel fast erreicht. Aber eben auch nur fast.

Da die beiden Kontrahenten sein Eintreffen scheinbar noch nicht bemerkt hatten, schlich sich der Colonel im Schutz der Schatten tiefer in die Halle hinein. Dabei ließ er den Wraith keinen Moment aus den Augen. Er wusste nicht, was Ronon plante. Er vertraute ihm und seiner Kampfkunst, aber wenn der groß gewachsene Mann ihn brauchte, würde er schnell handeln müssen. Bis dahin würde er versuchen, zwischen Michael und den Jäger zu gelangen.

Ronon eröffnete den Kampf, schlug sich mit einem zornerfüllten Schrei auf die Brust und stürmte mit rücksichtsloser Heftigkeit auf seinen Gegner zu. Sein grenzenloser Hass auf die Wraith verlieh ihm dabei eine wahrhaft beängstigende Selbstsicherheit. Sheppard ertappte sich dabei, wie er die ungezähmte Wildheit des Sateders staunend bewunderte.

Michael erwartete den Zusammenstoß dagegen mit stoischer Ruhe. Er fing den Krieger auf, nahm dessen Schwung, um sich mit seinem ganzen Körper herum zu werfen, und schleuderte Ronon in einer fließenden Bewegung zu Boden. Der Turm erzitterte und irgendwo löste sich donnernd ein weiterer Geröllhaufen.

Auf dem Rücken liegend ließ Ronon seine Beine hochschnellen, wehrte einen vernichtenden Schlag gegen seine Seite ab und hämmerte seine Schuhsohlen gegen den Schädel des Wraith.

Michael stürzte wie ein gefällter Baum.

Im Licht der Sonne blitzte das Skalpell, welches Ronon für genau diesen Moment in seiner Armschiene verborgen hatte. Woher er diese Waffe hatte, war Sheppard schleierhaft. Wichtig war nur der tödliche Schaden, den der Sateder damit anzurichten vermochte. Gezielt ließ er die Waffe gegen den Wraith vorschnellen, zu schnell, um die Bewegung mit dem bloßen Augen verfolgen zu können. Die Klinge vollführte einen schimmernden Bogen durch die staubige Luft.

Michaels Aufschrei ließ Sheppard schaudern und obwohl er deutlich das Blut des Wraith am Boden sehen konnte, hatte dieser Schrei wenig mit Schmerz oder Angst zu tun. Viel mehr schien es, als habe ihn dieser Angriff nur noch zorniger gemacht. Die Vehemenz, mit der er die nächste wirbelnden Attacke abwehrte, bestätigte das nur.

Er drehte sich in die Bewegung des Kriegers ein, fing dessen bewaffnete Hand mit dem eigenen Arm ab und war damit nur noch wenige Zoll vom Körper Ronons entfernt. Die Klinge des Skalpells hatte seinen Unterarm durchbohrt und steckte dort unwiederbringlich fest.

Noch ehe Ronon überhaupt vollständig erkennen konnte, in was für einer Gefahr er sich befand, schnellte Michaels Rechte vor und fügte seinem Widersacher mehrere tiefe Schnitte an Armen und Oberkörper zu. Die harten und spitzen Fingernägel des Wraith durchtrennten den dünnen Stoff des Hemdes und die darunter verborgene Haut mit Leichtigkeit.

Ronon taumelte. All das war dermaßen schnell gegangen und auch wenn es ihm wie eine kleine Ewigkeit erschienen war, wusste er doch, dass seit Beginn des Kampfes nur sehr wenig Zeit vergangen war. Er sah Sheppard, der sich mit einem wütenden Aufschrei aus seiner Deckung im Rücken des Wraith löste und sich anschickte, ihm zu Hilfe zu eilen. Doch dann würden sie beide verlieren.

Der Sateder umklammerte Michael mit verbissener Entschlossenheit. Er hatte angenommen, den Wraith besiegen zu können. Er hatte all seinen Zorn für diesen Kampf gesammelt und freigesetzt. Natürlich hatte er gewusst, dass es nicht im Sinne des Colonels gewesen war und das sie gemeinsam hätten angreifen sollen. Aber diesen Moment hatte er sich nicht nehmen lassen wollen.

Er fing den Blick seines Freundes auf und schüttelte in grimmiger Überzeugung den Kopf. Als dieser dennoch weiter auf die Kämpfenden zuhielt, brüllte er ihn an. „Der Jäger! Lauf zum Jäger und mach, dass er damit nicht mehr fliehen kann.“

Schlitternd kam Sheppard zum Stehen, hilflos den widerstreitenden Gefühlen in seinem Innern ausgeliefert. Er konnte Ronon unmöglich in diesem Kampf allein lassen. Der Krieger hatte bereits viel Blut eingebüßt und man musste kein Fachmann sein um zu erkennen, dass Michael ihm weit überlegen war. Doch Ronon schien fest entschlossen. Er schaffte es, die tödliche Umklammerung zu sprengen und einen vernichtenden Fausthieb gegen die Schläfe des Wraith zu führen, der daraufhin erneut zu Boden ging.

Die Blicke der Freunde trafen sich noch einmal. „Sheppard... lauf.“

Kälte machte sich in Johns Seele breit. Eine Kälte die ihn erstarren ließ und die er so sehr hasste. Eine Kälte die sich immer dann einstellte, wenn er wusste, dass das Schicksal ihn zu Taten zwang, die er nicht ausführen wollte aber musste. Und die jedes Mal einen Teil von ihm tötete und ihn noch ein Stück mehr mit sich hadern ließ.

Sheppard wandte sich ab und begann zu rennen. Er würde sich nicht noch ein Mal umdrehen, sonst würde er nicht mehr an seinem Entschluss festhalten können. Der Weg zu dem Jäger war weit, das unregelmäßige Licht ließ die Entfernung trügerisch gering erscheinen, und John durfte sich nicht aufhalten lassen.

Als er über einen Trümmerhaufen hinwegsetzte, zerriss ein heißer Schmerz seine rechte Seite und er brach keuchend in die Knie. Warm rann sein Blut über die zitternden Finger, die er fest auf seine Flanke gepresst hielt und er musste einen Moment die Augen schließen, mit aller Macht gegen die Bewusstlosigkeit ankämpfen. Als er endlich wieder auf die Füße kam, war der Lärm hinter ihm verstummt. Statt dessen rauschte jetzt Stille in seinen Ohren. Stille und sein wilder Herzschlag.

Erschrocken drehte er sich zur Seite, als er das Rumpeln rutschenden Schutts hörte, aber die Schatten jenseits des hell erleuchteten Areals, in dem er sich zur Zeit befand, waren zu tief um irgend etwas zu erkennen. Seine Nackenhaare stellten sich auf. Er musste nicht zurück blicken um zu wissen, dass Ronon den Kampf verloren hatte und Michael irgendwo außerhalb seines Blickfeldes nunmehr auf ihn lauerte.

Der Jäger war noch ein ganzes Stück entfernt, aber an Aufgeben durfte er nicht einmal denken. Vielleicht hatte Teyla die Kontrolle über die Stadt bereits wieder übernommen und konnte nur nicht auf diesen zerstörten Teil Atlantis zugreifen. Wenn er für ein bisschen mehr Zeit sorgte, könnte Beckett eine Drohne losschicken und Michael mit samt seinem Jäger zerstören.

John lachte tonlos. Dergleichen würde Carson niemals tun. Nicht solange er und Ronon in unmittelbarer Nähe zum Ziel waren. Aber vielleicht konnte er ihn bei seiner Flucht vom Himmel holen... Ihm wurde bewusst, was diese Form der Lageentwicklung unweigerlich mit sich brachte. Nämlich das er, John Sheppard, den Kampf gegen den Wraith nicht überstand. Aber allzu große Hoffnungen hatten da vermutlich eh nie bestanden. Zumal mit Michael ihre Probleme ja nicht endeten. Wer wusste schon, wie viele von seinen Gefolgsleuten und Kreaturen in der Zwischenzeit ebenfalls auf dem Weg hier her waren? John bezweifelte, dass Rodney, der in ihrem Rücken zurück geblieben war, einen Weg finden würde all ihre Verfolger zurück zu halten.

Sheppard hörte ein merkwürdiges Surren in der Luft und sah auf. Aus dem Augenwinkel sah er eine Bewegung auf sich zukommen und reagierte eher instinktiv als logisch und warf sich hinter die nächsten Trümmer. Gepresst verfluchte er den Schmerz, der daraufhin wieder stärker wurde. Ein Knall brach sich in vielfachem Echo. Mit was zum Teufel hatte Michael ihn da grade angegriffen?

Vorsichtig hob er seinen Kopf, aber mehr als einen kurzen Blick auf einen Schatten konnte er nicht erhaschen, ehe der Wraith wieder zwischen den Trümmern verschwand. Sheppard fluchte. Seinem Feind Auge in Auge gegenüber zu stehen war etwas anderes, als dieses Nerven zerfressende Katz und Maus Spiel, bei dem er eher erahnen musste, wo sich Michael verstecken mochte und wo sein bester und sicherster Weg zum Wraith-Jäger lag.

Noch während er in seiner Deckung kauerte und sich den Kopf zerbrach, erklang erneut dieses Surren, welches ihm eine Gänsehaut verursachte. Dieses Mal allerdings aus einer gänzlich anderen Richtung. Keine Sekunde später hechtete John zur Seite, als sich ein undeutliches Schemen zu seiner Rechten näherte. Es klatschte durchdringend, dann wirbelten Staub und Schutt an genau der Stelle auf, an welcher sich der Colonel eben noch befunden hatte.

Sheppard, seiner Deckung beraubt und im hellen Schein der untergehenden Sonne stehend, begann zu laufen. So bot er ein viel zu leichtes Ziel. Ein schneller Blick in sein Umfeld führte zu keinem Zeichen von Michael. Der Wraith verschmolz mit den Schatten und bewegte sich scheinbar um sein Opfer herum. Er konnte ihn weder sehen noch hören. Seine einzige Chance bestand darin, in Bewegung zu bleiben und in die Nähe des Jägers zu gelangen. Also rannte er.

Sein erschöpftes Herz schlug in schnellem Staccato gegen seine Rippen. Angst schlich sich in seine Gedanken. Er konnte seine Augen unmöglich überall gleichzeitig haben. Er durfte den Weg zu dem Jäger nicht aus dem Blick verlieren und musste immer ein wachsames Auge auf den Boden unmittelbar vor sich haben. Zu unsicher war der Untergrund auf dem er lief. Stürzte er, würde sein bitter benötigter Vorsprung dahin sein. Sofern er überhaupt noch einen Vorsprung besaß.

Als hätte ein böser Geist diese Gedanken gehört, knallte es erneut, irgendwo in seinem Rücken. Sheppard spürte, wie sich etwas um sein rechtes Bein schlang, heiß wie Feuer. Dann wurde er mit einem Ruck von den Füßen geholt und schlug hart auf der Erde auf. Pfeifend entwich ihm die Luft aus den Lungen.

Vor seinen Augen tanzten grelle Punkte und er rollte sich benommen auf den Rücken, tastete nach seinem Bein. Seine Finger berührten mehrere Schlingen mit glatter Oberfläche, die sich um seinen Unterschenkel wanden. Unscharf konnte er sie gegen den Stoff seiner Hose erkennen. Ein Stromkabel? Knurrend löste er den Griff dieser unfreiwilligen Fessel. Darauf konnte auch nur ein Wraith kommen. Er war doch kein Tier, das man mit Hilfe eines Lassos oder einer Peitsche einfangen konnte.

Aus dem Augenwinkel konnte er die Bewegungen des Wraith erkennen. Viel zu nah! Sheppard schüttelte sich, versuchte der Benommenheit zu entkommen. Er musste auf die Beine kommen, er musste in Bewegung bleiben, sonst würde Michael ihn erreichen. Mit zusammengebissenen Zähnen stemmte sich Sheppard in die Höhe und stand auf. Dabei glitten die losen Schlingen zu Boden und gaben sein Bein wieder frei.

Er hörte, wie sein Widersacher in enttäuschtem Zorn knurrte, ein Geräusch, das er nicht so nah in seiner unmittelbaren Nähe erwartet hatte. Dann zischte das Kabel durch den Staub am Boden, zurück in die Hände des Wraith. Keine Frage, was Michael als nächstes damit zu tun gedachte.

Sheppard setzte sich wieder in Bewegung. Diese Wahl der Waffe, obgleich sie primitiv erschien, ließ nur eine Folgerung zu. Ronon musste den Wraith im Kampf so schwer verletzt haben, dass diesem eine direkte Verfolgung des Colonels unmöglich war. Es musste ihm unmöglich sein, den Jäger vor Sheppard zu erreichen. Also musste er zu Fall gebracht werden. Und die Kabel, die aus den gebrochenen und herabhängenden Deckenelementen hingen, eigneten sich hervorragend, trügerische Seilschleudern zu basteln.

Und Michael hatte bewiesen, dass er mit den Kabeln umzugehen vermochte.

Hakenschlagend huschte Sheppard zwischen dem Schutt umher. Dabei bemühte er sich zähneknirschend, einen möglichst unvorhersehbaren Weg zu laufen. Immer wieder konnte er das Surren hören, welches von dem Kabel in der Luft verursacht wurde und immer wieder brach sich ein Knall ganz in seiner Nähe. Zwei Mal konnte sich John nur mit einem hastigen Sprung in Sicherheit bringen, bevor das Kunststoff des Kabels zu seinen Füßen auf den Boden schlug und Staub und Kiesel aufwirbelte. Er kam sich vor wie ein Kaninchen, das von einer Meute hungriger Wölfe gehetzt wurde.

Rutschend kam er zum Stehen, als er vor sich eine Bewegung ausmachte. Er musste an einer Stelle dem Weg des Wraith zu nahe gekommen sein. Jetzt befand sich dieser schräg vor ihm. Ein Blick über die Schulter zeigte, dass der Jäger nicht mehr vor ihm, sondern zu seiner Rechten stand. Sheppard warf sich herum und machte sich noch in der Bewegung klein, als er den Schatten des Kabels auf sich zu rasen sah. Zu spät um ihm auszuweichen. Es traf ihn schräg über die linke Flanke und hinterließ einen Streifen brennenden Schmerz. John ächzte, den Arm gegen die schmerzende Seite gepresst, und korrigierte seine Laufrichtung.

Einen Moment nur war er unaufmerksam gewesen. Jetzt war er Michael viel zu nahe und hatte seinen Vorsprung sträflich verspielt. Erneut erklang das Surren. Diesmal traf ihn das Kabel auf dem Rücken, zerriss den Stoff des Hemdes und die darunter liegende Haut. Unmittelbar darauf traf ihn ein zweiter Streich und ließ ihn straucheln. Tränen schossen ihm in die Augen, nahmen ihm die Sicht.

Von da an war jeder weitere Treffer präziser, darauf ausgelegt das Kabel um seine Körpermitte zu winden. Mit einer verzweifelten Drehung konnte der Colonel sich dem Griff jedoch entziehen. Nicht ohne einen erneuten Blutzoll zu entrichten. Sein Rücken stand in Flammen, die sich bis tief in seinen Körper brannten und ihn auf die Knie zwingen wollten. Er konnte fühlen, wie das Blut warm über seine Haut rann.

Mit einem waghalsigen Sprung über ein Loch im Boden, versuchte er sich vor dem unmittelbaren Zugriff des Kabels zu retten. Es traf ihn, noch während er sich in der Luft befand. Dadurch seines Gleichgewichtes beraubt, konnte er seine Landung nicht mehr abfangen. Hart schlug er auf der anderen Seite der Abbruchkante auf, überschlug sich und kam erst nach einigen Metern Rutschpartie über Trümmerteile zum Liegen.

Es war zu viel, er hatte keine Kraft mehr, keine Luft zum Atmen. Der Boden unter seinen Händen wankte, schien sich zu drehen. Und sein gesamter Körper schrie vor Schmerz. Er wollte sich diesem Schmerz hingeben, in ihm versinken und sich von dem gähnenden Abgrund dahinter verschlingen lassen.

„Steh auf und kämpfe!“

Die Stimme erklang von irgendwo über ihm und Sheppard hob seinen eigentlich viel zu schweren Kopf, um Michael in das Gesicht zu blicken. Der Wraith stand auf der Kante einer eingerissenen Wand und blickte mit emotionsleerer Mine zu seinem Opfer hinab. Das Kabel ruhte aufgerollt in seiner rechten Hand, an der ein stetes Blutrinnsal hinablief. John glaubte nicht, dass es allein sein Blut war, welches von dem Kabel auf die Hand seines Gegners rann.

„Steh auf, sieh deinem Tod ins Auge. Deiner Niederlage.“

Der Colonel lachte rau. Nur mit Mühe schaffte er es, sich auf den Knien aufzurichten. Wenn es sein musste, würde er auf allen Vieren zu dem Jäger kriechen.

„Warum gibst du nicht einfach auf?“

Sheppard ersparte es sich, darauf zu antworten. Statt dessen kam er schwankend auf die Füße und tat ein paar unsichere Schritte in Richtung des Jägers. Es war ihm klar, dass Michael ihn nicht würde gehen lassen. Dennoch entwich ihm ein Schrei, als sich der glatte Kunststoff des Kabels um seinen Hals wand, ihm die Luftzufuhr abschnitt und rücklings zu Boden gehen ließ.

Verzweifelt versuchte er seine Finger zwischen seinen Körper und das Kabel zu bekommen, versuchte Luft zu bekommen. Er wand sich am Boden, krümmte sich in dem nutzlosen Versuch, die Fessel zu lösen.

Sein Sichtfeld war bereits gefährlich klein geworden, als Michael an seine Seite trat. Blanker Hass spiegelte sich jetzt auf dessen Zügen. Hass, Wahnsinn und Gier. Er sank neben dem Soldaten auf ein Knie, griff ihm in das dichte, schwarze Haar und zwang dessen Kopf in den Nacken. Die minimale Menge an Sauerstoff, die so ihren Weg in Sheppards Lungen fand, verhinderte, dass er in die Bewusstlosigkeit glitt. Es schien dem Wraith Freunde zu bereiten, den Atlanter derart gepeinigt in seiner Gewalt zu haben, ein dämonisches Grinsen verzerrte sein Gesicht zu einer wahren Fratze. Er würde den Menschen jämmerlich sterben lassen.

John packte Michael an den Schultern, sammelte die letzten Reste seiner Kräfte, um diesen Bastard von sich fort zu schieben. Dabei zitterten seine Arme, Schweiß trat ihm auf die Stirn. Trotzdem würde Michael nicht klein beigeben.

Die freie Hand des Wraith traf den ungeschützten Rippenbogen seines Opfers und entlockte ihm ein verzweifeltes Aufheulen, lockerte dessen Griff. Keinen Herzschlag später setzte er seine spitzen Fingernägel dicht unter Sheppards Achsel auf, suchte den Blick seines Opfers und zog die Hand bedächtig und langsam über dessen gesamte Flanke, bis hinab zu seiner Hüfte. Tränen schossen in Johns Augen, seine aufgesprungenen Lippen öffneten sich zu einem lautlosen Schrei.

„Winsele um deinen Tod, und ich werde deinem Leid ein schnelles Ende bereiten. Hier gibt es niemanden, der mich daran hindern kann, dich bis in den Tod zu foltern. Meinen Hass endlich zu befriedigen.“

Der Colonel schloss seine grünen Augen, wimmerte leise. Wo blieben die anderen? Was war mit Teyla? Mit Rhyan? Mit Arokh? Warum kamen sie nicht, um zu helfen? Er hatte keine Kraft mehr. Michael hatte den Kampf schlussendlich doch gewonnen und würde ihn töten. Erneut schnitten seine scharfen Fingernägel durch die Haut seiner Brust, hinterließen eine Spur aus unerträglichem Schmerz. John bäumte sich auf, ein letztes Aufbegehren gegen das Unvermeidliche. Der Schrei, der seiner Kehle entfloh, war voll hilfloser Verzweiflung und hallte in mehrfachem Echo von den Trümmern wider.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  MorgainePendragon
2010-02-19T14:32:40+00:00 19.02.2010 15:32
Jaaaaja, schon gut, Mike IST ein Sadist. Wenn er solche Freude daran zu haben scheint, Sheppard leiden zu sehen... *grmpf* Mein Mitleid schrumpft.
Armes Sheppi! Oh man, dass ist ja ein Ritt, ehrlich. Spannend ohne Ende.
Aber was heißt hier bitteschön Ronon und besiegt? Wie soll das gehen? *lach* Schööön im Schatten ist das passiert, so dass es keiner mitbekam. Wäre Ronon wohl sonst auch peinlich, was? *lach* Niedlich, wie er sich auf die Brust schlägt bevor er angreift. So typisch Sateder und Jäger. So typisch ER.^^

Oh und schreib anstatt "es bestand ja eh keine Chance" lieber "es bestand ja ohnehin keine Chance" oder so. Das klingt besser. Ansonsten bin ich wieder begeistert! Wenn ich es auch etwas seltsam finde, dass man ein Stromkabel derart beeinflussen kann, es als Waffe zu benutzen - auch wenn man ein Lasso draus macht.^O^ Aber Michael ist Michael, der schafft das eben^^. *dumdidum*

Nein, Scherz, ich leide natürlich genauso wie du beim Schreiben, was der Sheppard da gerade durchmacht. Wo bleibt denn bloß Rhyan?????

Von: abgemeldet
2009-10-10T10:52:30+00:00 10.10.2009 12:52
So, das habe ich jetzt auch schon (!) fertig gelesen...

Natürlich habe ich auch hierzu wieder ein paar Stichpunkte verfasst...:

1. "Unangenehmes Verhältnis zwischen Licht und Schatten"
Was ist ein unangenehmes Verhältnis zwischen Licht und Schatten? Stehe auf dem Schlauch.

2. "Da ihn die beiden Kontrahenten scheinbar nicht bemerkten..."
Aus welcher Sicht ist der Satz geschrieben? Wenn ich das richtig mitbekommen habe, dann gibt es in der Szene nur Michael, Ronon und Sheppard. Sheppard scheint nicht gemeint zu sein, da er sich in der zweiten Satzhälfte tummelt. Aber Ronon und Michael befinden sich noch nicht wirklich im Kampf und ausserdem weiß ja zumindest Ronon wo Sheppard ist und bemerkt ihn dann sicherlich auch. Und ich denke auch Michael ahnt wo sich seine beiden Verfolger befinden....*verwirrtguck*

3. "Im Licht der Sonne blitzte das Skalpell, welches Ronon für genau diesen Moment in seiner Armschiene verborgen hatte. Woher er diese Waffe hatte, war Sheppard schleierhaft"
Kleine Hilfe für Sheppard: Waffen dieser Art wurden nach Rhyans und Arokhs Befreiung verteilt. Da war er aber körperlich anwesend!!!

4. Der anschließende Kampf zwischen Michael und Ronon ist klasse!!!

5. Das "Säuseln"
Da hätte ich mir gewünscht, dass du da etwas näher drauf eingehst, da konnte ich mir gar nichts drunter vorstellen, ich hatte die Wahl zwischen einer explodierende Killerbiene und einem vernichtenden Lichtstrahl aus einer Laserpistole (obwohl das den Sound nicht ganz geklärt hätte) in meinem Kopf bis du das aufgelöst hast. Du sollst es nicht ngleich auflösen, aber vielleicht noch ein wenig mehr drauf eingehen.

6. Beispiel für einen zu hastigen Charaktersprung
"JOHN packte Michael an den Schultern, sammelte die letzen Reste seiner Kräfte um diesen Bastard von sich fort zu schieben. Dabei zitterten seine Arme, Schweiß trat IHM auf SEINE Stirn. MICHAEL würde nicht klein beigeben."
Ich denke aber, dass sich das hier durch eine leichte Umformulierung ändern ließe. Vielleicht: "Trozdem war er sich sicher, das Michael nicht klein beigeben würde."

Sonst wieder eine sehr blutige Szene...ganz nach meinem Geschmack!!!!


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