Joey vs Seto
Mit dem Namen Seto Kaiba verbindet wohl jeder dieselben Vorstellungen: Intelligenz, Willensstärke, Reichtum, Einfluss und Einfluss – oh und noch mehr Einfluss. Aber mein Name steht auch dafür, dass ich absolut alles kann. Ich bin reich, gutaussehend und auf meinen IQ wäre selbst Einstein neidisch. Ja, ich bin die Perfektion in Person. Ich bin jedem in jeder Hinsicht überlegen, vor allem diesem Idioten Wheeler.
Allerdings muss ich doch eingestehen, dass ich nicht ganz perfekt bin – sondern nur zu 99%. Es gibt ein einziges winzig kleines Defizit, ein wirklich minimales und absolut unbedeutendes Manko.
Ich bin eine absolute Niete in Kunst.
Alles, was mit Zeichnen, Malen oder entfernt mit Farbe zu tun hat, misslingt mir gründlich. Normalerweise wäre mir das ja egal. Schließlich ist niemand vollkommen perfekt. Aber ausgerechnet auf meinem schwächsten Gebiet ist Wheeler anscheinend ein Naturtalent. So ungern ich es auch zugebe, der Typ kann zeichnen – zumindest, wenn es nach unserer Kunstlehrerin geht. Ich persönlich kann Picasso nicht von einem Kindergartenbild unterscheiden. Ist das denn wichtig? Schön, Wheeler kann ein Blatt kunstvoller vollkritzeln als ich, na und? Sowas war doch nicht wichtig fürs Leben! Ich leite eine Firma, bin superreich und habe einen Notendurchschnitt von 1,0. Wieso also in Dreiteufelsnamen muss ich malen können? Scheiß Kunstunterricht!
Jetzt sitze ich schon seit einer geschlagenen halben Stunde hier und starre auf das nach wie vor strahlend weiße Blatt vor mir, das mich hämisch anzugrinsen scheint. Was ist das denn auch für eine blöde Aufgabe? Malt ein Bild, das die österliche Stimmung einfängt. Was soll ich mir darunter denn vorstellen? Ist österlich überhaupt ein echtes Wort? Wenn ja, dann tut es mir Leid um unsere arme Sprache. Und nein, ich bin beim besten Willen in keiner österlichen Stimmung! Ich könnte jetzt in diesem Augenblick Millionen verdienen, aber nein, ich muss ein österliches Bild malen. Inwiefern war das förderlich für meine Allgemeinbildung – oder für sonst irgendetwas?
Wheeler hingegen ist schon fleißig beim Malen. Selbstgerecht hat er fast alle Farben an sich gerissen und wir restlichen Schüler sitzen auf dem Trockenen. Nur weil er hier am besten ein weißes Blatt mit Farbe beschmieren kann, führt er sich hier auf, wie ein arroganter eingebildeter Schnösel. Pah!
„Aber auf Ihrem Blatt ist ja noch gar nichts passiert“, empört sich plötzlich die piepsige kleine Rumkugel von Kunstlehrerin hinter mir. Wheeler wirft mir so ein schadenfrohes Grinsen zu, dass sich mir die Nackenhaare aufstellen. Muss ich mir das bieten lassen?
„Oh doch, es ist einiges passiert!“, gebe ich patzig zurück. Zum Beispiel sind meine Kopfschmerzen bereits im vollen Gange.
„Ach und was?“, fragt sie mit der Autorität und Schlagfertigkeit einer Maus zurück.
Gute Frage „Mein Bild stellt den Prozess der Ostertradition dar. Es zeigt ein weißes Ei, das kurz davor ist, bemalt zu werden, in Nahaufnahme“ Ha! Da fällt ihr nichts mehr ein! Mir auch nicht. So eine blöde Ausrede ist mir noch nie über die Lippen gekommen, aber immerhin macht sie die Lehrerin sprachlos.
„Oh man, Kaiba. Du bist so eine Lusche in Kunst“
Hey! Lacht Wheeler mich gerade aus? Macht der sich gerade über mich lustig? Okay, das nehme ich persönlich!
„Ich wette, ich würde das beste Bild des ganzen Kurses malen, wenn nicht irgendein blöder Streuner die ganzen Farben bei sich bunkern würde“, knurre ich.
Überraschenderweise geht ein zustimmendes Raunen durch den Kurs. Schließlich ist es so gedacht, dass sich jeder ein wenig Farbe abfüllt und die Flaschen stehen lässt. Aber nicht Wheeler. Der reißt alles einfach an sich. Und schon folgen die ersten Beschwerden.
„Ich wollte bunte Eier malen, aber Joey hat mir einfach das Rot vom Tisch geklaut“
„Und mein Grün, das ich für das Gras brauche“
So gefällt mir das. Alle gegen Wheeler. Der scheint wiederum ehrlich verblüfft zu sein, dass es die Leute stört, wenn er alles bei sich bunkert. Blöder Hund! Zeit, noch ein bisschen sein Ego zu zerstören.
„Du bist doch nur der beste im Kurs, weil keiner von uns anderen dank dir die Gelegenheit kriegt, sein Können unter Beweis zu stellen. Ansonsten würden wir dich um Längen schlagen“ Ha! Seinen immer größer werdenden Augen zufolge scheint ihn das ehrlich zutiefst zu beleidigen. Klar, er hat ja auch nichts anderes, auf das er stolz sein kann. Weil er überhaupt nichts anderes kann! Natürlich weiß ich, dass er trotzdem der beste im Kurs ist, aber sollte mich das davon abhalten, sein Selbstbewusstsein zu zerstören? Sehe ich nicht so, nein.
„D-das ist die dümmste Ausrede, die ich je gehört habe“, stammelt er. Ihm fällt wohl kein Konter ein. Hey, wenn ich diese Streiterei noch ein bisschen hinauszögern könnte, muss ich gar nicht erst anfangen, dieses dämliche Bild zu malen.
„Nein nein, Kaiba hat vollkommen recht“ Was? Wieso mischt sich denn jetzt die Lehrerin da mit ihrer piepsigen Stimme ein? Der Streit ist doch gerade mal in der Anfangsphase. „Wheeler, rücken Sie gefälligst die Farben raus, damit jeder an sie herankommt“
„Genau, du dummer Hund!“ Nachtreten macht Spaß.
Mit hängendem Kopf steht Wheeler auf und trägt die Farben wieder nach vorne. Als sein Blick in meine Richtung geht, grinse ich ihn schadenfroh an. „Och, hat die dumme Töle einen Anpfiff gekriegt? Na das tut mir aber Leid!“
Schnurrstracks kommt er auf mich zu, seine Augen glühen vor Zorn. Er sieht ein wenig angepisst aus. Gut so. Mission „Ablenkung vom Osterbild“ ist im vollen Gange und Wheeler trägt seinen Teil dazu bei.
Aber es gibt etwas, das ich nicht bedacht habe. Ein so dummes Subjekt wie Wheeler kann man nicht berechnen, denn es tut prinzipiell das Falsche. Und genau das wird mir jetzt zum Verhängnis. Er lässt seine dreckigen Pfoten geräuschvoll auf meinen Tisch krachen und starrt mich herausfordernd an. „Wette angenommen“, zischt er.
Wette? Hab ich was verpasst? „Welche Wette?“
Jetzt grinst der Vogel auch noch. „Du hast gesagt, du wettest, du könntest das beste Bild des ganzen Kurses malen. Wette angenommen.“
Oh… Scheiße! Verdammt, da hab ich mir wohl selbst ins Fleisch geschnitten. Ich kann nicht mal einen Pinsel richtig halten und soll das beste Bild des Kurses malen? Na gute Nacht!
„Wieso sollte ich mit dir wetten, Köter? Was hast du schon zu bieten?“
Er grinst noch blöder. „Wenn ich gewinne, musst du in einem pinken Osterhasenkostüm vor der ganzen Schule den Ententanz aufführen“
Wie bitte WAS? Will der mich verarschen? Ich soll ein pinkes Kostüm tragen? Der Kerl ist verrückt geworden, ganz eindeutig. Und was ist überhaupt ein Ententanz?
„Ich sehe da keinen Anreiz für mich“ bemerke ich trocken.
„Wenn du gewinnst, dann werde ich dasselbe tun“
Wheeler im Hasenkostüm? Hm… klingt verlockend. Allerdings KANN ich gar nicht gewinnen, weil ich nun mal nicht malen kann. „Träum weiter“
„Was denn, Kaiba? Hast du Schiss?“
Hey, der soll mir nicht so kommen! Ich habe vor gar nichts Schiss. Ich kann nur nicht malen. Aber mein verdammtes Ego. Ich… kann… nicht… widerstehen…
„Wette angenommen“ Argh! Verdammter Mund! Verdammtes Ego!
Ich hasse Kunst. Und ich hasse Ostern. Wieso habe ich dann Wheelers Wette nur angenommen? Oh nein, ich werde in einem pinken Hasenkostüm enden.
Wheelers Grinsen wird noch breiter. „Gut. Die Klasse entscheidet am Schluss. Ich besorge dir dann auch ein ganz flauschiges Kostüm, versprochen“
NEIN! Ich will nicht in einem Kostüm herumlaufen. Pink steht mir doch gar nicht. Hilfe!
Wheeler grinst jetzt schon so triumphierend, weil er ganz genau weiß, dass ich nicht malen kann. Mistkerl! Aber so schnell würde ich nicht aufgeben. Entschlossen greife ich nach einem Pinsel und starre mein Blatt an. Ostern… Was ist Ostern? Wie malt man das? Ostern ist… grün. Genau, ich male einfach einen grünen Wald. Sollte ja nicht so schwer sein. Also wo fängt man an? Mit dem Hintergrund, das weiß selbst ich. Also tunke ich meinen Pinsel ins Blau und male einen Himmel. Aber irgendwie sieht der komisch aus, so… plastisch.
Erinnern wir uns doch mal daran, wie das dieser komische Lockenkopf Bob Ross immer gemacht hat. Der hat immer noch ein paar andere Farben reingemischt. Also mische ich noch Rot und Lila bei und raus kommt… ein unheimlich dämlich aussehender Himmel. Naja, ist ja eh nur der Hintergrund.
So, jetzt kommt der Wald dran. Ein paar Stämme, ein bisschen grün oben ran und fertig. Ich male den ersten Baum ins Bild – und bin schockiert, wie untalentiert man eigentlich sein kann. Meine Güte, sieht der Baum beschissen aus. Aber wie sagt Bob Ross immer so schön? Every tree needs a little friend. Also setze ich noch einen hässlichen verkrüppelten Baum daneben. Macht das Ganze aber auch nicht besser. Im verzweifelten Versuch, das ganze doch noch wie einen Wald aussehen zu lassen, streiche ich einfach den ganzen Teil grün. Also irgendwie sieht das auch bescheuert aus. Wie ein paar schlecht gezogene Spuren, um Pfuscherei zu überdecken. Als hätte jemand aufs Blatt gerotzt. Nein nein nein, so geht das nicht. Landschaften liegen mir gar nicht. Ich brauche etwas anderes.
Ostern… Ostern kotzt an!
Hey! Genau das ist es. Ostern kotzt an. Ist doch auch eine Stimmung, oder? Und schon kommt mir ein Geistesblitz. Oh ja, ich werde es Wheeler zeigen! Was macht es schon, wenn ich nicht so supertoll malen kann wie er? Es kommt auf das Gemalte an. Und das werde ich ihm jetzt beweisen!
So, die Stunde ist um, und ich sehe aus wie Sau. Ich dachte immer, Pinsel wären dazu da, dass die Finger sauber bleiben. Denkste! Ich sehe aus, als hätte ich im Farbtopf gebadet. Aber immerhin, ein bisschen davon hat auch seinen Weg auf mein Bild gefunden. Es ist ein wahres Meisterwerk – zumindest für meine Verhältnisse. Ich habe eben aus meinem mangelnden Talent eine Tugend gemacht und setze nicht auf Schönheit, sondern auf Aussagekraft. Und es ist wirklich verdammt aussagekräftig. Mal sehen, ob Wheeler das schlagen kann. Jetzt kommt es nämlich zur Auswertung. Alle Schüler hängen ihre Bilder an der Wand auf, damit jeder sie sehen kann. Meines hänge ich verdeckt auf. Schließlich soll es das große Finale sein. Die werden Augen machen!
Nach und nach decken meine Klassenkameraden ihre Bilder auf. Oh Gott, sind die grottenschlecht! Ich kann ja schon nicht malen, aber was die abliefern ist ja noch schlimmer. Kein Wunder, dass Wheeler der beste im Kurs ist. Jeder, der einen Pinsel gerade halten kann – wozu ich definitiv nicht zähle – ist besser als diese Stümper hier.
Und besonders einfallsreich waren die ja wohl auch nicht. Osterglocken, Eier und hasenähnliche Tiere. Hui! Ich hab mir wenigstens etwas Richtiges einfallen lassen. Na ja gut, schauen wir doch mal, was Wheeler hat. Die anderen stehen schon darum versammelt und kommen anscheinend aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Ich ramme sie ungeduldig zur Seite und betrachte das „Kunstwerk“
Okay… Ich muss zugeben, Wheelers Bild ist… interessant. Eine Waldlandschaft, besser als meine. Mit Licht und Schatten und kleinen Osterglocken auf dem Boden. Ganz nett. Mit einem Wolf und einem... … … lila Bären? Ein Glücksbärchi? Okay… Jedenfalls laufen das… Glücksbärchi und der Wolf aufeinander zu und in der Mitte lacht mir ein Kuhhintern entgegen. „Du verstehst also unter österlicher Stimmung einen Wolf und ein Glücksbärchi, die sich darum prügeln, wer die Kuh in der Mitte des Bildes fressen darf“, stelle ich fest. Selbst für mich klingt das nicht nach Ostern, sondern nach Psychiatrie.
Um mich herum kichern einige Schüler. „Hast du keine Augen im Kopf?“, faucht Wheeler. „Das ist keine Kuh, sondern ein Hase.“
„Ein großer Hasenhintern. Du verbindest mit Ostern also, dass sich ein Wolf und ein Glücksbär darum kloppen, wer den Osterhasen fressen darf?“, ich schüttle den Kopf, „Und mein Ostertraditionsbild wurde abgewiesen. Tse!“
„Das ist kein Glücksbär, sondern ein normaler Bär!“
„- der lila angelaufen ist“
„Das ist ein Schattenspiel, du Stümper!“
Was? Ich bin hier der Stümper? Er hat einen beschissenen lila Bären auf dem Bild! Seit wann wird denn ein Bär lila, nur weil er im Schatten steht? Wheeler war wohl noch nie in der Natur. Tiere werden nicht einfach lila!
„Was möchten Sie mit dem Bild aussagen?“, fragt die Lehrerin.
Ganz klar. >Hilfe, ich bin schwachsinnig. Weist mich ein<
„Ich symbolisiere den Frühling und Ostern“, gibt Wheeler mit einem Brustton der Überzeugung von sich, dass man ihn schlagen möchte. „Die Blumen stehen für das Erwachen der Natur und der Bär grast in Ruhe vor sich hin, ohne den Wolf fürchten zu müssen, weil der gerade so friedlich durch den Frühling ist, dass er den Bären nicht angreift. Und der Hase ist das Symbol für Ostern.“
Aha, wieder was gelernt. Wölfe fressen Bären, Bären grasen wie Kühe, aber im Frühling hat der Wolf nach Wheelers Worten voll so gar keinen Bock, einen Bären zu fressen. Wheeler als Biologielehrer und die Menschheit ist dem Untergang geweiht!
„Es ist der friedliche Kreislauf des Lebens im Frühling.“, fährt er fort, „Und alle drei kommen in dieser friedlichen Zeit am Wasserloch zusammen und trinken, ohne Angst voreinander haben zu müssen.“
„-weil ja normalerweise der Hase den Wolf fressen würde. – Und welches Wasserloch überhaupt?“
„Das Wasserloch da“, er deutet ungehalten auf einen blauen Schimmer zwischen den Tieren. Meine restliche Bemerkung überspringt der Flegel einfach.
„Ach das soll ein See sein. Ich dachte, der Hase hätte ein Pfützchen gemacht“
Unsere Mitschüler grölen vor Lachen. Was denn? Sieht doch wirklich so aus. Selbst wenn Wheeler großartig malen kann, von Natur versteht er ja mal gar nichts. Da wächst nämlich ein Baum mitten im Wasser.
„Zeig doch mal dein tolles Bild“, knurrt Wheeler.
„Kein Problem.“ Mit seinem kann ich ja wohl locker mithalten. Ich gehe zu meinem Bild und drehe es langsam um. Ein überraschtes Raunen geht durch die Reihen, als sie mein Meisterwerk erblicken. Zweifellos, es ist wahre Kunst. Vom anfänglichen Geschmiere aus Himmel und Wald ist kaum noch etwas zu sehen und selbst das wenige, das man noch erkennen kann, verblasst gegen den Vordergrund. Einen wunderschönen angepisst dreinschauenden pinken Hasen mit giftig grünen Augen. Zugegeben, er sieht ein wenig dick aus, aber das macht nichts. Allgemeines Gemurmel geht durch die Klasse. Dann fängt der erste an zu lachen und schon johlen sie alle. So lustig ist das nun auch wieder nicht! Aber wenigstens macht es Wheeler sprachlos. Ungläubig starrt er meinen Hasen an.
„W-was soll das denn darstellen?“, fragt er fassungslos.
„Na den Osterhasen“ Das sieht man doch wohl.
„Oh wie schön“, die Lehrerin klatscht begeistert in die Hände, „Ist das nicht kreativ? Erklären Sie doch mal ihr Bild“
Was gibt es da zu erklären? Ist doch wohl offensichtlich. „Das Bild spiegelt meine Osterstimmung wieder. Ich finde Ostern ätzend und der Osterhase ist auch angepisst, weil er ständig irgendwelche albernen Eier verstecken muss und nicht versteht, was das überhaupt mit Ostern zu tun haben soll“
Die Lehrerin grinst wie ein Honigkuchennilpferd. „Großartiger Ausdruck“, lobt sie, „Sagen Sie noch etwas zur Farbwahl. Ihr Bild ist ja sehr farbenfroh“
„Der Himmel sah von Anfang an blöd aus, der Wald war auch irgendwie albern, also dachte ich mir, ich setzte etwas darüber, das den Rest überdeckt. Und da Wheeler fast das ganze Rot für sich verbraucht hat – obwohl davon nichts auf seinem Bild gelandet ist – musste ich das verbleibende Rot mit Weiß strecken und deswegen ist der Hase rosa geworden. Passt doch super zu Ostern.“ Und der Wette
Wheeler schüttelt nur abwertend den Kopf. „Das ist das dümmste, das ich je gesehen habe“
„Noch nie in den Spiegel geschaut?“
„Witzig!“
„Aber leider wahr“
„Kommen wir zur Auswertung“, die Lehrerin klatscht in die Hände. Was für eine nervige Angewohnheit. Aber wenn man sich sonst nicht bemerkbar machen kann… „Also stimmen wir ab. Wer findet Wheelers Bild besser?“
„Ist doch offensichtlich, dass meins besser ist“, wirft er großkotzig ein, „Meines hat Stil und viel mehr Facetten“ Meine Güte, arrogante Menschen sind vielleicht nervig.
„Und wieso sind dann nur zwei Mann von deinem Bild überzeugt?“ Tatsächlich melden sich nur zwei für Wheeler.
„Und wer findet Kaibas Bild besser?“ Da meldet sich der Rest. HA! Sieg! Ich habe Wheeler in seiner besten Disziplin geschlagen – mit einem Hasen. Ostern ist wohl doch nicht so blöd wie ich immer dachte. Eine schöne Jahreszeit, um Wheeler fertig zu machen.
Ich grinse ihn triumphierend an. „Du siehst bestimmt entzückend in Pink aus“
„A-aber wieso?“, entrüstet starrt er zwischen unseren Bildern hin und her. „Meines ist doch viel besser gemalt“
„Aber Kaibas Bild ist lustiger“, wirft jemand ein.
„Genau. Außerdem klaust du immer alle Farben“
„Und du behandelst uns wie Idioten, nur weil du besser bist“
„Genau, Wheeler. Du bist ja sowas von arrogant“, setze ich hinzu.
„Das sagt der Richtige!“, murrt er. Hey, aber ich bin arrogant, weil ich es mir leisten kann und weil jemand nun mal der beste sein muss. Jede Schule braucht einen wie mich. Wheeler kann sich nicht einfach neben mir als arrogantes Ekel aufführen. Wo kämen wir denn da hin, wenn jeder sich aufspielen dürfte wie ich? Geschieht Wheeler nur recht, dass er zusammengestaucht wird.
„Weißt du was? Du kannst mein Bild behalten“, triumphierend drücke ich ihm den pinken Hasen in die Hand. „Dann hast du schon mal ein Foto von dir im Hasenkostüm“
Grinsend verlasse ich den Kunstsaal und lasse einen verdatterten Wheeler stehen.
Hach, ab sofort ist Ostern meine Lieblingsjahreszeit. Und hey, ich habe heute herausgefunden, dass ich doch malen kann. Zumindest gut genug, um Wheeler in einem Hasenkostüm enden zu lassen. Ist Ostern nicht eine feine Sache?
