disclosure
Huhu :D
Ich lebe noch! Und ich hab so viele neue Oneshots geschrieben, ich weiß gar nicht wohin damit!
Den hier mag ich ganz besonders. Ich mag die ganze Atmosphäre und das, was er rüberbringt.
Der Oneshot ist aus Reitas Sicht geschrieben.
Viel Spaß beim Lesen - und über Kommentare freue ich mich immer.
Vanni
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Immer wieder fragte ich nach dem ‚Warum’, doch du konntest mir die Antwort darauf schon lange nicht mehr geben.
Nächtelang lag ich wach, den Blick starr auf die kalte Decke gerichtet, und fragte mich, wieso ausgerechnet dir so etwas passiert war. Wieso du dieses Schicksal haben musstest.
Es war so unfair, so verdammt unfair. Du warst der liebste, ehrlichste und verletzlichste Mensch, den es je auf dieser gottverdammten Erde gegeben hat.
Du warst für so viele Leute der einzige Lichtblick gewesen, den sie noch hatten, obwohl du selbst schon längst in der Dunkelheit versunken warst.
Doch du warst nicht nur ihr Lichtblick, du warst soviel mehr.
Für mich warst du die Sonne – und du wirst es auch für immer bleiben.
Ich habe dich geliebt. Ich habe dich über alles geliebt. Und tue es immer noch.
Ich hätte es dir so gerne eines Tages gesagt.
Aber du hast aufgegeben.
Ich wusste, dass du ein schweres Leben gehabt hattest. Vor vielen Jahren, in einer sternenklaren Vollmondnacht, hattest du mir erzählt, was damals passiert war. In jener Nacht hatte ich mehr über dich erfahren, als in den unzähligen Jahren danach.
Du wurdest vergewaltigt. Von deinem eigenen Vater. Er hatte dich immer wieder dazu gezwungen und du hattest nicht einmal den Hauch einer Chance gehabt, dich gegen ihn zu wehren.
Seit dem Tag, als dein Vater sich zum ersten Mal an dir vergriffen hatte, verabscheutest du Schwule und alles, was damit zu tun hatte.
Das war auch der Grund, wieso ich dir nie gesagt habe, wie viel du mir wirklich bedeutet hast.
Ich wollte dich nicht verlieren, weil mir unsere Freundschaft wichtiger war, als alles andere.
Solange du in meiner Nähe warst, hatte ich es ertragen können, dich nicht als Partner zu haben, sondern nur als guten Freund.
Es gab Momente, da war ich so kurz davor gewesen, es dir zu sagen – einfach, weil ich es nicht mehr ertragen konnte, dich Tag für Tag anzulügen. Doch die Angst davor, dass du mich dann hassen würdest, war zu groß. Ich wusste, dass unsere Freundschaft stark war, aber ich wusste auch, dass deine Abscheu viel stärker war, denn du warst damals so sehr verletzt worden, dass du beinahe aufgegeben hattest.
Manchmal jedoch war der Schmerz über diese Gewissheit so unerträglich gewesen, dass ich fürchtete, daran zu zerbrechen. Doch als ich mich wieder erinnert hatte, was du alles hattest durchmachen müssen, waren mir meine Probleme schrecklich klein vorgekommen.
Einst hatten wir uns versprochen, immer für den anderen da zu sein und ihn niemals zu verlassen.
Doch am Ende warst du es, der dieses Versprechen gebrochen hat.
Als ich damals diesen unschuldigen, weißen Briefumschlag gefunden hatte, auf dem mit deiner krakeligen Schrift mein Name geschrieben stand, wusste ich, dass etwas passiert war.
Zögernd hatte ich ihn geöffnet und gelesen, aber was du mir darin offenbart hattest, hatte meine ganze Welt zusammenbrechen lassen.
Du hast mich geliebt.
Du hast mich geliebt, obwohl du Schwule so sehr verabscheut hast. Du hast mich geliebt, obwohl ich dein bester Freund - und in deinen Augen - Hetero gewesen war.
Doch du hattest es mir nie sagen können, weil du dich dafür so sehr gehasst hast, dass du nur den Ausweg sahst dich umzubringen, um der Abscheu vor dir selbst zu entkommen.
Du hattest es nicht ertragen können, so wie dein Vater zu sein - wolltest alles anders machen.
Aber stattdessen hast du mich geliebt.
Und du hattest gewusst, dass, wenn ich je mit dir geschlafen hätte, du nicht mich, sondern deinen Vater vor dir gesehen hättest.
Deine Gedanken waren zu sehr von ihm vergiftet worden und deine Seele war mit der Zeit immer mehr zerbrochen, bis nur noch ein riesiger Scherbenhaufen von ihr übrig gewesen war.
Er hat dich zerstört. Hat dein Schicksal für dich bestimmt, ohne dass du auch nur den Hauch einer Chance hattest, es selbst zu tun.
Es tut so unendlich weh zu wissen, dass ich dich niemals wiedersehen werde. Und dass ich der Grund dafür bin, schmerzt soviel mehr.
Und obwohl ich im ersten Moment nicht fassen konnte, dass du mich wirklich allein gelassen hast, ohne mir eine richtige Chance zu geben, so konnte ich dennoch verstehen, wieso du diesen Schritt getan hast. Dich, von allen verfluchten Menschen auf diesem Planeten, konnte ich verstehen. Auf jeden anderen wäre ich stinkwütend gewesen, hätte sogar seine Existenz verleugnet, doch du hast das nicht verdient. Gerade du nicht. Denn dazu wusste ich nur zu gut, wie es in deinem Inneren wirklich ausgesehen hatte.
Du hattest deinen ganzen Schmerz immer durch deine Songs ausgedrückt, doch irgendwann kam der Punkt, an dem das nicht mehr gereicht hatte. Du hattest deine Trauer nicht mehr abfließen lassen können, so sehr du es auch versucht hattest. Du warst in ihr ertrunken.
Ich wollte immer für dich stark sein, aber ich kann das einfach nicht mehr.
Ich habe nichts mehr, wofür es sich noch zu kämpfen lohnt.
Das letzte, das ich tun werde, bevor ich dir folge, ist den Menschen zu bestrafen, der dir all das Leid angetan hat. Und auch wenn es gegen all meine Prinzipien verstößt und ich mich selbst für den größten Egoisten und Feigling halte, kann ich mich einfach nicht von dir lösen. Die Fesseln, die mich an dich binden, sind viel zu stark. Selbst jetzt noch.
Ich werde sein Schicksal bestimmen, so wie er deins bestimmt hat.
Ich hoffe, dass wir letztendlich zusammen glücklich werden können.
Auch wenn wir beide dafür sterben mussten...