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Die Abenteuer der kleinen Prinzessin Kathi

Märchen ...oder so ähnlich
 

Geneigter Leser, diese kleine Story entstand im Sommer beim Rasen sprengen, als ich sie meiner Cousine aus dem Stehgreif erzählte. Man möge mir inhaltliche Schwächen vergeben, da sie, wie gesagt in einem Rutsch entstand. Einen Menschen hat sie bereits zum Lachen gebracht, wer also nicht vor hanebüchenem Unsinn zurückschreckt, sei herzlich eingeladen, dieses Abenteuer zu begehen.
 

Die Abenteuer der kleinen Prinzessin Kathi
 

Es war einmal, vor langer, langer Zeit in einem weit entfernten Königreich.

Da lebte die kleine Prinzessin Kathi in dem riesigen Schloss ihres Vaters, des Königs des Bonbonkönigreiches im Süden der Welt. Sie war ein aufgewecktes und neugieriges Kind, doch hatte sie noch nie die Mauern des Schlosses hinter sich gelassen, da es auch in seinem Innern so viel für sie zu entdecken gab. Eines Tages, es war kein besonderer Tag, spielte Prinzessin Kathi wie so oft im Schloss mit sich selbst verstecken. Während sie dabei war, sich hinter einem Vorhang zu verbergen bemerkte sie draußen, in einem der Schlossgartenbäume ein seltsames Glitzern. Prompt vergaß sie das Spiel und sauste die große Freitreppe hinunter in die Gärten, wo Gärtner und promenierende Hofdamen ihr irritierte Blicke hinterherwarfen. Prinzessinnen rannten doch nicht! Aber Prinzessin Kathi hatte schon die Schlossecke umrundet und die Obstgärten halb durchquert, den Blick nach oben gerichtet, immer auf der Suche, nach dem merkwürdigen blinkenden Baum. Und da war es! Etwas Rundes, Silberglänzendes hing fest in einem der Apfelbäume. Prinzessin Kathi wunderte sich, denn sie hatte noch nie so etwas gesehen und fragte sich, was in alles in der Welt, das sein mochte. Kurzerhand streifte sie die perlenbesetzten Schühchen von den Füßen und begann, den Baum zu besteigen. Nun hatte sie aber in ihrem ganzen Leben noch nie einen Baum erklettert und stellte sich doch recht ungeschickt an, sodass sie, am richtigen Ast angekommen voller Risse und Schrammen war und das ganze schöne Abenteuer schon um einiges weniger lustig fand. Das änderte sich aber beim Anblick des nun zum Greifen nahen runden Dinges, das sacht im Wind auf und ab wippte. Es war an einer langen Schnur befestigt, deren Ende sich in den Blättern des Apfelbaumes verfangen haben musste und an dessen Ende wiederum ein Stück Papier befestigt war. Prinzessin Kathi entwirrte vorsichtig das Band und hielt nun das runde Glanzding daran fest, während sie sich eingehend den Papierfetzen am unteren Ende betrachtete.

/Das muss ein geheimer Brief sein./ dachte sie bei sich und war schon dabei, das Papier von der Strippe zu befreien. Kaum hatte sie aber dieselbe losgelassen, um den mutmaßlichen Brief zu entfalten, segelte das runde, glitzernde Ding davon, nach oben, dem Himmel zu. Kathi blickte einen Moment überrascht hinterher und begann dann den entfalteten Brief zu lesen
 

Hilfe! Bin von einem schrecklichen, Gift-und-Galle-spuckenden, zweiköpfigen Monster entführt worden! Bitte benachrichtigt meinen Vater, König Brathold.

Prinz Schnuckl
 

Ein Hilferuf! Aber wer war denn König Brathold? War das nicht er Name des Königs des Kakaokönigreiches im Westen? Sein Sohn war also entführt worden, nun, dann musste ihm wohl geholfen werden. Und die übermütige und zu überstürzten und unvernünftigen Handlugen neigende Prinzessin fasste den mutigen Entschluss, den Prinz zu befreien und von seinem Vater für die Rettung, die Hälfte seiner Kakaovorräte zu fordern. Doch zu aller erst musste sie mal ihren wichtigsten Reisebegleiter aus dem Stall holen: Fallada, ihren sprechenden Schimmel. Sie klemmte den Brief zwischen die Zähne und wollte gerade den Abstieg beginnen, als ihr Fuß abrutschte und sie – pladeradautz – mit dem Hintern voran vom Baum fiel. Das tat vielleicht weh! Nun, aber keine Müdigkeit vorschützen, ein Prinz musste gerettet und Schokolade gegessen werden! Die Prinzessin mit dem zerrissenen Kleid stahl sich in die Stallungen, sattelte unter Keuchen und Stöhnen ihr Pferd und galoppierte hinaus, ohne das jemand davon Notiz genommen hätte, denn es war nicht ungewöhnlich das die launische Prinzessin mal einen kleinen Ausritt rund um das Schloss machte. Heute allerdings wollte Prinzessin Kathi das Schloss zum ersten Mal verlassen, statt erkunden und ritt nun etwas ratlos langsam auf das Schlosstor zu.

„Ihr wollt also hinaus, eure Hoheit?“ Fallada wieherte missbilligend.

„Auf jeden Fall.“ erklärte die Prinzessin resolut und damit war alles gesagt, denn auch wenn man wohl vermuten könnte, dass ein Pferd, das sprechen kann auch ein weiser Ratgeber sein müsste, so ist das in diesem Fall eben nicht so und Fallada tat genau, was ihm gesagt wurde und preschte an den überrumpelten Wachen vorbei aus dem sich gerade für einen Lieferantenwagen öffnenden Tor hinaus.

Prinzessin Kathi stand der Mund offen, als sie, ohne ihr Pferd auch nur im Mindesten zu lenken, denn es kannte den Weg ja, nun also das erste Mal seit ihrer Geburt das Schloss hinter sich liess und durch die Straßen einer Stadt ritt. Es war die Hauptstadt ihres Landes, Bonbonstadt, die sich wie ein Ring um das königliche Schloss legte. Die Menschen, die in hastigem Treiben hierhin und dorthin unterwegs waren sahen zu der kleinen Prinzessin auf dem schönen Pferd auf und waren mit ihren Gedanken schon wieder bei den täglichen Einkäufen, Diebstählen und ähnlichem. Kathi sah so viel neues und aufregendes, wie zum Beispiel die feuerschluckenden Frösche der Madschultakarei bei den Jahrmarktsbuden von Phiniks Philbertowitsch’s großer Gauklertruppe, kameltreibende Brotlieferanten oder die riesnachigen Blauwürmeler aus dem tiefen Osten, dass ihre Augen immer müder wurden und ihr irgendwann zu fielen. Sie träumte von bunten, lauten Dingen in bizarren verwaschenen Formen…

Als Kathi erwachte lag sie, sehr zu ihrer Verwunderung, nicht auf dem Rücken ihres Pferdes, sondern im Straßengraben eines ausgetretenen, erdigen Pfades, der zwischen zwei riesigen Dosenfeldern entlangführte. Sie sah sich um, aber von Fallada war weit und breit keine Spur zu sehen. Der königliche Magen der schmutzigen Prinzessin gab ein vernehmliches Knurren von sich und machte ihr schmerzlich klar, dass mit Fallada auch ihre gesamten Bonbonvorräte verschwunden waren – und sie hatte Hunger. Prinzessin Kathi pflückte eine der noch nicht ganz ausgewachsenen Dosen und stellte fest, dass sie Erbsensuppe beinhaltete, jedenfalls nach dem halbfertigen Etikettaufdruck nach zu schließen (Erbsensu). Obwohl nichts über Bonbonsteak und alles andere bonbonhaltige ging, konnte Kathi es durchaus ab und zu verkraften Erbsensuppe zu essen, besonders dann, wenn sie hungrig, allein und, wie ihr gerade mit Schrecken aufging, völlig orientierungslos war.

/Wo bin ich hier nur?/ dachte sie.

Im Königreich ihres Vaters wuchsen jedenfalls keine Erbsensuppendosen, höchsten Bonboncremesuppe, aber normalerweise gleich in Schälchen und nicht in Dosen. Sie beschloss, das Problem der Lagebezeichnung für nach dem Essen auf zu heben, als sich auch gleich das nächste Problem einstellte, denn wie anders öffnete man wohl eine Dose als mit einem Dosenöffner und zufälligerweise hatte sie im Augenblick keinen bei sich.

/Zu dumm/ dachte sie /Wo ist bloß Fallada mit all meinen Sachen hingegangen?/

Doch schließlich war Kathi eine Prinzessin und nicht so leicht unter zu kriegen, also stiefelte sie, die Dose fest in der Hand die sandige Straße in Richtung Sonnenlauf hinunter. Sie wanderte den ganzen Tag und passierte viele Felder, auf denen die merkwürdigsten Dinge wuchsen: Schnürsenkel, Kaffekannen, Tapetenrollen, Taschentücher, Rollkragenpullover und so weiter und so fort. Als es bereits dämmerte fand sie ein Feld mit Dosenöffnern und setzte sich im Schatten eines am Weg stehenden Steines hin, um endlich ihre Dose zu öffnen. Sie hatte doppeltes Glück, denn gegenüber des Dosenöffnerfeldes wuchsen in stammen Linien Löffel, Gabeln und Messer in einem weitläufigen Gebiet. Trotz des erbsigen Geschmacks, den jede Erbsensuppe wenigstens im Ansatz haben sollte, auch wenn sie noch nicht ganz ausgereift war, wie diese, sättigte das späte Mahl die hungrige Prinzessin und sie lehnte sich müde gegen den Stein in ihrem Rücken. Sie blickte hinauf in den schnell dunkler werdenden Himmel und stellte plötzlich mit großem Interesse fest, dass der Stein, an den sie sich soeben gelehnt hatte, gar kein Stein war, sondern eine Statue, die Statue eines Menschen. Sie erhob sich, um sie sich im schwindenden Licht näher anzusehen. Es war eine sehr detailierte Darstellung eines lächelnden Clowns, der, einen Arm vor sich halten sein Handgelenk zu bestaunen schien. Daran hing in filigraner Machart ein allerliebstes Armband, mit bunten Perlen und funkelnden Steinen, dass, im Gegensatz zu dem restlichen Bildnis nicht aus Stein gehauen war. Prinzessin Kathi stellte sich auf die Zehenspitzen und musterte das Armband noch genauer: es schien nicht mit der Figur verbunden zu sein, also konnte man es abnehmen… Sie überlegte nicht lange, denn sie war schließlich eine Prinzessin und gewohnt, zu bekommen, was sie wollte. Sie streifte mit einigem Ziehen und Zerren das hübsche Armband vom steinernen Handgelenk – und das Geschmeide zerkrümelte ihr zwischen den Fingern zu Brotkrumen.

„Was zum…?“ begann die Prinzessin, doch viel weiter kam sie nicht, denn viel erschreckender als das plötzliche Zerbröseln des Armschmucks war die Verwandlung, die sich gerade vor ihrem Augen mit der Statue vollzog: die bleigrauen Schattierungen und harten Formen wandelten sich zu schreiend bunten Farben und weichem, lebendigem Material. Der Clown lächelte nicht mehr, sondern schüttelte verwirrt den Kopf und setzte sich erst mal auf seinen gepunkteten Hosenboden.

„Himmel, wie lange hab ich wohl so hier herum gestanden? Mir tun ja sowas von die Füße weh, das glaubst du gar nicht, Mädchen. Ach, hab auch vielen Dank, dass du mich befreit hast. Ich bin Paradox, der Meisterclown. Und wie heißt du, kleine Dame?“

„Prinzessin Kathinella Roberta von Bonbon, Kronprinzessin des Bonbonkönigreiches.“

„Oho? Bitte um Verzeihung euer Hoheit.“

Und er verbeugte sich so übertrieben, das Prinzessin Kathi laut lachen musste.

„Wenn euer Hoheit belieben, würde ich vorschlagen ein Feld weiter in einem der Zelte zu nächtigen, die dort wachsen. Es ist schon dunkel.“

Prinzessin Kathi überlegte kurz, ob sie wohl entführt werden sollte, doch es siegte ihre Müdigkeit und tatsächlich war gleich das nächste Feld auf der rechten Seite ein Zeltfeld und sie suchten sich das größte Zelt aus (ein dunkelblaues mit pinken Glitzersternen) und gingen schlafen.

Der Morgen kroch kalt und nebelig in das Zelt und weckte die beiden Schläfer darin. Da sowohl die von Daunenfederbetten verwöhnte Prinzessin als auch der strohsackbevorzugende Clown rechte Morgenmuffel waren, beschlossen sie eher wortkarg fürs erste gemeinsam weiterzuziehen. Es war schon fast Mittag, als sie schließlich begann sich gegenseitig auszutauschen. Prinzessin Kathi erzählt dem Clown Paradox von dem Brief, der Stadt, ihrem einsamen Erwachen am Straßenrand und der darauffolgenden Wanderung. Der Clown erzählte ihr daraufhin seine Geschichte: er war Teil von Phiniks Philbertowitsch’s großer Gauklertruppe. Er hatte der wahrsagenden Hexe ihrer Truppe ihr Zauberbuch stibitzt, um darin zu lesen, weil er ganz verrückt nach Büchern war und sie hatte ihn dafür mit dem Armband als Geschenk in die Falle gelockt und versteinert. So hatte er dort am Wegesrand gestanden, bis Prinzessin Kathi gekommen war und ihn (unbeabsichtigt) befreit hatte.

„Und weißt du, wo wir gerade sind?“

„ Das ist die Landschaft der endlosen Felder.“

„Und in welche Richtung liegt das Bonbonkönigreich? Ich glaube ich möchte nach all den Strapazen doch wieder nach Hause und ich glaube, ich habe deine Gauklertruppe in Bonbonstadt gesehen.“

„Mhm, keine Ahnung. Ich weiß ja noch nicht einmal in welche Richtung wir jetzt gerade gehen. Aber vielleicht -“

Doch weiter kam er nicht, denn hinter ihnen kam ein Wagenzug heran. Angeführt wurde er von einer Frau mit purpurnen Haaren, die auf einem Karsenyl-Vesel ritt und recht hochmütig dreinschaute.

„He, ihr da! Macht den Weg frei, wir haben es eilig!“ rief sie schon von weitem in einer unnatürlich lauten Stimme, die in den Ohren kratzte.

„He, ihr da!“ rief Prinzessin Kathi zurück, denn sie hatte soeben Fallada entdeckt, der an einen der Wagen gebunden traurig vor sich hin trottete. „Was habt ihr mit meinem Pferd zu schaffen?“

Die purpurhaarige Frau blinzelte und warf einen Blick zurück auf Fallada.

„Das ist dein Pferd? Also gut, schnappt sie euch!“ und bei diesen Worten sprangen vier oder fünf Männer mit erschreckend aussehenden Gesichtern aus den Wagen und rannten auf die völlig verdatterte Prinzessin und den ebenso überraschten Clown zu. Es dauerte keine zwei Minuten, da wurden beide wie Pakete verschnürt auf den Wagen, an den Fallada gebunden war geworfen und die Fahrt ging ohne auch nur kurz aufgehalten worden zu sein weiter. Natürlich schimpfte die kleine Prinzessin und auch der Clown Paradox, doch niemand schien sie zu beachten und nach einer Weile, als Kathi nun wirklich gar kein neues Schimpfwort mehr einfallen mochte, wandte sie sich schweratmend an Fallada: „Wo warst du denn, du dummes Pferd? Ich lag deinetwegen im Straßenschmutz, ist dir das bewusst?“

„Verzeiht mir euer Hoheit, aber ich bin eingeschlafen und im Schlaf einfach weiter gelaufen. Ich habe nicht gemerkt, wie ich euch verloren habe und als ich aufwachte war ich bereits unterwegs von diesen Sklavenhändlern hier gefangen genommen worden.“

„Sklavenhändler?!“ die Prinzessin war entsetzt. Paradox hingegen nahm es leicht, denn er hatte nicht so hohe Ansprüche.

„Ja, ihre Anführerin ist die Frau auf dem Karsenyl-Vesel dort vorne, Caramella Bilb. Ein Glück nur, das wir über Nacht von der Straße abgebogen sind um in einem Kerzenständerfeld zu lagern, sonst hättet ihr uns nie überholen können und wie hätte ich euch bloß wiedergefunden?“ und damit versenke das treudoofe Pferd seine Nüstern in den königlichen Locken und freute sich über das Wiedersehen trotz der widrigen Umstände.

Der nächste und die darauffolgenden Tage zogen Kathi, Paradox und Fallada mit dem Sklavenhändlerzug durch die Landschaft der unendlichen Felder, die wirklich schier kein Ende zu nehmen schienen. Längst war der Prinzessin klar geworden, dass sie nicht Richtung ihres Heimatlandes unterwegs waren, denn so lange war sie nicht auf Falladas Rücken geritten, als dass sie nicht schon längst wieder in Bonbonstadt hätten sein müssen. Ihr Abenteuer, das mit einem runden Glitzderding in einem Baum begann und sofort in Feuereifer versetzt hatte gefiel ihr nun gar nicht mehr und sie wünschte sich nur sehnlichst zurück nach Hause. Das Einzige, das die öde Fahrt im ruckelnden Wagen erträglicher machte waren Paradox‘ Geschichten. Geschichten, die er aus Büchern hatte, die er gelesen hatte oder die er noch lesen wollte. Sie handelten von fremden Ländern mit pferdelosen Wagen und riesigen Metallvögeln, wo Leute Geschichten über echte Prinzessinnen und sprechende Pferde als seltsam und fremd empfanden.

Am Morgen des elften Tages ihrer Reise fuhren Caramella Bilbs Sklavenwagen in eine Stadt ein. Die drei potentiellen Sklaven stellten bald fest, dass sie sich nun im Artischockenland befanden und zwar in der Stadt Cynara, die gleich hinter der Grenze lag. Heute war Markttag und Caramella hoffte auf ein gutes Geschäft um Artischockenland schnell wieder zu verlassen, denn – und damit teilte sie unwissentlich etwas mit Prinzessin Kathi – sie verabscheute Artischocken wie die Pest und in diesem Land gab es aber auch wirklich nichts anderes. Also sorgte sie dafür, dass die gut zwei duzend unterwegs aufgelesenen Sklaven auf den Marktplatz gestellt und gut angepriesen wurden, während sie geschickt diversen Artischockenverkäufern aus dem Weg zu gehen wusste.

Es begab sich, dass an just jenem Tag im zweiten Eintel des Monats Kabunta der stadtbekannte verwirrte und äußerst menschenscheue Stubenhocker Prof. Baselabisel keine einzige Artischocke mehr im Haus hatte und zu seinem großen Verdruss hinaus und wieder für einige Monate Artischockenvorräte einkaufen musste. So kam es, dass er mit einem Bademantel und Hausschlappen bekleidet auf dem Cynara Marktplatz erschien. Und während er am erstbesten Marktstand seine löcherige Einkaufstasche mit Artischocken voll zu stopfen begann, drang ihm trotz höchst konzentriertem Versuch des Verdrängens der vielen Markbesucher doch eine hohe Mädchenstimme ans Ohr, die vehement behauptete eine Prinzessin und keine Sklavin zu sein. Schon immer hatte Prof. Baselabisel eine geheime schwäche für den Adel gehabt und obwohl er weder das Geld dafür übrig hatte, noch wirklich wusste, was er mit ihnen anfangen sollte, wo er doch so menschenscheu war, kaufte er nicht nur die kleine Prinzessin sondern auf deren ausdrückliches Beharren hin auch noch einen viel zu bunten Clown und einen sprechenden Schimmel für eine horrende Summe von den Sklavenhändlern los. Es blieb ihm noch gerade genug Geld für eine einzige Artischocke, was für ihn besonders furchtbar war, bedeutete es doch, dass der nächste Ausflug in die Welt ausserhalb seiner Bibliothek schon morgen und nicht erst in ein paar Monaten sein würde.

Prinzessin Kathi wusste nicht so recht, was sie von dem seltsamen alten Mann halten sollte, der sie gekauft hatte und entschied sich (nach dem Mittagessen, denn inzwischen hatte sie großen Hunger) von ihm wegzulaufen. Sie stellte fest, dass das nicht nötig war, denn der alte Professor war ein schüchterner Mann, der, in seinem mit Büchern bis zur Decke vollgestopften Haus, nachdem er sie ein bisschen über ihr Heimatschloss und das Leben am Hofe ausgefragt hatte, ihr vorschlug, doch wieder zurück nach Hause zu gehen. Er gab sie und Paradox und Fallada frei und ging sogar soweit, ihnen freundlich jeweils ein Viertel seiner Artischocke zum Mittagessen anzubieten. Prinzessin Kathi lehnte sowohl aus Höflichkeit, als auch aus Abscheu Artischocken gegenüber das Angebot ab und verließ, nachdem sie sich artig bedankt hatte mit Fallada das professorische Anwesen. Paradox derweil hatte sich während der Unterhaltung still und heimlich in eine Ecke verkrochen und unter einem Bücherberg vergraben. Auf Kathis Frage, ob er weiter mitkäme, lächelte er nur selig und las weiter in seinem Buch über seimististische Molekularmedizin.

„So, Fallada, lass uns jetzt was zu essen suchen, ich sterbe vor Hunger.“

Leichter gesagt als getan. Prinzessin Kathi ritt einige Stunden kreuz und quer durch Cynara ohne etwas anderes zu essen zu finden als Artischocken. Schließlich tauschte sie einen ihrer bonbonfarbigen Ohrringe gegen eine Tüte Artischockenbonbons und lutschte lustlos auf ihnen herum.

„Weißt du Fallada, nach all dem Stress sollten wir vielleicht doch einfach gehen und diesen Prinzen finden statt gleich nach Hause zu gehen, was meinst du?“

Und da das dümmliche Pferd immer ihrer Meinung war schnaubte es bejahend durch die Nüstern. Prinzessin Kathi fragte also einige Passanten nach dem schnellsten Weg ins Kakaokönigreich und zu ihrer freudigen Überraschung war die Grenze zu eben jenem nicht weit entfernt, „nur über die sieben Schokoladenberge“ die hinter den Silhouetten der Häuser der Stadt dunkel im Kontrast zum klarblauen Himmel zu erkennen waren.

„Auf, Fallada.“

Und schon war sie, angetrieben von Hunger und neuentdeckter Abenteuerlust wieder auf dem Weg, hinaus aus der Stadt und den Schokoladenbergen zu.

Es war bereits dunkel, als sie den Fuß der in den letzten Stunden beständig näher gerückten Berge erreichten. Prinzessin Kathi befahl Fallada weiterzugehen und sie würde auf seinem Rücken schlafen und diesmal, das schwor sie sich, nicht herunterfallen. Aber vorher würde sie essen. Die Schokoladenberge sahen nicht nur von weitem so aus wie Stücken Schokolade, sondern bestanden auch daraus und Kathi brauchte nur vom Rücken ihres Pferdes aus die Hand nach dem Hang zu ihrer Linken austrecken und große Brocken der kakaohaltigen Masse aus dem Berg brechen. Der Pfad, dem sie folgten war schmal und steil und wand sich um den Berg, sodass er von oben aus betrachtet wohl einem Schneckenhaus am ähnlichsten gewesen wäre. Der Himmel wurde immer dunkler und mehr und mehr Kristallfaserschimmersterne erschienen und zwinkerten der dösigen Prinzessin zu.

Als Prinzessin Kathi mit bleiernen Augenlidern zum widerholten Male zum Gipfel hinaufschaute, um zu sehen, wie weit es denn noch war, wurde sie zwei Dingen gewahr: erstens, der Gipfel lag kaum noch zehn Meter vor ihnen und zweitens auf seiner Spitze thronte ein lilafarbenes, von innen heraus leuchtendes Iglu, dass allem Anschein nach aus Zuckerwatte zu bestehen schien. Kathi blinzelte. Sie kannte dieses Iglu doch, das gehörte doch …

„Ach du meine Güte!“

Eine kugelrunde frau mit absonderlich vielen an ihrem Kleid festgenähten Teetassenhänkeln watschelte aus dem Iglu und blickte erstaunt zu ihnen hinunter. „Besucher! Um diese Uhrzeit!“

„Sie sind doch die Herzogin von Gugelhupfhausen!“ schrie Prinzessin Kathi fröhlich und schwang sich so graziös wie möglich von Falladas Rücken. „Kennen sie mich nicht? Ich bin Prinzessin Kathinella aus dem Bonbonkönigreich. Was machen sie denn hier oben? Sie werden schon seit einem halben Jahr am Hofe meines Vaters als vermisst gehandelt.“

„Ah, mein liebes Kind, ich habe nun mal einfach keinen Orientierungssinn. Ich packe mein Iglu ein, denke ich fahre in die richtige Richtung und schwuppdiwupp bin ich schon wieder ganz woanders.“ Die runde Frau lachte herzlich. „Aber komm doch erst einmal herein. Du bist ja auch sehr weit weg von zu Hause. Möchtest du einen Bonbon?“

Und damit verschwanden die beiden im Inneren des lilafarbenen Zuckerwatteiglus, aßen Bonbons, tranken dazu Bonbontee und schwatzten über Kathis Reise und den neuesten Hofklatsch.

Als Kathi einschlief lag sie zum ersten Mal seit fast zwei Wochen in einem richtigen Bett und als sie aufwachte lag sie wieder nur auf dem Boden und Fallada neben ihr.

„Wo ist denn…?“ aber die Herzogin war verschwunden.

/Wahrscheinlich hat sie mich vergessen, ihr Iglu eingepackt und ist auf und davon. Naja, kann mir egal sein, solange ich noch die Bonbons habe, die sie mir gegeben hat./

Sie weckte Fallada und zusammen machten sie sich an den Abstieg. Prinzessin Kathi führte den Schimmel, denn der Morgennebel machte den Pfad glitschig und tückisch. Als sie endlich den Fuß des ersten Berges erreichten und sich an den Anstieg des zweiten machen konnten waren Kathis Haare und Falladas Fell vollkommen verklebt von den Myriaden feiner Kakaotröpfchen, die der Nebel dort hinterlassen hatte. Der zweite Berg war geringfügig kleiner als der erste, doch um einiges schwieriger zu besteigen, da über Mittag die Sonne herauskam und der Boden unter Falladas Hufen buchstäblich zu schmelzen begann. Sie übernachteten in dieser Nacht in der Absenkung zwischen dem zweiten und dem dritten Berg und begannen morgens, als die Schokolade noch fest war den Anstieg des dritten Berges. Es war etwa die Mitte des Tages und die Mitte des Berges, da entdeckte Prinzessin Kathi vor sich auf der Straße ein kleines schwarz-weiß-braun gestrichenes Gebäude mit einer Schranke davor und einem Weg hinter der Schranke der den Berg in direkter Linie nach unten und in ein weitläufiges Tal mit einer großen Stadt in der Mitte führte.

/Das muss die Grenze sein./ dachte sie bei sich. /Hoffentlich muss ich keine Grenzgebühren zahlen./

Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende gedacht, da trat aus dem Wachhäuschen ein Wachmann oder besser ein Wachhase.

„Bei allen guten Göttern, ein echter Pfeifhase! Ich dachte die wären längst ausgestorben!“ und ohne sich ihrer guten Manieren zu erinnern kletterte sie von Falladas Rücken, rannte auf den verdutzten Hasen zu und begann in liebevoll zu herzen.

„Ah, bist du ein Süßer!“

„Ich verbitte mir das! Ich bin General seiner königlichen Majestät König Bratholds! General Usagi.“

„Oh, Verzeihung mein Herr, ich konnte mich einfach nicht beherrschen.“ Und damit war sie wieder die wohlerzogene Prinzessin und knickste.

„Mhm, na fein, wenn’s nicht wieder vorkommt. Und was führt dich hierher wenn ich fragen darf?“

„Ich möchte in das Kakaokönigreich.“

„Dann zeig mir mal deine Einreisepapiere.“

„Einreisepapiere? Ich habe keine.“

„Ohne Einreisepapiere, keine Einreise.“ Er drehte sich um, um in dem Wachhäuschen zu verschwinden.

„Warten sie, ich habe dafür einen Hilfebrief.“ Prinzessin Kathi reichte den Brief an den Wachbeamten, der ihn aufmerksam las und dann für einen Augenblick abzuwägen schien.

„Nun, das scheint mir sehr wichtig zu sein. Also gut. Du darfst passieren, aber nur unter der Bedingung, dass du dich auf der anderen Seite sofort zum Schloss des Königs begibst und ihm diesen Brief zeigst. Ich würde dich ja begleiten, aber ich darf hier nicht weg. Dienst ist Dienst.“

„Das hatte ich ohnehin vor.“

Sie umarmte den pikierten Pfeifhasen noch einmal, schwang sich auf den Rücken ihres Schimmels und ritt durch die Schranke, die General Usagi ihr öffnete hinunter in das Tal des Kakaokönigreiches.

Die Stadttore von Ciocolatatown, der Hauptstadt des Kakaokönigreiches waren riesige Tafeln Vollmilchschokolade, die Pflastersteine waren Zartbitterschokolade und die Ziegel der Hausdächer weiße Schokolade. Die ganze Stadt schien praktisch aus der süßen Masse zu bestehen, auch das Schloss, auf welches Prinzessin Kathi nun zuhielt. Als man ihr am Schlosstor den Zugang verweigern wollte zeigte sie den Brief und man liess sie ein. Bei jedem sich auftuenden Hindernis zückte sie den Brief und bald hatte sie Gefallen daran gefunden die Leute schockiert zusammenzucken zu sehen, wenn sie dessen Inhalt aufnahmen. Allerdings wurde es irgendwann langweilig und die Prinzessin machte bald von ihrem autoritären Auftreten als Adlige gebraucht um sich endlich einer Audienz mit dem König unterziehen zu können. Schließlich wurde sie zu ihm in den Thronsaal geführt und der König, der müde und ausgelaugt aussah winkte sie zu sich.

„Nun, mein Kind, dann zeig mir doch mal diesen ominösen Brief der meine gesamte Dienerschaft so in Aufregung versetzt.“

Sie reichte ihn ihm und nach einigen Augenblicken, schloss der König die Augen und nickte langsam.

„Ja, das ist die Handschrift meines Sohnes.“ Dann blickte er Prinzessin Kathi an und sagte: „Vielen Dank, das du eine sicher beschwerliche Reise auf dich genommen hast, um diesen Brief zu mir zu bringen. Es ist schon spät, sei heute Nacht mein Gast in meinem Schloss und morgen früh bringt dich ein Geschwader wieder zurück nach Hause.“

„Eigentlich bin ich hergekommen, um den Prinzen zu retten.“

An diesem Abend, bei einem Festgelage und viel Schokobraten und Schokowein, erzählte die mutige Prinzessin dem König alles von ihrer gefahrvollen Reise und der König seinerseits erklärte, dass nun mit diesem Brief und der Beschreibung des Monsters klar sei, wo sein Sohn zu finden sei und dass er es Kathi gerne versuchen lassen wollte und sie kamen überein, dass Kathi, wie es sich einem tapferen Ritter, der aufbrach eine holde Maid zu retten geziemte, die Hand des Prinzen und die Hälfte des Königreiches erhalten sollte, wenn sie erfolgreich war.

„Ich bin zwar nicht so sehr an dem Prinzen interessiert, aber die Hälfte aller Schokoladenvorräte dieses Landes... das ist was anderes“ erklärte Kathi gerade Fallada, auf dessen Rücken sie vor zehn Minuten aus dem Stadttor geritten war und sich nun auf dem Weg befand, den Prinzen zu retten.

„Es ist doch wirklich merkwürdig, dass es einen Ort gibt, an denen Männern der Zutritt versagt ist, ich meine - der Berg, den kein Mann betreten kann - klingt doch schon irgendwie nicht ganz koscher, oder? Und warum kann ihn kein Mann betreten, aber Frauen schon? Äußerst mysteriös.“

Fallada schnaubte nur.

„Hey, schau mal, was ist denn das da?“

Die Prinzessin, voll ausgerüstet mit einem neuen Kleid, einem Damenschwert und jeder Menge Wegschokolade, deutete mit der Hand auf eine Ansammlung sich im Wind wiegender halbdurchscheinender Gestalten, die vom Wegesrand lautlos nach den beiden zu rufen schienen.

„Das sind Blumenzwiebelgeister. Ein Rappe im Schlossstall hat mich vor ihnen gewarnt. Sie stehen immer am Wegesrand und wollen Wanderer dazu verleiten, sie zu gießen.“

„Sie zu gießen? Was ist denn so schlimm daran sie zu gießen?“

„Nun, in diesem Land wird jeder Zentimeter, der nicht mit Schokolade bedeckt ist als verschwendet angesehen und wo Blumen wachsen, kann man die Schokolade nicht mehr essen. Deswegen ist es verboten, sie zu gießen, damit sie nicht wachsen.“

„Ach, so ein Unsinn. Blumen sind doch was Schönes. Ich gieße sie. Dann wachsen sie eben in meiner Hälfte des Königreichs und ich habe eine Tafel Schokolade weniger.“

Sie glitt von Falladas rücken, holte ihre Trinkfalsche aus der Satteltasche und begann die schokobraune Erde direkt unter den Füßen der flirrenden Luftgestalten zu besprenkeln.

„Da, trinkt und wachst schön.“

Prinzessin Kathi stieg zurück auf ihr Pferd. Die Blumenzwiebelgeister schienen sich lautlos untereinander zu beraten und dann kann eine von ihnen ganz nah an Kathi heran und streckte den Arm nach ihr aus. Die Prinzessin war verzaubert von dieser anmutigen Geste und ergriff ohne zu überlegen die schlanke Windhand. Es gab einen gleißenden Blitz und Pferd und Reiterin kniffen geblendet die Augen zu. Als sie sie wieder öffneten waren die Geisterwesen verschwunden, aber in der Hand der Prinzessin lag ein kühler handtellergrosser Spiegel, der mit Blumenranken verziert war.

Er zeigt nur die innere Wahrheit…heit… t…

Der Wind schien die Worte geflüstert zu haben, aber Prinzessin Kathi war sich sicher, dass es eine Botschaft der Blumenzwiebelgeister war und sie würde sich daran erinnern.

Der Ritt zum Berg, den kein Mann betreten kann verlief vollkommen ereignislos und schon bald erreichten die beiden dessen Grenze, die durch ein großes Schild gekennzeichnet war, auf dem stand: „Vorsicht, sie betreten jetzt den Berg den kein Mann betreten kann!“

„Sehr unauffällig.“ Bemerkte Fallada trocken und sagte damit zum einzigen Mal in der ganzen Geschichte etwas mit einer Spur von Charakter.

„Los, weiter.“ Bestimmte die Prinzessin und zog vorsichtshalber schon mal ihr Schwert, nur für den Fall. Sie kamen jetzt wieder in ein Gebiet, das echten Steinboden hatte und das Klettern um einiges erleichterte.

„Ich frage mich, ob dieses Monster wirklich-“ begann Kathi nach einer Weile.

„Groaaaaaarrrr!“ ein riesiges Monster mit zwei Köpfen, die jeweils entweder Gift oder Galle spuckten stürzte sich von einem der oberhalb gelegenen Felsen auf Prinzessin Kathi herab und riss sie buchstäblich vom Hocker. Sie landete hart auf dem Boden und konnte nur durch eine geschickte Drehung einem Batzen Galle entgehen, den der eine Kopf des Monsters ihr entgegen spie.

„Fallada! Fallada!“ aber Fallada war ein nur ein Pferd und Pferde waren Fluchttiere, also hatte es die Flucht ergriffen.

„Na toll, auf niemanden kann man sich noch verlassen.“ Schimpfte die Prinzessin und hielt sich mehr schlecht als recht mit dem Damenschwert in der linken Hand den Gift spuckenden Kopf des Monsters vom Leib, während sie mit der rechten einen großen Stein oder ähnliches suchte, um den permanent Galle auf sie spuckenden Kopf damit außer Gefecht zu setzen, allerdings bekam sie nur eine Tafel ihrer Reiseschokolade zu fassen, die bei ihrem Sturz vom Pferd mitsamt der Satteltasche zu Boden gefallen war. Kathi schob mit dem Mut der Verzweiflung dem Gallkopf die Tafel samt Verpackung in den Rachen und bekam eine unerwartete Reaktion. Das Monster würgte, spuckte, griff sich an beide Hälse, rollte die Augen und fiel dann besinnungslos um wie ein gefällter Baumstamm.

„Na so was. Soweit, so gut und wo ist jetzt dieser Prinz?“

Prinzessin Kathi schälte sich unter dem Monster hervor und machte sich flink auf die Suche nach dem vermissten Prinzen, denn sie wollte nicht mehr hier sein, wenn der dort hinten wieder zu sich kam.

Sie brauchte nicht lange zu suchen, da fand sie im Fels eine Höhle und als sie einen Blick hinein warf, war ihr sofort klar, dass sie gefunden hatten wen sie gesucht hatte: hinter einigen behelfsmäßig gezimmerten Gitterstäben saß ein bemerkenswert hübscher Junge und schmollte offensichtlich.

„Kein Wunder, dass du Schnuckl heißt. Du bist wirklich schnuckelig.“

Der Junge - er war doch eher ein junger Mann mit einem sehr jugendlichen Teint - schaute auf und zog eine Schnute.

„Wer bist du denn?“ quäkte er in einer ätzenden Kleinkindstimme.

„Ich bin Prinzessin Kathinella aus dem Bonbonkönigreich. Ich habe deinen Hilfebrief gefunden und bin hergekommen um dich zu retten und dein Vater hat mir deine Hand und die Hälfte des Königreichs versprochen, wenn ich es schaffe, wonach es ganz aussieht, denn das Monster liegt draußen und schläft.“

„Du hast das Monster besiegt? Du?? Du bist doch nur eine Frau und noch dazu nicht mal hübsch! Wenn ich schon von einem Weib gerettet werden muss, hätte es dann nicht wenigstens eine Hübsche sein können?“

Kathi blieben bei so viel Unverschämtheit die Worte weg.

„Charmant, oder?“

Sie drehte sich erschrocken um. Im Eingang der Höhle stand das Monster, das immer noch leicht grün um die Nasen aussah. Ihre Hand fuhr an ihren Gürtel, aber das Damenschwert befand sich nicht mehr dort, wo sie es erwartet hatte, nur noch der Spiegel der Blumenzwiebelgeister steckte dort.

„Suchst du das hier?“ fragte das Monster und schwenkte lässig ihr Schwert durch die Luft. „Weißt du, ich hab nichts gegen Mädchen. Warum gehst du nicht einfach wieder runter in die Stadt und lässt mir den Schnösel hier? Er hat wirklich keine Manieren und ich glaube, du wirst allemal einen besseren als den finden.“

Wo es Recht hatte, hatte es Recht. Aber trotzdem, sollte sie einfach so unverrichteter Dinge zurückgehen? Nein! Sie zückte den Spiegel und hoffte inständig, das, welche Magie ihm auch immer inne wohnte, sie jetzt in diesem Moment hilfreich war. Sie drehte den Spiegel endschlossen um und richtete seine Reflektionsfläche gegen das Monster. Etwas äußerst Seltsames geschah: vor ihren Augen verwandelte sich das hässliche Monster in einen gutaussehenden jungen Mann. Sicher, er hatte immer noch zwei Köpfe, aber sonst… heiß.

„Wie…? Was hast du mit mir gemacht?“ das Monster/der Mann schaute entgeistert an sich herunter.

„Der spiegel zeigt nur die innere Wahrheit.“ Zitierte Prinzessin Kathi. „Kann es sein, dass du eigentlich ein ganz liebes Monster bist?“

„Ja, das stimmt. Ich hab gar nichts gegen Menschen, aber dafür umso mehr gegen Schokolade. Ich hasse das Zeug. Eines Tages haben mich ein paar Sklavenhändler eingefangen und in diese Schokohölle verschleppt. Ich bin ihnen entkommen und wollte so schnell wie möglich wieder hier weg, aber der einzige Weg führt über den Pass der Sckokoladenberge und ich fall dauernd in Ohnmacht, wenn ich Schokolade zu nahe komme, also sitze ich hier drin fest. Und da hab ich einfach an diesem Ort, dem einzigen schokofreien Fleck im Tal ein Schild aufgestellt um Menschen, die immer Schokolade bei sich haben, fernzuhalten. Hat auch eine Weile ganz gut geklappt, bis dieser Wichtigtuer da unbedingt beweisen wollte, dass er ein Held ist und kam um mich zu töten. Da hab ich ihn eingesperrt, um ihn ein bisschen für seine schlechten Manieren zu bestrafen, aber ich wollte ihm nichts antun, ganz ehrlich.“

„Ich glaube dir. Der Spiegel lügt nicht und was den angeht…“ sie betrachtete den Prinzen der während der ganzen Unterhaltung ganz starr in seiner Zelle gesessen hatte. „Mal schauen, wie du innen aussiehst.“ Und sie drehte den Spiegel auf Prinz Schnuckl und statt des hübschen Jungen saß dort von einer Sekunde auf die andere ein hässlicher, verschlagen wirkender Mann mit faulen Zähnen und Glatze.

„Das passt besser.“ Lachte der Monstermann und die Prinzessin lachte auch.

„Lassen wir ihn doch einfach noch eine Weile da drin.“ Schlug sie vor und zog den Monstermann mit sich nach draußen.
 

Später, als sie zu zweit auf Falladas Rücken zurück über den Schokoladenbergpass Richtung Bonbonkönigreich ritten - er mehr tot als lebendig – freute sich Prinzessin Kathi, denn obwohl sie auf die Hälfte aller Schokolade verzichten musste, hatte sie doch einen großen Brocken aus dem Berg geschlagen und General Usagi mit einer Eillieferung in ihr Heimatschloss betraut, außerdem hatte sie sich einen gutaussehenden Monstermann geangelt und viele interessante Abenteuer erlebt. Alles war gut.

„Ich hoffe du magst Bonbons.“ Sagte sie lachend über die Schulter, als sie zwei Wochen später die Grenze zum Bonbonkönigreich passierten.

… und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
 

~Für Kathi, die Inspiration für dieses Märchen~



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  nightwing79
2009-03-25T08:12:23+00:00 25.03.2009 09:12
Hallochen,

das FF ist echt gut geworden
*gg*
ich mag deinen Humor, und die Idee, die Märchenrollen / Rollenvorstellungen teilweise auf dem Kopf zu stellen ist echt eine
tolle Idee.

Grüsse
nightwing79


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