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Blutlied

Eine Kurzgeschichten- und Gedankensammlung aus dem Rollenspiel um und in WoW
von

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Süß und verlockend die Macht

Ich schätze, die Elfen haben es mir angetan... oder die Tragik ihrer Vergangenheit... Dies hier sollte einmal die Geschichte für einen meiner Charaktere werden.
 

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Zwischen den Ruinen der einstmals so majestätischen Stadt regte sich etwas. Es war kaum mehr als das Aufblitzen eines leuchtend blauen Augenpaares und das Rascheln einer Stoffrobe, doch ein aufmerksamer Beobachter hätte erkannt, was die Ursache dafür war: Eine schmächtige Elfengestalt, abgemagert, schwach und mit müden Augen, in denen doch noch immer ein verzweifelter Lebensfunke wie eine fast verloschene Kerze flackerte. Strähniges, verfilztes Haar von goldgelber Farbe fiel ihr über die Schultern, von Staub und Schürfwunden bedeckt, wie der Rest ihrer Erscheinung. Die weite, ehemals elegant geschnittene Robe war zerissen und am Saum schmuztverkrustet.

Eine Zeit lang verharrte sie in gebückter Haltung zwischen den Trümmerhaufen, doch als sich nichts regte, erhob sie sich und huschte zu dem unversehrten Eingang eines Hauses. An der Tür hielt sie inne und sah sich um, die tief in den Höhlen liegenden Augen zu Schlitzen verengt. Ihre rechte Hand hob sich und strich eine widerspenstige Haarsträhne hinter ihre langen, spitz zulaufenden Ohren, dann verschwand sie im Schatten des Hauses.

Wer sie war?

Melanis, Tochter von Aliena. Hochelfe und Magierin zu Silbermond. Oder... dem, was davon übrig war.

Sie erinnerte sich kaum an das, was geschehen war. Oh, sie sah in ihren Träumen die Fratzen der untoten Kreaturen vor sich, die die Stadt angriffen, hörte erneut die Schreie der Sterbenden – doch sie konnte nicht sagen, wie es kam, dass sie am Leben geblieben war. Geschweige denn, dass sie wusste, wie lange das noch so bleiben würde...

Wer hatte ahnen können, was passieren würde? Der Angriff... unerwartet, blutig, verlustreich und letztlich verloren. Ihre Heimat verwüstet, ihre Städte zerstört. Der Sonnenbrunnen, jene Quelle heiliger Magie, die ihr Volk so lange beschützt, genährt hatte, vernichtet... Und dann, die Folgen. Vielleicht hätten sie es tatsächlich wissen sollen. Vielleicht hätten sie es bemerkt, wenn sie es hätten sehen wollen... doch es traf sie ebenso unvorbereitet wie der Angriff und stürzte die wenigen Überlebenden hinein in einen endlosen Abgrund. So lange waren sie der Magie ihres Brunnens ausgesetzt gewesen, dass sein Verlust, sein Fehlen ihnen einen Teil ihrer Seele herausriss.

Melanis war anderen wie sich selbst begegnet. Gebeugte, heruntergekommene Gestalten. Am Leben, ja, doch so sehr von Sinnen wie ein Abhängiger, den es nach seiner Droge verlangt. Sie irrten durch die Trümmer Silbermonds auf der Suche nach etwas, das ihren Durst nach der verlorenen Magie zu stillen im Stande war... doch alles war nur vorübergehend. Eine Erleichterung für den Moment, der doch den Schmerz nur hinauszögerte.

Hastig sah sie sich im Inneren des Hauses um. Es war einst das Geschäft eines Händlers gewesen, sie erinnerte sich an die mit kunstvollen Artefakten beladenen Tische, die jetzt nur noch umgestürzt auf dem Boden lagen, die wertvollen Stücke überall verteilt, zerbrochen, vergraben unter Schutt und zertrümmerten Möbeln. Es musste hier sein, irgendwo... Da - sie konnte es spüren, ein Pulsieren, das ihre Haut zum Kribbeln brachte. Sie stürzte auf den Boden, stieß einen umgestürzten Stuhl beiseite und grub ihre Hände in einen Haufen zu Boden gefallener Papiere, nur um kurz darauf etwas kühles zu Fassen zu bekommen und es hervor zu ziehen. Ihre Hände zitterten vor Erleichterung, als sie sie öffnete und das unscheinbare Amulett betrachtete, das darin lag. Ein Smaragd, groß und rund, eingefasst in einen Kreis aus Gold, an dem die lange Kette befestigt war. Vor ihrem geistigen Auge sah sie den Mann, der es einst getragen hatte... der Besitzer. Lebte er noch? Nein, vermutlich nicht... und selbst wenn, es hätte sie nicht interessiert. Denn dieses unscheinbare Ding würde ihr über mehrere Tage hinweg Erleichterung verschaffen, so sehr triefte es vor Magie.

Sie hatte einst mit Leichtigkeit die schwersten Zauber gewoben, doch diese Erinnerung schien so entfernt wie die ehemalige elfische Heimat Kalimdor. Dennoch, es gab noch etwas davon, dass sie zu vollbringen im Stande war... ihre Gedanken gingen den Weg, ohne dass sie es auch nur bewusst wahr nahm, doch es war egal, denn der Drang in ihrem Inneren hatte längst alles andere überlagert. Und das hier hätte sie selbst noch zu Wege gebracht, wenn alles andere versagt hätte, und sei es nur, um ein letztes Mal ihren Durst zu stillen... Wärme strömte in ihren Körper, als sie die Magie des Amuletts anzapfte, verschaffte ihr einen Hauch von dem Hochgefühl der Macht, das sie einst bei der Ausübung ihrer Magie verspürt hatte. Leben... wie das Leben selbst durchflutete es ihre Adern, setzte ihr Blut in Brand und ließ sie gleichsam zur Ruhe kommen, die Gedanken klar, der Blick einmal mehr ungetrübt. Seufzend schloss sie die Augen, genoss die Kraft, die in ihre Glieder zurückkehrte, ehe sie sich geschmeidig erhob und sich das Amulett um den Hals legte.

Dann erst nahm sie sich die Zeit, sich ausgiebig umzusehen. Der Raum war verwüstet, wies jedoch nur wenige Kampfspuren auf. Eine von Schleiern verhangene Tür wies in den hinteren Bereich des Gebäudes und Melanis ging ohne zu zögern darauf zu. Wenn ein Artefakt wie dieses Amulett bisher nicht gefunden worden war, hatte sie vielleicht Glück und konnte hier einen vorübergehenden Unterschlupf finden.

Wie lange war sie schon unterwegs? Sie wusste es nicht. Sie konnte nicht einmal sagen, vor wie vielen Tagen die Schlacht zu Ende gewesen war. Sie wusste nur noch, dass die plötzliche Zerstörung des Sonnenbrunnens schmerzhaft, wie die Splitter einer zerspringenden Glasscheibe, ihre Gedanken durchbrochen und sie in den Wahnsinn getrieben hatte. Wahnsinn, der nur dann und wann lichter wurde, wenn sie etwas in die Finger bekam, das die Magie ersetzte, die sonst wie das Blut durch ihre Adern geflossen war. Ein Teil von ihr hatte sich darüber gewundert, denn wenn überhaupt, so hatte sie geglaubt, Abhängigkeit würde sich erst nach und nach zeigen, dann, wenn der Entzug deutlich wurde, doch in diesem Punkt hatte sie sich wohl geirrt.

Das Zimmer, das sie jetzt betrat, war vom Kampf beinahe unversehrt. In einer Ecke stand ein mit Kissen ausgelegter Chaiselongue, der sie daran erinnerte, das sie seit viel zu langer Zeit nicht mehr geschlafen hatte. Auf der anderen Seite stand eine Vitrine, die einige unversehrte und ehemals wohl recht wertvolle Schmuckstücke enthielt, für die sie jedoch nur einen kurzen Blick übrig hatte, denn keines von ihnen enthielt auch nur den geringsten Hauch von Magie.

Mit einem Seufzen ließ sie sich auf dem Chaiselongue nieder und rollte sich zusammen, um kurz darauf einzudösen. Bei jedem noch so kleinen Laut zuckten ihre Ohren und sie schrak hoch, um sich mit aufgerissenen Augen umzublicken. Trotz dieses unruhigen Schlafs träumte sie, doch waren es düstere Träume von Schmerz und Tod, als würde sich all das, was geschehen war, erneut vor ihr abspielen. Immer wieder flüsterte sie leise Worte vor sich hin.

Nein, dies würde nicht das Ende sein... niemals!

Sie würde ihre alte Macht wieder erlangen... und Rache üben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Miruel
2009-07-14T08:56:38+00:00 14.07.2009 10:56
Ein sehr ergreifendes Kapitel.
Man kann mit der Elfe mitfühlen und versteht, was in ihr vorgehen muss (zumindest kann man sich es gut vorstellen), jetzt wo sie alles verloren hat und selbst ihr Leben nur noch von Schmerzen geprägt ist.

Und dein Schreibstil gefällt mir immer noch. ^-^

Alles in allem sehr schön - Mängel kann ich dir also auch nicht aufzeigen. ^.~

lg
Miru


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