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Parallelwelten

Kopf oder Zahl
von

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Schwarze Hunde & rosa Elefanten

Mein Hintern tat mir weh und mir war trotz der Jahreszeit reichlich kalt hier im Schatten des großen Gebäudes.

Ich würde bald mal etwas rumlaufen müssen, ich saß jetzt immerhin schon seit über einer Stunde hier und klimperte auf meiner Gitarre vor mich hin.

Mehr oder weniger halbherzig, weil ich um die Uhrzeit eh noch kein Publikum hatte. Die wenigen Leute, die jetzt durch die Innenstadt hasteten, waren alle auf dem Weg zur Arbeit und hatten nun wirklich keine Zeit mir armen, bemitleidenswerten Straßenmusiker ein wenig zuzuhören oder vielleicht mal ein bisschen Geld hinzuschmeißen.

Na ja, dafür würde ich später mehr Glück haben, ich kannte das ja schon zur Genüge, wenn sich später die Stadt füllte, nahm ich auch mehr ein.

Mein Hund Jamie, den ich jeden Morgen mit in die Stadt nahm, wenn ich schon den ganzen Tag draußen war, lang gelangweilt neben mir, die Schnauze auf meinen Oberschenkel gebettet und sah mich mitleidig an.

Ich unterbrach mein Spiel und legte die Gitarre beiseite.

"Ja, ich weiß, Dicker, dir ist langweilig. Wir gehen nachher mal eine Runde." Ich tätschelte ihm den Kopf und sah auf meine Uhr.

Gerade mal viertel nach acht. Ich hasste die Morgen in der Stadt.
 


 

Scheiße, ich hatte Angst. Ich hatte die Hosen voll und war verdammt aufgeregt. Es war das erste Mal, dass ich schwänzte, dem Unterricht unerlaubt fortblieb, überhaupt das erste Mal, dass ich gegen irgendeine Regel verstieß.

Es war mein Versuch gegen die verdammt kleine und vorhersehbare Welt meiner Eltern zu rebellieren, in der mein ganzes Leben schon festgelegt war. Es war ein Ausbruch aus dem Spießerland. Ich wollte Freiheit schnuppern.

Unauffällig schlich ich durch die Stadt und war wohl in etwa so unauffällig wie ein rosa Elefant auf einer Beerdigung.

Ich hatte aber Glück, um diese Uhrzeit war hier kaum jemand unterwegs. Nur wenige Spätzügler unterwegs zur Arbeit und ein paar Straßenverkäufer und -bettler, die den Tag gemächlich angehen ließen.

Dann entdeckte ich ihn. Er saß gelangweilt da und tätschelte einem recht großen schwarzen Hund den Kopf. Neben ihm lag eine Gitarre.

Ich weiß nicht, was mich an ihm so neugierig machte, vielleicht seine pinken Haare, die vielen Tattoos an den Armen, die Piercings, oder sein leicht mürrischer Gesichtsausdruck. Jedenfalls blieb ich stehen und beobachtete ihn einen Moment lang. Als ich mich kurz umsah bemerkte ich, dass er gegenüber eines Mäcces saß und in meinem Kopf drängte der Gedanke an etwas zu essen, alles andere zur Seite. Ich beschloss mir etwas Leckeres zu gönnen.
 


 

Ich ließ meinen Blick schweifen und hatte jetzt schon wieder absolut keine Lust auf den heutigen Tag.

Wie lange saß ich jetzt schon hier? Seit den letzten Ferien im Frühling und das jeden verdammten Tag.

Okay, ich hatte mir das selber ausgesucht, alles war mir lieber, als in die Schule zu gehen und alles dort zu ertragen. Und alles, meinte wirklich alles. Die Lehrer, die Mitschüler, der Unterricht, die Methoden, der Umgangston, allein der Gedanke an den großen, grauen Kasten, in dem ich eigentlich um diese Uhrzeit sitzen musste, bereitete mir Kopfschmerzen und ein komisches Gefühl von Beklemmung und Ablehnung in der Brust, die es unmöglich machte, dass ich mich dort blicken ließ.

Anfangs hatte ich nur ein paar Stunden geschwänzt, dann ganze Blöcke und seit ein paar Monaten ging ich gar nicht mehr hin.

Gegenüber von mir betrat gerade jemand das Mäcces, in das ich nur auch zu gerne gegangen und mir vielleicht einen Kaffe geleistet hätte.

Aber Jamie konnte ich nicht mit rein nehmen und er war nur ungern alleine und jaulte und fiepste was das Zeug hielt, wenn ich mich schon nur ein paar Meter zu viel entfernte.

Seufzend sah ich auf die sich gerade wieder schließende Tür und kramte stattdessen in meiner Tasche nach einer Flasche Wasser, die nicht einmal mehr Sprudel hatte. Ekelhaft.
 


 

Ich gönnte mir einen Kakao und einen Haselnussdonut und sah mich nun nach einem guten Sitzplatz um. Ich entdeckte einen, von dem aus ich einen guten Blick auf den Typen mit dem Hund und der Gitarre hatte und beschloss es mir dort gemütlich zu machen.

Ich beobachtete ihn eine Weile und als ich sah wie er einen Schluck aus einer Wasserflasche nahm und dabei angewidert das Gesicht verzog, hatte ich Mitleid mit ihm.

Ich verdrückte schnell meinen Donut, schnappte mir meinen halbausgetrunkenen Kakao und ging nach vorne, um einen weiteren Kakao zu bestellen.

Ich ging zur Tür, zögerte aber. Ich war nicht unbedingt jemand, der einfach so auf andere zuging und schon gar nicht jemand, der einfach ungefragt etwas mitbrachte.

Ich wusste nicht wie ich den Kakao übergeben sollte, ohne blöd dazustehen. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Wahrscheinlich würde ich eh nur stumm da stehen oder stottern.

Aber ich nahm all meinen kaum vorhandenen Mut zusammen und trat aus dem Mäcces raus auf den Typen zu.
 


 

Ich stopfte die Wasserflasche mürrisch zurück in den Rucksack. Bah, ich musste mir unbedingt was anderes mitnehmen, aber ich vergaß früh immer, wenn ich gerade so tat, als würde ich mich gleich auf den Weg in die Schule machen, die alte raus- und eine neue reinzutun.

Das hatte ich irgendwie schon immer vergessen. Ich packte mein Schulzeug und vergaß das Trinken.

Und das setzte sich immer noch fort, weil die Rituale am Morgen ja die gleichen waren. Echt lästig.

Jamie hob in dem Moment den Kopf von meinem Schoß, als ich die Hand schon wieder auf seinen Kopf legen wollte und guckte neugierig geradeaus.

Ich hob also auch meinen Blick und sah einen Jungen auf mich zukommen, der...der echt süß war. Tut mir Leid, aber so was fällt mir immer als erstes auf.

Er war recht schmal und wirkte irgendwie unsicher, als er weiter auf mich zulief, fast so als wollte er am liebsten wieder kehrt machen.

Misstrauisch sah ich ihm entgegen und Jamie neben mir kam auf die Beine um dem Jungen entgegenzuschnuppern.
 


 

Ängstlich blieb ich stehen. Der Hund war nicht recht groß, er war riesig. Aber weil er mich bloß ansah und freundlich, glaubte ich jedenfalls, mit dem Schwanz wedelte, schob ich mich langsam näher auf die beiden zu.

Erschrocken quiekte ich, als der Hund ein paar Schritte auf mich zu machte. 'Heilige Scheiße, jetzt reiß dich aber zusammen!', ermahnte ich mich und trat dann noch näher, den Hund immer im Auge behaltend.

Sein Besitzer sah misstrauisch zu mir auf. Der stechende Blick ließ mich zusammenzucken.

Mit einem piepsigen

"Hier"

reichte ich ihm den Kakaobecher.
 


 

Jamie machte dem kleinen offenbar Angst und wenn ich nicht noch damit beschäftigt gewesen wäre ihn mürrisch zu mustern, dann hätte ich darüber sicher schmunzeln können.

Mit einer bestimmten Bewegung drückte ich Jamies Hinterteil Richtung Boden und er setzte sich brav hin, unseren Besucher aber nicht aus den Augen lassend.

"Was ist das?", fragte ich mit scharfer Stimme und wies mit einem Nicken auf den Pappbecher in seiner Hand, den er mir entgegenstreckte.
 


 

Oh, Gott sei Dank. Der Hund sah sitzend schon wieder weniger riesig und bedrohlich aus. Aber nur ein ganz kleines bisschen.

Ich hatte das Gefühl der andere hätte mich gebissen, so scharf war sein Tonfall. Am liebsten hätte ich meine Hand zurückgezogen und wäre davon gelaufen. Aber mit einem Blick auf den Hund ließ ich es bleiben.

Bei großen, bösen Raubtieren sollte man ja nie rennen, sondern langsam rückwärts gehen oder sich tot stellen. Das mit dem tot stellen käme jetzt aber bestimmt blöd rüber und bevor ich mich langsam rückwärts davon schleichen konnte, war mein Mund mal wieder schneller, wie immer.

"Kakao“,

antwortete ich also brav auf seine Frage und kam mir reichlich dämlich vor, weil er den Becher immer noch nicht annahm.
 


 

"Kakao?", fragte ich verächtlich und nahm dem anderen den Becher aus der Hand um mich selber zu vergewissern. Blitzschnell zog er seine Hand zurück, als wäre ich ansteckend und vergrub sie tief in der Tasche seiner Jeans.

Ich machte den Deckel ab und tatsächlich befand sich in dem Becher eine milchig braune Flüssigkeit und ich verzog angewidert das Gesicht.

"Seh ich aus wie zwölf, oder was?" Ich sah wieder zu ihm auf und stellte den Kakao etwas unsanft neben mich, vor Jaime, der interessiert daran schnupperte.

"Was soll die Aktion eigentlich, seh ich so aus, als ob ich Almosen bräuchte?"
 


 

Das war ja...also...dieser...ich...!

Empört schnappte ich nach Luft. Am liebsten wäre ich jetzt wirklich davon gerannt, oder hätte mich noch viel lieber auf ihn gestürzt. Beides schien mir aber keine Option solange der Hund dabei war.

Stattdessen fauchte ich wütend:

"Ich wollte bloß nett sein!"

Er wollte etwas erwidern, nichts Nettes wahrscheinlich, aber ich warf noch beleidigt ein:

"Und nein, wie zwölf siehst du nicht aus, eher wie Paulchen Panther!"

Damit stapfte ich davon, zurück zum Mäcces. Blöder Idiot. Und dabei mochte ich seine Haare eigentlich.

Aber wie konnte er bloß Kakao verunglimpfen? Mein allerliebstes Lieblingsgetränk! Und ich war bestimmt keine zwölf mehr! Dieser...dieser Spaten!

Außerdem wieso hockte er da, wenn er keine Almosen wollte?!

Wütend grummelte ich vor mich hin und bemerkte erst, dass ich grad einen Kaffee im Mäcces gekauft hatte, als ich mit diesem schon wieder auf der Strasse stand.

Verdammt!
 


 

Mit hochgezogenen Augenbrauen und recht, doch ich musste es zugeben, positiv überrascht, sah ich dem Wicht nach, wie er davon stampfte. Irgendwie hatte er auf den ersten Blick nicht so ausgesehen, als hätte er den Mumm mich anzugehen.

Er hatte eher wie ein kleines verschüchtertes Reh gewirkt. Ein verunsichertes, kleines, verschüchtertes Reh.

Aber dafür hatte er einen tollen Arsch.

Ähem...ja. War aber so. Ich verkniff mir ein kleines Grinsen, als er wütend davon stapfte und legte den Kopf schief, ihn mit dem Blick verfolgend.

Fast war ich etwas enttäuscht, als er wieder im Mäcces verschwand, schüttelte dann aber den Kopf über die Aktion eben. Leute gab's.

Ich griff wieder meine Gitarre neben mir und setzte sie mir auf den Schoß. Ich legte schon wieder die Finger auf die Saiten, als die Tür zum Mäcces wieder aufging und der Kleine wieder in der Tür stand.

Verbissen fixierte er mich und ich hob eine Augenbraue. Was würde das jetzt werden? Wollte er mir jetzt Stylingtipps für meine nächste Haarfarbe geben?
 


 

Ich Blödheini! Na ja, gekauft war gekauft und da ich selbst keinen Kaffee trank, stapfte ich also immer noch wütend zurück zu dem Typen und riss meinen Arm mit dem Kaffee so schnell in seine Richtung, dass mir etwas auf die Hand schwappte, trotz des Deckels.

Wie schaffte ich das bloß immer?

"Besser?!",

fauchte ich ihn also an und hoffte man würde nicht hören, dass der heiße Kaffee mir ziemlich wehgetan hatte.
 


 

Einen Moment lang schwieg ich und sah ihn einfach nur an. Nicht ungläubig, nicht skeptisch, einfach nur überlegend.

Hatte ich jetzt seinen Ehrgeiz geweckt?

Ich strich mir mein Pony aus den Augen und nickte wie vorhin wieder auf den Becher, von dem jetzt schon ein bisschen der Brühe, die er übergekippt hatte und die eindeutig nach Kaffee aussah, runter und auf meine Hose tropfte.

"Zucker drinnen?"

Jamie neben mir verfolgte das Schauspiel mit schief gelegtem Kopf.
 


 

Dieser...!

Ich biss mir auf die Lippe. Ehrlich gesagt, ich wusste es nicht. Sollte er es doch selbst herausfinden.

Also grummelte ich etwas Unverständliches.

Er schien zu überlegen, nahm den Becher aber dann doch an.

Ich warf einen Blick zu dem Hund. Warum guckte der denn so komisch?

Ob er mich beißen würde wenn kein Zucker im Kaffee war?

Nein, bestimmt nicht. So weit würde der Typ bestimmt nicht gehen...oder?

Vorsichtshalber riss ich ihm den Kaffee wieder aus der Hand und lief zurück zum Mäcces damit.

Ich konnte ihn hinter mir etwas rufen hören, verstand aber nicht was.

Schnell wühlte ich am Tresen nach einem Tütchen Zucker und so einem Milchdöppchen und nahm lieber von beiden zwei wieder mit nach draußen. Fast hätte ich den Kaffee vergessen, den ich auf den Tresen, zum besseren Wühlen, gestellt hatte.

Warum machte ich das eigentlich? Da ich keine Antwort fand, tat ich es einfach und lief zurück zu dem Typen.
 


 

Langsam fing mir das Ganze an Spaß zu machen.

Interessiert was weiter geschehen würde, legte ich meine Gitarre wieder beiseite und wartete, bis er wieder vor mir stand und mir den Becher plus Kaffeesahne und Zucker in die Hände drückte.

Ich schmunzelte amüsiert über sein mürrisches Gesicht und wiederholte, was ich ihm eben hinterher gerufen er aber wie es aussah nicht gehört hatte.

"Ich hasse Zucker im Kaffee." Ich warf ihm das Tütchen wieder zu und er versuchte es aufzufangen, bekam es aber nicht zu fassen und es fiel zu Boden.

Mit einem Satz war Jamie bei der weißten Tüte und der Kerl machte einen erschrockenen Satz zurück.

Ich zog Jamie an der Leine wieder zu mir und konnte jetzt nicht anders als mein Grinsen offen zu zeigen.

"Und ich trinke Kaffee nur mit Milch, nicht mit Sahne."
 


 

Beleidigt verschränkte ich die Arme und schob meine Unterlippe vor.

Nein, ich würde jetzt nicht noch mal zurück in den Mäcces laufen.

Wär ja noch schöner!

Stattdessen sollte ich mir lieber eine passende und treffende Bemerkung einfallen lassen!

"Du...",

'Gut einen Anfang hast du schon gemacht, Elis! Jetzt nur noch der Rest' feuerte ich mich selbst an. Der Typ sah mich interessiert und mit einem fast vorfreudigem Funkeln in den Augen an. Wollte der mich etwa vergackeiern?

Nicht mit mir!

"Du kannst mich mal!"
 


 

Ich lachte und stellte den Kaffee neben mich, bevor ich aufstand. Der Kleine war echt zu süß. Und er hatte einen tollen Hintern. Klein und knackig, so wie ich es mochte. Und seine grimmige Miene war auch einfach nur goldig. Vor allem die kleine steile Falte zwischen seinen Augenbrauen, wenn er mich vergrätzt anfunkelte.

"Nichts lieber als das", grinste ich ihn schelmisch an, als ich stand - ich überragte ihn mehr als einen Kopf - und reichte ihm die Hand. "Mein Name ist Valentin. Aber du kannst mich Valle nennen. Und das ist Jamie." Ich zeigte auf ihn. "Wir sind schwul."
 


 

Mein Mund klappte auf und zu.

Mit riesigen Augen glotzte ich ihn an.

Weil erstens: "Nichts lieber als das?" Ich spürte wie ich rot wurde. Verdammt, mir wurde überall so kribbelig, dabei hatte er es bestimmt nicht mal ernst gemeint und wenn dann nur auf eine wirklich unverschämte Art.

Zweitens, war er verdammt groß. So sah er gar nicht aus, wenn er da so auf dem Boden rumlümmelte.

Drittens, was sollte ich zu so einer Vorstellung sagen? Einen Knicks machen und "Angenehm. Oh und ich bin Elis!" flöten?

Viertens: "Wir sind schwul?" Meinte er etwa den Hund?

Und fünftens, wie konnte er das einfach so sagen? So offen, so ganz ohne... Scham?

Ich würde mich das niemals trauen. Mal davon abgesehen, dass ich mir meiner Sache sowieso nicht sicher war.

Ich meine ob ich - selbst in Gedanken konnte ich das Wort nur flüstern - ...schwul...war.

Wie auch? In der Welt meiner Eltern gab es das Wort nicht.

Und in den gesellschaftlichen Kreisen, in denen sie sich bewegten, war es sowieso tabu.

Es war so unfair. Ich war mir nicht mal sicher und der Kerl da konnte es einfach so hinaus posaunen.

Ich glubschte immer noch und erst jetzt fiel mir seine ausgestreckte Hand auf.

"Elis",

sagte ich und ich Vollidiot machte doch tatsächlich einen Knicks. Hatte ich eben nicht eben noch gedacht, dass ich genau das nicht machen würde?!

'Okay sag noch irgendetwas. Sonst wird’s richtig peinlich',

schallt ich mich innerlich.

Auf das "Nichts lieber als das" traute ich mich nicht einzugehen. Also fragte ich:

"Wir?"
 


 

Leicht irritiert lächelte ich, also er wie ein braves wohlerzogenes Mädchen einen Knicks machte und zwang mich nicht laut herauszulachen.

Er legte seine Hand in meine und leicht spöttisch deutete ich eine Verbeugung an, tat so als würde ich einen Kuss auf seinen Handrücken hauchen.

"Stets zu Diensten, Elis." Ich lies seine Hand nicht los, wies mit der anderen auf den Hund, der jetzt freudig an seiner Seite hochsprang und sich den Kopf tätscheln ließ.

"'Wir' meint mich und den Hund." Ich grinste. "Er hat einen Lover musst du wissen", fügte ich flüsternd in vertraulichem Ton hinzu.
 


 

Ganz ehrlich?

Als er mir den angedeuteten Handkuss gab und dieses "Stets zu Diensten" säuselte, wurden meine Knie weich und ich wäre gerne wie eine echte Lady in Ohnmacht gefallen. Schließlich hatte er sich gerade wie ein Gentleman benommen... Wenn auch nur gerade.

Ich glaube ich bildete mir ein, dass er ganz leicht mit dem Daumen über meinen Handrücken strich, erschrak aber zu sehr vor dem an mir hochspringenden Hund, um weiter darüber nachzudenken.

Vorsichtig tätschelte ich dem Monstervieh den Kopf und stellte erfreut fest, dass er ein ganz schönes, weiches Fell hatte.

"Einen Lover?",

fragte ich irritiert, wie konnte ein Hund einen Lover haben? Es sah bestimmt merkwürdig aus, wie wir hier rumstanden, meine Hand immer noch in seiner.

Ob wir so aussahen, als würden wir Händchen halten? Oder doch nur wie zwei, die sich die Hand schüttelten?
 


 

"Ja", lächelte ich und ließ meine Hand sinken, seine aber nicht loslassend. Er folgte der Bewegung unsere Hände mit seinem Blick und schaute dann schnell wieder hoch.

"Einen Rüden aus unsere Siedlung. Die beiden lieben sich echt abgöttisch, lassen keinen anderen Hund an den anderen ran. Echt süß."

Elis war auch echt süß. Anders konnte man es leider nicht sagen. Seine Wangen waren gerade leicht rosa, man sah ihm an, dass er verlegen war und dass ich so einfach gesagt hatte, dass ich schwul war, hatte ihn sichtlich geschockt, verblüfft.

"Außerdem...", grinste ich, "sind sie echt scharf aufeinander."

Verlegen aber lächelnd senkte er den Blick und ich ließ schnell seine Hand los.

"Du hast ja Grübchen!", rief ich schon fast. Also wenn er lächelte war er ja gleich noch tausendmal niedlicher, als wenn er muffelte. Ich musterte ihn noch einmal von oben bis unten. Wie alt er wohl war?
 


 

Wieso hatte er das denn jetzt so...komisch betont? Scharf aufeinander. Meinte er die Hunde, oder...uns?

Und was meinte er mit scharf aufeinander? Machten die Hunde etwa...oh.

Mist, jetzt wurde ich verlegen.

Oh, nein! Jetzt hatte er meine Grübchen gesehen! Ich mochte meine Grübchen nicht. Die ließen mich wie ein kleines Kind aussehen.

Es war wirklich so. Es war schön öfters passiert, dass Omas mir Bonbons oder anderes zugesteckt, mir durch die Haare gewuschelt oder noch schlimmer in die Wange gezwickt und so etwas wie

"So ein süßes Kerlchen!"

dazu gesagt hatten.

Jeder der meine Grübchen sah schätzte mich für viel jünger ein, als ich war und nahm mich nicht mehr für voll.

Schnell hob ich meine Hände und versteckte meine Grübchen unter ihnen.
 


 

"Och, nein. Komm, nicht verstecken."

Sanft entfernte ich seine Hände von seinem Gesicht und er ließ es mit sich machen.

"Die sind doch süß." Er wurde noch einen Tacken röter als eben schon und langsam machte das keinen Spaß mehr. Er sah doch echt niedlich aus, wenn er so schüchtern rüber kam, aber vorhin hatte er viel mehr Feuer gehabt.

"Wo ist denn deine spitze Zunge von eben, die hat mir besser gefallen."

Zugegeben, seine 'Beleidigungen' waren haarscharf an der Grenze zu 'lächerlich' vorbeigerutscht, Zwölfjährige hatten mich schon schlimmer beleidigt, aber wenn er so verzweifelt nach einer passenden suchte, wirkte er wieder so richtig dämlich. Süß dämlich.

Jamie, der anscheinend merkte, dass er nicht mehr viel von Elis zu erwarten hatte, setzte seine Forderpfoten wieder auf den Boden und schnüffelte ein letztes Mal an seinen Beinen, bevor er sich neben mich setzte und mich erwartungsvoll ansah. Ich ignorierte ihn.

Elis schien nicht vorzuhaben zu antworten.

"Wie alt bist du eigentlich?" Wieder musterte ich ihn. Recht groß war er ja, Stimmbruch war eindeutig vorhanden... "Sechzehn, siebzehn?"
 


 

Süß?

Das hatten schon Omas, Tanten und tausende andere weibliche Wesen zu mir gesagt.

Aber noch nie...ein Kerl.

Ob er das auch wirklich ernst meinte?

Spitze Zunge?

Jetzt nahm er mich aber wirklich auf den Arm. Ich wusste, dass meine 'Beleidigungen' kaum ernst zu nehmen waren. Aber wo bitte hätte ich auch Fluchen lernen sollen?

Niemand in meiner Umgebung fluchte. Jedenfalls niemand, den ich kannte.

"Ich bin fast achtzehn!",

motzte ich auf seine Frage hin und sah ihn beleidigt an. Ich war doch keine sechzehn!
 


 

"Oh, tut mir Leid, der Herr." Ich lachte. "Ich wollte Sie nicht beleidigen, natürlich sind Sie bald achtzehn."

Jamie hatte beschlossen, dass es ihm zu langweilig geworden war und hatte sich daran gemacht ein bisschen den Boden abzuschnuppern und ich trat auf seine Leine, die einfach nur am Boden lag, damit er stehen blieb. Was er auch tat, als er den Zug an der Leine spürte und sich fragend nach mir umsah.

"Hierher, Freundchen", bestimmte ich und zeigte neben mich. Er gehorchte, so wie er immer gehorchte, er war zum Glück gut erzogen, sonst könnte ich ihn nie den ganzen Tag mit in die Stadt nehmen.

"Willst du...ähm..." Ich drehte mich unschlüssig zu meinen Sachen herum, meiner Gitarre, der Gitarrentasche, meinem Rucksack und der Sweatjacke, auf der ich gesessen hatte - die Becher mit Kakao und Kaffee standen immer noch daneben - und beschloss, dass ich ihm ja wohl kaum einen Platz neben mir anbieten konnte. Er musste sowieso den Eindruck haben, dass ich ein Schnorrer war. Was ich ja irgendwie auch war, nur eben nicht darauf angewiesen.

"Was hast du jetzt vor? Musst du nicht in die Schule?"
 


 

Gott sei Dank gehorchte ihm der Hund. Mir war es lieber, wenn er schön bei…Valle blieb. Nicht das er noch auf die Idee kam, doch noch ein bisschen an mir rumzuknabbern. Wobei wenn Valle das tun würde-...'Aus, Elis! Gar nicht erst dran denken.'

Oh man, das war knapp gewesen.

Bevor ich darüber nachdenken konnte, was er mir wohl hatte anbieten wollen, kam die Frage nach der Schule.

Misstrauisch sah ich ihn an. Das war doch keiner, der Schulschwänzer abfing?

Ach, Quatsch, nein, der war doch selbst noch viel zu jung.

Wie alt war er eigentlich?

Ob ich ihm sagen konnte, dass ich mir heute 'frei genommen' hatte?

Ich beschloss es einfach zu tun, schließlich hockte er hier ja auch rum und war bestimmt keiner, der wegen so etwas die Nase rümpfte oder gleich Ärger machte.

"Müssen schon, aber wollen..."

Ich zuckte noch aussagekräftig mit den Schultern.
 


 

"Aah." Ich nickte und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. "Du klingst nach einem klugen Jungen."

Ich hob die Leine vom Boden auf und drückte sie ihm in die Hand. "Halt mal."

Ich bückte mich, legte die Gitarre in die Tasche und schloss den Reißverschluss, schnappte mir meine Jacke, schmiss sie in den Rucksack und schulterte diesen.

"Dann hast du ja jetzt nichts vor, oder?" Breit strahlte ich ihn an und nahm ihm die Leine wieder ab, stiefelte Richtung Stadtwiese und hoffte einfach, dass er mit Folgen würde.

Auf jeden Fall war es wesentlich komfortabler sich dort auf eine Bank oder die Wiese zu hauen, als mitten in den Straßendreck in der Hauptfußgängerzone zu sitzen. Wäre im Endeffekt wohl auch besser für seine Klamotten, die sahen alle ziemlich schnieke aus. Würde ich auf so was Wert legen, wäre ich mir jetzt mit meinen verschlissenen und auch schon zerrissenen Jeans und dem einfachen weißen T-Shirt schäbig vorgekommen. Aber...so was war mir eigentlich egal.
 


 

Er konnte mir doch nicht einfach die Leine von diesem...Riesenvieh in die Hand drücken!

Und warum packte er jetzt seine Sachen?

Als er mich so breit anstrahlte, fing wieder alles in mir an zu kribbeln.

Ich bekam seine Frage nur halb mit und starrte ihm ein wenig verblüfft hinterher, als er mir die Leine wieder abnahm und einfach davon latschte.

Dann folgte ich ihm schnell, holte ihn ein und achtete darauf auf der Seite zu gehen, auf der der Hund nicht lief.
 


 

"So", fing ich an um die Konversation in Gang zu bringen. "Du schwänzt also? Ich hab dich hier in der Stadt noch nie gesehen und ich sitze eigentlich immer hier um diese Uhrzeit. Okay, manchmal auch woanders, aber meistens hier."

Jamie trottete gemächlich neben mir her, Elis auf der anderen Seite.

Ob ich ihm auch eine Leine... Ähem. Falsche Richtung, Valle, komplett falsche Richtung. Wir wollen ja nicht, dass er gleich schreiend wegläuft. Er hat ja schon genug Schiss vor dem Hund.

Ich musterte ihn von der Seite, seine Miene wirkte jetzt irgendwie verschlossen und nachdenklich, also wäre er mit den Gedanken ganz woanders. Hatte er mir überhaupt zugehört?
 


 

Ich presste meine Lippen aufeinander.

Wie viel konnte ich ihm erzählen? Wie viel sollte ich ihm erzählen?

Wollte ich ihm überhaupt antworten?

Es wäre unhöflich nicht zu antworten. Manchmal gingen mir meine Manieren mir echt auf die Nerven.

Ich seufzte und blickte auf meine Füße.

Entschied mich dann dazu zu antworten.

"Ist mein erstes Mal."
 


 

Sein erstes Mal? Ich hüstelte gekünstelt, grinste in mich hinein und musste dann doch lachen.

"Sorry", sagte ich und blieb stehen, weil Jamie meinte an einen Mülleimer pinkeln zu müssen.

"Dann warst du also bis gestern noch Jungfrau?"

Ich grinste ihn an, aber er grinste nicht zurück, schaute nur verlegen weg - das konnte er echt gut - und lief weiter mit eingesunkenen Schultern neben mir her, als Jamie wieder an der Leine zerrte.

Ich seufzte leise und stupste ihn dann an. "Was ist denn los, Kleiner? Hast du Schiss jemand erwischt dich oder warum guckst du plötzlich so?"
 


 

In der ersten Sekunde hatte ich gedacht, er hätte die Art von Jungfrau gemeint und kam mir gleich noch blöder vor.

Er konnte ja nicht wissen, dass ich noch nie...

Und ja ich hatte Schiss. Gewaltigen Schiss.

Ich wollte mir überhaupt nicht vorstellen was passierte, wenn man mich erwischte. Wie meine Eltern reagierten.

Das hört sich ziemlich nach einem Weichei an, aber das war ich ja auch.

Nie hatte ich etwas getan, was meine Eltern hätte verärgern können. Ich war immer der perfekte Sohn gewesen, hatte nie etwas hinterfragt, sondern immer nur gehorcht.

Und ich konnte nicht mehr. Ich fühlte mich leer und stumpf innen, hatte das Gefühl nie wirklich etwas erlebt zu haben, nie wirklich gelebt zu haben.

Aber wie sollte ich das Menschen erklären, die so vollkommen glücklich in ihrer Welt lebten, die mich so einengte.

Wenn ich mutig gewesen wäre, hätte ich mein gesamtes Erspartes zusammengeklaubt und hätte mich davon gemacht.

Ganz weit weg.

Aber ich war nicht mutig. Und alles was ich wagte war lächerliches Schule schwänzen.

Ich musste kräftig schlucken und traute es mir gerade nicht zu sprechen.

Ein Schulterzucken und vages Nicken mussten Valle fürs Erste reichen.
 


 

Ich seufzte erneut. Vertraut legte ich einen Arm um seine Schulter, klein genug war er ja, dass wir ganz normal weitergehen konnten.

"Mach dir keine Sorgen, Elis. Mir ging’s am Anfang genau so, ich hatte total Schiss, dass ich irgendjemanden treffe, der mich kennt und meinen Eltern was petzt. Ich hab mich nicht mal getraut in die Stadt zu gehen, sondern hab mich an einen See bei uns in der Nähe gehauen, irgendwo zwischen die Büsche und hab gelesen. Oder Gitarre gespielt."

Ich wuschelte ihm durch die dunklen Haare.

"Das gibt sich, glaub mir. Und in der Schule hat danach auch niemand was gesagt."

Ich versuchte ihn damit zu trösten, aber irgendwie schien es nicht richtig Früchte zu tragen. Aber ich wusste nicht, was ich sonst sagen sollte, ich konnte sowieso nicht trösten, darin war ich eine Null.
 


 

Als er seinen Arm um mich legte, hätte ich mich am liebsten einerseits an ihn gedrückt und ihn andererseits wieder fortgedrückt.

Stattdessen ging ich einfach weiter schweigend neben ihm her.

Lange würde es bei meiner Schule sicher nicht dauern, bis sie sich bei mir meldeten. Dank meiner Eltern ging ich ja nicht auf irgendeine öffentliche Schule...

Nein, nur das Beste vom Besten, auch wenn es mich erdrückte.

Wir kamen an der Stadtwiese an und erst jetzt verstand ich wohin Valle mich geführt hatte.

Dieser betrat die Wiese und sah sich um. Er warf einen Blick auf mich und ich hatte das Gefühl, er würde meine Kleidung mustern. Dann schritt er auf eine nahe gelegene Bank zu.

Ich folgte, zögerte dann und überholte Valle, ging auf ein sonniges Stück Rasen zu, kontrollierte ob der Boden einigermaßen trocken und sauber war, zog dann meine Jacke aus und legte sie mit der Innenseite nach unten.

Ich sah zu Valle rüber, der mich ein wenig überrascht ansah und ließ mich dann auf meine Jacke nieder, lehnte mich ins Gras zurück und schloss die Augen.

Ich konnte hören, wie er sich neben mich setzte.
 


 

Ich war überrascht, als er sich einfach so sang- und klanglos auf die Wiese legte, sagte aber nichts und schmiss mich daneben.

Ich machte Jamie los, auch wenn es eigentlich nicht erlaubt war, aber er hörte ja sowieso auf mich. Er schnupperte ein bisschen in der Gegend rum, erleichterte sich dann ein paar Mal an ein paar Bäumen und Büschen und schleppte irgendwann einen großen Stock an, den ich ihm warf.

Elis sagte nichts mehr, seit wir die Stadt verlassen hatten und irgendwann sah ich nicht mehr ein, dass ich immer labern musste, aber keine Reaktion bekam.

Also spielte ich mit dem Hund, tollte mit ihm rum und ließ mich irgendwann neben Elis ins Graß fallen, mit Jamies Kopf auf dem Bauch und ließ mir die Sonne ins Gesicht und auf die Arme scheinen. Wir schwiegen die ganze Zeit, was mich irgendwann einfach nur noch nervte.

Seine schlechte oder eher melancholische Stimmung ging mir auf den Sack und meine schlechte Laune von heute Morgen kehrte zurück.

Später am Tag, gegen Mittag, stand ich schließlich auf, ließ Elis wissen, dass ich jetzt wieder in die Fußgängerzone musste, um mir mein heutiges Geld zu verdienen, pfiff Jamie hinter mir her und überließ es ihm, ob er mir folgte oder nicht. Wäre er mir nicht gefolgt wäre es mir auch egal gewesen, in dem Moment war er mir wirklich ziemlich egal, ich war schließlich nicht auf ihn angewiesen. Ich hatte mein Bestes versucht, wenn er nicht wollte, sollte er sehen wo er blieb.
 


 

Hier einfach nur so auf der Wiese zu liegen, sich von der Sonne wärmen zu lassen und nichts zu tun oder zu sagen, hatte mir gut getan. Ich fühlte mich besser. Viel besser.

Und es hatte gut getan nicht alleine zu sein. Auch wenn Valle nach einer Weile recht genervt schien.

Als er so einfach aufstand und mir erklärte er würde in die Stadt zurückgehen, hatte ich das Gefühl schuld an seiner miesen Laune zu sein, was ich wohl auch war.

Ich zögerte. Einerseits war es wirklich schön hier und ich wollte nur ungern wieder aufstehen. Aber andererseits wollte ich auch bei Valle bleiben.

Während ich noch darüber nachdachte, was ich tun sollte, verschwanden Valle und Jamie aus meinem Blickfeld und ich fühlte mich plötzlich einsam.

Also rappelte ich mich auf, klopfte mich und meine Jacke ab und lief zurück in die Stadt.

Ich hatte ein wenig Angst, ihn im jetzt dichten Gedränge nicht mehr zu finden, aber dann viel mir ein, das er ja gesagt hatte, dass er sich eigentlich immer vor dem Mäcces aufhielt.

Und tatsächlich war er gerade dabei seine Sachen wieder an der gleichen Stelle von heute morgen auszubreiten, als ich dort ankam

Eilig schritt ich zu ihm und ließ nach kurzem Zögern und einem Blick auf seine undeutbare Miene meine Jacke neben ihn fallen, wieder mit der Innenseite nach unten und setzte mich zu ihm.
 


 

Als sich Elis neben mich setzte, würdigte ich ihn keines Blickes. Nicht, weil ich verächtlich sein wollte, ich stimmte meine Gitarre. Aber ich wollte ihn auch nicht unbedingt ansehen, wie gesagt war ich sauer.

Jamie hatte sich brav neben mich gelegt, er kannte das schon. Er würde eh irgendwann einschlafen oder die Passanten mit mitleidigem Blick angucken. Jamie war ein Geldmagnet. Wirklich, er konnte das gut.

Bevor ich begann mein übliches Programm zu spielen - es setzte sich größtenteils aus verschiedenen Rockklassikern, einigen bekannten Balladen und vielen Songs meiner derzeitigen Lieblingsbands zusammen - warf ich Elis noch einen kurzen Blick zu. Ich war mir im Klaren, wie lächerlich wir aussehen mussten.

Ich in meinen abgenutzten, leicht schäbigen Klamotten und er in seinen sauberen Hosen und dem ordentlichen T-Shirt, bei dem ich mir sicher war, dass es sogar gebügelt war. Wenigstens guckten die Leute so zweimal hin.

Dann begann ich zu spielen und das mit kurzen Pausen fast drei Stunden lang. Dann fing meine Stimme wie immer an leicht zu kratzen und ich musste eine längere Pause einlegen, ich hatte sowieso einen Riesenhunger langsam.

Jeden Tag die gleiche Tour, ich kannte das schon zur Genüge.
 


 

Mist, er war immer noch sauer auf mich.

Ein wenig eingeschüchtert senkte ich den Blick auf meine Hände.

Valle begann neben mir zu spielen. Als er dann aber zu singen begann, ruckte mein Kopf wieder hoch und ich starrte ihn mit offenem Mund an.

Scheiße, war der gut! Und seine Stimme war einfach...ich wusste nicht recht wie ich sie beschrieben sollte.

Sie klang dunkel, sanft, aber das wirklich Ausdruckstarke an ihr war das leicht raue in ihr.

Es fing einen ein, schien durch einen zu dringen und hinterließ eine angenehme Gänsehaut, trotz dessen, dass es Sommer war.

Den Leuten, die an uns vorübergingen, schien es nicht anders zu gehen, sein Gitarrenkoffer füllte sich recht gut.

Ich hätte ihm ewig zuhören können.

Als er seine erste Pause machte, bemerkte ich die schrägen Blicke, die man uns zu warf und mir fiel auf, wie fehl ich hier eigentlich am Platze wirken musste.

Ich begann mich leicht unwohl zu fühlen.

Doch als Valle wieder begann zu singen, mochte ich einfach nicht aufstehen und gehen.

Stattdessen blieb ich neben ihm sitzen, hörte ihm zu uns sah ihn an.

Da fiel mir etwas an seinem Hals auf. Es sah aus wie ein Knutschfleck, nein, eher wie ein Lippenstiftabdruck.

Oder war es ein Tattoo? Ich hätte ihn nur zu gerne gefragt, aber ich wollte ihn nicht unterbrechen.

Als Valle dann irgendwann eine längere Pause einlegte, fiel mein Blick auf meine Uhr und ich erschrak.

Ich hätte schon vor zwei Stunden wieder zu Hause sein müssen!

Wie von der Tarantel gestochen sprang ich auf und schnappte mir meine Jacke.

Ich warf einen unsicheren Blick zu Valle, wusste nicht recht was ich sagen sollte, sah noch mal auf die Uhr und lief mit einem "Tut mir Leid, ich muss." los.

Erst später viel mir ein, dass ich ihn gar nicht gefragt hatte, ob ich mich morgen wieder zu ihm setzen durfte, oder ob er noch sauer war.
 


 

Als Elis plötzlich aufsprang, seine Sachen schnappte und mit ein paar Abschiedsworten verschwand, war ich...nein, sauer war ich nicht mehr.

Ich konnte nur noch resignierend seufzen, meine Gitarre wieder zur Hand nehmen und noch eine zweite Runde einlegen. Diesmal dauerte sie nicht so lange und als es gegen Abend ging, packte ich zusammen und machte mich auch auf den Weg nach Hause.

Zwar murrte alles in meinem Inneren, wenn ich ab und zu wieder an Elis dachte, aber ich zwang mich das abzutun und mich nicht weiter aufzuregen.

Gelinde gesagt...ich fand er hatte einen miesen Charakter. Das klang jetzt hart, aber...ich hatte keine Ahnung mehr, warum er das heute Morgen gemacht hatte, vielleicht hatte er nur Gesellschaft gebraucht oder jemanden der aussah, als könnte er auf ihn aufpassen. Aber wenn er Gesellschaft gesucht hatte, warum hatte er dann nicht mit mir geredet? Selbst die größte Depriphase ist irgendwann vorbei und wir hatten fast den ganzen Tag aufeinander gehockt.

Er war ja ganz süß, aber...nein, wieso sollte ich mich für jemanden ins Zeug legen, mit dem ich nicht mal richtig klar kam, mit den ich nicht mal reden konnte? Ich wusste ja nicht mal, wie er gepolt war und irgendwie war es mir zu anstrengend das herauszufinden.

Und dann fiel mir ein, dass ich ihn vielleicht sowieso nicht wieder sehen würde. Also musste ich mir um so was doch eigentlich keine Gedanken machen.

Ich war schon reichlich dämlich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2009-10-25T20:47:17+00:00 25.10.2009 21:47
hallo,
ich mag deinen schreibstil und die story ist auch gut^^
Von: abgemeldet
2009-02-16T16:02:53+00:00 16.02.2009 17:02
Haha, dies ist ein Kommi!! :)

Ich mag Valle und Elis. Und Jamie natürlich. xD
Straßenmusiker sind eh toll. Hab irgendwie ne Schwäche für so was. <3
Und Valle ist eh der Geilste. Diese Haare. *-*
Bunthaarige Leute sind die Tollsten. x)

Lieblingsszene ist eindeutig die, in der Elis Valle das Trinken bringt. Das ist so verdammt niedlich, wie er immer schmollend ins Mäcces zurückstampft und ich stell es mir so verdammt witzig vor, wei er Valle dann immer das Getränk unter die Nase hält.
Pappbescher für die Welt! ~.~
Ich weiß nicht, ich mag Pappbecher einfach. u_û

Bin total gespannnt, wie das mit den Beiden weiter geht. <3
Wuhaaa, gitarrespielende Sänger sind geil. Man kann nie genug davon haben. Mehr. Mehr! *dumm* ._.

Schatz, ich liebe dich. <3
Eva, ich find dich toll. :D

Adios Amigos. :)
Von:  Blacksad
2009-02-13T04:49:29+00:00 13.02.2009 05:49
Süße Geschichte der Schreibstiel könnte aber besser sein. Sind noch viele Wortdoppelungen und teilweise Grammatikfehler drin. Insgesamt stimmt der Ausdruck aber. Ich freu mich auf mehr ^^

Lg
Blackii
Von: BlaiseZabini
2009-02-11T03:18:16+00:00 11.02.2009 04:18
also die Story ist cool, irgendwie sind die beiden richtig süß
*grins*
also ich werde die Story weiter verfolgen und hoffe das es bald weiter geht
*schon neugierig ist*
also bis zum nächsten kapitel
lg Blaise
Von:  karasu-romantica
2009-02-10T21:51:35+00:00 10.02.2009 22:51
hallöle...kann da nur zustimmen....die schreibweise is echt angenehm...(wenn man das so sagen kann xD)
macht spaß das zu lesen ^^
freu mich aufs nächste kappi ^^

Lg,
Sumi ^^
Von:  Toastviech
2009-02-10T21:10:59+00:00 10.02.2009 22:10
HI^^

Das ff ist gut geschrieben und bleibt interessant.
Ich hoffe du schreibst bald weiter, ich möchte wissen wie es weiter geht.

Lg
toasty


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