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Verismus

Von hungrigen Herzen und Schlittenfahrten ohne Schnee
von

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Jonas - Von Problemmagneten und regennassen Rehaugen

VIII. Jonas - Von Problemmagneten und regennassen Rehaugen
 

„Tut mir Leid, Junge, noch eine Schicht ist wirklich nicht drin. Wir haben sowieso schon zu viele Helfer diesen Monat. Diese Studenten sind wie die Aasgeier, wenn es um Gelegenheitsjobs geht!“

Sein Arbeitgeber tätschelte ihm entschuldigend die Schulter und Jonas verabschiedete sich abwinkend. Das war unpraktisch. Verdammt unpraktisch, denn er brauchte das Geld wirklich.

Ende des Monats war seine Miete für die Dachwohnung fällig und die Kosten für Lektüren und Schulveranstaltungen häuften sich auch.

„Sieht so aus, als würde ich eine ganze Weile von Pfannkuchen leben müssen…“ Jonas fuhr sich gähnend mit der Hand durchs Haar und steuerte den Park an.

Eigentlich wäre ihm gerade nichts lieber als ein Kaffee gewesen, aber die Schule mit ihren günstigen Automaten lag lange hinter ihm und die Cafés in der Gegend verlangten horrende Summen.

Unter einer besonders dichten Fichte fand Jonas ein halbwegs trockenes Plätzchen und lehnte seinen Kopf an die rotbraune Rinde. Das tat gut. Wann immer er Kopfschmerzen hatte oder sich schlichtweg gestresst fühlte, suchte er sich einen alten Baum. Das war eine Eigenart, die ihm schon viele schiefe Blicke eingebracht hatte. Aber Bäume hatten etwas unglaublich Beruhigendes an sich, besonders, wenn sie wie diese Fichte abgelegen an stillen Plätzen standen.

Er lauschte auf das leise Rieseln des Regens um sich herum, vereinzeltes Tropfen von wasserschweren Ästen in tiefe Schlammpfützen. Schlammig wie die, in die Mio gestoßen worden war… ob er sich verletzt hatte?

Der Gedanke an die Geschehnisse auf dem Schulhof fegte die Ruhe aus Jonas Gliedern. Wütend schnaubte er und wischte sich energisch eine feuchte Haarsträhne aus der Stirn. Dieser Idiot! Was ließ er sich auch in solche sinnlosen Prügeleien verwickeln?!

Aber wenn er ehrlich war, waren es nicht Mios scheinbar magnetische Fähigkeiten für Probleme, die ihn so annervten. Nein, es war mehr die Art, wie er selbst sich durch die Bekanntschaft zu dem Jungen beeinflussen ließ. Seit wann machte er sich überhaupt Gedanken über jemanden, der absolut nichts mit seinen Zielen zu tun hatte?

Halt. Vielleicht unterschätzte er Mio in dieser Hinsicht ja auch? Genau wie vorhin… er war sich so sicher gewesen. Dieser Zwerg mit dem unterkühlten Gesichtsausdruck und den feuchten Rehaugen war ein einziger Widerspruch. Völlig unlogisch!

Aber da war ja noch das Matheheft. Es mochte ja keine seiner Stärken sein, sich in andere hinein zu versetzen, aber Mathe war kein Problem. Und so manche Mitschrift, so wusste er nur allzu gut, verriet weit mehr über ihren Autor als beabsichtigt.

Mios Mathemitschriften verrieten vor allem, dass Jonas ihn nicht als Konkurrenz betrachten musste. Belustigt fuhr er mit dem Finger über die völlig aus dem Sinn gerissenen Zahlenkombinationen. Nein, dieser Junge hatte nicht das geringste Verständnis für Mathematik. Vermutlich litt er sogar unter einer Rechenschwäche.

Das Lächeln wich aus Jonas’ Gesicht.

Ob ihm das bewusst war? Ob ihm klar war, dass seine Probleme in Mathe mehr waren als fehlendes Verständnis? Und wenn nicht? Gab er sich selbst die Schuld? Und wenn er es selbst nicht wusste, hatte es auch kein Arzt oder wer auch immer für so was zuständig war bestätigt. Das bedeutete, dass er wie alle anderen Schüler bewertet wurde.

Der Unterkurs war ihm garantiert.

Wie war er überhaupt soweit gekommen? Unwillig gestand Jonas ihm in Gedanken seinen Respekt. An Intelligenz konnte es Mio jedenfalls nicht fehlen, wenn er es trotzdem schaffte, nicht von der Schule zu fliegen.

„Was zum Henker…?!“ Er hatte es schon wieder getan.

Genau genommen hatten seine Gedanken die letzte halbe Stunde um nichts anderes gekreist als Mio. Mio, Mio und immer wieder Mio. Das war doch total verrückt!

Aufgebracht stand Jonas auf und klopfte sich die Erde von der Hose. Am besten ging er nach Hause und lenkte sich mit seinen Hausarbeiten ab. Genau, es gab wichtigeres als pubertäre kleine Emos, die in Mathe durchfielen, obwohl sie nichts dafür konnten…

Die Hände in den Hosentaschen stapfte er in die Siedlung, in der das Haus seiner Gastfamilie stand. Der Regen hatte nachgelassen und so sah er schon von Weitem die schmale Figur des Zeitungsjungen, der hastig von einem Hauseingang zum nächsten rannte. Spät dran, dachte Jonas abwesend und bog auf die Auffahrt.

Er hatte eine Weile nach dem Schlüssel kramen müssen und als er ihn endlich fand, fiel er ihm prompt aus der Hand und in die nächstbeste Pfütze. Vor sich hin fluchend machte Jonas sich daran, in der schmutzigen Flüssigkeit herumzustochern. Erst ein geschocktes Aufstöhnen hinter ihm ließ ihn auf und in bernsteinfarbene Rehaugen sehen.
 

t.b.c.
 


 

Ihr seid wieder dran! =D

Welche Szene würdet ihr jetzt gerne lesen? Wer Lust hat, kann mir auch gerne ein Stichwort nennen, das im nächsten Kapitel eine Rolle spielen soll.



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