Jetzt erst recht
[...] "Hör mal, Ginny ist nicht übel", warf George der Fairness halber ein und setzte sich neben Fred. "Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung, wie sie so gut geworden ist, wir haben sie doch nie mitspielen lassen."
"Seit sie sechs war, ist sie in euren Besenschuppen im Garten eingebrochen, wenn ihr nicht in der Nähe wart, und hat abwechselnd eure Besen ausprobiert", sagte Hermine hinter ihrem wackeligen Stapel Bücher über alte Runen.
"Oh", sagte George und sah milde beeindruckt aus. "Nun - das erklärt die Sache." [...]("Harry Potter und der Orden des Phönix" S.674)
Dieser One-Shot erzählt eben eine dieser Gelegenheiten, als Ginny sich einen der Besen ihrer Brüder ausleiht, um heimlich fliegen zu üben.Er (der One-Shot) ist in die Zeit vor dem zweiten Buch einzuordnen, vielleicht passiert es zu Beginn der Sommerferien ...
Jetzt erst recht
Leise schlich sie zu dem kleinen, aus Holzbrettern zusammengenagelten Schuppen, der im Garten hinter dem windschiefen Haus stand.
Noch einmal sah sie sich um, obwohl das eigentlich unnötig war. Sie wusste, dass niemand da war. Percy hatte sich, wie immer in dem Ferien, in seinem Zimmer verkrochen und schrieb irgendwelche geheimnisvollen Briefe, Fred und George vertrieben sich ihre Zeit, indem sie in dem Ort Ottery St. Catchpole ihr Unwesen trieben und arglose Muggel beobachteten, Ron war irgendwo im Haus und las einen Comic von ‚Die Abenteuer von Martin Miggs, dem mickrigen Muggel’, und ihre Mutter bereitete das Abendessen vor, eben der normale Ferienalltag.
Keiner interessierte sich dafür, wo die Jüngste der Geschwister steckte, weil jeder dachte, sie wäre bei einem der anderen.
Ginny zog eine Haarnadel aus ihrem langen, roten Haar und stocherte in dem Schlüsselloch des Besenschuppens herum. Das hatte sie einmal bei Fred und George gesehen, denen es ja verboten war, in den Ferien zu zaubern und deswegen oft auf diese Muggeltricks zurückgriffen, wenn sie irgendwo rein wollten, wo sie nicht rein sollten.
Das Schloss gab ein leises Schnappgeräusch von sich und die Tür schwang mit einem lauten Knarren auf. Schnell schritt Ginny in dem Schuppen, falls jemand aus dem Haus etwas gehört hatte und das Fenster öffnete, um nach der Ursache zu forschen.
Doch eine Minute verging und es war nichts zu hören, kein Klappern von Fenstern oder das Rufen einer ihr bekannten Stimme.
Erleichtert griff Ginny nach einem der Besen. Nachdem sie kurz den Kopf aus Tür gesteckt hatte um sich noch einmal zu vergewissern, dass die Luft tatsächlich rein war, schlüpfte sie aus dem Schuppen und schloss die Tür wieder, so leise wie möglich.
Schnell ging Ginny in Richtung Obstgarten. Dort konnte sie auf dem Besen fliegen, ohne dass sie gesehen wurde. Vorausgesetzt sie flog nicht zu hoch.
Es war nicht das erste mal, dass Ginny, ohne das Wissen ihrer Brüder, einen Besen aus dem Schuppen stibitzt hatte.
Die Jungen hatten sich bis zum heutigen Tag geweigert, ihre kleine Schwester beim Quidditch mitspielen zu lassen, aus welchem Grund auch immer. Sie hatte immer bloß zuschauen dürfen. Und sie hatte die Flugkünste von Fred, George und Ron immer so bewundert.
Aber Ginny sah gar nicht ein, warum sie nicht mit einem der Besen fliegen sollte. Also musste sie warten, bis ihre Brüder beschäftigt oder nicht da waren, damit die nichts davon mitbekamen, dass ihre Schwester auf einem ihrer Besen benutze.
Ginny hatte die ersten Obstbäume erreicht. Sie schwang ihr rechtes Bein über den Besenstiel und stieß sich mit beiden Beinen vom Boden ab.
Denen würde sie es zeigen. Irgendwann konnte sie genauso gut fliegen wie ihre älteren Brüder!
